Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
283-4
Hubert Knoblauch & Helga Kotthoff (eds.) 2001: Verbal Art across Cultures. The Aesthetics and Proto-Aesthetics of Communication (= Literatur und Anthropologie 19), Tübingen: Narr, 300 S. 39,- € / 74,- CHF 74,00, ISBN 3-8233-5709-3
121
2005
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod283-40423
Reviews Hubert Knoblauch & Helga Kotthoff (eds.) 2001: Verbal Art across Cultures. The Aesthetics and Proto-Aesthetics of Communication (= Literatur und Anthropologie 10), Tübingen: Narr, 300 S., 39,- € / 74,- CHF 74,00, ISBN 3-8233-5709-3 Der Titel des Sammelbandes und die Tatsache, daß er in einer renommierten Literatur-Buchreihe erscheint, könnte potentielle Interessenten in die Irre führen: Die Herausgeber sind Linguisten und ihr Hauptaugenmerk gilt der alltäglichen Verständigung zwischen Menschen, nicht der poetischen Sprache im engeren Sinne. Ihr Verdienst ist es aber, unsern Blick mit diesem Band und seinen Beiträgen wieder auf den ästhetischen Mehrwert auch in der Alltagskommunikation zu richten, wie das die antike Rhetorik längst getan hat und wie es heute unter vielen Linguisten leider in Vergessenheit geraten ist. Sie gehen von der Prämisse aus, daß institutionalisierte Kunst, die ihren Zweck in sich selbst trage, und nichtinstititutionalisierte Formen ästhetischer Kommunikation, die auch pragmatischen Zwecken folgen, dieselben Basisstrukturen teilen. Denselben Grundgedanken hat der Rezensent in seinem Buch über Kommunikation als ästhetisches Problem (Tübingen: Narr 1984) vor über zwei Dekaden zum Ausgangspunkt seiner Untersuchungen ästhetischer Texte genommen, allerdings sozusagen mit umgekehrtem Vorzeichen: er spürte den gemeinsamen Grundregeln nach, denen sowohl Gesprächspartner im Alltag ihrer Verständigung folgen, als auch literarische Autoren vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung als sensible Kommunikatoren, wenn sie kommunikative Prozesse ästhetisch modellieren, um die Analyse literarisierter Formen des Verstehens, aber auch des Mißverstehens für die kommunikationstheoretische und gesprächsanalytische Begriffsbildung fruchtbar zu machen. Der hier zu besprechende Sammelband hat demgegenüber jene proto-ästhetischen Formen im Visier, die allen Formen der Verständigung gemeinsam sind und die aus der Freiheit der Wahl aus einem Repertoire von Möglichkeiten entspringen. Dies ist Anlaß genug, auf den Band in semiotischem Zusammenhang noch einmal hinzuweisen, auch wenn er nicht eben druckfrisch aus der Presse kommt. Die beiden Herausgeber stellen dem Band eine gedrängte, aber luzide Einführung voran, in der sie die Prämissen ihres Ansatzes und die Zielrichtung ihres Interesses vorgeben. So sehen sie je kulturell definierte Formen ästhetischer Kommunikation grundiert in der alltagsweltlichen Kommunikation und rechtfertigen ihren Ansatz mit einem kurzen Blick auf die jüngere Entwicklung in der Wissenschaftsgeschichte der Kultur- und Kommunikationswissenschaften. Sie zeichnen den ‘communicative turn’ der Cultural Studies nach, der auch auf bestimmte Richtungen einer sozial- und kulturwissenschaftlich geprägten Sprachforschung nachhaltigen Einfluß ausgeübt hat, sie stellen unter Rückgriff auf kunstphilosophische Traditionen die begriffssystematische Verbindung her zwischen Kommunikation und Ästhetik, rücken theoretisch breit gestützt das Konzept der Reflexivität in die dazugehörige Scharnierposition, schlagen unter dem von Roman Jakobson hergeleiteten Leitbegriff der Poetik die Brücke von der Kunst zur Sprache und formulieren das Ziel einer Proto-Äesthetik mundanen, also alltagsweltlichen Verständigungshandelns. KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 28 (2005) • No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen 424 Reviews Es folgt sodann eine knappe Vorstellung der Beiträge, die aus einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Symposion an der Universität Konstanz hervorgegangen sind, das die Co-Editorin Helga Kotthoff gemeinsam mit Elizabeth Couper-Kuhlen und Thomas Luckmann organisiert hat. Sie können im Rahmen einer Kurzrezension nicht referiert und kritisiert werden, aber sie seien mit Nachdruck zur Lektüre empfohlen. Sie repräsentieren im besten Sinne trans- und interdisziplinärer Kooperation ein weites Spektrum von Ansätzen, Fächern und Kulturen, insofern die Autoren wissenschaftlich unterschiedlichster Herkunft aus Ethnologie und Anthropologie, Soziologie, Linguistik und Volkskunde sich anhand unterschiedlichsten Objektmaterials deutscher, amerikanischer, afrikanischer, britischer, chinesischer, irischer, georgischer, brasilianischer und ozeanischer Provenienz zum Gespräch über den gemeinsam interessierenden Gegenstand gefunden haben. Die zwölf einzelnen Beiträge sind in drei Kapitel gruppiert unter den in der Einführung anspruchsvoll begründeten Leitthemen (i) Communication, Genres and Culture, (ii) Aesthetics in Everyday Life, (iii) Proto-Aesthetic Forms of Communication. Im ersten eher theoretisch orientierten Kapitel entwickeln Ruth Finnegan, Judith Irvine und Richard Bauman auf ihre je eigene Art Überlegungen zu einem reicheren Konzept des Kommunikationsbegriffs als unter Linguisten gemeinhin üblich und institutionell zugelassen; das zweite Kapitel versammelt eher empirisch gegründete Studien von Neil Roughley, Volker Heeschen, Helga Kotthoff und Hubert Knoblauch (mit Jürgen Raab) zu Variationen des Performativen (mit Material vom georgischen Trauerritual über Werbespots im deutschen Fernsehen bis zum Konfliktmanagement bei den Mek und den Eipo in den Bergen des westlichen Neuguinea); im dritten Kapitel widmen sich Greg Urban, Ruth Ayaß, Susanne Günthner, Michael Richter sowie das Autorenteam Dirk vom Lehn, Christian Heath und Hubert Knoblauch verschiedenen (als protoästhetisch markierten) Formen sprachlicher Verständigung (etwa in Imperativen, in Sprichwörtern, in mittelalterlicher Oralkultur, in der Gedächtniskultur von Museen und Galerien als Orten kommunikativer Erfahrungsproduktion im kulturbegründenden Gemeinschaftshandeln). Ein in seiner thematischen Vielfalt und in seinem theoretischen Anspruch wie transdisziplinären Horizont inspirierender Band, der trotz seines Publikationsortes Linguisten nicht entgehen sollte und der sich übrigens auch trefflich für den Seminargebrauch eignet, zumal für fächerübergreifend konzipierte Lehrveranstaltungen, die im semiotischen Focus des Materials und der Methoden seiner Analyse ihren gemeinsamen Gegenstand finden. Ernest W.B. Hess-Lüttich (Universität Bern) Zsuzsanna Iványi & András Kertész (eds.) 2001: Gesprächsforschung. Tendenzen und Perspektiven, (= Metalinguistica 10), Frankfurt/ Main / Berlin / Bern etc.: Lang, 260 S., ISBN 3-631-37627-8 In jüngerer Zeit gewinnt die ungarische Germanistik auch international wieder an Kontur, auf deren semiotisch, ästhetisch und linguistisch relevante Erträge an dieser Stelle gelegentlich aufmerksam gemacht werden soll, weil ihre Stimme in der Kakophonie der Buchmessen- Aktualitäten und Kongreßzirzensik leicht überhört zu werden droht, solange in westlicheren Breiten das Ungarische als Wissenschaftssprache noch weniger geläufig ist. Umso willkommener sind Germanisten Buchreihen in deutscher Sprache und Linguisten englisch und deutsch publizierte Arbeiten wie die z.B. aus Debrecen. Dort lehrt und forscht der rührige Germanist und Sprachphilosoph András Kertész, der die Reihe Metalinguistica herausgibt, die sich als wichtiges zweisprachiges Forum für Untersuchungen zu theoretischen, methodologischen und philosophischen Problemen der aktuellen linguistischen Forschung etabliert hat. Der zehnte Band dieser Reihe ist nun neueren Tendenzen und sich abzeichnenden Perspektiven der Gesprächsforschung gewidmet und damit einem der fruchtbarsten Felder linguistischer Pragmatik. Er versammelt (mit der Einleitung der beiden Herausgeber Zsuzsanna Iványi und András Kertész) rund ein Dutzend Beiträge von