Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
283-4
"Ein Narrenspiel aus dem Nichts" - DADA - Semiotik und Didaktik
121
2005
Klaus H. Kiefer
kod283-40301
„Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik Klaus H. Kiefer „Was konstituiert unseren Geist? “ Hugo Ball, 7. Mai 1917 1. Geographie und Genese 1 Dada ist bekanntlich in Zürich entstanden - wenn auch „aus dem Nichts“. 2 Beide Angaben, zumal in dieser paradoxen Gegenüberstellung, erstaunen: In diesem Lande der Rohköstler, Joghurtfanatiker, Konkubinatsschnüffler, in der freien Schweiz, die Friedrich Schiller besungen hat, in diesem Lande des Kropfs, der Seen und der landschaftlichen Schönheit, das von Alfieri als ein Abort und von Madame de Staël als ein Paradies bezeichnet wurde, wo die Kühe wie Menschen und die Menschen wie Kühe sind, in diesem Land, in dem Gottfried Keller als totes Schemen die Lebendigen mehr sekkiert als je ein Torquemada die Häretiker sekkiert haben kann - hier wurde eines Tages Dada geboren, die Weltanschauung der freiesten Menschen, die dieser verfluchte Planet hervorgebracht hat. 3 Die Ursprungshypothese „aus dem Nichts“ hat weit weniger Interesse erweckt als die leicht faßbare Exilsituation. Zwar hatte Dada einige deutsche Väter - und eine deutsche Muttergottes 4 -, so daß man in Paris wie schon im Falle des Kubismus seine „origine boche“ 5 beklagte, und es gab viele Dadas avant la lettre im In- und Ausland, ob sie nun den scheinbar so unverbindlichen Namen übernahmen oder damit konkurrierten, wie etwa Kurt Schwitters’ „Merz“. Die Ursprungsfrage - wie so vieles bei Dada - ist und bleibt indessen von Widersprüchen gezeichnet, die nicht durch Ortbestimmungen und Staatszugehörigkeitfeststellungen aufgelöst werden können. Das „passé simple“, das Tristan Tzara 1918 in seinem Manifest gebraucht, „Ainsi naquit DADA [...]“, 6 stellt zwar eine historische Ordnung her, 7 aber nur zwei Seiten weiter beteuert der unzweifelhafte Mitbegründer der Bewegung: „Je vous dis: il n’y a pas de commencement [...].“ 8 Ja, im Programm einer „Kleinen Dada-Soirée“ von 1922 konnte man lesen: „Dada existe depuis toujours. La Sainte Vierge déjà fut dadaïste.“ 9 Raoul Hausmann ging noch weiter zurück - weiter geht’s nicht im christlichen Abendland: „DADA [...] sprang aus der magischen Büchse des Demiurg am Anfang der Welt [...].“ 10 Doch - auf die Gefahr KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 28 (2005) • No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen 302 Klaus H. Kiefer hin, mir selber zu widersprechen: „Bevor Dada da war, war Dada da.“, 11 so nämlich Hans Arp. „Dieses kindliche Suchen nach einem Anfang“, 12 das schon Carl Einsteins Bebuquin als schädlich erkannte, wird uns allerdings noch weiter beschäftigen. 2. Der „Krieg der Geister“ 13 Ungeachtet aller politischen und ökonomischen Implikationen war der Erste Weltkrieg auch und gerade seitens der jungen Künstler und Intellektuellen als „Lösung“ der Décadence- Problematik, empfunden worden. 14 Nicht nur in Deutschland; längst schon hatten die italienischen Futuristen den Krieg zur „einzigen Hygiene der Welt“ 15 erklärt. Dienstuntauglich versucht sich Hugo Ball sogar - man höre und staune - an die Front zu schmuggeln; die Erfahrung traumatisiert ihn. 16 Er war nicht der einzige. Eine umfassende Darstellung des Verhältnisses Dadas zum Weltkrieg fehlt allerdings. 17 Als Ball und anderen Zürich zum Exil wird, wirkt der Krieg jedenfalls wie ein Filter, der bestimmte politische, philosophische oder auch religiöse Themen nicht mehr durchläßt - wenn auch nur für kurze Zeit, und während Ball konvertiert, politisiert sich der Berliner Dadaismus denn auch wieder, „will etwas“. 18 Der Krieg, obwohl als „Kulturkrieg“ propagiert, potenziert die europäische Kulturkrise. Auch für Dada wurde er zur „Urkatastrophe“. 19 Von daher rührt das (weitgehende) Fehlen positiver oder gar „melioristischer“ 20 oder überhaupt eindeutiger Aussagen im dadaistischen Diskurs - bis zum flagranten Selbstwiderspruch: „Gegen dies Manifest sein, heißt Dadaist sein! “, 21 bis zur Verleugnung jeder Botschaft, auch der eigenen: „Dada will nichts [...].“ 22 - „Dada bedeutet nichts.“ 23 Ob nun vom Geschützdonner, den man von Verdun her bis in die Schweiz hören konnte, oder der großen Negertrommel untermalt, Tzaras Ideal, Ideal, Ideal Erkenntnis, Erkenntnis, Erkenntnis Bumm-Bumm, Bumm-Bumm, Bumm-Bumm 24 drückt den „Bankrott“ aller Weltanschauungen und Ideologien und ihrer sprachlichen Vermittlung synekdotisch aus. Die Klage über den „journalistischen“ (politischen! ) Mißbrauch der Sprache ist auch bei Expressionisten frequent. Hugo Ball betont jedoch: „Die Sprache als soziales Organ kann zerstört sein, ohne daß der Gestaltungsprozeß zu leiden braucht. Ja es scheint, daß die schöpferischen Kräfte sogar gewinnen.“ 25 Dieser radikale Relativismus oder Nihilismus geht indessen auf die Vorkriegszeit zurück - was breit zu dokumentieren wäre: in Deutschland durch Namen wie Georg Simmel, Ernst Mach, Hans Vaihinger, indirekt auch Albert Einstein u.v.a.m. Wenn man Hugo Balls Exposé einer Nietzsche-Dissertation betrachtet - die er glücklicherweise nicht vollendet hat -, so findet man freilich nicht die „passenden“ Belege, etwa bezüglich der Reduktion von „Wahrheit“ auf bloße Rhetorik und Semiotik. 26 Als Moral- oder Religionsersatz fordert Ball 1909/ 1910 „eine Art philosophisches Kunstwerk mit ästhetischen Werten“. 27 Es nimmt nicht Wunder, daß die jungen Künstler, die sie nun einmal waren, auf dieser prätheoretischen „Schwelle“ verharrten 28 und auch als ihre Gewährsmänner vorzugsweise Künstler und Literaten zitierten, so insbesondere Frank Wedekind. 29 Wie ein Brennspiegel zieht das Anfang Februar 1916 gegründete Cabaret Voltaire diese Anregungen auf seine Bühne und setzt gerade dadurch die Münchner oder Berliner, aber auch „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 303 Züricher Kabarettkultur des Vorkriegs fort. Auch hier fehlen internationale Quellen nicht; ich nenne nur z.B. Alfred Jarrys „Ubu Roi“, aus dem Hans Arp rezitierte. 30 Nachdem so gut wie „[a]lle Stilarten der letzten zwanzig Jahre“ 31 Revue passierten, stellt sich Hugo Ball zurecht die Frage: „Sind wir nicht magische Eklektizisten? “ 32 Dieser dadaistische Eklektizismus, der durch das zirzenische Moment des Cabarets noch verstärkt wurde - „Die Bildungs- und Kunstideale als Variétéprogramm -: das ist unsere Art von ‘Candide’ gegen die Zeit.“ 33 -, ist freilich nicht nur als Fakt zur Kenntnis zu nehmen, sondern als semiotisch konstitutiv 34 zu betrachten. Selbst Desinteresse und Unverständnis seitens des (mehrheitlich studentischen) Publikums 35 potenzierte die dadaistische Semiose, denn obwohl gegen das Publikum spielten, tanzten, gestikulierten, trommelten die Dadaisten eigentlich nur für sich, d.h. die subjektive Radikalität wurde - zumindest anfänglich - weder dialogisch noch kommunikativ noch auch durch kommerzielle Rücksichten gemildert. 3. Gesamtkunstwerk und poetische Funktion Seinem Erfinder, Hugo Ball, 36 zufolge war das Cabaret Voltaire ein - freilich minimiertes und modernisiertes - „Gesamtkunstwerk“, das von Richard Wagners „Festspielidee“ kaum mehr als die Synästhesie der Kunstgattungen bewahrte als im übrigen auch der „Blaue Reiter“, dem Dada ebenfalls Anregungen verdankt. Daß in Balls Künstlertheater Carl Einsteins „Dilettanten des Wunders“ die „Richtung“ weisen sollten, 37 wirkte dabei eher kontraproduktiv - wenn ich mir als Vorsitzendem der Carl-Einstein-Gesellschaft/ Société-Carl-Einstein 38 diese Bemerkung erlauben darf -, denn welche „Richtung“ könnte das sein? Die Vielfalt der Mittel und Stile - „afrikanische“ Masken und Trommeln, 39 „kubistische“ Tänze und Kostüme, 40 Folklore, Rezitation, Gesang, Schrei, Gestik usw. - formten ein lebendiges Potpourri, das sich heute außer in Photos und anderen Bildzeugnissen 41 nur noch in den Texten spiegelt, und von Texten werde ich im folgenden (fast) ausschließlich handeln. 42 Dada nutzte verschiedenste Textsorten, um sich mitzuteilen und zu propagieren, von der einfachen Pressenotiz - nicht selten ein Bluff 43 - über die „chronique scandaleuse“ 44 bis zum Manifest. 45 Der Übergang von diesen Gebrauchsformen zur literarischen Gattung (im engeren Sinne) ist fließend, einmal ganz abgesehen davon, daß die Absicht, „Literatur“ oder „Kunst“ zu „machen“, bei Dada unterschiedlich ausgeprägt war. Ohne Zweifel bietet aber die Lyrik - neben und in der dramatischen „Performance“ 46 - ein besonderes Medium für das, was Dada war - gewollt oder ungewollt. Im narrativen Genre, auch im Film, tat sich der Dadaismus jedenfalls viel schwerer. 47 Völlig ausgeschlossen ist es im gegebenen Rahmen, einen Katalog aller lyrischen Formen und Verfahren zusammenzustellen: das Lautgedicht, das Simultangedicht, das bruitistische Gedicht, das gymnastische wie das statische usw. 48 Auch die mehrsprachigen Texte oder die sog. „Negergedichte“ 49 wären zu berücksichtigen. Vielmehr möchte ich fragen, was diese Werke gemeinsam haben, und dies auch ohne jede Hoffnung, das Thema zu erschöpfen. 50 Angesichts der unterschiedlichsten Reduktionen von Syntax, Semantik - womit auch „Logik“ konnotiert sei -, Phonetik usw. wird klar, daß hier die dichterische Freiheit weit über das „expressionistische“ Maß à la van Hoddis oder Lichtenstein hinausgeht, 51 und das gilt auch für Gedichte, wie sie Emmy Hennings und Hugo Ball selbst noch in Zürich schreiben. 52 Gewiß wirkt in den multilingualen und multimedialen Lautmalereien Balls, z.B. der „Elefantenkarawane“, 53 ein mimetisches Prinzip, wenn auch weniger als in der expressionistischen 304 Klaus H. Kiefer Wortkunst August Stramms, 54 ist in Arps „weh unser guter kaspar ist tot“ ein verfremdetes aber deutliches Echo von Nietzsches inhaltsschwangerer Aussage „Gott ist tot“ zu vernehmen, 55 ebenso wie sich hinter dem hiatisch gesperrten Referenzobjekt von Huelsenbecks Refrain „es schließet der Pfarrer den Ho-osenlatz rataplan rataplan den Ho-osenlatz“ 56 dasselbe säkulare Anliegen regt. „Inhalte“ sind also mehr oder weniger zu erkennen. 57 In jedem Werk wird aber das Verhältnis von Mimesis und Poiesis neu bestimmt. 58 Dadaistisch (im engeren Sinne) wird ein Gedicht da, wo sich seine Sprache „materialisiert“ oder „abstrakt“ oder „absolut“ oder „plastisch“ wird - keiner der Begriffe ist treffend -, wo der Autor mit seinem in unterschiedlichste Einheiten zerfällten Material - Sätze, Wörter, Laute - komponiert, 59 wo er thematische Brüche collagiert, so daß sich eben doch auf „höherer“ - oder „tieferer“ - Ebene ein ästhetischer Zusammenhang ergibt. Dieser „Umwertung“ werden alle Medien unterworfen und einverleibt: Zeitungsausschnitte, graphische und typographische Elemente usw., die fast alle Dadaisten, aber nicht nur diese - man denke an die kubistische Collage - in ihren Arbeiten montieren. Kurt Schwitters Forderung einer „prinzipiellen Gleichberechtigung aller Materialien“ 60 bestätigt 1919 nur eine längst geübte Praxis, und André Bretons „Manifeste du surréalisme“ von 1924 wirkt in dieser Hinsicht geradewegs epigonal, wenn es da heißt: „Il est même permis d’intituler ‘poème’ ce qu’on obtient par l’assemblage aussi gratuit que possible (observons, si vous voulez, la syntaxe) de titres et de fragments de titres découpés dans les journaux [...].“ 61 Das wurde sechs Jahre nach Tzaras Gebrauchsanweisung „Pour faire un poème dadaïste“ 62 geschrieben - bei dem „Tempo dieser Zeit“ 63 keine Kleinigkeit... Die „Materialisation“ aller sprachlichen Einheiten oder sonstigen Zeichenträger erzeugt eine wahrhaft „ptolemäische“ Isotopie, die dem dadaistischen Eklektizismus, seiner Mehrsprachigkeit, 64 seinen „Negergedichten“, seinem Humor, 65 seinen Texten und Collagen usw. einen gemeinsamen Nenner verleiht, sie um eine gemeinsame Achse dreht. Informationen sind nicht mehr falsch oder richtig, die Wahrheitsfrage zu stellen wäre absurd, Widersprüche lösen sich als „polymorph“ pervertierbar/ permutierbar 66 auf. In diesem Sinne sind, so Walter Serner, „Weltanschauungen“ in der Tat nichts anderes als kaleidoskopische „Vokabelmischungen“. 67 Sogar der Zusammenbruch der europäischen Kultur im Ersten Weltkrieg macht hier Sinn: Gleichberechtigung der Bruchstücke. 68 Die Idee der Rotation faszinierte auch Melchior Vischer oder Richard Huelsenbeck. 69 Schreibt ersterer einen „unheimlich schnell rotierenden Roman“, 70 so charakterisiert letzterer seinen Protagonisten Dr. Billig mit den Worten: „Billig hat die Fähigkeit der Begeisterung. Er sagt: ‘Dreh dich! Dreh dich! - Knalle! Explodiere! ‘“ 71 Mit dieser „Drehachse“ ist allerdings nicht die von Raoul Hausmann attackierte - gleichsam „goldene“ - „Mittelachse“ gemeint, die dem „Ganzen“ durch Unterscheidung von Gut und Böse, Recht und Unrecht etc. Sinn verleiht: [...] wir [Dadaisten] sind weit entfernt von der Symbolik, dem Totemismus; elektrisches Klavier, Gasangriffe, hergestellte Beziehungen, Brüllende in Lazaretten, denen wir erst durch unsere wunderbaren widerspruchsvollen Organismen zu irgendeiner Berechtigung, drehender Mittelachse, Grund zum Stehen oder Fallen verhelfen. 72 Es handelt sich auch nicht um die von Algirdas Julien Greimas postulierte „semantische Achse“ (im Sinne eines gemeinsamen Nenners von Oppositionen), 73 sondern entgegen dem Hausmannschen Verständnis von Totemismus oder Animismus eben doch um kulturrelativ „dezentrierte“ Achsen, die je nach Ansatz unterschiedliche Weltbilder entwerfen, wie es spätestens Carl Einstein der Avantgarde ins Bewußtsein geprägt hat. 74 Einstein zufolge handelt es sich um einen universellen „metamorphotischen Dynamismus“. 75 Wenn nun aber „Materiali- „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 305 sierung“ „Ästhetisierung“ bedeutet, und damit auch „Semiotisierung“, insofern jedes Zeichen eine sinnliche bzw. imaginative Komponente besitzt, 76 so geht Dada als die erste wirklich „primitive“ Kunstbewegung der Moderne auf die Ursprünge der menschlichen Zeichengebung zurück 77 und legt in seiner Züricher Praxis eine Funktion frei, 78 die in der Theorie zur selben Zeit wiederentdeckt wird, und zwar in Genf. 4. Semiotik und Wirkungsgeschichte Es ist kein Zufall, daß sich Ferdinand de Saussure zunächst mit indoeuropäischem Sprachvergleich und vergleichender Grammatik beschäftigte, dann aber nahezu zeitgleich mit den Dadaisten, nämlich in seinem 1916 veröffentlichten „Cours de linguistique générale“, 79 die Funktion des Sprachzeichens selber fokussiert. 80 Während bei ihm, abgesehen von seinen - m.E. abseitigen - Studien zum Anagramm, keine literarischen Interessen bekannt sind, entsteht das Werk Roman Jakobsons wenig später im engen Austausch mit der russischen Avantgarde, insbesondere mit Velimir Chlebnikow. Aber er widmet auch 1919 schon dem Futurismus einen Artikel, 81 in dem das zentrale Begriffspaar der neueren Stilistik „Material“ und „Verfahren“ bereits genannt wird. Im Prager Linguistenkreis, dem sich der Exilant Jakobson dann anschließt, wird insbesondere die Differenz zwischen Standardsprache und poetischem Sprachgebrauch herausgearbeitet, wiederum, so vor allem bei Jan Mukařovský, in engem Anschluß an die avantgardistische Kunst. Es ist zwar noch ein weiter Weg bis zu Mukařovskýs „Kunst als semiologisches Faktum“ 82 oder Jakobsons „Poetik und Linguistik“, 83 aber die Analogie zwischen den Errungenschaften der Avantgarde und der neueren Semiotik ist so augenfällig, daß sie weiterer Erklärungen bedarf. Offenbar hat Dada dadurch, daß er die von Saussure postulierte Zeichenfunktion, nämlich - gut cartesianisch - gedankliche und ideologische Ordnung herzustellen, „distinguer deux idées d’une façon claire et constante“, 84 sei es willkürlich, sei es zufällig, außer Kraft und die menschliche Kreativität 85 wieder in Kraft setzte, sowohl das Prinzip der Arbitrarität entdeckt als auch deren poetische Funktion freigelegt. Arbitrarität und Poetizität sind dasselbe, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Dada betrieb freilich keine Wissenschaft, und selbst seine kühnsten Theoretiker blieben Dilettanten, deren Wortspiele keinen theoretischen Abschluß fanden, weil ihnen die Metasprache 86 fehlte: „Dada [...] bedeutet nichts. Dies ist das bedeutende Nichts, an dem nichts etwas bedeutet. Wir wollen die Welt mit Nichts ändern [...]“, 87 rodomentiert Richard Huelsenbeck. Immerhin erkennt er sich in Salomo Friedlaenders schwerverdaulichem Opus „Schöpferischer Indifferenz“ wieder, wo es heißt: „Wie lächerlich ist es doch, seinen Ausgangspunkt wo anders zu nehmen als im schöpferischen Prinzip selber! “ 88 Auch Raoul Hausmann beruft sich noch 1970 auf Friedlaender: „Die Wandlung wurde auf das Wort, bis auf den Buchstaben, bis auf das Zeichen - befolgt.“ 89 Trotz Hausmanns Annäherung und auch Schwitters’ z.T. grotesken Spekulationen über Laut und Sinn etc. 90 sind Semiotik und Dada ohne wechselseitige Kenntnisnahme geblieben, und das nimmt auch nicht Wunder, da man in Deutschland in den 30er Jahren, als sich die semiotische Internationale formierte, auf höhere Weisung hin, dem „ganzen Kunst- und Kulturgestotter von Kubisten, Futuristen und Dadaisten“ 91 zu entsagen hatte. Unter den Zeitgenossen hätte am ehesten Carl Einstein die theoretische Kraft besessen, Dada zu verstehen, doch sein Verhältnis zu Dada ist problematisch 92 - trotz seiner Teilhabe am 306 Klaus H. Kiefer Berliner Dadaismus. Er setzt von Anfang an auf den Kubismus, dessen „konstruktive Willkür“ 93 er 1926 als humanen Befreiungsschlag deutet: „Ist Tradition der Kunst Wiederholung, so bewirkt sie gleichzeitig nachahmende Verblödung.“ 94 Als er dann wohl unter dem Eindruck der „surrealen“ Entwicklung Georges Braques Ende der 30er Jahre von der nihilistischen „Gewalt des Funktionalen“ 95 spricht, wäre damit ein Theorieansatz für die dadaistische Semiose gefunden gewesen, der sich semiotisch hätte ausbauen lassen können. Doch auch Einsteins Werk blieb unvollendet. Die poetischen und die theoretischen Diskurse haben sich nach je eigenen Gesetzen aneinander vorbei entwickelt, wie der klägliche Mißerfolg mancher Linguisten, „unsinnige“ Wörter und Sätze zu bilden, bezeugt, 96 und auch Jacques Derrida - im Kontext von 1968 (wenn ich mich recht erinnere) als „der große Derdiedas“ 97 tituliert - hätte gleich bei Dada nachlesen können, was er mühsam aus de Saussure, Nietzsche oder gar Heidegger herausinterpretiert: „Ce jeu, pensé comme l’absence du signifié transcendental [...]“, 98 das ist doch Dadas „Narrenspiel aus dem Nichts“, und nichts außerdem. Nichtsdestotrotz kann in der Anwendung semiotischer Begrifflichkeit auf Dada ein „wirkungsgeschichtliches Moment“ 99 im Sinne der Gadamerschen Hermeneutik geltend gemacht werden, das in allem Verstehen von Überlieferung wirksam ist. Die Wirkung Dadas rührt nicht zuletzt daher, daß Mehrsprachigkeit, 100 Vieldeutigkeit, 101 Primitivismus, 102 Sinnlosigkeit, 103 Arbitrarität, Reklame, kurzum: alle Merkmale und „höheren Fragen“ 104 der Moderne, in seinem Namen eingeschmolzen sind, so daß es nur genügt, das „Zauberwort“ 105 auszusprechen... Nicht verschwiegen werden soll indessen ein gewisses Tautologieproblem der wirkungsgeschichtlichen Hermeneutik, das im gegebenen Falle jedoch durch Orientierung an der aktuellen semiotischen Theoriebildung kontrolliert werden kann. Nur durch diese maßvolle Vereindeutigung können die divergenten, zwischen (richtiger) Intuition und Irrationalismus oszillierenden Thesen Dadas überhaupt erst verstanden und als Einsicht in „höhere Fragen“ gewürdigt werden. 5. Dada-Didaktik „Wo [...] sollte die Welt hin, wenn schon die Literatur, mit der man gewohnt war, die Kinder zum Gehorsam zu bringen, sich so gebärdete...? “, 106 so beschreibt Richard Huelsenbeck den inneren Monolog des Publikums auf der 8. Dada-Soirée am 9. April 1919, 107 während man in Tzaras „Chronique Zurichoise“ nachlesen konnte: „[...] la salle [...] oublia les frontières de l’éducation des préjugés, [et] sentit la commotion du NOUVEAU.“ 108 Eine didaktische Beschäftigung mit Dada heute kann dieses emanzipatorische Lernziel nach wie vor verfolgen, auch wenn die von Jefim Golyscheff, Raoul Hausmann und Richard Huelsenbeck 1919 geforderte „Verpflichtung der Geistlichen und Lehrer auf die dadaistischen Glaubenssätze“ 109 keinen Sinn hätte - Sätze ohne Gegensätze gibt es bei Dada bekanntlich nicht; außerdem bliebe die Genehmigung des Kultusministeriums, welcher Couleur auch immer, mit Gewißheit aus... Die arbiträren Knalleffekte des dadaistischen Kulturschocks dürften in unserer Gegenwart im übrigen schlichtweg verpuffen. Eine moralisierende Beschäftigung mit Kunst und Literatur, die im Nachkriegsdeutschland bis in die 60er Jahre unter dem Begriff „Lebenshilfe“ 110 praktiziert wurde und nach dem „moral bombing“ 111 durch die alliierten Bomberflotten dem „moralischen Wiederaufbau“ diente, ist durch mehrere Innovationsschübe der Didaktik, die sachorien- „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 307 tierte, die kritische, die kommunikative, die produktionsorientierte und die postmoderne Wende, außer Kraft gesetzt worden, obwohl Wertfragen in der ästhetischen Erziehung und Rezeption nie ganz ausgeklammert werden können und dies auch gar nicht geschehen soll. 112 Ohne Zweifel ergeben sich „Reibungen“ zwischen der dadaistischen „Botschaft“ - selbst wenn diese null und nichtig (gewesen) wäre oder gerade deswegen - und dem institutionalisierten Unterricht, der immer ein gewisses, allein schon organisatorisches Maß an Zwang und Disziplin 113 bedeutet (was Pädagogen aber nicht gerne hören) sowie eine so normative wie rationale Zielsetzung impliziert. Dadas schulische Domestifikation ist aber allein schon deswegen sinnvoll, weil die Jugend ohne entsprechende „Belehrung“ in den öffentlichen Erziehungsanstalten vermutlich gar nicht mit Dadaismus konfrontiert würde. 114 Die Ablenkung durch andere massenhafte Medienangebote 115 und ideologische Institutionen - Fernsehen, Fußballstadien, Diskotheken, Kirchen, Playstations, Drogen usw. - wäre ansonsten zu groß. Zwar können nicht alle historischen Gegenstände Unterrichtsinhalt werden - eine Auswahl ist unumgänglich -, aber das Prinzip der Geschichtlichkeit fordert zumindest in den geisteswissenschaftlichen Fächern einen Durchlauf durch die wichtigsten „Epochen“ - das legitimiert Dada, auch wenn Raoul Hausmann gegen „historische Bildung“ 116 an sich polemisieren mochte. Dabei steht Dada jedoch in der Schule wie in der germanistischen Forschung überhaupt in Konkurrenz zum Expressionismus. Auch tut sich der Deutschunterricht deshalb schwer mit Dada, weil Dada eben nicht nur deutsch war und eben nicht nur Literatur. Daher ist ein fächerübergreifendes Arbeiten in der Verbindung mit Kunsterziehung, Musik und insbesondere auch Französisch geboten. Es handelt sich dabei notwendigerweise um ein gesamteuropäisches Projekt. 117 Um einerseits den ethischen Herausforderungen des Gegenstandes gerecht zu werden, andererseits aber auch den Normalisierungsdruck des Fachunterrichts zu kompensieren, bedarf es einer ausbalancierten Methodik. Setzt man den didaktischen Akzent auf die Historizität des Themas, wird man eher zu analytischen Methoden greifen. Folgt man dem wirkungsgeschichtlichen bzw. wirkungsästhetischen Impuls Dadas stärker, wird man das kreative Potential der Werke in den Vordergrund rücken. Dada kann dank seiner konstruktivistischen Ansätze - man denke an Tzaras „Pour faire un poème dadaïste“ 118 - „gemacht“ werden. Herstellung von Collagen in Kunsterziehung, kreatives oder produktives Schreiben im Deutschunterricht gehören zu den unterrichtlichen Standards der Gegenwart. 119 Dadaistische Werkstrukturen, wie etwa die Verschmelzung von lyrischem und szenischen Vortrag in einer Performance, entsprechen dem Verfahren der „szenischen“ Interpretation, deren wirkungsgeschichtliche Verknüpfung mit dem historischen Dadaismus hier nicht nachzugehen ist. Man kann auch dadaistische Texte oder Stücke regelrecht inszenieren, wie ich es selber einmal mit Hugo Balls bruitistischen „Krippenspiel“ getan habe. 120 Die Effekte einer „produktiven Hermeneutik“ 121 sind in der Regel intensiver und authentischer als hermeneutische Aktualisierungen im Rahmen von Strukturanalysen. Auch wenn die Tendenz kritisch gewürdigt werden muß, Dada und seinen Epigonen „Konkrete Poesie“ in der Unterstufe zu verankern, fordern längst kanonisierte Texte wie Kurt Schwitters „An Anna Blume“ oder „Ernst Jandls „Ottos Mops“ 122 nicht unbedingt eine entwickelte Lesekompetenz. Die „Behandlung“ Dadas ist jedoch auf jeden Fall mit „höheren Fragen“ zu verknüpfen. 123 An der Infantilisierung Dadas ist die Bewegung selber mitverantwortlich, denn ohne Zweifel wurde das Kindliche, Naive und zugleich auch Primitive propagiert, 124 allerdings als „Kriegsmaschine“ gegen den bildungsbürgerlichen Kanon, und nicht als Lesealter- Bestimmung. Gleichwohl ist diese Tendenz in Verbindung zu sehen mit der Reformpädagogik, 308 Klaus H. Kiefer die um 1900 die künstlerische Kreativität des Kindes 125 entdeckte - wiederum in Parallele mit der Kunst der Naturvölker und der Geisteskranken. 126 Pädagogisch aktiv wurde Dada in seiner Zeit allerdings kaum, es sei denn man berücksichtigt die Wandbemalung des Vorraums der Züricher Pestalozzi-Schule, deren Direktor Han [Heinrich] Cor[r]ay war, durch Hans Arp und Otto van Rees - ein Jahr nach der Malaktion wurde Corray bekanntlich entlassen. 127 Auf der Internationalen Dada-Messe in Berlin machte der 14jährige Hans Citroën als Vertreter der „Dada-Jugendgruppe“ 128 und Verfasser dadaistischen Textcollagen auf sich aufmerksam (er war freilich das einzige Mitglied der Gruppe). Die Interaktion der Dadaisten mit dem Publikum war bekanntlich „offensiv“, aber wenn es zu einem Informationsaustausch kam und nicht nur zu wechselseitigen Störungen, kann man Dada den guten Willen zur Erwachsenenbildung nicht absprechen. Diese Tendenz nahm zu, je mehr sich der Dadaismus in größeren Veranstaltungen und Ausstellungen etablieren konnte. Huelsenbeck berichtet aus der Mitte März 1917 gegründeten Galerie Dada (vormals Corray): „[...] ich sehe Herrn Tzara, wie er in Escarpins mit etwas geneigtem Kopf vor den Teetassen der älteren Damen herumschwirrt, die sich - ach, wie entzückend - für die junge Kunst interessieren.“ 129 Und auch Hugo Ball nennt die Galerie tagsüber: „eine Art Lehrkörper für Pensionate und höhere Damen“. 130 Dada hat sich in vielfältiger Weise nicht nur selbst inszeniert, selbst zu Markte getragen, sondern auch selbst dargestellt und erläutert: in aktuellen Vorträgen, Meldungen, Führungen, Erklärungen, Manifesten usw. sowie in recht bald einsetzenden geschichtlichen Rückblicken. Mehr oder weniger geschah das allerdings im selben Diskurs und im selben Stil, in dem bereits die Werke verfaßt worden waren, so daß Dadas Didaktik zum Teil wenigstens eine Anti-Didaktik darstellt. Anmerkungen 1 Grundlage des Artikels ist ein Vortrag, den ich am 20. Januar 2006 anläßlich einer „Journée d’étude sur Dada“ im Maison Heinrich Heine in Paris gehalten habe, die wiederum in Verbindung stand mit der großen Dada-Ausstellung im Centre Pompidou, Paris, 5. Oktober 2005 - 9. Januar 2006, Kat. hg. v. Laurent Le Bon, Paris: Ed. du Centre Pompidou 2005. Der Organisatorin der Tagung, Anne-Marie Corbin, sowie dem DAAD für einen Reisekostenzuschuß sei hiermit gedankt. 2 Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, Luzern: Stocker 1946, S. 91. Das Gleiten der attributiven Bestimmung vom Räumlichen zum Modalen macht das Nichts zu einer Konstitutive des Spiels - das dann in der Tat nur „närrisch“ sein kann -, wobei Balls Intuition, daß dieses in „alle höheren Fragen“ verwickelt sei, noch zu klären bleibt. Vgl. Carl Einsteins These (die er Nebukadnezar Böhm in den Mund legt): „[...] das Nichts ist die indifferente Voraussetzung allen Seins. Das Nichts ist die Grundlage [...].“ (Einstein: Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders, in: ders.: Werke. Berliner Ausgabe, Bd. 1: 1907-1918, hg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar, Berlin: Fannei & Walz 1994, S. 92-130, hier S. 104). Vgl. auch Hanne Bergius: Der Da-Dandy - Das „Narrenspiel aus dem Nichts“, in: Tendenzen der Zwanziger Jahre, 15. Europäische Kunstaustellung u. d. Auspizien des Europarates in der Neuen Nationalgalerie, der Akademie der Künste und der Großen Orangerie des Schlosses Charlottenburg zu Berlin, Kat., Tl. 3: Dada in Europa - Werke und Dokumente, hg. v. Eberhard Roters u. Hanne Bergius, Berlin: Reimer 1977, S. 3/ 12-3/ 29, bes. S. 3/ 13. Hier wird ebenfalls unter Berufung auf Carl Einstein die „absolute Ambivalenz“ Dadas herausgearbeitet. 3 Richard Huelsenbeck u. Tristan Tzara: Dada siegt! Bilanz und Erinnerung, Hamburg: Nautilus/ Nemo u. Zürich: Ed. Moderne 1985, S. 13. 4 Richard Huelsenbeck nennt Emmy Hennings eine „Madonna” von Hugo Balls Gnaden; s. Huelsenbeck: Mit Witz, Licht und Grütze. Auf den Spuren des Dadaismus, hg. v. Reinhard Nenzel, Hamburg: Nautilus 1991, S. 76. „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 309 5 Rachilde, zit. n. Henri Béhar u. Catherine Dufour: Dada, circuit total, in: Dada, circuit total, hg. v. dens., Lausanne: L’Age d’homme 2005 (Les Dossiers H), S. 7-14, hier S. 8; vgl. Francis Picabia: A Madame Rachilde, femme de lettres et bonne patriote, in: Dada Almanach. Im Auftrag des Zentralamts der deutschen Dada-Bewegung hg. v. Richard Huelsenbeck, Berlin 1920, Nachdr. Hamburg: Nautilus 1980, S. 109. Louis Vauxcelles konstatiert schon 1912 „un peu trop d’Allemands et d’Espagnols dans l’affaire fauve et cubiste“, zit. n. Daniel-Henry Kahnweiler. Marchand, éditeur, écrivain, Ausstellung: Musée Nationale d’Art Moderne/ Centre George Pompidou, 22. November 1984 - 28. Januar 1985, Kat. u. Mitarb. v. Sylvie Warnier hg. v. Isabelle Monod-Fontaine u. Claude Laugier, Paris 1984, S. 31. Vgl. auch Christian Derouet: Quand le cubisme était un „bien allemand“..., in: Paris - Berlin. Rapports et contrastes France - Allemagne 1900-1933, Ausstellung: Centre National d’Art et de Culture Georges Pompidou, 12. Juli - 6. November 1978, Kat. hg. v. Pontus Hulten, Paris 1978, S. 42-46. 6 Tristan Tzara: Manifeste Dada 1918, in: ders.: Œuvres complètes, hg. v. Henri Béhar, Paris: Flammarion 1975, Bd. 1: 1912-1924, S. 359-367, hier S. 361. 7 Vgl. Roland Barthes: Le degré zéro de l’écriture, Paris: du Seuil 1953, S. 45ff. 8 Tristan Tzara: Manifeste Dada 1918, S. 363. 9 Kleine Dada-Soirée: Theo van Doesburg und Kurt Schwitters, um 1922, Kunsthaus Zürich, zit. in: „Dada ist groß Dada ist schön“ - Zur Geschichte von „Dada Zürich“, in: Hans Bolliger, Guido Magnaguagno, Raimund Meyer: Dada in Zürich, Zürich: Arche 1994 (2. Aufl.), S. 9-79, hier S. 9. 10 Raoul Hausmann: Am Anfang war Dada, m. e. Nachw. v. Karl Riha hg. v. dems. u. Günter Kämpf, Giessen: Anabas 1980, S. 10. 11 Hans Arp: Dada-Sprüche, in: ders.: Unsern täglichen Traum... Erinnerungen, Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914-1954, Zürich: Arche 1995, S. 48-50, hier S. 48 (Hervorh. Kf). 12 Carl Einstein: Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders, S. 101. 13 Nach Hermann Kellermann (Hg.): Der Krieg der Geister. Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkrieg, Weimar: Duncker 1915. 14 S. Klaus H. Kiefer: Kriegsziele und literarische Utopie im Ersten Weltkrieg/ War Aims and Literary Utopia in the First World War, in: Krieg und Literatur/ War and Literature, Bd. 5 (1993), Nr. 9, S. 19-40. 15 F.T. Marinetti: Manifeste du Futurisme (1909), in: Futurisme. Manifestes - proclamations - documents, hg. v. Giovanni Lista, Lausanne: L’Age d’homme 1973, S. 85-89, hier S. 87. 16 Vgl. Hugo Ball (1886-1986) - Leben und Werk, 23. Februar - 31. März 1986, Wasgauhalle Pirmasens u.a., Ausst. u. Kat. ausgew. u. zus.gest. v. Ernst Teubner, München: Publica o.J., S. 17f.; vgl. auch die Version von Richard Huelsenbeck: Reise bis ans Ende der Freiheit. Autobiographische Fragmente, Heidelberg: Lambert Schneider 1984, S. 94. 17 Vgl. Richard Cork: Das Elend des Krieges. Die Kunst der Avantgarde und der Erste Weltkrieg, in: Rainer Rother (Hg.): Die letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten Weltkrieges. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin [u.a.], Berlin: Ars Nicolai, S. 301-396. 18 Vgl. Jefim Golyscheff, Raoul Hausmann, Richard Huelsenbeck: Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland? , in: Dada Berlin, in Zus.arb. m. Hanne Bergius hg. v. Karl Riha, Stuttgart 1979, S. 61- 62, hier S. 61: „Der Dadaismus fordert: 1. die internationale revolutionäre Vereinigung aller schöpferischen und geistigen Menschen der ganzen Welt auf dem Boden des radikalen Kommunismus [...].“ - Diese Willenserklärung dürfte ernst gewesen sein, wenn auch nicht im Sinne eines orthodoxen Marxismus. 19 Englisch in: George F. Kennan: The Decline of Bismarck’s European Order. Franco-Russian Relations, 1875-1890, Princeton/ NJ u. Guilford: Princeton UP 1979, S. 3f. 20 Tristan Tzara u.a.: Was wollte der Expressionismus? [einschl. Dadaistisches Manifest], in: Dada Almanach, S. 35-41, hier S. 37. 21 Ebd., S. 41. 22 Ebd., S. 35. 23 Ders.: Manifest Dada 1918, in: Dada Almanach, S. 116-131, hier S. 118. 24 Ebd., S. 124. 25 Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 107. 26 Vgl. Friedrich Nietzsche: Über Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne, in: ders.: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, 15 Bde., hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München - Berlin - New York: dtv u. de Gruyter 1980, Bd. 1, S. 873-890, hier S. 881 u. ders.: Aus dem Nachlaß der Achtzi- 310 Klaus H. Kiefer gerjahre, in: ders.: Werke (Tb-Ausg. in 5 Bdn.), hg. v. Karl Schlechta, Frankfurt/ M. - Berlin - Wien: Ullstein 1972 (Nachdr. d. 6. durchges. Aufl.), Bd. 3, S. 777 (= Tb-Ausg., Bd. 4, S. 369). 27 Hugo Ball: Nietzsche in Basel. Eine Streitschrift (1909/ 1910), in: ders.: Der Künstler und die Zeitkrankheit. Ausgewählte Schriften, m. e. Nachw. hg. v. Burkhard Schlichting, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1988, S. 61-99, hier S. 98; man muß dabei jedes Wort als bedeutsam gewichten. 28 Vgl. Hugo Ball: Eröffnungs-Manifest, 1. Dada-Abend, Zürich, 14. Juli 1916, in: Dada Zürich. Texte, Manifeste, Dokumente, hg. v. Karl Riha u.Waltraud Wende-Hohenberger, Stuttgart: Reclam 1992, S. 30: „Warum kann der Baum nicht Pluplusch heißen, und Pluplubasch, wenn es geregnet hat? Und warum muß er überhaupt etwas heißen? “ 29 Besonders „dadaistisch“ mutet Frank Wedekinds „Oaha, die Satire der Satire. Komödie in vier Aufzügen“ an; in: Wedekind: Werke in zwei Bänden, m. Nachw. u. Anm. hg. v. Erhard Weidl, Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 1992, Bd. 2, S. 417-500. Hugo Ball zitiert das Stück in: Die Flucht aus der Zeit, S. 87. 30 Am 14. März 1916, s. Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 79. 31 Ebd. 32 Ebd., S. 156. 33 Ebd., S. 94. 34 Ebd.: „Was konstituiert unseren Geist? “ 35 Vgl. Richard Huelsenbeck: Reise bis ans Ende der Freiheit, S. 79. 36 Vgl. Henri Béhar: Le théâtre dada et surréaliste, Paris: Gallimard 1979, S. 42. 37 S. ebd., S. 12f. 38 S. www.carleinstein.de. 39 Vgl. Evan Maurer: Dada und Surrealismus, in: Primitivismus in der Kunst des 20. Jahrhunderts, Kat. Museum of Modern Art New York, hg. v. William Rubin, München: Prestel 1984 (dt. Ausg.), S. 547-607. 40 Vgl. Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 100; Abb. als „kubistischer Bischof“ in: Dada, Kat. Centre Pompidou, S. 141 (im Kontext des „Karawane“-Textes); Abb. von Sophie Taeuber-Arp als Tänzerin im kubistischen Kostüm s. ebd., S. 925 (vgl. Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 144). 41 So z.B. Marcel Jancos verschollenes bzw. nur als Photographie überliefertes Gemälde: Abb. in: Hugo Ball (1886-1986) - Leben und Werk, S. 137; vgl. dazu Francis M. Naumann: Janco/ Dada: Entretien avec Marcel Janco, in: Dada, circuit total, S. 163-175, hier S. 170. 42 Vgl. Rainer Rumold: The Janus Face of the Avant-Garde. From Expressionism toward Postmodernism, Evanston/ Il: Northwestern UP 2002, bes. S. 47. 43 Walter Serners Aktionen dokumentiert in: Dada Zürich, S. 122ff. 44 Vgl. Tristan Tzara: Chronique Zurichoise, in: Dada Almanach, S. 10ff. 45 Vgl. Adrian Marino: Le manifeste, in: Les avant-gardes littéraires au XX e siècle, 2 Bde., hg. v. Jean Weisgerber, Budapest: Akadémiai Kiadó 1984, Bd. 2: Theorie, S. 825-833; zur Funktion des Manifests vgl. auch Hans Günther: Literarische Systematik und Mechanismen der Stabilisierung in der sowjetischen Kultursemiotik, in: Epochenschwellen und Epochenstruktur im Diskurs der Literatur- und Sprachtheorie, hg. v. Hans Ulrich Gumbrecht u. Ursula Link-Heer, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1985, S. 302-311. 46 S. Günter Berghaus: Dada Theater or: The Genesis of Anti-Bourgeois Performance Art, in: German Life and Letters, Bd. 38 (1988), S. 293-312. 47 Die Erzählung kompensiert ihre mediale Unfähigkeit („epische Breite“! ) zur Abstraktion - was mit Jean- Paul Bier durchaus, wenn auch mit Bedenken, als „pauvreté littéraire de Dada“ zu bezeichnen wäre (Bier: Zurich et le domaine allemand: Berlin, Cologne, Hanovre, in: Les avant-gardes littéraires au XXe siècle, Bd. 1: Histoire, S. 344-363, hier S. 348), durch eine „halbherzige“ Tendenz zum Humor, Kriminellen, Phantastischen, insgesamt: Trivialen. Erfüllte Dada die Gattungsnormen der Humoreske (Mynona), des Krimis (Walter Serner), der Liebesromanze (Richard Huelsenbeck) etc. voll und ganz, ginge die spezifisch dadaistische Antihaltung verloren. Zu Melchior Vischer vgl. Klaus H. Kiefer: „Sekunde durch Hirn“ - Zur Semiotik und Didaktik des bewegten Bildes, in: MedienBildung im Umbruch. Lehren und Lernen im Kontext der Neuen Medien, u. Mitarb. v. Holger Zimmermann hg. v. Volker Deubel u. Klaus H. Kiefer, Bielefeld: Aisthesis 2003 (Schrift und Bild in Bewegung, Bd. 6), S. 41-58, bes. S. 41f.; Vischer motiviert sein narratives Verfahren durch die bekannte „near death experience“, daß man im Todesfalle - hier fällt der Held tatsächlich vom Gerüst - sein ganzes Leben in Sekundenschnelle vor dem geistigen Auge vorüberziehen sieht. Dieser „mentale Sekundenstil“ wurde offenbar auch von Raoul Hausmann als „dadaistisch“ empfunden; s. dessen Gedicht „Brauner Hirntrank“, erstmals veröffentlicht in: Andreas Kramer u. „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 311 Richard Sheppard: Raoul Hausmann’s Correspondence with Eugene Jolas, in: German Life and Letters, NS, Bd. 48, Nr. 1 (1995), S. 39-55, hier S. 40 u. 50. - Der dadaistische Film schwankt zwischen den beiden Extremen, Abstraktion und Komik; vgl. Hans Richters abstrakte Kompositionen auf der einen Seite und sein zum „Ulk“ tendierender, auch musikalisch so ausgelegter „Vormittagsspuk“ auf der anderen (vgl. Charles W. Haxthausen: Kontinuität und Diskontinuität in der Kunst von Hans Richter, in: Hans Richter 1888-1976. Dadaist - Filmpionier - Maler - Theoretiker, Ausstellung: Akademie der Künste, Berlin, 31. Januar - 7. März 1982 [u.a.], Kat. hg. v. Barbara Volkmann u. Rose-France Raddatz, S. 7-15, bes. S. 8). Die Rolle des „slapstick“ etwa in Charly Chaplins frühen Werken bedürfte gesonderter Untersuchung. 48 S. Tristan Tzara u.a.: Was wollte der Expressionismus? [einschl. Dadaistisches Manifest], in: Dada Almanach, S. 39 u. Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, SS. 79f. u. 98. 49 Vgl. dazu Béchié Paul N’guessan: Primitivismus und Afrikanismus. Kunst und Kultur Afrikas in der deutschen Avantgarde, Frankfurt/ M.: Lang 2002, SS. 68ff. u. 117ff. (die Dissertation ist bei mir noch in Bayreuth entstanden). 50 Den besten Überblick bieten nach wie vor die beiden Bände der „Histoire Comparée des Littératures de Langues Européennes“: Les avant-gardes littéraires au XXe siècle, 2 Bde., hg. v. Jean Weisgerber, Budapest: Akadémiai Kiadó 1984. 51 Hugo Ball mißt sich auch an den „parole in libertà“ Marinettis; vgl. Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 95f.; vgl. auch Richard Huelsenbeck: Erste Dadarede in Deutschland, in: Dada Almanach, S. 104-108, hier S. 108. 52 Z.B. Emmy Hennings: Nach dem Cabaret, in: Dada Zürich, S. 57 u. Hugo Ball: Cabaret, ebd., S. 61f. 53 Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 99; vgl. Klaus H. Kiefer: „Für denjenigen, der eine solche Arbeit verrichtet hat, ist der Sinn glasklar“ - Dada lebt, in: ders. u. Margit Riedel: Dada, Konkrete Poesie, Multimedia - Bausteine zu einer transgressiven Literaturdidaktik, Frankfurt/ M. u.a.: Peter Lang 1998, S. 11-83, bes. S. 33ff. 54 Vgl. Eckard Philipp: Dadaismus. Einführung in den literarischen Dadaismus und die Wortkunst des „Sturm“-Kreises, München 1980, der Wortkunst und Dada allzu eng verknüpft, indem er sie auf gemeinsame Einflüsse zurückführt. 55 Auf Arps zahlreichen Parallelismen, „wer trägt nun die brennende fahne im zopf“, „wer dreht die kaffeemühle“, „wer lockt das idyllische reh“ etc. (Hans Arp: Die Schwalbenhode, in: Dada Zürich, S. 91-94, hier S. 91) paßt Carl Einsteins Begriff von Gott als „umfassender Idiosynkrasie“ (Einstein: Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders, S. 104). Die einschlägigen Nietzsche-Belege s. Die fröhliche Wissenschaft, in: ders.: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, Bd. 3, S. 343-651, hier SS. 481 u. 575. 56 Richard Huelsenbeck: Ebene, in: Dada Zürich, S. 75f. 57 Vgl. Wieland Herzfelde: Zur Einführung in die Erste internationale Dada-Messe, in: Dada Berlin, S. 117- 119, hier S. 118: „[...] die berühmte Frage: Ja, aber der Inhalt, das Geistige? “ 58 Vgl. Dietmar Till: Poiesis, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte, gem. m. Georg Braungart u.a. hg. v. Jan-Dirk Müller, Berlin u. New York: de Gruyter 2003, S. 114: „[...] Wird ‘Poiesis’ in Relation zur ‘Mimesis’ , also zur ‘Nachahmung’ bzw. ‘Darstellung’ von Wirklichkeit definiert, dann wird darunter vor allem die nicht realitätsgebundene, freie ‘Schöpfung’ als autonome ‘Erdichtung’ [...] verstanden und emphatisch die Selbständigkeit des so entstandenen Werks betont [...].“ 59 In der Prosa ist hier insbesondere der dem „Sturm“ nahestehende Otto Nebel zu nennen (bes. „Zuginsfeld“ u. „Unfeig“, in: Das dicherische Werk, Bd. 1, hg. v. René Radrizzani, München: Text + Kritik 1979); auch Carl Einsteins „Bebuquin“ zeigt aus dieser Sicht „protodadaistische“ Züge, owohl sich der Autor später vom Kubismus bestätigt fühlt; vgl. Klaus H. Kiefer: Äternalistisches Finale oder Bebuquins Aus-Sage. Carl Einsteins Beitrag zur Postmoderne, in: Neohelicon, Jg. 21 (1994), Nr. 1, S. 13-46. 60 Kurt Schwitters: An alle Bühnen der Welt, in: ders.: Das literarische Werk, hg. v. Friedhelm Lach, Köln: Dumont 1981, Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa, S. 39-41, hier S. 39. Auch das „Dadaistische Manifest“, als Flugblatt 1918 verfaßt von Richard Huelsenbeck, fordert „die Benutzung des neuen Materials in der Malerei“ (Tristan Tzara u.a.: Was wollte der Expressionismus? [einschl. Dadaistisches Manifest], in: Dada Almanach, S. 40). 61 André Breton: Manifeste du surréalisme (1924), in: ders.: Manifestes du surréalisme, Paris: Gallimard 1970, S. 11-64, hier S. 56. 312 Klaus H. Kiefer 62 Tristan Tzara: Pour faire un poème dadaïste, in: ders.: Œuvres complètes, Bd. 1, S. 382. Der Surrealismus hat auch die deutschen Quellen Dadas weitgehend verschüttet und verdrängt. 63 Nach Rudolf Paulsen: Das Tempo unserer Zeit und der Expressionismus. 1918, in: Expressionismus. Der Kampf um eine literarische Bewegung, hg. v. Paul Raabe, München: dtv 1965, S. 149-153. 64 Vgl. Klaus H. Kiefer: Eugene Jolas’ multilinguale Poetik, in: Multilinguale Literatur im 20. Jahrhundert, hg. v. Manfred Schmeling u. Monika Schmitz-Emans, Würzburg: Königshausen u. Neumann 2002 (Saarbrücker Beiträge zur Vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft, Bd. 18), S. 121-135. 65 Vgl. Hanne Bergius: Das Lachen Dadas. Die Berliner Dadisten und ihre Aktionen, Giessen: Anabas 1989. Vgl. auch die - späte - Sammlung von André Breton: Anthologie de l’humour noir, o.O.: Pauvert 1966 (erste Fassung 1939). 66 Vgl. Sigmund Freud schon 1905 in „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“, in: ders.: Studienausgabe, hg. v. Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Frankfurt/ M.: S. Fischer 1972 (4., korr. Aufl.), Bd. 5: Sexualleben, S. 37-145, hier S. 97 u.ö. („polymorph pervers“). 67 Walter Serner: Letzte Lockerung. Ein Handbrevier für Hochstapler und solche die es werden wollen, in: ders.: Das Gesamte Werk, Bd. 7, hg. v. Thomas Milch, München: Renner 1981, S. 16. 68 Vgl. Friedrich Nietzsche: Der Fall Wagner. Turiner Brief vom Mai 1888, in: ders.: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, Bd. 6, S. 13-53, hier S. 27; vgl. nochmals Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 107. 69 Seit Georg Simmels Studie „Die Großstädte und das Geistesleben“ (in: Die Großstadt. Jahrbuch der Gehe- Stiftung zu Dresden, Bd. 9 [1903], S. 185-206, bes. SS. 188, 193, 196) hat die „richtungslose Dynamik“ der Moderne immer wieder die Soziologen beschäftigt, wie ich nach Abschluß des Manuskripts zumindest Thomas Assheuers Besprechung von Hartmut Rosa: Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstruktur in der Moderne, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 2005 zitieren kann (Assheuer: Atemlos, in: Die Zeit, Nr. 5 [20. Januar 2006], S. 55). 70 So der Untertitel von Melchior Vischer: Sekunde durch Hirn. 71 Richard Huelsenbeck: Doctor Billig am Ende. Ein Roman mit 8 Illustrationen von Georg Grosz, Nachw. v. Karl Riha, Frankfurt/ M.: Makol 1973; vgl. auch seinen Vers „birribum birribum saust der Ochs im Kreis herum“, in: Huelsenbeck: Ebene, in: Dada Zürich, S. 75. 72 Raoul Hausmann: Synthetisches Cino der Malerei, in: ders.: Bilanz der Feierlichkeit, Bd. 1, S. 14-16, hier S. 16. Den Hinweis auf dieses Zitat danke ich Marc Cluet. 73 Vgl. Algirdas Julien Greimas: Sémantique structurale. Recherche de méthode, Paris: Larousse 1966, S. 20f. 74 S. Klaus H. Kiefer: Die Ethnologisierung des kunstkritischen Diskurses - Carl Einsteins Beitrag zu „Documents“, in: Elan vital oder Das Auge des Eros. Kandinsky, Klee, Arp, Miró und Calder, Ausstellung zur Neueröffnung des Hauses der Kunst, 20. Mai - 14. August 1994, Kat. hg. v. Hubertus Gaßner, München u. Bonn 1994, S. 90-103. 75 Carl Einstein: Georges Braque, in: ders.: Werke, Bd. 3: 1929-1940, u. Mitarb. v. Steffen Damm u.a. hg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar, Berlin: Fannei & Walz 1996, S. 400; zum dem von Einstein stark herausgearbeitetem Prinzip der Metamorphose s. Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte der europäischen Avantgarde, Tübingen: Niemeyer 1994 (Communicatio. Studien zur europäischen Literatur- und Kulturgeschichte, Bd. 7), S. 366ff. 76 Vgl. Winfried Nöth: Handbuch der Semiotik, Stuttgart u. Weimar: Metzler 2000 (2., vollst. neu bearb. u. erw. Aufl.), S. 131ff. 77 Im Anschluß an Dada entwickelt auch Eugene Jolas einen semiotischen Ursprungsmythos, den er allerdings transzendental wendet; s. dazu Klaus H. Kiefer: „Wortkunst“ in Paris - Eugene Jolas und der deutsche Expressionismus, in: [Kongreßakten: France and German Expressionism, University of London, 24.- 25. Mai 2006, hg. v. Frank Krause], ersch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007. 78 Der Akzent liegt hier auf „Dada“; vgl. Paul Bouissac: Semiotics and Surrealism, in: Semiotica 25 (1979), S. 45-58, der S. 58 zwar behauptet: „Dada and Surrealism [...] put semiosis itself in focus.“, seine These aber vor allem am ihm wohl besser bekannten Surrealismus nachweist. Vgl. dazu auch meine Ausführungen zu Carl Einsteins „surrealistischer Wende“ und seiner „Poetologisierung der Ästhetik“ in: Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins, SS. 385ff. u. 449ff. - „Funktion“ ist ein „Leitbegriff“ der Moderne (Karl Steinbacher: Funktion, sozialwissenschaftlich/ Funktionalismus, in: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, hg. v. Hans Jörg Sandkühler u.a., Hamburg: Meiner 1990, Bd. 2, S. 205-211, hier S. 205). Hier kann nur auf die Ursprünge funktionaler Theorie hingewiesen werden, die „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 313 auch von der Avantgarde registriert wurden: Ernst Cassirers „Substanzbegriff und Funktionsbegriff“ von 1910. Ich gebrauche den Funktionsbegriff im Folgenden nicht als „final“ oder als „zwischen Elementen eines Systems bestehend“ (so Jörn Albrecht: Europäischer Strukturalismus. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick, Tübingen: Francke 1988, S. 190), sondern als „konstitutiv“. 79 Ferdinand de Saussure: Cours de linguistique générale, u. Mitarb. v. Albert Riedlinger hg. v. Charles Bally u. Albert Sèchehaye, krit. Ausg. v. Tullio de Mauro, Paris: Payot 1976. 80 Zu allem, auch zu Vorgeschichte und Nachwirkung, vgl. The Cambridge Companion to Saussure, hg. v. Carol Sanders, Cambridge u.a.: Cambridge UP 2004. 81 Roman Jakobson: Futurismus (1919), in: ders.: Semiotik. Ausgewählte Texte 1919-1982, hg. v. Elmar Holenstein, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1992, S. 41-48. 82 Jan Mukařovský: Die Kunst als semiologisches Faktum (1936), in: ders.: Kapitel aus der Ästhetik, übers. v. Walter Schamschula, Frankfurt/ M. 1970, S. 138-147. 83 Roman Jakobson: Linguistik und Poetik (1960), in: ders.: Poetik. Ausgewählte Aufsätze 1921-1971, hg. v. Elmar Holenstein u. Tarcisius Schelbert, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1989 (2. Aufl.), S. 83-121. 84 Ferdinand de Saussure: Cours de linguistique générale, S. 155. Vgl. Descartes: Discours de la méthode, in: ders.: Œuvres philosophiques, Bd. 1: 1618-1637, hg. u. komm. v. Ferdinand Alquié, Paris: Garnier 1963, S. 567-650, hier S. 604. Dem im unmittelbaren Kontext zitierten cartesianischen Zentralmotiv setzt Raoul Hausmann ein „Cogito ergo sum DADA.“ entgegen, s. ders.: Am Anfang war Dada, S. 107. 85 Vgl. Hans Arp: Emmy Hennings und Hugo Ball, in: Hugo Ball u. Emmy Hennings: Damals in Zürich. Briefe aus den Jahren 1915-1917. Mit Fotos und Faksimiles, Zürich: Arche 1978, S. 179-182, hier S. 181. Arp spricht hier zwar vom Schöpferischen, hat aber einen Begriff im Auge, der erst in den 50er Jahren von der amerikanischen Kreativitätstheorie wiederentdeckt wurde. Angesichts der Rezeption der avantgardistischen Verfahren durch die Werbebranche nimmt es nicht Wunder, daß der Begründer der Kreativitätstheorie, Joy Paul Guilford, diesem Gewerbe entstammt; vgl. Guilford: Creativity, in: American Psychologist, Bd. 5. (1950), S. 444-454. 86 Vgl. die Unterscheidung Roland Barthes’, ob der Diskurs auf einer zweiten Ebene konnotativ oder denotativ verfährt; im ersten Fall entstehen Mythen, Ideologien, Literatur, im zweiten Fall Metasprache und Wissenschaft; s. Barthes: Eléments de sémiologie, in: Communications 4 (1964): Recherches sémiologiques, S. 91-135, hier S. 130f. 87 Richard Huelsenbeck: Erklärung. Vorgetragen im „Cabaret Voltaire“, im Frühjahr 1916, in: Dada Zürich, S. 29. 88 Salomo Friedlaender: Schöpferische Indifferenz, München: Georg Müller 1918, S. XXIX; vgl. auch Richard Huelsenbeck: An avant Dada. Die Geschichte des Dadaismus (1920), Hamburg: Nautilus 1978 (2. Aufl.), S. 41. 89 Raoul Hausmann: Am Anfang war Dada, S. 13; vgl. ebd., S. 12 (wo allerdings ein Datierungfehler vorliegt). 90 Kurt Schwitters’ „Reflexionen“ sind verstreut in: Das literarische Werk, Bd. 5; z.B. S. 95: „Lernen Sie erstlichmal deklinieren: der Haß, die Hose, das Haus.“ 91 Adolf Hitler: Eröffnungsrede zur „Zweiten Großen Deutschen Kunstausstellung“, zit. n. Mario Andreas von Lüttichau: „Deutsche Kunst“ und „Entartete Kunst“: Die Münchner Austellungen 1937, in: Die „Kunststadt“ München 1937. Nationalsozialismus und „Entartete Kunst“, hg. v. Peter-Klaus Schuster, München: Prestel 1988, S. 83-118, hier S. 106. Die Nennung Dadas in Hitlers „Mein Kampf“ ist belegt bei Thomas Anz u. Michael Stark (Hg.): Expressionismus. Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1910-1920, Stuttgart: Metzler 1982, S. 181f. 92 Vgl. Andreas Kramer: „Versuch zur Freiheit? “ Carl Einsteins Verhältnis zu Dada, in: Die visuelle Wende der Moderne. Carl Einsteins „Kunst des 20. Jahrhunderts“, hg. v. Klaus H. Kiefer, Paderborn: Fink 2003, S. 163-178. 93 Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin: Propyläen 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 16), S. 70 zu Picasso. 94 Ebd., S. 56 zu Beginn des Kubismus-Kapitels. 95 Ders.: Diese Ästhetiker veranlassen uns..., in: ders.: Werke, Bd. 4: Texte aus dem Nachlaß, hg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar, Berlin: Fannei & Walz 1992, S. 194-221, hier S. 196. 314 Klaus H. Kiefer 96 Vgl. Noam Chomsky: Syntactic Structures, The Hague u. Paris: Mouton 1957, S. 15: Colorless green ideas sleep furiously.” - für Dada wie für andere Dichter, Lewis Caroll, Joyce etc., kein Problem! Andere Beispiele s. http: / / en.wikipedia.org/ wiki/ Colorless_green_ideas_sleep_furious. 97 Nach Hans Arp: Ich bin der große Derdiedas, in: Dada Zürich, S. 94. 98 Jacques Derrida: De la grammatologie, Paris: Les Editions de Minuit 1967, S. 73. 99 Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1965 (2., u. e. Nachtr. erw. Aufl.), S. XIX. 100 Vgl. Hugo Ball: Flucht aus der Zeit, S. 88. 101 Raoul Hausmann: Am Anfang war Dada, S. 13. 102 Vgl. Richard Huelsenbeck: Dada Lives (1936), in: ders.: Wozu Dada. Texte 1916-1936, hg. v. Herbert Kapfer, Giessen: Anabas 1994, S. 80-83, hier S. 81. 103 Ders.: En avant Dada, S. 22. In seiner poetischen Funktion entspricht Dada dem Mana primitiver Gesellschaften, das Claude Lévi-Strauss zufolge eine „valeur symbolique zéro“ besitzt bzw. „symbole à l’état pur“ ist, „donc susceptible de se charger de n’importe quel contenu symbolique“. Dada ist jener „signifiant flottant“, „gage de tout art, toute poésie, toute invention mythique et esthétique“, aber wissenschaftlich schwer zu disziplinieren; s. Lévi-Strauss: Introduction à l’œuvre de Marcel Mauss, in: Marcel Mauss: Sociologie et anthropologie, Paris: Quadrige/ PUF 1983 (8. Aufl.), S. IX-LII, hier S. XLIXf. 104 Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 91. 105 Von der „Magie des Wortes“ sprechen Tristan Tzara: Manifeste Dada 1918, in: ders.: Oeuvres complètes, Bd. 1, S. 359 (Motto); so auch Richard Huelsenbeck: Reise bis ans Ende der Freiheit, S. 129. Vgl. auch Joseph von Eichendorff: Wünschelrute, in: ders.: Ausgewählte Werke, 5 Bde., m. e. Nachw. hg. v. Hans A. Neunzig, München: Nymphenburger 1987, Bd. 1, S. 108: „Und die Welt hebt an zu singen / Triffst du nur das Zauberwort.“ 106 Richard Huelsenbeck: Mit Witz, Licht und Grütze, S. 57. 107 Vgl. Hans Bollinger: Dokumente: Einzelschriften, Almanache, Zeitschriften, Ausstellungskataloge, Programme und Einladungen, Tanzprogramme, Typoskripte, Plakate, Fotos, in: Dada in Zürich, hg. v. dems., Guido Magnaguagno, Raimund Meyer, S. 178-285, hier S. 267. Obwohl angekündigt, hatte Huelsenbeck an der Veranstaltung nicht teilgenommen. 108 Tristan Tzara: Chronique Zurichoise 1915-1919, in: Dada Almanach, S. 10-29, hier S. 26f. 109 Jefim Golyscheff, Raoul Hausmann, Richard Huelsenbeck: Was ist der Dadaismus und was will er in Deutschland? , in: Dada Berlin, S. 61-62, hier S. 61. 110 Vgl. Otto Schober: Studienbuch Literaturdidaktik. Neuere Konzeptionen für den schulischen Umgang mit Texten, Analysen und Materialien. Kronberg/ Ts.: Scriptor 1977, S. 35: Literatur wurde als „Vehikel für Normen, Leitbilder, Lebensregeln, kurz als Mittel verwendet, vorgegebene Ziele zu erreichen“. 111 Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945, München: Propyläen 2002 (10. Aufl.), S. 63 u.ö. 112 Ein brauchbares Ausgangsmodell bietet hier Jan Mukařovský: Ästhetische Funktion, Norm und ästhetischer Wert als soziale Fakten (1936), in: ders.: Kapitel aus der Ästhetik, übers. v. Walter Schamschula, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1970, S. 7-112 u. ders.: Das dichterische Werk als Gesamtheit von Werten (1932), in: ders.: Kapitel aus der Poetik, übers. v. Walter Schamschula, Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1967, S. 34-43. S. dazu Klaus H. Kiefer: http: / / www.edu.lmu.de/ Ethik-Aesthetik/ Kiefer-DD-Tag- Vortr.2.7.05.pdf. 113 Vgl. Michel Foucault: Surveiller et punir. Naissance de la prison, Paris: Gallimard 1975, S. 216: Schule wie Strafanstalt besitzen ein „pouvoir de normalisation“. 114 Eine große Mehrheit auch des erwachsenen Publikums steht dem Wirken der Avantgarde nach wie vor verständnislos gegenüber. 115 Als kurioses post-Hausmannsches Dada-Beispiel im Internet s. www.hsl.com/ dada/ . Eine Online- Bibliographie zu Dada s. http: / / lib.uiowa.edu/ dada/ oasis.htlm. 116 Raoul Hausmann: Pamphlet gegen die weimarische Lebensauffassung, in: ders.: Bilanz der Feierlichkeit. Texte bis 1933, hg. v. Michael Erlhoff, München: text + kritik 1982, Bd. 1, S. 39-42, hier S. 42. Mit dem Postulat „Für das eigene Erleben! ! ! “ (ebd.) schließt sich Hausmann der Erlebnispädagogik an. 117 Vgl. Eberhard Roters: Mouvement Dada, in: Tendenzen der Zwanziger Jahre, Tl. 3, S. 3/ 1-3/ 11, hier S. 3/ 1f.: „[...] Dada ist die erste übergreifende Bewegung des europäischen Geistes [...].“ 118 Tristan Tzara: Pour faire un poème dadaïste, in: ders.: Œuvres complètes, Bd. 1, S. 382. „Ein Narrenspiel aus dem Nichts“ - DADA - Semiotik und Didaktik 315 119 Die wirkungsgeschichtliche Verknüpfung der Kreativitätstheorie mit der Avantgarde bedürfte einer eigenen Untersuchung. Vorerst kann lediglich eine überraschende Analogie zwischen Kreativität und dadaistischen Verfahren festgestellt werden; vgl. Eike Gebhardt: Kreativität und Mündigkeit. Zum gesellschaftspolitischen Stellenwert kreativen Verhaltens, Weinheim: Deutscher Studien-Vlg. 1992, bes. S. 69- 81. 120 S. Klaus H. Kiefer: „Für denjenigen, der eine solche Arbeit verrichtet hat, ist der Sinn glasklar“ - Dada lebt, in: ders. u. Margit Riedel: Dada, Konkrete Poesie, Multimedia, S. 11-83, hier S. 18ff. Der Text s. Hugo Ball u.a.: Ein Krippenspiel. Bruitistisch, in: Dada Zürich, S. 125-127. 121 S. Günter Waldmann: Produktiver Umgang mit Literatur im Unterricht. Grundriß einer produktiven Hermeneutik. Theorie - Didaktik - Verfahren - Modelle, Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 1999 (2. korr. Aufl.). 122 Vgl. Klaus H. Kiefer: „Ottos Mops“ in der Schule - Didaktische Konkretion und Abstraktion, in: ders. u. Margit Riedel: Dada, Konkrete Poesie, Multimedia, S. 87-112. 123 Zum Verhältnis von - auch - destruktiver, chaotischer oder subversiver Kreativität und pädagogischer Verantwortung vgl. Helmut J. Serve: Förderung der Kreativitätsentfaltung als implizite Bildungsaufgabe der Schule, München: PimS 1994, S. 112ff. 124 Richard Huelsenbeck u. Tristan Tzara: Dada siegt! , S. 17: „[...] wir verstanden von fern den Sinn der Primitivität - Dada, das Kinderlallen, das Hottehotte [= Steckenpferd] - die Primitivität, die das Zeitalter durch seine Vorliebe für Negerplastik, Negerliteratur und Negermusik anzudeuten schien.“ Vgl. Joachim Schultz: Wild, irre & rein. Wörterbuch zum Primitivismus der literarichen Avantgarden in Deutschland und Frankreich zwischen 1900 und 1940, Gießen: Anabas 1995, S. 103f. 125 Vgl. Johannes Gläser (Hg.): Vom Kinde aus. Arbeiten des Pädagogischen Ausschusses der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens zu Hamburg, Hamburg u.a.: Westermann 1920; vgl. Theo Dietrich: Die pädagogische Bewegung „Vom Kinde aus“, Bad Heibrunn/ Obb: Klinkhardt 1982 (4., durchges. Aufl.); zur Reformstimmung um 1900 überhaupt vgl. Corona Hepp: Avantgarde. Moderne Kunst, Kulturkritik und Reformbewegungen nach der Jahrhundertwende, München: dtv 1987. 126 Hans Prinzhorn: Bildnerei der Geisteskranken. Ein Beirag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung (1922), m. e. Geleitwort v. Gerhard Roth, Wien u. New York: Springer 2001 (6. Aufl.). 127 Vgl. Raymund Meyer: „Dada ist groß Dada ist schön“ - Zur Geschichte von „Dada Zürich“, S. 37ff. Jetzt kritisch zu Corrays reformpädagogischen Intentionen s. Fritz Osterwalder: Dadaismus und Reformpädagogik bei Han Coray oder: Wie traditionalistisch ist die „neue Erziehung“? , in: Reformpädagogik. Neue Zugänge - Befunde - Kontroversen, hg. v. Hein Retter, Bad Heilbrunn/ Obb.: Klinkhardt 2004, S. 19-34. Zwar lassen Heinrich Corrays „Neulandfahrten“ (Ein Buch für Eltern, Lehrer und Kinder, Leipzig - Aarau - Wien: Meyer 1913 [2. Aufl., zuerst 1911]) eine dadaistische Wende nicht ahnen, weder im „unmethodischen“ Umgang mit Literatur noch mit bildender Kunst, aber die Motivation ist bereits vorhanden: „In jedem Menschen schlummert ein Drang nach Produktion, nach schöpferischen Gestalten. Das zeigt sich schon im Spieltrieb des kleinen Kindes.“ (ebd., S. 8f.). 128 S. ders.: Dada? Dada! in: Dada. Eine internationale Bewegung 1916-1925, Ausstellung: Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München, 4. September - 7. November 1993 [u.a.], Zürich: Limmat 1993, S. 30. 129 Richard Huelsenbeck u. Tristan Tzara: Dada siegt! , S. 32. 130 Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 157.