Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
826
2024
422-4
Farben und andere Qualizeichen
826
2024
Götz Wienold
Material properties are basic to all signs, be they visual, auditive, taktile, or else. In Peircean semiotics they are called qualisigns, and there are no signs which are not made of qualisigns. All their uses function in historical and social contexts. The best analyzed qualisigns are the distinctive features of phonology, just as linguistics has become an epitome of semiotics. Here I try to follow qualisigns in several other sign practices: nonverbal behaviour, object design, clothing, photography, sculpture, painting, and literature, and I select colours, the qualisigns foremost appealing to our senses, as primary examples. Like the distinctive features of phonology, qualisigns of various kinds are bound to one another, but a binary manifestation is not assumed here. The presentation is selective and in no way meant to be comprehensive. Metonymic relationships of qualisigns to higher semiotic entities, such as arguments in Peircean terminology, appear to have special relevance.
kod422-40177
K O D I K A S / C O D E Volume 42 (2019) · No. 2 - 4 Gunter Narr Verlag Tübingen Farben und andere Qualizeichen in Objektgestaltung, Sprache, Literatur, bildender Kunst und im nichtsprachlichen Verhalten Götz Wienold (Tokyo/ Berlin) Abstract: Material properties are basic to all signs, be they visual, auditive, taktile, or else. In Peircean semiotics they are called qualisigns, and there are no signs which are not made of qualisigns. All their uses function in historical and social contexts. The best analyzed qualisigns are the distinctive features of phonology, just as linguistics has become an epitome of semiotics. Here I try to follow qualisigns in several other sign practices: nonverbal behaviour, object design, clothing, photography, sculpture, painting, and literature, and I select colours, the qualisigns foremost appealing to our senses, as primary examples. Like the distinctive features of phonology, qualisigns of various kinds are bound to one another, but a binary manifestation is not assumed here. The presentation is selective and in no way meant to be comprehensive. Metonymic relationships of qualisigns to higher semiotic entities, such as arguments in Peircean terminology, appear to have special relevance. Keywords: qualisigns, distinctive features, Barthes ’ semiotics, Peirce ’ s semiotics, structure of arguments, ornament, non-mimetic signs, historical and social context of all semiotic practices, Bourdieu ’ s critique of structural linguistics, object design, clothing, photography, sculpture, painting, literature, loading of qualisigns Zusammenfassung: Materielle Eigenschaften sind grundlegend für alle Zeichen, visuelle, auditive, tactile und andere. In der Peirce folgenden Semiotik werden sie Qualizeichen genannt. Es gibt keine Zeichen, die nicht aus Qualizeichen gebildet sind. Ihr Gebrauch ist durch historische und soziale Kontexte bestimmt. Die distinktiven Merkmale der Phonologie sind die am besten analysierten Qualizeichen wie die Linguistik Vorbild für semiotische Analysen überhaupt geworden ist. Ich verfolge beispielhaft Qualizeichen im nichtverbalen Verhalten, in der Objektgestaltung, in Kleidung, Fotografie, Skulptur, Malerei und Literatur. Qualizeichen treten typisch in Verbindungen auf, eine binäre Manifestation wie in der Phonologie wird aber nicht angenommen. Metonymische Beziehungen von Qualizeichen zu höheren semiotischen Einheiten erscheinen als von besonderer Relevanz. Schlüsselbegriffe: Qualizeichen, distinktive Merkmale, Barthes ’ Semiotik, Peirce ’ s Semiotik, Struktur von Argumenten, Ornament, nichtmimetische Zeichen, historischer und sozialer Kontext aller Zeichenpraktiken, Bourdieus Kritik der strukturalistischen Linguistik, Objektgestaltung, Kleidung, Fotografie, Skulptur, Malerei, Literatur, Aufladen von Qualizeichen 1 Qualizeichen als semiotische Kategorie 1.1 Qualizeichen, fundamental für alle Zeichen Braun, schwarz, blau, grün, rot, grau, orange - Farben von Hemden von Männern einer politischen Formation in nur einer Farbe. Sie werden meist offen getragen, zeigen Zugehörigkeit der Hemdenträger und ihre Kampfbereitschaft in öffentlichen Auseinandersetzungen an. Die Rothemden Garibaldis in Italien um 1860 (Mann 2003, 94) waren wohl die ersten, ab 1920 proliferieren die politischen Farben in Männerhemden. Mussolinis Faschisten trugen schwarze, so auch die Kittelbach-Piraten, eine Gruppierung der rechten bündischen Jugend in Deutschland (Kämper 2015, 53) und Himmlers SS, Hitlers und Röhms Sturmabteilungen (SA) braune, genauso die mit Nazi-Deutschland sympathisierenden Schweizer Frontisten (Schenk 2003,194) 1 , grüne trugen in den 30ern in Frankreich die Männer Henri Dorgères (Goodfellow 2013, 98) sowie Joseph Bilgers Bauernbund im Elsass, in ihnen führte Bilger seine Männer in die Nazi-Partei, während die klerikalen Autonomisten graue Hemden trugen (Goodfellow 1999, 39 - 41, 92 - 99, 152 f.), es gab auch eine “ Jungmannschaft ” in braunen (Goodfellow 2013, 95). Die irischen, von Jesuiten geförderten Faschisten des General O ’ Duffy, 1933 verboten, im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite Francos kämpfend, trugen blaue Hemden (Pittler 2022, 52 f.) genau wie die Nationalisten des Diktators Chiang Kai-shek in China (Grasso/ Corrin/ Kort 1997, 103 f.), mit blau identifiziert sich noch heute die ihm nachgefolgte taiwanesische Kuomintang, während grün nun wieder die Farbe der DDP ist, die die Unabhängigkeit der Insel propagiert (Copper 2007, 137, 205). Blau waren die Hemden der FDJ in der DDR, die Pfadfinder tragen beige-braune Hemden, die Mitglieder der Kolping-Jugend schließlich orangene, zu Beginn der Nazi-Zeit wurden diese auch zu Zeichen des Kampfes. 2 Orange war auch die Farbe der bulgarischen Orangenen Garde, mit offiziellem Namen die Bulgarische Agrarische Nationale Union (BANU) (Detrez 1997, 242 f.). In den 30ern des vergangenen Jahrhunderts waren, so Goodfellow 2013, die politische Formationen auszeichnenden Farben vor allem Zeichen für einer Identität bedürftige Männer einer Klasse, die sich sozial benachteiligt fühlte. Solche Hemden waren primär nicht als Hemden, sondern durch ihre Farben Zeichen. Die Farben zeigten an, für welche Gruppen und sozialen Kräfte die Träger der Hemden antraten. Die Charles Sanders Peirce folgende Semiotik nennt solche Zeichen Qualizeichen. Ein Qualizeichen ist eine Qualität von etwas, das als Zeichen fungiert, ohne dieses kann ein Qualizeichen nicht in Erscheinung treten, Farben nicht, ohne die Farbe von etwas zu sein. Auch wenn einer Farbe zugeschrieben wird, sie drücke etwas Bestimmtes aus, grau etwa 1 So nannte man die Mitglieder der “ Kampfgemeinschaft neue Nationale Front ” , kurz auch “ Nationale Front ” genannt (Lachmann 1962, 80 f.). 2 Alfons Barth berichtet, am 8. Juni 1933 hätten in München SA-Leute in braunen Hemden Mitglieder der Kolping-Jugend zusammengeschlagen und ihnen die orangenen Hemden ausgezogen: vor-ort.kolping.de/ kolpingfamilie-muenchen-zentral/ vor-85-jahren-kolpingtag-1933, eingesehen am 24.11.2023. 178 Götz Wienold Traurigkeit oder Alter oder Weisheit oder Intelligenz (Gallienne 2017, 59), so kann sie das nur als Farbe von einem Etwas. Mit diesem Etwas, dessen Qualität sie sind, werden Farben als Zeichen wahrgenommen. 3 Peirce schreibt: “ It cannot actually act as a sign until it is embodied, but the embodiment has nothing to do with its character as a sign. ” (Peirce 1903, 142) Qualizeichen haben, da sie unselbständig sind, für sich keine Kraft, können aber, wenn sie das dominierende Element sind, z. B. Uni-Farben von Hemden in politischen Formationen, die Kraft des Zeichens bestimmen. Eine Person, die ein solches Hemd in der Öffentlichkeit trägt, erklärt sich selbst als Angehöriger einer Bewegung und handelt für sie. Zeichen haben am Ort und zur Zeit ihres Auftretens, d. h. in entsprechender Semiose, Kraft, ähnlich wie die Sprechakttheorie von der Kraft von Illokutionen spricht. 4 Kraft von Qualizeichen kann, wie an den Hemdfarben und anderen politischen Farben zu sehen, körperliche Gewalt werden. Wie stark die Interpretation eines Zeichenkomplexes nach Farben und anderen Qualizeichen ausschlägt, werden wir an vielen Beispielen erfahren. Wie jedes Zeichen an einem Ort und innerhalb einer Zeitspanne auftritt, so bedarf gleichfalls also jedes Zeichen einer physischen Beschaffenheit. Indexikalität und Materialität sind allen Zeichen fundamental. Die Differenz zwischen Zeichen zeigt sich zuerst in ihren Qualitäten. Ins Auge fallen am ehesten Farben und Gestaltmerkmale von Objekten wie deren bildlichen Repräsentationen. Obwohl Qualizeichen grundlegend für alles Zeichenhafte sind, scheint ihnen wenig gründliche Aufmerksamkeit gegolten zu haben, vor allem nicht in verschiedene Zeichenpraxen übergreifender Weise. Sie sind so selbstverständlich, dass man sie weiter nicht beachtet. Am besten untersucht sind dank der Entwicklung der Linguistik seit dem 18. Jahrhundert die Qualitäten der phonischen Repräsentation von Sprachen, ihre allgemeinen Funktionen, semantische und pragmatische Differenzen zu tragen, wie ihre von Sprache zu Sprache unterschiedlichen Ausprägungen. Seit Morris Halle und Roman Jakobsen werden diese als Qualitäten von “ Bedeutungen ” tragenden lautlichen Einheiten (Phonemen) verstanden und distinktive Merkmale (distinctive features) genannt (Halle/ Jakobson 1954, vgl. Chomsky/ Halle 1968 und Clements/ Hume 1995). Der Begriff der Differenziertheit geht auf Ferdinand de Saussure zurück, ohne bei ihm mit dem Begriff des Qualizeichens oder einem Äquivalent verbunden zu sein. Die von de Saussure angestoßene, in der Prager Schule (Muka ř ovsky und andere), bei Louis Hjelmslev und seinen Nachfolgern sowie bei den französischen Semiologen ausgebildete und, so auch besonders von Roland Barthes, weitergeführte Semiotik folgte de Saussures zweipoligem Zeichenbegriff mit der bekannten Unterscheidung von signifiant und signifié. Im zweibegrifflichen Zeichenmodell werden die Zeichen bestimmenden materiellen Qualitäten nur als Differenziertheiten des signifiant greifbar. 5 In seinen Éléments de sémiologie entwickelt 3 Der Qualizeichencharakter von Farben geht in manchen pychologischen Experimenten zur Farbwirkung, z, B. denen von Alleschs zur “ Wohlgefälligkeit ” von Farben, verloren. Als “ physikalisch festgelegtes Licht oder Lichtgemisch ” werden Farben im Vergleich zu anderen Farben von den gleichen Versuchspersonen bei unterschiedlichen Gelegenheiten oft unterschiedlich beschrieben und eingestuft (von Allesch 1925, 32). Hier sind die Farben entsprechend nicht als Qualizeichen sondern als Sin-Zeichen zu kategorisieren. Von Allesch nennt selbst seine Versuche “ lebensfern ” (ebd., 32). 4 Vgl. Wienold 1995, 54 ff. zur Kraft von Inschriften, weiter Wienold 2017, 390; 2024. 5 Eine wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung müsste die Ergebnisse von semiotischen Analysen der Tradition de Saussure wie der Tradition von Peirce hinsichtlich der Qualizeichen vergleichend aufarbeiten. Farben und andere Qualizeichen 179 Roland Barthes eine Perspektive, wie er sich die Übertragung von de Saussures speziell für die Linguistik erarbeiteter Begrifflichkeit auf die Analyse anderer menschlicher Zeichenpraxen vorstellt (Barthes 1964 = Barthes 1985, 17 - 84). Als er schrieb: “ Discuté en phonologie, inexploré en sémantique, le binarisme est la grande inconnue de la sémiologie. ” (1985, 72), tat er das wohl ohne genauere Kenntnis der distinctive feature - Theorie in Halle und Jakobsons Fundamentals of Language, obwohl diese seit 1954 vorlag, und mit noch rudimentärerer Vorstellung, wie eine binäre Analyse semantischer Eigenschaften angelegt sein könnte, obwohl hier, allerdings für höchst eingeschränkte Bereiche, Vorschläge vorlagen (Lyons 1977, 317 - 335, Geeraerts 2010, 70 - 80, Goddard 2011, 51 - 63, fassen die Forschungen hierzu zusammen). Barthes forderte, die Semiologie solle ein “ système complet des ressemblances et de différences ” anhand einer Stichprobenerhebung (échantillonage) aus einem “ gesättigten ” Korpus erstellen (1985,82). 6 Das heißt in Peircesche Terminologie übersetzt: für jede Zeichenpraxis ein System der Qualizeichen erarbeiten. Barthes selbst hat aber, soweit ich sehe, eher beispielhafte Proben seines Verständnisses gegeben, z. B. wie er Haar- und Barttracht eines öffentlich auftretenden französischen Priesters interpretiert oder Frisuren und schwitzende Gesichter von Schaupielern in einem Film (Barthes 1982, 30 - 32, 43 - 46), an anderer Stelle die Austattung des Ambientes in Filmen, zum Beispiel des Umgangs mit dem Telefon (Barthes 1985, 252 f.) oder den Reichtum der Zeichenwelt in Japan (Barthes 1970). Eine Zusammenstellung von Rhemata traditioneller japanischer Gärten (Wienold 2015, 25 - 29; zuerst Wienold 1991, 127 - 129) erfüllt beispielhaft Barthes ’ Forderung. Hjelmslev und Barthes haben sich durch den zweipoligen Zeichenbegriff gedrängt gefühlt, zwei Stufen der Beziehung von signifiant und signifié anzusetzen. Ein Beispiel aus Barthes ’ Mythologies: Auf einem Titelbild von Paris Match grüßt ein farbiger Soldat in französischer Uniform die französische Flagge. Über der ersten Stufe eines solchen Verständnisses ist in zweiter Stufe das Bild in dem Sinne zu lesen: “ daß Frankreich ein großes Imperium ist, daß alle seine Söhne ohne Unterschied der Hautfarbe treu unter seiner Farbe dienen und daß es kein besseres Argument gegen die Widersacher eines angeblichen Kolonialismus gibt als den Eifer dieses jungen Negers, seinen angeblichen Unterdrückern zu dienen. ” (Barthes 1982, 95) Hjelmslev und seine Nachfolger unterscheiden, um Medien wie Literatur, Film oder Werbung semiotisch analysieren zu können, von einem “ denotativen ” ein “ konnotatives ” Zeichensystem, das auf dem ersteren operiert. Das denotative Zeichensystem wird zum signifiant des konnotativen (Hjelmslev 1961, 16 - 18). Im Begriff signifié fällt Peirces Unterscheidung von Objektbezug und Interpretant zusammen. Der dritte Pol im Peirceschen Modell von Zeichenträger, Objektbezug und Interpretant macht die Zweistufigkeit überflüssig. Erst der Interpret vollzieht eine Interpretation, es gibt kein der Interpretation vorgängiges “ Bedeutetes ” (signifié). (Interpretationen mögen selbstverständlich in der jeweiligen Semiose früher vollzogene Interpretationen nachvollziehen.) Die Identifikation des Zeichenträgers, die Erkenntnis seines Objektbezugs und die Festlegung der Interpretation vollziehen sich in der Semiose des Teilnehmers (vgl. Wienold 6 Barthes folgt allerdings diesem Prinzip in seinem Buch über die Photographie explizit nicht (Barthes 1983, 16 f.). 180 Götz Wienold 1972, 16 - 21). 7 Vermutlich ist überdies das Bild von Paris Match gar nicht aus seinem “ eigentlichen ” Kontext abgezogen, sondern für das Titelbild hergestellt oder mindestens dafür bearbeitet worden. Die Semiotik vollzieht schon bei de Saussure den Übergang von der Einzelwissenschaft der Linguistik zur Wissenschaft aller Zeichenpraxen; sie unifiziert wie diversifiziert gleichermaßen. In diesem Aufsatz möchte ich vorführen, wie das Konzept des Qualizeichens dazu taugt, von seiner Ausarbeitung in der Linguistik ausgehend ein analytisches Instrument weiterer Zeichenpraxen zu entwickeln. Das Spektrum der Zeichenpraxen und die Fülle der Qualizeichen überwältigt, sobald man Genauigkeit anstrebt und der Vollständigkeit sich auch nur annähern möchte. Hier und jetzt geht es nur darum, einer Analyse von Qualizeichen den Weg zu bahnen. Ich wähle im Teil II dieses Aufsatzes die Zeichenpraxen des nichtverbalen Verhaltens, der Objektgestaltung, der Kleidung, der Fotografie, Skulptur und Malerei sowie der Literatur aus. Zuvor sollen noch einige weitere allgemeine Aspekte von Qualizeichen angesprochen werden. 1.2 Qualizeichen in Peirces Triaden Das Qualizeichen gehört in Peirces Zeichenklassifikation 8 zu den Kategorien der ersten Triade, den drei Kategorien des Zeichenträgers. Unselbständig, wie gesagt, wird es realisiert in einem auftretenden, d. h. als Zeichen verstandenen Zeichen, von Peirce Sin-Zeichen ( “ singuläres Zeichen ” ) genannt. Hat dieses dank einer Konventionalität einen fest bestimmten, in diesem Sinne “ gesetzmäßigen ” , Charakter, nennt Peirce es ein Legi-Zeichen. Jeder Zeichenträger, ob Sin- oder Legi-Zeichen, hat ihn differenzierende Qualitäten. 9 So sind die Qualizeichen allen Zeichen fundamental. Für Index, Ikon und Symbol, die Kategorien der zweiten Triade, der des Objektbezugs, seien jeweils einige Beispiele genannt. Qualizeichen von Indizes wie denen der Verkehrszeichen sind die Farben weiß, schwarz, rot, blau, gelb und orange, geometrische Gestalten wie Quadrat, Dreieck, Kreis und Linie. Quadrat und grün finden wir neben dem Ikon eines Laufenden im bekannten Fluchtwegzeichen wieder. Durch Abstraktion stark reduzierte Ikone von Bäumen oder Hecken als Abgrenzungen von Trottoirs gegenüber Fahrbahnen in Japan tragen die Farbe Grün und setzen sich aus wenigen senkrechten, schrägen und gebogenen Linien zusammen. Die Farbe Grün löst sich gar von der ikonischen Gestalt und erscheint als grüner Streifen auf den Längsstäben der Abgrenzungen (Wienold 2015, 90 - 94, Abb. 28, 29, 31). Farben erscheinen häufig wie schon in den eingangs genannten Hemdfarben als Symbol. Judas als Verräter versinnbildlichten Gemälde des Kusses vor den Häschern oder beim letzten Abendmahl in einem ganz gelben Gewand. Auf Giottos Bild des Judaskusses in der Arenakapelle von Padua umfängt im Zentrum Judas in einem weiten, 7 Zur Kritik an de Saussures vom Wort der Sprache ausgehenden Zeichenbegriffs vgl, auch Wienold 1972, 20 f. Bei Muka ř ovsky entspricht der Zweistufigkeit Barthes ’ und Hjelmslevs die Unterscheidung von “ autonomous sign ” und “ informational sign ” , statt “ communicability ” wäre, Peircisch gesprochen, “ interpretability ” zu sagen (Muka ř ovsky 1976a). 8 Vgl. Fisch 1978, Walther 1979, 56 f., 62 ff., Nöth 2000, 65 f. 9 Nöth (2000, 65) nimmt einen Gedanken von Jakob Liszka auf, der Gesang einer Vogelart sei Legi-Zeichen, entbehre aber der Konventionalität. Das kann aber nur für Menschen zutreffen, die Vogelstimmen hören. Sie zählen nicht zu den Teilnehmenden, denen die jeweiligen Vogelstimmen gelten, d. h. den Vögeln der jeweiligen Art. Für diese muss man, denke ich, auf jeden Fall Konventionalität annehmen. Farben und andere Qualizeichen 181 hellgelben Gewand Jesus so gewaltig, dass von diesem nur Kopf mit Heiligenschein und ein Stück Schulter zu sehen sind (vgl. Monstadt 1995, 82; Banzato 2003, 95 mit Abb.). Auch auf einer Folge von fünf Passionsbildern aus der Basler Werkstatt Hans Holbeins des Jüngeren ist Judas in tiefem reichem Gelb gewandet und wie bei Giotto im Zentrum des Bildes. Gelb trägt auch der Mann, der Pilatus das Wasser reicht, um seine Hände in Unschuld zu waschen und des Soldaten mit Lanze unter dem Kreuz (Hans Holbein der Jüngere 2006, 138 - 145; vgl. 324 - 327). 10 Kerschbaum (1968 - 76, II, 95) führt die gelbe Farbe des Gewands als eines der Judas “ degradierenden ” Zeichen an, Riese (2007, 114, 212) “ gelbes Gewand und rotes Haar ” . Die als Frau dargestellte Synagoge des Judentums, das sich dem Christentum entzog, war ebenso oft gelb gekleidet (Pastoureau 2019, 130 f.), der gelbe Stern verfolgte das gleiche Ziel der Ausgrenzung. Die gelben Winkel in den KZs sind wie die anderen farbigen Winkel, die Insassen der nationalsozialistischen Konzentrationslager klassifizierten - rot für Kommunisten, rosa für Homosexuelle, grün für Kriminelle, violett für die den Kriegsdienst verweigernden Zeugen Jehovas - , Indizes der Unterscheidung wie der Ausscheidung und gleichzeitig Symbolträger. 11 Gelb hat wie jede Farbe selbstverständlich nur in einem Kontext eine Funktion. Wie die distinktiven Merkmale der Phonologie “ Bedeutungen ” unterschiedlich machen, jedoch nicht selbst “ bedeuten ” , so die Qualizeichen aller Zeichenpraxen. Sie zeigen “ Bedeutung ” an, “ bedeuten ” nicht selbst. Wie die phonologischen distinktiven Merkmale treten sie in Verbindungen auf. Gelb verbindet sich in Giottos Bild vom Judaskuss mit der oben runden Form, die im Kontext als Umhang gelesen wird, und der Position in der Bildmitte (genau gesehen, befindet sich der Kopf des Judas tatsächlich exakt in der Mitte zwischen links und rechts über der runden Form und ganz wenig oberhalb der Mitte in der Vertikalen). Schauen wir zum Vergleich auf Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins Goethe in der Campagne (Hagen/ Hagen 2005, 518 f.). Die sitzende Figur Goethes streckt sich von links nach rechts und nimmt sowohl in der Breite wie in der Höhe etwa zwei Drittel ein. Unter einem sehr hellen, bequemen Umhang sind, abgesehen vom Kopf in Dreiviertelprofil, nur die rechte Hand und das rechte, über das linke geschlagene Bein ab leicht über dem Knie zu sehen. Das Knie steckt in einer aristokratischen Kniehose, ihre Farbe helles, warmes Gelb. In der Breite befindet sich das Knie genau in der Mitte, in der Vertikalen auf der Höhe des unteren Drittels. Abstrahierend gesprochen, verbinden sich wie bei Giottos Judaskuss in der Bildmitte die Qualizeichen gelb, runde Form und zentriert. Die zentrale Position in Tischbeins Goethe-Bild wird noch dadurch hervorgehoben, dass auf dem Oberschenkel die 10 In gelbem Gewand erscheint Judas auch auf Giottos Bild des Judaspaktes, auf Justus van Gents der Apostelkommunion in Urbino, auf Peruginos Abendmahl in S. Onofrio (Florenz), auf Andrea del Sartos Abendmahl im Refektorium von San Salvi (Monstadt 1995, 77, 192, 287, 292), auf Ghirlandaios in San Marco in Florenz (Cadogan 2002, 217 - 220), auf Tintorettos in San Marcuola und in der Scuola Grande di San Rocco, beide Venedig (Villa/ Villa 2012, 60 f., 222) auf dem Abendmahl von Philippe de Champagne (Pastoureau 2019, 136 - 138), und weiteren. - Tintoretto malte in immer wieder neuen, oft hochdramatischen Versionen dieses Thema (auf manchen ist Judas nicht eindeutig zu identifizieren (Villa/ Villa 2012, 176 f.). Auf Taddeo Gaddis Abendmahl im Refektorium von Santa Croce (Florenz) ist Judas ’ Gewand lila (ebd., 143). Vgl. auch Gallienne 2017, 69. Einen gelben Mantel trägt Judas in einem Judasspiel von 1552 (Goetz 1950, 129f,). 11 Rousset 2022, 38 f. schreibt zur Kraft des grünen Winkels in KZs: “ Grün gibt den Ton an. ” Grasso/ Corrin/ Kort 1997, 104 f.: “ the Guomindang ’ s 10 000 Blue Shirts made a point of harassing people who publicly violated its dictums. ” 182 Götz Wienold linke Hand ruht, der Mittelfinger deutet geradezu auf die Rundung des Knies. Im Kontext des Judaskusses kann man die Verbindung der Qualizeichen ‘ gelb, runde Form, zentriert ’ als auf den zentralen Inhalt des Gemäldes weisend verstehend: der im üblichen Verständnis der überlieferten Erzählung welthistorische Verrat, auf ihn weisend, nicht ihn “ bedeutend ” . Im Kontext von Tischbeins Goethebild das Bündel ‘ gelb, runde Form, zentriert ’ schlage ich vor, die Verbindung als auf einen Moment der Muße bei gleichzeitiger Konzentriertheit der dargestellten Person weisend zu sehen. 12 Bei den eingangs erwähnten Uni-Hemden erkennt man die Bündelung der Merkmale der jeweiligen Farbe, Männer kennzeichnend und politische Funktion. Der Aufsatz würde viel zu lang werden, an jedem Beispiel die Bündelung von Qualizeichen und ihre distinguierende, aber nicht selbst “ bedeutende ” Funktion zu explizieren. Als These formuliere ich hier: Qualizeichen treten wie die phonologischen distinktiven Merkmale in Verbindungen auf und distinguieren, was in einer jeweiligen Interpretation erfasst werden kann. Anders als in der Phonologie fasse ich die hier behandelten Qualizeichen aber nichts als binär auf. Rhema, Dizent und Argument, Peirces Kategorien des Interpretanten, stammen, wenngleich als allgemeine semiotische Begriffe gemünzt, aus einer Analyse menschlicher Sprachen, die Wörter, Sätze und Texte unterscheidet; Peirce ging vom logischen Schluss aus und kam so auf die Bezeichnung ‘ Argument ’ . Linguisten bezeichnen das mit Rhema Gemeinte heute meistens als Lexem, das mit ‘ Argument ’ Gemeinte als Text. Es braucht nicht ausgeführt zu werden, dass die drei Kategorien ganz hoffnungslos jeder ausgearbeiteten linguistischen Analyse von Sprachen gleich welcher Theorie unterlegen sind. Ein analytisches Instrumentarium, um Zeichenpraxen detailliert zu beschreiben, lag, wenn ich ihn recht verstehe, Peirce nicht im Sinn. Wenn es wie in diesem Aufsatz gerade um die Arbeit an einem analytischen Instrumentarium einzelner Zeichenpraxen geht, braucht es vor allem eine Konzeption von Struktur, auf menschliche Sprachen bezogen, wie sie die Linguistik entwickelt hat, die phonologische und morphologische Struktur von Lexemen, die syntaktische und semantische von Lexemen und Sätzen und die heute immer noch in Ausarbeitung befindliche von Texten geht. Ich werde im folgenden Peirces Kategorien Rhema, Dizent und Argument immer wieder aufgreifen, doch vor allem versuchen zu zeigen, wie Qualizeichen verschiedener Zeichenpraxen in Strukturen funktionieren. Ich bin weit davon entfernt, für andere Zeichenpraxen hier etwas anzubieten, wie es die Linguistik erarbeitet hat. Zunächst ist es das einzelne Element, von Peirce nach dem altgriechischen Wort für ‘ Wort ’ Rhema benannt, das Qualizeichen trägt. Bündel von distinktiven Merkmalen unterscheiden Wörter (Wortformen). Die fünf Vokalphoneme des Standardjapanischen teilen miteinander die Merkmale [+vokalisch], und [-konsonantisch] und sie differenzierend: / a/ [-hoch, +niedrig, -vorn], / i/ [+hoch, -niedrig, -vorn] / u/ [+hoch, -niedrig, -vorn], / e/ [-hoch, -niedrig, +vorn], / o/ [-hoch, -niedrig, -vorn] (Irwin/ Fisk 2019, 17 f.), zum Beispiel ka ‘ Mücke ’ , ki ‘ Baum ’ , ku ‘ Bezirk ’ , ke ‘ Haar ’ , ko ‘ Kind ’ , ha ‘ Zahn ’ , hi ‘ Tag ’ , ‘ Sonne ’ , fu 12 Analysiert man das Bild weiter würde man z. B. von den Verhältnissen von rechts und links sowohl beim dargestellten Körper (rechte und linke Hand lässig und in Distanz, rechtes Bein über das linke geschlagen, das selbst nicht zu sehen ist), als auch in der Anlage des ganzen Bildes sprechen (der menschliche Körper von links nach rechst gelagert und auf der linken Seite und nach oben den Blick auf Objekte der Geschichte und der Kultur freigebend) usw. Farben und andere Qualizeichen 183 ‘ Weizenkleie ’ 13 , he ‘ Furz ’ , ho ‘ Segel ’ , naru ‘ einen Laut von sich geben ’ , niru ‘ kochen ’ , nuru ‘ streichen ’ , neru ‘ kneten ’ , noru ‘ ein Fahrzeug besteigen ’ . 14 Die Suffixe -er, -e, -es zeigen im Deutschen morphologisch den Genusunterschied im Nominativ Singular an, sehr relevant, wenn von Fleisch-und Haustieren die Rede ist: weißer Ziegenbock, weiße Ziege, weißes Zicklein. In figurativer wie abstrakter Malerei sind Farben selbstverständlich Qualizeichen gegenständlicher oder gestalthafter Elemente, in der figurativen differenzieren Kleidung, Gesichtszüge, Körperhaltung und -stellung und vieles mehr Personen, die tragenden Elemente der Historienmalerei. Wir haben schon gesehen, dass Qualizeichen auch anderer Zeichenpraxen als Sprache miteinander verknüpft auftreten und so Interpretanten distinguieren. Klaus Oehler meint sogar, das Qualizeichen könne im Interpretantenbezug nur am Rhema auftreten (Oehler 1986). Ein besonderes Wort zur Kategorie ‘ Argument ’ oder, wie ich häufig statt dessen sage, Arrangement (Wienold 2001, 2015, 2017, 2024, 2024). Wenn man, wie üblich geworden und wie ich es auch schon getan habe, Peirces Argument-Begriff, der vom logischen Schluss her stammt, also einem recht kurzen sprachlichen Gebilde, auf umfangreichere sprachliche Texte, auf solche der Literatur, oder auf Werke anderer Künste wie Gemälde und Statuen, Gebäude, Musikwerke, Gärten, gar Bühnenaufführungen bezieht, fällt störend auf, dass für die komplexe und mannigfaltige Struktur solcher Argumente in der Peirce folgenden Semiotik keine allgemeine, die vielfältigen Erscheinungen übergreifende Begrifflichkeit zur Verfügung steht. Für so etwas Einfaches und Übliches wie, dass ein Bild einen Rahmen, ein Foto einen z. B. wellenartigen Rand, ein Denkmal einen Sockel, ein Buch einen Einband, eine Aufführung eine Spielebene (z. B. Podest oder Bühne) hat, gibt es keine übergreifende begriffliche Grundlegung und keine die genannten Fälle genuin erfassende Terminologie. Rand, Einband, Sockel, Podest markieren die Abgeschlossenheit des Arguments. Dabei, deshalb gehe ich hier darauf ein, sind sie oft durch spezifische Qualizeichen vor allem ornamentalen Charakters ausgezeichnet, einem Bucheinband eingeprägte Bilder und Ornamente, Figürchen in Girlanden auf dem Rahmen eines Gemäldes, Girlanden auf dem Sockel eines Denkmals. Das sind Qualizeichen, die Girlande kann ohne den Sockel nicht auftreten, das Ornament nicht ohne Rahmen, doch sie gehören zu einer Struktur, die mehr als Rhemata und Dizenten ausmachen. Michelangelos Doni tondo hat einen reliefartigen Rahmen, der knaufartige Köpfchen in elaborierten Ornamenten einschließt (Franceschini 2010, 139, 141 mit Abb., Schottmüller 1928). Der sprachliche Text einer Ehrenurkunde kann in einer ornamentierten Rahmung eingefasst sein; der Text für sich kann bereits als Argument betrachtet werden, die Rahmung macht die Ehrung augenfällig, die Ornamente weisen auf die Ehrung und mittelbar auf die geehrte Person. In Zeremonien wird dem Argument ein besonderes Zeichen hinzugefügt, z. B. beim Totengedenken der Fotografie ein schwarzes Band, in früheren Zeiten hängte man um sie einen aus getrockneten Blüten und Blättern geflochtenen Kranz (Brändle 2007, 97 mit Abb. 4). Damit, Qualizeichen übergreifend zu behandeln, sie nicht nur als differenzierendes Merkmal von Rhemata, sondern auch von höherstufigen Einheiten zu begreifen, können 13 Im Japanischen kann / h/ nur als / f/ realisiert werden, so auch in Entlehnungen wie in fuudo ‘ Kapuze ’ ‹ engl. hood. 14 Zu einer Reihe der genannten Lexeme gibt es Homonyme. 184 Götz Wienold wir also ein Stück weit in die komplexe semiotische Struktur von Argumenten bzw. Arrangements eindringen. In gegebenen Fällen mag es beispielhaft gelingen, Rhemata und Dizenten in der Analyse von Gemälden oder Gärten oder Denkmälern 15 anzunehmen, ich arbeite also tentativ weiter mit ihnen, doch gibt es meines Wissens keine allgemein akzeptierte Praxis dafür. Schon Rafael Alberti parallelisierte bei Betrachtung der Komposition von Gemälden Figuren mit Sätzen und untergliederte sie weiter, Körperflächen setzte er z. B. gleich Wörtern (vgl. Baxendall 1972, 135 ff.). Kandinsky führte in Punkt und Linie zu Fläche (1926) die Komposition nichtfigurativer Malerei auf einige wenige Elemente, die sich in primitiven Formen wie Kreis, Dreieck, Quadrat manifestieren, sowie auf Farbe und Faktur (Anlage des Bildes nach Art der Grundfläche, des Malgeräts und des Farbauftrags) 16 zurück (vgl. Thürlemann 2007; Bätschmann 1992, 105 - 110, exemplifiziert das am Punkt). Ohne die Beschreibung von Werken der bildenden Kunst, wie sie Heinrich Wölfflin, Erwin Panofsky und andere entwickelt haben, dafür gründlich aufzuarbeiten, wird die Verbindung Pericerscher Semiotik mit der anvisierten Analyse nicht angegangen werden können. Hier will ich nur einen Punkt ausführen. In folgenden Beispielen möchte ich vorschlagen, bestimmte Einzelelemente nicht als Rhemata in Dizenten, sondern als Qualizeichen des ganzen Arguments, das das Gemälde ausmacht, anzusehen. Der Schmetterling mit aufgespannten Flügeln auf Anselm Feuerbachs Iphigenie (in der zweiten Fassung: Kupper 1993, 72 - 76), die “ Seele ” andeutend, mit der nach Goethes Worten Iphigenie “ das Land der Griechen sucht ” , denke ich, sollte nicht als Rhema eines, wenn man ihn in Worte fassen will, Dizenten ‘ Ein Schmetterling setzt zum Fluge an ’ betrachtet werden, sondern als Qualizeichen des ganzen Arguments. Erst der sehr kleine Schmetterling ergibt diese Interpretation, ohne ihn legt sie sich sicher weit weniger nahe. Die schwarze Katze am rechten Rand von Edouard Manets seinerzeit das Publikum erregender Olympia, als Zeichen des Versprechens auf sexuelle Lust, half neben anderen Zeichen zum Skandal, Manet habe mit malerischer Pracht und in großem Format der Öffentlichkeit eine Prostituierte an die Wand gemalt. 17 Das weiße Hündchen auf Manets Bezugsbild Tizians Venus von Urbino, deutet dagegen auf Treue in der Liebe (Rubin 2010, 85 - 93), so lagert auch in Jan van Eycks Arnulfini-Hochzeit vor dem Paar ein kleiner Hund (Hagen/ Hagen 2005, 50 f.). Einzelelemente werden also, so meine These, von Rhemata herabgestuft zu differenzierenden Zeichen, Qualizeichen. So auch eine Spindel in der Hand eines Mannes in Frauenkleidung: Herkules bei Omphale (auf dem in Beirut zerstörten, dann wieder restaurierten Gemälde Artemisia Gentileschis oder dem Gemälde Lucas Cranachs d. Ä., dem Frauen gerade eine Haube aufsetzen, während eine ihm die Spindel hinhält: Walther 2003, 197), Symbol seiner Demütigung; so ein Buch mit dem griechischen Titel “ Mühen des Herkules ” , auf das auf Holbeins des Jüngeren Darstellung Erasmus seine Hand legt, den ersten kritischen Herausgeber der griechischen Bibel damit auszeichnend (Margolis 2018, 99, Abb. 1). 18 15 Beispiele entsprechender Analysen von Denkmälern in Wienold 2001. 16 Vgl. Kandinsky 1926, 52 - 56. 17 Zur Skandalisierung durch Manets Olympia vgl. auch Calasso 2014, 314 - 317, Farago 2023. 18 Vgl. Veltruský 1976, 254 f., über “ codified contiguity ” . Farben und andere Qualizeichen 185 1.3 Qualizeichen und Sinnesqualitäten Vor allem visuelle, auditive und taktile Qualitäten, aber auch Geruchs- und Geschmacksqualitäten sowie Wahrnehmung von Wärme und Position des menschlichen Körpers in seiner Umgebung bilden die Grundmenge, aus denen Qualizeichen gebildet werden. Solche Sinnesqualitäten werden in der Zeichenbildung bereits zu Komplexen und Strukturen aus solchen transformiert. Die phonologischen distinktiven Merkmale funktionieren in der Transformation artikulatorischer Eigenschaften über physikalische der bewegten Luft zu auditiv wahrgenommenen und vom Gehirn entsprechend verarbeiteten, die graphische Repräsentation von Sprachen in der Transformation von durch Schreib- oder Druckgeräte produzierten Gestaltmerkmalen über physikalische zu visuellen, die gelesen werden, ein von einem Klangkörper erzeugter Ton über Schallwellen zum gehörten Ton, der Auftrag von Farbe durch ein Malgerät auf einem Träger durch die spezifische Färbung und Konturierung der Oberfläche ( “ Pinselstrich ” ) zur visuell wahrgenommenen und verarbeiteten Farbe. (Das gilt selbstverständlich auch für die Zeichenhaftigkeit der Wahrnehmung und der davon angeleiteten Tätigkeit von Tieren.) 19 Farben, Laute, Töne, Gestaltmerkmale, Stoffe wie Stein, Holz, Ton, kurzum alle Materialitäten 20 sind in der sinnliche Wahrnehmungen verarbeitenden Semiose also bereits Komplexe von Qualitäten. So treten sie in bildender Kunst, in Architektur und Umweltgestaltung, in Kleidung, Theater, Fotografie, Film, Spiel und in der Gestaltung von Objekten auf. Objekte sind Zeichen in einem Gebrauchszusammenhang (Wienold i. E.). Ornamente auf Objekten stechen dabei als eine spezielle Sorte von Qualizeichen hervor. In den Künsten spielen, wie bereits angedeutet, Qualizeichen eine besondere Rolle in Ikonisierung und Symbolbildung auf dem Wege von Abstrahierungen. Sprache und damit gleichfalls Literatur sind darin besonders, dass sie materielle Qualitäten haben und Benennungen und Beschreibungen von Qualizeichen ermöglichen. Damit entsteht eine Art der der Literatur eigenen Qualizeichen. Die die Qualizeichen konstituierenden Sinnesqualitäten wirken zusammen. “ It is not only the shape of the material that is decisive, so are its other properties. The hardness or softness of stone, the frangebility of stone in comparison with the suppleness of metal, the shining qality of marble, the luster of metal, the pliability of wood …” (Muka ř ovsky 1976b, 243). Das gilt insbesondere für visuelle und taktile Qualitäten. Barthes liefert ein instruktives Beispiel am Citro ē n D. S.19 (im Französischen als Femininum behandelt): “ Die D. S.19 erhebt keinen Anspruch auf eine völlig glatte Umhüllung, wenngleich ihre Gesamtform sehr eingehüllt ist, doch sind es die Übergangsstellen ihrer verschiedenen Flächen, die das Publikum am meisten interessieren. Es betastet voller Eifer die Einfassungen am Fenster, es streicht mit den Fingern den breiten Gummirillen entlang, die die Rückscheibe mit ihrer verchromten Einfassung verbinden. ” (Barthes 1982, 77) Wie beim Alltagsobjekt Barthes ’ so im Kunstobjekt, im Arrangement von Steinen und Pflanzen in einem zum Anschauen bestimmten Zen-Garten Kobori Enshuus in Kyoto: “… die Qualitäten der Elemente suggerieren auch taktile Wahrnehmbarkeit, zwar nicht direkte, weil wir nicht an sie herankommen, jedoch 19 Zu Geruchs - und Geschmacksqualitäten als Zeichen vgl. Schön 2016, 70 f. 20 Alexander Heilmeyer spricht von der “ Mannigfaltigkeit der Ausdrucksmittel ” in der Bildhauerei: “ Stein, Holz, Terrakotta, Elfenbein, verschiedene Metalle ” (Heilmeyer 1902, 6). Gips, Modellierton und Kork möchte man hinzufügen. 186 Götz Wienold von Fingern und Händen imaginiert, weiche Blütenblätter, wenn die Kamelie blüht, oder harte grüne Blätter bzw. Nadeln der Kiefern, Glätte von Blättern gegenüber rissiger Rauheit von Steinen, oder von Füßen bei imaginiertem Laufen über Moos gegenüber Kieseln. Wie die visuelle Wahrnehmung Gestalt, Färbung, Material differenziert, so die Imagination einer Berührung Weichheit und Härte, Glätte und Rauheit, Schmiegsamkeit und Widerstehen. ” (Wienold 2024, 130) In der Kunstgeschichte wird seit Hildebrand und Wölfflin das Zusammenspiel von visuellen und taktilen Qualitäten bearbeitet (Bryson 1991, 62). Niklaus Largier argumentiert sogar, der Tastsinn sei das “ Fundament aller Sinne ” (Largier 2010, 111). 21 Die Fühler am Kopf der Wespe dienen dem Tastsinn und dem Geruchssinn. Der Bär erkennt Pflanzen, die für ihn essbare Wurzeln, Zwiebeln oder Knollen haben, visuell an der Gestalt, mit der Schnauze am Geruch und gräbt sie mit dem Tastsinn der tief eindringenden Krallen der Nägel seiner Pfoten aus (Sokolova 2018, 116 f., 10 f.). Mehrere Sinne wirken zusammen, um Wahrnehmung und Handlung von Tieren, Menschen eingeschlossen, miteinander zu koppeln. Jean Piaget hat ausführlich beschrieben wie Saugen, Tasten, Sehen und Hören bei Kindern im allmählichen Aufbau der Wirklichkeit ineinandergreifen (Piaget 1975). Ohne dass ich in der Lage bin, das genau und gründlich zu entwickeln, denke ich, dass hier die biologischen und psychologischen Grundlagen der semiotischen Funktion der Qualizeichen zu verorten sind (vgl. immerhin Tønnessen 2023). Was wir visuell wahrnehmen und ästhetisch schätzen, wird immer auch taktil wahrgenommen und erlebt, visuell wie taktil Kleidung, Möbel, die Ausgestaltung des Wohnbereichs wie begehbare Flächen ausserhalb. Teppiche und Bodenbelag werden vom Körper, besonders von Händen und Füßen, über die Haut direkt oder vermittelt durch Fußsohlen, Schuhwerk, Innenhandflächen, in Fahrzeugen über Sitzflächen sinnlich verarbeitet, auditiv die gesamte unbearbeitete wie bearbeitete Objektwelt im täglichen Umgang. 1.4 Qualizeichen in sozialer Zeichenpraxis Alle Zeichenpraxis ist gesellschaftlich und historisch bestimmt. Von den Hemdenfarben zu Beginn an sind wir immer wieder auf soziale und politische Funktionen von Qualizeichen gestoßen. Sie wirken in gesellschaftlichen Strukturen im Kampf um Macht und Herrschaft, sie funktionieren zur Erhöhung oder wie die Farbe gelb zur Ausgrenzung und Unterdrückung von Juden. ‘ Weiß ’ wird immer wieder neu anders identifizierend und symbolbildend aufgeladen. Weiße Kleidung trugen die Frauen der Suffragettenbewegung. Um die Öffentlichkeit über den Mord an Nahel Merzouk durch einen französischen Polizisten im Juni 2023 in Nanterre zu sensibilisieren, wurde eine marche blanche veranstaltet. 22 In der Ukraine wird eine Polizeieinheit “ weiße Engel ” zur Abwehr militärischer Aktivitäten Russlands eingesetzt. 23 Mit deutlicher sozialer Kritik warnte Leo Tolstoi: “ Weiße Hände 21 ” Alle übrigen Sinne, selbst Sehen und Hören, sind ihm gegenüber in dieser Hinsicht sekundär, da es die Blindheit und Dunkelheit des Tastens und der Berührung sind, die den Raum der Möglichkeit abgeben, den Sehen und Hören, Riechen und Schmecken in je eigener Weise zu gestalten vermögen. Damit befinden wir uns … in einem Schema der Konvertibilität, in dem der Tastsinn, der als Sinn die Berührung verkörpert, gleichzeitig alle Sinne begleitet, in diese eingeht und aus ihnen wieder zurückkehrt. ” (ebd. 111) Vgl. auch Böhme 1998. 22 Nachrichten in France Deux 20 heurs, 27. 6. 2023. Der volle Name des Getöteten nach New York Times International Edition 8./ 9. 7. 2023.. 23 “ heute ” im ZDF 29.11. 2023, 19 Uhr. Farben und andere Qualizeichen 187 lieben fremde Arbeit. ” (Tolstoi 1991, I 190) In Deutschland wurde, schreibt Anne Sudrow, für Männer gegenüber dem Halbschuh der Weimarer Zeit nach 1933 bald der Marsch- oder Militärstiefel des SA-Mannes “ der Inbegriff des Standardschuhs ” (Sudrow 2010, 432). Ein normalerweise von außen nicht sichtbar getragenes Kleidungsstück außen zu tragen wird zum Qualizeichen, das demütigt: 1259 mussten in St. Vincent-en-Caen vier Ordensbrüder, die einen Laienbruder getötet hatten, “ zu vier Terminen barfuß und nur mit einer Bruche bekleidet erscheinen und wurden dort öffentlich ausgepeitscht. ” (Kania 2010, 111) 24 In den 20ern des vergangenen Jahrhunderts galt ein Flachdach an Gebäuden als progressiv. Friedrich Wolf, sozialistischer Arzt und Autor, bekannt u. a. durch Der arme Konrad, ein Stück aus den Bauernkriegen, oder Cyankali, ein Stück im politischen Kampf gegen das Verbot der Schwangerschaftsunterbrechung (§ 129), hatte in Stuttgart ein Haus mit Flachdach gebaut. 1933 musste er emigrieren, sein Haus wurde verkauft, beim folgenden Umbau setzte die Baubehörde - Flachdach galt als “ undeutsch ” - ein Spitzdach durch (Kienle/ Mende 1992). In der DDR wurde in Herbert Henselmanns Stalinalleebauten das Flachdach vorbildlich wie in Eisenhüttenstadt, Planstadt nach den 16 Grundsätzen des Städtebaus für die neu und modellhaft errichteten Arbeiterwohnungen, wenn auch nicht durchgängig, eingesetzt (zahlreiche Abbildungen in Maleschka 2023). Ein “ harmloseres ” Bespiel: In einer Madonna am Springbrunnen eines “ süddeutschen Malers nach Jan van Eyck ” wurden nachträglich der Maria ein Heiligenschein und ein Schleier hinzugemalt, “ vielleicht um das Bild als ein Werk der italienischen Frührenaissance erscheinen zu lassen. ” 25 . Uns näherliegend und historisch gravierender der Skandal um Max Liebermanns Der zwölfjährige Jesus im Tempel. Jesus als barfüßigen Jungen mit dunklem Haar und eher ärmlichem Kleid gemalt zu sehen, empörte öffentlich Maß Setzende so sehr, dass Liebermann ihn übermalte. Der Jesusknabe war nun blond, trug ein leuchtend schönes und wohl gegürtetes Gewand und Sandalen (Boskamp 1994, 74 - 115; Faass 2009). 26 Blondes vs. dunkles Haar, ärmlicher Kittel vs. leuchtendes Kleid, barfuß vs. beschuht: Die Qualizeichen leiten die Interpretation und ihre Folgen. Liebermanns Jesus steht mit dem Rücken zu uns, andere Bilder zeigen Jesus blauäugig. Der Prozess, Jesus zu einem “ Weißen ” zu machen, begann, schreibt Richard Dyer, mit der europäischen Expansion, speziell mit den Kreuzzügen (Dyer 1997, 67). 27 Pierre Bourdieu hat die strukturalistische Analyse menschlicher Sprachen der Traditionen Ferdinand de Saussures und Noam Chomskys scharf kritisiert, ebenso die Sprechakttheorie Austins (Bourdieu 2005). Seine Kritik betrifft auch die distinktiven Merkmale. Immerhin, er übernimmt diesen Begriff aus der strukturalistischen Linguistik. Er akzeptiert also eines ihrer grundlegenden Konzepte und arbeitet selbst damit. Strukturalistische linguistische Analyse vernachlässige, schreibt Bourdieu, völlig, wie in einer Klassengesell- 24 Bruche ist ein ältere Bezeichnung einer männlichen Unterhose (mhd. bruoch), Abb. 43 (Kania 2010, 121 - 128). 25 Erläuterung zum Bild in Zoom auf Jan van Eyck, Ausstellung in der Gemäldegalerie Berlin 2023 - 24. 26 Als Gegenbild zur angefeindeten früheren Fassung vgl. Adolf Menzel, Der zwölfjährige Jesus im Tempel. Es zeigt einen blond gelockten, blauäugigen, weißen Jungen in schönem, hellem Gewand und mit Sandalen (Grebe 2014, 24 f.). 27 Dyer 1997, 68: “ The gentilising and whitening of Christ was achieved by the end of the Renaissance and by the nineteenth century the image of him as not just fair-skinned but blond and blu-eyed was fully in place. ” Vgl. ebd., 118. 188 Götz Wienold schaft, in der soziale Kämpfe auch mit Mitteln der Sprache ausgetragen würden, sprachliche Eigenschaften als solche Mittel darzustellen und kenntlich zu machen. Die relevanten Distinktionen in geläufigen strukturellen linguistischen Untersuchungen unterscheiden sich in seiner Sicht stark von den Distinktionen, die eine soziologische Analyse der Sprache herauszuarbeiten habe. “ Tendenziell entsteht ein System soziologisch relevanter Gegensätze, das mit dem System der sprachlich relevanten Gegensätze nichts zu tun hat. … Im Bereich von Aussprache, Wortschatz und sogar Grammatik gibt es … einen ganzen Komplex von Unterschieden mit einer signifikanten Beziehung zu sozialen Unterschieden, die aus der Sicht des Sprachwissenschaftlers uninteressant, vom Standpunkt des Soziologen aber relevant sind, weil sie zu einem System sprachlicher Gegensätze gehören, das die Rückübersetzung eines Systems sozialer Unterschiede ist. ” (Bourdieu 2005, 59 f.) 28 , “… die Diskurse sind nicht nur (oder nur ausnahmsweise) sprachliche Zeichen, die dechiffriert und verstanden werden sollen; sie sind auch Zeichen des Reichtums, zu taxieren und zu bewerten, und Zeichen der Autorität, denen geglaubt und gehorcht werden soll. ” (ebd., 73). Sozial relevante distinktive Merkmale werden durch Erziehung und Bildungsinstitutionen durchgesetzt und weitergegeben. “ In diesem Sinne ist die Sprachwie die Kultursoziologie nicht von der Bildungssoziologie zu trennen. ” (ebd. 69) Bourdieu gibt eine ganze Reihe von Beispielen, etwa die sozialen und regionalen Varianten der phonetischen Realisation von r und l im Französischen oder den Gebrauch des Dialekts des Béarn. Er avisiert eine “ strukturale Sprachsoziologie ” , die die sozialen Werte sprachlicher Eigenschaften darstellt (ebd., 60). 29 Eine entsprechende Beschreibung von Sprachen bis in die Qualizeichen hinein gibt es meines Wissens bislang allenfalls in Ansätzen. Wie sich unter sich ändernden historischen Bedingungen der Umgang mit einem Qualizeichen wandelt, soll ein letztes Beispiel zeigen. Jacques Amans, einem im 19. Jahundert in Louisiana wirkenden französischen Porträtmaler, wird ein jetzt Bélizaire and the Frey Children genanntes Gemälde zugeschrieben. Es zeigte und zeigt heute wieder zusammen mit drei Kindern der Familie Frey, dreieckförmig im Vordergrund in die Mitte gesetzt, rechts hinter ihnen, höher gestellt und gegen einen Baum lehnend Bélizaire, einen jungen Mann afrikanischer Herkunft mit dunkler Hautfarbe, Haussklave der Familie Frey. Laut Nachforschungen von Betsy Kornhauser, Kuratorin für amerikanische Kunst am New Yorker Metropolitan Museum of Art, wurde vermutlich gegen 1900, als die Afro- Amerikaner in New Orleans schärfer segregiert wurden, die Figur Bélizaires übermalt, sie verschwand aus dem Bild. Erst kürzlich reinigte die Konservatorin Katja Grauman das Bild und entdeckte dabei die Figur Bélizaires. Ein mit der Black Lives Matter-Bewegung gestiegenes neues Bewusstsein brachte Bélizaire jetzt ins New Yorker Met (Eaton 2023). 28 “ aus der Sicht des Sprachwissenschaftlers uninteressant ” : hier würden sicher heute viele Linguisten Bourdieu nicht zustimmen. 29 Zu einer Konzeption einer umfassenden linguistischen Beschreibung sprachlicher Eigenschaften (hier für die fachdidaktischen Zwecke des unterrichtlich gesteuerten Zweitsprachenerwerbs) vgl. Wienold 1975, besonders 244 - 247. Gegen sie würden sicher auch die Bedenken erhoben, die Bourdieu 2005 darstellt. Farben und andere Qualizeichen 189 2 Qualizeichen in verschiedenen Zeichenpraxen 2.1 Qualizeichen im nichtverbalen Verhalten “ Die Sprache ist eine Technik des Körpers. ” (Bourdieu 2005, 94) Das lässt sich gut am nichtverbalen Verhalten demonstrieren, ob es mit Sprechen einhergeht oder für es eintritt. Hier will ich nur ein anekdotisches Beispiel aus eigener Beobachtung vorführen. Qualizeichen der Proxemik, der Mimik, Gestik und des Körpereinsatzes verbinden sich darin. In der Cafeteria einer öffentlichen Bibliothek lehnt sich ein Mann in einer Sitzbank zurück, ein Zweiter, an einem Laptop beschäftigt, sitzt mit dem Rücken zu ihm an einem kleinen Tisch davor. Zwischen beiden besteht kein für den Beobachtenden erkennbarer Kontakt. Ein Dritter nähert sich dem Ersten mit einem Knick und einem leichten Wippen in den Hüften, spricht, gleichzeitig lächelnd, ihn an. Nach ein paar Reden und Gesten zwischen beiden, erhebt sich der Erste, sie bewegen sich zusammen am Tischchen des Zweiten vorbei und drehen sich ihm zu. Mit einer ähnlichen Hüftbewegung wie vorhin klopft der Dritte auf das Tischchen, lächelt und redet den daran sitzenden Zweiten an. Nach einigen Wechseln von Reden und Gesten zwischen allen dreien, gibt Nr. 2 Nr. 1 ein Geldstück, 1 und 3 gehen zusammen zur Bedienungstheke, während 2 sich wieder dem Laptop zuwendet. Bald sitzen sie zu dritt am Tisch des Zweiten, Finger-, Hand-, Kopf- und Schulterbewegungen, Blickwechsel usw. Im Handlungsablauf, dessen ihn begleitende Reden für den Beobachter nicht zu hören waren, spielen als nichtverbale Qualizeichen Annäherung zur Kontaktaufnahme, die vom Ersten registriert wird (Proxemik), leichter Knick in den Hüften und Wippen (Körpereinsatz), Klopfen auf den Tisch (Gestik) und Lächeln (Mimik) so miteinander, dass der Ablauf im Groben verständlich wird. 30 Neben dem meist behandelten nichtverbalen Verhalten, das Reden und Zuhören begleitet, gibt es ein anderes, das zu innerem Sprechen gehört und, wenn andere zugegen sind, vor ihnen nach Möglichkeit verborgen wird, bei Gesprächen im Sitzen z. B., indem Hände oder Finger unter dem Tisch oder im Rücken aktiv sind. Solche Verhaltenszüge habe ich Kinästheme genannt (Wienold 2005). Kratzen am Hinterkopf, das nicht einem Gesprächspartner gilt, ist eines davon. Solche Kinästheme schlage ich vor gleichfalls als Qualizeichen des nichtverbalen Verhaltens zu betrachten. 2.2 Qualizeichen in der Objektgestaltung Bauchig die Teekanne, geradestämmig die für den Kaffee, der Henkel rund geschwungen oder eckig, verziert oder nicht, der Deckel flach oder sich wölbend, mit dem Kannenkörper verbunden oder abzuheben. Neben den im einzelnen noch diverseren Materialien, aus denen Objekte gemacht sind, und den Farben ihrer Oberflächen, auf die gesehen und gefasst wird, zeichnen Gestaltmerkmale wie die eben genannten, schließlich Ornamente auf den Oberflächen und in der Gestaltformung, die Objekte des alltäglichen Gebrauchs eines gegen ein anderes aus. Alle zusammen bestimmen mit den Warencharakter der Objekte, Preis und Wertschätzung. Alle sind Qualizeichen, gebunden an sie, unlösbar von ihnen. Diese Qualizeichen lenken die Aufmerksamkeit auf die Objekte. Bei alltäglichen Objekten sind die 30 Die zahlreichen weiteren Gesten liefen viel zu schnell und verwickelt ab, als dass sie unter den gegebenen Bedingungen hätten aufgenommen werden können. 190 Götz Wienold Personen, die sie hervorgebracht haben, meist unbekannt, in der Warenwelt allenfalls die Marke der herstellenden Firma. Edwards nennt unbenannte Formen, die über eine sich lange hinziehenden Zeitraum entstehen, “ vernacular ” (2006, 59). Objekte sind Zeichen im Gebrauchszusammenhang (Wienold 2024a, Abschnitt 2). Die Objekte selbst sind die Zeichenträger, der ihnen bestimmte Gebrauch ihre Referenz, die Schätzung oder Bewertung im Gebrauchszusammenhang ihr Interpretant. Manche sprechen von “ Ausdruckswert ” (vgl. Breuer/ Eisele 2018: 62 - 66), Thomas Dexel stellt “ Gebrauchsgerät ” gegen “ Repräsentationsgerät ” (Dexel 1986, 11). Wie wir Objekte schätzen und was wir an ihnen schätzen, zeigt sich im Erwerb, Gebrauch, im Empfehlen, im Verschenken, also auch, was manche die “ Bedeutung ” ( “ meaning ” ) von Objekten nennen: “… any item of nature, technology, or everyday use can become a sign whenever it acquires meaning beyond the bounds of its individual existence as a thing of and in itself. ” (Bogatyrev 1976, 14) Mir scheint es besser, statt “ Bedeutung ” zu suchen, Objekte im Gebrauchszusammenhang zu betrachten und in dessen vielseitigen Realisationen, die wie gerade gesagt Kauf und Schenken einschließen, den Interpretanten der Objekte manifestiert zu sehen. Das Zeichenhafte der Objekte sieht man gut an den sie wechselseitig untereinander auszeichnenden Merkmalen, besonders deutlich an Ornamenten. Der frühere Präsident der Philippinen Rodrigo Duterte und der neu gewählte Ferdinand Marcos Jr. standen bei der Amtseinführung des letzteren auf knapp bemessenen, niedrigen, mit einem leichten Schritt betretbaren Podesten und vollzogen den üblichen militärischen Gruß. Die Podeste, nach dem Foto zu urteilen vermutlich aus Holz, trugen an den Seiten reliefartige Ornamente, die Ornamente also geschnitzt, nicht aus alltäglicher Produktion (Abb. Heydarian 2023). Die Ornamente gelten den Personen, ihrem Amt und der Gelegenheit, der politischen Zeremonie. 31 Sie ziehen die Augen an und können in die Interpretation eingehen. Ornamente wirken quasi wie das Gesicht eines Gegenstandes. Nach ihren Qualizeichen, speziell ihren Ornamenten, sind Objekte metonym zu den Menschen, die sie gebrauchen, mit ihnen wirken, Handlungen vollziehen, wie alles Indexikalische metonym zu dem ist, wozu es als Index funktioniert. Wie eingangs bereits bemerkt, sei hier noch einmal hervorgehoben: Indexikalität und Materialität, d. h. alles, was als Qualizeichen wirkt, sind allem Zeichenhaften fundamental. Bei Bildern dienen, wie bei dem bereits erwähnten reich dekorierten Rahmen von Michelangelos Doni tondo, ornamentierte oder geschmückte Einfassungen und Rahmen der Verehrung der Dargestellten. In Dostojevskijs Roman Der Jüngling (Podrostok) heißt es einmal: “ In demselben Zimmer hing in einer Ecke ein großer Heiligenschrein mit altertümlichen, schon lange im Besitz der Familie befindlichen Heiligenbildern, von denen das eine (alle Heiligen) eine große vergoldete Silbereinfassung hatte und ein anderes (das Bild der Muttergottes) eine mit Perlen gestickte samtene. ” (Dostojewski 1961, 100) Gemalt finden wir Ornamente auf Objekten in Bildern wieder. Jan van Eyck malte auf den Außenflügeln eines Triptychons von Maria und Kind die Verkündigung als Statuen einmal des Engels, dann der Jungfrau mit Kind und herabsteigendem Geist in Vogelgestalt. Er malte die Statuen als auf sechseckigen Podesten stehend, die Podeste tragen auf den Seitenflächen 31 Zu Zeremonien vgl. Wienold 2017, 390. Farben und andere Qualizeichen 191 schlichte Ornamente. Ähnlich finden wir Engel und Jungfrau in einem Diptychon der Verkündigung van Eycks als zwei Statuen auf ornamentierten Podesten gemalt (Borchert 2022, 62 - 67 mit Abb.). Cosimo Rosselli malte das Letzte Abendmahl in der Sixtinischen Kapelle innerhalb einer gemalten Architektur, über die Szene des Mahls mehrere andere biblische Themen, die er in Säulen einrahmte und voneinander abgrenzte, die Säulen jeweils mit Ornamenten geschmückt (Gilbert 1974, Abb. 5). Holbein malt links von Erasmus eine ornamentierte Säule (Margolis 2018, 99). Die Kartusche in der linken oberen Ecke der Karte der Niederlande auf Vermeers Kunst der Malerei ist von einem ornamentalen Band eingerahmt (Alpers 1983, Tafel 2 und Abb. 70). Farben weisen wie Ornamente gleichfalls auf eine besondere Rolle eines Objekts. In einem Ritus der Ahnenverehrung in Japan wird den Ahnen Wasser auf einem Altar aus weißem Holz dargeboten (Hardacre 1984, 35). Neben der Farbe wirkt sicher gleichermaßen das Material ‘ Holz ’ . 32 Der Anführer einer paramilitärischen Organisation während der militaristischen Periode Japans erregte die Öffentlichkeit dadurch, dass er bei einer Zeremonie auf einem weißen Pferd auftrat, wie es eigentlich für den Kaiser reserviert war (Garon 1986, 287 ff.). 33 Farben, die einem inschriftlichen Hinweis unterlegt sind, sollen Beachtung bewirken. So war während der Hoch-Zeit der Corona-Epidemie in Moskau in einem Impf-Kabinett ein Spruch “ Gemeinsam besiegen wir Covid 19 ” in weißen Buchstaben auf tief himbeerroten und hellblauen Streifen aufgetragen. 34 Rot und blau, wenn auch abgetönt, ergeben zusammen mit den weißen kyrillischen Buchstaben die russischen Nationalfarben, mögen also das ‘ Gemeinsam ’ zusätzlich andeuten. Rot, weiß und grün, eine Scheibe Tomate, eine Scheibe Mozzarella auf einem grünen Blatt, als Gericht Capresi benannt, signalisieren ‘ aus Italien ’ . 2.3 Qualizeichen und Kleidung Bei Kleidungsstücke fällt, besonders wenn sie von Menschen getragen werden, der Zeichencharakter sofort ins Auge. Klassische Texte einer Semiotik der Kleidung sind Bogatyrevs Buch zu traditionellen slowakischen Trachten (Bogatyrev 1971) und sein Aufsatz zum gleichen Thema: (Bogatyrev 1976): “ Costume is both material object and sign. ” (ebd., 13) Wenn Ethnologen Kleidung analysieren, geht es allermeist um volkstümliche Trachten, die zu festlichen Gelegenheiten angelegt werden, also reich geschmückt sind mit Borten und anderem Besatz, geschnitzten Knöpfen, Stickerei, z. B. um Knopflöcher, Spitzen und Bändern. Solche Qualizeichen wirken wie Ornamente, zeichnen Personen, ihr Geschlecht, ihren Stand usw. aus. Trachten und damit ihre Qualizeichen haben, wie Bogatyrev schreibt, neben praktischen und ästhetischen erotische, magische und moralische Funktionen. Allgemein teilt Kleidung solche Funktionen, so auch die Auffassung Bogatyrevs (1971, 33). Was zur Metonymie von Ornamenten auf Objekten gesagt wurde, gilt vorzüglich von der Kleidung. Alltägliche Hülle zeigt Menschen im Alltag, die nicht weiter auffallen wollen: “ Ich 32 Zu ‘ Holz ’ vs, ‘ Stein ’ in einem japanischen Tempel vgl. Wienold 2017, 382. 33 Der Kanzler Ludwigs XIV. reitet auf einem Bild von Charles Le Brun auf einem Schimmel in Paris ein (Hagen 2005. 433 f.). 34 Vesti v 20 č asov ( “ Nachrichten um 20 Uhr ” ), 5.7.2021. 192 Götz Wienold bin so wie jede(r) andere. ” Junge Männer in Japan tragen vor allem schwarze Kleidungsstücke welcher Art auch immer, Farben und auffällige Gestalt und Muster zeigen bemerkenswerterweise nur ihre Sneakers. Schaut man entgegen kommenden Personen, wie in Japan üblich, nicht ins Gesicht, blickt man auf ihre Füße. Im Sommer 2023 trug die Großzahl der jungen Männer in Japan in der Freizeit ein weißes T-Shirt und eine schwarze Hose. Weiß und schwarz sind dann (fast) die einzigen Qualizeichen ihrer Kleidung. Lederjacken sind bei Männern üblicherweise schwarz oder braun, in anderen Farben stechen der Mann oder die Frau in ihnen ab. Schulterklappen und ihre Art, Zahl und Anbringung von Reißverschlüssen, Kettchen und andere Paraphernalia differenzieren, Bilder oder Sprüche findet man eher auf dem Rücken, vor allem von Sportjacken (Wienold 1995, Abb. 29). Das ist genderspezifisch. Bunte Farben und Muster stehen vor allem Frauen zu, in Japan allerdings nicht Frauen, die in Büros tätig sind. Adolf Loos wetterte in seinem Essay Ornament und Verbrechen (1908), der seinerzeit genauso wie das von ihm entworfene Haus auf dem Michaelerplatz ohne Ornamente an den Fassaden direkt gegenüber der reich geschmückten Hofburg in Wien große Aufregung verursachte, gegen die aus “ zacken und löchern ” gebildeten Ornamente auf den sogenannten Budapester Schuhen (Loos 1931, 87; Abb. 16 in Sudrow 2010, 178). Schulterklappen und Reißverschlüsse wurden schon erwähnt. Alle Accessoires an Kleidungsstücken, Knopfleisten und ihre Knöpfe, Zupfer an den Reißverschlüssen, Gestalt und Zuschnitt der Taille, von Kragen, Revers und Manschetten, Koppel von Gürteln, alle Arten von Besatz, früher Posamente genannt, gehen wir schließlich ins Feinere, die Art und Prononciertheit von Nähten, wirken als Qualizeichen, die differenzieren, anzeigen können, dass die Personen, die die Stücke gewählt haben, sie individuell gewählt haben und deshalb sie tragen. Dicke Kreppsohlen zu Knickerbockers fielen mir in meiner Jugend an Altersgenossen auf, die etwas darstellen wollten. Je genauer hingeschaut wird, um so mehr wird geachtet: Das ist sie, das ist er. Muster auf Potaschen von Jeans wirken in ihrer Schlichtheit - vermutlich - gerade so. In Kleidung im Mittelalter beschreibt Katrin Kania “ textilbildende Techniken ” wie die Fadendichte des Gewebes von “ sehr grob ” bis “ sehr fein ” , die Garnfeinheit, die Bindung, d. h. “ das Muster, in dem Kett- und Schussfäden über- und untereinander verlaufen ” (49 - 69), die Verarbeitung des Stoffes durch Fälteln oder Plissieren (73 - 86), Stichtypen, Nahtarten, Saumtechniken, Steppung und Wattierung und viele weitere Charakteristika der Herstellung, die Wert und Wertschätzung von Kleidung bestimmen. Anne Sudrow führt zu Schuhen, vor allem nachdem der Schuh in den 20ern des 20. Jahrhunderts “ zum modischen Produkt wurde ” (Sudrow 2010, 173) an: “ Ornamente, Schnallen, Zierleisten, Material und Farben ” (ebd., 168), dazu treten noch die Ausgestaltung von Sohlen, Absätzen, Schnürbändern. Farben von bei Zeremonien getragener Kleidung wird oft eine eigene, in Worte fassbare Rolle beigelegt, so den Paramenten, die katholische Priester bei der Messe tragen, schwarz bei Totenmessen oder am Karfreitag, rot bei Märtyrerfesten usw. In der Shichimenzan- Pilgerfahrt der japanischen buddhistischen Sekte Reiyukai tragen die Pilger weiße Kleidung, die Reinheit anzeigt (Hardacre 1984, 78), bei der Rezitation von Sutren in der Ahnenverehrung wird eine weiße Schärpe getragen (ebd., 35). Ähnlich funktionieren Gender differenzierende Farben, z. B. bei den Mohave-Indianern: “ An infant, swathed in cloth, is tied into the cradle with two bands of woven bark. The bands for a boy are black and Farben und andere Qualizeichen 193 white, for a girl red or any other color. ” (Wallace 1948, 25) So gilt es selbstverständlich auch für andere Qualizeichen: “ Young boys wear their hair straight and short, girls long and loose. ” (ebd., 29) Hertha BSC Fans tragen, wenn sie zu einem Spiel ihrer Mannschaft unterwegs sind, blau-weiß längs gestreifte Hemden, Schals usw., Fans anderer Mannschaften Entsprechendes. Getragen sind solche Kostümteile Indizes der Zugehörigkeit, die Qualizeichen der Färbung (blau-weiß) und der Musterung (Längsstreifen) referieren auf die jeweilige Mannschaft ( “ Träger(in) ist Anhänger(in) der X-Y-Mannschaft ” ). Werden sie im öffentlichen Verkehr bemerkt, ist als zusätzliche Interpretation erschließbar: “ Heute findet/ fand ein Spiel der X-Y-Mannschaft statt. ” , in Stadien: “ Wir unterstützen die X-Y-Mannschaft. ” Als solche sind die mit den Qualizeichen gekennzeichneten Kleidungsstücke Symbole. Einzelne Kleidungsstücke können getragen wie Qualizeichen wirken. Bei den sprichwörtlich wie symbolisch gewordenen “ Vier im Jeep ” , den Offizieren der vier Besatzungsmächte im viergeteilten Wien, trugen die britischen, französischen und amerikanischen Offiziere jeweils leicht unterschiedliche Stahlhelme, der sowjetische eine Militärmütze (Stelzl-Marx 2012, 63 mit Abb. 4). Die Spindel in der Hand des Mannes im Frauengewand auf Artemisia Gentileschis Bild sagt ‘ Herakles bei Omphale ’ an, die Militärkappe hebt den sowjetischen Offizier von den westlichen drei ab. 2.4 Qualizeichen von Fotografien Gemälde und Zeichnungen werden aufgebaut, Fotografien dagegen durch den Ausschnitt aus dem Sichtfeld gebildet (Edwards 2006, 105). “ With the choice of the frame, the photographer actively makes the picture rather than simply recording pre-existing things. ” (ebd., 107) Erst durch den Bildausschnitt entstehen Formen, so auf den Wolkenfotografien von Alfred Stieglitz (Edwards 2006, 105 f.). Anders als dass, wie Barthes 1983 behauptet, ein Foto zeigt, was einmal war, wissen wir aus vielen kritischen Diskussionen: Was auf einem Foto zu sehen ist, ist nicht nur arrangiert, sondern dem Ereignis, das, wie es geschah, das Foto zeigen soll, nachgestellt oder überhaupt gestellt. So sehr wahrscheinlich Robert Capas berühmter Sterbender Milizionär aus dem spanischen Bürgerkrieg (vgl. z. B. Edwards 2006, 30 f., Stiegler/ Thürlemann 2011, 202 f.). Wenn das Foto gestellt war, ist der fotografierte Soldat nicht gestorben. Statt von Qualizeichen an auf dem Foto zu sehenden Personen, Gegenständen, Landschaften oder Situationen, den Rhemata und Dizenten, auszugehen, will ich deshalb vor allem eine Reihe von Qualizeichen des aus dem Sichtfeld geformten Ausschnitts zusammenstellen. Diese Qualizeichen sind alle Qualizeichen des Arguments. Sie wirken - mit einem Ausdruck von Irene Bruderer-Oswald - als “ Wahrnehmungshinweise ” (Bruderer-Oswald 2007, 136). Die Höhe des Blickwinkels, erkennbar an den Linien, die zum Fluchtpunkt führen, kann geradeaus sein, die Linse befindet sich auf der Höhe des fotografierten Objekts, bei Menschen der Augen, des Gesichts. Von unten fotografiert man auf den Knien oder gar liegend, leicht von oben erscheint die Distanz mehr oder weniger geradeaus, das weitere Feld wird sichtbar, Sicht von oben ( “ Vogelperspektive ” ) ergibt einen zusammenfassenden Blick. Hubert van Es hat auf einem Foto, das etwas reißerisch “ Der letzte Hubschrauber aus Saigon ” betitelt werden kann, von einem oberen Stockwerk das flache Dach des gegenüberliegendes Gebäudes und einen Aufbau darauf aufgenommen. Vom Dach steigen auf 194 Götz Wienold einer Leiter Menschen eng aufgereiht zum Hubschrauber auf dem Aufbau hoch. Den Hochsteigenden streckt sich oben ein Arm helfend entgegen (Roth 2001, 41 mit Abb.). Der Blickwinkel befindet sich unterhalb von Dach und Aufbau, die Menschenreihe und erst recht der Hubschrauber werden von unten gesehen. So lässt sich das Bild als Rettung in der Not von oben lesen. 35 Diese Interpretation bestimmen Qualizeichen des Arguments. Das Hauptobjekt von vorne gesehen, thematisiert das wesentliche Rhema im Dizenten, bei einer Gruppe von Personen, als Fächer arrangiert, ihr Gemeinsames: “ alle sind versammelt ” , als Reihe eher ein unbestimmtes Zusammengekommensein (Beispiele: Wienold 2023, 102), als “ Haufen ” eine Gruppe, die sich nicht recht zum Fächer formen lassen will. Aus dem Winkel gesehen, erscheint das wesentliche Rhema in Form einer Raute, z. B. eine Gruppe von Personen in Bewegung, eine Truppe im Marsch. 36 Die Umrisse des Objekts im Ausschnitt sind gekappt oder nicht gekappt. Nicht gekappt erscheint es in gewisser Distanz, gekappt sind wir nahe dran. Bei Capas “ sterbendem ” Milizsoldaten ist dem Kolben des nach hinten gestreckten Gewehrs am Bildrand ein Stück abgeschnitten: Wir sind dem dramatischen Tod eines gerade von einer gegnerischen Kugel getroffenen Soldaten ganz nahe. Nick Ut fotografierte das Mädchen Kim Phuc, wie sie am 8. Juni 1972, getroffen von einer Napalmbombe, sich die brennenden Kleider vom Leib riss und völlig nackt und vor Schmerzen schreiend mitten auf einer Straße in Südvietnam ihm entgegen lief, rechts davor ihren Bruder, dem der untere Bildrand seine Beine unterhalb der Knie kappt. Wieder sind Betrachtende dem Leid nahe. Das Foto soll dazu beigetragen haben, den Vietnamkrieg zu beenden (Chong 2000, 17). Hat das Qualizeichen ‘ (Objekt zum Teil) gekappt ’ dabei mitgewirkt? Der Ausschnitt kann ein Objekt breit horizontal oder in seiner Länge nach oben darstellen. Auf van Es ’ Foto von der Flucht aus Saigon erscheint im unteren Drittel das Dach horizontal und breit als Bühne des Geschehens, in den zwei Dritteln darüber vertikal und trägt so zur Lesart “ Rettung von oben ” bei. Die Fläche des Ausschnitts kann ungeteilt sein oder geteilt. Capas sterbender Milizsoldat nimmt nur die linke Hälfte des Fotos ein, die rechte zeigt ein weites, nur von Gras bewachsenes Feld: Tod - einsam, ohne Hilfe, ohne Beistand. Der Grad der Schärfe liefert weitere Qualizeichen. Van Es ’ Foto ist leicht unscharf (Roth 2001, 41). Die einer letzten Fluchtgelegenheit zuströmenden Menschen erscheinen eher als Menge denn als Individuen. Ein Photo Robert Capas bei der Landung amerikanischer Truppen am Omaha Beach zeigt recht verschwommen Stahlhelm, Gesicht und Schultern eines Soldaten im Meer. Aus niedriger Position aufgenommen - nur das obere Fünftel des Fotos über der Horizontlinie des Meeres, Fotograf und Betrachtende unmittelbar dabei: Schafft der Soldat es in der unklaren, gewissermaßen “ nebelhaften ” Situation bis zum 35 Anders als oft gesagt, handelt es sich bei dem Gebäude nicht um die Botschaft der USA in Saigon. “ The apartment building (its top floor occupied by the CIA deputy chief for Saigon) was about half a mile away from the embassy, and those escaping are not Americans, but senior South Vietnamese politicians, generals, and police officers who had aided the CIA, and their families. ” (Roth 2001, 41) Vgl. https: / / en.wikipedia.org/ wik/ Hubert ‗ van ‗ Es, eingesehen 17.10.2023. 36 “ Haufen ” : Lagerpersonal des KZ Auschwitz, das sich im Juli 1944 zur Verabschiedung des Kommandanten Rudolf Höß mit Akkordeon-Unterhaltung zusammendrängt (Busch/ Hördler/ van Pelt 2016, 17, 138); “ Raute ” : ebd, 255. Farben und andere Qualizeichen 195 Strand? Das Foto wirkte gerade mit seiner Unschärfe in der Presse (Life Magazine 19.6.1944). Dabei soll es diesen Charakter erst durch einen Fehler beim Entwickeln erhalten haben (Lethen 2014, 115 - 127 mit Abb.). Wie sind Objekte in Vordergrund und Hintergrund arrangiert? Der Mount McKinley in Alaska erscheint auf Aufnahmen von Ansel Adams als breites Massiv, die Sicht nach oben wie in der Distanz begrenzend, auf ihn blickt man über einen gleißenden See. Vermutlich befinden sich See und Berg viel weiter auseinander als es auf dem Foto erscheint. Der Berg wirkt erhaben, majestätisch (Szarkowski 2001, 109 und 110). Das Arrangement im Blickwinkel, wie gerade auf den Aufnahmen des Mount McKinley, ergibt insbesondere bei Aufnahmen von Personen im Verhältnis zu anderen Objekten oder in Tätigkeiten miteinander weit komplexere Gestalten als die bereits genannten Rauten und Fächer. Ich gebe nur zwei Beispiele. Auf Heimkehrer, Wien 1945 von Ottto Croy schneiden sich senkrechte, gerade Linien eines Gebäudes mit durch das einfallende Licht gebildeten, schräg von links oben nach rechts unten verlaufenden, der Heimkehrer im Zwielicht der Ungewissheit (Abb.: Petschar 2005, 272). Staudamm und Berg bilden ein Kreuz aus zwei Schrägen auf Bauarbeiten in Kaprun (1950) von Lothar Rübelt (ebd., 273), die enorme Anstrengung des Projekts. Alle bisher genannten Merkmale der Gestaltung des Sichtfeldes einer Fotografie sind nicht-mimetische Zeichen, wie sie Meyer Schapiro an Malerei beschrieben hat (Schapiro 1970). Schließlich noch ein Beispiel, wie auf Fotografien ein Rhema, hier ein Gewehr, zu einem Qualizeichen wird. Alexander Gardner, Fotograf des amerikanischen Bürgerkriegs, setzte für die Aufnahme eines gefallenen Soldaten, wie Vergleiche mit Aufnahmen Gardners von derselben Person zeigen, das “ Gewehr eigens malerisch ” an eine Stelle (Stiegler 2015, 50 mit Abb. 4 und 5; vgl. Stiegler/ Thürlemann 2011, 92 f.). Wieder einmal zeigt ein Foto, anders als Barthes meint, nicht was war. Hätte wohl, wie man sonst vermuten müsste, der Soldat erst sorgfältig seine Waffe abgestellt und wäre dann getroffen worden und umgekommen? Wäre es unwahrscheinlicher Weise so, bildete das Gewehr ein Rhema in den Dizenten des Fotos. Gardner hat erst das Gewehr in den aufzunehmenden Ausschnitt eingefügt. Zum Soldaten, insbesondere dem, der mit dem Tod rechnen muss, gehört als Symbol das Gewehr (vgl. Wienold 2023. 109 f.). Das Gewehr ist ein Qualizeichen des Arguments, das es erst voll lesbar macht. 37 René Magritte malte auf Le survivant einzig ein Gewehr, gegen eine tapezierte Zimmerwand gelehnt und einen Schatten werfend (Sylvester 1992-7, III 150 f.). 2.5 Qualizeichen an Skulpturen In der Darstellung des mythischen Kampfes zwischen Göttern und Giganten auf dem Relief des Siphnierschatzhauses in Delphi sehen wir die Figuren in den Qualizeichen schlanker vs. gedrungener Figur, mit freiem Haar vs. behelmtem Kopf, in fein ausgearbeiteter Kleidung vs. ungeschmückten Körpern und den Rhemata mit Pfeil und Bogen vs. Schwert und Schild kämpfend siegen (Eller 1961, Brinkmann 1994): Das feine Menschliche siegt über das ungeschlachte Grobe. In Franz Kämpfers Analysen sowjetischer Kriegsdenkmäler stehen 37 Ähnlich auf Boris Nemenskijs Gemälde Auf der namenlosen Höhe (1961) neben einem auf dem Bauch liegenden Jungen ein junger Mann hingestreckt, in der Hand nach vorne weisend ein Gewehr, beide wie tot (Neue Nationalgalerie Berlin). Beide in ziviler Kleidung, auch Ambiente und Titel zeigen nicht an, dass es sich um Tod nach Kämpfen handelt, nur das Gewehr. 196 Götz Wienold sich mit rotem Granit vs. weißem Marmor Qualizeichen der Farbe und des Materials gegenüber. 38 Auf einem Friedhof bei S ł o ń sk in Polen steht gleich hinter einer niedrigen Mauer, sie überragend, auf schlichtem Sockel die dunkel bronzene Statuette eines nackten Mannes ohne Kopf. Die Oberfläche der Statuette ist leicht rau. Erst wenn man den Friedhof betritt und die Statuette von vorne betrachtet, sieht man, dass der Mann kein Geschlecht hat, sondern anstelle des Geschlechts ein einfaches Kreuz. Das Kreuz reicht von der Brust bis in den Schritt. Der Friedhof gilt vor allem luxemburgischen Widerständlern, die im Konzentrationslager und Zuchthaus Sonnenburg bei Küstrin (heute S ł o ń sk) eingekerkert waren und kurz vor Anrücken der Roten Armee zusammen mit vielen anderen Schicksalsgenossen in der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1945 in einem vom Reichssicherheitshauptamt angeordneten Massaker ermordet wurden. Die Rote Armee befreite Sonnenburg am 2. Februar 1945 (Coppi/ Majchrzak 2015, vor allem 49 - 61; Gmina S ł o ń sk 2023). Die Genitalien, die an Statuen nackter Männer wie in Donatellos David (Randolph 2004, 48) das Männliche ausmachen, sind in der Statuette von S ł o ń sk durch das Kreuz ersetzt, Symbol von Opfer und Tod. Statt glatter, heller oder glänzender Oberfläche der Statuen nackter Männer, Symbol idealer männlicher Schönheit (Himmelmann 1990), 39 dunkle und raue, ein Kopf kühnen und selbstbewußten Blicks fehlt. Qualizeichen der Bildnisse nackter Männer sind ins Gegenteil gekehrt. Ähnlich die Einfriedung des Ganzen. Auf einer niedrigen Ziegelmauer eine Darstellung von Stacheldraht aus schwarzem Eisen, drei wie Stricke geformte Stangen mit Stacheln, Ikon und gleichzeitig Symbol der Einsperrung. Die Qualizeichen ‘ schwarz ’ und ‘ aus Eisen ’ bestätigen: Kerker und Tod. Insgesamt ergibt sich die Interpretation wesentlich aus den Qualizeichen: “ Junge Männer starben einen Opfertod. ” 40 Anders wird man die Nacktheit von Jacques Lipchitz ’ Badendem lesen (1917). Die Skulptur, bronzen und schwarz, in Kuben, Platten und anderen Formen gestaltet, die gar noch eckig vorspringen, ist gedrungen, nicht schlank, wie ein Muskelmann aus Massen gepackt, nicht ebenmäßig, nicht der feingliedrige weiße, junge Mann der griechisch antikisierenden Tradition, wie ihn Adolf von Hildebrands Stehender Junger Mann (1881 - 84) in der Berliner Alten Nationalgalerie noch repräsentiert, 41 hier steht ein Sportstyp des 20. Jahrhunderts, einer anderen Zeit, gar ein vorwärts drängender Kämpfer, dazu schwarz. Er könnte gerade aus dem Wasser getreten sein, das noch von ihm abtropft. Man darf den Mann sich nackt denken, doch nicht idealisierend attraktiv (Le Corbusier and the Age of Purism 2019, 138 mit Abb.). Alberto Giacomettis Mann einen Platz überschreitend, auch Statue eines nackten Mannes, von karger Materialität, lädt erst recht kaum zur Berührung ein. Die schmale, vertikal gestreckte Statue ist ganz auf einen exemplarischen Zug 38 Kämpfer 1994, 332 : “ Die Grundmotive des sowjetischen Heldendenkmals bis 1965, einschließlich des Farbkontrasts roter Granit - weißer Marmor sind hier bereits voll präsent. ” 39 Himmelmann versteht “ Idealisierung ” als “ Verpflanzung in eine ideale Sphäre ” , auch als “ Verjüngung, Verklärung und Entrückung ” schließlich “ Heroisierung ” (1990, 26, 47, 102 - 120). 40 Rodins nackter L ’ homme qui marche, ebenfalls ohne Kopf, die Arme nur im Ansatz angedeutet, lenkt dagegen das Auge ganz auf den kraftvollen männlichen Körper (Néret 1994, 21). 41 Die “ weiße ” Welt erlitt einen Schock zu erfahren, dass die ihr weiß erscheinenden antiken griechischen Skulpturen einst bemalt waren (Jenkyns 1980, 146 - 154, nach Dyer 1997, 148). Farben und andere Qualizeichen 197 konzentriert, einen weiten Schritt, der symbolisch gelesen werden darf, ein anderes Bild eines “ neuen Sehens ” (Bruderer-Oswald 2007, 140 mit Abb.). Erwähnen wir kurz noch Qualizeichen von Sockeln. Etienne-Maurice Falconets Reiterstatue Peters I. in Petersburg, 1782 im Auftrag Katharinas II. geschaffen, ist vom Typ des sich auf den Hinterbeinen aufrichtenden Pferdes im Sprung nach vorn, dem betont absolutistischen Typ von Reiterstatuen. So war auch Louis XIV. bis zur Revolution von 1789 zu sehen. Der Sockel bietet der Statue keine ebene Fläche, sonder biegt sich vorn nach oben auf und bildet so in starker Abstraktion das Aufspringen des Pferdes ikonisch nach. 42 Der Sockel akzentuiert den absolutistischen Herrschaftsanspruch. Ganz entgegen steht Auguste Rodins Skulptur der Bürger von Calais, wie sie in demütiger Unterwerfung dem englischen König Edward III. entgegentreten. Rodin hat sie auf eine ganz flache Platte gestellt, sie anschauend, steht man, Bürger wie sie, auf gleicher Höhe. 43 2.6 Qualizeichen in Gemälden Farben als Qualizeichen zu betrachten hat uns so bald zur Malerei geführt, dass bereits im ersten Teil eine ganze Reihe von Gemälden Beispiele wurden. Farben werden nicht selten symbolisch gelesen. In Asmus Jakob Carstens Die Nacht mit ihren Kindern stellen zwei Kinder, im Schlaf oder wie im Schlaf, eines weiß, das andere schwarz, Schlaf bzw. Tod dar (von Einem 1958, 14). Grün wird zur Farbe der Tugend im Sinne sexueller Zurückhaltung oder Enthaltsamkeit, wenn Paolo Veronese in Allegorie von Tugend und Laster (Die Wahl des Herakles) die traditionelle Erzählung von Herakles am Scheideweg die Tugend als Frau in grünem Kleid darstellt, Herakles selbst bezeichnenderweise ganz weiß gekleidet (Abb. in Walther 2003, 136). Ein grünes Kleid tragen auch Margarete, die sich “ der Keuschheit verschrieben hatte ” auf Tizians Hl. Margarete mit dem Drachen (Pedrocco 2000, 246 f.) und Lucretia auf Tizians Tarquinius und Lucretia (ebd., 101). Ein leuchtendes Lapislazuli-Blau galt zu einer Zeit dem Gewand einer Person von hohem Rang, etwa wenn Giovanni Bellini den Evangelisten Markus bei einer Predigt in Alexandrien darstellt (Hagen/ Hagen 2005, 160). Maria erhält oft ein blaues Kleid oder einen blauen Umhang über einem roten Kleid. Selbstverständlich ist die Symbolik von Farben an einen historischen Kontext gebunden (vgl. Thürlemann 1990, Kap. III). Immer gehören, damit eine Lektüre zustande kommen kann, Qualizeichen der Farbe, der Form und der Stellung im Bild zusammen. Die Farbe einer Figur im oder nahe dem Zentrum wie das Gelb des Mantels in Giottos Judaskuss oder das von Goethes Knie in einer Kniehose zieht die Augen zum Thema, so auch das Zinnoberrot zweier Boote und der Spiegelung des größeren im Wasser rechts und leicht unterhalb der Mitte auf Claude Monets Rote Seegelboote in Argenteuil (Abb. Walther 2003, 498). Das geschieht nicht unabhängig von Gestaltmerkmalen sowohl der dargestellten Phänomene selbst wie der Art ihrer Darstellung. Wassily Kandinsky lenkte in Über das Geistige in der Kunst als auffälliges Beispiel den Blick auf Dreiecke in der Bildstruktur, allesamt zentral, so in Cézannes Les Baigneuses (1912, 70, 73, 11, Abb. V), in Raffaels Die 42 Puschkin hat in seiner Verserzählung Der eherne Reiter (Mednyj vsadnik) beschrieben, wie sich ein Bürger durch die Statue bedroht und verfolgt fühlt. In diesen Abschnitten nennt er den Reiter kumir ‘ Götze ’ . Die Statue wurde, auch wenn andere beseitigt wurden, 1917 und danach nicht angetastet (Stites 1989, 65; ders. 1985, 7 f.). 43 Vgl. Néret 1994, 50 f. Vgl. auch Rilke, Auguste Rodin, Rilke 1902, 442 f., 947. 198 Götz Wienold heilige Familie aus dem Haus Canigiani (Abb. IV) und in Dürers Beweinung Christi, wo der Maler zwei Dreiecke, durch Köpfe von Figuren gebildet, ineinander gearbeitet hat (Abb. III). In Amans ’ Bélizaire and the Frey Children (vgl. oben 1.4) bilden die drei Geschwister ein Dreieck im Zentrum, der mittlere Kopf höher als die beiden anderen, es zeigt die Familie an, - Bilder solcher Struktur sind zahlreich genug 44 - , auf Leonardos Abendmahl bildet die Figur Jesu ein deutliches Dreieck im Zentrum, von ausgeglichener Stille zwischen je zwei Dreiergruppen von Aposteln in bewegtem Miteinander. Lyonel Feiningers Kathedrale (Abb. in Blase 2019, 10) zeigt ein Objekt in Dreiecksfigur. Die Beispiele lassen sich unschwer vermehren. Solche Dreiecksgestalten gehören zu den nicht-mimetischen Bildelementen Meyer Schapiros, auf die wir schon bei Fotografien aufmerksam wurden. “ The picture-sign seems to be through and through mimetics, and this is the source of many misreadings of old works of art. Taken out of the image, the parts of the line will be seen as small material components: disks, curves, dots which, like the cubes of a mosaic, have no mimetic meanings in themselves. ” (Schapiro 1970, 499 f.) Schapiro führt u. a. an: Rahmen, Rechteck, klar definierte glatte Oberfläche, nicht bemaltes Feld um eine Figur, Stellung einer Figur im Bild, der Gebrauch von rechts und links im Bild, die relative Größe von Figuren. Weiter wird man an die Vertikale nach Siegfried Giedion denken (Bruderer-Oswald 2007, 347) oder die Spirale (ebd. 377 - 380) oder daran, wie Abfolgen von Farben im Bild arrangiert werden, so von links nach rechts gelb, orange, rosa in Francisco de Zurbarans Stilleben mit Zitronen, Orangen und einer Rose (Alpers 1983, S. 91 f.; Abb.: Walther 2003, 264). Früchte und Blume bilden den Vordergrund des Gemäldes, ihre Farben heben sich gegen die weniger die Augen ansprechenden im hinteren Teil ab, ein weiteres der nicht-mimetischen Elemente Schapiros (1970, 487 f.). Giottos Judas im gelben Umhang rahmen Figuren in blauer (links) und roter Gewandung (rechts) ein. Giorgiones La Tempesta zeigt ganz links einen jungen Mann, stehend, bekleidet, ganz rechts eine Frau, sitzend bis auf einen Schulterumhang nackt, dessen weiße Farbe korrespondiert dem weißen Hemd des Mannes (Ferino-Pagden/ Nepi Sciré 2004, 188 f.). Giorgiones Drei Philosophen stellt sie in Dreiecksgruppierung in hellem Gelb-Rot-Grün rechts einer dunklen Höhle links gegenüber (ebd., 181). Die nicht-ikonischen (= “ nicht-mimetischen ” ) Elemente können nur Qualizeichen sein und führen alle zur Struktur von Bildern. Schauen wir die Stellungen der thematischen Figur und ihnen zugeordneter Figuren in Gemälden an Beispielen des weiblichen Akts an. Der weibliche Akt liegt seit der italienischen Renaissance oft quer und fast über die ganze Bildbreite. Velázquez ’ Rokeby Venus liegt mit dem Rücken zu uns, ein weißes Tuch, zum Teil sichtbar, macht auf den Ort des Begehrens aufmerksam (Kientz 2015, 222 f.). Tizian lagert in Venus und der Orgelspieler (in mehreren Versionen) die Frau von vorn; der Orgelspieler links wendet während des Spiels den Blick von den Tasten zum vor allem begehrten Ort, ähnlich der Lautenspieler in den entsprechenden Versionen (Pedrocco 2000, 218 f., 220 f., 235, 259). Die Hand im Schoß, die Schamhaare ganz oder fast ganz zudeckend, zeigte wohl zuerst Giorgiones Schlafende Venus, die Tizian vollendete (Ferino-Pagden/ Nepi Sciré 2004, 35). In 44 Nur Hans von Marees ’ Fresko Pergola (Abb. 27 in Hofmann 2010, 97) und Luca Signorellis Die Lehrer der Kirche (Baxendall 1972, 22, Abb. 10) seien hier noch genannt. Louis Leopold Robert arrangiert in Die Ankunft der Schnitter in den Pontinischen Sümpfen vier Figuren in der Mitte so, dass die Spitze des Dreiecks über den beiden mittleren zu denken ist (Abb. 18 in Hofmann 2010, 75). Farben und andere Qualizeichen 199 der Venus von Urbino lässt Tizian den Ort - fast - sehen, die Frau hält ihre Hand darüber, nur ein Teil der Schamhaare ist sichtbar. Manets Variation Olympia spreizt sogar die Finger so, dass die Scham ganz verdeckt ist (Rubin 2010, 85 - 93), doch ist sie, nur wenig von der geometrischen Bildmitte verrückt, dadurch nur deutlicher angezeigt. Ganz ähnlich funktioniert es, wenn auf Tintorettos Vulkan überrascht Venus und Mars Vulkan ein durchsichtiges Schamtuch lüftet und auf die Scham blickt, während das Schamtuch den Betrachtenden gilt (Villa/ Villa 2012, 96). Egon Schieles Weiblicher Akt (1910) liegt in der Bildvertikalen und rückt die Scham ohne Scham direkt vor den Blick (Steiner 1999, 44 f.), sein Schwarzhaariger Mädchenakt (stehend) (1910) brachte Schiele vor Gericht (ebd., 40 f.). Trägt die vertikale Lage zur Provokation bei? 45 Pablo Picassos Liegende Frau mit Blumenstrauß (1958; Neue Nationalgalerie Berlin) zeigt die Scham genauso offen, doch in abstrakter Gestalt. Gustave Courbets stehender Akt rechts der Bildmitte in Das Atelier, das meiste Licht empfangend, verdeckt die Scham fast ganz durch ein Tuch (Hofmann 2010, 10 f.). Schräg in der Vertikale und voll unverstellter Sinnlichkeit und Sinnenfreude sehen wir sie in Courbets L ’ origine du monde (1866) (Chirat 2007, 379, Abb. 187; Hofmann 2010, 87). 46 Das Original war lange Zeit unzugänglich (vgl. Hentschel 2004, mit deutlicher feministischer Kritik gerade an Courbets Bild). 2.7 Farben als Qualizeichen in literarischen Texten The white face of the winter day came sluggishly on, veiled in a frosty mist; and the shadowy ships in the river slowly changed to black substances; and the sun, blood-red on the eastern marshes behind dark masts and yards, seemed filled with the ruins of a forest it had set on fire. Lizzie, looking for her father, saw him coming, and stood upon the causeway that he might see her. (Dickens 1952, 74) Lizzie hat gerade ihren Bruder für immer aus dem Haus geschickt, weil sie am Abend vorher erfahren hat, der Vater werde verdächtigt, einen Menschen getötet zu haben. Sie steht in der Kälte vor dem Haus und erwartet den Vater. Diesen Moment erfasst der Absatz aus Charles Dickens ’ Roman Our Mutual Friend. In der folgenden Szene wird sie erleben, wie der Vater, erbost über den Weggang des Jungen, ein Messer mit der Klinge immer wieder so auf den Tisch stößt, als könnte er einen Menschen umbringen. Der Absatz lässt in der Beschreibung dessen, was sie sieht, Lizzies Desolatheit und die Angst, die sie gleich erfassen wird, anklingen, unterstützt durch die Farbwörter white, black und red, letzteres deutlicher noch in der Qualifikation blood-red. Die Farbwörter und die Passage stehen metonym zur vor und nach ihr erzählten Handlung. Metonymie von Qualizeichen haben wir schon an Objekten, an Kleidung und an Ornamenten bemerkt. 45 Das Gesicht, die Augen halb geschlossen, ist den Betrachtenden zugewandt. Amedeo Modiglianis Akt (1917) in den Courtauld Institutes, London, ebenfalls schräg in der Senkrechten, legt den Kopf auf die Schultern und hält wie schon Giorgiones Schlafende Venus die Augen geschlossen. 46 Hofmann 2010, 79: “ Die Frau als Metapher der Natursinnlichkeit und ihre Empfängniserwartung bindet das ganze Lebenswerk von Courbet zusammen. ” Unter den sehr zahlreichen Abbildungen der Malerei des sowjetischen sozialistischen Realismus in Morozov 2007 habe ich nur zwei weibliche Akte gefunden, darunter nur einen von vorne, liegend: G. Kor ž ev, Marusa (1976). Die Frau klemmt die Oberschenkel um die Schamhaare zusammen (Morozov 2007, 252). 200 Götz Wienold In der zitierten Passage funktioniert das ganz lokal gegen Ende des laufenden Kapitels. 47 In Virginia Woolfs To the Lighthouse kehren green und blue immer wieder, ich schätze, sie sind die häufigsten Farbwörter im Roman. Sie stehen für die Isle of Skye, auf der der größte Teil spielt, und das Meer um die Insel, zu der am Ende die Fahrt zum Leuchtturm führt. Über den Text verstreut, können sie Leser nach und nach auf die Grundierung der Thematik stoßen. Noch anders ein Farbwort in ein einem Titel. In Konstantin Paustovskijs Erzählung Belaja Raduga ( “ Weißer Regenbogen ” ) zeigt russ. belyj in unüblicher Verwendung einen Hoffnungsschimmer in sehr schwieriger Situation an (Paustovskij 1958, 3, 111 - 118). Ein Soldat hat im Zweiten Weltkrieg im abfahrenden Zug die Stimme einer Frau gehört, wie sie zu einem anderen spricht, beide ihm unsichtbar. Die Stimme scheint ihm das Glück seines Lebens zu versprechen, er hört und notiert sich ihre Telefonnummer. Verwundet, ruft er auf dem Weg über Moskau ins Sanatorium sie an, sie treffen sich, nicht ohne Hindernisse, kurz in der Nacht. Im sibirischen Sanatorium im altaischen Gebirge tönen ihre Worte ihm nach, dass sie sich, vielleicht gar für immer, wieder treffen werden. Im Winter, tief im sibirischen Schnee und mitten im Krieg die Hoffnung eines weißen Regenbogens. Das Farbwort im Titel erhält seine Lesart am Schluss. Die Farbe eines Gegenstands, der in der Thematik eines Texts eine gewisse Rolle spielt, wird nicht ganz selten nicht bei dessen erster Erwähnung, sondern erst, wenn ein wichtiger Akzent gesetzt werden soll, genannt. In Paustovskijs Erzählung Anglijskij britva ( “ Das englische Rasiermesser ” ) quält der deutsche Leutnant Friedrich Kolberg in der Sowjetunion zwei jüdische Jungen unter brutalem Hohn zu Tode (ebd. 3, 12 - 15). Er hat die Wohnung eines Zahnarztes in Mariupol ’ okkupiert, die Fensterrahmen sind zu Sperrholz gemacht worden. Wenn diese das zweite Mal erwähnt werden, wenn nämlich der Leutnant ein weiteres Stück in den Ofen stößt, werden sie golden (zolotoj) genannt, auf die Zerstörung einstigen Wohlstands durch die Invasoren jetzt, wenn der Deutsche mit der Spitze des Stiefels seine Verachtung bezeugt, eigens aufmerksam machend. In John Dos Passos ’ The 42nd Parallel geht Alice zweimal um ein Denkmal für Andrew Jackson. Erst beim zweiten Mal erhalten es und die Situation Farben, als würde jetzt genauer hingesehen, ein schärferer verächtlicher Blick auf den Präsidenten in großer Pose: “ She walked once more round the statue of Andrew Jackson rearing green and noble on a greennoble horse in the russet winter afternoon sunlight ” (Dos Passos 1996, 254 f.). Im Roman Kak zakaljalas ’ stal ‘ ( “ Wie der Stahl gehärtet wurde ” ) von Nikolaj Aleksejevi č Ostrovskij (1904 - 1936) erfahren wir, dass der Proletarierjunge Pavel Kor č agin ein rotbraunes Hemd trägt zum ersten Mal, als Tonja, ein Mädchen aus reicher Familie, mit der er anfängt sich einzulassen, auf seine verschlissene Kleidung aufmerkt und er seinerseits das bemerkt (2021, 59 f.) Er bittet seine Mutter, ihm ein blaues Satinhemd zu kaufen und arbeitet bis zum Umfallen zusätzlich. Wenn er sich Tonja das nächste Mal präsentiert, trägt er das blaue Hemd und schwarze Hosen (ebd., 61). Er wird seiner Klasse nie untreu und als Tonja seine politische Arbeit nicht teilen will, verlässt er sie. So spiegeln die Farben von Pavels Hemden einen Teil der Handlung vorher, viel weiter führend als die in der Passage aus Our Mutual Friend. 47 Die Enden der Kapitel in Our Mutual Friend bringen häufig einen überraschenden, die Handlung direkt oder in späteren Kapiteln weiterführenden Moment. Farben und andere Qualizeichen 201 Gleicherweise werden auch andere thematikrelevante Qualizeichen erst an späterer Stelle im Text angesprochen, z. B. Züge des Gesichts. Dostojevskij beschreibt in Die Erniedrigten und Beleidigten das Aussehen einer Frau erst beim zweiten Zusammentreffen (Fusso 2006, 18 - 20). Gegen den Strich des literarisch Üblichen spricht in Ryunosuke Akutagawas Erzählung Kesa und Moritomo Moritomo, der Liebhaber Kesas, von den Eindrücken der Gesichtszüge der Geliebten das erste Mal, wenn die Liebe abgekühlt ist, ja ihm fragwürdig erscheint und jetzt die bloße sexuelle Eroberungslust ihn dominiert. Als ich mit Kesa zusammen auf den Tatimimatten eines Zimmers saß, schien ihre Anziehung schon verloren zu haben. Da war ich schon nicht mehr sexuell unerfahren, und das hatte mein Begehren abgeschwächt. Doch der Hauptgrund war mehr noch, dass die Schönheit der Frau geringer geworden war. Tatsächlich war die jetzige Kesa nicht mehr die Kesa von vor drei Jahren. Ihre Haut hatte an Glanz verloren, um die Augen herum hatten sich schwärzliche Ringe gebildet. Um die Wangen und unterm Kinn war die Fülle des Fleisches verschwunden, als wäre sie eine Lüge gewesen. Einzig verblieben waren die jung und frisch glänzenden großen, schwarzen Augen. ” (Akutagawa 1980, 80 f.) 48 Gehen wir einer Farbe mit Symbolcharakter noch näher nach: golden mit der Spannbreite ‘ goldfarben ’ , ‘ mit Gold überzogen ’ , ‘ aus Gold ’ . Dostojevskij lässt in Der Jüngling einen Weisen sagen, Gold erhöhe, doch Menschen brauchten es nicht (1961, 551). In Puschkins Versmärchen Skazka o rybake i rybke ( “ Das Märchen vom Fischer und dem Fischchen ” ) ist der zaubermächtige Fisch golden. 49 Die Frau steigert ihre Wünsche immer höher. Wenn der Mann dem Fisch ihren letzten Wunsch überbringt, Herrin der Meere zu werden und den goldenen Fisch in ihrem Dienst zu haben, dreht er sich wortlos ab, und sie sitzt wieder vor ihrem zerbrochenen Trog (razbitoe koryto). In Puschkins Versmärchen Skazka o zolotom petu š ke ( “ Das Märchen vom goldenen Hahn ” ) erhält Zar Dadon von einem Weisen einen goldenen Hahn, der ihn vor seinen Feinden schützt. Doch der Zar hält das dafür gegebene Versprechen nicht, der goldene Hahn hackt ihn dafür zu Tode. Das Gold nicht versuchen! scheint die Lehre in beiden Märchen (Pu š kin 1975, 3, 304 - 309, 324 - 330). Realistische Literatur zeigt goldene Farbe entsprechend nur als schönen Schein. In Konstantin Paustovskijs Erzählung Zolotoj lin ‘ ( “ Der goldene Schlei ‘ ) fängt der Junge Ruvim einen riesigen Schlei, seine Schuppen funkeln und glitzern wie die goldene Kuppel eines über 30 km weit sichtbaren ehemaligen Klosters. Die Angler, die vorher beim unumgänglichen Gang an Frauen bei der Heumahd vorbei gehänselt worden waren ( “ Wer angelt, aus dem wird nichts ” , im Russischen reimt sich der Spruch), empfangen jetzt von ihnen Respekt und Anerkennung (Paustovskij 2017, 10 - 17). Die menschliche Wertschätzung überstrahlt den Schein von Gold. Immer wieder steuert das Qualizeichen der Farbe die Interpretation. Wollte man Qualizeichen in literarischen Texten gründlicher angehen, wären wohl als erstes die von Vers und Reim, von Laut und Klang überhaupt vorzustellen. 50 Da ich in diesem Aufsatz insgesamt Farben den Vorzug gegeben habe, habe ich mich auch hier auf sie konzentriert. Im Märchen vom Fischer und dem Fischchen bildet Ausgangs- und Endpunkt 48 Übersetzungen, wenn nicht anders angegeben, vom Verfasser. 49 Im Märchen der Brüder Grimm heißt es nur: “ der große Butt ” . 50 Man beachte an der Passage aus Our Mutual Friend auch die Rhythmik der syntaktischen Phrasen. 202 Götz Wienold der Handlung der zerbrochene Trog, am Ende des letzten Verses in einem (unreinen) Reim: razbitoe koryto. 3 Aufladen von Qualizeichen Der unreine Reim razbitoe koryto rückt die Armseligkeit des Fischerpaares ganz entsprechend dem foregrounding der Prager Schule in Zentrum der Aufmerksamkeit, bildet die Pointe von Puschkins Märchen. Wenn Qualizeichen bemerkt werden, sind sie aus dem dauernden Strom bereits herausgehoben. Ein langer Schal in von Jacke oder Mantel abstechender Farbe über die Schulter nach vorn geworfen, langes, glattes Haar nur auf einer Seite des Gesichts nach vorn gestreift, dicke schwarze Sohlen unter schwarzen, eng anliegenden Stiefelchen, die ihre Träger tatsächlich ein Stück emporheben: Wechselnde Moden geben immer wieder Gelegenheit zu sagen: Ich bin dabei, ich bin anders, oder das kümmert mich alles nichts. “ Neu ” steht in sich abhebender Farbe und Type auf einer Werbung, “ NEW ” in Japan auf Englisch und in Großbuchstaben im japanischen Text. Ein an besondere Stelle gesetzter Reim, ein überlebensgroßer, 42 Tonnen schwerer Kopf Lenins auf noch einmal doppelt so hohem Sockel auf dem Hauptplatz der sibirischen Stadt Ulan-Ude (Abb. in Cohen 2023, 4): Jeweils werden Qualizeichen aufgeladen, verlangen geradezu, dass eine Semiose stattfindet, die sie beachtet. Wohl gemerkt: Nicht der Schal ist das Qualizeichen, nicht das Haar, nicht das typographisch hervorstechende Wort, nicht der Kopf Lenins, das sind in Peircescher Auffassung alles Rhemata der Kleidung, der Selbstdarstellung, eines Werbetextes, einer Skulptur: dass der Schal von abstechender Farbe und aus hochwertigem Material ist und wie er getragen wird, die Länge des Haars, seine Frisur, die dunkle Bronze des Kopfes auf hellem Sockel, die Stellung in der Mitte des Platzes und seine Größe über alles Maß, das sind die Qualizeichen, die so aufgeladen erscheinen, dass wir hinschauen. Qualizeichen sind in aller Zeichenpraxis allgegenwärtig, sie sind immer da, werden in jeder Semiose verarbeitet. Literatur Akutagawa, Ryunosuke 1968. Rashoomon Hana ( “ Rashoomon, Die Nase ” ), Tokyo: Shinchosha Alpers, Svetlana 1983. The Art of Describing Dutch Art in the Seventeenth Century, Chicago: Chicago University Press Banzato, Davide 2003. Giotto et l ’ art à Padoue au XIV e siècle. 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