eJournals Kodikas/Code 33/1-2

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2010
331-2

Peter Ďurčo (Hrsg.): Feste Wortverbindungen und Lexikographie. Kolloquium zur Lexikographie und Wörterbuchforschung. Lexikographica. Series Maior 138, Berlin/New York: Walter de Gruyter 2010, 180 Seiten, ISBN 978-3-11-023405-3

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2010
Britta Juska-Bacher
kod331-20185
Reviews 185 licht. Die Systematisierung der Forschungsergebnisse fällt stellenweise ein wenig dünn aus - hier werden Einzelergebnisse additiv aneinandergereiht statt eher integrativ und akzentuierend vorzugehen. Manche Argumentationen sind ein wenig schwach, so z.B. in Kapitel 14.3. Der Index mag zwar aufgrund seiner Schlankheit übersichtlich sein, für meinen Geschmack fehlt ihm Breite und Tiefe, um wirklich nutzbringend verwendet werden zu können. 6 Erträge Abgesehen davon, dass wichtige Strategien der Textgestaltung von politischen Plakaten als relative historische Konstanten in reichhaltig illustrativer Weise beschrieben werden, hat die Arbeit eine Vielzahl konvergierender Erträge. Der Textanalytiker findet in ihr praktisch verwertbare Anregungen für das Textanalysedesign und dessen Handhabung in einem großen Korpus. Der semiotisch orientierte Texttheoretiker gewinnt Aufschlüsse über den Stand einer ganzheitlichen Auffassung vom Text. Der Medienlinguist erfährt in kompakter Art alles Relevante zum Genre Plakat. Der Werbeforscher goutiert die Parallelen zwischen politischer und Warenwerbung. Der Sprachpsychologe erhält einen Einblick in emotionalisierende Wirkungspotenziale text- und sprachgestalterischer Mittel. Das Buch verbindet Theorie und Praxis, Pragma- und Medienlinguistik mit historischer Textsortenforschung, textwissenschaftliche mit kultur- und sozialwissenschaftlichen Aspekten sowie Akribie im Detail der Arbeit am Textkorpus mit Weitblick für die großen Zusammenhänge zwischen Sprache/ Text und Gesellschaft. In ihrer Anlage und Gestaltung ist die Publikation eine lesenswerte Abhandlung zum politischen Plakat. Wertvolle Anregungen und Denkanstöße gibt der Band auch für kulturvergleichende Fragestellungen und die Verbindung und Synthese verschiedener Werbemedien in der Zukunft. 7 Form Das Buch ist in vorbildlicher Form hergestellt worden: Layout, Satz und Formalia der wissenschaftlichen Textgestaltung sind allesamt ästhetisch ansprechend und normgetreu. Die Autorin versteht sich auf eine gute Balance von Verständlichkeit und Wissenschaftlichkeit; ihr Schreibstil ist effizient, geradlinig und der Publikation angemessen. Besonderes Lob verdient der fleißige analytische Umgang mit dem Korpus. Die verwendete und zitierte Literatur ist umfangreich und weitestgehend auf dem neuesten Stand. Bildqualität, Bildunterschriften sowie Graphiken und Diagramme lassen keine Wünsche offen, wenngleich die Bilder ein wenig größer hätten reproduziert werden können. Hartmut Stöckl (Salzburg) Peter ur o (Hrsg.): Feste Wortverbindungen und Lexikographie. Kolloquium zur Lexikographie und Wörterbuchforschung. Lexicographica. Series Maior 138. Berlin/ New York: Walter de Gruyter 2010. 180 Seiten, ISBN 978-3-11- 023405-3. Das Kolloquium zur Lexikographie und Wörterbuchforschung wurde 2000 von Herbert Ernst Wiegand und Pavel Petkov ins Leben gerufen. Nach Sofia, Varna und Maribor fand es im Jahr 2008 in Bratislava statt. Nachdem bei den vorangegangenen Treffen theoretische und praktische Probleme der (bilingualen) Lexikographie sowie Wörterbuch und Übersetzung erörtert wurden, lag der Schwerpunkt dieses fünften Kolloquiums auf der Darstellung von festen Wortverbindungen im Lexikon. Der von Peter ur o herausgegebene Sammelband zu dieser Veranstaltung erschien im August 2010 bei De Gruyter. Der Band enthält 16 Aufsätze, die sich aus verschiedenen Perspektiven und Sprachen lexikographischen Fragestellungen von festen Wortverbindungen widmen. Terminologisch herrscht unter den Beitragenden - wie in der internationalen Phraseologie allgemein - keine Einigkeit. Als Oberbegriff für den Bereich der “festen Wortverbindungen” werden auch die Termini “Phraseologismen”, “Phraseme”, “phraseological units” oder “fixed expressions” verwendet (im Folgenden: “Phraseme”). Bei den untersuchten Subklassen handelt es sich in den Aufsätzen zumeist um Kollokationen (i.S.v. nicht oder nur schwach idiomatischen Zwei- oder Mehrwortverbindungen), was nicht verwundert, da bereits fünf Beiträge aus dem Umfeld des vom Heraus- Reviews 186 geber des Bandes geleiteten Projektes Deutschslowakisches Kollokationswörterbuch stammen. Eine kleinere Zahl von Artikeln beschäftigt sich auch mit idiomatischen Phrasemen. Die Aufsätze sind alphabetisch nach Autor(innen)namen aufgeführt, ein einleitendes Kapitel, welches die Beiträge kurz vorstellt und thematisch gruppiert, fehlt leider. Die Artikel sind auf Deutsch oder Englisch verfasst, Beispiele werden allerdings aus einer ganzen Reihe von Sprachen angeführt. Dazu zählen: Afrikaans, Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Russisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch und Ungarisch. Was die Artikel verbindet, ist das Nachdenken über die Sammlung und Bearbeitung phraseologischen Materials sowie seine Darstellung im Wörterbuch, das meist anhand konkreter Projektarbeit illustriert wird. Im Folgenden werden die Beiträge gruppiert nach den thematischen Schwerpunkten 1. (korpuslinguistische) Methodik 2. Phraseologie und 3. Lexikographie vorgestellt. Korpuslinguistische Methodik Die Arbeit mit Korpora ist aus der modernen Lexikographie kaum mehr wegzudenken. Alle Beitragenden dieses Bandes, die sich mit der lexikographischen Materialsammlung beschäftigen, rekurrieren auf diese Methode. Mit Hilfe von korpusbasierten Verfahren werden sowohl Phraseme identifiziert als auch zentrale lexikographische Informationen zu ihrem Vorkommen (inkl. Kotext) geliefert, über die auf die Nennform, Bedeutung, morphosyntaktischen Restriktionen, Varianten etc. geschlossen wird. Aufgrund des relativ seltenen Vorkommens von Phrasemen in Korpora und des Bedarfs an Mehrfachnennungen sowohl für die statistische Auswertung als auch als zuverlässige Beschreibungsgrundlage, sind für die Arbeit mit Phrasemen große Korpora notwendig. Uwe Quasthoff und Fabian Schmidt (Leipzig; S. 127-138) geben in ihrem Artikel einen methodisch relevanten und sehr anschaulichen Überblick über die Möglichkeiten der Nutzung vorhandener und selbst erstellter Korpora. Die Autoren greifen auch die Diskussion der Möglichkeit des World Wide Web als Korpus auf. Trotz schwerwiegender Nachteile wie der Unbekanntheit der Zusammensetzung und Größe der Textsammlung kann die Nutzung des WWW bei seltenen Phrasemen u.U. die einzige Möglichkeit des Nachweises darstellen. Während die Nutzung fremder Korpora hinsichtlich der Informationen zum Korpus und der Abfragmöglichkeiten gewissen Einschränkungen unterworfen ist, bieten selbst erstellte Korpora erweiterte Suchmöglichkeiten, u.a. den Einsatz von Platzhaltern oder sog. Wildcards. Sie erlauben auch eine Suche mit lückenhafter oder nach variabler Wortreihenfolge und erleichtern das Auffinden von Varianten erheblich. Über die Ermittlung von Satzkookkurrenzen in einem Korpus mit 100 Mio. Sätzen (aus dem Projekt Deutscher Wortschatz), deren Zahl durch Schwellenwerte für das Mindestvorkommen der Phraseme und Angabe eines bevorzugten Wortabstands vom Umfang begrenzt wird, wird vorgeführt, wie es - bspw. mit Hilfe alphabetischen Sortierens, der Suche nach Stichwörtern oder strukturbestimmenden Wortgruppen oder aber nach Mustern von POS-Tags - korpusbasiert möglich ist, neue Phraseme zu identifizieren. Einen sehr viel skeptischeren Blick auf die korpusanalytischen Methoden werfen Peter ur o (Trnava; S. 44-50) und Daniela Majchráková / Peter ur o (ebd.; S. 105-114) in ihren Beiträgen. Während der Arbeit am Deutsch-slowakischen Kollokationswörterbuch (WICOL), in dem 600 Substantive und ihre Kookkurrenzpartner untersucht werden, wurde das zugrunde liegende Slowakische Nationalkorpus um mehr als 50% erweitert. Aus diesem Anlass wurden zur Methodenevaluation exemplarisch an verschiedenen Versionen des Korpus und an Teilkorpora, die sich sowohl in der Größe als auch der Zusammensetzung unterschieden, eine Reihe von Tests durchgeführt und Maßzahlen berechnet (z.B. MI-Wert, t-Wert, Log-Likelihood-Ratio) 1 . Aufgrund von teilweise erheblichen Differenzen beim Vergleich der Resultate sowohl verschiedener Tests als auch verschiedener Korpora, die unterschiedliche Ranglistenplätze von Kollokationskandidaten lieferten, formulieren die Autor(inn)en ihre Skepsis an der Zuverlässigkeit der bisherigen Möglichkeiten von Korpusanalysen und plädieren bei der Identifikation von Kollokationen für die Notwendigkeit multimethodischen Vorgehens (ebenso ermák, s.u.). Die methodische Reflexion über die Grenzen der korpuslinguistischen Möglichkeiten, die Reviews 187 mit der Korpusqualität und -quantität, mit den Annotationsmöglichkeiten sowie den verwendeten statistischen Tests zusammenhängen, und die entsprechende Deutung der Ergebnisse sind zentrale Aspekte der Arbeit mit Korpusanalysen. Eine Suche nach den Ursachen der von ur o et al. ermittelten Differenzen müsste u.a. die Zusammensetzung und den Umfang der Korpora und die Testverfahren genauer unter die Lupe nehmen. So sind bspw. MI- und t-Wert abhängig von der Vorkommenshäufigkeit der Phraseme im Korpus - der MI-Wert bewertet die Korrelation seltenerer Kookkurrenzen im Korpus über, während der t-Wert eher häufige Kookkurrenzen ausweist. Astrid Hanzlí ková (ebenfalls Trnava; S. 77- 83) verlangt für die Identifikation relevanter Kollokationen neben dem Frequenzkriterium auch die Berücksichtigung lexikographisch relevanter Kriterien wie Lexikalisierung oder semantische Gebundenheit. Besonders in diesem Bereich, aber auch bei der automatischen oder halbautomatischen Extraktion von Phrasemen über ihre Frequenz im Korpus besteht die Notwendigkeit umfangreicher manueller Überarbeitungen, was in verschiedenen Beiträgen immer wieder herausgestellt wird. Phraseologie Unter dieser Überschrift werden diejenigen Beiträge erfasst, die ihren Themenschwerpunkt nicht explizit auf Erhebungs- und Darstellungsmethoden im Lexikon legen, auch wenn sie selbstverständlich mit diesen in Zusammenhang stehen. Diese Arbeiten gehören typischerweise ins Feld der Phraseologie. Klassifikatorische Präzisierungen im Bereich der Phraseologie strebt Zita Hollós (Budapest; S. 85-96) an. Sie möchte relativ feste, nicht oder schwach idiomatische Wortkombinationen, wie tief und fest schlafen oder etw. spielend leicht schaffen, terminologisch von den übrigen bisher definierten Phrasemklassen abgrenzen. Durch das Hinzufügen einer weiteren Komponente zu einer Kollokation handelt es sich in Hollós Augen nicht mehr um eine solche, sondern um einen praxisrelevanten eigenen Datentyp, der - wie es im Rahmen der Arbeit am deutsch-ungarischen Lernerwörterbuch K OLLE X geschieht - als “Kombination” klassifiziert werden kann. Kombinationen weisen einen höheren Grad an Festigkeit und Idiomatizität auf als Kollokationen und sind im Übergangsbereich zwischen ihnen und Phrasemen anzusiedeln. Mit Äquivalenzbeziehungen zwischen deutschen und slowakischen Kollokationen beschäftigt sich Jana Homolová (Bratislava; S. 97-104), indem sie exemplarisch Kookkurrenzprofile gegenüberstellt. Alenka und Marjeta Vrbinc (beide Ljubljana; S. 139-147 bzw. S. 149-160) analysieren Äquivalenzrelationen zwischen englischen und slowenischen Idiomen und sprechen dabei Probleme der Darstellung von Idiomen im Wörterbuch an, bspw. ihre makrostrukturelle Verortung, die Problematik wörtlicher Übersetzungen biblischer Phraseme, von Derivationen, Variationen und Polysemien. Monika Banášová (Trnava; S. 1-8) arbeitet den Zusammenhang zwischen der Polysemie deutscher Kollokationsbasen und der Polyäquivalenz, d.h. dem Vorhandensein mehrerer Äquivalente im Slowakischen, heraus. Eine spezifische Gruppe von Mehrworteinheiten, nämlich Zusammensetzungen mit Verben der Fortbewegung, rücken Dmitrij Dobrovol´skij und Artëm Šarandin (beide Moskau; S. 37-41) in den Fokus. Im Deutschen haben diese Verben eine charakteristische Mehrdeutigkeit, die im Russischen nicht vorhanden ist und daher lexikographisch kommentiert werden muss. Grundsätzlich beschreiben sie (Bsp. laufen) die Fortbewegung eines Subjekts im Raum und sind in beiden Sprachen intransitiv. Im Deutschen allerdings können sie auch eine Nominalphrase im Akkusativ regieren (einen Rekord laufen) und damit syntaktisch transitiv sein. Da die Handlung jedoch nicht auf ein Objekt gerichtet ist, bleiben sie semantisch intransitiv. Die Autoren sprechen hier von “pseudotransitiven” Verben und entwickeln für sie im Rahmen des Neuen deutsch-russischen Großwörterbuchs Beschreibungsmodelle für russischsprachige Wörterbuchbenutzer. Aus der Analyse von binären Verb-Adverb- Kollokationen in einem Teilkorpus des Tschechischen Nationalkorpus leitet František ermák (Prag; S. 23-35) Generalisierungen bezüglich der Kollokabilität dieser Wortverbindungen ab. Dazu zählen u.a. der Zusammenhang zwischen Verbhäufigkeit und Kollokatorenzahl (je häufiger ein Verb, desto mehr Adverbkollokatoren), zwischen Verbpräfigierung und Kollokatorenzahl und -länge (Verben mit Präfix haben tendenziell weniger und kürzere Adverbkollokatoren), zwischen Reviews 188 semantischem Typ des Verbs und gewähltem Adverbkollokator und zwischen der Konkretheit des Verbs und der Kollokatorenzahl (je konkreter das Verb, desto mehr Adverbkollokatoren). Vor dem Hintergrund des Unterrichtens von nicht-muttersprachlichen Deutschstudierenden belegt Mikaela Petkova-Kessanlis (Sofia; S. 115- 126), dass nicht der Fachwortschatz, sondern die fachsprachlichen Kollokationen Probleme bereiten, und stellt als Desiderat der Lernerlexikographie die Erfassung von linguistisch-fachsprachlichen Kollokationen heraus. Lexikographie Zur makro- und mikrostrukturellen Präsentation von Phrasemen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch, dessen primäre Funktion die Unterstützung der Rezeption ist, äußert sich Herbert Ernst Wiegand (Heidelberg; S. 161-180). Hinsichtlich der makrostrukturellen Verortung plädiert er für eine benutzerfreundliche und -angemessene Lösung, die sich an zwei Alphabetisierungsvorschriften orientiert. Die erste Regel verlangt, dass alle Phraseme, die ein Inhaltswort (d.h. ein als selbstständiges Wort verwendetes Substantiv, Adjektiv oder Verb, ohne Hilfsverben) enthalten, unter dem ersten Inhaltswort alphabetisiert werden. Dabei wird unter weiteren Inhaltswörtern auf das erste verwiesen. D.h. jemanden über den grünen Klee loben ist unter dem Lemma “grün” zu erfassen (mit Verweisen unter “Klee” und “loben”). Die zweite Regel gilt für diejenigen Phraseme, die kein solches Inhaltswort aufweisen. Sie werden nach der vollständigen Nennform alphabetisiert, d.h. etwas auf dem Kerbholz haben wird unter “etwas” lemmatisiert, da “Kerbholz” gemäß der o.a. Definition kein Inhaltswort ist. Dieser Vorschlag weicht von der verbreiteten Praxis ab, der zufolge nach dem ersten Substantiv oder - falls nicht vorhanden - nach dem ersten Autosemantikum lemmatisiert wird (z.B. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache). Regel 1 dieses Vorschlags erfordert mit der Gleichstellung der Inhaltswörter eine Erklärung im Benutzerhinweis, welche Einheiten als “Inhaltswörter” zu verstehen sind (und welche eben nicht, z.B. Unikalia und Hilfsverben). Hat der Benutzende diese Erklärung nicht zur Kenntnis genommen oder nicht mehr präsent, wird er das Phrasem intuitiv vermutlich unter “Klee” und nicht unter “grün” suchen. Das größere Problem stellen allerdings die Phraseme ohne Inhaltswort dar (Regel 2), denn um sie zu finden, muss der Benutzende beim Beispiel etwas auf dem Kerbholz haben erstens wissen, dass “Kerbholz” kein Inhaltswort ist und zweitens die vollständige Nennform inkl. externer Valenz kennen, bevor er unter “etwas” nachschlagen kann und dort fündig wird (unter etwas und jemand findet er dann eine Häufung von Phrasemen). Die mikrostrukturelle Verortung ist abhängig vom Typ des Wörterbuchartikels. Als benutzerfreundliche Verortung innerhalb eines integrierten Wörterbuchartikels schlägt Wiegand vor, Phraseme im Postkommentar anzuführen (markiert bspw. durch “RED” für “Redewendungen” und mit Erläuterung im Benutzerhinweis). Ebenfalls mit der makrostrukturellen Verortung beschäftigt sich Rufus H. Gouws (Stellenbosch; S. 51-62), wobei er auf Idiomwörterbücher und allgemeine (ein- und zweisprachige) Wörterbücher eingeht. Als besondere Möglichkeit des Idiomwörterbuchs stellt der Autor das afrikaans-englische Idiomewoordeboek vor. Das Auffinden der Idiome kann in diesem Wörterbuch wie üblich über ein Leitelement (z.B. erstes Substantiv des Idioms) erfolgen oder aber über eine Liste semantischer Felder (Indexartikel), denen alle Idiome zugeordnet sind. Ein Mehrwert dieser zweiten Zugangsmöglichkeit liegt eindeutig im Bereich der Textproduktion, denn der Nutzende kann zur gewünschten Aussage ein passendes Idiom oder auch bedeutungsähnliche Einheiten suchen. Allgemeinsprachliche Wörterbücher verorten Idiome unterschiedlich. Eine Möglichkeit ist ihre Sammlung am Ende des Wörterbuchs (z.B. Van Dale Groot Woordenboek Nederlands-Engels), andere positionieren Idiome am Ende eines Wörterbuchartikels zu einem Einzellexem, das als Leitwort des Idioms fungiert (z.B. The New Oxford Dictionary of English). Für ein besseres Auffinden von Idiomen und eine Wahrnehmung von Phrasemen als vollwertige lexikalische Einheiten schlägt Gouws eine eigene makrostrukturelle Position mit Idiomen als lemmatisierten Einträgen vor. Die zentrale Bedeutung von Kollokationen für Sprachlernende bildet den Ausgangspunkt von Emilia Baschewas (Sofia; S. 9-21) Untersuchung der mikrostrukturellen Darstellung von binären Substantiv-Verb-Kollokationen in drei neueren bulgarisch-deutschen Wörterbüchern. Reviews 189 Sie definiert Kollokationen in Anlehnung an Hausmann als Zweiwortkombinationen, die aus determinierender Basis und determiniertem Kollokator bestehen. Sie plädiert aus der Perspektive des bulgarischen Nutzenden dafür, Kollokationen in diesen zweisprachigen Wörterbüchern im Bulgarischen (Ausgangssprache) sowohl unter der Basis als auch unter dem Kollokator zu verzeichnen. Mikrostrukturell beurteilt die Autorin das Aufführen von Kollokationsangaben in der Beispielposition als benutzerfreundlicher als in Position der Bedeutungsexplikation, da sie im Beispiel den direkten Zugriff auf die Kollokation in der Zielsprache erlaubt. Ein Wörterbuch anderen Typs als die übrigen vorgestellten standardsprachlichen beschreibt Annelies Häcki Buhofer (Basel; S. 65-76) mit dem Neuen Baseldeutsch Wörterbuch. Die allgemeinen lexikographischen Probleme der makrostrukturellen Verortung, der Nennform- und Beispielformulierung etc. von Kollokationen, die anhand von Beispielen auch für die zwei Vorgängerauflagen des Wörterbuchs belegt werden, stellen sich auch bei dieser Art von Wörterbuch. Darüber hinaus stellt das Dialektwörterbuch spezifische Anforderungen hinsichtlich varietätenbezogener Abgrenzungen. Da nur spezifische (baseldeutsche, helvetische, alemannische oder süddeutsche) Mehrworteinheiten aufgenommen werden sollen, ist für jede Kollokation zu klären, ob sie nur im (betreffenden) Dialekt oder auch im Standard, d.h. in der Schweiz und/ oder gemeindeutsch, gebräuchlich ist. (Mit demselben Abgrenzungsproblem ringen Wörterbuchautoren, die Schweizer Standard erfassen. Sie verwenden in Zweifelsfällen Markierungen wie “mundartnah” oder “Grenzfall des Standards”, siehe z.B. das Variantenwörterbuch). Um umfassende Daten für eine objektive lexikographische Bearbeitung zur Verfügung zu haben und den Einfluss der Introspektion möglichst gering zu halten, wurde versucht, mit einer umfangreichen Datengrundlage zu arbeiten. Neben den Vorgängerausgaben des Wörterbuchs wurde eine Mundart-Textsammlung angelegt, wurden Internetsuchmaschinen und -foren einbezogen und - methodisch besonders erfreulich - über Online-Befragungen systematisch auch Informantendaten einbezogen. Der von Peter ur o im Anschluss an das Kolloquium herausgegebene Band gewährt einen Einblick in einer Reihe aktueller Wörterbuchprojekte und -analysen, aus denen Probleme und Lösungsvorschläge für das Auffinden, Bearbeiten und Darstellen von Phrasemen vorgestellt werden. Überwiegend sind diese nicht sprachspezifisch, sondern phrasemtypisch und lassen sich problemlos auf andere Sprachen übertragen. Eine wichtige Ergänzung zu den Projektvorstellungen bilden die theoretischen Artikel zu den korpuslinguistischen und lexikographischen Methoden. Aus den Beiträgen lassen sich drei Trends der aktuellen lexikographischen Praxis erkennen. Erstens nehmen hinsichtlich der Methode der Datensammlung die noch relativ neuen korpuslinguistischen Methoden die zentrale Position ein. Ihr gegenüber geraten andere lexikographische Quellen in den Hintergrund. In verschiedenen Beiträgen werden vorhandene Wörterbücher und die Lexikograph(inn)enkompetenz erwähnt, nur in einem Beitrag wird die systematische Nutzung einer weiteren empirischen Methode, nämlich der Informantenbefragung, angesprochen. Zweitens spiegelt sich in den hier zusammengetragenen Beispielen nach langer Vernachlässigung dieser Phrasemklasse besonders vor didaktischem Hintergrund ein starker Trend zur Berücksichtigung von Kollokationen im Wörterbuch. Und drittens zeigt sich in den Beiträgen - für einige Lesende vielleicht überraschend - die feste Position der Printgegenüber den elektronischen Wörterbüchern oder wie Gouws in seinem Beitrag schreibt: “[…] printed dictionaries are still the default lexicographic tools for the majority of present-day dictionary users.” 2 Was der Leserführung sowohl wegen der Heterogenität der berücksichtigten Themen (Sammeln, Bearbeiten, Darstellen von Phrasemen), als auch der berücksichtigten Phrasemklassen und Sprachen sehr gut getan hätte und bspw. auch die verschiedenen Beiträge zum slowakischen Projekt hätte bündeln können, wäre ein strukturierendes Vorwort des Herausgebers gewesen. Sowohl die Zusammensetzung der Beitragenden aus den Bereichen automatische Datenverarbeitung bzw. Korpusanalyse, Phraseologie und Lexikographie als auch die von ihnen verschiedentlich angesprochenen Bedenken hinsichtlich des Verfahrens einer der anderen Disziplinen (besonders deutlich von Wiegand und ur o), weisen darauf hin, dass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit einen Prozess der Annäherung Reviews 190 verlangen würde, der für das Produkt Wörterbuch aber äußerst fruchtbar sein könnte. Literatur 1 Der MI-Wert (Mutual Information) ist ein Maß für die Korreliertheit der gemeinsamen Informationen von x und y. Der t-Wert ist ein Maß für die Abweichung eines Wertes vom erwarteten Wert. Die Log-Likelihood-Ratio entspricht prinzipiell dem Chi²-Test, d.h. sie vergleicht beobachtete und erwartete Häufigkeiten, ist aber robuster gegenüber niedrigen Frequenzen. 2 Rufus H. Gouws (2010): Fixed word combinations as second level treatment units in dictionaries. S. 51. Britta Juska-Bacher (Basel) Joachim Knape (Hrsg.) 2009: Rhetorik im Gespräch. Ergänzt um Beiträge zum Tübinger Courtshiprhetorik-Projekt, Berlin: Weidler (= neue rhetorik 4). 341 S. ISBN: 978-3-89693- 545-8 Der seit Cicero vielzitierte Gegensatz zwischen Rede und Gespräch, der die Ausbildung einer Rhetorik des Gesprächs verhindert (vgl. Schmölders 1979: 9f.), kann, sofern er jemals überzeugend war (vgl. etwa Fausers (1991) Bemerkungen zur Gesprächsrhetorik des 18. Jahrhunderts), heute nur noch bedingt aufrechterhalten werden. Zwar hat sich auch die moderne Gesprächsforschung zunächst nur zögerlich rhetorischer Fragestellungen angenommen. Doch spätestens seit dem richtungsweisenden Band zur “Gesprächsrhetorik” (Kallmeyer 1996a) gehören auch “rhetorische Verfahren im Gesprächsprozeß” zu den Gegenständen der Gesprächslinguistik (vgl. Gansel 2009). Der “interaktionstheoretisch fundierte gesprächsanalytische Zugang” (Kallmeyer 1996b: 9) der Gesprächsrhetorik entfernt sich dabei jedoch von der für die herkömmliche Rhetorik charakteristischen Sprecherperspektive und rückt vielmehr die prinzipielle Interaktivität und Prozessualität von Gesprächen in den Fokus. Damit wird im Übrigen auch jeglicher normativer Anspruch aufgehoben. Hier setzt der vorliegende Band an, der sich, wie Herausgeber Joachim K NAPE in seinem einleitenden Beitrag schreibt, “in Sachen Gespräch methodisch ganz der Problemlage des auf erfolgreiche Kommunikation eingestellten Orators in der Gemengelage des Gesprächs” zuwendet, wofür “alle Fragestellungen oratorisch zu perspektivieren und alle Forschungsergebnisse auf die Oratorperspektive herunterzubrechen” sind. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang “Strategien und Kalküle der Persuasion” (24). Die Rhetorik hat demnach die Aufgabe, “Möglichkeiten erfolgsorientierten kommunikativen Handelns” (26) aufzuzeigen. Für eine so konzipierte Rhetorik des Gesprächs, so die dem Band zugrundeliegende Prämisse, kann nun die linguistische Gesprächsforschung nicht mehr alleiniger Bezugspunkt sein. Vielmehr gilt es, die Anschlussstellen zu benachbarten, am Gespräch interessierten Disziplinen wie der Psychologie und der Soziologie aufzusuchen, die eine empirisch fundierte und auch praktisch relevante Rhetorik des Gesprächs begründen können. Es handelt sich also um ein interdisziplinäres Projekt im besten Sinne: Die Rhetorik greift auf Erkenntnisse der Gesprächsforschung zurück, um auch für die Situation des Gesprächs in sachadäquater Weise rhetorische Kompetenzen und Strategien beschreiben zu können. Die Gesprächsforschung wiederum profitiert von der Rhetorik, indem diese den Blick auf die persuasiven Elemente der Gesprächsereignisse lenkt und ein differenziertes analytisches Instrumentarium bereitstellt. Der Band gliedert sich in drei Teile: Nach dem bereits erwähnten einleitenden Beitrag des Herausgebers folgen acht Beiträge namhafter Autoren zum Thema “Persuasion im Dialog”, die überwiegend aus einer im Jahre 2003 abgehaltenen Tagung gleichen Titels hervorgegangen sind. Den Abschluss des Bandes bilden vier Beiträge, die ausgewählte Ergebnisse des Tübinger DFG- Projektes zur Courtshiprhetorik, also zu rhetorischen Aspekten des Flirtens und der Partnerwerbung zusammenfassen. Joachim K NAPE skizziert in seiner Einleitung “Rhetorik des Gesprächs” nach einigen theoriegeschichtlichen und begriffsklärenden Bemerkungen den Kern des gesprächsrhetorischen Ansatzes: “Gesprächsrhetorik untersucht, wie ein individueller oder kollektiver Orator seinen eigenen kommunikativen Erfolg (d.h. sein Anliegen zu verteidigen oder gar durchzusetzen) in situativen, daher flüchtigen Kommunikationsereignissen sichern kann” (27). Somit rücken Kompetenzen und Strategien