Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2010
331-2
Norbert Mecklenburg. Das Mädchen aus der Fremde. Germanistik als interkulturelle Literaturwissenschaft, München: Judicium 2008, 553 S., ISBN 978-3-89129-552-6
61
2010
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod331-20178
Reviews 178 andern würden gerade dadurch eher abgeschreckt. Das Interesse des Verlags an einem möglichst großen Leserkreis wird durch den Preis von 118 Euro bzw. 180 CHF vielleicht nicht sehr befördert, aber je nach Thema und Interesse wird gewiß jeder auf einen Artikel stoßen, der das Bedürfnis nach einem vertieften Einblick oder einem kursorischen Überblick, nach einer literaturgeschichtlichen Arbeit oder einem Lexikoneintrag, nach wissenschaftlicher Forschung oder essayistischer Unterhaltung befriedigt. Über deutsche Lyrik lernt mal allemal dazu. Ernest W.B. Hess-Lüttich (Bern) Norbert Mecklenburg, Das Mädchen aus der Fremde. Germanistik als interkulturelle Literaturwissenschaft, München: Judicium 2008, 553 S., ISBN 978-3-89129-552-6 Der in Köln lehrende Hamburger Germanist Norbert Mecklenburg legt in dem hier zu annoncierenden gewichtigen Werk eine Art summa seiner seit über zwei Dekaden stets ertragreichen Forschung im Bezirk der interkulturellen Literaturwissenschaft vor: Das Mädchen aus der Fremde bietet damit zugleich dem Orientierung suchenden Leser einen wertvollen Querschnitt zum allgemeinen Forschungsstand auf diesem so reich facettierten Feld. Der Verfasser gliedert das Buch in einen, so könnte man vereinfachend sagen, theoretischen und einen angewandten Teil: “Problemfelder und Theorien” einerseits, “Autoren und Texte” andererseits. Daß der umfangreiche Theorieteil so viel Raum einnimmt, kommt nicht von ungefähr, denn die interkulturelle Literaturwissenschaft arbeitet mit verschiedenen methodischen Ansätzen und geht immer wieder fruchtbare Allianzen mit anderen Wissenschaften ein: Ethnologie, Anthropologie, Soziologie, Philosophie usw. Die Ansätze der wichtigsten Vertreter aus verschiedenen Forschungsrichtungen - aus den so genannten post colonial studies etwa Edward Saids Orientalismus-Konzept, Homi K. Bhabhas Hybriditäts-Modell und Gayatri C. Spivaks Leitbegriff der Subalternen, aber auch Adornos und Horkheimers kritisches Schlagwort ‘Kulturindustrie’ oder Jürgen Habermas’ Theorie des kommunikativen Handelns - werden vorgestellt und differenziert diskutiert auch im Hinblick auf die innerhalb dieser Ansätze auftretenden Nuancen. Auf dem solchermaßen solide errichteten Fundament baut Mecklenburg dann seine eigenen Positionen auf. Dabei distanziert er sich von jenen Kulturrelativisten, die nach seiner Meinung blind seien für Elemente der Kunst, die die Künste weltweit und Kulturen übergreifend verbinden. So findet sich wiederholt die Bemerkung, daß es schwieriger sei, etwas zu finden, das nur alle Menschen einer Kultur gemeinsam hätten, als etwas, das allen Menschen gemeinsam sei. Sein besonderes Interesse gilt denn auch gerade diesem vermittelnden, universalistischen Aspekt der Kunst, der sie zu einem Verständigungsmittel über die Kulturgrenzen hinaus macht. Im zweiten Teil werden dann einige der vorgestellten Theorien und Fragestellungen aus dem ersten (über 300 Seiten starken) Teil wieder aufgegriffen und an konkreten Beispielen illustriert. Hier bestätigt sich nun in der interpretatorischen Praxis, wie vielschichtig die interkulturelle Literaturwissenschaft sein kann. Das läßt sich schon an der Frage zeigen, was zum Forschungsgegenstand der interkulturellen Literaturwissenschaft gehöre: Bilder von Fremden in der Literatur (Imagologie), Migrantenliteratur, Reiseliteratur, deutsche Minderheitenliteratur (z.B. in Rumänien, im Elsass etc.), Literarischer Regionalismus, kultureller Austausch als Motiv in der Literatur und manches mehr. Den Auftakt des zweiten Teils bildet ein Kapitel zu Alejo Carpentiers Concierto barroco. Daß die Wahl gerade auf diesen Roman gefallen ist, ist ein subtiles Präludium, ist er doch als intertextuelles, intermediales und besonders interkulturelles Spiel zu lesen: intertextuell, insofern sich immer wieder Anspielungen und Zitate aus anderen Werken finden (Horaz, Aristophanes, Voltaires Zaide, Shakespeares Hamlet, Wagners Rheingold, Cervantes’ Don Quijote); intermedial, insofern das zentrale Motiv des Romans ein fiktives Gespräch über Musik zwischen einem mexikanischen Herrn und den Komponisten Georg Friedrich Händel, Domenico Scarlatti und Antonio Vivaldi ist, das letzteren zu seiner Montezuma-Oper inspiriert; und interkulturell, insofern die verschiedensten Kulturdifferenzen dargestellt werden, nicht nur zwischen den Europäern und den Amerikanern, sondern jeweils auch innerhalb Reviews 179 der beiden Gruppen, zum einen zwischen dem mexikanischen Herrn und seinem Diener, zum andern zwischen dem deutschen und den südeuropäischen Komponisten. Intertextualität spielt auch im folgenden Kapital eine große Rolle, dort wird nämlich Lessings Nathan der Weise mit verschiedenen Prätexten verglichen, insbesondere mit dem Vorbild für die Ringparabel aus Boccaccios Decamerone und den Quellen, an denen sich dieser wiederum orientiert hat. Dabei wird deutlich, daß die Stellen, in denen Lessing von seinen Quellen abweicht, eine Aufwertung des Islams gegenüber dem Christentum erzeugen. Diese Aufwertung bedeutet zugleich eine indirekte Kritik am Christentum, das mit seinem Trinitätsdogma und dem Glaubensprimat einem Aufklärer wie Lessing eher suspekt vorkommen musste. Auch auf einen weiteren problematischen Zug des Christentums werde im Nathan kritisch angespielt, nämlich auf den christlichen Antisemitismus. Nathans Familie wurde Opfer eines der christlichen Pogrome - diese gehörten gewissermaßen als Nebenprodukt zu den Kreuzzügen - und im Gespräch mit Saladin gibt dieser einen Hinweis auf das stereotype Vorurteil vom Ritualmord der Juden an christlichen Kindern. Lessings stellt in seinem Drama also auch eine kritische Beschäftigung mit der eigenen Religion dar. Auch im Kapitel über Goethes Orientbilder spielt die Auseinandersetzung mit dem Islam eine wichtige Rolle. Goethe habe die gängigen Orientbilder nicht einfach übernommen, sondern einen viel reflektierteren Umgang mit ‘dem Osten’ gepflegt, einen “differenzierenden Universalismus”. Er habe versucht, Gemeinsamkeiten zwischen kulturell Fremdem auf menschliche Grundeigenschaften zurückzuführen, ohne die Verschiedenheiten zu vernachlässigen, ein Konzept, das Mecklenburg im theoretischen Teil für den interkulturellen Austausch generell vorschlägt. Zu diesen Universalien gehören zum Beispiel das Patriarchat im Klaggesang von der edlen Frauen des Asan Aga oder der Monotheismus - als interkulturelle Brücke - in einer geplanten Tragödie über Mohammed. Ähnlich wie Lessing hat Goethe die interkulturellen Begegnungen immer wieder genutzt, um intrakulturelle Themen zu behandeln und um Kritik an der Religion zu üben. Dabei ist vor allem die Frage nach der Autonomie der Dichtung wichtig. Aber nicht nur im islamischen Orient stößt Goethe auf Gemeinsamkeiten, auch die Gedichte der Chinesisch-deutschen Jahres- und Tageszeiten lassen sich als eine Suche nach Universalien lesen, hier die chinesische Einstellung zur Natur, die Goethes eingeleuchtet habe. Dass die interkulturellen Differenzen kleiner sein können als die intrakulturellen zeigt sich nicht nur in der Literatur selbst, sondern auch in ihrer Rezeption. So hat Mecklenburg zusammen mit seiner türkischen Kollegin und Gefährtin Zehra p iro lu die Lektüreprotokolle von Kölner und Istanbuler Studierenden zu Gottfried Kellers Pankraz der Schmoller auf kulturdifferente Lektüren hin verglichen. Dabei sind sind einige Anhaltspunkte für mögliche kulturdifferente Lektüreaspekte herausgekommen. Markanter jedoch waren Differenzen zwischen den individuellen ästhetischen Lektüren, die sich zum Beispiel auf soziale oder geschlechtliche Unterschiede zurückführen lassen. Ein weiteres Kapitel behandelt die Erzählkunst Theodor Fontanes und untersucht insbesondere die Repräsentation von Fremden und Fremdem in seinem Werk. Dabei handelt es sich nicht nur um interkulturell, sondern auch um intrakulturell ‘Andere’, z.B. Wenden, Sorben, Katholiken, Juden. Bei den ersten drei Gruppen spricht Mecklenburg von einer offenen und verständnisvollen Behandlung, wobei er die Frage aufwirft, ob das Sympathisieren mit dem Katholizismus nicht als antiliberaler Reflex gesehen werden könne, insbesondere im Hinblick auf den von Pius IX vertretenen Antisemitismus. Daß in Fontanes privaten Briefen ein gewisser Antisemitismus zutage trete, werde in der Forschung nicht mehr verschwiegen. Umso interessanter sei zu sehen, wie die Juden erzählerisch dargestellt würden. Allerdings finden sich - neben einigen versteckten Sticheleien und möglicherweise problematischen Figurenkonstellationen - relativ wenige Stellen, die man einer antisemitischen Autorintention zuschreiben kann. Das hat mit einem Phänomen zu tun, das man auch im erzählerischen Umgang mit anderen Fremden beobachten kann, daß nämlich ideologisch beladene Aussagen als - im Sinne Bachtins - objekthafte Rede daher kommen. So wimmelt es z.B. in Fontanes Werk von stereotypen Allaussagen über kulturell Andersartige, die aber in Figurenrede präsentiert werden und vor allem den Zweck erfüllen, die Person zu charakterisieren, die sie verwendet. Mecklenburg spricht hier auch von kleinen Lehr- Reviews 180 stücken, die antisemitische Muster und Mechanismen vorführen und vertritt damit die These, daß Fontane durch die Kunst der Vielstimmigkeit in seinen Romanen teilweise auch seine eigenen politischen Positionen literarisch ‘problematisiert’ hat. Mecklenburg untersucht aber nicht nur Fremdbilder aus deutscher Sicht, sondern auch Deutschlandbilder aus der Fremdperspektive, etwa aus der der Migranten. Dabei weist er zugleich auf die Probleme der Untersuchung von Deutschlandbildern in der Migrantenliteratur hin. Da wäre zum einen die Heterogenität innerhalb der Gruppe der Migranten zu erwähnen: unterschiedliche Herkunftsländer, in Deutschland geboren oder nicht, unterschiedliche soziale Gruppen etc. Zum andern unterscheiden sich auch die Arten der Verwendung eines Bildes, so kann ein Vorurteil oder Stereotyp repetiert und festgeschrieben werden oder es kann ironisch gebrochen und in Frage gestellt werden. Mecklenburg führt dies sehr schön anhand der vermeintlichen Tierliebe der Deutschen vor und plädiert dafür, auch Migrantenliteratur nach kritisch-ästhetischen Maßstäben zu bewerten und ihr nicht einfach einen Geltungsanspruch per se zuzusprechen. Deshalb macht er auch auf eine Tendenz zu verschnellen Verallgemeinerungen aufmerksam, so könnten nämlich negative Deutschlandbilder in der Migrantenliteratur auch aus einer antikapitalistischen oder antiurbanen Haltung heraus entstehen, die sich genauso auch gegen eine Großstadt wie Istanbul richten könne. Eine Vertreterin aus der Gruppe der Migranten-Schriftsteller ist die türkischstämmige Bachmann-Preisträgerin Emine Sevgi Özdamar, mit deren Werk sich Mecklenburg sich in einem ausführlichen Kapitel beschäftigt. Die genauere Auseinandersetzung mit dieser Schriftstellerin rechtfertigt er damit, daß sie nicht nur (wie bei manchen andern Autoren nahegelegt) aus sozialen Gründen interessant sei, sondern gerade aus künstlerischen. Nach einer kurzen biographischen Skizze wird Özdamars Schreibweise näher analysiert, wozu auf der sprachlichen Ebene die Verfremdung und Hybridisierung gehört, die durch wortwörtliche Übersetzung türkischer Namen und Sprichwörter erzeugt wird. Hybride Verfremdung wird aber nicht nur auf dieser (von der Forschung durchaus beachteten) sprachlichen Ebene erzeugt, sondern auch auf der intertextuellen. Dies zeigt sich besonders schön an ihrem Theaterstück Karagöz in Alamania, das als Prosafassung in Özdamars Textsammlung Mutterzunge veröffentlicht wurde. Karagöz, ein türkischer Gastarbeiter, ist nicht nur Titelfigur dieses Stücks, sondern auch eines türkischen Schattenspiels. Aus diesem fließen dann auch immer wieder Zitate in den Text ein, was zu komischen Effekten führt. Zudem finden auch andere Elemente der Karagöz-Tradition Eingang in den Text, z.B. burleske Schimpftiraden, Duelle mit Sprichwörtern, dümmliche Wortverwechslungen etc. Die so erzeugte karnevalistische Vielstimmigkeit findet sich auch in den andern Werken Özdamars. Mecklenburg beschäftigt sich vor allem mit den beiden autobiografischen Romanen Das Leben ist eine Karawanserei hat zwei Türen aus einer kam ich rein aus der anderen ging ich raus und Die Brücke vom goldenen Horn. In beiden werden karnevalistische Elemente eingesetzt, die Mecklenburg als subversive Komik im Sinne Bachtins versteht. Das Lachen der kleinen Leute, gewissermaßen von unten, kann zu einer Entzauberung der Herrschaft führen. Das zeigt sich besonders, wenn z.B. Religion oder Geschlechterdifferenzen komisch-subversiv ironisiert werden. Hier berührt sich Özdamar mit Brecht oder Grimmelshausen, wobei die Berührung bei letzterem auch dadurch entsteht, daß sich die Romane auch als Schelmen oder Picarobzw. Picararoman lesen lassen. Das Fremde wird also in bekannten Mustern vorgeführt, die aber auch das Eigene als fremd erscheinen lassen. Jedes Kapitel läßt sich unabhängig von den andern Teilen des Buches lesen. Das ist einerseits erfreulich, da man sich aus dem überaus weiten Feld der interkulturellen Literaturwissenschaft die Aspekte herausgreifen kann, die einen selbst besonders interessieren; andererseits bleiben bei der durchgehenden Lektüre des Buches die Redundanzen nicht verborgen, die oftmals solche Aufsatzkompilationen kennzeichnet. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zu dem Anspruch, zugleich eine Art Studienbuch vorzulegen. Einem solchen hätte angesichts der Fülle der zitierten Literatur eine kapitelübergreifende Bibliographie gut zu Gesicht gestanden. Das Phänomen, auf das der Autor selbst immer wieder hinweist, eben die Vielstimmigkeit, kennzeichnet auch sein Buch. So unterscheiden sich einige der in unterschiedlichen Zusammenhängen entstandenen Kapitel nicht nur inhaltlich, sondern auch im Gestus der Darstellung. Es fin- Reviews 181 den sich neben solchen in streng wissenschaftlicher Rede auch solche mit Meditationen (etwa über ein Bild von Paul Klee), Thesensammlungen oder eher persönlich gefärbten Reflexionen, Erlebnisberichten zu Forschungen, Tagungen und Seminaren. Die Darstellungen auf den verschiedensten Stilebenen bieten freilich dem verständnisvollen Leser nicht nur eine abwechslungsreiche Lektüre, sondern lassen ihn auch ein wenig teilhaben an der tiefen und klugen Beschäftigung des Autors mit seinem Lebens- Thema. Ernest W.B. Hess-Lüttich (Bern) Sascha Demarmels: Ja. Nein. Schweiz. Schweizer Abstimmungsplakate im 20. Jahrhundert. Konstanz: UVK 2009. 300 S. ISBN 978-3- 86764-158-6 1 Fragestellung & Ziele Das vorliegende Buch ist eine stark überarbeitete Fassung der Dissertationsschrift, die Sascha Demarmels im Herbst 2007 am Deutschen Seminar der Universität Zürich erfolgreich abschloss. Im Unterschied zum jetzt publizierten Band trug der damalige Text den etwas genauer kennzeichnenden Untertitel “Linguistische Analyse Schweizer Abstimmungsplakate von 1848 bis heute unter besonderer Berücksichtigung der Strategien zur Emotionalisierung”. Sowohl den linguistischen Zuschnitt als auch das Schwergewicht auf Emotionalisierung unterschlägt der jetzige UVK-Titel in der Reihe ‘Kommunikationswissenschaft’. Das Buch widmet sich einer in medien- und textlinguistischer Forschung unterrepräsentierten Textsorte, dem Plakat. Anhand eines beeindrukkend großen Korpus (977 Kommunikate) von Schweizer Abstimmungsplakaten (einer Subtextsorte des politischen Plakats) stellt sich die Verfasserin einem recht breiten Kreis von miteinander verknüpften Fragestellungen. Sie will in erster Linie herausfinden, welche “Möglichkeiten zur Emotionalisierung” es gibt, wie “[lassen] sich diese Möglichkeiten an sprachlichen Strategien festmachen” lassen und was für eine Rolle [spielen] dabei Bilder und visuelle Gestaltung spielen”. (S. 30). Dazu macht sich eine fein abgestimmte Analysemethodik notwendig, die sie ausarbeitet und erfolgreich anwendet. Außerdem berührt sie dabei auch eher theoretische Aspekte wie z.B. die spezifische Multimodalität der Kommunikationsform Plakat, das Verhältnis von Sprache und Bild sowie Zusammenhänge zwischen Sprachgebrauch und Emotionsauslösung. Den Wert der Arbeit sehe ich einerseits im detaillierten Nachweis der Gestaltungs- und Emotionalisierungsstrategien Schweizer Abstimmungsplakate im Zeitraum von 1898 bis 2006, andererseits in der gelungenen Zusammenschau relevanter theoretischer Grundlagen und deren eigenständigen Weiterentwicklung sowie insbesondere in der Ausarbeitung und akribischen Applikation einer sehr breiten, detailtiefen und gründlichen Textanalysemethodik, wie sie für multimodale Texte erforderlich ist. Der Arbeit gerät insgesamt zum großen Verdienst, dass unterschiedlichste Sichtweisen und Textbeschreibungsaspekte Berücksichtigung finden, u.a. auch soziokulturelle und kulturvergleichende Elemente. Sie ist einerseits dem kulturhistorisch und sozialpolitisch interessierten Leser zu empfehlen, der sich eine Vorstellung vom strategischen Funktionieren politischer Kommunikation (in der Schweiz) machen möchte. Andererseits bringt sie für alle diejenigen Leser wertvolle methodologische Einsichten, die selbst ein größeres Korpus multimodaler Texte unter verschiedensten Fragestellungen kommunikationstheoretisch und pragmalinguistisch zu bearbeiten haben. 2 Anlage der Arbeit Das Buch ist klar in fünf große Teile gegliedert. Teil I klärt die ‘theoretischen Voraussetzungen”, indem Grundlagen referiert und bewertet sowie Modelle und Überlegungen weitergeführt bzw. verfeinert werden. Die thematischen Bereiche sind hier das Plakat selbst (1.1), Sprache und Politik (1.2), das Verhältnis von Sprache und Emotionen (1.3) sowie von Sprache und Bild (1.4) und die Werbung (1.5). Insbesondere die Ausführungen zum Plakat (2) verdienen Anerkennung, denn hier werden auf effiziente Weise medienlinguistische Grundüberlegungen gebündelt und pointiert, indem sie in einen größeren semiotischen Rahmen gestellt werden. Ebenso finden sich detaillierte Überlegungen zu den einzelnen im Plakat vertretenen Zeichentypen und Gestaltungsmitteln (2.4). Zentral für die gesamte
