Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
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2004
273-4
Dominic Busch: Interkulturelle Mediation - Eine theoretische Grundlegung triadischer Konfliktbearbeitung in interkulturell bedingten Kontexten. Studien zur interkulturellen Mediation Bd. 1, Frankfurt a.M.: Peter Lang 2005, 392 S. ISBN 3-631-53018-8
121
2004
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod273-40329
Reviews 329 Abstieg der Absolventenzahlen während der beiden letzten Dekaden jüngst zu beobachtenden zaghaften Aufwärtstrend zu stärken. Die von Böhm akribisch zusammengetragen Daten und Fakten könnten den Verantwortlichen in Berlin stichhaltige Argumente liefern. Mit dem Länderbericht zu Swasiland endet das Buch etwas abrupt und ohne Résumé, dafür folgt eine umfangreiche Forschungsbibliographie, auf die gern zurückgreifen wird, wer sich mit dem Deutschen nicht nur in Afrika, sondern auch im Rest der Welt wird beschäftigen wollen. Dies gilt auch für diejenigen, die für die deutsche Auswärtige Kulturpolitik verantwortlich zeichnen, denen man die Lektüre nur warm ans Herz legen kann, wenn die Sprachförderung im Ausland nicht als ‘Subvention’ mißverstanden werden soll (wie sie der hessische Ministerpräsident Roland Koch in seinen Sparvorschlägen etikettiert hat), sondern als langfristige Investition im wohlverstandenen (kulturellen, aber auch wirtschaftlichen) Interesse des Landes. Ernest W.B. Hess-Lüttich (Universität Bern) Dominic Busch: Interkulturelle Mediation - Eine theoretische Grundlegung triadischer Konfliktbearbeitung in interkulturell bedingten Kontexten. Studien zur interkulturellen Mediation Bd. 1, Frankfurt a.M.: Peter Lang 2005, 392 S. ISBN 3-631-53018-8. Das Buch von Dominic Busch basiert auf einer von Hartmut Schröder an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/ O. betreuten Dissertation und eröffnet eine von diesen beiden herausgegebene Reihe zur interkulturellen Mediation, insbesondere vor dem Hintergrund der besonderen Situation in der deutsch-polnischen Grenzregion. Ausgangspunkt seiner Arbeit ist für Busch (= Verf.) der Mangel wechselseitigen kulturellen Wissens zwischen deutschen und polnischen Studierenden an der Viadrina als einem Vorzeigeort deutsch-polnischer Verständigung. Aus persönlichen Erfahrungen schließt er, dass bei alltäglichen Missverständnissen traditionelle Mediationsansätze nicht ausreichten (Kap. 1). Deshalb entwirft der Autor ein alternatives Konzept von Mediation, das aus der Situation heraus zwischen unterschiedlichen Auffassungen und Kulturen zu vermitteln geeignet sein solle. Dazu zeigt er zunächst auf, wie der Bedarf an interkultureller Mediation am Ende des 20. Jahrhunderts in westlichen Gesellschaften gewachsen sei (Kap. 2) und beschreibt dann die Entstehung und Entwicklung der Mediation als Konfliktlösungsverfahren, vor allem im Hinblick auf interkulturelle Konfliktsituationen (Kap. 3). Für solche triadische Verständigungssituationen entwirft der Verf. sein Konzept der induktiven Mediation (Kap. 4 und 5) und diskutiert anhand ausgewählter empirischer sprach- und sozialwissenschaftlicher Studien weitere Forschungsstrategien und -möglichkeiten für sein Modell (Kap. 6). Ausgehend von der Prämisse, dass Mitglieder unterschiedlicher Kulturen auch ein unterschiedliches Konfliktverhalten haben, ohne dass den Beteiligten die Ursachen dafür bewusst sein müssen, sucht der Verf. u.a. mit Methoden der ‘kritische Diskursanalyse’ (und unter der in solchen Qualifikationsschriften üblichen Berufung auf allerlei Zitierautoritäten und ihre mehr oder weniger einschlägigen Bemühungen: Husserl, Weber, Schütz, Gadamer usw.) den Aneignungsprozess von Fremdem durch Verstehen als eine asymmetrische Machtkonstellation zwischen Verstehendem und Verstandenem zu modellieren, in der das Verstandene in den Erfahrungskontext des Verstehenden integriert und damit seiner Ursprünglichkeit beraubt werde (S. 72). Die westliche Auffassung des Kulturbegriffs gehe nach wie vor auf das von Herder geprägte Verständnis zurück: Kultur sei ethnisch fundiert, sozial homogen und grenze sich nach außen ab. Demgegenüber müsse (im Anschluss an Welsch) ein ‘transkulturelles’ Kulturverständnis entwickelt werden, in dem kulturelle Zugehörigkeit nicht mehr an Abstammung oder Territorien gebunden sei und sich auch nicht mehr an der Nation orientieren dürfe. Kultur müsse vielmehr als Netzwerk gedacht werden, das relativ sei und keiner weiteren Stütze dieser Art mehr bedürfe. Verständigung durch ‘kulturelle Überlappung’ (Holenstein) sei möglich, weil unterschiedliche Kulturen über einen weitaus größeren Anteil an Universalien verfügten als bisher angenommen. Diese dürften aber nicht als logisch absolut ge- Reviews 330 dacht werden, sondern würden einerseits biologisch und psychologisch begründet, andererseits entstünden sie aus verschiedenen Kulturen, weshalb zugleich eine Pluralität von Partikularien gewährleistet sei. Verständigung durch ‘third culture’-Konzepte (Casmir; ten Thije) konzipierten interkulturelle Verständigung als Konstitution einer temporär gültigen dritten Kultur, in der nicht lediglich einzelne Spezifika der Ursprungskulturen der Interaktionspartner miteinander kombiniert, sondern neue Kommunikationsregeln geschaffen würden (S. 115 f.). Vor einem solchermaßen ausgebreiteten kulturtheoretischen Hintergrund und im Anschluss an einen problemgeschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Mediation untersucht Busch sodann einzelne Problemfelder und stellt Anwendungsbereiche von Mediation vor (z.B. in politischen, internationalen Konflikten, akademische und medienvermittelte Mediation etc.). Eine ‘deduktive Konzeption’ interkultureller Mediation sei als Instrument geeignet, Probleme und Konflikte in einem interkulturell bestimmten Kontext zu bearbeiten. Konflikte können sich im Hinblick auf den Sachverhalt, die Interessen, die Beziehungen zwischen den Parteien oder deren Werte entwickeln. Die Suche nach Konfliktlösungen innerhalb ‘universalistisch’ definierter interkultureller Mediation könne unterschiedliche Ziele haben, z.B. den Konfliktgegenstand mit den Parteien aushandeln, die Bestimmung eines gemeinsamen Ziels oder die Suche nach Universalien und/ oder Vermittlung kulturspezifischen Wissens. Bei ‘relativistisch’ definierter Mediation bestehe die Aufgabe des Mediators darin, die Konfliktparteien darin zu unterstützen, das Paradox aus der Unmöglichkeit gegenseitigen Verstehens und dem dennoch gegebenen Zwang zur Verständigung zu erkennen, zu akzeptieren und besser auszuhalten. Ein in westlichen Kulturen entwickeltes Konzept von interkultureller Mediation könne indes nicht ohne weiteres auf andere Kulturen übertragen werden. Mediationsverfahren im westlicheuropäischen Verständnis verfügen kaum über Mechanismen, die kulturelle Machtgefälle erkennen und ausgleichen können. Mediation in sehr hierarchiebewussten Gesellschaften wird eher von Personen durchgeführt, die hierarchisch über den Konfliktparteien stehen. Low context cultures (wie z.B. die westlichen Gesellschaften) zeichnen sich durch einen häufigen Gebrauch ‘offener’ Formen von Kommunikation aus im Gegensatz zu high context cultures (wie z.B. Gesellschaften Asiens und Südamerikas), die eher ‘verdeckte’ Formen der Kommunikation verwenden. Fazit: “So scheinen die Implikationen deduktiver Konzepte interkultureller Mediation aufgrund ihrer Verwurzelung in westlich-kulturellen Kontexten insbesondere mit den Idealen und Zielstellungen zum Umgang mit interkulturellen Kontaktsituationen und mit sozial erwünschten Methoden der Konfliktbearbeitung in anderen Kulturen [zu] kollidieren. Dadurch würde in vielen Fällen zwar nicht die Anwendbarkeit des Konzepts an sich in interkulturellen Kontexten verunmöglicht, es kann jedoch meist nicht mehr davon ausgegangen werden, dass mittels einer derart gedachten Mediation die Ideale und Zielvorstellungen zur Regelung interkultureller Begegnungen, die von fremdkulturellen Beteiligten eingebracht werden, in gleichem Maße bedient werden wie die der eigenkulturellen Beteiligten” (S. 181). Als Alternative zum ‘deduktiven’ Konzept von Mediation entwickelt Busch eines, das sich auf induktive Weise auf triadische Verständigungssituationen bezieht. Der Begriff triadische Verständigungssituation verweist auf die Minimalbedingungen von Interaktionsformen, die noch als Mediation verstanden werden können. Mediation wird dabei als Prozess begriffen, der auch ohne eine Institutionalisierung und Professionalisierung des Mediators sowie eine mehr oder weniger vorgegebenen Ablaufstruktur des Mediationsverfahrens auskommt. Allen Formen interkultureller Mediation sei jedoch gemeinsam, dass eine dritte Person zwei weiteren, miteinander interagierenden Personen dabei hilft, einander besser zu verstehen. Ein großer Teil von interkulturellen Konflikten geschehen in alltäglichen Verständigungshandlungen; eher harmlose Störungen auf sprachlicher Ebene, kleine Peinlichkeiten und Lächerlichkeiten (z.B. bei Gratulationen), grundlegendere und subtilere Beeinträchtigungen in der aktuellen Gesprächssituation (z.B. bei Zuhöreraktivitäten), nachhaltigere Beeinträchtigungen der persönlichen Beziehung (z.B. durch Anrede- und Abschiedsverhalten), Benachteiligung durch Sanktionierung von Andersartigkeiten beim Verstoß gegen normative Erwartungen (z.B. Reviews 331 im Bildungswesen), Stereotypisierung und Vorurteilsbildung (z.B. argumentatives Verhalten), Ausgrenzung und Diskriminierung (z.B. Definitionen von Gruppenzugehörigkeit, Dominanzverhalten, Funktionalisierung von Verständnisschwierigkeiten, Unkooperativität). In solchen Alltagssituationen sind kaum professionell ausgebildete Mediatoren zugegen, da können Dritte nur spontan und auf der Grundlage ihrer alltagssprachlichen Kompetenz vermitteln. In spontanen, interkulturell bedingten Missverständnissen sind die Interaktionspartner oft nicht in der Lage, den Grund des Missverständnisses oder gar das Missverständnis selber wahrzunehmen. Eine Dritte Person muss in diesem Fall den Klärungsprozess initiativ einleiten und vorantreiben. Aus zeichenu. handlungstheoretisch orientierten Ansätzen leitet Busch sodann mediatorische Strategien ab, die verstehensfördernd wirken, indem sie auf Strategien des Reformulierens, Paraphrasierens, Wiederholens und der Rekontextualisierung zurückgreifen. Solche Strategien stimmen mit theoretischen Überlegungen zum Fremdverstehen überein, die vorbringen, dass durch Perspektiven- und Rollenübernahme und so genannte Techniken des Spiegelns ein gegenseitiges interkulturelles Verständnis gefördert werden könne. Dabei können Mediatoren durch ihre Außenperspektive und emotionale Neutralität vermittelnd wirken. Schwierigkeiten interkulturellen Verstehens lassen sich (nach Rost-Roth) auf pragmatische Kategorien und Ebenen zurückführen wie Kulturunterschiede in Höreraktivitäten und im Rückmeldeverhalten, in Erzählformen und Narrationen, in konversationellen und argumentativen Stilen. Hier können Dritte kulturelle Unterschiede ausmachen und die beiden Parteien darauf aufmerksam machen. Aus solchen und ähnlichen Beobachtungen stellt der Verf. ein synoptisches Modell zusammen, in dem er deduktive und induktive Konzepte interkultureller Mediation kombiniert. Das Modell fasst Strategien und Vorgehensweisen zusammen, deren sich Dritte in interkulturellen Kontaktsituationen wie auch institutionelle Mediatoren bedienen können. Buschs Modell interkultureller Mediation erscheint am Ende freilich als ein einfaches Phasenmodell, das sich von denjenigen, die er zuvor kritisiert hat, nicht wesentlich unterscheidet. Es versteht sich im Grunde weitgehend von selbst und löst den zuvor erhobenen theoretischen Anspruch kaum ein. Zum anderen prüft er die referierten unterschiedlichen Ansätze nicht auf ihre epistemologische Kompatibilität hin und vermag sie so auch nicht in eine stringente Argumentation schlüssig zu integrieren. Ein Indiz für mangelnde Kohärenz sind die zahllosen resümierenden und vorausverweisenden Textteile, die den Leser eher verwirren als die Arbeit strukturieren. Das Missverhältnis zwischen argumentativem Aufwand unter Rekurs auf alles und jedes (die Bibliographie verzeichnet 644 Titel) und eigentlichem Ertrag ist schon frappant. Auch in sprachlich-formaler Hinsicht lässt die Arbeit Wünsche offen. Gerade bei einem Thema, bei dem es primär und wesentlich um Verstehen im Allgemeinen und um Verständlichkeit fördernde Mittel und Methoden geht, empfindet der Leser die unnötig komplizierte Darstellungsweise als eher abschreckend und die hohe Frequenz von Orthographiefehlern als ziemlich ablenkend. Aber das hat wohl keiner von den Juroren gemerkt, die das Buch mit dem Mediations-Wissenschaftspreis 2004 der Centrale für Mediation ausgezeichnet haben. Ernest W.B. Hess-Lüttich (Universität Bern) Frank Hartmann: Mediologie - Ansätze einer Medientheorie der Kulturwissenschaften. Wien: WUV Facultas 2003, 198 S., ISBN 3-85114-801-0 Medienbegriffe gibt es bekanntlich viele; Medienästhetik, Medienphilosophie, Mediensoziologie oder Medientechnologie haben je eigene Konzepte vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund dieser etwas unübersichtlich gewordenen Medientheorie plädiert der Wiener Medienphilosoph Frank Hartmann für wiederum einen ‘neuen’ Ansatz unter dem (von Régis Debray entlehnten) Titel der Mediologie. Von diesem im Frankreich der neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts populär gewordenen Ansatz erhofft sich Hartmann (= Verf.) nicht weniger als eine Neuorientierung der Kulturwissenschaft als gesellschaftswissenschaftliche