eJournals Kodikas/Code 41/3-4

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2018
413-4

Stephan Habscheid, Andreas P. Müller, Britta Thörle & Antje Wilton (eds.) 2018: Handbuch Sprache in Organisationen (= Handbücher Sprachwissen 14), Berlin/Boston: Walter de Gruyter, 531 pp., 185,95 €, ISBN 978-3-11-029581-8

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2018
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod413-40380
der KDA. Eine Reihe von Verzeichnissen rundet den Band ab, darunter ein eindrucksvoll reichhaltiges Literaturverzeichnis, das die einschlägige Belesenheit der Autorin belegt, die hier am Beispiel der Diskussion über die dänischen Mohammed-Karikaturen das analytische Potential der Angewandten Diskurslinguistik so überzeugend demonstriert, dass das Buch jedem Doktoranden ohne Vorbehalt als Vorbild empfohlen werden kann - etwa zurAufarbeitung der nicht minder kontroversen Debatten über die Karikaturen zur Religion und zum Islam in der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Literatur Ata, Mehmet 2011: Der Mohammed-Karikaturenstreit in den deutschen und türkischen Medien. Eine vergleichende Diskursanalyse, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften Bech Thomsen, Per 2006: Muhammedkrisen - hvad skete der, hvad har vi lært? , København: People ’ s Press Bluitgen, Kåre 2006: Koranen og profeten Muhammeds liv. Fortælling efter Islam ældste kilder, København: Høst/ Tøkk Debatin, Bernhard (ed.) 2007: Der Karikaturenstreit und die Pressefreiheit, Berlin: LIT Engelbreth Larsen & Tøger Seidenfaden 2006: Karikaturkrisen. En undersøgelse af baggrund og ansvar, København: Gyldendal Hansen, John & Kim Hundevadt 2006: Provoen og Profeten. Muhammedkrisen bag kulisserne, København: Jyllands-Postens Forlag Hess-Lüttich, Ernest W. B. 2003: “ Interkulturelle Kommunikation ” , in: Alois Wierlacher & Andrea Bogner (eds.) 2003: Handbuch Interkulturelle Germanistik, Stuttgart/ Weimar: Metzler, 75 - 81 Hess-Lüttich, Ernest W. B. 2010: “ Karikatur-Krisen. Eine Mediendebatte über Islam-Satire ” , in: Dieter Heimböckel, Irmgard Honnef-Becker, Georg Mein & Heinz Sieburg (eds.) 2010: Zwischen Provokation und Usurpation. Interkulturalität als (un)vollendetes Projekt der Literatur- und Sprachwissenschaften, München: Wilhelm Fink, 163 - 190 Hess-Lüttich, Ernest W. B. 2018: “ Mocking the Absolute? The Copenhagen Cartoon Crisis: A European Media Debate on Islam Satire ” , in: Daina Teters & Otto Neumaier (eds.) 2018: Metamorphoses of the Absolute (= MetaMind Series 1), Lady Stephenson Library Newcastle upon Tyne: Cambridge Scholars Publishing, 281 - 316 Klausen, Jytte 2009: The Cartoon that Shook the World, New Haven/ London: Yale University Press Kunelius, Risto et al. (eds.) 2007: Reading the Mohamed Cartoons Controversy. An International Analysis of Press Discourses on Free Speech and Political Spin, Bochum/ Freiburg: projekt verlag Stephan Habscheid, Andreas P. Müller, Britta Thörle & Antje Wilton (eds.) 2018: Handbuch Sprache in Organisationen (= Handbücher Sprachwissen 14), Berlin/ Boston: Walter de Gruyter, 531 pp., 185,95 € , ISBN 978-3-11-029581-8 In der nützlichen Reihe der von Ekkehard Felder und Andreas Gardt edierten Handbücher Sprachwissen ist nun als 14. Band das Handbuch Sprache in Organisationen erschienen, das unter Mitarbeit von Jonas Heimann von Stephan Habscheid, Andreas P. Müller, Britta Thörle und Antje Wilton herausgegeben wird. In ihrer kurzen Einleitung ordnen die Herausgeber den Band in die allgemeine Konzeption der Reihe ein, geben einen knappen Überblick über die dem Band zugrundeliegenden Prämissen, die darin angesprochenen Objektbereiche und die hauptsächlichen Problemfelder in diesem Segment der Unter- 380 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt) suchung von Prozessen der Verständigung in Organisationen. Schließlich begründen sie noch kurz die Struktur und das thematische Spektrum des Werkes. Der umfangreiche Band gliedert sich in fünf Teile mit je fünf Kapiteln, davon insgesamt sieben in englischer Sprache. Im ersten Teil des Bandes geht es um die organisationalen Interaktionstypen und kommunikativen Gattungen, z. B. um die spezifischen Merkmale und Besonderheiten von Arbeitsbesprechungen in Betrieben, wobei auch die im Zeichen der Migration aktuell immer wichtiger werdenden Aspekte der Mehrsprachigkeit und Interkulturalität angesprochen werden (Christine Domke); um sprachliche Handlungen, die in praktische Arbeitstätigkeiten eingebettet sind, also das, was Karl Bühler ‘ empraktisches Reden ’ nannte, unter Einschluss auch semiotischer Merkmale (Gesten und Gebärden) anschaulich demonstriert anhand von Feuerwehreinsatzübungen ( Jan Gerwinski); um die Beschreibung von Innovation und Design-Kommunikation mit dem Instrumentarium der ethnomethodologischen Konversationsanalyse (Trine Heinemann & Ben Matthews); um die verschiedenen Formate der Mitarbeiterkommunikation, die aus betriebswirtschaftlicher, sozialwissenschaftlicher und linguistischer Perspektive erörtert werden (Ronald Hartz); um die Verständigung zwischen Agenten und Klienten einer Organisation, also ein strukturell asymmetrisches Kommunikationsverhältnis, das auf dem Boden der Konversationsanalyse und vor allem der Funktionalen Pragmatik am Beispiel von Behördengesprächen beleuchtet wird (Astrid Porila & Katharina Rosenberg). Der zweite Teil ist unter dem leitenden Gesichtspunkt der organisationalen Rationalisierung von Kommunikation den klassischen Merkmalen des durch Hierarchie, Bürokratie, Standardisierung und Medialisierung bzw. Digitalisierung geprägten Sprachgebrauchs gewidmet. So betrachtet Andreas P. Müller den Zusammenhang von Sprache und Hierarchie und wie er sich in den unterschiedlichen Beteiligungsformen niederschlägt; dabei gilt sein Interesse auch der Stilistik von Führungshandeln und kommunikativer Selbstbeschränkung. Die Bürokratie ist das Thema von Michael Szurawitzki: nach einem kurzen Überblick über deren theoretischen und historischen Hintergrund widmet er sich der organisationalen Schriftlichkeit der Verwaltung in Ämtern und Behörden und wie diese die kritische Aufmerksamkeit von Angewandter Linguistik herausgefordert hat, vor allem im Hinblick auf eine Kritik der Verwaltungssprache und ihrer Verständlichkeit. Vor dem Hintergrund wachsender Kritik am Digitalisierungsrückstand der Verwaltung in Deutschland ist auch Daniel Perrins Beitrag von aktueller Bedeutung, der die Medieninfrastrukturen organisationaler Kommunikation kritisch unter die Lupe nimmt. Am Beispiel der Internetplattform (Migipedia) einer Schweizer Detail- und Lebensmittelkette (Migros) illustriert er den Wandel und die Perspektiven solcher Medieninfrastrukturen in Wirtschaft und Verwaltung. Wie grundlegend E-Mails Strukturen der Kommunikationsnetzwerke in Organisationen innerhalb einer Generation verändert haben, untersucht Ulla Kleinberger und arbeitet dabei mit linguistischen Methoden zugleich die unterschiedlichen Muster und Ambivalenzen dieses Mediums heraus. Die Standardisierung, Formalisierung und Funktionalisierung des Sprachgebrauchs in Organisationen illustriert Susanne Göpferich anhand der Regeln des Simplified Technical English (STE), das in der Aero-Space and Defence Industries of Europe Association (ASD) in Gebrauch ist und bei dem es nicht auf stilistische Eleganz ankommt, Recent Readings - Reviews 381 sondern auf schematisierte Einheitlichkeit, leichte Übersetzbarkeit, Konsistenz und Präzision. Der dritte Teil des Handbuchs ist der kommunikativen Konstruktion von organisationaler Identität gewidmet. Hier geht es um so wichtige und aktuelle Themen wie Diversität, Mehrsprachigkeit, Sprachpolitik, Leitbilder und Unternehmens-Narrative. Patachareeat Yanaprasart fragt in seinem Beitrag über “ Cultural Diversity ” nach dem Zusammenspiel von Unternehmenskultur, multikultureller Vielfalt der Belegschaft und dem Umgang mit ihrer Sprachenvielfalt und wie es für die Unternehmensziele eingesetzt werden kann. Die Mehrsprachigkeit in Organisationen diskutiert dann Bernd Meyer am Beispiel des Umgangs öffentlicher Einrichtungen etwa des Gesundheitswesens mit der sprachlichen Heterogenität ihrer Clientèle, der professionellen Kommunikation und des Übersetzungsapparates in multinationalen Institutionen der Europäischen Union sowie der im Zeichen globaler Vernetzung mehrsprachigen Wirtschaftskommunikation. Georges Lüdi zeigt (anhand des EU-Projektverbunds D YLAN ), wie Organisationen entsprechend ihrer jeweiligen ‘ Philosophie ’ Spracheinstellungen und Sprachverhalten ihrer Angehörigen untereinander und nach außen zu beeinflussen suchen und plädiert statt der üblichen top down Perspektive des Managements für eine bottom up generierte Kommunikationskultur, die der Vielfalt von sprachlich und kulturell divers zusammengesetzten Teams eher gerecht zu werden verspreche. Viele Organisationen (sogar Universitäten) formulieren heutzutage Leitbilder, um ihre ‘ Mission ’ , ihre ‘ Philosophie ’ oder ihr ‘ Ethos ’ öffentlich wirksamer zu vermitteln. Kirsten Nazarkiewicz definiert das ‘ Leitbild ’ als normativ orientierende Textsorte, beschreibt ihre Entstehung und Entwicklung, ihre Formen und Funktionen, ihre Sprache und ihr Verhältnis zur Ideologie. Den Funktionen des ‘ Storytelling ’ von und in Organisationen gilt das Interesse von Anna Linda Musacchio Adorisio, wenn sie unter Verweis auf ihre Untersuchungen zu den Narrativen einer Bank in New Mexico und der Nordic Bank deren Bücher und Broschüren, Artikel und Flyer mit den Erträgen halb-strukturierter Interviews ihrer Mitarbeiter vergleicht. Der vierte Teil stellt verschiedene Ansätze, Methoden und Forschungsrichtungen vor, die sich der Untersuchung der institutionellen Kommunikation (institutional talk) in Organisationen widmen, etwa die ethnomethodologisch inspirierte Konversationsanalyse im Vergleich zu den sog. Studies of Work, also dem Sprachgebrauch in beruflichen Arbeitsprozessen (Frank Oberzaucher), die damit verwandten Workplace Studies (Dirk vom Lehn), die überaus produktive Critical Discourse Analysis (CDA) mit ihren Untergliederungen und Forschungsfeldern (Heiko Motschenbacher), die im deutschsprachigen Raum mittlerweile nicht minder ertragreiche Linguistische Gesprächsanalyse in der Anwendung auf Gesprächstypen und Kommunikationsprobleme in Unternehmen und Organisationen (Sylvia Bendel Larcher), die (auch interkulturell) vergleichende Analyse von Bild-Schemata in der Organisationstheorie und in der Wirtschaftskommunikation (Christopher Schmidt). Im fünften Teil schließlich geht es in exemplarischer Auswahl um einige Anwendungsfelder der Organisationslinguistik und die Verbindung von Theorie und Praxis. Peter Franklin und Helen Spencer-Oatey etwa bieten einen guten Einblick in die Begriffe und Bedingungen, Inhalte und Methoden von Trainings zur Entwicklung interkultureller Interaktionskompetenz in Organisationen jenseits professioneller Fremdsprachenvermittlung. Was Coaching als Beruf in Zeiten einer sich rasant wandelnden Arbeitswelt eigentlich 382 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt) bedeutet, veranschaulichen Antje und Werner Pfab in ihrem Beitrag, der Anlässe, Motive, Bedingungen, Fragen als Schlüsselmomente und aktuelle Entwicklungen des Coachings als eines kommunikativen Prozesses erläutert, wobei der Akzent auf zwei aktuelle Entwicklungen gelegt wird, nämlich das interkulturelle Coaching aufgrund internationaler Arbeitsbeziehungen bzw. ethnisch heterogener Belegschaften und das virtuelle Coaching für Medienauftritte, online-Konferenzen, home-office Arbeitsplätze und dergleichen. Eva- Maria Jakobs zeigt in ihrem Beitrag zur Sprache im Kontext der Wertschöpfung unter anderem, wie sich die Arbeitskommunikation im Übergang zur Web-Gesellschaft entwickelt und welchen Einfluss das auf die schriftlichen Arbeitsanteile in produzierenden Unternehmen hat. Monika Dannerer spürt dem Begriff und der je unterschiedlichen Konzeption von Effizienz bzw. Effektivität in mehreren Disziplinen nach - in der Sprachwissenschaft, in den Wirtschaftswissenschaften, in der Sprachdidaktik, in der Unternehmenskommunikation, in der Mehrsprachigkeits- und Interkulturalitätsforschung - und wirft die Frage auf, wie sie fachtypisch ‘ effizient ’ zu quantifizieren und schlüssig zu bewerten sei. Zur Abrundung des Bandes wirft Cornelia Hegele-Raih vor dem Hintergrund einer Pluralität theoretischer Ansätze (der Postmoderne, Systemtheorie, Narratologie, Wissenssoziologie, des Poststrukturalismus) einen linguistisch informierten Blick auf den Wandel von Organisationen und den sich darin verändernden Stellenwert von Sprache und zeigt positive Ansatzpunkte für ein kundenbezogenes ‘ Change-Management ’ auf. Insgesamt bietet der Band einen guten Überblick über den Forschungsstand in einem noch relativ jungen Gebiet der Angewandten Linguistik, nämlich der Analyse der Verständigungspraktiken in Behörden, Institutionen, Unternehmen. Der im Klappentext formulierte Anspruch einer “ umfänglichen Bereitstellung relevanter Erkenntnisse aus der internationalen Forschung ” im Hinblick auf “ wichtige Stränge, methodologische Perspektiven und einen Querschnitt von Untersuchungen zu den verschiedenen Bereichen sprachlicher und kommunikativer Praxis in Organisationen ” wird nach meinem Eindruck überzeugend eingelöst. Natürlich kann man immer Aspekte finden, die ein Rezensent vermisst, weil sie ihm besonders am Herzen liegen; so hätte man sich vielleicht eine stärkere Akzentuierung semiotischer Reflexion multimodaler Interaktion oder eine kritischere Konturierung diskursanalytischer Zugänge zu strukturell asymmetrischen Dialogkonstellationen und deren Ursachen wünschen können, aber hier und da werden immerhin entsprechende Anschlussstellen markiert, die das beigefügte Sachregister schnell aufzufinden hilft. Personenregister oder Autorenverzeichnisse sind in den Bänden der Handbücher Sprachwissen nicht vorgesehen. Boris Roman Gibhardt 2018: Nachtseite des Sinnbilds. Die Romantische Allegorie (= Ästhetik um 1800 vol. 13), Göttingen: Wallstein, 224 pp., 24,90 € , ISBN 978-3- 8353-3272-0 Der Berliner Privatdozent Boris Roman Gibhardt, geboren 1980 in Kassel, ist - nach einem Studium der Komparatistik, Kunst- und Musikwissenschaft in Berlin, Mainz und Paris, einer Promotion über Ornament und Lineatur bei Marcel Proust, nach Stationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris, Fellow an der Recent Readings - Reviews 383