eJournals Kodikas/Code 41/3-4

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2018
413-4

Boris Roman Gibhardt 2019: Vorgriffe auf das schöne Leben. Weimarer Klassik und Pariser Mode um 1800 (= Ästhetik um 1800 vol. 14), Göttingen: Wallstein, 583 pp., 49,00 €, ISBN 978-3-8353-3372-5

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2018
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod413-40386
eindrucksvolle Belesenheit des Autors und seine klug verweisenden Querbezüge in einem überaus komplexen Forschungsfeld reich belohnt. Literatur de Man, Paul 1993: Die Ideologie des Ästhetischen, ed. Christoph Menke, Frankfurt am Main: Suhrkamp Devidi, Mirta 2019: “ Boris Roman Gibhardt 2018: Nachtseite des Sinnbilds. Die Romantische Allegorie ” , Rezension in: Philologie im Netz PhiN 87/ 2019: 70 - 76, im Internet abrufbar unter: http: / / web.fu-berlin.de/ phin/ phin87/ p87t4.htm [29. 03. 2021] Gibhardt, Boris Roman (ed.) 2020: Denkfigur Rhythmus. Probleme und Potenziale des Rhythmusbegriffs, Hannover: Wehrhahn Hess-Lüttich, Ernest W. B. (ed.) 1987: Text Transfers. Probleme intermedialer Übersetzung, Münster: Nodus Publikationen Hess-Lüttich, Ernest W. B. (ed.) 2006: Stile des Intermedialen. Zur Semiotik des Übergangs, Tübingen: Gunter Narr Ronzheimer, Elisa 2019: “ Das Nachleben der Allegorie in der Romantik ” , in: KulturPoetik. Journal for Cultural Poetics 2/ 2019, im Internet abrufbar unter: http: / / kulturpoetik.germanistik.uni-saarland. de/ manageartikel.php? action=show&id=537&resume=rezensionen [29. 03. 2021] Titzmann, Michael 2003: “ Semiotische Aspekte der Literaturwissenschaft: Literatursemiotik ” , in: Roland Posner, Klaus Robering & Thomas Sebeok (Hrsg.): Semiotik/ Semiotics. Ein Handbuch zu den zeichentheoretischen Grundlagen von Natur und Kultur (= HSK 13.3), Berlin/ New York: de Gruyter, 3028 - 3103 Boris Roman Gibhardt 2019: Vorgriffe auf das schöne Leben .Weimarer Klassik und Pariser Mode um 1800 (= Ästhetik um 1800 vol. 14), Göttingen: Wallstein, 583 pp., 49,00 € , ISBN 978-3-8353-3372-5 Kaum eine Periode der deutschen Literaturgeschichte gilt dem Laien als so gründlich erforscht wie die Weimarer Klassik um 1800. Wer außerhalb der Expertengemeinde meint, hier gebe nicht mehr viel Neues zu entdecken, dem sei das neue Buch des Berliner Komparatisten Boris Roman Gibhardt über das Verhältnis zwischen Weimarer Klassik und Pariser Mode zu jener Zeit empfohlen. Bis in alle Verästelungen des kulturellen Lebens und der ästhetischen Diskurse der Zeit hinein spürt der Autor diesem komplexen und nicht selten widersprüchlichen Verhältnis zwischen thüringischer Kleinstadt und französischer Metropole nach. Es entfaltet sich ein faszinierendes Panorama der Szenen und Zirkel und Netzwerke, in denen die maßgebenden Akteure sich inszenieren, zitieren und befehden. Das Buch will entgegen dem verbreiteten Eindruck von der elitären Abgrenzung der kanonischen Kunst vom lebensweltlich Schönen zeigen, “ dass in Weimar um 1800 gerade dem widerstrebenden Schönen diesseits der klassisch-überzeitlichen Schriftkultur ein besonderes Augenmerk galt ” (S. 11). Der scheinbar unversöhnliche Widerspruch zwischen deutscher ‘ Autonomieästhetik ’ und französischer ‘ Warenästhetik ’ wird elegant aufgelöst durch die Entzifferung des Beziehungsgeflechts zwischen Kultur und Alltag, zwischen humanistischem Ideal und lebenspraktischer Aneignung von Literatur (etwa am Beispiel der Leiden des jungen Werther und der durch dessen Lektüren ausgelösten Modewelle). Die Mode steht hier exemplarisch für die Erschließung neuer ästhetischer Erfahrungsmöglichkeiten durch die interessierte Öffentlichkeit, die ihr Schönheitsideal nicht mehr nur 386 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt) in hoher Kunst verwirklicht sieht, sondern auch in exklusiv gewählten Alltagsdingen und geschmackvoll arrangierten Interieurs und Gebrauchsgegenständen. Das schlägt sich auch im erweiterten Spektrum neuer Textarten nieder: Modejournale, Ratgeberliteratur, Werbeannoncen, Gazetten für Literatur, Kultur und Lebensart. Während die Geisteseliten der Klassik und des Klassizismus sich noch eher an Rom und Athen orientierten, schaute das informierte Bürgertum bereits nach Paris und nahm gern so manche Anregung auf. Die Verbindung von Stil und Freiheit, von Anmut und Aufklärung gewann an Attraktivität. Aber nicht in Form unkritischer Kultur-Transfers aus dem urbanen Pariser Milieu in die kleine Residenzstadt der Provinz, sondern als an literarischen Modellen geschulte Anverwandlung und Einverleibung. Schönheit durfte sich nicht in makelloser Oberfläche erschöpfen, sondern sollte durch Natürlichkeit die Kraft gewinnen, zum ‘ richtigen Leben ’ beizutragen; es galt Ästhetik mit Ethik zu verbinden, um zum Erziehungsideal zu avancieren; Kunst hatte sich auch im Alltag zu bewähren, um mit der schöneren Form zugleich das bessere Leben zu gewinnen. Die Beobachtung dieser Balance, jenseits klassizistischer Posen, führt Gibhardt zu der “ Forschungsfrage, in welchen Ausläufern ästhetischer Erfahrung die Kunst gleichsam beginnt und endet und nach welchen funktionalen Mustern wem welche Trennungen als sinnvoll und zeitgemäß erscheinen ” (S. 20). Antworten darauf sucht er im exemplarisch herangezogenen Weimarer Journal des Luxus und der Moden, dessen aufgeklärte Leser eine Art soziales Netzwerk bildeten, in dem sich die Eleganz der Pariser Modelle mit dem bürgerlichen Postulat der Mäßigung zu verbinden trachtete. Die breit angelegte Untersuchung will daher das Muster einer Transferbeziehung zwischen Paris und Weimar erweitern und der Frage nachgehen, welchen Einfluss die Pariser Vorstellungswelten auf das Weimarer Kulturleben hatten, wie sie sich “ insbesondere in der Mode als dem großen Übertragungsmedium von Kunst und Lebensstil ” entfalteten und eine “ Kultur der Aneignung ” prägten, “ die dem idealistisch-humanistischen Versprechen des guten Lebens gleichsam provokativ das mit Paris assoziierte Versprechen des schönen Lebens entgegenhielt ” (S. 22). Diese Fragen werden dann auf den weiteren 500 Seiten in vier Teilen genauer verfolgt, die die Frankreichs Hauptstadt und die Weimarer Klassik ins Verhältnis setzen, indem sie das Paris-Bild des klassischen Weimar nachzeichnen am Beispiel der Mode und des Stils, der Topographien des Urbanen, der Inszenierungen des Interieurs, des Goetheschen Kunstprogramms als Reaktion auf den Zeitgeist, der Weimarer Couture. Dabei richtet sich der kulturwissenschaftlich interessierte Blick insbesondere auf ausgewählte Werke Goethes; vor allem seine Wilhelm-Meister-Romane und die Wahlverwandtschaften werden im Hinblick auf vestimentäre Aspekte einer intensiven Lektüre unterzogen, wobei weniger auf die poetologischen Funktionen modischer Kleidung (wie im Werther: cf. Landfester 1995) oder die Narratologie textlich-textiler Gewebestrukturen (wie bei Gröner 2019) eingegangen wird als auf die Bedeutung der Farben für die Pariser und Weimarer Modestile (die in farbigen Abbildungen gut hätten zur Geltung gebracht werden können, was das Budget der Förderung des Buches durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft aber möglicherweise überstieg). Angesichts des hier liberal präsentierten Reichtums an Wissen und Belesenheit bleiben eigentlich kaum Wünsche offen, allenfalls hätte sich der stärker analytisch-kritisch Recent Readings - Reviews 387 motivierte Leser noch die eine oder andere methodische Ergänzung vorstellen können durch einen Blick auf den inzwischen sehr ertragreich ausgebauten transdisziplinären Forschungszweig der Fashion Studies, für den die vestimentäre Semiotik neben der kulturwissenschaftlichen Perspektive eine Schlüsselrolle einnimmt (und der etwa in der Deutschen Gesellschaft für Semiotik in einer eigenen Sektion repräsentiert wird - cf. zur Einführung z. B. Giannone et al. eds. 2005; König et al. eds. 2015; Lehnert 2015; Wenrich 2015). Insgesamt jedoch ein gewichtiges und gelehrtes Werk, mit aussagekräftiger Gliederung und zahllosen Verweisen in den Fußnoten, mit fast 80 Seiten Literaturangaben und einem Namenregister, das die in großer Zahl auftretenden historischen Persönlichkeiten schnell aufzufinden und zuzuordnen hilft. Literatur Giannone, Antonella, Doris Mosbach & Patrizia Calefato (eds.) 2005: Semiotik der Kleidung (= Zeitschrift für Semiotik 27.3), Tübingen: Stauffenburg Gröner, Carina 2019: Textgewebe. Goethes Erzähler in den Wilhelm-Meister-Romanen, Bielefeld: Aistheis König, Gudrun, Gabriele Mentges & Michael R. Müller (eds.) 2015: Die Wissenschaften der Mode, Bielefeld: transcript Landfester, Ulrike 1995: Der Dichtung Schleier. Zur poetischen Funktion von Kleidung in Goethes Frühwerk, Freiburg/ Brsg.: Rombach Lehnert, Gertrud 2015: Mode. Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis, Bielefeld: transcript Wenrich, Rainer (ed.) 2015: Die Medialität der Mode. Kleidung als kulturelle Praxis - Perspektiven für eine Modewissenschaft, Bielefeld: transcript Empfehlungen einiger Lehr- und Studienbücher Zum Abschluss möchte ich hier auf einige Bücher empfehlend hinweisen, die sich in den vergangenen Jahren in der Lehre vielfach bewährt haben und die ich in meinen Lehrveranstaltungen immer wieder den Teilnehmern meiner Seminare zur Lektüre ans Herz lege. Zur schnelleren Übersicht für den Leser orientiere ich dabei mit Dank an die Verlage, die mir die Bücher zur Prüfung überlassen haben, teilweise an deren Ankündigungen oder auch an den (z.T. von den Autoren selbst formulierten) Auszügen aus den Klappen- und Covertexten. Ammon, Ulrich 2015: Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt, Berlin/ München/ Boston: Walter de Gruyter, 1295 pp., 79,95 € , ISBN 978-3-11-019298-8 Das gewichtige Buch ist ein Standardwerk des Forschungsgebiets und zieht die Summe eines Lebenswerkes. Es liefert einen fundierten Überblick über die Stellung der deutschen Sprache in der Welt. Der kürzlich allzu früh verstorbene Duisburger Linguist beschreibt diese Stellung aus der globalen Konstellation konkurrierender internationaler Sprachen und der Weltsprache Englisch heraus. Dabei untersucht er die Bedingungen internationaler Kommunikation in Handlungsfeldern wie Wirtschaft, Wissenschaft, Diplomatie, Tourismus, Wortkunst, Medien und Fremdsprachenunterricht in ihren Bedingungen und Besonderheiten. Er weist auf die Vorteile der starken internationalen Stellung einer 388 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt)