Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
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2018
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Empfehlungen einiger Lehr- und Studienbücher
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2018
Ernest W. B. Hess-Lüttich
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motivierte Leser noch die eine oder andere methodische Ergänzung vorstellen können durch einen Blick auf den inzwischen sehr ertragreich ausgebauten transdisziplinären Forschungszweig der Fashion Studies, für den die vestimentäre Semiotik neben der kulturwissenschaftlichen Perspektive eine Schlüsselrolle einnimmt (und der etwa in der Deutschen Gesellschaft für Semiotik in einer eigenen Sektion repräsentiert wird - cf. zur Einführung z. B. Giannone et al. eds. 2005; König et al. eds. 2015; Lehnert 2015; Wenrich 2015). Insgesamt jedoch ein gewichtiges und gelehrtes Werk, mit aussagekräftiger Gliederung und zahllosen Verweisen in den Fußnoten, mit fast 80 Seiten Literaturangaben und einem Namenregister, das die in großer Zahl auftretenden historischen Persönlichkeiten schnell aufzufinden und zuzuordnen hilft. Literatur Giannone, Antonella, Doris Mosbach & Patrizia Calefato (eds.) 2005: Semiotik der Kleidung (= Zeitschrift für Semiotik 27.3), Tübingen: Stauffenburg Gröner, Carina 2019: Textgewebe. Goethes Erzähler in den Wilhelm-Meister-Romanen, Bielefeld: Aistheis König, Gudrun, Gabriele Mentges & Michael R. Müller (eds.) 2015: Die Wissenschaften der Mode, Bielefeld: transcript Landfester, Ulrike 1995: Der Dichtung Schleier. Zur poetischen Funktion von Kleidung in Goethes Frühwerk, Freiburg/ Brsg.: Rombach Lehnert, Gertrud 2015: Mode. Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis, Bielefeld: transcript Wenrich, Rainer (ed.) 2015: Die Medialität der Mode. Kleidung als kulturelle Praxis - Perspektiven für eine Modewissenschaft, Bielefeld: transcript Empfehlungen einiger Lehr- und Studienbücher Zum Abschluss möchte ich hier auf einige Bücher empfehlend hinweisen, die sich in den vergangenen Jahren in der Lehre vielfach bewährt haben und die ich in meinen Lehrveranstaltungen immer wieder den Teilnehmern meiner Seminare zur Lektüre ans Herz lege. Zur schnelleren Übersicht für den Leser orientiere ich dabei mit Dank an die Verlage, die mir die Bücher zur Prüfung überlassen haben, teilweise an deren Ankündigungen oder auch an den (z.T. von den Autoren selbst formulierten) Auszügen aus den Klappen- und Covertexten. Ammon, Ulrich 2015: Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt, Berlin/ München/ Boston: Walter de Gruyter, 1295 pp., 79,95 € , ISBN 978-3-11-019298-8 Das gewichtige Buch ist ein Standardwerk des Forschungsgebiets und zieht die Summe eines Lebenswerkes. Es liefert einen fundierten Überblick über die Stellung der deutschen Sprache in der Welt. Der kürzlich allzu früh verstorbene Duisburger Linguist beschreibt diese Stellung aus der globalen Konstellation konkurrierender internationaler Sprachen und der Weltsprache Englisch heraus. Dabei untersucht er die Bedingungen internationaler Kommunikation in Handlungsfeldern wie Wirtschaft, Wissenschaft, Diplomatie, Tourismus, Wortkunst, Medien und Fremdsprachenunterricht in ihren Bedingungen und Besonderheiten. Er weist auf die Vorteile der starken internationalen Stellung einer 388 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt) Sprache für ihre Sprecher hin und leitet daraus ihre sprachenpolitischen Interessen ab. Wichtige Themen sind Status und Funktion der deutschen Sprache in international operierenden Unternehmen, in der Wissenschaft, in der Europäischen Union und im Internet. Außerdem stellt er die Förderung der deutschen Sprache durch die deutschsprachigen Staaten vor und macht eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen. Das Buch bietet zudem zahlreiche methodische Hinweise und zeigt weitere Forschungsdesiderate auf. Wer sich intensiver mit der gegenwärtigen Stellung der deutschen Sprache in der Welt beschäftigen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Bendel Larcher, Sylvia 2015: Linguistische Diskursanalyse. Ein Lehr- und Arbeitsbuch, Tübingen: Narr Francke Attempto, 256 pp., 22,99 € , ISBN 978-3-8233-6868-7 Gute Einführungen in die linguistische Diskursanalyse gibt es mittlerweile zuhauf. Aber die hier von der Luzerner Linguistin Sylvia Bendel Larcher vorgelegte Übersicht über die wichtigsten Zweige der Diskursforschung kann ich für den Seminargebrauch besonders empfehlen, denn die Studenten bekommen darin auch eine methodische Anleitung zur Durchführung eigener Diskursanalysen, wie sie in dieser Ausführlichkeit im deutschen Sprachraum bisher nicht vorliegt. Außerdem werden sie nicht nur in der kritischen Untersuchung schriftlicher Texte unterwiesen, sondern auch in der von Gesprächen und Bildern. In den Methodenkapiteln folgt die Autorin der Forschungslogik: von der Corpusbildung über die Analyse einzelner Texte zur Identifikation textübergreifender diskursiver Muster bis hin zur Gesellschaftsanalyse. Exemplarisch werden die Instrumentarien anhand von Texten aus der Managementliteratur vorgeführt. Man hätte auch Texte aus anderen gesellschaftlichen Domänen auswählen können, um die Studenten zur kritischen Auseinandersetzung mit Texten z. B. politischer Werbung zu befähigen, was in Zeiten von fake news und Verschwörungsmythen notwendiger denn je erscheint. Birkner, Karin, Peter Auer, Angelika Bauer, Helga Kotthoff 2020: Einführung in die Konversationsanalyse, Berlin/ Boston: Walter de Gruyter, 506 pp., 24,95 € , ISBN 978-3- 11-019612-2 Die Freiburger Linguisten haben hier gemeinsam ein Studienbuch verfasst, das übersichtlich und trotzdem fundiert in den immer weiter ausgreifenden Zweig der linguistischen Gesprächsanalyse einführt. Ihre Einführung bietet einen guten fachübergreifenden Überblick über die wesentlichen Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse der modernen Konversationsanalyse, die ja auch in anderen Disziplinen (wie Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaften) zunehmend an Bedeutung gewinnt und auch in diversen Praxisfeldern wie Kommunikationstrainings und Sprachtherapie fruchtbar Anwendung finden kann. In sechs Kapiteln stellen die Autoren die wichtigsten Ansätze und Konzepte vor, die Strukturelemente der Gesprächseröffnung und - beendigung sowie der Organisation des Sprecherwechsels, erklären die Sequenzstrukturen und die Reparaturmechanismen, üben die Techniken der Verschriftlichung mündlicher Gespräche und zeigen auf, wie das Erzählen in Gesprächen funktioniert. Hervorzuheben sind vor allem die zahlreichen Interaktionsausschnitte aus Alltag und Institutionen, die den Studenten die Authentizität solcher Gespräche und die Praxisrelevanz ihrer Analyse Recent Readings - Reviews 389 veranschaulicht. Hilfreich zudem die kundig kumulierte Bibliographie, das zweisprachige Glossar und das Sachregister. Burger, Harald & Martin Luginbühl 4 2014: Mediensprache. Eine Einführung in Sprache und Kommunikationsformen der Massenmedien, Berlin/ Boston: Walter de Gruyter, 544 pp., 24,95 € , ISBN 978-3-11-028591-8 Seit der Zürcher Germanist und Linguist Harald Burger 1984 seine erste Einführung in die Sprache der Massenmedien vorlegte, ist viel Zeit ins Land gegangen. Seither ist das mit jeder Auflage erweiterte Buch ein Dauerbrenner und gehört zur Standardlektüre einschlägiger Seminare. Längst ist Burgers Schüler Martin Luginbühl, heute Ordinarius in Basel, zum gleichberechtigten Co-Autor avanciert und hat eigene Akzente gesetzt. So bietet das Buch heute immer noch eine gute Einführung in den aktuellen Stand der Medienlinguistik, die es mit einem rasch expandierenden und sich ständig verändernden Mediensystem zu tun hat. Es stellt nicht nur die grundlegenden kommunikationstheoretischen Begriffe vor und die zentralen medienlinguistischen Konzepte wie Autor, Medium, Kommunikationsform, Medientext, Intertextualität, sondern beschreibt auch die wichtigsten sprachlichen Phänomene in den heutigen deutschsprachigen Massenmedien Presse, Radio und Fernsehen anhand von aktuellem Beispielmaterial (Mündlichkeit und Schriftlichkeit, das sprachliche Profil des Moderators, mediale Textsorten, insbesondere Nachrichten, ihre kulturellen und narratologischen Aspekte, Standardsprache und Dialekte etc.). Gegenüber früheren Auflagen gewinnen neue Fragen und Begriffe an Gewicht, die im letzten Quartal des vergangenen Jahrhunderts noch keine oder eine weniger zentrale Rolle spielten. Das Verhältnis der Sprache zu anderen Zeichensystemen (Bilder, Geräusche) rückt jetzt aus eigenem Recht in den Blick und vor allem der Wandel klassischer Medientexte im Zeichen der Neuen Medien. Deshalb erfuhr das Buch eine substantielle Erweiterung und Ergänzung um Kapitel, in denen neue Konzepte der Hypertextualität, Non-Linearität, Intermedialität, Multimodalität, Virtualität usw. erklärt und die Unterschiede zwischen analogen und digitalen Pressetexten beschrieben werden. Genz, Julia & Paul Gévaudan 2016: Medialität, Materialität, Kodierung. Grundzüge einer allgemeinen Theorie der Medien, Bielefeld: transcript, 236 pp., 29,99 € , ISBN 978-3-8376- 3600-0 Wer sich gegenüber dem vorgenannten Buch stärker für die zeichentheoretischen Grundlagen der Medienanalyse interessiert, sei unbedingt auf das Buch der Tübinger Wertheimer-Schülerin (die an der Hochschule Witten-Herdecke Komparatistik lehrt) und des Paderborner Romanisten hingewiesen, die darin so etwas wie eine allgemeine Medientheorie skizzieren, die mediale Ereignisse auf ihre kommunikativen, materiellen und semiotischen Aspekte hin untersucht. Ihr Konzept erhebt den Anspruch, Grundbegriffe für eine kohärente Beschreibung von einfachen und komplexen, neuen und alten Medien sowie von diversen Medienkonstellationen zu entwickeln und über die begriffliche Einordnung unterschiedlicher medientheoretischer Ansätze hinaus natürlichen, artifiziellen, individuellen und digitalen Medien gleichermaßen gerecht zu werden. Von publizistikwissenschaftlichen Einführungen in die Medientheorie hebt sich das Buch 390 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt) wohltuend dadurch ab, dass es sich nicht auf die gängigen Massenmedien konzentriert, sondern einen semiotisch fundierten Medienbegriff formuliert, der nicht-reduktionistisch und transdisziplinär Medien als Mittel der Kommunikation in allen ihren Formen, Ausprägungen und fachsystematischen Zuordnungen zum Gegenstand zu machen erlaubt, also neben den üblichen elektronischen Apparaturen auch Literatur, Theater, Musik, Symbol- und Notationssysteme, Werbeplakate, Signale zur Verkehrsregelung, mimisch-gestische Zeichenrepertoires und vieles mehr. Gegen den Vorwurf der Entgrenzung des Medienbegriffs sichern die Autoren klug sich ab, indem sie Medienkommunikation konsequent als Semiose-Prozess beschreiben. Deshalb kann das Buch Studenten empfohlen werden, die sich den Blick auf eine medial geprägte Welt nicht einengen lassen wollen auf das, was gerade in die Schublade ihres Faches passt. Hoffmann, Ludger (ed.) 4 2019: Sprachwissenschaft. Ein Reader, Berlin/ Boston: Walter de Gruyter, 1109 pp., 39,95 € , ISBN 978-3-11-058295-6 In der bewährten Tradition der angelsächsischen Textbooks versammelt der umfangreiche Band klassische Texte zu zentralen Bereichen und wichtigen Theorien der Sprachwissenschaft. Der Herausgeber, Emeritus der TH Dortmund, hat hier in bereits vierter und erneut erweiterter Auflage Originaltexte von Frege, Paul, de Saussure, Bühler, Bloomfield, Wittgenstein, Austin, Grice, Chomsky, Goldberg, Tomasello und vielen anderen zusammengestellt, denen jeweils einführende Darstellungen vorausgehen, die den Studenten die nötigen Voraussetzungen für einen selbstständigen Zugang zu den jeweiligen Texten und deren kritisch-vergleichende Lektüre anbieten. Das Buch gliedert sich in acht Bereiche, die den Seminarteilnehmern anhand der Grundlagentexte einen fundierten Einstieg in und die folgenden Gegenstandsbereiche erlauben: Sprachtheorien; Sprache und Handlung; Diskurs und Konversation; Laute, Töne, Schriftzeichen; Wortform, Wortstruktur, Wortart; Satz, Äußerung, Text; Bedeutung; linguistische Diskussion. Transkripte und Aufgaben ermöglichen überdies praktische Übungen. Der Reader ist nicht nur ein Arbeitsmittel zur Einführung in die grundlegenden Fragen der Sprachwissenschaft, sondern eignet sich auch zur Examensvorbereitung und vertieften Auseinandersetzung mit den sprachbezogenen Überlegungen der renommiertesten Vertreter ihres Faches. Krasni, Jan 2017: Schuld und Krise. Bonuszahlungen und Verantwortung in Mediendarstellungen der Finanzkrise, Wiesbaden: Springer VS, 320 pp., 49,99 € , ISBN 978-3-658-18150-5 Das Buch des jungen serbischen Germanisten, Kultur- und Medienwissenschaftlers (aber auch literarischen Autors und Lyrik-Herausgebers) aus Belgrad, der nach verschiedenen Stationen ab 2021 am Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin tätig sein wird, ist aus seiner Konstanzer Dissertation hervorgegangen, die dem seinerzeit hochaktuellen und immer noch höchst relevanten Thema der “ Darstellung der Schuld an der Finanzkrise in den deutschen online-Medien ” gewidmet war. Jan Krasni untersucht in seinem Buch im Blick auf die Frage nach der Verantwortung nicht nur die Konstruktion entsprechender Erklärungs-, Argumentations- und Erinnerungsmuster aus mediensemiotischer und diskursanalytischer Perspektive, sondern auch die ideologische Prägung des Finanzmarkt-Diskurses in Mainstreammedien anhand von Darstellungen Recent Readings - Reviews 391 ausgewählter deutscher Nachrichtenportale. Der Autor kombiniert dabei multimodale und polyphone Ansätze der Diskurslinguistik mit soziosemiotischer Medientextanalyse und finanzmarktsoziologischen Ansätzen. Dieser methodologische Apparat ermöglicht eine kritische Beschreibung der diskursiven und dispositiven Praxis der online-Sinnproduktion. Die dynamischen Text- und Medienformate auf den Newswebseiten sind ein komplexes Phänomen, dessen Untersuchung ihm die interdisziplinäre Verbindung von Semiotik und (linguistischer) Diskursanalyse einerseits und von Medienwissenschaft einschließlich der datenkritisch orientierten Digital Humanities andererseits erlaubt. Neben der Konstruktion von polymodalen Kommunikaten und ihrer persuasiven Rolle in Propagandadiskurs interessiert Krasni aber auch der Aspekt der multimodalen (Pseudo-) Argumentation sowie das Verhältnis dieser Einheiten mit der öffentlichen, also mediatisierten Erinnerung (das Problem der key visuals oder Erinnerungsbilder). Die kultur-, text- und medienwissenschaftlichen Perspektiven weiß der Autor durch seinen (sozio-) semiotischen Ansatz theoretisch anspruchsvoll zu verknüpfen. 392 Ernest W. B. Hess-Lüttich (Berlin/ Kapstadt)
