eJournals Kodikas/Code 29/4

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2006
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Fanfic - Phantasie, Identität, Narzißmus

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2006
Hee-Kyung Park
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Fanfic Phantasie, Identität, Narzißmus Hee-Kyung Park 1. Fanfiction in Korea: Bestandaufnahme Bei der “Fanfiction”, kurz “Fanfic” 1 handelt es sich um ein Kulturphänomen, das bedingt durch die medientechnische Entwicklung längst eine globale Dimension errungen hat. Im wissenselitären Bereich bleibt jedoch das Wort Fanfic noch ein Fremdling. Fanfic bezeichnet in erster Linie die Geschichte, die Fans produzieren und rezipieren, wobei in der weiteren Wortverwendung häufig die Praktik von Produzieren und Rezipieren der Geschichte in die Bedeutung mit eingeschlossen ist. Die Storys der Fans setzen stets das Original als Vorlage voraus, wobei sowohl die medialen “Werke” wie Filme oder Fernsehserie als auch die “Personen” wie Filmstars, Musiker, Sportler als “Primärtext” dienen können. Die Fans knüpfen an den primären medialen Text an und schreiben ihn weiter oder in verschiedenen Ausrichtungen um, ohne dass sie sich mit dessen Reproduktion begnügen wollen. Sie nehmen, wie Rainer Winter behauptet, die Polysemie und Intertextualität der medialen Produkte als Ausgangspunkt für ihre eigene textuelle Produktivität. 2 Die Erfolgsgeschichte der Fanfic in Korea ist im Vergleich zur europäischen relativ kurz. Sie erlangte Mitte der 90er-Jahre große Popularität unter den Fangemeinschaften, als die Fans der damals sehr populären Boygroups <Sechs Kies> und <H.O.T> auf ihren Fan-Sites fiktive Storys über die Bandmitglieder zu schreiben begannen. Sie etablierte sich aber sehr bald zu einer der wichtigsten Praktiken der Fans, deren Wirkung über den Rahmen der Fanwelten weit hinausreicht. Auf den Websites, die in Korea von Anfang an die Rolle der Fanzins übernommen und zum schnellen Aufstieg der Fanfic maßgeblich beigetragen haben, ist eine sehr große Bandbreite an Fanfics zu verschiedenen Boygroups 3 anzutreffen. In einem Internetportal (www.daum.net) wurden zum Beispiel im August 2006 über 6000 Fanfic- Cafés registriert. (Vor vier Jahren waren es noch etwa 5000.) Eines der größten Fanfic-Cafés verfügt über mehr als 270.000 Mitglieder. Die Fans der Boygroups sind nach wie vor die produktivsten Fanfic-Schreiber genauso wie sie auch die fleißigsten Fanfic-Leser sind. Insbesondere erweisen sich die Mädchen und die jungen Frauen im Alter von etwa 12 bis 19 Jahren als die zentrale Gruppierung der Fanfic. Sie zeigen eine erstaunlich große Begeisterung für die Fanfics, indem sie an den medienwirksam produzierten Images ihrer bejubelten Stars anschließen und diese in ihren fiktiven Geschichten fort- und umschreiben. Klinger & Schmiedkt-Rindt behaupten in ihrem Aufsatz zum Fandom, dass die homoerotische Fanfic nicht nur bei den Produzenten der Fernsehserien und Filmen, sondern auch innerhalb der größeren Fan-Gemeinde auf Ablehnung stößt. 4 In Korea sieht der Sachverhalt anders aus: Die “homoerotische Star-Fanfic”, die die Bandmitglieder in einer fiktiven Liebesbeziehung K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 29 (2006) No. 4 Gunter Narr Verlag Tübingen Hee-Kyung Park 338 zueinander darstellt, ist sowohl zahlenmäßig als auch hinsichtlich der Resonanz die populärste, so dass die Bezeichnung Fanfic im üblichen Sprachgebrauch für die homoerotische Star-Fanfic verwendet. 5 Der Medienmarkt hat inzwischen auf die Fanfic in der Weise reagiert, als dass die Mitglieder der Boygroups in ihren Medienauftritten die unterschwellige Intimität inszenieren. Auch die (männliche) Homosexualität ist zu einem kulturfähigen Code geworden, so dass auch Werbung, Fernsehserien und Filme sie medienwirksam bzw. selbstreflektierend in Szene setzen. Dadurch, dass sie Fanfics schreiben, lesen und verbreiten, wirken die Mädchen und die jungen Frauen zur Zeit auf das Produktionssystem der populären Massenkultur aktiver und stärker ein, als man einräumen will. Der Durchbruch des neuen Männlichkeitsbildes in den letzten Jahren hat meinetwegen ebenfalls den Konnex mit der Fanfic. Die schönen, jungenhaften, zarten Männer, die zudem noch in allen irgendwie rührenden Momenten Tränen zu zeigen bereit sind, haben das Fernsehen sowie das Kino erobert und das Bild des von Männlichkeit strotzenden Machismos abgelöst. Allerdings blieb der Fanfic die angemessene Aufmerksamkeit wohl aus zwei Gründen versagt: Zum einen, weil sie fast ausschließlich von Frauen betrieben wird, und zum anderen, weil es sich dabei um Jugendliche handelt. (Wobei die Fanfic in Deutschland ebenfalls, wenn überhaupt, nur stiefmütterlich behandelt wird - so lese ich in den wenigen deutschen Studien.) Es wäre fehl am Platz, die textuelle Produktivität der Fans nach ästhetischen Maßstäben beurteilen zu wollen. Fanfic erhebt selten einen Anspruch auf literarischen Status. 6 Nichtsdestoweniger sehe ich in der Fanfic die der “Dichtung” konstitutive Struktur vor allem darin, dass sich beide in der hochgradigen Spannung zwischen Wahrnehmung der Realität und dem unbewussten Begehren verankern. Ich will an Freuds Auffassung über die Dichtung als eine Form der Phantasie anschließen und die Fanfic als das zum Text gewordene Phantasieren erfassen. 7 An der Schnittstelle beider Phantasien findet sich die “Wunscherfüllung”, wobei sie sich zwischen drei Zeitdimensionen von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft ereignet. Durch die gegenwärtige Begebenheit wird der Wunsch geweckt, der der in Vergessenheit verlorenen Erfahrung der Vergangenheit entstammt und der diese auf die Zukunft projiziert. 8 Mit dieser Auffassung rekurriere ich eigentlich auf die Vorstellung der Fans selbst, die die Fanfiction als reine Phantasie betrachten und genau um ihren unwirklichen Charakters wissen. Dies kommt am prägnantesten in der homosexuellen Star-Fanfic zutage. In ihr ist der Aneignungsprozess zu beobachten, den Rainer Winter anhand der Fankultur gefunden hat. 9 Die Fans eignen sich die Images der Stars an, sie ergänzen, verändern sie und kreieren sie neuartig. Die weiblichen Fans finden offenbar große Lust daran, aus den Mitgliedern ihrer angebeteten Boygroups Liebespaare zu bilden und ihre Liebesbeziehungen zu imaginieren. Die tatsächliche sexuelle Orientierung ihres Stars interessiert sie nicht. Ebensowenig macht es ihnen etwas aus, dass die Bandmitglieder ihre Fanfics nicht lesen. Sich ganz dessen bewusst, dass es sich bei ihrer “Fiction” im wahrsten Sinne des Wortes um Phantasie handelt, machen sie sich sozusagen nicht im Traum darüber Gedanken, ob die von ihnen fabrizierten Storys im wirklichen Leben tatsächlich wahr werden könnten. Umso mehr nehmen sie sich die Freiheit, im imaginären Raum der Fanfic die Erfüllung ihrer (Liebes-)Wünsche auszuphantasieren. Im Folgenden will ich der homosexuellen Star-Fanfic auf den Grund gehen. Dass die Mädchen mit großem Enthusiasmus der Phantasie der homosexuellen Liebe zwischen Männern nachgehen, scheint mir eine Erklärung zu fordern, zumal solch geartete Phantasien zumindest auf den ersten Blick mit der psychosexuellen Entwicklung des Mädchen in der Pubertät schwer in einen Zusammenhang gebracht werden können. Mein Interesse gilt deswegen zwei Fragestellungen, nämlich wie der Lustgewinn beim Schreiben und Lesen der Fanfic 339 Fanfic zu begründen ist und welche Bedeutung der Fanfic in Bezug auf die weibliche Pubertät zuzuschreiben ist, wobei ich mich der letzteren Fragestellung nur ansatzweise annähren kann. 2. Gong vs. Su. Der tragische Fall von Youcheon Park Angesichts der erstaunlich großen Bandbreite von Fanfics in Korea ist Vorsicht geboten, wenn man sich einen Überblick verschaffen will. Es ist aber schon überraschend, dass in den koreanischen Fanfics dieselben genretypischen Züge aufzufinden sind, die Klinger & Schmiedke-Rindt in der westeuropäischen bzw. englischsprachigen “slash fiction” finden. 10 Hier wie dort werden die Personen auf männliche Protagonisten beschränkt, wobei diese im Fall der koreanischen Fanfic ausnahmslos die Bandmitglieder selbst sind. Nicht einmal ihre Namen werden verändert. Frauen treten in der Regel gar nicht auf, oder wenn, dann lediglich in der Peripherie. Die gleichgeschlechtliche Liebe wird auch in der koreanischen Fanfic überwiegend durch sexuelle Handlungen artikuliert, wobei die Art und Weise der Darstellung einen der Yaoi 11 ähnlichen Charakter hat. Ich stimme Klinger & Schmiedke-Rindt zu, als dass aus der sexuellen Beziehung der Männer die Machtstrukturen von Gewalt, Herrschaft und Besitz ersichtlich werden, diese beim Duo der Protagonisten jedoch ihre Eindeutigkeit sowie fraglose Fixierung einbüßen. Dass die Liebesbeziehung an die Machtstruktur gebunden ist, kommt im Fall der koreanischen Fanfic in der Verteilung der Rollen in Gong und Su auf markanteste Weise zum Ausdruck. Gong und Su, diese zwei aus Yaoi stammenden Zeichen, bedeuten aufgrund ihrer etymologischen Bezüge “aggressiv” bzw. “Angriff”, respektive “passiv” bzw. “empfangen” und bezeichnen jeweils die männliche und die weibliche Rolle. Gong und Su bilden auf der manifesten Ebene des Narrativen zwei konträre Positionen, so dass die Figur in der Gong-Rolle ihr Liebesbegehren an der Su-Figur aktiv auslebt, während die Su-Figur meistens die passive Form der Liebe, nämlich begehrt zu werden, verkörpert. Als ein exemplarisches Beispiel ziehe ich eine Fanfic mit dem Titel “Der tragische Fall von Yucheon Park” heran. 12 (Im Folgenden wird der Titel abgekürzt als “Der tragische Fall”) Im narrativen Zentrum steht ein Liebespaar. Youcheon und Zunsoo heißen die Protagonisten, beide gleichaltrig und schön. Bild 1 Der Mann links ist Zunsu und der rechts Youcheon. Sie sind Mitglieder der Boyband namens Dongbangshinki. Das Photo wurde von den Fans montiert und inszeniert, dass sich die beiden ähnlich sehen und die amouröse Stimmung zwischen ihnen zum Ausdruck kommt. Hee-Kyung Park 340 Die Handlung lässt sich schnell erzählen: Youcheon, noch ein Schüler, trifft in der Schule auf Zunsoo. Die beiden kommen durch einige Ereignisse aneinander näher und Youcheon wird Zunsoos “Freundin”. 13 Zunsoos Adoptivbruder Zaezung jedoch liebt Youcheon ebenfalls und versucht die beiden auseinanderzubringen. Aber sie bleiben im festen Glauben an ihre Liebe einander treu. Auf dem Höhepunkt des Glücks erliegt Youcheon einer Krebserkrankung, unter der er lange gelitten hat. Aber die Liebe zwischen Youcheon und Zunsoo lebt über den Tod hinweg fort. Die Geschichte endet damit, dass Zunsoo in der Erinnerung an Youcheon allein lebt. Jenkins soll behauptet haben, dass das homosexuelle Liebespaar der Fanfic eine Alternative zur repressiven und hierarchischen männlichen Sexualität entwickelt. 14 Die Figurenkonstellation der koreanischen Fanfic scheint sich seiner These zu widersetzen. Youcheon und Zunsoo praktizieren in ihrem Liebesverhalten strikt entgegengesetzte Geschlechterrollen, die auf Klischeebilder von Männlichkeit und Weiblichkeit zugeschnitten sind. Youcheon zeigt seine Zärtlichkeit für Zunsoo in der Weise, dass er für diesen “kocht” und Zunsoo übernimmt die Rolle des Ernährers, der “arbeiten geht”. Die stereotype Rollenverteilung ist in der Liebesszene, die fast ausnahmslos sadomasochistisch dargestellt wird, ebenso nachzuvollziehen. Macht, Gewalt und Zwang sind häufig anzutreffende Aspekte in der Beschreibung sexueller Handlungen zwischen Gong und Su. Der erste körperliche Kontakt von Gong und Su wird regelrecht als ein Gewaltakt dargestellt, in dem Gong Su Gewalt antut. Auch bei dem gewaltfreien Liebesakt verbindet Youcheon im Tragischen Fall die sexuellen Handlungen mit Schmerz und Erleiden. Weil die Fanfic hierdurch weiter nichts als das selbst in der koreanischen Gesellschaft von der Realität längst überholte Mann-Frau-Beziehungsmodell zu restituieren scheint, drängt sich die Frage auf, warum und wozu denn sich die Mädchen für die Liebesgeschichte zwischen zwei Männern entscheiden? 3. Einige Erklärungsversuche Es muss wohl auch den weiblichen Fans selbst kurios vorgekommen sein, dass sie die homoerotische Liebesbeziehung zwischen Männern imaginieren und dabei Lust empfinden. 15 In einer häufig anzutreffenden Behauptung wird die ausschließliche Männerbeziehung auf Neidgefühle zurückgeführt. Die Mädchen dulden keine Frau an der Seite der von ihnen angehimmelten Stars, etwa nach dem Motto: Wenn ich schon nicht Dornröschen bin, darf keiner anderen Frau der Kuss des Prinzen erlaubt sein. In derartigen Argumentationen wird das Klischee, nach dem die Frau in ihrem tiefsten Wesen neidisch sei, virulent. Demzufolge befinden sich die Mädchen in einer destruktiven Konkurrenz untereinander, aus der keine als Gewinnerin hervorgehen kann. Aber die Neid-Behauptung stellt sich angesichts der Tatsache als verfehlt heraus, als dass die Mitglieder der Fanfic-Gemeinschaft eine emotionale Zusammengehörigkeit entwickeln und sie oft die Liebesbeziehungen zwischen Männern als Stoff aufgreifen, um über sie mit gleichaltrigen Mädchen eine enge Freundschaft zu pflegen. Viele Mädchen begründen die Vorliebe für homosexuelle Fanfic damit, dass sie die heterosexuelle Fanfic unrealistisch finden. Die Partnerin ihres Stars müsste ebenso perfekt sein wie dieser. Makellos schöne Frauen ohne jegliche Schwächen sind jedoch in der realen Welt nicht anzutreffen. Darum suchen sie in der heterosexuellen Fanfic vergebens eine Identifikation ermöglichende Figur. Dabei kommt die psychische Diskrepanz zum Ausdruck: Die Mädchen wollen sich in der ihrem Star ebenbürtigen “Braut” selbst widergespiegelt sehen, aber ihr Realitätssinn durchkreuzt die Artikulation dieses Wunsches. Das Szenario der Fanfic 341 Liebe zwischen Männern wäre dann eine Notlösung, wobei dessen unrealistischer Charakter dem der heterosexuellen Fanfic in keiner Weise nachsteht. So ist schließlich ein solcher Begründungsversuch nicht stichhaltig genug, obwohl er insofern ernst zu nehmen ist, als die weiblichen Fans ihr ideales Selbstbild in die Geschichte der Fanfic hineinprojizieren wollen. Dass es nicht um die männliche Homosexualität selbst geht, kommt in einer anderen Behauptung noch deutlicher zum Ausdruck. Viele Mädchen sehen das Motiv für ihre Beschäftigung mit Fanfic darin, dass sie die Stars dadurch näher zu sich in ihre eigene Lebenswelt ziehen, sich also diese gefühlsmäßig quasi zu Nachbarn machen. Beim Schreiben und Lesen schalten und walten sie im Leben der Stars ganz nach Lust und Laune. Durch diese Machterlebnisse empfinden sie die Stars als näher an ihrem eigenen Alltag. Diese Mädchen betonen mit Nachdruck, dass ihre brennende Neugier allein ihrem Idol gilt, während die Sexualität dagegen, gleichgültig ob homo- oder heterosexuell, sie nicht interessiert. Sie ziehen die homosexuelle Fanfic vor, weil darin mindestens zwei Bandmitglieder anzutreffen sind. Dieser Erklärungsversuch ist logischerweise in sich brüchig, da die Sexualität für die narrative Struktur der Geschichte konstitutive Bedeutung besitzt und die Fanfic für manche Fans oft als ein Substitut der Pornographie fungiert. Im Gegensatz dazu könnte man der Negation der Sexualität geradewegs die Neugierde auf sie entnehmen. Aber es kommt hierbei nicht darauf an. Worauf es ankommt, das ist die Unterscheidung zwischen dem libidinösen Begehren und dessen homosexueller Ausformung. Dass die Mädchen ihre Neugierde hinter einer ignorierenden Haltung verbergen, besagt noch lange nicht, dass sie sich für die homosexuellen Praktiken interessieren. Die feministisch geprägte Studie von Min-Jung Kim 16 hat auf den maskeradenhaften Charakter der Fanfic aufmerksam gemacht und ihn als Verhandlungsstrategie in Bezug auf das gesellschaftliche Tabu erklärt. Kim zufolge ist ein weiblicher Teenager gleich mit zwei Tabus konfrontiert, nämlich dass ihm, im gesellschaftlichen Handlungsraum als “Noch- Kind” positioniert, kein sexuelles Bewusstsein zugestanden wird und dass ihm als “weibliches Wesen” eine sexuell aktive Rolle verwehrt wird. Die Mädchen begehren gegen diese Tabus auf, indem sie mit expliziter Erotik kombinierte Liebesgeschichten schreiben, lesen und auch weit verbreiten. Allerdings haben sie laut Kim die kulturellen Verbote in dem Maß verinnerlicht, dass sie sich eindeutig sexuelle Handlungen einer Frauenfigur nicht vorstellen können. Sie unterliegen der Selbstzensur, so dass sie in einen inneren Konflikt geraten würden, brächen sie offenkundig das Tabu. Deshalb greifen sie Darstellungen männlicher Homoerotik auf, um das Verbot zu übertreten und dabei der Selbstzensur zu entgehen. Die oben genannten Erklärungsversuche vertreten verschiedene Ansichten, aber sie teilen einen Gesichtspunkt miteinander und auch ich stimme mit ihnen darin überein, dass die männliche Homosexualität an sich keinen eigentlichen Zweck der Fanfic bildet. 17 In der Tat zeigen sich die Fans begeistert über den Tragischen Fall, weil sie in der wahren, sogar über den Tod hinaus dauernden Liebe von Youcheon und Zunsoo das romantische Liebesideal verwirklicht sehen. Dass es sich dabei um eine Liebe zwischen “Männern” handelt, legt einen Hauch von Außergewöhnlichkeit über sie, ohne selbst “die” Quelle der Lusterfahrung zu sein. Damit tritt ein entscheidender Punkt ans Licht, dass es zwar nicht auf die männliche Homosexualität ankommt, aber es doch die zwei schönen Männer sein muss, um den Mädchen Lusterfahrung zu gewährleisten. Sie fungieren für die Mädchen als Identifikationsfiguren, ohne dass sich ihre Funktion auf die Maskerade erschöpft, die das transgressive Begehren der Mädchen verschleiert. Hee-Kyung Park 342 4. Die Bühne des Identitätswechsels Die oben genannte Studie von Kim und die ähnlich gelagerten Arbeiten behaupten, dass sich die Mädchen mit Gong, also der aktiv agierenden Männerfigur identifizieren, woraus sie dann ein subversives Moment der Fanfic ableiten. Dies scheint mir jedoch eine allzu voreilige, unzureichende Bewertung zu sein. Ich habe im Rahmen der Seminare mit StudentInnen zusammen Fanfics gelesen, wobei sich bald herausgestellt hat, dass sich die Studentinnen mindestens genauso häufig und je nach Fanfic überwiegend mit der weiblichen Figur Su identifizieren. 18 Aber man irrt sich, wenn man daraus eine entgegengesetzte Folgerung ziehen zu können glaubt, etwa dass die Fanfic die hierarchisch organisierte Genderordnung affirmativ wiederholt und gar reproduziert. Das Problem sehe ich eher darin, dass in der Fanfic zwar die zwei Positionen von Gong und Su mit ihren geschlechtsspezifischen Attributen wie aktiv/ passiv, sadistisch/ masochistisch existent sind, dass es aber ein offenes Spiel ist, wer welche Position einnimmt. Bemerkenswerterweise ist es in den Fanfics gang und gäbe, dass ein und dasselbe Bandmitglied von Fanfic zu Fanfic entweder als Gong oder als Su dargestellt wird. Auch die Autorin des Tragischen Falls läßt Youchon in ihren anderen Fanfics die männliche Rolle Gong zukommen, Zunsoo dagegen die weibliche Rolle Su. 19 Die weiblichen Fans gehen offenbar unbekümmert mit solchem Rollenaustausch bzw. Wechsel der geschlechtlichen Identität um. In ihren Liebesphantasien wird zwar am Bandmitglied die Geschlechtsverwandlung vollzogen, wobei sie jedoch nicht irreversibel ist, sondern jedesmal neu definiert wird. Nicht abwegig wäre es hiermit zu behaupten, dass das Wechselspiel der geschlechtlichen Identität in seinem Anliegen nicht zu Ende kommt. Jedenfalls bringt die Fanfic, die sich zwar strikt an das Klischee der geschlechtsspezifischen Rollenbilder hält, doch zugleich die Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit durcheinander. Die Lust an dem Verwirrspiel wird auch in der Zusammensetzung von “Schönheit” und “Männer” bezeugt, weil es sich bei Schönheit um eine Kategorie handelt, die in der kulturellen Tradition Koreas ausschließlich mit der Weiblichkeit verbunden wird. Darum liegt es an der Sache selbst, wenn meine Studentinnen, hierbei als repräsentativ für die Leserschaft verstanden, nicht zu erklären wissen, in welche Figur sie sich hineinversetzen und welche Figur sie als Liebesobjekt wahrnehmen. Die Lektüre einer Fanfic hält nämlich eine Leserin im Changieren zwischen den Positionen von Gong und Su. In diesem spielerisch gestalteten Verwirrspiel von Identifizierung und Begehren begründe ich die Faszination, die das Schreiben sowie das Lesen der Fanfic unter den weiblichen Fans auslösen. Es ist die psychoanalytische Theorie, die der Identifizierung eine konstitutive Bedeutung für die Herausbildung der Geschlechtsidentität beimißt. Dass Freud deren Theoretisierung die heterosexuelle Logik zugrunde gelegt hat, ist bekanntermaßen viel kritisiert worden, so wie es ebenfalls hinlänglich bekannt ist, dass die Identifizierung durchaus partiell geschieht und der Identifizierungsprozess nie vollständig ist, weshalb sie sich, um bei der Geschlechtsidentität eine Kohärenz zu gewinnen, in der ständigen Wiederholung befindet. Die heterosexuelle Logik stellt laut Bettina Fritzsche die Gegenüberstellung von gleichgeschlechtlicher Identifizierung und gegengeschlechtlichem Begehren als normatives Prinzip für die Entwicklung der stabilen Geschlechtsidentität und damit für die sexuelle Differenz auf. 20 Dabei ist nicht zu vergessen, dass Freud selbst in den analytischen Schriften verschiedentlich den Fingerzeig gegeben hat, dass die gegengeschlechtliche Identifizierung und das gleichgeschlechtliche Begehren zwar unterdrückt, verdrängt und verleugnet werden, aber nie vollkommen aus dem Weg zu schaffen sind. Die verkehrte Form von Identifizierung und Begehren trete etwa in der männlichen wie weiblichen Homosexualität auf oder melde sich Fanfic 343 im hysterischen Kompromiss von Begehren und Bestrafung. Von solchen symptomatischen Erscheinungen einmal abgesehen, kommt die dialektische Bewegung von gegengeschlechtlicher Identifizierung und gleichgeschlechtlichem Begehren in den Phantasien, sei es Tagträume, Träume oder Dichtung, zum Tragen. Laplanche und Pontalis haben die Phantasie als “imaginäres Szenarium” wiedergegeben, nämlich als eine Schaubühne, die das phantasierende Subjekt herrichtet und auf der es selbst Regie führt. 21 Das Subjekt kann in der Szene persönlich auftreten, es kann aus der Szene heraustreten und beobachten, es kann die Rollen vertauschen und zudem noch seine geschlechtliche Identität wechseln. Die Schlagphantasie der Frauen in der Schrift Ein Kind wird geschlagen 22 ist als ein Beispiel für den Wechsel der geschlechtlichen Identität des weiblichen Kindes zum männlichen zu lesen. Das Szenario der Schlagphantasie wird laut David N. Rodowick in die psychische Dynamik von der Äußerung und Verdrängung des Begehrens eingebettet. 23 Ich sehe dabei, dass die aggressive Lust des Sadismus wegen der Selbstzensur in die passive Lust des Masochismus umschlägt, damit die sadistische Lust in der masochistischen Verkleidung weiterhin aufrechtgehalten wird. Freud markiert den Sadismus als maskuline, den Masochismus als feminine Triebregung, wobei diese Triebregungen, topographisch gesehen, miteinander unvereinbar bestehen, aber in ihrer dialektischen psychodynamischen Bewegung einander durchdringen. Das weibliche Kind bewegt sich in der Schlagphantasie zwischen den Positionen von Zuschauer und Akteur, indem es bald als eine scheinbar unbeteiligte Beobachterin der Szene zusieht und es bald selbst in der Szene auftritt. 24 Freud schreibt aufgrund dieser spielerischen Verschiebung folgendes: Wenn sie (die Mädchen, Park) sich von der genital gemeinten inzestuösen Liebe zum Vater abwenden, brechen sie überhaupt leicht mit ihrer weiblichen Rolle, beleben ihren “Männlichkeitskomplex” und wollen von da an nur Buben sein. Daher sind auch ihre Prügelknaben, die sie vertreten, Buben. In beiden Fällen von Tagträumen - der eine erhob sich beinahe zum Niveau einer Dichtung - waren die Helden immer nur junge Männer, ja Frauen kamen in diesen Schöpfungen überhaupt nicht vor und fanden erst nach vielen Jahren in Nebenrollen Aufnahme. 25 Diese Passage liest sich im Hinblick auf die Fanfic hoch interessant. Eine besondere Bewandtnis hat die Geschlechtsverwandlung. Hier wie dort stehen “immer junge Männer” im narrativen Zentrum, während keine Frauen auftreten, wobei die innerpsychische Dynamik von Begehren und Identifikation der Frau den männlichen Akteuren aufgetragen wird. Ist es denn der “Männlichkeitskomplex”, der hier das weibliche Kind zur Schlagphantasie, die weiblichen Teenager dort zur Fanfiction bewegt? Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die gegengeschlechtliche Identifizierung des weiblichen Kindes mit dem Vater dem Wechsel seiner geschlechtlichen Identität vorangeht. Die oben angegebene Stelle legt, so wie die Auslegung Freuds auf der heterosexuellen Matrix basiert ist, nahe, dass die gegengeschlechtliche Objektbesetzung des weiblichen Kindes zurückgewiesen wird und es deswegen sozusagen notgedrungen durch die Identifikation mit dem Vater die Mangelerfahrung wieder gutmacht, welche ihrerseits wiederum aufgrund der heterosexuellen Matrix zum Scheitern vorprogrammiert ist. Jessica Benjamin aber hinterfragt die psychoanalytische Konstruktion der Dichotomie von Begehren und Identifizierung. Sie führt an, dass die Zuwendung des weiblichen Kindes zum Vater als “Identifizierungsliebe” zu verstehen ist, wobei es um die “homoerotische Einverleibung” 26 der Subjektposition des Vaters geht. Die präödipale Zuwendung des weiblichen Kleinkindes zum Vater setzt Benjamin zufolge nicht die Heterosexualität voraus, sondern sie wird durch den Wunsch nach dem Gleichsein Hee-Kyung Park 344 motiviert und diese Art von homoerotischer Identifizierung löst erotische Lust aus. 27 Der Vater weist sich insofern auf einer doppelten Weise als das Objekt aus, nämlich als Objekt der Liebe und der Identifikation zugleich, wobei das Begehren und die Identifikation ununterscheidbar von einander durchdrungen werden. Ich stimme Benjamin in dem Punkt zu, dass der Wunsch des weiblichen Kindes nach der Identifikation mit dem Vater nicht von vornherein in das heterosexuelle Begehren eingebettet ist. Weiter lege ich den Männlichkeitskomplex in diesem Zusammenhang als einen Moment des Retardierens aus, in dem sich das phantasierende Kind nicht ins Schema der Zweigeschlechtlichkeit einpassen will. Andersherum gesagt: Dem Männlichkeitskomplex ist der Wunsch inhärent, sowohl männlich als auch weiblich zu sein. Freud selbst gibt Anlaß zu dieser Auslegung. So identifiziert sich das weibliche Kind in der dritten Phase der Phantasie mit dem Knaben, ohne dass es die weibliche Position verläßt. Es wohnt als Beobachterin der Szene bei und wird zugleich als männliches Kind in der Szene beteiligt, wobei die weibliche Position des Beobachtens durch die als männlich zu bezeichnende Schaulust konstituiert wird, und das geschlagene männliche Kind hingegen die feminine Einstellung einnimmt. Die chiastische Beziehung von sadistisch aggressiver Weiblichkeit und masochistisch passiver Männlichkeit löst die geschlechtliche Identität von der biologistischen Zwangsjacke und verbindet sie mit der Wunschstruktur. Letztendlich stellt sich die Schlagphantasie als eine Dichtung heraus, in der sich der unbewußte Wunsch der Frau per Verdichtung und Verschiebung artikuliert. Die Verdichtung und die Verschiebung, laut Freud zwei relevante Leistungen der Traumarbeit, verrichten in der Schlagphantasie der Frau ebenfalls ihre Arbeit, wenn sie die zwei Positionen des Schauens und Handelns besetzt (Verdichtung) und sie anstatt der sadistischen Lust des Begehrens die masochistische Lust des Begehrt-Werden zur Schau stellt (Verschiebung). Die strukturelle Affinität der Fanfic mit der Schlagphantasie angenommen, fällt es auf, dass die Fanfic bei dem Wechsel der geschlechtlichen Identität eine umgekehrte Richtung nimmt. In ihr wird ein männlicher Protagonist scheinbar zu einer Frau gemacht. Es ist vor allem das Gesicht der weiblichen Figur Su, an dem die Geschlechtsverwandlung manifest zum Ausdruck gebracht wird. Dabei bleibt die Darstellung in einer durchaus plakativen Wiederholung des in den Märchen häufig vorzufindenden Musters und Sus Schönheit dementsprechend ein Klischee. Youcheons Schönheit wird im Tragischen Fall im Modus des Schneewittchens beschrieben, wenn es heißt, dass seine Haut so weiß wie Schnee, sein Mund rot ist und sein schwarzes Haar schimmert. Trotzdem leistet solche Beschreibung eine wichtige Funktion, um zwischen Gong und Su die Geschlechtsunterschiede zu markieren. Denn: Was die körperliche Konstitution betrifft, zeigt der schlanke, drahtige Körper von Su keinen Unterschied von Gongs Körper. Zudem noch versteht Su sich selten und, selbst wenn es der Fall wäre, nicht vollständig als Frau. Der tragische Fall als Beispiel: Der begehrende Blick der Männer bringt Youcheon in die Position der Frau. Aber Youcheon versteht sich nicht als Frau. Seine Verhaltensweise wird sowohl mit dem Schlagabtausch als auch mit dem derben Mundwerk als männlich etikettiert. Deswegen trägt Youcheons Körper einen Riss zwischen Außen und Innen. An ihm überkreuzen sich die sexuellen Begehren von Zunsoo und Zaezung in der Weise, dass sie auf Youcheons Körper den imaginären weiblichen Körper projizieren. Youcheon nimmt zwar im Namen der Liebe diese Projektion hin, ohne mit der Verweiblichung des Körpers einverstanden zu sein. Er muss sich überhaupt zunächst überwinden, damit er sich in die gleichgeschlechtliche Beziehung einläßt. Demnach wirkt Youcheons Körper wie ein deplaziertes Zeichen, das auf uneigentliche Weise auf den Liebeswunsch verweist. Der Körper, da er im Kontrast zum “schönen” Gesicht mit keinen Fanfic 345 Bild 2 Bild 3 weiblichen Merkmalen ausgestattet wird, steht in einer merkwürdigen Dissonanz zum verweiblichten Gesicht, als wäre er eine von verschiedenen Aspekten der beiden Geschlechter zusammengesetzte Montage. Der Körper von Su, der mit Gongs Körper zum Verwechseln identisch ist, vereitelt die auf dem Gesicht erkennbare Verwandlung der geschlechtlichen Identität. Dies bedeutet zugleich, dass Gongs Körper, der ebenfalls schlank und drahtig ist, die scheinbar ausgeprägte Männlichkeit destabilisiert. Demzufolge wird die Eindeutigkeit, die auf der narrativen Ebene der Geschichte ausgetragen wird, auf der figuralen Darstellung dezentralisiert. Die Fanart, die von den Leserinnen der Fanfic angefertigt wird, bringt diese Dynamik von Distinktion und Gleichmachung auf den Punkt. Beim Bild 2 handelt es sich um eine Zeichnung, die die Lektüreerfahrung des Tragischen Falls voraussetzt. Sie zeigt Youcheon und Zunsoo, wobei die verschiedenen Nuancen der Haar- und der Augenfarbe auf die Andersheit beider verweisen soll. Aber die gleiche Gesichtswie Körpergestaltung konterkariert die Differenzierung. Schließlich wird die die Figuren distinguierende Informationsfunktion allein durch die Schriftzeichen “Yee” (Youcheon) und “Su”(Zunsoo) geleistet. Im Bild 3 handelt es sich um eine photographische Montage, bei der die Photos von Youcheon und Zunsoo in der Weise bearbeitet wurden, dass die beiden in ein und derselben Stellung in die Kamera schauen. 28 Im Bild 3 ist die dem Bild 2 entgegengesetzte Tendenz zu beobachten. Bild 3 setzt das Vorwissen des Zuschauers voraus, dass der Mann links Zunsoo, der Mann rechts Youcheon ist. Deshalb zeigt es die Tendenz, die Individualität beider zu tilgen und sie möglichst gleich zu machen. Wenn man das Bild 3 zu Sehen bekommt, ohne Den tragischen Fall gelesen zu haben, wird man wahrscheinlich nicht erraten können, wem die Frauen- und wem die Männerrolle zukommt. Vielmehr wird die körperliche Haltung auf dem Bild 3 so in die Disposition gestellt, dass die beiden Figuren beliebig männliche oder weibliche Rollen spielen. Aus den beiden Bildern ist ein der Fanart eigenes Merkmal zu erschließen, das die Differenzierung und deren Verneinung in einer Zirkularität bestehen lässt. Der Körper von Su bezeugt die Verwandlung und verleugnet sie. Er ist ein Paradoxon. Die Figur Su als ‘eine Frau mit Penis’ zu bezeichnen wäre genau so unsinnig wie die Definition ‘ein kastrierter Mann’ irrig ist. Sie macht es unmöglich, sie im Bezeichnungssystem der Zweigeschlechtlichkeit einem Geschlecht zuzuordnen, wodurch sie sich dem Zugriff der Hee-Kyung Park 346 Macht der Ordnung entzieht. Dies veranlasst einen zur Überlegung, dass die Fanfic durch den Wechsel der geschlechtlichen Identität nicht auf den Vollzug der Geschlechtsverwandlung abzielt, sondern dass sie dazu tendiert, die Eindeutigkeit der Geschlechtsidentität zu zerfasern. Sowohl bei Su als auch bei Gong kommen die geschlechtsspezifischen Merkmale, die man als typisch weiblich oder typisch männlich einordnen kann, nicht zur Geltung. Man kann auch sagen: Den Figuren Su und Gong fallen die männliche und weibliche Identität zu, so dass sie sich der Zuschreibung eindeutiger und stabiler Geschlechtsidentitäten sperren. Im Tragischen Fall unterläuft Youcheons Körper sogar im Lauf der Handlung die Sexualisierung, indem er immer mehr abmagert und schließlich jede geschlechtlichen Merkmale verliert. Mit vielen semantischen Bezügen überlagert, bleibt der Körper von Su doch als ein leerer Raum für die neue Konstruktion und Phantasie. 5. Die Wiederkehr des narzisstischen Ichs Zum Schluss will ich mir über die Bedeutung der Fanfic für die psychosexuelle Entwicklung der Mädchen Gedanken machen. Der Enthusiasmus, den die Mädchen in der Pubertätszeit für Boygroups und ihre Fanfics zeigen, hält selten über diesen Entwicklungsstand hinaus an. 29 Ihre Begeisterung für die Fanfic hat offenbar mit der Suche nach einer Orientierung sowie nach einer Ich-Identität zu tun, welche im Allgemeinen als Hauptproblem der Jugendlichen in der Pubertät angesehen wird. 30 Insbesondere hat die weibliche Pubertät bezüglich der psychosexuellen Entwicklung eine Bedeutung, als dass der Kastrationskomplex reaktiviert wird und das Mädchen erneut die narzisstische Kränkung erlebt. “Die Pubertät” - so schreibt Freud in Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie über den psychischen Mechanismus dieser Phase - “kennzeichnet sich für das Mädchen durch eine neuerliche Verdrängungswelle, von der gerade die Klitorissexualität betroffen wird. Es ist ein Stück männlichen Sexuallebens, was dabei der Verdrängung verfällt.” 31 Das Resultat der Beschneidung auf diese Art ist der Verzicht auf das sexuelle Begehren. Lilli Gast rekapituliert diesen Verlauf unter dem Gesichtspunkt der Libidoökonomie, dass der Umschlag von der aktiven in die passive Libidoorganisation “eine Stillegung libidinöser Aktivität” 32 zur Folge hat. Andererseits will Freud in Zur Einführung des Narzissmus “die Steigerung des ursprünglichen Narzissmus” 33 als ein der weiblichen Pubertät eigenes Phänomen sehen, woraus er eine “Selbstgenügsamkeit” der Frau folgert. Bemerkenswerterweise verbindet er das Wort “Selbstgenügsamkeit” in demselben Atemzug mit “Unzugänglichkeit”, um es paar Zeilen später als “unangreifbare Libidoposition” zu deklarieren. Das der narzisstischen Kränkung erlegene, defizitäre Wesen Frau erscheint diesmal als ein durchaus beneidenswertes Wesen, das mit der “unangreifbaren” Ichlibido ausgestattet ist. Hiermit scheint sich eine Kluft zwischen der “narzisstischen” Frau auf diese Art und der “normalen” Frau als defizitäres Wesen aufzutun. Ich stimme Lilli Gast zu, wenn sie aus der Theorie des weiblichen Narzissmus die “schier unüberwindliche Spaltung von Libido und Narzissmus” 34 erschließt. Das Mädchen muss ihr zufolge in seiner schmerzlichen Wendung zur Weiblichkeit auf sein sexuelles Begehren verzichten, damit sie sich narzisstisch restituieren kann. Auch die Objektwahl des Mädchens steht unter dem Zeichen der narzisstischen Kränkung und des damit verbundenen Verlustes der aktiven Libidoposition. Es besetzt die begehrende Triebaktivität des (männlichen) Objekts, um ihr verarmtes Ich libidinös anzureichern und das Selbstwertgefühl herzustellen. 35 Die narzisstische Objektwahl der Frau, die sich auf die auf das Liebesobjekt gerichtete Libido (des Mannes) bezieht, trifft sich m.E. mit der identifikatorischen Liebe, die Jessica Benjamin Fanfic 347 anhand der ödipalen Wendung des weiblichen Kleinkindes zum Vater hervorgekehrt hat. Die Liebesbeziehung hat für die Frau strukturell den Charakter der Identifizierung, nämlich nach dem Bild des Selbst das Objekt zu wählen und sich über die Beziehung zu ihm mit sich selbst zu identifizieren. Die Frage ist dabei, ob diese Identifizierungsliebe als das Produkt des ödipalen Komplexes zu verstehen ist oder ob sie einer ursprünglicheren Quelle jenseits der narzisstischen Wunde entstammt. Freuds legt dem weiblichen Narzissmus offensichtlich das psychische Drama des Kastrationskomplexes als das einschneidende Moment zugrunde, währenddessen seine Ausführungen einen Denkraum eröffnen, dass die Frau jenseits der ödipalen Konstruktion einen spezifisch weiblichen Bezugspunkt auf den Narzissmus entfalten kann. Insofern verweist die Kluft zwischen der narzisstischen und der defizitären Weiblichkeit auf die Leerstelle, die die Konstruktion der Weiblichkeit wohl notwendigerweise mit sich bringt. Und die Mädchen schreiben ihre Liebesphantasie in diese Leerstelle ein. Die Fanfic erfasse ich nun als einen Phantasieraum, in dem die Mädchen das Diktum der Beschneidung von einem “Stück männlichen Sexuallebens” rückgängig machen. Das bedeutet nicht, dass sie eine Pseudomännlichkeit entwickeln, vielmehr wollen sie sowohl die aktive Libidoposition der Männlichkeit als auch die passive Position der Weiblichkeit gleichzeitig besetzen. Sie wohnen der sodomasochistisch gearteten Liebesszene von zwei Männern bei, wobei sie bald mit dem Gong und bald mit der Su identifizieren. Eine sadistische Schaulust und zugleich eine passive Lust. Was in der Realität insofern unvereinbar ist, als die beiden Positionen die Existenzweise von Mann und Frau bestimmen, wird in den Liebesphantasien der Mädchen möglich. Sie wollen im Grunde genommen auf nichts verzichten. Die Ausgestaltung der Liebesbeziehung zwischen Su und Gong scheint mir hierbei auf den Wunsch zurückzugehen, das ideale Ich, das die Grundstruktur des Ichs konstituiert hat, wiederherzustellen. Diesem Idealich gilt nun die Selbstliebe, welche in der Kindheit das wirkliche Ich genoß. Der Narzißmus erscheint auf dieses neue ideale Ich verschoben, welches sich wie das infantile im Besitz aller wertvollen Vollkommenheiten befindet. Der Mensch hat sich hier, wie jedesmal auf dem Gebiete der Libido, unfähig erwiesen, auf die einmal genossene Befriedigung zu verzichten. Er will die narzißtische Vollkommenheit seiner Kindheit nicht entbehren, und wenn er diese nicht festhalten konnte, durch die Mahnungen während seiner Entwicklungszeit gestört und in seinem Urteil geweckt, sucht er sie in der neuen Form des Ich-Ideals wieder zu gewinnen. Was er als sein Ideal vor sich hin projiziert, ist der Ersatz für den verlorenen Narzißmus seiner Kindheit, in der er sein eigenes Ideal war. 36 Der primäre Narzissmus ist der psychischen Struktur des Ichs inhärent, insofern kann der Mensch aus ihm nicht entkommen. Dies bedeutet unter dem Gesichtspunkt der psychischen Dynamik die menschliche Bestrebung, den primär narzisstischen Zustand vom “Besitz aller wertvollen Vollkommenheiten” wieder zugewinnen. Das ideale Ich ist dabei - wie Heinz Henseler sagt - nicht nur der Abkömmling des narzisstisch besetzten infantilen Selbst, sondern es ist auch “der Träger unseres berechtigten Stolzes auf Ideale und Ziele, die wir erfüllt haben.” 37 Da das ideale Ich untergehen muss, wobei das Ich es zur Aufrechterhaltung des Selbstgefühls nötig hat, richtet das Ich in sich das Ideal auf, das laut Freud “Ersatz” des narzisstischen Ichs ist. Ich will dieses Ich-Ideal als das verschobene Spiegelbild des narzisstisch besetzten Ichs begreifen, weil es sich zum einen weder auf sich selbst bezieht noch auf das Ich, das ist, sondern auf das Ich, das einmal war. Das Bild des Ich-Ideals zeigt dem Ich das durch die Abwesenheit allein erkennbare ideale Ich wider, das sich deshalb in keiner anderen als der Leerstelle zwischen narzisstischer und defizitärer Weiblichkeit nachzuspüren ist. Hee-Kyung Park 348 Die Begeisterung der weiblichen Fans für ihre zwei schöne Männer läßt sich wohl in dem Zusammenhang vom idealen Ich und Ich-Ideal verstehen. Die Phantasien, die im Foucaultschen Sinne in der Maschinerie der Fanfic entstehen, lösen die wahnhafte Identifizierung der Mädchen mit ihrem idealen Ich aus. Wahnhaft ist sie, weil das Spiegelbild des idealen Ichs nichts anderes als das Liebespaar Gong/ Su ist, das die Abwesenheit des idealen Ichs widerspiegelt. Dass Gong und Su sich ähneln, ist kein Zufall. Sie zusammengenommen machen erst die Vollständigkeit der Gestalt aus. Dass sich dieses Bild in dem männlichen Körper widerspiegelt, halte ich für symptomatisch für eine von einer asymmetrischen Genderordnung geprägten Gesellschaft. In einer Gesellschaft, die der Phallus als das Zeichen für die Abwesenheit fungiert, wird die Unversehrtheit des Körpers durch den männlichen repräsentiert. Der Lustgewinn bei der Produktion wie der Rezeption der Fanfic besteht darin, dass die weiblichen Teenager in der Phantasie sowohl männlich als auch weiblich bleiben und auf diese Weise ihr ideales Ich wieder erleben können. Es handelt sich schließlich bei der Fanfic um eine besondere Art des Spiels. Mit Hilfe dieses Spiels entziehen sich die weiblichen Teenager phantasiereich und lustvoll dem Zwang zu einer der beiden Geschlechtsidentitäten. Aber es ist auch ein gefährliches Spiel, da die Erfahrung des Selbstgefühls lediglich aufgrund einer wahnhaften Identifizierung mit dem Spiegelbild gelingt. Literatur (Die Angabe der Literatur wird auf die deutschsprachige Forschung beschränkt.) 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Winter, Rainer: Medien und Fans, in: Kursbuch Jugendkultur. Stile, Szenen und Identitäten vor der Jahrtausendwende, Mannheim 1997, S. 40-53. Anmerkungen 1 Was die Schreibweise betrifft, existiert m.W. zur Zeit keine normierte Schreibweise. Im deutschen Internet finden sich die englischen Worte “Fandom” und “Fanfic” neben der eingedeutschten Schreibart wie “Fantum” und “Fanfik”. Da die englische Schreibweise dabei bevorzugt zu werden scheint, verwende ich im folgenden die Schreibweisen “Fandom” und “Fanfic”. 2 Rainer Winter; Medien und Fans, in: Kursbuch Jugendkultur, 1997, S. 40-53. 3 Diese sind, um einige Namen zu nennen, Sechs-Kies, H.O.T., G.O.D., Shinhwa, Dongbangshinki, SS501, Super Junior. 4 Judith Klinger & Carina Schmiedke-Rindt; Fantome einer fremden Welt, in: Hartmann, Hans A. u.a. (hg.); Freizeit in der Erlebnisgesellschaft, 1996, S. 147-165. 5 Ich werde das Wort Fanfic im folgenden, wenn nicht anders angemerkt, durchgehend im Sinne homosexueller Star-Fanfic verwenden. 6 Bei der Fanfic sind die drei Faktoren, nämlich der Produzierende, der Text und der Rezipierende, im Gegensatz zum traditionellen Verständnis voneinander nicht scharf getrennt. Die Fanfics werden ausnahmslos unter IDs (Identification Numbers) geschrieben, was die Authentizität der Autorschaft aus dem Spiel lässt. Die LeserInnen interessieren sich in der Regel nicht dafür, hinter der Maske des Pseudonyms die wahre Identität der AutorIn aufzudecken. Außerdem hat jedes Mitglied der Fangemeinde das Recht, selbst Fanfic zu schreiben, was die Grenze zwischen AutorIn und LeserIn aufhebt. Bei der Produktion einer längeren Fanfic, die wie ein Fortsetzungsroman als Serie auf der Fan-Site erscheint und deren Fertigstellung einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, wird mit der aktiven Mitarbeit der Rezipienten gerechnet. Jeder Leser kann in den Produktionsprozess der Fanfic eingreifen, indem er zu einer Geschichte spontan seine Meinung äußert, dem Autor Vorschläge macht oder Fragen stellt, etc. 7 Hierzu, Sigmund Freud; Der Dichter und das Phantasieren, in: Ders., GW 7., S. 213-223. 8 Hierzu siehe Sigmund Freud; a.a.O., S. 216-217. 9 Rainer Winter; Medien und Fans, in: Kursbuch Jugendkultur, 1997, S. 40-53. 10 Judith Klinger & Carina Schmiedke-Rindt; a.a.O., S. 162. “Slash” ist eine Art der Fanfic-Texte, die die homosexuelle Beziehung zwischen den Männern mehr oder weniger pornographisch darstellen. Da ein Vergleich zwischen der homosexuellen Star-Fanfic und der Slash eine eigenständige Arbeit verdient, verzichte ich auf die eingehendere Betrachtung über die Parallelität zwischen beiden. 11 Yaoi ist in Korea als eine in Japan entstandene Manga bekannt, die homosexuelle Beziehungen zwischen männlichen Protagonisten zum Thema hat. Ähnlich wie in Japan wird die Yaoi in Korea meistens von den jungen Frauen rezipiert. Sie unterscheiden die Yaoi je nach der Darstellungsweise der Sexualität zwischen “hard” und “soft”, wobei diese Bezeichunung aus der Pornographie entlehnt worden sind. 12 Diese Fanfic wurde von einer Autorin im Februar und März 2005 in einem Fanfic-Café zur Boygroup <Dongbangshinki> in Form einer Serie geschrieben. Die reale Identität der Autorin bleibt unbekannt. Sie schreibt die Fanfics unter der ID “manish” und hat sich inzwischen in den Fangemeinden einen Namen gemacht. Seit Dezember 2005 betreibt sie eine eigene Website (http: / / manish.lil.to/ ) und schreibt zur Zeit weiterhin Fanfics. Die Resonanz auf den Tragischen Fall war sehr groß; manche Teile der Geschichte hatten damals schon mehr als 10.000 Besucher. Sie wurde unter den Fans schließlich so populär, dass sie später als Buch herausgegeben und im Kreise der Fans vertrieben wurde. 13 An dieser Stelle war ich selber verwirrt und unschlüssig, ob ich Youcheon als “Freund” oder “Freundin” betiteln solle. Youcheon ist ein Mitglied der Boygroup, an dessen “männlicher” Identität es nichts zu zweifeln gibt. Ihn aber im Zusammenhang der Fanfic als Zunsoos “Freund” zu bezeichnen, wäre falsch anhand der Tatsache, dass Youcheon in der weiblichen Rolle auftritt. Es scheint mir dem Inhalt der Fanfic angemessen, Youcheon Hee-Kyung Park 350 “Freundin” zu nennen. Da meldet sich aber das Unbehagen, weil Youcheon sich nicht als weiblich wahrnimmt. Meine diesbezügliche Ausführung erfolgt im 4. Kap. 14 Rainer Winter; a.a.O., S. 49. 15 Unabhängig von der mangelhaften Forschungssituation kursieren im Internet Vermutungen und Behauptungen über die Gründe für das Vergnügen der Mädchen an der Fanfic. Ich habe Zeitungsartikel, Weblogs, TV- Sendungen als Quellen benutzt und meine Studentinnen befragt. Da die Recherche im Internet nicht exakt der wissenschaftlichen Methode entspricht, erhebt die folgende Ausführung über die Erklärungsmodelle keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 16 Min-Jung Kim; A Study on Fanfic as a Women’s Cyber Subculture, Ewha Womans University/ Seoul, 2003 (Magisterarbeit, auf Koreanisch). 17 Anzumerken ist hierbei, dass reale schwule Männer für die Fanfic nichts als abwertende Kritik übrig haben. Zum einen habe die in der Fanfic dargestellte Männerbeziehung mit Homosexualität nichts zu tun und zum anderen verbreite sie falsche Information über diese. 18 Bei den oben genannten Seminaren handelte es sich um zwei Seminare, die ich im ersten Halbjahr 2006 an zwei verschiedenen Universitäten veranstaltet hatte. Ein Seminar wurde von männlichen und weiblichen Studenten besucht, ein anderes wurde ausschließlich von weiblichen Studenten belegt. Wir haben uns jeweils in zwei Sitzungen mit Fanfics beschäftigt. Für je ein Seminar wurden circa zehn unterschiedliche Fanfics besprochen, wobei sich die Seminarteilnehmer die Texte selbst ausgesucht haben. 19 Diese Autorin stellt in ihrer anderen Fanfic mit dem Titel Happy together Youcheon und Zunsoo wiederum als ein Liebespaar dar, wobei sie dort die männliche Rolle Youcheon und die weibliche Rolle Zunsoo zuschreibt. 20 Bettina Fritzsche; Pop-Fans, 2003, S. 65. 21 J. Laplanche und J.-B.Pontalis; Vokabular der Psychoanalyse, 1972, S. 388-394. 22 Sigmund Freud, Ein Kind wird geschlagen, in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 12, Ffm 1999, S. 197-226. 23 David N. Rodowick; Die Differenz der Lektüre, in: August Ruhs u.a.(Hg.), Das unbewußte Sehen. Texte zu Psychoanalyse, Film, Kino, S. 136. 24 Die Schlagphantasie des weiblichen Kindes hat drei Szenen. 1. Szene: ein Kind wird geschlagen, 2. Szene: Ich werde vom Vater geschlagen, 3. Szene: Unbestimmte Kinder werden von unbestimmten Erwachsenen geschlagen. 25 Sigmund Freud; a.a.O., S. 211. 26 Jessica Benjamin, Phantasie und Geschlechter, 1996, S. 99. 27 Hierzu, Jessica Benjamin; a.a.O., insbesondere S. 87-114. 28 Das chinesische Zeichen in der Mitte des Photos bedeutet “Liebe”, wobei es selbst aus “Frau” und “Mann” besteht. Die Zeile darunter ist Koreanisch, sie heißt auf deutsch etwa “Unsere Liebe ist anders”. 29 Laut Weyrauch wird in Deutschland das Alter zwischen 12 und 17 als Pubertät bezeichnet. Hierzu siehe Jan Weyrauch, Boygroups. Das Teenie-FANomen der 90er, 1997, S. 84. 30 Jan Weyrauch; a.a.O., S. 84f. 31 Sigmund Freud; Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, In: Ders.: GW. 5, 1999, S. 122. 32 Lilli Gast; Libido und Narzissmus, 1992, S. 146. 33 Sigmund Freud; Zur Einführung des Narzissmus. In: Ders.: GW. 10, 1999, S. 155. 34 Lilli Gast; a.a.O., S. 149. 35 Ebd. 36 Sigmund Freud; a.a.O., S. 161. 37 Heinz Henseler; Narzissmus als Beziehungsform, in: Über Freuds “Zur Einführung des Narzißmus”, 2000, S. 263.