eJournals Kodikas/Code 33/1-2

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2010
331-2

Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder?

61
2010
Claus Schlaberg
kod331-20101
Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? Claus Schlaberg Goodman unterstellt eine Gemeinsamkeit zwischen sprachlichem Bedeuten und einem ‘Repräsentieren’ durch Bilder, ohne diese Annahme selbst zu begründen: “Wenn wir die Beziehung zwischen einem Bild und dem, was es repräsentiert, auf diese Weise der Beziehung zwischen einem Prädikat und dem, worauf dieses zutrifft, annähern, dann müssen wir die Charakteristika der Repräsentation als einer speziellen Art der Denotation untersuchen” (Goodman 1997: 17). Wenn - aber warum sollten wir? Zugegeben: Es liegt nahe, dass sowohl Bilder als auch sprachliche Ausdrücke zeichenhaft sind. Das heißt aber nicht, dass Bilder auf das, wovon sie jeweils Bild sind, in der Weise zutreffen, wie Prädikate auf etwas zutreffen. Um zu klären, inwiefern Bilder zeichenhaft sind zum einen und worin sie sich von sprachlichen Ausdrücken als Zeichen unterscheiden zum anderen, wird nun eine Zeichenkonzeption eingeführt, die Folgendes beansprucht: Sie definiert nicht Zeichen, weil dafür, ein Zeichen zu sein, notwendige und hinreichende Bedingungen schwer anzugeben sind. Vielmehr finden sich Eigenschaften, die dafür, ein Zeichen zu sein, relevant sind und zueinander in ‘Familienähnlichkeiten’ stehen (vgl. Wittgenstein 1967: 48 ff). Diese zeichenrelevanten Eigenschaften werden hier halbformal definiert (genauer sind sie in Schlaberg 2010 nachzulesen). Die Definitionen gehen auf eine Idee Posners (Posner 1993 und 1994) zurück. Daran anknüpfend, werden bildrelevante Eigenschaften definiert, und zwar aufbauend auf denselben Grundbegriffen wie die Definitionen zeichenrelevanter Eigenschaften und einem zusätzlichen Begriff (“sehen in”). Die Grundbegriffe: für “Bild”: für “Zeichen”: “wahrnehmen” “bewirken” “beabsichtigen” “glauben” (“Teil von”) “sehen in” Abschließend soll deutlich werden, weshalb Bilder nicht etwas denotieren so, wie sprachliche Ausdrücke etwas denotieren - wenn auch beide zeichenhaft sind. K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 33 (2010) No. 1 - 2 Gunter Narr Verlag Tübingen Claus Schlaberg 102 Zeichen Empfängerzeichen ist etwas (x 2 ), dessen Wahrnehmung durch einen Empfänger (x 1 ) bei diesem Empfänger eine Reaktion - nämlich: dass der Empfänger eine Eigenschaft (X 3 ) hat - bewirkt. (Dieser Kausalprozess findet innerhalb des Empfängers statt, d.h. er ist Teil des Empfängers selbst - davon wird in den Definitionen im Folgenden abgesehen.) Empfängerzeichen(x 2 , x 1 , X 3 ) df [Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [X 3 (x 1 )] (Wenn etwas eine Eigenschaft oder eine Proposition bezeichnet, steht es in eckigen Klammern. Bewirken wird als zweistellige Beziehung zwischen Propositionen aufgefasst. Infinitivgruppen wie glauben, dass p bezeichnen im Unterschied zu Sätzen wie x glaubt, dass p Eigenschaften. Variablen x 1 , x 2 , … stehen für reale oder fiktive Individuen, Variablen X 1 , X 2 , … stehen für Eigenschaften. Genauer in: Schlaberg 2010.) Gegenstände (x 2 ), die diese Bedingung erfüllen, werden gemeinhin als Zeichen akzeptiert. Ein Beispiel: Bewirkt seine Wahrnehmung meines Pfeifens, dass der Hund Rex zu mir läuft, sagen wir: Mein Pfeifen ist für Rex ein Zeichen. Ein spezieller Fall des Empfängerzeichens ist das Anzeichen: Anzeichen(x 2 , x 1 , p 1 ) df [Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass p 1 ] Der Zusammenhang zwischen den Begriffen “Empfängerzeichen” und “Anzeichen” ist folgender: Anzeichen(x 2 , x 1 , p 1 ) L Empfängerzeichen(x 2 , x 1, ,[Glauben, dass p 1 ]) Das macht einen Teil der Familienähnlichkeit zwischen Zeichenbegriffen aus. Allerdings akzeptieren wir einen Gegenstand als Zeichen auch dann, wenn es gar nicht der Fall ist, dass seine Wahrnehmung jemanden in bestimmter Weise reagieren lässt. Beispielsweise nennen wir einen Donner ein Anzeichen für ein Gewitter, nicht weil seine Wahrnehmung bei jemandem bewirkt, dass er glaubt, es gewittere, sondern weil er dafür geeignet ist, dass seine Wahrnehmung bewirkt, dass man annimmt, dass es gewittert. Es ist die Disposition dafür, ein Empfängerzeichen zu sein, derentwegen wir manches ein Zeichen nennen. Sie besteht darin, dass jeder, der Bedingungen B erfüllt und x 2 wahrnimmt, auf diese Wahrnehmung damit reagiert, die Eigenschaft X 3 zu haben. Empfängerzeichengeeignet bezeichnet eine Beziehung zwischen Sachen x 2 , Eigenschaften B und Eigenschaften X 3 : Empfängerzeichengeeignet(x 2 , B, X 3 ) df x 1 {(B(x 1 ) Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) ([Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [X 3 (x 1 )])} Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 103 Für die Empirie legt diese Definition nahe, Empfängerzeicheneignungen bzgl. Eigenschaften X 3 in Abhängigkeit von Eigenschaften B zu untersuchen. Wir nennen etwas auch deshalb Anzeichen, weil es sich als Anzeichen für etwas eignet: Anzeichengeeignet(x 2 , B, p 1 ) df x 1 {(B(x 1 ) Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) ([Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass p 1 ])} Also: Anzeichengeeignet(x 2 , B, p 1 ) L Empfängerzeichengeeignet(x 2 , x 1, ,[Glauben, dass p 1 ]) Unabhängig davon, ob sie empfängerzeichengeeignet sind oder nicht - einige Zeichen sind Zeichen deshalb, weil sie empfängerzeichengeeignet sein sollen: Senderzeichen(x 2 , x 4 , B, X 3 ) df x 4 beabsichtigt, dass [Empfängerzeichengeeignet(x 2 , B, X 3 )] Die Eigenschaft, ein Senderzeichen bzgl. B und X 3 zu sein, ‘beinhaltet’ gewissermaßen die Eigenschaft, empfängerzeichengeeignet bzgl. B und X 3 zu sein. Das macht die ‘Familienähnlichkeit’ zwischen beiden Eigenschaften aus. Als spezielle Art des Senderzeichens definieren wir die Anzeige: Anzeige(x 2 , x 4 , B, p 1 ) df x 4 beabsichtigt, dass [Anzeichengeeignet(x 2 , B, p 1 )] Also: Anzeige(x 2 , x 4 , B, p 1 ) L Senderzeichen(x 2 , x 4, , B,[Glauben, dass p 1 ]) Kommunikative vs. manipulative Senderzeichen Man denke an folgende Situation: Müller (x 4 ) will seinen Besuch (B) loswerden. Um dieses Ziel zu erreichen, singt er ein scheußliches Lied (x 2 ) in der Hoffnung, den Besuch mittels der Scheußlichkeit seiner Darbietung zu vertreiben: x 4 beabsichtigt, dass [ x 1 {([B(x 1 Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) ([Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [X 3 (x 1 )])}] Man vergleiche diese Situation mit folgender: Müller gibt seinen Besuchern zu verstehen, dass sie gehen sollen. Er mag dies mit Worten oder mit einer Geste tun. Er kann es allerdings auch wieder tun, indem er das scheußliche Lied singt. Denn auch mit Hilfe des Liedes gibt er den Besuchern zu verstehen, dass er wünscht, dass sie gehen, sofern (er glaubt, dass) dies eine Claus Schlaberg 104 unter ihnen bekannte Weise ist, dergleichen zu verstehen zu geben. (Es ist dann eine Art Geste.) Worin besteht der Unterschied zwischen beiden Situationen? Da Müller in beiden Situationen insofern dasselbe tun mag, als er dasselbe Lied singt, liegt der wesentliche Unterschied nicht darin, was er im engeren Sinne jeweils tut. Dass er in der zweiten Situation den Besuchern seinen Wunsch zu verstehen gibt, ist die entscheidende Besonderheit gegenüber der ersten Situation: Er zeigt ihnen seine Absicht, sie zum Gehen zu bewegen, an - und zwar mittels desselben Zeichens (x 2 ), mittels dessen er sie zum Gehen zu bringen beabsichtigt. Darüber hinaus beabsichtigt Müller, seine Besucher mittels des Singens dadurch zum Gehen zu bringen, dass er ihnen mittels des Singens anzeigt, sie dadurch (mittels des Singens) zum Gehen bringen zu wollen, dass er ihnen (mittels des Singens) anzeigt, sie (mittels des Singens) zum Gehen bringen zu wollen. Es wurden Gründe dafür vorgebracht, dass diese Bedingungen noch nicht hinreichend dafür sind, dass es sich bei dem Singen in der zweiten Situation um ein Zu-verstehen-geben- Wollen, dass die Besucher gehen sollen, handelt (vgl. Meggle 1997: 95-101). So darf Müller beispielsweise nicht verheimlichen wollen, dass er die genannte Absicht hat. Wenigstens vorläufig sei definiert (vgl. Schiffer 1988, Meggle 1993 und Meggle 1997: 206 ff): Kom 1 (x 2 , x 4 , B, X 3 ) df x 4 beabsichtigt, dass [ x 1 {(B(x 1 ] Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) ([[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass [Senderzeichen(x 2 , x 4 , B, X 3 )]]] bewirkt [[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [X 3 (x 1 )]])}] x 4 beabsichtigt, dass [-[x 1 glaubt, dass [ ]]] Kom n+1 (x 2 , x 4 , B, X 3 ) df x 4 beabsichtigt, dass [ x 1 {(B(x 1 ] Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) ([[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass [Kom n (x 2 , x 4 , B, X 3 )]]] bewirkt [[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [X 3 (x 1 )]])}] x 4 beabsichtigt, dass [-[x 1 glaubt, dass [ ]]] In der ersten Situation beabsichtigt Müller sein primäres Ziel nicht dadurch mittels des Singens zu erreichen, dass er mittels des Singens seine Absicht, es mittels des Singens zu erreichen, anzeigt. Daher nennen wir das Singen (x 2 ) in der ersten Situation ein manipulatives Senderzeichen erster Stufe. Manip n (x 2 , x 4 , B, X 3 ) df {Senderzeichen(x 2 , x 4 , B, X 3 ) -Kom n (x 2 , x 4 , B, X 3 )} Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 105 Bilder Inwiefern baut der Begriff “Bild” auf dem Begriff “Zeichen” auf? Bilder liegen zwischen zwei Extremen: - etwas, das Bild insofern ist, als man darin etwas sehen kann: - eine Muschelversteinerung - Sonnentaler - Wolken, die wie Gesichter aussehen - etwas, worin man womöglich nichts sehen kann, womit aber beabsichtigt ist, dass man darin etwas sehen kann: - in der Elektrotechnik - als Zeichen (für WC) in Bauzeichnungen Um zu erklären, was man unter Bildern versteht, brauchen wir einen Begriff “sehen in”, der nicht auf andere Begriffe ganz reduzierbar ist. (Wittgenstein meint dasselbe mit sehen als, vgl. Wittgenstein 1967: 227 ff, und Wollheim 2006 stellt es ins Zentrum seines Bildverständnisses.) Sicher wird hier nicht an ungegenständliche Werke der Bildenden Kunst als an zentrale Exemplare der Kategorie “Bild” gedacht. Goodman und diejenigen, die ihm in dieser Hinsicht folgen, weisen darauf hin, man beziehe sich auf ungegenständliche Werke in demselben Maße als auf Bilder wie zum Beispiel auf Werke Giottos (vgl. Scholz 1999). Tatsächlich werden sie gleichermaßen als Kunstwerke eingestuft und sind einige Kunstwerke Bilder: Also braucht man sich auf ungegenständliche Werke gerade nicht als auf Bilder zu beziehen - wenn auch eine Metaphorisierung dazu geführt haben mag, sie als Bilder zu begreifen. Folgendes Bedeutungspostulat gelte: Sieht in(x 1 , x 2 , x 3 ) L {Nimmt wahr (x 1 , x 2 ) (x 1 glaubt, dass [-(x 2 = x 3 )])} Bildgeeignet zu sein, ist nun eine Art, empfängerzeichengeeignet zu sein: Bildgeeignet(x 2 , B, x 3 , M) df x 1 {(B(x 1 ) Perceive(x 1 , x 2 )) ([Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [Sieht in(x 1 , x 2 , x 3 ) (x 1 glaubt, dass [M (x 3 )])])} Claus Schlaberg 106 Der Zusammenhang mit der Empfängerzeicheneignung: Bildgeeignet(x 2 , B, x 3 , M) L Empfängerzeichengeeignet(x 2 , B,[Sehen in(x 1 , x 2 , x 3 ) Glauben, dass [M (x 3 )]]) Senderbild zu sein, ist eine Art, Senderzeichen zu sein: Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) df x 4 beabsichtigt, dass [Bildgeeignet(x 2 , B, x 3 , M)] Somit: Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) L Senderzeichen(x 2 , x 4 , B,[Sehen in(x 1 , x 2 , x 3 ) Glauben, dass [M (x 3 )]]) Man kann zwei grundlegende Typen von Situationen unterscheiden, in denen Senderbilder produziert werden. An einem Beispiel: Typ 1) Man sieht in dem Produkt eines Fotografen, der Bilder für einen Katalog eines Herstellers von Glühlampen herstellt, jeweils nur dann eine Glühlampe als solche, wenn es getroffen ist bzgl. der Eigenschaft (M), eine Glühlampe zu sein. Dass x 2 bzgl. B, x 3 und M getroffen ist, heißt: Für jeden B gilt: Er sieht in x 2 nicht notwendigerweise nur dann x 3 als Träger der Eigenschaft M, wenn er glaubt, dass der Sender x 4 von x 2 bei jedem B beabsichtigt, dass er x 3 als Träger der Eigenschaft M sieht. Dass man von dem Fotografen erwartet, dass seine Bilder bzgl. der Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein, getroffen sind, als Voraussetzung dafür, dass man in ihnen etwas als Glühlampe sieht, wissen alle B, und alle B wissen voneinander, dass (sie voneinander wissen, dass …) sie es wissen. Zu Typ 1 gehören zum Beispiel auch die klassischen Situationen, in denen jemand porträtiert wird: Man geht davon aus, dass das Porträt jeweils getroffen sein soll bzgl. der Identität des Porträtierten. Ist es nicht getroffen, dann sieht man in ihm nicht den Porträtierten als diesen. Typ 2) Zeichnet jemand die Schaltskizze eines Stromkreises mit Glühlampe, dann sieht man in seiner Darstellung der Glühlampe (mittels des Schaltsymbols ) nicht nur dann eine Glühlampe als solche, wenn die Darstellung bzgl. der Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein, getroffen ist. Vielmehr sieht man (jeder B) schon dann in der Darstellung eine Glühlampe als solche, wenn man (jeder B) glaubt, dass man in ihr eine Glühlampe deshalb als solche sehen soll, weil man glaubt, dass die Darstellung ein Senderbild ist bzgl. der Eigenschaft (M), eine Glühlampe zu sein. Genauer: In Situationen des Typs 2 ist x 2 bildgeeignet bzgl. B, x 3 und der Eigenschaft (M), eine Glühlampe zu sein, schon dann, wenn jeder B glaubt, dass der Sender x 4 des Bildes x 2 die Bildeignung von x 2 bzgl. B, x 3 und M dadurch zu bewirken beabsichtigt, dass jeder B glaubt, dass x 2 Senderbild des Senders x 4 bzgl. B, x 3 und M ist. Dies wissen alle B, und alle B wissen voneinander, dass (sie voneinander wissen, dass …) sie es wissen. Im Kontext der Elektrotechnik weiß man, dass - obwohl nicht getroffen - eine Darstellung einer Glühlampe als solcher ist. Bildsender, die das wissen, ‘setzen auf’ dieses gemeinsame Wissen aller B und beabsichtigen daher, mit Hilfe dieses Wissens die Bildeignung von x 2 bzgl. B, x 3 und M zu erreichen. Deshalb ist x 2 bzgl. x 4 , B, x 3 und M kommunikativ zweiter Stufe. Denn der Sender x 4 weiß, dass für die Bildeignung von x 2 bzgl. B, x 3 und M genügt, dass alle B davon ausgehen, dass x 4 die Bildeignung von x 2 bzgl. B, x 3 Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 107 und M dadurch zu erreichen beabsichtigt, dass alle B glauben, dass x 2 bzgl. x 4 , B, x 3 und M Senderbild ist. Senderbilder x 2 bzgl. x 4 , B, x 3 und M, die in einer Situation S nicht getroffen bzgl. B, x 3 und M zu sein brauchen, um bzgl. B, x 3 und M bildgeeignet zu sein, sind in S bzgl. x 4 , B, x 3 und M kommunikative Senderbilder mindestens zweiter Stufe, d.h. es gilt: Kom 2 Senderbild (x 2 , x 4 , B, x 3, M) Kom 1 Senderbild (x 2 , x 4 , B, x 3 , M) df x 4 beabsichtigt, dass [ x 1 {(B(x 1 ] Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) [[[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass [Senderbild(x 2 , x 4 , B, M)]]] bewirkt [[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [Sieht in(x 1 , x 2 , x 3 ) x 1 glaubt, dass [M(x 3 )]]]}] x 4 beabsichtigt, dass [-[x 1 glaubt, dass [ ]]] Kom n+1 Senderbild (x 2 , x 4 , B, x 3, M) df x 4 beabsichtigt, dass [ x 1 {(B(x 1 ] Nimmt wahr (x 1 , x 2 )) [[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [x 1 glaubt, dass [Kom n (x 2 , x 4 , B, M)])]] bewirkt [[Nimmt wahr (x 1 , x 2 )] bewirkt [Sieht in(x 1 , x 2 , x 3 ) x 1 glaubt, dass [M(x 3 )]]]}] x 4 beabsichtigt, dass [-[x 1 glaubt, dass [ ]]] Das Beispiel: Senderbild (x 2 , x 4 , B, x 3, Eine-Glühlampe-Sein) kommunikativ (in der Elektrotechnik) manipulativ Der Zusammenhang mit der Eigenschaft, kommunikatives Senderzeichen zu sein: Kom n Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) L Kom n (x 2 , x 4 , B,[Sehen in(x 1 , x 2 , x 3 ) Glauben, dass [M(x 3 )]]) Nun sprechen wir von manipulativen Senderbildern n-ter Stufe: Manip n Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) df Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) -Kom n Senderbild(x 2 , x 4 , B, x 3 , M) Claus Schlaberg 108 Monet: Die Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois Schaltsymbole wie , kartografische Symbole wie und ähnliche Zeichen zeichnen sich unter den Senderbildern allerdings nicht nur durch ihre Kommunikativität bzgl. bestimmter Eigenschaften M aus, sondern darüber hinaus durch Folgendes: Sie sind Senderbilder bzgl. jeweils genau einer Eigenschaft M. Typische Bilder wie z.B. impressionistische Gemälde, die eine Kirche darstellen, sind Senderbilder bzgl. sehr vieler verschiedener Eigenschaften M, z.B. Monets “Die Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois” bzgl. der Eigenschaften, von der Sonne beschienen zu sein, neben einem Platz mit Bäumen zu stehen u.a. Das Symbol hingegen ist in seiner Verwendung als kartografisches Symbol ein Senderbild nur bzgl. der Eigenschaft, eine Kirche zu sein. Z.B. darauf, ob die Kirche einen Turm hat oder nicht, kommt es dem Sender nicht an - wenn das Zeichen auch bildgeeignet bzgl. der Eigenschaft, einen Turm zu haben, sein mag. Wenn man bestimmte Zeichen als Senderbilder bzgl. jeweils genau einer Eigenschaft begreift, setzt das allerdings voraus, zwischen ‘einfachen’ Eigenschaften und Eigenschaften, die jeweils der Wert logischer Operationen für ‘einfache’ Eigenschaften als Argumente sind, zu unterscheiden. Wenn x 2 bzgl. B, x 3 und der Eigenschaften, hübsch zu sein, und, pummelig zu sein, bildgeeignet ist, dann ist x 2 auch bzgl. B, x 3 und der Eigenschaft, hübsch und pummelig zu sein, bildgeeignet. Jene Symbole, die Senderbild bzgl. jeweils genau einer Eigenschaft M sind, sind Senderbild bzgl. jeweils genau einer ‘einfachen’ Eigenschaft M. Der Bezug auf ‘einfache’ Eigenschaften ist praktisch weniger problematisch als theoretisch: Es ist klar, dass Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 109 Picasso: Porträt Ambroise Vollard Picassos Bildnis Vollards weniger Eigenschaften der dargestellten Situation anzusehen sind als einem scharfen Foto derselben Situation. Es ist insofern abstrakter als ein scharfes Foto, als es bildgeeignet bzgl. weniger ‘einfacher’ Eigenschaften ist. Schließlich muss dem Einwand Rechnung getragen werden, dass Aussagen, die Eigenschaften E von etwas x prädizieren, zu Aussagen, die E übergeordnete Eigenschaften E’ von x prädizieren, in Folgerungsbeziehungen stehen: Wenn etwas bildgeeignet ist bzgl. x 3 und der Eigenschaft, ein Mann zu sein, dann ist es bildgeeignet bzgl. x 3 und der Eigenschaft, ein Mensch zu sein. Symbole wie und zeichnen sich nun dadurch gegenüber anderen Senderbildern aus, dass sie Senderbilder bzgl. B, x 3 und Eigenschaften M 1 , M 2 , …, M n sind derart, - dass M i jeweils eine ‘einfache’ Eigenschaft ist und - dass n = 1 ist, sofern man nicht alle Eigenschaften M j mit in Betracht zieht, für die gilt, dass M j (x 3 ) aus M i (x 3 ) folgt. Auf diese ist die Absicht des Senders allerdings typischerweise auch nicht gerichtet. Man sieht: Die phänomenologische Metapher der Gerichtetheit ist wohl unverzichtbar, wenn man die spezifischen Eigenheiten derartiger Symbole unter den Senderbildern verstehen will. Das Bild im Spektrum der Zeichen Wir haben bestimmte Symbole zu den Bildern gezählt aus dem Grunde, dass man (jeder B), der sie jeweils wahrnimmt, in ihnen etwas als etwas (als Träger der Eigenschaft M) sehen soll. Man mag sich daran stoßen, dass es hier sehen hieß. Sieht man in etwas als Glühlampe? Im Kontext einer Schaltzeichnung ist diese Redeweise weniger merkwürdig als außerhalb dieses Kontextes. Zudem können an die Stelle von mehr oder weniger schematisierte Bilder (im eigentlichen Sinne) treten. Der Übergang vom Bild im engeren Sinne zur Schaltzeichnung ist graduell. Offenbar haben Symbole, wie Schaltsymbole es sind, zumindest eine bildähnliche Funktion. Was die dreistellige Beziehung des Sehens von etwas in etwas in der Rezeption eines Bildes unersetzlich macht, ist, dass Bilder Bilder von etwas sind, das sie selbst nicht sind und das nicht wahrgenommen wird, wenn das Bild wahrgenommen wird. In dieser Hinsicht ähnelt die Beziehung “sehen in” stark der Beziehung “stehen für”. Ein Zeichen gilt gemeinhin als etwas, das für etwas jeweils anderes steht. Hier treffen sich das eine Ende des Spektrums der Bilder und der Anfang des Spektrums derjenigen Dinge, die für etwas jeweils anderes stehen. x 2 steht nur für x 3 , sofern jemand den betreffenden Kode kennt. Claus Schlaberg 110 x 2 steht daher für x 3 nur für jemanden (x 1 ), der die Bedingung B erfüllt (die einschließt, den betreffenden Kode zu kennen). Die Beziehung “stehen für” ist offenbar ebenso dreistellig wie die Beziehung “sehen in”. Wir sagen: steht für eine Glühlampe. Aber nicht: Das Bild “Mona Lisa” steht für eine Frau. Wie kommt es zu diesem Unterschied in der Akzeptabilität einer Redeweise für diese Zeichen? ist noch insofern bildartig, als in einer Schaltzeichnung in dem Vorkommen von etwas (x 3 ) zu sehen sein soll, und zwar als Träger der Eigenschaft M, eine Glühlampe zu sein. Da aber nur bzgl. genau einer Eigenschaft, der Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein, Senderbild ist, kann man auch korrekt sagen: steht für etwas (x 3 ) als Träger der Eigenschaft (M), Glühlampe zu sein. Weil das Bild “Mona Lisa” nicht nur bzgl. einer einzigen Eigenschaft M (und nicht einmal bzgl. Eigenschaften M einer eng begrenzten Anzahl) Senderbild ist, kann man nicht korrekt sagen, das Bild “Mona Lisa” stehe für etwas als Träger der Eigenschaft, eine Frau zu sein! Entscheidend ist hier also die Begrenzung der Eigenschaften M, bzgl. derer x 2 Senderbild ist, um von x 2 sagen zu können, x 2 stehe für etwas als Träger der Eigenschaft M. Wenn ein Zeichen für etwas als Träger der Eigenschaft M steht, dann dienen semiotische Dreiecke als Veranschaulichung: Interpretant: (Sehen in (x 1 , x 2 , x 3 ) Glauben, dass [Glühlampe (x 3 )]) Objekt: die Menge aller Glühlampen steht für etwas als Träger der Eigenschaft, Glühlampe zu sein, die eine Menge von Gegenständen, die Menge der Glühlampen, charakterisiert. Interpretant ist die vorgesehene Reaktion des vorgesehenen Empfängers, der die Eigenschaft B hat, bzgl. derer ein Vorkommen des Zeichens Senderbild ist: die Reaktion, in dem betreffenden Vorkommen von etwas als Glühlampe zu sehen. Da M in diesem Beispiel keine Identität mit einem Individuum (zum Beispiel der Glühlampe in meiner Schreibtischlampe) ist, steht das Symbol in diesem Fall nicht für ein Individuum. Anders verhält es sich beispielsweise mit Albrecht Dürers Signatur: Dieses Zeichen hat Dürer verwendet, um nur auf sich selbst zu verweisen. Man kann die Funktion der Signatur zweifelsohne auch anders beschreiben und sie als illokutiv begreifen: Indem Dürer sie bei Anfertigung eines Gemäldes verwendet, gibt er zu verstehen, dass er der Schöpfer des betreffenden Werks ist. Das Signieren ist also ein Assertiv. Dabei funktioniert die Signatur jedoch auch als eine Art Vokabel etwa so wie der Name Albrecht Dürer in einer sprachlichen Äußerung: Sie ist bedeutungstragend auch ohne den Kontext einer Verwendung jeweils für ein bestimmtes Werk. Ihre Bedeutung kommt ähnlich zustande wie die Bildeignung eines kodierten Bildes. Hier ist das Objekt Dürer selbst und der Interpretant die von Dürer vorgesehene Reaktion jedes Empfängers mit der Eigenschaft B (zum Beispiel der Eigenschaft, Mitglied der Familie Paumgartner - als Auftraggeber - zu sein), in der Signatur des Bildes Dürer selbst zu sehen. Man wird nun entgegnen, dass Dürer von niemandem erwartet haben dürfte, in der Signatur einen Menschen abgebildet zu sehen. Denn in der Tat: Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 111 Dieses Zeichen steht nur noch für Dürer, ohne dass man diesen als Dürer darin im eigentlichen Wortsinne sieht. Es entbehrt aber nicht einer gewissen Plausibilität, dass im Laufe der Phylogenese und Ontogenese aus dem Sehen von etwas in etwas das Stehen von etwas für etwas wurde. Auffällig ist die Dreistelligkeit beider Beziehungen. So steht das eine Ende des Bildspektrums am Anfang eines Spektrums der Dinge, die ‘etwas bezeichnen’. Der Ausgangspunkt einer bildsemiotischen Betrachtung von einer intentionalistischen Begrifflichkeit eröffnet daher den Raum für eine erneute semiotische Betrachtung der Dinge, die für etwas stehen - derjenigen Dinge, die viele für das Zentrum der Kategorie “Zeichen” halten. Interpretant: (Sehen in (x 1 , x 2 , x 3 ) Glauben, dass [x 3 = Albrecht Dürer]) Objekt: Albrecht Dürer Ein Zeichen steht also für etwas (x 3 ) als Träger der Eigenschaften M, wenn die Eigenschaften M in ihrer Zahl eng begrenzt sind, im typischen Fall des Symbols handelt es sich um jeweils genau eine Eigenschaft. Wenn ein Zeichen x 2 für etwas x 3 als Träger der Eigenschaft M steht, wird eine weitere Redeweise akzeptabel: x 2 steht für die Eigenschaft M. Wir sagen: Wenn x 2 für x 3 als Träger der Eigenschaft M steht (stehen für i.e.S.), dann steht x 2 für M (stehen für i.w.S.). steht also i.w.S. für die Eigenschaft, Glühlampe zu sein. “stehen für i.w.S.” ist eine Brücke zur sprachlichen Bedeutung: Der Ausdruck Glühlampe steht nicht wie für etwas (x 3 ) als Träger der Eigenschaft M, eine Glühlampe zu sein. Aber er steht i.w.S. für die Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein, die ihm als Bedeutung zugeordnet ist so, wie sie als Bedeutung zugeordnet ist. Ein Zeichen denotiert ein Individuum dann, wenn es i.e.S. für etwas steht, und denotiert auch eine Eigenschaft erst dann, wenn es i.e.S. für etwas steht. Im Überblick: steht i.e.S. für x 3 als Träger der Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein. steht i.w.S. für die Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein. Glühlampe steht i.w.S. für die Eigenschaft, eine Glühlampe zu sein. Ein Zeichen, das i.w.S. für die Eigenschaft, identisch mit einem bestimmten Gegenstand zu sein, steht, steht für diesen Gegenstand als diesen. (Eigennamen sind von dieser Art.) Abschließend lassen sich die behandelten Arten von Zeichen in einer Tabelle so anordnen, dass die Familienähnlichkeiten, die zwischen ihnen bestehen, anschaulich werden: Typische Bilder und typische Symbole weisen die Gemeinsamkeit auf, dass die mit ihnen beabsichtigten Empfängerreaktionen (Interpretanten) u.a. darin bestehen, dass für den Empfänger x 1 das Zeichen x 2 für etwas x 3 steht beziehungsweise x 1 in x 2 x 3 sieht - also in jedem Fall eine dreistellige Beziehung zwischen x 1 , x 2 und x 3 besteht der Art, dass x 1 die Gegenstände x 2 und x 3 für nicht identisch hält. Im Falle sprachlicher Zeichen ist das Stehen von x 2 für x 3 auf jeden Fall kein Sehen von x 3 in x 2 mehr. Und erst auf dieser Ebene gibt es Zeichen (Sätze), die für Propositionen stehen, die auf Zeichen für Eigenschaften und Zeichen für Individuen mittels des Prädizierens aufbauen. In der Mitte der Tabelle liegen diejenigen Zeichen, die von vielen als die Zeichen im engsten Sinne, also als das Zentrum der Kategorie “Zeichen”, angesehen Claus Schlaberg 112 werden. Sie sind zwischen Bild und Sprache anzusiedeln und stehen im engsten Sinne für etwas (daher ihre Eignung für Veranschaulichungen mittels des semiotischen Dreiecks). Das semiotische Spektrum: Wenn ein Zeichen x 2 i.e.S. für etwas steht, dann hat sein vom Sender beim Empfänger x 1 vorgesehener Interpretant die Form (wobei M die Identität mit einem Individuum sein kann, Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 113 nicht muss): ((Für x 1 steht x 2 für x 3 ) x 1 glaubt, dass [M(x 3 )]). I.w.S. kann ein Zeichen darüber hinaus für eine Eigenschaft oder eine Proposition stehen. (Ersteres ist bei , Letzteres bei dem Appellativum Glühlampe oder Aussagesätzen wie Albrecht Dürer ist eine Glühlampe der Fall.) Jedes der Zeichen kann für eine - sei es sprachliche, sei es nicht sprachliche - Illokution verwendet werden, deren propositionaler Gehalt allerdings nur bei Sätzen auch zeichenintern und bei nicht sprachlichen Zeichen nur mit Hilfe des Kontextes (zum Beispiel Annahmen über Interessen des Senders) disambiguiert werden kann. Die Kategorie des Bildes im semiotischen Spektrum weist eine Besonderheit auf, den Punkt des ‘Umschlagens’ vom Bild zum Symbol im eigentlichen Sinne. Er ist genau dort anzusiedeln, wo das Bild Senderbild in Bezug auf genau eine Eigenschaft M ist. (Man mag ihn im Sinne eines schächeren Kriteriums dort ausmachen, wo das Bild Senderbild in Bezug auf Eigenschaften M 1 , M 2 , … in gewissem Maße begrenzter Anzahl ist.) Dass ein Bild Senderbild bzgl. genau einer Eigenschaft ist, ist deshalb möglich, weil es einem Sender auf einige Eigenschaften mehr ankommt, auf andere weniger. Weil er mit seiner Absicht auf genau eine Eigenschaft gerichtet sein kann, gibt es Bilder (im weiteren Sinne), die als Symbole (im engeren Sinne) für etwas stehen. Für das Verständnis des Übergangs vom Bild zum Symbol erweist sich daher die Wahl einer Basis aus intentionalen Begriffen als vorteilhaft. Bildende Kunst Die vorgestellten Begriffe zeichenrelevanter und bildrelevanter Eigenschaften erleichtern ein Verständnis kunstrelevanter Eigenschaften. Dies soll abschließend dargelegt werden. Auch wenn etwas unbeabsichtigt vom Himmel fällt, wird es allenfalls erst dann zum Kunstwerk, wenn jemand damit etwas anfängt, d.h. mit ihm im weitesten Sinne etwas beabsichtigt. Kunstwerke müssen daher als Handlungsprodukte betrachtet werden (was nicht heißt, dass Dinge nicht unabhängig von mit ihnen verfolgten Zielen schön sein können). Zweifellos verfolgt man mit Kunstwerken allerlei Ziele, die man auch mit Nicht-Kunstwerken verfolgen kann. Von Interesse sind jedoch Ziele umso mehr, je spezifischer sie für die Produktion von Kunstwerken sind. Als Eigenschaften dieser Ziele Z kommen zumindest in Frage: 1) Z ist nicht das kommunikative Überzeugen von gedanklichen Inhalten (Propositionen) - anders gesagt: besteht nicht darin, dass der Rezipient etwas Bestimmtes glaubt, weil er versteht, dass es ihm mitgeteilt werden soll. Zwar haben ‘ikonologische’ Untersuchungen hervorragend begründet, inwiefern bestimmte Kunstwerke jeweils bestimmte Inhalte - zum Beispiel astrologischer Art - mitteilen sollen. Aber für derartige Ziele sind sprachliches Behaupten, Argumentieren sowie das Zeigen von Indizien (zum Beispiel Fotos) besser geeignet. Durchaus kann Z das Veranschaulichen gedanklicher Inhalte sein. 2) Z ist etwas, das nicht für jedermann ‘leicht zu machen’ ist. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Werk missrät. (Eben deshalb sind Künstler häufig auch insofern ‘große Künstler’, als ihnen etwas ‘leicht von der Hand geht’, und nennt man sie häufig ‘Könner’.) Claus Schlaberg 114 Dürer: heiliger Petrus Bzgl. x 4 , B und M kommunikative Senderbilder x 2 sind an alle B gerichtet, wobei alle B auch diejenigen sind, die - den ikonographischen Typ (vgl. Panofsky 1939) kennen, mit Hilfe dessen der Bildsender x 4 anzeigt, bzgl. welcher Eigenschaften M j das Bild x 2 Senderbild ist. Der ikonographische Typ selbst ist eine Bildeignung bzgl. B und (mit M j nicht identischer Eigenschaften) M i . Beispiel: Typische Darstellungen x 2 des heiligen Petrus sind Senderbilder bzgl. der Eigenschaft, der heilige Petrus zu sein, (M j ). Dies wird vom Sender angezeigt mittels der Bildeignung von x 2 bzgl. der Eigenschaft, ein Mann zu sein, der einen großen Schlüssel in der Hand hält (M i ). - gegenüber x 4 bzgl. M kooperativ (n-ter Stufe) sind, d.h. in x 2 den Gegenstand x 3 als Träger der Eigenschaft M sehen, wenn sie annehmen, dass x 2 bzgl. B, x 3 und M kommunikatives Senderbild (n-ter Stufe) ist. Weil der Sender x 4 also jeden B für bzgl. x 2 , x 3 und M kooperativ (n-ter Stufe) hält und annimmt, dass jeder B versteht, bzgl. welcher Eigenschaft M das Bild x 2 (bzgl. x 3 ) bildgeeignet sein soll (weil jeder B den ikonographischen Typen kennt), erwartet x 4 sicher, dass x 2 bzgl. B, x 3 und M bildgeeignet ist. Der Zweck bzgl. x 4 , B, x 3 und M kommunikativer Senderbilder ist daher gerade einer, von dem x 4 annimmt, dass er leicht zu erreichen ist. Sofern x 2 ein bzgl. x 4 , B, x 3 und M kommunikatives Senderbild ist, dient es (wegen 2)) nicht den für Kunstwerke spezifischsten Zielen. Sofern x 2 auch gedankliche Inhalte zu verstehen geben soll (was mit ihm gegebenenfalls meistens auf der Basis der ikonographischen Typen beabsichtigt ist), dient es (wegen 1)) ebenfalls nicht den für Kunstwerken spezifischsten Zielen. Ein Werk der Bildenden Kunst ist als Senderbild künstlerisch am ehesten von Interesse, sofern es nicht kommunikatives, sondern manipulatives Senderbild bzgl. x 4 , B, x 3 und M ist. Nur sofern es getroffen ist bzgl. B, x 3 und M, veranschaulicht es etwas - auch das Veranschaulichen gedanklicher Inhalte ist also eine Leistung eines Bildes als manipulatives Senderbild. Was zum Beispiel Dürers Bildnis des heiligen Petrus künstlerisch interessant macht, ist, dass es manipulatives Senderbild mit Bezug auf bestimmte - dafür, also im Kontext der Kunst, relevante - Eigenschaften ist - hier: zum Beispiel mit Bezug auf die Eigenschaft, mit einem bestimmten Ausdruck auf die Bibel zu blicken. Es geht (als M) typischerweise um Eigenschaften, die eine Atmosphäre einer Situation oder Umgebung (zum Beispiel einer Landschaft) sowie Gefühle oder Physiognomien von Personen betreffen. Auch Kunstwerke, die nicht Senderbilder sind, sind als Kunstwerke vor allem insofern von Interesse, als sie manipulative Senderzeichen sind, etwa indem ihre Wahrnehmung jeweils Atmosphären, Gefühle oder auch gedankliche Inhalte - von denen man dann allerdings schwerlich behaupten kann, dass sie mit Hilfe des Werks ‘mitgeteilt’ oder ‘zu verstehen gegeben’ werden - hervorrufen soll. Wie verhält es sich also mit ungegenständlichen Werken der Bildenden Kunst? Sie sind im Wesentlichen Produkte manipulativer Handlungen - man denke an Kandinskys Absicht, beim Betrachter musikähnliche Eindrücke hervorzurufen (vgl. Hess 1956: 86 ff). Manipulativität ist eines der Charakteristika der Bildenden Künste. Bildende Kunst ist im Wesentlichen eine manipulative Zeichenpraxis, wie es zum Beispiel auch Psychotherapie und Bilder als Zeichen oder Denotieren Bilder? 115 Wissenschaften sind: Psychotherapeutisches Handeln ist typischerweise Zeichensenden: Der Patient soll auf die Wahrnehmung von etwas - zum Beispiel Worte des Therapeuten - reagieren. Allerdings beabsichtigt der Therapeut die Linderung eines Symptoms typischerweise nicht dadurch zu erreichen, dass er dem Patienten zu verstehen gibt, dass er die Linderung des Symptoms mittels der Worte zu erreichen beabsichtigt. In Bezug auf das primäre Ziel der Symptomlinderung ist das therapeutische Gespräch also nicht kommunikativ. Ähnlich beim wissenschaftlichen Argumentieren: Zwar wird hier kommuniziert. Aber wer einen Kollegen von seiner These p überzeugen will, versucht den Kollegen nicht dadurch von p zu überzeugen, dass er ihm seine Absicht, ihn von p zu überzeugen, zu verstehen gibt, sondern dadurch, dass er dem Kollegen zwingende Gründe für die Wahrheit von p liefert. Literatur Goodman, Nelson (1968), Languages of Art. An Approach to a Theory of Symbols. Indianapolis: Hackett Publishing Company. Deutsch von Bernd Philippi: Sprachen der Kunst. Entwurf einer Symboltheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997. Hess, Walter (1956), Dokumente zum Verständnis der modernen Malerei. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Janaway, Christopher (ed.) (2006), Reading Aesthetics and Philosophy of Art. Malden, Oxford und Victoria: Blackwell Publishing. Meggle, Georg (1993), “Kommunikation, Bedeutung, Implikatur - Eine Skizze”. In: Georg Meggle (ed.), Handlung, Kommunikation, Bedeutung. Frankfurt am Main: Suhrkamp: 483-508. Meggle, Georg (1981), Grundbegriffe der Kommunikation. 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