Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
283-4
Frauen und Medien - Feministische Kommunikation und Wissenschaft
121
2005
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod283-40417
Review Article Frauen und Medien Feministische Kommunikation und Wissenschaft Ernest W.B. Hess-Lüttich Wie in vielen Fächern melden sich auch in der Kommunikationswissenschaft Frauen zu Wort, die ein spezifisch feministisches Verständnis ihres Faches, seiner Methoden und Fragestellungen einklagen. So auch die streitbare Vertreterin ihrer Zunft Johanna Dorer (Jg. 1957) aus Wien, die gemeinsam mit der (Mit-)Begründerin des Wiener Frauenarchivs Brigitte Geiger einen Sammelband zur Feministischen Kommunikations- und Medienwissenschaft vorgelegt hat 1 , der laut seinem Untertitel “Ansätze, Befunde und Perspektiven der aktuellen Entwicklung” versammelt, weil nach der Auffassung der Herausgeberinnen die Auseinandersetzung mit einer das biologische Geschlecht betreffenden Asymmetrie “allen demokratisch Denkenden ein Anliegen sein müsste” (Dorer & Geiger eds. 2002: 9). Nun, wer will schon zu den undemokratisch Denkenden gehören? Also lassen wir uns mit der geforderten und gebotenen Empathie auf das ca. 380 S. starke Werk etwas genauer ein, zumal sich z.B. bei Amazon bislang nur eine Rezensentin gefunden hat, die aber nur die fünf Kapitelüberschriften resümiert und die 17 Autorinnen aufzählt, die (meist als Lehrbeauftragte) überwiegend an dem Wiener Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft tätig sind, an dem auch Frau Dorer als Assistenzprofessorin wirkt. In ihrem das erste Kapitel über Ansätze und Perspektiven einführenden Beitrag zeichnet sie die “Entwicklung und Profilbildung feministischer Kommunikations- und Medienwissenschaft” nach (S. 22-32), deren Institutionalisierung in den 90er Jahren eine Errungenschaft der den Universitäten verordneten Maßnahmen zur Frauenförderung gewesen sei. Wachsamkeit sei indes geboten, es gebe immer noch institutionelle und strukturelle Widerstände gegen die Disziplin (Disziplin? ), obwohl geschlechterspezifische Fragestellungen, Perspektiven und Methoden innerhalb der Kommunikationswissenschaft heute ebenso selbstverständlich geworden seien wie der breite Raum, den ihr (zumindest quantitativ) reicher Ertrag in den Verlagsprogrammen einnehme. Der ist der Zunft nicht verborgen geblieben, so daß angesichts der “zunehmenden Sensibilisierung für die Geschlechterkategorie” (S. 29) in den eigenen Reihen die Frage aufgeworfen wird, ob die feministische Theorie die Geschlechterstereotypen nicht selbst zu bekräftigen und zu festigen drohe. Um dieser Gefahr wirksam zu begegnen, plädiert Waltraud Ernst daher in ihren “Überlegungen zum Geschlechterbegriff” (S. 33-52) für die konsequente Dekonstruktion von Geschlechterordnungen, indem das Geschlecht als hierarchische Ordnungskategorie, Identitäts- und Körpernorm überhaupt in Frage gestellt würde, zum Beispiel durch die methodische Pra- KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 28 (2005) • No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen 418 Ernest W.B. Hess-Lüttich xis, “beim Forschungsdesign von Fragebögen oder in Interviewsituationen keine fixen binären Geschlechterkategorien vorauszusetzen, sondern entweder vielfältigere Kategorien anzubieten oder graduelle Kategorien von Männlichkeit und Weiblichkeit oder Geschlecht als offene Frage zu formulieren” (S. 44). Also Frauen, Männer und alles, was dazwischen liegt - was ja bekanntlich eine Menge ist, wie nicht nur Frauen wissen (vgl. Richter 2006). 2 Die kulturelle und stereotypisierte Geschlechterkonzeption müsse entlarvt werden durch eine diskursanalytische Medienforschung im Sinne Foucaults, pflichtet Dorer ihr bei in ihrer Skizze neuer “Perspektiven in der feministischen Kommunikations- und Medienwissenschaft” (S. 53-78). Sie habe dort anzusetzen, wo feministische Diskurse in ihrer medialen Repräsentation von Geschlecht so stark integriert seien, daß sie binäre Geschlechteridentität festigten statt sie zu dekonstruieren. Ihre Aufgabe sei es, jene identitätsbildende Rezeption gesellschaftlicher Normen in (Sub)Texten zu untersuchen, die innerhalb des Mediensystems selber produziert würden. Das zweite Kapitel über Öffentlichkeit und Journalismus leitet die Mitherausgeberin Brigitte Geiger mit zwei Beiträgen ein, in denen sie der Herstellung von Öffentlichkeit eine für die Entwicklung und gesellschaftliche Resonanz sozialer Bewegungen konstitutive Bedeutung attestiert. Das sich seit der Aufklärung mit Öffentlichkeit verbindende “Versprechen von Partizipation und Gleichheit” (S. 82) sei bis heute nicht eingelöst, weil gesellschaftliche Machtverhältnisse der Geschlechterhierarchien die Öffentlichkeitsstruktur nach wie vor bestimmten. Die sei nun mal weitgehend ‘männlich’ und grenze sich ab von ‘weiblicher Privatheit’. Diese ideologische Dichotomie müsse zugunsten eines feministischen Öffentlichkeitskonzeptes aufgehoben werden. Geiger illustriert diese These am Beispiel der Herstellung emanzipatorischer Frauenöffentlichkeiten durch die Frauenbewegungen der 70er Jahre bis hin zum vom Unabhängigen FrauenForum (kurz “Uff”) initiierten FrauenVolksBegehren 1997, das die bereits erfolgreiche Gleichstellungspolitik durch allerlei soziale Forderungen (von der Kinderbetreuung bis zur Pensionsregelung) zu untermauern suchte. Das reiche freilich längst nicht aus, diagnostiziert Sabine Funk in ihrem Beitrag über die “Darstellung sexueller Gewalt gegen Kinder in den Medien” (S. 124-137). Vielmehr müßten Journalistinnen selber ihre Themen aus feministischer Sicht öffentlich noch mehr zur Geltung bringen können. Dem stehe aber entgegen, daß zumindest in Österreich die Publizistik immer noch ein von Männern dominiertes Berufsfeld sei, obwohl, wie wiederum Dorer in ihrem dritten (oder mit der Einleitung vierten) Beitrag klagt, viel mehr Studentinnen als Studenten das Fach studierten, ausgebildet allerdings meist von Männern, die ihnen den Aufstieg in die Professorenschaft verwehrten (der Eindruck von den vielen Frauen an ihrem eigenen Institut muß demnach ebenso täuschen wie die Befunde einschlägiger Erhebungen etwa des deutschen Hochschulverbandes zum rasanten Anstieg des Frauenanteils unter der Professorenschaft im letzten Quartal des vergangenen Jahrhunderts). Natürlich verdienten Journalistinnen auch weniger als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie besser als diese qualifiziert seien, und wenn sie es doch in die Führungspositionen geschafft hätten, dann nur um den Preis der Anpassung ihres Privatlebens an die beruflichen Erfordernisse. Das sei eindeutig eine Diskriminierung von Frauen im Journalismus, bedingt durch den gesellschaftlich dominanten (und gerade in den Medien geführten) Diskurs, der einen hierarchischen Geschlechterdualismus ständig produziere und reproduziere. Dies zeige sich etwa in der meist konservativen geschlechtlichen Konnotierung weiblicher Subjektpositionen: “Besonders effizient gegen eine erfolgreiche Berufskarriere für Journalistinnen wirkt das Fest- Frauen und Medien 419 schreiben auf eine traditionelle weibliche Subjektposition mit Betonung der weiblich codierten Kriterien wie Schönheit und Alter” (S. 159). Keine Chance also für gut aussehende Journalistinnen? Oder umgekehrt? Wie auch immer, die Leistung von Frauen werde jedenfalls anders bewertet als jene ihrer männlichen Kollegen in derselben Arbeitsrolle, hat Elisabeth Klaus in ihren Betrachtungen zum “Aufstieg zwischen Nähkränzchen und Männerkloster” (S. 170-190) herausgefunden. Zwar konnte sie keinen explizit weiblichen Journalismus ausmachen - “Journalistinnen und Journalisten unterscheiden sich weder in ihrer Arbeitsweise noch in ihrem journalistischen Selbstverständnis” (S. 183) - , aber die Differenzen in Bezug auf bestimmte Themen, vor allem auf geschlechterspezifische, seien unverkennbar und das zöge zusätzliche Sanktionen nach sich und erschwere den beruflichen Aufstieg. Deshalb müßten Quoten her, fordert Dorer (S. 164), Frauenprogramme und Frauenangebote, die - “trotz einer möglichen Ghettoisierung” - vor allem der Förderung eines frauenspezifischen Journalismus dienten. Galt es nicht eben noch, geschlechtsspezifischen Journalismus zu überwinden? Zurück also zu den alten Gefechtsformationen - zumindest bis die Befehlsstände fest in Frauenhand sind? Das dritte Kapitel mit vier Beiträgen von fünf Autorinnen ist der Rezeptions- und Fernsehforschung gewidmet. Es wird eingeleitet mit einem kurzen Überblick über feministische Ansätze in den sog. Cultural Studies und in der Filmwissenschaft von Brigitte Hipfl (S. 192- 215). Ausgehend von der feministischen Kritik am ‘männlichen Kino’ und dem Film als “Produkt des patriarchalen Unbewussten” (S. 196) begann die Diskussion der Rolle der Zuschauerinnen bereits Ende der 70er Jahre mit besonderem Blick auf die bei ihnen angeblich besonders beliebten women’s genres wie soap operas und Liebesfilmen. Dabei habe sich herausgestellt, daß sich die patriarchale Strukturen reproduzierenden Inhalte nicht zwingend in der Lesart der Zuschauerinnen niederschlügen. Vielmehr nehme das weibliche (und wohl auch männliche) Publikum hauptsächlich jene Motive aus einem Film wahr, denen es im Sinne klassischer Identifikationsdramaturgie persönliche Relevanz zuzuordnen vermag. Die Annahme thematischer Voreingenommenheit hat die weitere Untersuchung der Medienrezeption offenbar nachhaltig beeinflußt. So zeigt Monika Bernold in ihrem Beitrag über “Fernseh-Familien, Geschlechterordnung und Reality-TV” (S. 216-234) am Beispiel der österreichischen Fernsehfamilie Leitner, daß televisuelle Repräsentation nicht als Konstrukt, vielmehr als Spiegel von Zuschauererfahrung erscheine. Der Erfolg der Serie aus den 50er und 60er Jahren des 20. Jh. sei vor allem darauf zurückzuführen, daß die familiären Szenen in gleichsam kollektiver Übereinkunft als realistisch und authentisch ‘aus dem Leben gegriffen’ galten, die Identifikationsangebote von traditionellen Geschlechterordnungen eingeschlossen. Diese Tradition der ‘Tele-Authentifizierung’ setze sich heute im neuen Zeitalter der multimedialen und häufig interaktiven Reality-Shows fort und enthalte nun “das Angebot zu einer televisuellen Beglaubigung der Position des Subjekts, das seinen Status darüber erhält, dass es gleichzeitig als wirkliche, ganz ‘normale’ Person und als TV-Subjekt identifizierbar, beobachtbar und kommunikationstechnologisch authentifizierbar, ‘anrufbar’ zu sein scheint” (S. 232). Stärker empirisch orientiert ist der nächste Abschnitt von Margrit Böck und Ulli Weish, die “Alter und Bildung als Differenzkriterien in einer Sekundäranalyse von Mediennutzungsdaten” untersuchen (S. 235-266). Im Unterschied zur feministischen Filmtheorie mit ihrem Interesse an der geschlechtsspezifischen Positionierung und Identitätsbildung medienhandelnder Subjekte verstehe die in der Tradition der ethnographisch-empirisch instrumentierten Cul- 420 Ernest W.B. Hess-Lüttich tural Studies betriebene quantitative Rezeptionsforschung das Geschlecht weniger als Konstrukt denn als Klassifizierungskriterium. Am Beispiel einer Studie über die Nutzung tagesaktueller Medien zeigen die beiden Autorinnen, wie problematisch es sei, Daten aus Repräsentationsbefragungen unreflektiert als Aussagen über Unterschiede zwischen Frauen und Männern darzustellen. Dabei fanden sie heraus, daß etwa die Variable ‘Bildung’ einen stark relativierenden Einfluß auf die aus der Statistik ersichtlichen Geschlechterdifferenzen beim Radiohören und Zeitunglesen habe: während die Präferenzen der gebildeten Frauen denen der ebenfalls gebildeten Männer glichen, bestünden in den unteren Bildungssegmenten durchaus Geschlechterunterschiede; das gelte übrigens auch für Unterschiede der Lesepräferenzen bei Büchern. Wer hätte das gedacht? Wen der Befund alarmiert, daß allenfalls Männern mindestens mit Matura (oder Abitur) “das insgesamt ‘weiblich’ konnotierte Buchlesen aus Gründen der Unterhaltung” als legitime Freizeitbeschäftigung gilt (S. 258), mag sich damit trösten, daß die Autorinnen immerhin überhaupt noch Bücher lesende Probanden für ihre Studie gefunden haben, obwohl “die von den AkteurInnen verinnerlichten geschlechterhierarchischen Ein- und Ausschlussmechanismen” (S. 260) das eigentlich schon gar nicht mehr erwarten ließen. Die Variable ‘Bildung’ bestimmt nach den Befunden von Waltraud Cornelißen auch den “Stellenwert des Fernsehens im Alltag von Frauen und Männern” (S. 267-289). Frauen mit geringer Bildung sitzen häufiger zu Hause vor dem Fernseher als die mit höherer Bildung. Daraus schließt die Autorin messerscharf, daß der Stellenwert des Fernsehens demzufolge im weiblichen Alltag höher sei als im männlichen (S. 270), obwohl ihre eigenen Tabellen kaum Unterschiede im (quantitativen) Nutzungsverhalten zwischen Männern und Frauen ausweisen. Was indes die Programmwahl betreffe, so gebe es Hinweise darauf, daß Frauen den Programmwünschen anderer Familienmitglieder häufiger nachgäben als Männer. Für derlei geschlechterspezifische Nutzungsstile seien aber weder “biologische Geschlechterzugehörigkeit noch geschlechterspezifische Sozialisationsprozesse verantwortlich” (S. 286), sondern familiäre Geschlechterhierarchien und traditionelle Geschlechterdefinitionen, die den Fernsehgebrauch von Männern und Frauen als einen Teil geschlechtsgebundener Alltagskultur prägten. So wird der tägliche Kampf der Geschlechter vor dem Fernseher in allerlei Tafeln und Tabellen unmittelbar anschaulich. Neben der ‘Bildung’ gilt auch das ‘Alter’ als eine Geschlechterdifferenzen relativierende Variable, wobei die schon länger geläufige Erkenntnis auch von Irmtraud Voglmayr noch einmal bekräftigt wird: “Das Alter ist kein nur biologisch gegebenes Faktum” (S.364), sein Erleben sei vielmehr abhängig von Schicht, Lebensstil, gesellschaftlichen Bedingungen und umgebenden Kulturwerten. Daher kommt sie in ihrer Studie über die Nutzung neuer Technologien wie des Internet, die am Schluß des Bandes einem eigenen Kapitel über Neue Technologien zugeordnet ist (S. 354-375), aber methodisch denen von Böck & Weish bzw. Cornelißen korrespondiert, zu dem nicht ganz unerwarteten Ergebnis, daß ältere Frauen sich Internetkenntnisse auf ihre Bedürfnisse hin aneigneten, womit sie ihre eventuelle körperliche Immobilität durch virtuelle Mobilität zu ersetzen und so die Kommunikatikon zwischen Jung und Alt aufrechtzuerhalten vermöchten (was den surfenden Großvätern offenbar nicht vergönnt ist). Der feministischen Filmforschung ist das vierte Kapitel gewidmet. Schon den ersten im Kontext der politischen Frauenbewegung entstandenen inhaltsanalytisch orientierten Filmtheorien sei die Entlarvung geschlechtsspezifischer Rollenklischees zu danken. Neueren An- Frauen und Medien 421 sätze machten sich Verfahren der Psychoanalyse zunutze und entdeckten die Sprache der Repräsentation. Andrea B. Braidt und Gabriele Jutz stellen (S. 292-306) den in dieser Hinsicht richtungweisenden Aufsatz “Visual Pleasure and Narrative Cinema” (1975) der britischen Filmwissenschafterin Laura Mulvey vor, die darin mit den üblichen Versatzstücken (Phallus, Fetisch, Ödipus, Kastration usw.) der im Film repräsentierten Weiblichkeit Fetischcharakter zuschreibt und dem Kino allgemein eine ausschließliche Männlichkeit. Leider gelangten derlei verdienstvolle Analysen trotz ihrer späteren entpatriarchalisierten Revision an Grenzen nachweislichen Realitätbezugs und empirischer Überprüfbarkeit (S.297). Semiotische Filmtheorien sind in feministischer Hinsicht offenbar weniger ergiebig, jedenfalls werden sie auf anderthalb Seiten eher beiläufig abgehandelt. Immerhin sei mit ihren Verfahren der Nachweis geschlechtsspezifischer Codierungen möglich - wie, wird aber nicht weiter ausgeführt. Deutlich mehr Sympathie der Verf. - und ihrer Kollegin Eva Warth in ihren “Annäherungen an das frühe Kino” (S. 307-319) - gilt dann wieder den Cultural Studies, die Texte als ideologische Repräsentationssysteme im Kontext von Kultur als eines komplexen Netzwerks von Institutionen, Repräsentationen und Praktiken zu beschreiben erlaube. Damit ließen sich diskursive und intertextuelle Bedeutungsproduktion, Mikrohistoriographie und Selbstreflexion dann auch mühelos als kulturelle Konstruktion von Geschlechterdifferenz analysieren. Interessant in diesem Zusammenhang ist der insgesamt aber leider zu kurz abgehandelte Ansatz der jüngeren sog. Queer Film Theory, weil sie der feministischen Debatte insofern neue Perspektiven eröffnen könnte, als sie das biologistische Konzept des Geschlechts zu einer performativen Kategorie erweitert und damit hergebrachte Binäroppositionen überwindet. Als ein aktuelles Beispiel dafür sieht Susanne Rieser in ihrem Beitrag über das “Geschlecht als Special Effekt” [sic] (S. 320-334) das Genre des Actionfilms bzw. das “Kino der spektakulären Grenzüberschreitungen” (S. 320). Die Helden und vor allem auch Heldinnen überschritten darin sowohl physische Grenzen als auch nationale, ethnische und eben geschlechtsspezifische Kategorien. So könne die moderne Geschlechterverwirrung zugleich “als Niederschlag zeitgenössischer Erfahrungen von Identität und Körper in einer von Medien geprägten Welt” gelesen werden, pflichtet ihr die Kunstkritikerin Ruth Noack bei (S. 337) in ihrer Analyse der Videotrilogie Me/ We; Okay; Gray der finnischen Videokünstlerin Eija-Liisa Ahila, deren Werk sich einer feministischen Perspektive auf die zeitgenössische Videokunst öffne. Eine zumindest für den Wiener Seminargebrauch nützliche Auswahlbibliographie zur feministischen Filmwissenschaft in Österreich schließt das Kapitel ab. Das letzte Kapitel enthält nur den bereits besprochenen Aufsatz von Voglmayr über “Ältere Frauen in der neuen Technokultur”, die aber nicht den Musikstil meint, sondern das Internet “als Fenster zur Welt”. Literatur Bernold, Monika 2002: “Tele-Authentifizierung: Fernseh-Familien, Geschlechterordnung und Reality-TV”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 216-234 Böck, Margit & Ulli Weish 2002: “Medienhandeln und Geschlecht. Alter und Bildung als Differenzkriterien in einer Sekundäranalyse von Mediennutzungsdaten”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 235-266 Braidt Andrea B. & Gabriele Jutz 2002: “Theoretische Ansätze und Entwicklungen in der feministischen Filmtheorie”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 292-306 422 Ernest W.B. Hess-Lüttich Cornelißen, Waltraud 2002: “Der Stellenwert des Fernsehens im Alltag von Männern und Frauen”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 267-289 Dorer, Johanna & Brigitte Geiger (eds.) 2002: Feministische Kommunikations- und Medienwissenschaft. Ansätze, Befunde und Perspektiven der aktuellen Entwicklung, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Dorer, Johanna 2002 a: “Entwicklung und Profilbildung feministischer Kommunikations- und Medienwissenschaft”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 22-32 Dorer, Johanna 2002 b: “Diskurse, Medien und Identität. Neue Perspektiven in der feministischen Kommunikations- und Medienwissenschaft”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 53-78 Dorer, Johanna 2002 c: “Berufliche Situation österreichischer Journalistinnen. Ein Bestandsaufnahme empirischer Befunde”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 138-169 Ernst, Waltraud 2002: “Zur Vielfältigkeit von Geschlecht. Überlegungen zum Geschlechterbegriff in der feministischen Medienforschung”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 33-52 Funk, Sabine 2002: “Ver-rückte Tatsachen. Die Darstellung sexueller Gewalt gegen Kinder in den Medien”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 124-137 Geiger, Brigitte 2002 a: “Feministische Öffentlichkeiten. Ansätze, Strukturen und aktuelle Herausforderungen”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 80-97 Geiger, Brigitte 2002 b: “Geschlechterverhältnisse als Medienereignis. Berichterstattung und mediale Diskurse zum österreichischen FrauenVolksBegehren”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 98-123 Hipfl, Brigitte 2002: “Cultural Studies und feministische Filmwissenschaft. Neue Paradigmen und Rezeptionsforschung”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 192-215 Klaus, Elisabeth 2002: “Aufstieg zwischen Nähkränzchen und Männerkloster: Geschlechterkonstruktionen im Journalismus”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 170-190 Noack, Ruth 2002: “Me/ We; Okey; Gray. Über die politische Verortung der Lektüre von Medienkunst am Beispiel der Videotrilogie von Eija-Liisa Athila”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 335-341 Richter, Horst-Eberhard 2006: Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft, Gießen: Psychosozial-Verlag Rieser, Susanne 2002: “Geschlecht als Special Effekt”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 320-334 Voglmayr, Irmtraud 2002: “Das Internet als Fenster zur Welt. Ältere Frauen in der neuen Technokultur”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 354-374 Warth, Eva 2002: “Annäherungen an das frühe Kino. Cultural Studies, Gender Studies und Historiographie”, in: Dorer & Geiger (eds.) 2002: 307-319 Anmerkung 1 Johanna Dorer & Brigitte Geiger (eds.) 2002: Feministische Kommunikations- und Medienwissenschaft. Ansätze, Befund und Perspektiven der aktuellen Entwicklung, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 378 S., € 28,90, ISBN 3-531-13702-6 2 Horst-Eberhard Richter 2006: Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft, Gießen: Psychosozial-Verlag