Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
283-4
Die Grenzen der Ikonizität der Sprache: Saussures Konzeption des "fait linguistique" revised
121
2005
Klaas Willems
kod283-40243
Die Grenzen der Ikonizität der Sprache: Saussures Konzeption des “fait linguistique” revisited Klaas Willems (Gent) “Parler d’idées générales avant d’avoir fait de la linguistique, c’est mettre la charrue devant les bœufs, mais il le faut bien! ” Ferdinand de Saussure, CLG-E (Engler), 248, Sp. B. The limits of iconicity in language: Saussure’s ‘fait linguistique’ revisited. In the Cours de linguistique générale, Saussure’s exposition of the “fait linguistique” is among the hallmarks of his much acclaimed as well as criticized theory of language and linguistics. This paper sheds new light on this extraordinary part of the Cours by comparing the texts and diagrams to be found in the edition by Bally, Sechehaye and Riedlinger (1916) with the critical edition by Engler (1968 and 1974), a number of relevant excerpts from additional student notes as well as Saussure’s recently published Écrits de linguistique générale (2001). It is argued that the long-established interpretation of Saussure’s exposition of the “fait linguistique” is seriously biased by what the editors of the “Vulgate” concocted from the available sources. However, a close reading of the notes taken by Saussure’s original students and by Saussure himself not only shows how much the common interpretation of Saussure’s concept of the linguistic sign is in need of thorough revision, it also reveals a radical yet highly coherent theory of semiosis which can be considered of great theoretical importance to the theory of iconicity in language even today. 1. Einführung 1.1 Spätestens seit den kritischen Würdigungen von F. de Saussures Cours de linguistique générale (CLG) durch Vertreter der Prager Schule in den 20er Jahren des 20. Jh.s (cf. Wunderli 1981a, 121ff.) sowie der halbherzigen Rezeption des CLG in der englischsprachigen Linguistik (cf. neuerdings Falk 2005) ist das Verhältnis der modernen Linguistik zu Saussure, gelinde gesagt, ambivalent. Einerseits wird Saussure pauschal als Gründervater des Strukturalismus und damit der modernen Linguistik überhaupt bezeichnet, und seit den 60er und 70er Jahren war manch einer nicht nur bestrebt, nachzuweisen, dass das wahre Denken von Ferdinand de Saussure nicht mit der publizierten Fassung des CLG - der “Vulgata” - identifiziert werden dürfe, sondern ebenso wenig mit der gelegentlich simplifizierenden Darstellung zu verwechseln sei, die es in vielen Handbüchern und Beiträgen über das KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 28 (2005) • No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen 244 Klaas Willems sprachwissenschaftliche Œuvre des Genfer Meisters gibt. Bahnbrechende Verdienste kommen in dieser Hinsicht, aus zum Teil unterschiedlichen Gründen, Autoren wie R. Godel, R. Engler, T. De Mauro, P. Wunderli, L. Jäger, E. Coseriu, R. Amacker, E.F.K. Koerner, T. Scheerer, J.E. Joseph und S. Bouquet zu. Allerdings sagt es etwas über das problematische Verhältnis der modernen Linguistik zu Saussure aus, dass Wunderlis Aufsatzsammlung Saussure-Studien (1981a) nach wie vor zu den ganz wenigen Versuchen gehört, das Werk von Saussure nicht nur wissenschaftsgeschichtlich einzuordnen, sondern - wie Godel (1957) - auch exegetisch, und ohne die Oberflächlichkeiten, die rein historiographischen oder metatheoretischen Darstellungen gelegentlich anhaftet, zu erklären und zu deuten. Andererseits sind viele Linguisten heute der Überzeugung, die Entwicklungen der Linguistik nach Saussure hätten gezeigt, dass seine Sprachtheorie mangelhaft, einseitig oder zu radikal sei. R. Jakobson z.B., den man - trotz der vielen verschiedenartigen Einflüsse, die er in seine Sprachwissenschaft zu integrieren versucht hat - mit Fug und Recht einen Strukturalisten nennen kann, ging ab den 20er Jahren mit dem, was wir heute in der Saussure- Forschung unter “la double essence du langage” verstehen, ins Gericht. (Knappe kritische Würdigungen von Saussures Sprachtheorie und Theorie der Sprachwissenschaft finden sich u.a. in den beiden “Retrospects”, die 1962 und 1971 in den beiden ersten Bänden von Jakobsons Selected Writings erschienen sind.) Jakobson wies darauf hin, dass natürliche Sprache nicht einfach ein lineares Gebilde sei, wie Saussure es wahrhaben mochte, Phoneme bildeten vielmehr Bündel von Merkmalen, die im Sprechen gleichzeitig realisiert würden. Auch sei Sprache nicht arbiträr in dem Sinne, wie Saussure sich das gedacht habe, im Gegenteil weise sie allerhand Formen von Ikonizität auf (1971, 717; s. auch Jakobson 1971 [1959], 272-273). 1 Dabei ging Jakobson so weit, zu behaupten, dass die Wörter für Mama und Papa (sog. “nursery words”) in den meisten uns bekannten Sprachen keine zufällige Lautstruktur besäßen (Jakobson 1962 [1960], 538-545), womit Saussures Theorie der Arbitrarität und Konventionalität sprachlicher Zeichen der Gnadenstoß verpasst schien. Nicht nur entsprechen Mama und Papa und ihre Äquivalente in anderen Sprachen, so Jakobson, einer Reduplikation der auch ontogenetisch primitiven Konsonant-Vokal-Struktur, wobei / m/ und / p/ bilabiale Verschlusslaute sind, die Kinder ganz zu Anfang erwerben sollen (Jakobson 1962 [1941], §13), darüber hinaus stimme der bilabiale nasale Laut / m/ mit dem Geräusch überein, das ein Säugling produziere, wenn es an der Mutterbrust gestillt werde, wodurch orales / p/ sogleich - wahrhaft die ursprünglichste aller lautlichen Oppositionen - zur Bezeichnung des Vaters vorherbestimmt sei (1962 [1960], 542-543). Auch Saussures Dichotomie zwischen Synchronie und Diachronie findet in Jakobsons Augen keine Gnade und er setzt dieser Dichotomie das Konzept einer “dynamic synchrony” (1971, 721; s. auch Jakobson 1971 [1959], 275) entgegen, in dem Synchronie und Diachronie synthetisch aufgehoben erscheinen - damit eine Kritik an der Saussure’schen Synchronie/ Diachronie- Dichotomie weiterführend, die bereits einige Jahre nach dem Erscheinen des CLG formuliert wurde, zunächst von H. Schuchardt (1917), danach von W. von Wartburg (1931 u.ö.) und vielen anderen (s. Wunderli 1981a, 128ff.). Andere Autoren, die an der Entwicklung des Strukturalismus in der Sprachwissenschaft maßgeblich beteiligt waren, kritisierten Saussure noch in anderen Hinsichten. So etwa bezeichnete Hjelmslev (1943, 46; 1963, 50) Saussures Darlegungen über die Sprache als Vermittlerin zwischen den beiden unbestimmten Kontinua der Gedanken und der Laute als bestenfalls ein “pädagogisches Gedankenexperiment”, das bei Lichte besehen dennoch sinnlos Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 245 sei. Hjelmslev kam auch zum Schluss, dass Saussures Dichotomie zwischen langue und parole dualistisch und empirisch inadäquat sei und er setzte ihr eine differenziertere Einteilung in System, Norm, Usus (die nach ihm zusammen die langue bilden) und parole entgegen (Hjelmslev 1971 [1943], 80ff.; vgl. Hjelmslev 1928, 238ff.). Diese Einteilung findet sich später, mutatis mutandis, teilweise in Coserius Trichotomie langue - norme - parole wieder (Coseriu 1952). Bemerkenswert ist, dass auch nach der strukturalistischen Ära Linguisten es in der neueren Sprachwissenschaft immer wieder für sinnvoll und nötig gehalten haben, sich Saussure gegenüber zu profilieren, so etwa die kognitive Linguistik, die u.a. Saussures Unterscheidung zwischen der sprachsystematischen “valeur” eines Zeichens und dessen Weltbezug im konkreten Sprechen ablehnt und darüber hinaus allgemeine vorsprachliche kognitive Strukturierungen postuliert, die in der Sprache lediglich reflektiert würden (cf. Taylor 2002, 43 u. 55); oder die integrationelle Linguistik Harris’scher Prägung, in der Saussure geradezu als Übervater des verderblichen Segregationismus zwischen langue und parole in der modernen Linguistik gilt, weil er einer Konzeption von Sprache als autonomem “Code” das Wort geredet haben soll (Harris 1998, 21). Nicht immer freilich erscheint die Kritik an Saussure gut fundiert, aber sie beweist auf jeden Fall, dass Saussure nach wie vor für wichtig genug gehalten wird, sich mit ihm auseinanderzusetzen und sich ggf. von ihm zu distanzieren. Vor diesem Hintergrund ist es besonders erfreulich, dass in jüngster Zeit eine Reihe von Monographien und Sammelwerken erschienen sind, die nicht nur das erneute Interesse an Saussure auf beredte Weise belegen, sondern das Saussure’sche Denken auch aus zum Teil neuen Blickwinkeln beleuchten (s. u.a. Fehr 1997, Bouquet 1997, Normand 2000, Bouquet [Hg.] 2003 und Sanders [Hg.] 2005). Aufwind hat die zeitgenössische Beschäftigung mit Saussure darüber hinaus seit der Publikation eines 1996 aufgefundenen Manuskripts und einiger weiterer Notizen bekommen, die 2002 von M. Bouquet und R. Engler unter dem Titel Écrits de linguistique générale (ELG) veröffentlicht wurden (Saussure 2002). Allerdings weist Trabant (2005) zu Recht darauf hin, dass jegliche “Saussure-Etymologie” letztlich nur vor dem Hintergrund der publizierten Fassung des CLG sinnvoll ist - “Saussure est un texte” (Trabant 2005, 114). 1.2 Mit dem vorliegenden Aufsatz möchte ich in eben diesem Sinne einen Beitrag zu einem Thema beisteuern, dem man bisher verhältnismäßig wenig Beachtung geschenkt hat, obwohl es ein zentrales Thema nicht nur der Saussure’schen Sprachtheorie, sondern auch seiner Theorie der Sprachwissenschaft darstellt, zu dessen Klärung und richtigem Verständnis ein sorgfältiger Vergleich der Vulgatafassung des CLG mit den Quellen erforderlich ist. Es handelt sich um die Darlegungen zum sog. “fait linguistique” (CLG-BSR 156, CLG-E 252, Troisième Cours 137-143) 2 , die Saussure in der letzten Vorlesung des dritten Cours am 4. Juli 1911 vorgetragen hat. 3 Die zwar berühmte, jedoch relativ selten eingehend kommentierte Stelle stellt Saussures Versuch dar, zu erläutern, was die eigentümliche Funktion der Sprache hinsichtlich der Gedanken (fr. “idées”) einerseits und der Laute (fr. “sons”) andererseits ist. Die Darlegungen werden von einer schematischen Darstellung begleitet, die auf den ersten Blick vielleicht einfach anmutet, in Wahrheit aber manches Rätsel aufgibt, zumal in der Form, wie sie in der Vulgata abgedruckt ist. Ich nehme dieses bekannte und vielfach reproduzierte Schema im vorliegenden Beitrag zum Anlass einer kritischen Lektüre des erwähnten Passus in der Vulgata und den Quellen. Zunächst werde ich nachweisen, dass sich das Schema in der Vulgata in einigen wichtigen Punkten von der Darstellung unterscheidet, die uns die 246 Klaas Willems historisch-kritische Ausgabe des CLG von Engler aufgrund der Studentenskripte bietet (§ 2). Danach werde ich aufgrund der Studentenskripte und Saussures eigenen Notizen argumentieren, dass ein Vergleich der Schemata nicht nur aufschlussreich, sondern letztlich unabdingbar ist für ein richtiges Verständnis des Saussure’schen Gedankenganges, der in der Vulgata verschüttet erscheint (§ 3). Ich werde bestrebt sein, zu zeigen, dass die Herausgeber der Vulgata Saussures durchaus radikalen Standpunkt an verschiedenen Stellen abgeschwächt, an anderen geradezu entstellt haben, mit dem Ergebnis, dass die Erläuterungen zum sog. “fait linguistique” in der Vulgata insgesamt nicht als kohärent gelten können. 4 Aufgrund der Quellen lässt sich dagegen eine kohärente Theorie des “fait linguistique” rekonstruieren, die auch 100 Jahre nach den Vorlesungen des Genfer Meisters durch ihre Stringenz und ihren Tiefsinn besticht. Abschließend stelle ich die Frage, was der rekonstruierte Gedankengang von Saussure für unsere heutige Sicht auf ikonische Sprachzeichen, insbesondere Lautmalereien, auf die Saussure im untersuchten Passus explizit hinweist, noch bedeuten kann (§ 4). 2. Ein Vergleich der Vulgata mit den Quellen 2.1 Die Darstellung, der ich mich im Folgenden eingehender widmen möchte, findet sich im CLG unter dem Abschnitt, den die Herausgeber mit dem Titel “La langue comme pensée organisée dans la matière phonique” überschrieben haben; es handelt sich um den ersten Abschnitt des 4. Kapitels, “La valeur linguistique” (CLG-BSR 155). Der Titel des ersten Abschnitts, “La langue comme pensée organisée dans la matière phonique”, stammt von den Herausgebern und weist bereits auf eine Redaktion des gesamten Kapitels hin, die im Hinblick auf die Quellen, wie sich herausstellen wird, problematisch ist (vgl. De Mauro 1995 [1967], N. 204 und N. 206 sowie 111). 5 Im genannten Abschnitt thematisiert Saussure das Verhältnis der Sprache zu den “idées” und den “sons”. Der Abschnitt ist nicht nur ein Herzstück der neuartigen Zeichentheorie, die Saussure entwickelt, es ist - trotz des Titels der Herausgeber - unübersehbar, dass Saussure darin zugleich nachzuweisen versucht, warum eine naheliegende Ansicht über die Sprache nicht haltbar ist. Gemeint ist die Ansicht, dass die Sprache ein Mittel sei, Gedanken eine lautliche, materielle Form zu verleihen - eine Überzeugung, die nicht nur mit einem gewissen Common Sense vereinbar sein dürfte, sondern darüber hinaus spätestens seit der (von Saussure bekanntlich verpönten) rationalistischen Sprachtheorie von Port-Royal in der Geschichte der Sprachwissenschaft Tradition hat. Ebenso unhaltbar wäre es natürlich, Sprache als ein Mittel zu betrachten, Lautgebilde mit Gedanken zu versehen. Statt dessen erklärt Saussure, dass die Sprache eine “Vermittlerin” zwischen jenen beiden Bereichen sei, ihre Rolle sei “de servir d’intermédiaire entre la pensée et le son” (CLG-BSR 156; vgl. CLG-E 253). Interessanterweise besteht zu diesem neuartigen Gesichtspunkt auch eine schematische Darstellung. Im veröffentlichten CLG gibt es relativ wenig schematische Darstellungen, weshalb es angebracht ist, bei jeder zu verweilen, sie in den Quellen zu tracieren und ihrem vollständigen Sinn sorgfältig nachzuspüren. In CLG-BSR (156) entspricht dem Gesagten folgende Darstellung: Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 247 Schema 1 (Vulgata) Dabei steht A für das noch nicht abgegrenzte, vorsprachliche Kontinuum der Gedanken (“idées confuses”) und B für den ebenfalls konfusen (“non moins indéterminé”) Bereich der Laute. Für diese schematische Darstellung findet man in den Studentenskripten keine unmittelbare Entsprechung. Statt dessen finden sich darin die beiden folgenden Schemata, von denen man annehmen darf, dass sie eher dem entsprechen, was Saussure selbst an die Tafel gezeichnet hat: Schema 2 (Engler) Schema 3 (Engler) Schema 2 findet sich formidentisch zweimal in Englers Ausgabe des CLG (CLG-E 252, Sp. B und E), Schema 3 dagegen nur einmal (Sp. C). Der Eintrag “masse informe” in der letzten Darstellung ist ebenfalls Englers Ausgabe entnommen. 6 2.2 Man kann in den Darstellungen in der Vulgata und der historisch-kritischen Ausgabe des CLG vier auffallende Unterschiede erkennen: 248 Klaas Willems (1) Der Bereich der “idées” und derjenige der “sons”, worauf in CLG-BSR u.a. mit dem Begriff “plan”, laut Studentenskripten aber auch mit “royaume” verwiesen wird (s. auch Troisième Cours 138), werden nur in der Vulgata “plastisch”, mit “amorphem”, kurvigem Linienspiel dargestellt. In den Quellen sind die Linien der beiden Bereiche klar abgegrenzt und außerdem - mit einer Ausnahme in der Mitschrift von E. Constantin (Troisième Cours 140), s. Schema 7 unten § 3.3.3 - gleichförmig und spiegelbildlich; die “chaotische” Materie (“chaotique”, CLG-E 252, Sp. D und E, danach auch CLG-E 253, Sp. B und C sowie CLG-BSR 156), die sie repräsentieren sollen, wird in Schema 2 allenfalls durch eine zusätzliche gestrichelte und gekrümmte Linie in beiden Bereichen angedeutet. (2) In CLG-BSR sind die beiden “amorphen Massen” A und B parallel eingezeichnet, A und B sind von links nach rechts mehr oder weniger gleich weit voneinander entfernt. In CLG-E sind die beiden Bereiche dagegen so dargestellt, dass die obere und die untere Linie, die sie repräsentieren, rechts und links weiter voneinander entfernt sind als in der Mitte. Der erwähnte Parallelismus in der Zeichnung in CLG-BSR kommt in keinem der Studentenskripte vor. (3) Die vertikalen Striche sind in CLG-BSR nicht nur als gepunktete Linien erkennbar, sie sind darüber hinaus über die beiden Bereiche der “idées” und der “sons” angebracht und reichen in der Darstellung von oben bis unten. 7 In CLG-E überschreiten die nichtgestrichelten vertikalen Linien dagegen nirgends die zwei gekrümmten vollen Linien, die die beiden Bereiche der Gedanken und Laute angeben. Nur in der Mitschrift von E. Constantin (Troisième Cours 140) gibt es eine schematische Darstellung, in der zwei vertikale Striche über die horizontalen Linien hinausgehen (s. weiter unten § 3.3.3, Schema 7). (4) Die schematische Darstellung in Schema 3 weicht dadurch von der anderen Darstellung in Schema 2 ab, dass sie statt einer parallelen spiegelbildlichen Strichellinie in beiden Bereichen ein unterbrochene und zugleich gewölbte Strichellinie im oberen Bereich aufweist. In allen anderen Darstellungen, sowohl in der Vulgata als auch in den Quellen, sind die beiden Bereiche dagegen ohne irgendwelche Abweichungen untereinander eingezeichnet. Im nächsten Abschnitt werde ich diese Unterschiede einen nach dem anderen im Hinblick auf Saussures theoretische Erläuterungen deuten und nachweisen, dass die Darstellung in der Vulgata bestimmte Nachteile besitzt, die die Darstellungen in den Quellen nicht haben. Die in den Quellen vorhandenen Texte und Figuren zum Problem des “fait linguistique” lassen sich, so werde ich argumentieren, als Saussures Versuch lesen, dem Sprachzeichen die scheinbare Natürlichkeit zu nehmen, die ihm nicht nur seit der Antike und der scholastischen Sprachtheorie, sondern auch in der rationalistischen Sprachtheorie sowie in der historischvergleichenden Sprachwissenschaft des 19. Jh.s anhaftete. Das Sprachzeichen wollte Saussure durchaus radikal als eine Einheit definiert wissen, die gar nicht, wie man leicht meinen könnte, Gedanken und Laute in signifiés und signifiants umwandelt, sondern vielmehr - wie es die originalen Schemata in den Quellen sowie verschiedene Textstellen unzweideutig belegen - zwischen Gedanken und Lauten gebildet wird und damit eine eigenständige, nicht von diesen beiden Bereichen her begründbare Form von Semiosis darstellt. Darüber hinaus zeichnen sich Sprachzeichen für Saussure durch eine Form von Bilateralität aus, die streng genommen nur in der natürlichen Sprache vorkommt. Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 249 3. Analyse der Differenzen zwischen der Vulgata und den Quellen 3.1 Der erste Unterschied betrifft die graphische Repräsentation der “chaotischen” Gedanken und Laute, sofern sie “noch nicht” durch die Sprache geformt sind. Obwohl sich die Darstellungen in der Vulgata und den Quellen visuell stark voneinander unterscheiden, erscheinen diese Unterschiede in den verschiedenen Figuren inhaltlich doch als relativ unerheblich. Ob man das ungegliederte Kontinuum der Gedanken als leeren Raum darstellt, der durch einen einzigen Strich abgegrenzt und durch eine zusätzliche Strichellinie symbolisiert wird (CLG-E), oder als einen materiellen “Fluss” von willkürlichen Strichen, tut im Wesentlichen nichts zur Sache, und dasselbe gilt für das ungegliederte Kontinuum der Laute. Hauptsache ist, dass in der Darstellung der beiden Kontinua keinerlei Gliederung erkennbar ist, weil Saussure eine solche Gliederung unter dem Begriff der “Artikulation” (articulation, CLG-BSR 156 und 26, CLG-E 253 und 34; vgl. Engler 1968, 14) strikt für die Sprache vorbehält. Dennoch bleibt dieser erste Unterschied in der graphischen Repräsentation nicht folgenlos. Die Darstellung in der Vulgata dürfte für die Herausgeber den Vorteil besessen haben, dass Gedanken und Laute als materielle Realitäten, als “Substanzen” dargestellt werden (vgl. ihre Einschätzung von Saussures valeur-Theorie im Titel des Abschnitts: “La langue comme pensée organisée dans la matière phonique”). Ich erinnere daran, dass genau an diesem Punkt die bekannte Kritik von L. Hjelmslev an Saussures Erläuterung ansetzte: Laut Hjelmslev gibt es keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Gedanken und Laute in irgendeinem Sinne der Sprache vorausgingen, und von keiner “Substanz” könne man behaupten, sie besitze eine “selbständige Existenz” (Hjelmslev 1943, 46 und 1963, 50). Diese Kritik ist berechtigt, trifft aber nicht auf Saussures Gedankengang zu, sondern auf dasjenige, was die Herausgeber des CLG daraus gemacht haben. Um das nachzuweisen, müssen wir aber zunächst alle relevanten Unterschiede zwischen der Vulgata und den Quellen in Augenschein nehmen. 3.2 Der zweite Unterschied hat mit dem wechselseitigen Verhältnis der Bereiche der Gedanken und der Laute in den graphischen Darstellungen zu tun und erscheint komplizierter als der erstgenannte Unterschied. Die Darstellungen in CLG-E deuten darauf hin, dass die beiden Bereiche, räumlich gesprochen, nicht immer oder in jeder Hinsicht gleich weit voneinander entfernt sind, anders gesagt, das Verhältnis zwischen Gedanken und Lauten in der Sprache ist nicht immer und in jedem Fall identisch, sofern Gedanke und Laut sowohl eine unmittelbare Nähe (so in der Mitte der Darstellungen in den Schemata 2 und 3) als auch eine größere Entfernung voneinander aufweisen können (an den beiden Extremen dieser Darstellungen). Diese Verschiedenheit im Verhältnis zwischen den beiden Bereichen wird in der Darstellung in CLG-BSR in keinerlei Weise visualisiert, und es erhebt sich die Frage, ob sie signifikant ist. Man könnte die Hypothese aufstellen, dass die Darstellungen in den Quellen mit bestimmten Erläuterungen von Saussure über scheinbare Ausnahmen vom Prinzip des “arbitraire du signe” (CLG-E 152-157; vgl. CLG-BSR 100-102) übereinstimmen, während die Darstellung in der Vulgata in dieser Hinsicht neutral ist. Im erwähnten Abschnitt über die Arbitrarität des Sprachzeichens diskutiert Saussure u.a. den Unterschied zwischen einerseits den vollständig willkürlichen Zeichen fr. sœur [s-œ: -r] ‘Schwester’ und fr. bœuf [b-œ-f] vs. dt. Ochs [o-k-s] und andererseits Zeichen, die einer solchen Arbitrarität zumindest teilweise zu widersprechen scheinen, insbesondere Onomatopöien. Zwar weist Saussure darauf hin, dass 250 Klaas Willems die Einschätzung etwaiger Ikonizität historisch adäquat zu sein habe (der scheinbaren lautmalerischen Qualität eines Wortes wie lat. pluit ‘es regnet’ z.B. steht die Tatsache entgegen, dass das Wort etymologisch auf lat. plo(v)it und ple(v)it zurückgeführt werden kann, CLG-BSR 101, CLG-E 156); dass aber Onomatopöien wie tic-tac und glou-glou eine ikonische Motivation aufweisen, lässt sich nicht abstreiten. Es liegt nahe, dies in den Termini, die Saussure für die beiden vorsprachlichen Bereiche verwendet, zu denen er das “fait linguistique” in Beziehung setzt, wie folgt auszudrücken: Bei Onomatopöien wie tic-tac und glou-glou entspricht dem Gedanken (“idée”) eine Lautform (“son”), die weniger arbiträr ist als in Fällen wie sœur und bœuf. In § 3.1 komme ich hierauf zurück und werde ich erklären, weshalb eine solche Darstellung von Lautmalerei inadäquat ist und den Darlegungen Saussures nicht gerecht wird; für einen Vergleich des Schemas 1 mit den Schemata 2 und 3 reicht das Gesagte vorläufig jedoch aus. Kann man nun behaupten, dass die schematischen Darstellungen in den Quellen den erläuterten graduellen Unterschied im Verhältnis zwischen Gedanke und Laut auf sinnfällige Weise zum Ausdruck bringen? Ein Vorteil einer solchen Deutung der Schemata 2 und 3 wäre, dass sie mit Saussures Überzeugung im Einklang zu stehen scheinen, dass es zwischen rein arbiträren, in keinerlei Weise motivierten Sprachzeichen und ikonischen oder teilweise motivierten Zeichen keinen grundsätzlichen Unterschied gibt. Sowohl ikonische als auch nicht-ikonische Sprachzeichen sind, wie ich unten noch weiter ausführen werde, für Saussure grundsätzlich von der allesbeherrschenden Arbitrarität der Sprache anzugehen: Sprachliche Ikonizität ohne Arbitrarität ist für Saussure keine Eigenschaft von Sprachzeichen. Obwohl einer solchen Interpretation der Schemata in CLG-E inhaltlich nichts entgegensteht, stößt sie doch auf das Problem, dass eine leicht abgewandelte Variante der Schemata 2 und 3 in einigen Studentenskripten ein weiteres Mal auftaucht (CLG-E 264, Sp. B und E und Troisième Cours 139-140), allerdings in einem Sinn, der von der gerade formulierten Hypothese abweicht. Im CLG-E lautet der Passus wie folgt: 1898 Donc, nous voyons que la représentation: n’est qu’une manière d’exprimer qu’il y a en français une certaine valeur cher, 1900 circonscrite dans système français par opposition à d’autres termes. Ce sera une combinaison d’une certaine quantité de concepts avec une certaine quantité de sons: (CLG-E, 263-264, Sp. B; Hervorhebungen im Original) Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 251 Hier ist weder von Ikonizität im angegebenen Sinne noch von irgendeiner variablen “Nähe” zwischen Gedanke und Laut in einem allgemeinen, vortheoretischen Sinne die Rede. Vielmehr soll das zweite Schema im Zitat zeigen, was es heißt, dass eine bestimmte Quantität von Konzepten, die im Bereich der Gedanken mit dem Wort cher verknüpft sind, und eine bestimmte Quantität von Lauten - [ S ε -r] - “psychisch”, d.h. mental, miteinander verbunden werden, so dass sich das Wort cher im Geiste des Sprechers als das psychische Äquivalent eines Sprachzeichens mit bestimmten formalen und materiellen Qualitäten konstituiert. Auf eine “Nähe” oder “Entfernung” zwischen dem Bereich der Gedanken und demjenigen der Laute bezieht sich Saussure dabei nicht. Das legt den Schluss nahe, dass der zweite Unterschied in der graphischen Repräsentation, die uns hier beschäftigt, nicht vor dem Hintergrund der Ikonizitätsfrage zu deuten ist. Dafür aber geht aus dem gerade zitierten Passus in CLG-E hervor, dass Saussure die Struktur der Schemata 2 und 3 nicht nur verwendet, um zu visualisieren, was man sich unter dem “fait linguistique” vorzustellen hat, sondern auch, um ein einzelnes Sprachzeichen zu repräsentieren. Auf dieses Verhältnis gehe ich im nächsten Abschnitt ein. 3.3 Die Besprechung unter § 3.2 führt zum dritten Unterschied zwischen den Schemata in der Vulgata und den Quellen über. Die senkrechten Linien sind in beiden Schemata anders konzipiert. Nicht nur unterscheiden sie sich dadurch, dass sie in der Vulgata keine vollen Linien sind (in CLG-BSR handelt es sich um gepunktete Linien, in dem von Engler wiederabgedruckten Text der Vulgata um gestrichelte Linien, s. CLG-E 252, Sp. A), die senkrechten Linien erfassen in der Vulgata durchgängig die beiden Kontinua selbst, während sie in den Quellen nur bis zu den Krummen reichen, die die Grenzen der Kontinua angeben. Einen Grund für die Entscheidung, statt voller Linien gepunktete (oder gestrichelte) Linien zu wählen, geben die Herausgeber der Vulgata nicht. Dahinter dürfte aber eine bestimmte Interpretation des Saussure’schen Gedankenganges durch die Herausgeber stecken, die mit anderen Unterschieden zwischen der Vulgata und den Quellen korreliert. Dadurch, dass die senkrechten Linien in Schema 1 der Vulgata über die beiden Kontinua der Gedanken und der Laute führen, statt bis an deren Grenzen zu reichen, wie in den Quellen, legt die Darstellung in der Vulgata nahe, dass die Sprache die beiden Kontinua der Gedanken und der Laute einteilt und aufgliedert, indem sie sie miteinander verbindet - und das ist auch die Ansicht, die bis heute als die eigentlich Saussure’sche tradiert wird: Die langue wird als “pensée organisée dans la matière phonique” (CLG-BSR 155, Titel) verstanden. Dagegen geben die Schemata 2 und 3 in den Quellen zwar ebenfalls eine Verbindung zwischen Gedanken und Lauten wieder, weil aber die senkrechten Linien lediglich vom einen Kontinuum bis zum anderen reichen, wird eine allfällige Einteilung und Aufgliederung zwischen den beiden Kontinua, und nicht in ihnen selbst postuliert. Nun erfasst diese zweite Darstellung den Grundgedanken Saussures nicht nur präziser, sie ist mit der traditionellen, auf der Vulgata basierenden Interpretation der Saussure’schen Definition des “fait linguistique” letztlich nicht vereinbar, und wir müssen Saussures Bestimmung des “fait linguistique” daher anders formulieren als gemeinhin geschieht. Dafür lassen sich aufgrund der Quellen drei Gründe nennen. 3.3.1 Erstens stimmen streng genommen nur die Schemata in den Studentenskripten mit der Aussage von Saussure überein (die auch in den Mitschriften in CLG-E belegt ist), die besagt, dass es nicht die Funktion der Sprache ist, das Denken anhand von Lauten zu “materia- 252 Klaas Willems lisieren”, sondern dass die Sprache vielmehr als Vermittlerin (“intermédiaire”) zwischen den Gedanken und den Lauten fungiert. In CLG-BSR lautet die Stelle allerdings wie folgt: Le rôle caractéristique de la langue vis-à-vis de la pensée n’est pas de créer un moyen phonique matériel pour l’expression des idées, mais de servir d’intermédiaire entre la pensée et le son, dans des conditions telles que leur union aboutit nécessairement à des délimitations réciproques d’unités. (CLG-BSR 156) Die Studentskripte ähneln sich hier weitestgehend, in Sp. C lesen wir z.B.: 1828 Le rôle caractéristique du langage vis-à-vis de la pensée, ce n’est pas d’être un moyen phonique, mais c’est de créer un milieu intermédiaire entre la pensée et le son, des unités d’une espèce particulière. (CLG-E 253, Sp. C, Hervorh. im Original) Während in CLG-BSR als Ergebnis der Sprache die “délimitations réciproques d’unités” angeführt werden, ist in den Quellen erstens von “unités d’une espèce particulière” die Rede, und zweitens steht nirgends, dass Einheiten “voneinander abgegrenzt” würden. Vielmehr heißt es, dass “Einheiten” zustande gebracht werden; in drei Mitschriften wird das Verb “aboutir” verwendet, vgl.: 1828 […] c’est de créer un milieu intermédiaire de telle ‹nature› que le compromis entre la pensée et le son aboutit d’une façon inévitable à des unités ‹particulières›. (CLG-E 253, Sp. B; vgl. Sp. D und E; Hervorh. im Original) Wir haben es hier keineswegs nur mit einem Unterschied im Wortlaut zu tun. Der Text der Vulgatafassung stimmt freilich durchaus mit der sie begleitenden schematischen Darstellung der Herausgeber überein: In Schema 1 erscheint dasjenige, worauf die Sprache als “intermédiaire” angewandt wird, als zwei Substrate, die beide als “amorph” dargestellt werden, solange sie keine Gliederung (“Artikulation”) durch die Sprache erfahren haben, und die Verbindung der Gedanken und Laute durch die Sprache führt zu Abgrenzungen (“délimitations”) von Einheiten (“unités”). In den Quellen nichts dergleichen: Zwar sind auch in den Schemata 2 und 3 in den Quellen die Ebene der Gedanken und die Ebene der Laute vorgegeben, sie werden von den senkrechten Linien jedoch nicht erfasst und erscheinen demnach auch nicht als Substrat. Das belegen auch die Texte der Studentenskripte, wo es u.a. heißt: 1830 […] la pensée-son implique des divisions / qui sont les unités finales de la linguistique. Son et pensée ne peuvent se combiner que par ces unités. (CLG-E 253, Sp. B; vgl. auch Sp. C und D; Hervorh. im Original) Hiervon ist in der Vulgata lediglich übriggeblieben: […] que la “pensée-son” implique des divisions et que la langue élabore ses unités en se constituant entre deux masses amorphes. (CLG-BSR 156) Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 253 Den Quellen zufolge aber führt die “Artikulation” nicht zu Einheiten, indem sie diese von “amorphen” in “artikulierte” umwandelt, sondern die Einheiten werden allererst als eigenständige “unités d’une espèce particulière” geschaffen, und die Ebenen der Gedanken und der Laute werden streng genommen erst durch diese Einheiten (“par ces unités”) miteinander verbunden. Daher auch nennt Saussure die Sprachzeichen folgerichtig “les unités finales de la linguistique”: Nicht um die Einteilung der Gedanken und Laute durch die Sprache hat die Linguistik sich zu kümmern, sondern um die Sprachzeichen als “unités”, deren Zweck es ist, die Ebene der Gedanken und diejenige der Laute miteinander in Verbindung zu bringen, indem sie Synthesen von einem signifié mit einem signifiant bilden. Es kann demnach auch nicht verwundern, dass Saussure an anderer Stelle schreibt, dem Sprachwissenschaftler, der sich über das Objekt der Linguistik Klarheit verschaffen möchte, obliege die “Definition sprachlicher Einheiten”: Tout le travail du linguiste qui veut se rendre compte, méthodiquement, de l’objet qu’il étudie revient à l’opération extrêmement difficile et délicate de la définition des unités (ELG 26; Hervorh. im Original). Wir sind hiermit an dem Punkt angelangt, wo sich die Schlussfolgerung aufdrängt, dass man - mit Saussure - die beiden universellen Bereiche der Gedanken (“idées”) und Laute (“sons”) scharf von den sprachlichen Ebenen der signifiés und signifiants unterscheiden muss, und zwar deutlicher und viel konsequenter als in der Vulgata geschieht. Zugleich aber gilt es zu betonen, dass in Saussures Darlegungen kein Weg von den “idées” und “sons” zu den signifiés und signifiants führt: Die “idées” und “sons” sind in Saussures Bestimmung des “fait linguistique” keine vorgegebenen Substanzen, woraus sich anhand der Sprache Sprachzeichen bilden ließen (vgl. CLG-E 276, Sp. F und Godel 1957, 214 und 230). Vielmehr sind es die Sprachzeichen selber, die als aus signifiés und signifiants bestehende Einheiten die Verbindungen von “idées” und “sons” realisieren. Um diese Schlussfolgerung genauer zu verstehen, ist es angebracht, auf einen weiteren, für die Interpretation der Saussure’schen Zeichentheorie ebenfalls sehr wichtigen Unterschied zwischen der Vulgata und den Quellen einzugehen. 3.3.2 Die Quellen weichen auch im folgenden entscheidenden Punkt von der Vulgata ab: In der Vulgata ist bei der Beschreibung des “fait linguistique” konsequent von der Funktion der langue die Rede, vgl.: Le rôle caractéristique de la langue vis-à-vis de la pensée […] (CLG-BSR 156), On pourrait appeler la langue le domaine des articulations […] (CLG-BSR 156), La langue est encore comparable à une feuille de papier: la pensée est le recto et le son le verso […] (CLG-BSR 157), usw. Für diese Verwendungen des Begriffs langue, der in Saussures CLG definitorisch bekanntlich auf eine ganz spezifische Bedeutung eingegrenzt ist, gibt es in den Quellen wiederum keine Entsprechungen. Der Text der Herausgeber ist auch deshalb in hohem Maße irreführend, weil Saussures Unterscheidung zwischen langue und langage gerade in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zukommt. Alle Studentenskripte weisen aus, dass Saussure im Abschnitt über das “fait linguistique” nicht bei der langue, sondern bei dem langage ansetzt, heißt es in den Quellen doch: 254 Klaas Willems 1828 Le rôle caractéristique du langage vis-à-vis de la pensée (…) (CLG-E 253, Sp. C, D; vgl. B und E; Kursivierung von mir, alle anderen Hervorh. im Original, KW). Der Unterschied zwischen langue und langage ist natürlich nicht einfach vernachlässigbar (für eine Übersicht der relevanten Attestierungen in Saussures Texten vgl. Engler 1968, 30-32). Den Begriff langage verwendet Saussure im CLG in zwei verschiedenen Bedeutungen, entweder um die Sprache im Allgemeinen, d.h. die Sprache, sofern sie aus langue und parole besteht, zu bezeichnen, oder als Kurzform für faculté du langage (Wunderli 1981a, 57-58). Wie Wunderli (1981a, 57) zu Recht hervorhebt, bedeutet die erste Verwendungsweise auf keinen Fall, dass langage bei Saussure eine “auf einer höheren Hierarchiestufe stehende Entität” wäre. Der Begriff langage verweist dann nämlich auf ein “Konglomerat” von zwei möglichen Objekten linguistischer Analyse, nämlich langue und parole, ohne dass diesem Konglomerat selber der Stellenwert einer objektivierbaren Entität zukäme (vgl. Premier Cours 27). Im zitierten Satz “[l]e rôle caractéristique du langage vis-à-vis de la pensée” wird langage jedoch in der zweiten Bedeutung, als faculté du langage verwendet. Damit verweist Saussure auf die psychische Sprachfähigkeit des Menschen, mittels Lauten nicht nur Sprache zu schaffen, sondern auch langue in parole überzuführen (Wunderli 1981a, 62-63). Die faculté du langage erscheint im zitierten Satz als die universelle psychische “Voraussetzung” (“condition nécessaire”, Godel 1957, 148; vgl. Wunderli 1981a, 73) für dasjenige, was das eigentliche Objekt der Saussure’schen Systemlinguistik ausmacht: die langue mit ihren einzelsprachspezifischen, systematischen, differentiellen Einheiten. Davon ist nicht nur die im Sinne der Saussure’schen Linguistik nicht-objektivierbare faculté du langage, sondern auch die konkrete parole, die Realisierung von langue-Einheiten durch individuelle Sprecher, deutlich zu unterscheiden. Die “rôle caractéristique” der Sprache, die Saussure im Abschnitt über das “fait linguistique” erläutert, kann demnach schlechterdings nicht “de la langue” sein, wie auch die Quellen unzweideutig bestätigen (vgl. Godel 1957, 190 und Jäger 1975, 62). Die langue selbst kann in Saussures Darlegungen nur das Produkt der “rôle caractéristique du langage vis-à-vis de la pensée” sein - das Wort “Produkt” hier im prägnanten Sinne eines intentionalen und zugleich intersubjektiven Erzeugnisses genommen. 8 Ebenso ist der Satz der Herausgeber, “[o]n pourrait appeler la langue le domaine des articulations” (CLG- BSR 156) irreführend, weil das Wort “articulation” bald als Nomen acti, bald als Nomen actionis aufgefasst werden kann, während es in der langue keinerlei Artikulation, sondern nur bereits artikulierte Einheiten - “articuli” (CLG-E 253, Sp. B und E) - gibt. Die langue ist mit anderen Worten das, was die Artikulation aufgrund der faculté du langage, die selber keine “Artikulation” besitzt, 9 hervorbringt, und zwar indem die faculté du langage Gedanken und Laute dergestalt miteinander verbindet, dass artikulierte “unités d’une espèce particulière” (CLG-E 253, Sp. B und C) geschaffen werden (“aboutir à”), die eine solche Verbindung von Gedanken mit Lauten in einem einzelsprachspezifischen System allererst ermöglichen. Die dergestalt erzeugte langue bildet dann aber ihrerseits den Fundus für das Sprechen, weil die (faculté du) langage immer schon auf die Existenz einer geteilten, historisch gegebenen langue angewiesen ist: “La langue pour nous ce sera le produit social dont l’existence permet à l’individu l’exercice de la faculté du langage” (Saussure, Troisième Cours 66, Hervorh. im Original). 10 Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 255 Und schließlich ist auch die langue keineswegs “comparable à une feuille de papier: la pensée est le recto et le son le verso” (CLG-BSR 157), wie die Herausgeber schreiben und wie es seitdem unzählige Male in der linguistischen Literatur wiederholt worden ist. Zu sagen, die langue sei mit einem Blatt Papier vergleichbar, ist sinnwidrig, weil das System einer Einzelsprache natürlich keine Zweieinheit von Gedanke und Laut ist. Richtig ist dagegen, dass die langue aus (lexikalischen und grammatischen) Sprachzeichen besteht, die durch die faculté du langage zustande gebracht werden und ausnahmslos solcherart Zweieinheiten sind. Die Metapher des Blattes kann also nur auf ein individuelles Sprachzeichen als Teil einer langue zutreffen, nicht auf die langue selbst. 11 Dieser Exkurs über den Unterschied zwischen faculté du langage und langue 12 lässt von einer anderen Perspektive deutlich werden, weshalb Schema 1 in der Vulgata problematisch ist. Wenn die Herausgeber fälschlicherweise schreiben, dass die langue die Vermittlerin zwischen Gedanken und Lauten sei, dann ist es auch vollkommen plausibel, warum sie die vertikalen Linien in Schema 1 so einzeichnen, dass sie die Bereiche der Gedanken und der Laute erfassen, ist doch die langue ein System von Sprachzeichen mit zugleich signifié- und signifiant-Charakter. Eine schematische Darstellung, in der die senkrechten Linien, wie in den Schemata 2 und 3 der Studentenskripte, nur bis zu den Rändern der beiden Bereiche der Gedanken und der Laute reichen, ergäbe von diesem Standpunkt aus keinen rechten Sinn, weil eine solche Darstellung die Sprachzeichen auf der Ebene der langue ihres notwendigen bilateralen signifié- und signifiant-Charakters enthöbe. Das Rätsel löst sich aber, wenn man dem Wortlaut der Quellen folgt: Geht man - mit Saussure und im Gegensatz zur Darstellung in der Vulgata - davon aus, dass ein System von Sprachzeichen dadurch zustande gebracht wird, dass die faculté du langage - und nicht die langue! - in der Lage ist, zwei vollkommen unterschiedliche Bereiche (den der Gedanken und den der Laute) 13 miteinander in Verbindung zu bringen, dann wird klar, dass das Produkt einer solchen Verbindung nicht einfach Gedanken sein können, die in Lauten eine materielle Form erhalten. Es kann sich vielmehr nur um “des unités d’une espèce particulière” handeln, die nur als Sprache, langue, denkbar sind und somit eine neue Schicht darstellen, die nicht einfach mit demjenigen verwechselt werden darf, was man “denkt” und/ oder an Lauten produziert, kann doch die Verbindung der Gedanken mit den Lauten, die es gemäß Saussure linguistisch zu objektivieren gilt, erst durch die Sprache selbst geleistet werden. 14 Insofern ist auch die Fügung “milieu intermédiaire” - die dreimal in den Quellen auftaucht (CLG-E 253, Sp. B, C und D), in der Vulgata jedoch zu “intermédiaire” gekürzt wurde (CLG- BSR 156) - durchaus vielsagend und für ein richtiges Verständnis von Saussures Darlegungen zum “fait linguistique” von entscheidender Bedeutung: Die durch die faculté du langage erzeugte langue erscheint in den Schemata 2 und 3 tatsächlich als eine eigenständige Schicht sui generis, die weder von den Gedanken noch von den Lauten her als solche konzipierbar ist. Das erklärt, warum die senkrechten Linien diese beiden Bereiche in den Schemata der Studentenskripte - ganz folgerichtig - nicht erfassen: Der Saussure’sche signifié (z.B. der signifié mouton oder der signifié sheep, CLG-BSR 160, CLG-E 261) unterscheidet sich vom Gedanken ebenso sehr, wie sich der signifiant vom Bereich der physikalischen Laute (Klänge) unterscheidet. Dazu lesen wir in Saussures eigenen “Notes”: S’il est une vérité a priori, et ne demandant rien d’autre que le bon sens pour s’établir, c’est que s’il y a des réalités psychologiques, et s’il y a des réalités phonologiques, aucune des deux séries séparées ne serait capable de donner un instant naissance au moindre fait 256 Klaas Willems linguistique. - Pourqu’il y ait fait linguistique, il faut l’union des deux séries, mais une union d’un genre particulier […] (CLG-N 36, Sp. 1). Nicht umsonst hebt Saussure die “nature incorporelle” der Sprachzeichen hervor (vgl. ELG 287 und Deuxième Cours 15), um ihre Eigenständigkeit zu unterstreichen. Saussures Erläuterungen sind damit auch vollends im Einklang mit seinem Insistieren auf der Tatsache, dass signifié und signifiant rein psychisch sind und nur im psychischen Sinne - oder, wie es in zwei Mitschriften noch präziser heißt: im “spirituellen” Sinne (CLG-E 149, Sp. B und E) 15 - miteinander eine Verbindung eingehen : “ils [les deux termes concept et image acoustique, KW] sont tous les deux psychiques: concentrés au même lieu psychique par l’association” (CLG-E 148, Sp. B). Von der Behauptung der Herausgeber, das Denken werde “organisé[e] dans la matière phonique”, ist eine solche Sicht der Dinge denkbar weit entfernt. Eine solche Behauptung bringt Saussures Sprachbzw. Zeichentheorie auf eine Stufe zurück, die Saussure in seinen drei Cours weit hinter sich lässt. Im “Nature du signe linguistique” überschriebenen Abschnitt der Vulgata geben die Herausgeber unter dem Subtitel “Signe, signifié, signifiant” gleich drei Varianten des “signe linguistique” (CLG-BSR 99): 16 Schema 4: a, b und c (Vulgata) Die Tatsache, dass die Herausgeber des CLG die drei Varianten dieses Schemas (zur Bedeutung der Pfeile s. Godel 1957, 237ff.) für gleichermaßen geeignet halten, das Zeichenkonzept Saussures wiederzugeben, zeigt, dass sie einem durchaus naiven semiotischen Naturalismus verhaftet bleiben, zu dem das gesamte Saussure’sche Denken letztlich im Widerspruch steht. Vor allem die unselige Variante c) bildet für die mangelhafte Durchdringung der Saussure’schen Lehre seitens der Herausgeber einen schlagenden Beweis, und es ist besonders bedauerlich, ja mitunter zynisch, dass gerade diese Darstellung nach dem Erscheinen des CLG unzählige Male reproduziert wurde und bis heute, in zum Teil völliger Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 257 Unkenntnis der Saussure’schen Lehre, als schematische Darstellung seiner Zeichentheorie angesehen wird. Wenn Saussure laut den Quellen die Zeichnung eines Baumes dem Wort arbos (und nicht arbor) gegenüberstellt, dann spricht er erstens gar nicht von einem Verhältnis zwischen signifiés und signifiants, sondern vom Verhältnis zwischen “objets” und “noms” (CLG-E 147, Sp. B und E, Troisième Cours 74), und zweitens weist er ausdrücklich darauf hin, dass es sich um eine naive Herangehensweise (“methode enfantine”) handelt, die er nur deshalb zur Sprache bringt, weil er ihre Unzulänglichkeit aufzeigen möchte, ist doch die Sprache keine Nomenklatur: On a souvent eu tort de se figurer qu’il n’y a dans la langue qu’une nomenclature (arbre, feu, cheval, serpent). ‹Le contenu de la langue ramené à ses premiers traits.› C’est une méthode enfantine. Si nous l’adoptons pour un moment, nous verrons facilement en quoi consiste le signe linguistique et en quoi il ne consiste pas. On se place devant une série d’objets et une série de noms […] (Troisième Cours 74). Das Gesagte impliziert freilich nicht, dass den beiden Bereichen der “idées” und “sons” in Saussures Bestimmung des “fait linguistique” keine grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gedanken und Laute werden zwar auf arbiträrer Basis durch den langage miteinander verknüpft, eine jede langue aber ist mit Notwendigkeit ein Mittel, Gedankliches zum Ausdruck zu bringen. Und auch wenn die Realisierung des langage als langue nicht apriori auf Laute angewiesen ist (die Existenz der Gebärdensprachen, so lässt sich ergänzend hinzufügen, beweist es, dazu s. § 4), jede langue ist per definitionem semantisch (s. Godel 1957, 214-215). Es gibt im CLG reichlich Hinweise darauf, dass Saussure zu den Sprachwissenschaftlern gehört, die die Sprachen als ihrem Wesen nach “semantische Strukturierungen” (Coseriu 1987, 140) von “idées” - bzw. deren Korrelat, der außersprachlichen Wirklichkeit - betrachten: Die Formen im Ausdruck, die man in den Sprachen vorfindet, sind letztlich immer Mittel, mit denen man inhaltliche Unterscheidungen im Denken trifft. Darauf komme ich abschließend in Abschnitt 4 noch zurück. 3.3.3 Drittens schließlich entspricht der hier erläuterten Interpretation die Tatsache, dass Saussure seine schematische Darstellung explizit als eine visuelle Repräsentation des “fait linguistique” verstanden wissen will, d.h. sie repräsentiert streng genommen weder das Sprachsystem (“la langue”) als solches noch individuelle Sprachzeichen (“signes linguistiques”), sondern vielmehr die Zeichenhaftigkeit der Sprache im Allgemeinen, verstanden als Ereignis. Diese “prozedurale” Dimension des “fait linguistique” hängt aufs Engste mit der gerade erläuterten Tatsache zusammen, dass Saussure das “fait linguistique” als eigenständige Schicht zwischen den Gedanken und Lauten auffasst. Diese fundamentale Verbindung von Ereignis und “Intermediarität” bringt E. Constantin in seiner Nachschrift prägnant zum Ausdruck (Troisième Cours 138): 17 C’est entre deux [“idées” und “sons”, KW] que le fait linguistique se passe: Fait linguistique Schema 5 (Constantin) 258 Klaas Willems Die Schemata 2, 3 und 5, die allesamt Varianten ein und desselben Grundschemas sind, geben die Tatsache wieder, dass der langage eine langue konstituiert, d.h. dass Menschen - bei Saussure freilich als “Gemeinschaft” (“l’âme collective”, “masse parlante”, CLG-E 172 und Troisième Cours 66) gedacht - mittels des langage eine langue von Sprachzeichen hervorbringen. Ein Vorteil der schematischen Darstellung Saussures aber ist, dass sie im Prinzip zugleich dazu geeignet ist, die Bilateralität eines Sprachzeichens als Faktum in einer langue zu repräsentieren. Zwar verwendet Saussure in der Regel eine Variante von Schema 4, dem zweigeteilten elliptischen Schema (vgl. CLG-BSR 99 und CLG-E 148-151), wenn er ein bestimmtes Sprachzeichen oder das Sprachzeichen im Allgemeinen visuell darstellt. In § 3.2 aber sahen wir bereits, dass Saussure an einer Stelle auch das Schema des “fait linguistique” dazu anwendet, nämlich wenn er das Verhältnis von der “idée: cher” zum “image auditive: cher” erläutert (s. CLG-E, 263, Sp. B sowie Troisième Cours 139) und eine vereinfachte Variante von Schema 2, 3 und 5 heranzieht, das er zuvor für das “fait linguistique” entworfen hat: Schema 6 (Engler) Auch diese Variante des Schemas wurde von den Herausgebern unterdrückt. Visualisierte es anfänglich, wie die faculté du langage das System der langue hervorbringt, da gibt es hier “une combinaison d’une certaine quantité de concepts avec une certaine quantité de sons” wieder (CLG-E 264, Sp. B). In Constantins Notizen erscheint das Schema wie folgt (Troisième Cours 140): Schema 7 (Constantin) Interessant an dieser Variante ist, dass die beiden vertikalen Striche so eingezeichnet sind, dass sie über die horizontalen Linien, die die beiden Bereiche der “idées” und “sons” wiedergeben, hinausgehen (s. § 2.2). Man darf annehmen, dass die Herausgeber der Vulgata in den ihnen zur Verfügung stehenden Studentenskripten auf diese Variante gestoßen sind. 18 Entscheidend aber ist, dass Schema 7 in einem Zusammenhang auftaucht, wo gerade nicht vom “fait linguistique”, sondern von einem Sprachzeichen (fr. cher) die Rede ist, das von beiden Seiten her ausdrücklich als Substanz, als materielles Sprachzeichen im doppelten Sinne objektiviert wird, d.h. als die Verbindung einer Menge von Konzepten mit einer Menge von Lauten (s. CLG-E 264, Sp. B). Schema 7 stellt folglich das als ein Einzelzeichen materialisierte Ergebnis des “fait linguistique” im Saussure’schen Sinne dar und nicht das “fait linguistique” selbst. Das Schema zeigt damit auf einleuchtende Weise, was es heißt, dass Sprache Gedanken Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 259 “artikuliert” und insofern dem Denken gleichsam kompartimentierte Denkinhalte in der Form von delimitierten Bedeutungen (signifiés) entgegensetzt, und dass es dazu zugleich der parallelen Artikulation von signifiants bedarf, wodurch die Sprachzeichen (signifiants + signifiés) als einzelne articuli ausgewiesen sind (s. CLG-BSR 156, CLG-E 253; vgl. CLG- BSR 26, CLG-E 34). In Constantins Nachschrift selbst gibt es dazu folgende aufschlussreiche Erläuterung: Ce fait ‹linguistique› donnera naissance à des valeurs que elles ‹pour la première fois› seront déterminées […] Si l’on revient maintenant à la figure qui représentait le signifié en regard du signifiant on voit qu’elle a sans doute sa raison d’être mais qu’elle n’est qu’un produit secondaire de la valeur. Le signifié seul n’est rien, il se confond dans une masse informe. De même pour le signifiant (Troisième Cours 138-139). Um noch einmal das Beispiel von Saussure selbst aufzugreifen: Der gedankliche Bereich ‘Schaf’ wird im Englischen mittels zweier Wörter, sheep und mutton, artikuliert, im Französischen dagegen nur durch ein einziges Wort, mouton (CLG-BSR 160, CLG-E 261). Wendet man das Schema des “fait linguistique” an, dann lässt sich dieser Sachverhalt wie folgt darstellen: Schema 8: Anwendungen von Schema 6 auf engl. sheep/ mutton und fr. mouton signifié signifiant 260 Klaas Willems Ein und dasselbe Schema - das Saussure’sche Basisschema - lässt sich also für die Darstellung von zwei grundsätzlich verschiedenen, zugleich aber aufeinander angewiesenen Aspekten der Sprache anwenden, einmal um die “Artikulation” im Hinblick auf die Laute und die Gedanken (Saussure verwendet hierfür Verben wie “préciser”, “répartir” und “décomposer”, CLG-E 253, Sp. B und C) durch den langage darzustellen, einmal um die Bilateralität eines oder mehrerer Sprachzeichen einer spezifischen langue zu visualisieren. Wie aus Schema 8 hervorgeht, können beide Anwendungen des Schemas darüber hinaus problemlos miteinander kombiniert werden. Um nicht in die fehlerhafte Interpretation der Herausgeber des CLG zu verfallen, die sich aus einer solchen Kombination ergeben kann, empfiehlt es sich, im Anschluss an Godel (1957, 241) zusätzlich Pfeile zu benutzen; daneben erscheint es ratsam, auch die Ebenen des “fait linguistique” einerseits und des “signe linguistique” andererseits eigens zu markieren. Die Pfeile setzen in Schema 8 jeweils beim Sprachzeichen, wie es aufgrund des “fait linguistique” als mentale Größe zwischen den beiden Kontinua der “idées” und “sons” konstituiert wird, an und zeigen auf dessen “Realisierung” in Form von einem oder mehreren Gedanken (z.B. ‘sheep’) und Lauten ([ S i: p]), die selber also die Verbindung von signifiant und signifié zur Voraussetzung hat. Durch die zusätzlichen Pfeile wird der Gefahr vorgebeugt, dass man etwa ‘sheep’ und [ S i: p] als Substanzen, und damit als Substrate des Sprachzeichens sheep deutet, während sie in Wahrheit die Zielbereiche sind, in denen das bilaterale Sprachzeichen realisiert wird. Auf diese Weise trägt Schema 8 auch ausdrücklich der Tatsache Rechnung, dass Saussure den Substratgedanken im Hinblick auf seine Theorie des Sprachzeichens an mehreren Stellen explizit zurückgewiesen hat: Il n’y a aucun substratum quelconque aux ‹entités› linguistiques; ‹elles› ont la propriété d’exister de par leur différence […] (CLG-N 47, Sp. 2). […] or il semble que la science du langage soit placée à part: en ce que les objets qu’elle a devant elle n’ont jamais de réalité en soi, ou à part des autres objets à considérer; n’ont absolument aucun substratum à leur existence hors de leur différence ou en DES différences de toute espèce que l’esprit trouve moyen d’attacher à LA différence fondamentale (mais que leur différence réciproque fait toute leur existence à chacun) (ELG 65, Hervorh. im Original). 3.4 Damit komme ich auf das letzte Merkmal zu sprechen, worin sich die Schemata in den Quellen und der Vulgata unterscheiden. Gemeint sind die gewölbten Strichellinien, die allerdings nur in Schema 3 angebracht sind; sie fehlen in den anderen Schemata in den Quellen, wie auch in Schema 1 der Vulgata. Weil kein Zweifel darüber bestehen kann, dass der obere Bereich des Schemas für die “idées”, der untere für die “sons” steht (die Bereiche A und B in der Vulgata, CLG-BSR 156, stimmen mit der Ordnung überein, die überall in den Quellen auftaucht, vgl. u.a. CLG-E 254- 264 und Troisième Cours 139-140), gilt es einen Grund ausfindig zu machen, weshalb die Strichellinien, sofern sie authentisch sind, im Hinblick auf die inhaltliche Seite, nicht aber auf die lautliche Seite des “fait linguistique” sinnvoll sind. Eine Erklärung ergibt sich, wenn man sich den allgemeinen “semantischen” Standpunkt von Saussure vor Augen hält (siehe § 3.3.2) und berücksichtigt, dass Saussures Schema sowohl für die Darstellung des “fait linguistique” als Ereignis wie auch für die Darstellung des Sprachzeichens als Faktum geeignet ist. Dann liegt es nahe, die Strichellinien als “Zonen” auf der Ebene des Inhalts zu interpretieren, nicht ungleich den “Bedeutungszonen”, auf die sich die spätere strukturelle Semantik für die Definition des “Wortfeldes” berufen sollte, wie es z.B. von E. Coseriu definiert wurde: Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 261 Ein Wortfeld ist eine paradigmatische Struktur, die aus lexikalischen Einheiten besteht, die sich eine gemeinsame Bedeutungszone teilen und in unmittelbarer Opposition zueinander stehen. (Coseriu 1979 [1970], 166) Dass bei Saussure das Konzept des “Wortfeldes” voll ausgeprägt ist, auch wenn er dafür noch keinen terminus technicus verwendete, steht außer Zweifel. Das stimmt darüber hinaus vollkommen mit dem überein, was Saussure an anderer Stelle über den oppositiven Stellenwert der semantischen valeurs sagt. Dieser Teil der Saussure’schen Darlegungen ist allgemein bekannt und ich brauche ihn hier nicht zu reproduzieren (s. CLG-BSR 159-162, CLG-E 259-264 u.ö.). Wichtig erscheint nur, zu betonen, dass das Wortfeld nur eine Seinsweise des “semantischen Paradigmas” ist, und bereits Saussure selbst führt außer Beispielen lexikalischer Bedeutung auch solche grammatischer Bedeutung an (vgl. Coseriu 1976, 37-62 und 1987, 133-134). Im Englischen müssten also sheep und mutton (vs. fr. mouton) durch eine Strichellinie im oberen Bereich der “Gedanken” erfasst werden, desgleichen lieb und teuer im Deutschen (vs. fr. cher; CLG-E 262, Sp. B, C und E), craindre und redouter im Französischen (CLG-E 261, Sp. B), der Plural und Dualis im Sanskrit (vs. Plural im Deutschen; CLG-E 262, Sp. B), usw. 19 Man könnte erwägen, diese Interpretation mit einer anderen, bereits erwähnten Besonderheit in Schema 1 in Verbindung zu bringen: Während die Herausgeber des CLG die tatsächlich vorfindbaren gestrichelten Linien in den Schemata der Studentenskripte allesamt getilgt haben, haben sie zugleich die darin vorkommenden vollen senkrechten Linien übernommen und nicht nur ausgebreitet, sondern durch gestrichelte Linien ersetzt. Es liegt nahe, diese einigermaßen paradoxe Änderung ebenfalls auf eine problematische Deutung des Saussure’schen Gedankenganges durch die Herausgeber zurückzuführen. Aus dem im Abschnitt 3.3 Gesagten ist hervorgegangen, dass es den Herausgebern nicht gelingt, langage und langue im Passus über das “fait linguistique” kohärent und im Sinne von Saussure voneinander zu unterscheiden. Dadurch bleiben sie, wie wir sahen, einer überkommenen Substrattheorie verhaftet, die Saussure nicht vertritt. Mit dieser Substrattheorie ist nun aber die Ansicht verträglich, dass Sprachzeichen keine diskreten Einheiten sind, was insbesondere auf deren Inhaltsseite zutrifft: Die Aufteilung des Bereichs der “idées” durch die Sprache kann ohne weiteres in überwiegend psychologistischen und assoziationistischen Begriffen gefasst werden, die gar nicht auf einen strikten Oppositionsgedanken, wie ihn Saussure im Hinblick auf die Sprache entwickelt (“ce qui distingue une chose [est] ce qui la constitue”, CLG-N 47, Sp. 2), angewiesen sind. Beispiele dafür finden sich bekanntlich zuhauf in den sprachwissenschaftlichen Texten des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jh.s (vgl. etwa Texte von A. Darmesteter und M. Bréal, um nur zwei bekannte französische Sprachwissenschaftler zu nennen, mit denen Saussure sich auseinandersetzen musste). 20 Auch aus diesem Grund aber müssen die gepunkteten (bzw. gestrichelten) senkrechten Linien in Schema 1 abgelehnt werden, weil sie dem Denken Saussures nicht adäquat sind. Darüber hinaus können sie fälschlicherweise den Eindruck erwecken, Saussure habe den Standpunkt vertreten, Sprachzeichen seien systematisch polysem. Aus seinen Ausführungen geht jedoch hervor, dass Saussure unter Bedeutungen allgemeine semantische Werte (valeurs) verstand, die weder mit unendlich variablen Bezeichnungen noch mit Redeinhalten verwechselt werden dürfen, wie u.a. aus folgendem Passus in den Écrits hervorgeht: 21 262 Klaas Willems le sens “propre” n’est qu’une des multiples manifestations du sens général; à son tour ce sens général n’est pas autre chose que la délimitation quelconque qui résulte de la présence d’autres termes au même moment (ELG 76). 4. Die Ikonizität von Sprachzeichen In diesem Abschnitt möchte ich nun abschließend noch die Frage stellen, was die obigen Erläuterungen aus heutiger Sicht zu unserem Verständnis von Onomatopöien beitragen. In § 3.2 habe ich dargelegt, wie man Saussures Ansichten zur mimetischen Ikonizität, insbesondere den Lautmalereien, gemeinhin wiedergibt. Außer den Lautmalereien werden auch Ausrufe (“exclamations”) kurz von Saussure diskutiert (CLG-BSR 102, CLG-E 156-157, Troisième Cours 77). Um die Besprechung nicht in die Länge zu ziehen, lasse ich diese im Folgenden jedoch unberücksichtigt. In der Vulgata wird in erster Linie die Sonderstellung der Lautmalereien im System der Sprache betont, und zwar sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht: Mais elles [les onomatopées] ne sont jamais des éléments organiques d’un système linguistique. Leur nombre est d’ailleurs bien moins grand qu’on ne le croit. (CLG-BSR 101-102) Das qualitative Argument bezieht sich auf zweierlei: Lautmalereien sind nicht vom phonetischen Sprachwandel ausgenommen und was aus synchronischer Perspektive ikonisch erscheint, braucht diachronisch gar nicht auf eine ursprüngliche Lautmalerei zurückzugehen. Für beide Argumente gibt es in den Quellen (CLG-E 156) eindeutige Vorlagen. Auch das quantitative Argument ist in allen Studentenskripten belegt (vgl. z.B.: “On exagère en géneral beaucoup le nombre des onomatopées”, CLG-E 156, Sp. E). Zum Verhältnis zwischen Lautmalerei und Sprachwandel gibt es in der Vulgata jedoch auch folgenden Abschnitt: En outre, une fois introduites dans la langue, elles [les onomatopées authentiques] sont plus ou moins entraînées dans l’évolution phonétique, morphologique, etc., que subissent les autres mots (cf. franç. pigeon, du latin vulgaire pīpiō, dérivé lui-même d’une onomatopée): 22 preuve évidente qu’elles ont perdu quelque chose de leur caractère premier pour revêtir celui du signe linguistique en général, qui est immotivé. (CLG-BSR 102) Wie das Beispiel ist auch die Schlussfolgerung im letzten Satz eine Ergänzung der Herausgeber. Zwar gibt es auch in den Quellen einen Satz mit dem Wort “preuve”, dieser aber handelt von etwas ganz Anderem und lautet wie folgt: 1158 La preuve du peu d’importance - ‹valeur› - des onomatopées, c’est que nous pouvons très bien nous y tromper et en voir où il n’y en a pas. (CLG-E 156, Sp. B; vgl. auch Sp. D und E; Hervorh. im Original) Saussure kommt hier auf die Möglichkeit zu sprechen, dass sich die Ikonizität eines Sprachzeichens nicht als der Ausgangspunkt von Sprachwandel herausstellt, sondern als dessen Ergebnis. Vergleicht man die Vulgata mit den Quellen, dann kann man nicht umhin, festzustellen, dass die Herausgeber Saussure eine Argumentation unterschieben, die nicht nur seine Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 263 Ausführungen über die Lautmalerei verdreht, sondern darüber hinaus seine Definition des “fait linguistique” zuwiderläuft. Erklärt man nämlich, wie die Herausgeber, dass der formale Wandel von Lautmalereien im Zuge des üblichen Sprachwandels der Beweis (“preuve évidente”) dafür sei, dass sie etwas von ihrer ursprünglichen Natur verlieren und statt dessen die Form von nicht-ikonischen (“normalen”) Sprachzeichen annehmen würden, dann impliziert das, dass Lautmalereien anfänglich gar nicht als authentische Sprachzeichen gelten können. Sie wären bestenfalls auf dem Weg, Sprachzeichen zu werden, ihre ursprüngliche Natur (“leur caractère premier”) indes hätte mit wirklichen (“nicht-motivierten”) Sprachzeichen nichts zu tun. Es ist üblich, eine solche Darstellung von mimetischer Ikonizität aufgrund der Vulgata mit Saussures CLG zu identifizieren. Nirgends in den Quellen gibt es aber Anzeichen dafür, dass Saussure ikonische Zeichen als Ausnahmen des “fait linguistique” verstanden wissen wollte, ganz im Gegenteil, wie er sich denn auch bei der Besprechung von Ausrufen entschieden gegen die vielleicht naheliegende Ansicht wendet, sie wären “dictées par la nature” (CLG-E 156, Sp. B und E; im Wortlaut auch in der Vulgata beibehalten, vgl. CLG-BSR 102). Da erst der langage die Verbindung zwischen den “idées” und den “sons” herstellt, die für die Sprachwissenschaft die notwendige und unhintergehbare Bedingung ihres Objektes (langue) bildet, muss auch jedes ikonische Sprachzeichen in Saussures Modell zwangsläufig ein Produkt des langage sein - und damit an der Zeichenhaftigkeit der Sprache ursprünglich Anteil haben. Es ist folglich ausgeschlossen, dass der “caractère premier” ikonischer Sprachzeichen für Saussure in einem der beiden Bereiche der Gedanken oder Laute auf einem bereits vorgegebenen Substrat beruhen könnte, denn das würde eine Form von Kausalität voraussetzen, die mit Saussures Theorie nicht vereinbar ist. Auch ikonische Sprachzeichen können für Saussure nur intentional konstruiert werden, und das heißt, dass sie das Merkmal der Arbitrarität, wie sie Saussure im denkbar radikalen Sinne auffasst, ebenfalls voraussetzen, statt ihr zu widersprechen: Ikonizität ist in Saussures Modell des “fait linguistique” nicht anders denn als Ikonisierung konzipierbar, d.h. als eine höherstufige Intention in der Aktivität des langage, die per definitionem Arbitrarität voraussetzt. Der “caractère premier” etwa von tic-tac oder glou-glou - Saussures eigenen Beispielen (CLG-E 156) - ist nicht etwas, was diese Sprachzeichen im Laufe der Zeit bzw. des Sprachwandels “verlieren” könnten, und zwar in dem Maße, dass sie statt dessen den “caractère […] du signe linguistique en général, qui est immotivé” annehmen würden. Vielmehr ist die Ikonizität von tic-tac oder glou-glou heute in jeder Realisierung genau so intendiert und wird es auch in der Zukunft genau so sein, wie sie es immer schon gewesen ist, auch bei der allerersten Erzeugung dieser Lautmalereien in der Sprache. Das erklärt auch, weshalb die Ikonizität eines Sprachzeichens ohne weiteres das Ergebnis von Sprachwandel sein kann: Es ist in Saussures Modell des “fait linguistique” vollkommen irrelevant, ob ein Sprachzeichen entweder synchronisch oder diachronisch ikonisch ist. Ikonizität beruht nicht auf einem Substrat, sondern entspricht einer Intention des Sprechers, aus egal welcher Perspektive. Es ist freilich interessant, darauf hinzuweisen, dass die Deutung, die die Herausgeber Saussures Ausführungen über Lautmalereien zuteil werden lassen, durchaus mit ihrer zuvor diskutierten Deutung des “fait linguistique” verträglich ist, wie sie sich auch im Schema 1 der Vulgata manifestiert: Die senkrechten Linien erfassen ja auch das “amorphe” Kontinuum der Laute, und die “sons” erscheinen im Schema nicht so sehr als der ikonische Zweck onomatopoetischer Sprachzeichen, als die Saussure sie auffasst, sondern als deren Grundlage, wovon 264 Klaas Willems sie sich höchstens mit der Zeit entfremden können. In Wahrheit aber trifft in Saussures Modell auch auf ikonische Zeichen wie Lautmalereien und Ausrufe zu, was für alle Sprachzeichen gilt, d.h. für alle Einheiten einer langue, die durch den langage zustande gebracht wird: “idées” fallen nicht mit signifiés zusammen, so wie “sons” niemals mit signifiants zusammenfallen. Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein Passus im Abschnitt über synchronische und diachronische Sprachwissenschaft, in dem Saussure im Hinblick auf das für sein Modell zentrale Konzept valeur einen Vergleich zwischen der Sprachwissenschaft und “d’autres sciences”, z.B. den Wirtschaftswissenschaften, anstellt (CLG-E 175-179, Troisième Cours 104 und vgl. CLG-BSR 114-116). Dazu sind auch interessante “notes personnelles” von Saussure überliefert (CLG-E 178 und vgl. auch ELG 333). Saussure hebt die sprachliche valeur mit aller wünschenswerten Deutlichkeit von z.B. der wirtschaftlichen valeur ab, indem er darauf hinweist, dass erstere nicht wie letztere auch in den Sachen selbst (“dans les choses”) begründet ist (vgl. Godel 1957, 239-240). Die Klarheit, mit der Saussure es versteht, nicht nur seinen radikalen Standpunkt über das “fait linguistique” als fundierende Zeichenhaftigkeit, sondern auch die unverwechselbare Eigenart der Sprache im Vergleich zu anderen Systemen von valeurs zum Ausdruck zu bringen, gestattet es, den Passus etwas ausführlicher zu zitieren: 1324 […] on arrive 3° aux sciences qui s’occupent de la valeur arbitrairement fixable (sémiologie), ‹non plus de la valeur ayant une racine dans les choses,› = signe arbitrairement fixable (linguistique) […] 1325 Toute valeur a deux côtés comme le signe ‹linguistique›. Tant que cette valeur a, au moins par un de ses côtés, une racine dans les choses, par example ‹Valeur: par rapport au franc›, 1327 il est encore relativement possible de la suivre dans le temps avec les variations de sa valeur, et sans oublier que la contrevaleur (50000 fr.) varie à son tour de valeur, selon les états d’abondance de l’or, etc. 1328 Mais tout cela garde une valeur finale de par les choses, et ne peut le plus souvent dépasser une certaine limite. 1329 Au contraire dans l’association constituant le signe il n’y a rien depuis le premier moment que deux valeurs existant l’une ‹en vertu de› l’autre (arbitraire du signe) (CLG-E 178, Sp. F; Hervorh. im Original) Interessanterweise schließt Saussure den Passus mit einer Bemerkung ab, in der er zugleich wiederum die Semantizät der Sprache als fundierendes Prinzip hervorhebt: fonds de terre Z 50 000 francs Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 265 Si l’un des deux côtés du signe linguistique pouvait passer pour ‹avoir› une existence en soi, ce serait le côté conceptuel, l’idée comme base du signe. Nicht wider Erwarten ist der letzte Satz in den Konditional gefasst (vgl. auch Troisième Cours 104), im Lichte der obigen Darlegungen ist er deshalb aber nicht weniger klar: Sprachzeichen entsprechen ihrem Wesen nach einer “Bedeutungsintention” (den Begriff entnehme ich der Phänomenologie Husserls, vgl. Husserl 1980 [1913], II/ 1, 41) und nicht etwa nur einer Ausdrucksintention, die zwar die Bedeutungsintention realisiert, nicht aber fundiert. Wenn daher Saussure schreibt, “l’idée” sei die “base du signe”, dann ist das nicht so zu verstehen, als könne man Bedeutungen von Sprachzeichen (in der langue) einfach auf Gedanken zurückführen und schon gar nicht, dass die langue schlichtweg als “pensée organisée dans la matière phonique” aufzufassen sei (vgl. auch ELG 44-45 und 75-76). Vielmehr führt Saussure eine außerordentlich wichtige epistemologische Differenzierung ein zwischen dem Sprachzeichen als Objekt der Linguistik (langue) und dessen Begründung als Objekt einer Theorie der Sprachwissenschaft. Darüber hinaus weist die angeführte Stelle bei Saussure manche Ähnlichkeit mit der berühmten Bemerkung W. von Humboldts in “Latium und Hellas” auf, in der Humboldt einerseits zwar einräumt, dass ein Sprachzeichen (ein Wort) das semantische Pendant einer Sache oder eines Begriffs in der außersprachlichen Welt sei, Humboldt andererseits aber zugleich die für das Sprachstudium verhängnisvolle Ansicht kritisiert, das Sprachzeichen sei einfach einem Referenten zugeordnet : Den nachtheiligsten Einfluss auf die interessante Behandlung jedes Sprachstudiums hat die beschränkte Vorstellung ausgeübt, dass die Sprache durch Convention entstanden, und das Wort nichts als Zeichen einer unabhängig von ihm vorhandenen Sache, oder eines eben solchen Begriffs ist. Diese bis auf einen gewissen Punkt freilich unläugbar richtige, aber weiter hinaus auch durchaus falsche Ansicht tödtet, sobald sie herrschend zu werden anfängt, allen Geist und verbannt alles Leben […] Das Wort ist freilich insofern ein Zeichen, als es für eine Sache oder einen Begriff gebraucht wird, aber nach der Art seiner Bildung und seiner Wirkung ist es ein eignes und selbständiges Wesen […] (Humboldt 1904 [1806], 167; meine Hervorhebungen, KW). Wenn Saussure in seinen Darlegungen zum “fait linguistique” hervorhebt, dass die “articulation” 23 in “unités d’une espèce particulière” (CLG-E 253, Sp. B und C) resultiert, dann kann man mit Fug und Recht behaupten, dass er mit Humboldts These einiggeht, Sprachzeichen (Wörter) seien “Wesen einer durchaus eignen Natur” (vgl. Humboldt 1904 [1806], 168). Zu beachten ist auch, dass ein solcher Standpunkt Humboldt nicht daran hinderte, eine differenzierte Theorie sprachlicher Ikonizität zu entwickeln (im Gegenteil, bildet er dazu doch die notwendige Voraussetzung, s. Humboldt 1907 [1830-1835], 73-78 und vgl. Trabant 1986, 71-98), und dasselbe trifft auf Saussure zu, dessen Ausführungen zur Ikonizität in der Sprache freilich summarischer und einfacher sind als diejenigen Humboldts. 24 Ikonizität ist gemäß Saussures Ansatz - und damit greife ich das unter § 3.2 Gesagte wieder auf - kein Weniger, sondern ein Mehr: Ikonische Sprachzeichen sind Sprachzeichen wie alle anderen, allerdings kommt bei ihnen eine sekundäre Motivation hinzu, durch die ihre Form selbst eine zusätzliche semantische Funktion erhält. Dabei ist diese sekundäre Motivation - so möchte ich Saussure ergänzen - als ein Verfahren zu verstehen, das das übliche Verhältnis zwischen Sprachproduktion und Sprachrezeption durchbricht: Ikonisierung bedeutet nämlich, dass die Form eines Sprachzeichens als bereits interpretierte Form vermittelt wird. Erstens aber soll man nicht vergessen, dass es auch an Lautmalereien wie tic- 266 Klaas Willems tac und glou-glou weitaus mehr arbiträre formale Eigenschaften als ikonische gibt, und zweitens neigen wir als Sprecher einer Sprache (oder mehrerer Sprachen) in der Regel dazu, die Historizität der formalen Eigenschaften bei Lautmalereien zu unterschätzen, und zwar gerade weil ihre sekundäre ikonische Motivation sie von der Norm der meisten Sprachzeichen unterscheidet. Wie wenig “ikonisch” - und wie “konventionell” - eine Form wie glou-glou in Wirklichkeit aber ist, erhellt sofort, wenn man solche Formen Menschen vorlegt, die keine “europäische” Sprache sprechen - sie können die Form nicht als bereits interpretiert verstehen. Für einen seichten Ikonismus, wie Jakobson (1960) ihn angesichts der “nursery words” Mama und Papa vertrat (s. oben § 1.1), gibt es in Saussures Modell keinen Platz. Das aber wird man schwerlich als Nachteil dieses Modells empfinden können. 25 5. Schlussbetrachtungen Ich habe in diesem Beitrag darzulegen versucht, dass die Vulgata Saussures Ausführungen zum “fait linguistique” nicht exakt, mitunter schlichtweg falsch wiedergibt. Ein Vergleich mit den Quellen, der bei der schematischen Darstellung der beiden Kontinua im CLG ansetzt, zeigt, dass die Herausgeber die Darlegungen Saussures in zentralen Punkten geändert und zum Teil wohl auch missverstanden haben. Insbesondere gilt es, folgende Aspekte hervorzuheben: - die Herausgeber haben die Radikalität von Saussures Darlegungen zum “fait linguistique” abgeschwächt oder - zumindest teilweise - verkannt; - sie haben an entscheidenden Stellen (faculté du) langage und langue miteinander verwechselt; - sie haben das “fait linguistique” nicht durchgängig vom “signe linguistique” unterschieden; - sie haben den Bereich der “idées” nicht sorgfältig von den signifiés sowie den Bereich der “sons” nicht sorgfältig von den signifiants unterschieden; - sie haben an mehreren Stellen an Begriffen festgehalten, die Sprache als Substanz fassen, während Saussure selbst eine ausgesprochen formale Perspektive auf die Sprache einnimmt (wobei “formal” nicht mit “formalistisch” verwechselt werden darf); 26 - schließlich haben sie mit ihrer Fassung der schematischen Darstellung des “fait linguistique” einer Interpretation Vorschub geleistet, in der Ikonizität als kausaler Prozess missverstanden werden kann, während aus den Quellen hervorgeht, dass Ikonizität für Saussure ein intentionales Verfahren ist. Während Saussure offenbar alles daran setzte, das Sprachzeichen (“signe linguistique”) vom Standpunkt des “fait linguistique” her zu konzipieren und zu diesem Zweck die Autonomie von signifié und signifiant in ihrer Verbindung zu einem einzigen Sprachzeichen betonte, fielen die Herausgeber hinter die theoretisch kohärenten und durchaus klaren Distinktionen von Saussure zurück. 27 Sie identifizierten, aufgrund einer Verwechslung von langue und (faculté du) langage, den signifié mit einem Ausschnitt aus dem Bereich der Gedanken, den sie als ideelles Substrat des Sprachzeichens darstellten, und den signifiant mit einem Ausschnitt aus dem Bereich der Laute (Klänge), der auf diese Weise zum materiellen, “phonischen” (CLG-BSR 156, CLG-E 253) Substrat des Sprachzeichens avancierte. Saussures Darstellung des “fait linguistique” ist mit einer solchen Sicht der Dinge jedoch nicht vereinbar: Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 267 Er begründet Sprachzeichen eindeutig als “unités d’une espèce particulière” und wendet sich damit entschieden gegen “l’idée banale que le langage est un moule” (CLG-E 252, Sp. B). Sowohl das Schema 1 als auch der begleitende Text der Herausgeber bleiben dagegen einem ontologisierenden Natürlichkeitsdenken verhaftet, der zwar in der Saussure vorangehenden Geschichte der Sprachwissenschaft üblich war, dem aber die gesamte Konzeption Saussures letztlich entgegengesetzt ist: Der signifié eines Sprachzeichens bildet keinen Gedanken ab, und sei es auch nur teilweise, wie auch dessen signifiant keinerlei phonische Qualitäten in irgendeinem Sinne widerspiegelt. Vielmehr kreiert der Mensch dank seiner faculté du langage in einer ursprünglichen Synthesis - in einem “synthetischen Akt der Zeichenartikulation”, wie Jäger (1978, 26) 28 es treffend formuliert - Sprachzeichen, die notwendigerweise bilateral sind und deren signifiés und signifiants auf keine dem Sprachzeichen fremden Substrate reduzierbar sind. Weil aber die fundierende Intention dieses “fait linguistique” nichts Anderes als eine originäre Bedeutungsintention ist, kann Saussure - vollkommen kohärent - behaupten, dass durch das bare Faktum der Erzeugung von Sprachzeichen als langue jene Verbindung von “idées” und “sons” geleistet wird, die nicht nur vor, sondern auch noch nach Saussure immer wieder als phonische Materialisierung von Gedanken missverstanden wurde. Bibliographie Primäre Literatur von Ferdinand de S AUSSURE : CLG-BSR: F. de Saussure (1995 [1916]). Cours de linguistique générale. Publié par Ch. Bally et A. Sechehaye avec la collaboration de A. Riedlinger. 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Bibliographie). 3 Dazu schreibt De Mauro (1995 [1967], N. 224): “Son auditoire étant désormais relativement entraîné […], Saussure peut commencer à lui exposer les points les plus ardus de sa doctrine de la langue”. 4 Dabei muss man natürlich immer im Auge behalten, dass die Herausgeber des CLG nicht über alle die Quellen verfügten, die uns heute zur Verfügung stehen (vgl. Godel 1957, 95-97 und Bouquet/ Engler 2002, 11). 5 Es ist übrigens bedauerlich und letztlich widersprüchlich, dass auch noch S. Bouquet und R. Engler in ihrer Ausgabe der Écrits de linguistique générale (2002) selbst erfundene Zwischentitel verwenden, um Saussures Notizen äußerlich die Form eines durchlaufenden Textes zu verleihen; vgl. Trabant (2005, 122). 6 Eine leicht von Schema 2 abweichende Darstellung findet sich in der Mitschrift von E. Constantin (Troisième Cours 138), eine leicht von Schema 3 abweichende Darstellung in Godel (1957, 214). Auf beide Varianten komme ich weiter unten zu sprechen (s. § 3.3.3). 7 Schema 1 wurde für die historisch-kritische Ausgabe von Engler neu angefertigt und dabei leicht angepasst. Die vertikalen Striche erscheinen in CLG-E (252, Sp. A) als gestrichelte Linien, und nicht länger als gepunktete Linien, wie in der Vulgata (CLG-BSR 156). Für diese leichte Abwandlung gibt es keinen ersichtlichen Grund. Auf die signifikanten Unterschiede zwischen Vulgata und Quellen gehe ich in den Abschnitten § 3.2-3.4 ein. 8 Vgl. dazu ausführlich Saussure (Troisième Cours 7 und 66). Bekanntlich hob Saussure die “soziale” Dimension der Sprache - die langue als “produit social” (ebd.) - besonders hervor. 9 In Saussures eigenen Notizen heißt es dazu sehr klar: “La nature ‹nous› donne l’homme organisé pour le langage articulé, mais sans langage articulé” (CLG-N 16, Sp. 1; Hervorh. im Original); vgl. Godel (1957, 148 und 212ff.). 10 Die Verwechslung von langue und (faculté du) langage durch die Herausgeber ergibt sich auch aus einem Satz wie “l’exercice du langage repose sur une faculté que nous tenons de la nature” (CLG-BSR 25; vgl. aber CLG-E 32, Sp. B und E). Dagegen heißt es in Saussures eigenen Notizen: “Le langage est un phénomène; il est l’exercice d’une faculté qui est dans l’homme” (ELG 129). 11 Vgl. auch die Stelle in der Vulgata (CLG-BSR 159), wo die Herausgeber die Metapher des Blattes ein zweites Mal (und ohne Indizien in den Quellen) heranziehen, sie dann aber dem Geiste Saussures entsprechend korrekt auf Sprachzeichen beziehen. 12 Ebenso ist es Saussure darum zu tun, das Wesen des langage - und nicht der langue, wie Jäger (2003, 51) irrtümlicherweise meint - zu bestimmen, wenn er darauf hinweist, “qu’il faudra en dernier lieu revenir toujours à la question de savoir ce qui constitue de par l’essence du langage une identité linguistique” (ELG 18). 13 In den Écrits spricht Saussure von zwei “objets hétérogènes” (ELG 20). 14 Die Tatsache, dass Sprachzeichen Einheiten einer ganz eigenen Ordnung sind, hebt Saussure an verschiedenen Stellen hervor; vgl. etwa: “Il faut un effort pour saisir ce qui forme les diverses entités contenues dans la langue ou pour éviter de prendre comme entités linguistiques ce qui sont des entités d’un autre ordre” (CLG-E 253, Sp. E). Dazu s. ausführlich Jäger (2003, 26-52). 15 Daneben verwendet Saussure auch die Begriffe “interne” und “intérieur” (ELG 17 und 21). 16 Dass Saussure das Wort “signe” im Cours in zwei verschiedenen Bedeutungen verwendet (einmal als Relationsbegriff im Hinblick auf das Verhältnis zwischen signifié und signifiant, einmal als Dingbegriff im Hinblick auf den signifiant allein bzw. dessen Realisierung), ist bekannt (s. Godel 1957, 191ff.) und braucht uns hier nicht weiter zu beschäftigen. 17 Ein sehr ähnliches Schema aus der Mitschrift von G. Dégallier reproduziert Godel (1957, 214): Es stimmt in der Struktur mit Schema 5 überein, weist aber zusätzliche Strichellinien wie im obigen Schema 3 auf und enthält darüber hinaus den Vermerk “masse informe” im unteren Bereich, ebenfalls wie im Schema 3. Die Grenzen der Ikonizität der Sprache 271 18 Die Mitschrift von E. Constantin kam zwar erst 1958 ans Licht und war den Herausgebern der Vulgata somit unbekannt (s. E. Komatsu in Troisième Cours viii), aber aus den Studentenskripten geht hervor, dass Saussures Zuhörer ihre Mitschriften aufgrund der Notizen der anderen ergänzten. Ich habe nicht kontrollieren können, ob ein ähnliches Schema wie 7 z.B. in der Mitschrift von G. Dégallier vorhanden ist, die die Heraugeber nebst anderen Quellen für die Fertigstellung des dritten Cours verwendet haben (s. CLG-BSR 8). 19 S. auch CLG-E 261, Sp. C: “chien désignera le loup, tant que le mot loup n’existera pas”; dasselbe Beispiel findet sich in ELG 80. Vgl. dazu auch Godel (1957, 199 und 225), der die Anwendung des Konzeptes “Paradigma” auf den Bereich der grammatischen Bedeutungen einer Einzelsprache jedoch für problematisch hält (Godel 1957, 232). 20 Einige Zitate von A. Darmesteter und M. Bréal mögen hier genügen (damit soll freilich nicht gesagt sein, dass Bréal nicht über den recht grobschlächtigen und heute kaum noch erträglichen Naturalismus von Darmesteter hinausgegangen sei): Darmesteter: “Le langage est une matière sonore que la pensée humaine transforme, insensiblement et sans fin, sous l’action inconsciente de la concurrence vitale et de la sélection naturelle” (Darmesteter 1979 [1887], 31); “Le mot [cf. “mots = sons articulés”, KW] est le serviteur de l’idée; sans idée, point de mot; ce n’est qu’un vain assemblage de sens. Mais l’idée peut exister sans mot; seulement elle reste dans l’esprit, à l’état subjectif, et ne fait point de partie du langage” (40), usw.; Bréal: “[la conjugaison indo-européenne] n’a pas essayé d’enfermer trop de choses dans un même mot. Nos langues, en général, se sont abstenues de marquer beaucoup de vaines distinctions, qui, n’allant pas au fond des choses, sont comme une frivole dépense d’intelligence. En japonais, par exemple, les mots changent suivant que l’on compte des quadrupèdes ou des poissons, des jours ou des mesures de longueur” (Bréal 1921 [1897], 94-95); “Pourquoi les mots sont disproportionnés aux choses” (107); “il n’est pas douteux que le langage désigne les choses d’une façon incomplète et inexacte. Incomplète: car on n’a pas épuisé tout ce qui peut se dire du soleil quand on a dit qu’il est brillant […] Inexacte, car on ne peut dire du soleil qu’il brille quand il est couché” (177), usw. (Vgl. dagegen u.a. Saussure in ELG 76: “Mais ce serait ne pas comprendre où est la puissance de la langue que de se plaindre de son inexactitude”.) 21 Zum teilweise auch terminologisch - nämlich anhand der Begriffe signifié und signification - durchgeführten Unterschied bei Saussure s. insbesondere Godel (1957, 230-242) und Wunderli (1981b). 22 Das Beispiel fr. pigeon stammt von den Herausgebern, Saussure erwähnte laut den Quellen lediglich lat. pluit und fr. tic-tac und glou-glou (CLG-E 156 und Troisième Cours 77). 23 “Artikulation” ist - wie auch “Gliederung” - bekanntlich ein Begriff, der auch in Humboldts Denken eine zentrale Rolle spielt, vgl. u.a. Humboldt (1905 [1820], 4), (1906 [1824], 116ff.), (1907 [1830-1835], 57, 66-67) und (1907 [1827-1829], 153): “Der articulirte Laut, oder, allgemeiner zu sprechen, die Articulation ist das eigentliche Wesen der Sprache, der Hebel, durch welchen sie und der Gedanke zu Stande kommt, der Schlussstein ihrer beiderseitigen innigen Verbindung”. Zu einigen Übereinstimmungen und Differenzen zwischen Saussure und Humboldt, auf die ich hier nicht weiter eingehen kann, s. u.a. Lohmann (1967), Christmann (1972) und Jäger (1975, 57ff.), (1986, 21ff.). 24 Dagegen haben Saussures Ausführungen vor denjenigen Humboldts den nicht zu unterschätzenden Vorzug, dass Saussure die Lautsprache im Gegensatz zu Humboldt - vgl. u.a. Humboldt (1906 [1824], 110ff.) und (1907 [1830-1835], 52ff.) - nicht als die einzige wesensadäquate Realisierungsform der Sprache auffasst (vgl. Godel 1957, 148). Für Saussure ist die Lautsprache nur eine der denkbaren und möglichen “Modalitäten” von Sprache, neben der insbesondere auch die Gebärdensprache erwähnt werden muss; vgl. insbesondere Saussure (Troisième Cours 8, 66 und 71), mit Verweis auf W. D. Whitney, der die Verschiedenheit der möglichen Modalitäten der Sprache bereits hervorhob (vgl. Whitney 1875, 291-294). 25 Ohne hier weiter darauf eingehen zu können, weise ich noch darauf hin, dass die These, bei Saussure sei Ikonizität ein semiotisches Mehr und kein Weniger, auch durch Saussures Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem “arbitraire absolu” von Simplizia (z.B. fr. hache ‘Beil’, second ‘zweiter’) und dem “arbitraire relatif” von Wortbildungen (fr. couperet ‘Hackmesser’, dixième ‘zehnter’) gestützt wird (s. CLG-E 297-303). Letztere Form von Arbitrarität baut auf ersterer auf, nicht umgekehrt (vgl. Joseph 2000, 1-4 sowie bereits Godel 1957, 226-230). Dazu lesen wir in den Quellen: 2108 […] Tout ce qui fait d’une langue un système ‹ou un organisme› demande d’être abordé sous ce point de vue, où on ne l’aborde guère en général: ‹comme une› limitation de l’arbitraire par rapport à l’idée. 2109 Implicitement on s’appuiera ainsi sur la meilleure base possible, 272 Klaas Willems 2110 puisque la donnée fondamentale du signe linguistique, c’est l’arbitraire (CLG-E 301, Sp. E, Hervorh. im Original). 26 Man vergleiche noch folgende Notiz von Saussure selbst, übrigens eine der wenigen Stellen, wo Saussure Bréals Begriff “sémantique” verwendet, den er ansonsten geflissentlich vermeidet, wohl auch um klarzumachen, dass sich seine Bedeutungstheorie grundsätzlich von derjenigen seiner Vorgänger unterscheidet: “Nous disons qu’il n’y a point de morphologie hors du sens, malgré que la forme matérielle soit l’élément le plus facile à suivre. Il y a donc encore bien moins à nos yeux une sémantique hors de la forme! ” (CLG-N 37, Sp. 2; vgl. auch 41, Sp. 2). Dass Saussure über die erläuterte formale Perspektive hinaus auch für eine logisch-mathematische Perspektive in der Linguistik empfänglich war, soll freilich nicht geleugnet werden, vgl. dazu u.a.: “Il arrivera un jour, et nous sommes absolument conscient ici de la portée de [ ], où on reconnaîtra que les quantités du langage et leurs rapports sont régulièrement exprimables, de leur nature fondamentale, par des formules mathématiques” (ELG 206); vgl. Godel (1957, 44 und 220). Die Analyse der Tragweite und Bedeutung solcher und ähnlicher Aussagen Saussures muss indes einer anderen Untersuchung vorbehalten bleiben. 27 Auf die “konsistente Argumentationslogik” und die “mentale Stringenz” des Saussure’schen Denkens weist auch Jäger (2003, 44) nachdrücklich hin, der diese Vorzüge darüber hinaus mit der “aphoristischen Denkungsart” Saussures in Verbindung bringt (Jäger 2003, 42-55). 28 Vgl. auch Jäger (1986, 15-16 und 28). Zum Konzept “Synthesis” in der Sprachphilosophie (Humboldt’scher Prägung) s. Trabant (1986, 75-77).