eJournals

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
21
2024
111 Technische Akademie Esslingen
Inmitten zunehmender Urbanisierung und einer weiterhin steigenden Anzahl zugelassener Fahrzeuge wird die Bedeutung von Parkbauten weiter zunehmen. Gleichzeitig streben immer mehr Städte an, autofrei zu werden. Parkbauten können dabei einen bedeutenden Beitrag zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrs und der Infrastruktur leisten. Die Art und Weise, wie sie gestaltet und genutzt werden, wurden in den letzten Jahren bereits an die sich ändernden Mobilitäts- und Nachhaltigkeitstrends angepasst. Dieser Prozess ist intensiv fortzusetzen. Konzeption, Technik und Management von Parkbauten nehmen eine Schlüsselrolle ein, um Mobilität zu gestalten, Innenstädte zu entlasten und gleichzeitig Ressourcen effizienter zu nutzen. Das 11. Kolloquium Parkbauten bietet mit einem breiten Spektrum an planungsorientierten, bautechnischen, baubetrieblichen Vorträgen aus unterschiedlichen Fachbereichen, gehalten von anerkannten Experten, und Austauschmöglichkeiten eine ideale Plattform zur Bewältigung der dabei anstehenden Herausforderungen. Der Inhalt Nachhaltigkeit Gestaltung und Architektur Konstruktion Brandschutz Kathodischer Korrosionsschutz (KKS) Oberflächenschutzsysteme Schutzmaßnahmen Ist-Zustandserfassung Instandhaltung Gussasphalt BIM/ Digitalisierung Rechtsfragen und Regelwerke Das vorliegende Tagungshandbuch enthält die vorab eingereichten Beiträge zu den Vorträgen und gibt einen Überblick über neueste Erkenntnisse. Die Zielgruppe Städte und Gemeinden Bau- und Verkehrsbehörden Betreiber und Investoren von Parkbauten Facility-Management-Firmen öffentliche Einrichtungen wie Kliniken, Bahnhöfe, Flughäfen Sachkundige Planer, Bauingenieure, Architekten, Sachverständige Spezialunternehmen für Parkbauten Bauunternehmen Unternehmen für Bautenschutz, Betoninstandsetzung, Bauwerksabdichtung, Oberflächenbeschichtung Unternehmen im Bereich Bauchemie, Beton, Zement, Zusatzstoffe und Zusatzmittel Gebäudeausrüster Werkstoffwissenschaftler, Chemiker Hochschulen www.tae.de ISBN 978-3-381-11821-2 11. Kolloquium Parkbauten Tagungshandbuch 2024 Herausgegeben von Susanne Gieler-Breßmer 11. Kolloquium Parkbauten Planung, Gestaltung, Bau, Instandhaltung, Betrieb von Parkhäusern und Tiefgaragen Tagungshandbuch 2024 11. Kolloquium Parkbauten 27. und 28. Februar 2024 Technische Akademie Esslingen Herausgegeben von Dipl.-Ing. Susanne Gieler-Breßmer 11. Kolloquium Parkbauten Fachtagung über Planung, Gestaltung, Bau, Instandhaltung, Betrieb von Parkhäusern und Tiefgaragen Tagungshandbuch 2024 Medienpartner: Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das vorliegende Werk wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Haftung für die Fehlerfreiheit, Aktualität und Vollständigkeit des Werkes und seiner elektronischen Bestandteile. © 2024. Alle Rechte vorbehalten. expert verlag Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen eMail: info@verlag.expert Internet: www.expertverlag.de Printed in Germany ISBN 978-3-381-11821-2 (Print) eISBN 978-3-381-11822-9 (ePDF) Technische Akademie Esslingen e. V. An der Akademie 5 · D-73760 Ostfildern eMail: bauwesen@tae.de Internet: www.tae.de 5 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 5 Vorwort Inmitten zunehmender Urbanisierung und einer weiterhin steigenden Anzahl zugelassener Fahrzeuge wird die Bedeutung von Parkbauten weiter zunehmen. Gleichzeitig streben immer mehr Städte an, autofrei zu werden. Parkbauten können dabei einen bedeutenden Beitrag zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrs und der Infrastruktur leisten. Die Art und Weise, wie sie gestaltet und genutzt werden, wurden in den letzten Jahren bereits an die sich ändernden Mobilitäts- und Nachhaltigkeitstrends angepasst. Dieser Prozess ist intensiv fortzusetzen. Konzeption, Technik und Management von Parkbauten nehmen eine Schlüsselrolle ein, um Mobilität zu gestalten, Innenstädte zu entlasten und gleichzeitig Ressourcen effizienter zu nutzen. Das 11. Kolloquium Parkbauten bietet mit einem breiten Spektrum an planungsorientierten, bautechnischen, baubetrieblichen Vorträgen aus unterschiedlichen Fachbereichen, gehalten von anerkannten Experten, und Austauschmöglichkeiten eine ideale Plattform zur Bewältigung der dabei anstehenden Herausforderungen. In rund 50 Fachvorträgen in parallelen Sessions werden hier neueste Erkenntnisse über Planung, Bau, Instandhaltung, Betrieb von Parkhäusern und Tiefgaragen zu folgenden Themenschwerpunkten präsentiert: • Nachhaltigkeit • Gestaltung und Architektur • Konstruktion • Brandschutz • Kathodischer Korrosionsschutz (KKS) • Oberflächenschutzsysteme • Schutzmaßnahmen • Ist-Zustandserfassung • Instandhaltung • Gussasphalt • BIM/ Digitalisierung • Rechtsfragen und Regelwerke Die vorliegende Tagungsunterlage enthält die vorab eingereichten Beiträge zu den Vorträgen und gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik sowie neueste Entwicklungen und Trends in Konzeption, Technik und Management von Parkbauten. Weitere Informationen unter: www.tae.de/ 50021 AMP Parking Europe GmbH The Parking Experts ® Thujaweg 1 0721 / 98 57 40 76149 Karlsruhe info@amp-parking.eu Neubau Parkhaus P1 Universität Düsseldorf Instandsetzung Tiefgarage Unimensa Würzburg Seit nunmehr 60 Jahren planen und überwachen wir den Neubau und die Instandsetzung von benutzerfreundlichen und wirtschaftlichen Parkhäusern und Tiefgaragen. Über 30 ADAC- Empfehlungen und 2 European Parking Awards zählen zu unseren Referenzen. www.amp-parking.eu WestWood ® Kunststofftechnik GmbH Tel.: 0 57 02 / 83 92 -0 · www.westwood.de Schnell saniert. Ohne Sperrungen. - Perfekter Oberflächenschutz für Tiefgaragen und Parkhäuser - Regelkonforme Anwendung durch zertifizierte Systeme auf PMMA-Basis - Vielfältige Oberflächengestaltungen WW_Parken_Kolloquium_Parkbauten_AZ_210x145mm.indd 1 WW_Parken_Kolloquium_Parkbauten_AZ_210x145mm.indd 1 05.02.24 14: 33 05.02.24 14: 33 7 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 7 Inhaltsverzeichnis 0.0 Plenarvorträge 0.1 Integrierte Projektabwicklung 13 Prof. Dr. Claus Nesensohn 1.0 Instandhaltung 1.1 Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 17 Marc Gutermann, Susanne Gieler-Breßmer, Uwe Guttenberg 1.2 Chloridschutz- und Abdichtungskonzepte von Tiefgaragen unter Berücksichtigung der Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungsklasse und Beanspruchungsklasse 25 Dipl.-Ing. (Univ.) Norbert Swoboda 1.3 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden 35 Dipl.-Ing. Alejandro Uribarri Criado 1.4 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton 45 Dipl.-Ing. Christoph Köchling, Prof. Dipl.-Ing. Claus Flohrer 1.5 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) 59 Dipl.-Ing. Werner Noebel 2.0 Konstruktion 2.1 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative 75 Dr. Marc Zintel 2.2 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis 81 Dipl.-Ing. Georg Schäfer 2.3 FloorBridge ® Carbon Composite Joint Profiles 89 Stefan Trichlin 2.4 Praxisorientierte Lösungsmöglichkeiten für eine fachgerechte Parkdeckentwässerung 93 Mathias Johr 3.0 Gussasphalt 3.1 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels 97 Ralf Hofmeister 3.2 Gussasphalt auf WU-Bodenplatten in Tiefgaragen 103 Heiko Steidl, Staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Bautechnik 88 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 4.0 Gestaltung und Architektur 4.1 Der Mobility Hub als Meilenstein auf dem Weg in die lebenswerte Stadt 109 Dipl.-Architekt (ETH) Max Schwitalla 4.2 Entschleunigte Orte - Parkhäuser und Tunnel 111 Juliane Rückriem 5.0 Brandschutz 5.1 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung 117 Dipl.-Ing. (FH) Matthias Wölfel 5.2 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze 127 Matthias Bohnert 6.0 Rechtsfragen und Regelwerke 6.1 „Bestanden mit Abweichung von Bestimmungen“ 135 Dr. Hubert Bauriedl 6.2 Der Sachkundige Planer (SKP) - Aufgabe, Vertrag, Verantwortung 137 Prof. Dr. Gerd Motzke 6.3 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 141 Dr.-Ing. habil. Ilja Irmscher 7.0 Nachhaltigkeit und Klima: Moderne Parkraumentwicklung im städtebaulichen Kontext - welchen Beitrag können Parkbauten leisten? 7.1 Müssen wir unsere Verkehrsinfrastruktur umbauen? 165 Prof. Dr.-Ing. Lutz Gaspers 8.0 Oberflächenschutzsysteme 8.1 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen 171 Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt, Dr.-Ing. Florian Stauder, Marcus Kopp 9.0 Ist-Zustandserfassung 9.1 Röntgen von Stahlbetonbauteilen 183 Dr.-Ing. Sebastian Schulze 9.2 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten - Stand der Anwendung und aktuelles Merkblatt der DGZfP 189 Dirk Dalichow, Tobias Günther, Gerd Wilsch, André Molkenthin 9 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 9 10.0 Nachhaltigkeit 10.1 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden 199 Ilja Irmscher, Sascha Kukulka 10.2 Gussasphalt - ein nachhaltiger Baustoff 211 Heiko Steidl, Staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Bautechnik 10.3 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 215 Dipl.-Ing. Wenchang Shi, Dipl.-Ing. Viktor Poteschkin 10.4 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton 229 Sebastian Sauter, M. Eng, Dipl.-Chem. Detlef Koch 11.0 Kathodischer Korrosionsschutz 11.1 KKS-Instandsetzung am Beispiel des Parkhauses P+R in Leinfelden-Echterdingen 237 Hannah Gieler, M. Eng., Dipl.-Bauing. (FH) Daniel Oberhänsli 12.0 Schutzmaßnahmen 12.1 DuraMon - Korrosionsmonitoring in Stahlbetonbauten für intelligentere, kostengünstigere, sicherere und nachhaltigere Erhaltungs- und Instandsetzungslösungen 243 Dr. Yurena Seguí Femenias, Michèle Gschwind, Prof. Dr. Ueli Angst 12.2 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! 249 Philipp Truffer 12.3 Innovationstreiber Maschinentechnik: sprühende Verarbeitung von zweikomponentigem Flüssigkunststoff - wie eine Maschine den Abdichtungsmarkt verändert 259 Niklas Boberg 12.4 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten 261 Dipl.-Ing. (FH) Dietmar Hildebrandt 12.5 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen 269 Heiner Stahl 13.0 BIM/ Digitalisierung 13.1 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt 277 Daniel Menges, B. Eng, Dipl.-Ing. Sabine Reim, Prof. Dr.-Ing. Andrei Walther, Dipl.-Ing. (FH) Birga Ziegler M. Sc. 13.2 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen 283 Dipl.-Ing. Dr. techn. Karl Deix, Dipl.-Ing. Susanna Arazli 14.0 Anhang 14.1 Programmausschuss 293 14.2 Autorenverzeichnis 295 Plenarvorträge 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 13 Integrierte Projektabwicklung Gemeinsam erfolgreiche Projekte abwickeln Prof. Dr. Claus Nesensohn refine Projects AG, Stuttgart Zusammenfassung Die integrierte Projektabwicklung (IPA) revolutioniert die Bau- und Immobilienbranche durch eine neue Ära der Zusammenarbeit und Effizienz. Durch einen Mehrparteienvertrag, gemeinsame Bonussysteme und die frühzeitige Einbindung der ausführenden Teams in Kombination mit Lean Construction, bietet IPA eine einzigartige Herangehensweise. Immer mehr Teams setzen darauf, da es Kostensicherheit, Zeitersparnis, Qualitätssteigerung und Nachhaltigkeit fördert. 1. Integrierte Projektabwicklung (IPA) - Was sie einzigartig macht In der Welt der Bau- und Immobilienprojekte eröffnet die integrierte Projektabwicklung (IPA) / Integrated Project Delivery (IPD) eine völlig neue Dimension der Zusammenarbeit und Effizienz. Sie zeichnet sich durch verschiedene Schlüsselelemente aus, die diese Methode so bemerkenswert machen: Der Mehrparteienvertrag: Ein zentraler Punkt bei der IPA ist ein Mehrparteienvertrag, der alle Projektbeteiligten - von Bauherren über Planer bis zu ausführenden Unternehmen - in einen gemeinsamen Vertrag einschließt. Diese gemeinsame Verantwortung fördert die Zusammenarbeit und das kollektive Engagement für den Projekterfolg. Gemeinsames Bonus-Malus System: Innerhalb von IPA- Projekten wird ein innovatives Bonussystem eingesetzt, bei dem alle Beteiligten gemeinsam gewinnen oder verlieren. Diese Methode fördert die Zusammenarbeit und stellt sicher, dass individuelle Interessen mit den Projektergebnissen in Einklang gebracht werden. “best for project” anstatt “best for me” Frühzeitige Einbindung der Ausführenden: Bei IPA werden die wichtigsten ausführenden Teams bereits in der Planungsphase eingebunden. Dies ermöglicht die Nutzung wertvoller Einblicke und Expertise, um innovative Ansätze zu entwickeln und potenzielle Herausforderungen frühzeitig zu bewältigen. Lean Construction: Ein weiterer bedeutender Aspekt ist die Anwendung von Lean-Prinzipien, die darauf abzielen, die richtigen Dinge Mehrwerte und die Effizienz zu steigern. Dies führt zu einer kosteneffizienten Umsetzung von Bauprojekten und zur Verbesserung der Gesamtqualität. Zudem reduziert Lean den Stress im Projektteam. Zusammenarbeit auf Augenhöhe: Bei IPA-Projekten sind alle Beteiligten gleichberechtigt und tragen dazu bei, Entscheidungen zu treffen und gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen. Dies schafft eine authentische Kollaborationskultur, geprägt von Vertrauen und Offenheit. Co-Location: Die physische Nähe der Teams am gleichen Arbeitsort erleichtert die Kommunikation und Koordination erheblich. Dies stärkt den Zusammenhalt und ermöglicht eine effizientere Zusammenarbeit, was zur Gesamteffizienz des Projekts beiträgt. 2. Warum immer mehr Teams in der Bau- und Immobilienwelt daraufsetzen: IPA bietet eine Vielzahl von Vorteilen für Bauprojekte: Frühe Kostensicherheit und Kostenreduzierung: Dank der frühzeitigen Einbindung aller Beteiligten können die Kosten effizienter gesteuert werden, was zusätzliche Ausgaben und unvorhergesehene Kostensteigerungen minimiert. Zeitersparnis: Eine verbesserte Koordination und effektivere Zusammenarbeit verkürzen die Projektdurchlaufzeit, was zu einer beschleunigten Fertigstellung führt. Steigerung der Qualität: Eine engere Zusammenarbeit minimiert überflüssige Arbeitsschritte und Iterationsschleifen und fördert die Einhaltung von Qualitätsstandards, was zu einer höheren Qualität des fertigen Projekts führt. Nachhaltigkeit: Durch die Optimierung von Prozessen und die Reduzierung von Verschwendung wird die Ressourceneffizienz verbessert und umweltfreundliche Praktiken unterstützt. Zufriedenheit aller Beteiligten: Die verbesserte Kommunikation, Koordination und Zusammenarbeit schaffen ein positives Arbeitsumfeld und steigern die Zufriedenheit der Projektbeteiligten, einschließlich Bauherren, Planer und ausführenden Unternehmen. 3. Der Weg zum Erfolg: Warum erfahrene Berater entscheidend dazu beitragen Die Unterstützung erfahrener Berater, wie sie von der refine Projects AG angeboten wird, spielt eine zentrale Rolle in der integrierten Projektabwicklung. Diese Experten sind entscheidend für den Erfolg von IPA-Projekten. Sie helfen bei der Implementierung bewährter Praktiken und Prozesse, um sicherzustellen, dass die integrierte Projektabwicklung reibungslos funktioniert. Dank ihres Fachwissens identifizieren und bewältigen sie Hindernisse, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Darüber hin- 14 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Integrierte Projektabwicklung aus können IPA-Berater ihr Know-how im Bereich Lean Construction einbringen und ein Lean-Produktionssystem mit dem Projektteam auf bauen. Erfahrene Berater bieten auch eine externe Perspektive und Unabhängigkeit, um Konflikte zu lösen und sicherzustellen, dass die Kooperation auf Augenhöhe aufrechterhalten wird. Ihre Rolle ist unverzichtbar, um die Prinzipien der integrierten Projektabwicklung zu wahren und das Projekt erfolgreich abzuschließen. Fachwissen und rechtliche Expertise gehen Hand in Hand, wenn es um vertragliche Aspekte in der integrierten Projektabwicklung (IPA) geht. Erfahrene Berater verfügen über das notwendige Fachwissen, um bei der Gestaltung von Verträgen zu unterstützen und sicherzustellen, dass diese die Interessen aller Beteiligten schützen. Die Zusammenarbeit mit Juristen ist gleichzeitig unerlässlich, um rechtliche Risiken zu minimieren und die rechtliche Integrität des Projekts zu gewährleisten. Diese Kombination aus Fachwissen und juristischer Expertise bildet das Fundament für erfolgreiche IPA-Projekte und eine reibungslose Zusammenarbeit. Instandhaltung 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 17 Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck Marc Gutermann Institut für Experimentelle Statik, Hochschule Bremen Susanne Gieler-Breßmer IGF Ingenieur-Gesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Uwe Guttenberg Helmut Wiemer Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH Zusammenfassung Das Parkhaus am Holstentor in Lübeck wurde 1992 errichtet. 2017 wurde durch das Sachverständigenbüro Gieler-Breßmer festgestellt, dass umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen notwendig sind, um den Betrieb des Parkhauses für eine Restnutzungsdauer von 2-3 Jahren aufrecht zu erhalten. Dabei waren sowohl statische als auch betontechnologische Sachverhalte zu berücksichtigen. Mit einem Konzept aus Instandsetzung, temporärer Verstärkung (Wiemer-Ingenieure) und Belastungsversuchen wurde 2020 die ausreichende Tragsicherheit fest- und wiederhergestellt. Mit einem anschließenden Monitoring (alterra GmbH) wurde überwacht, ob sich der Zustand in den Folgejahren weiter verschlechtert. Anfang 2023 wurde der Zustand erneut begutachtet und visuell identifizierte Verschlechterungen, insbesondere an den Bauwerksfugen, waren der Anlass, die Tragsicherheit der mangelbehafteten Stockwerksrahmen wieder mit Belastungsversuchen nachzuweisen. Mit einem erweiterten Monitoringkonzept der auffällig gewordenen Bereiche soll das Bauwerk weitere 2 Jahre fortgenutzt werden, bis ein Neubau den AKR- und chloridgeschädigten Bestand ersetzen muss. Dieser Beitrag berichtet von den Projekterfahrungen, insbesondere unsere Erkenntnisse der Bauwerksüberwachung mit wiederholten Belastungsversuchen und Monitoring. 1. Einführung Mehr als 60 % der Bauaufträge werden heute im Bestand umgesetzt. Eine wesentliche Voraussetzung für Nutzungs-, Instandsetzungs- und Investitionsentscheidungen für Parkbauten ist der Nachweis ausreichender Tragsicherheit für die gewünschten Lastansätze. Oftmals eine Herausforderung für den Tragwerksplaner, wenn zuverlässige Daten über Baustoffe und -konstruktion fehlen oder Bauwerkmängel die Tragfähigkeit abmindern. Wenn der rechnerische Nachweis nicht gelingt, wird meist konventionell verstärkt oder abgerissen und neu gebaut. Das sind jedoch nicht immer wirtschaftliche Varianten. Eine alternative Vorgehensweise ist der experimentell gestützte Nachweis, bei dem entweder wesentliche Parameter für einen rechnerischen Nachweis durch Versuche ermittelt werden (Abb.- 1, B [1]), oder Belastungstests direkt nach Beendigung Planungssicherheit für den Baufortschritt bringen (Abb.-1, A [1]). Die Bandbreite der möglichen Einsatzgebiete experimenteller Methoden erstreckt sich über den gesamten Hoch- und Ingenieurbau. Die Methodik, ihre Legalisierung sowie einige Fallbeispiele von Parkbauten wurden bereits anlässlich der Tagung im Jahr 2020 vorgestellt [2]. Abb. 1: Lösungsstrategien zum Tragsicherheitsnachweis für Bestandsbauten Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 18 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 2. Bauwerksbeschreibung Das Parkhaus am Holstentor in Lübeck wurde im Jahr 1992 zur Erschließung der Innenstadt als zentrales Parkhaus in Stahlbetonskelett-Bauweise errichtet. Die einzelnen Achsen sind über 5 Geschosse als Rahmensysteme ausgebildet, zwischen denen die Deckenplatten spannen (Abb. 2). Abb. 2: Ansicht mit statischem System Das Gebäude zeigt im Grundriss eine sehr ausdrucksstarke Architektur in Form eines Kreissegments (Abb. 3). Es besteht aus 2 Parkgebäuden, die im spitzen Winkel zueinander liegen, wobei sich in der Spitze das Haupttreppenhaus und ein Fahrstuhl befinden. In der Mitte zwischen den Parkgebäuden liegt ein begrünter Freiraum. Die einzelnen Parkebenen werden über ein Rampenbauwerk zwischen den beiden Parkgebäuden erschlossen. Abb. 3: Draufsicht Parkhaus am Holstentor Nach Auskunft des Auftraggebers wurden die Fahr- und Parkflächen direkt bei der Erstellung mit einem Oberflächenschutzsystem vor dem Eintrag von Tausalz geschützt. Das Freideck wurde in den Jahren 2009 und 2010 in 2 Bauabschnitten neu beschichtet. Zum damaligen Zeitpunkt fanden keine Betoninstandsetzungsmaßnahmen an der Betonkonstruktion des Freidecks statt, vielmehr wurde die Beschichtung erneuert. Die Untersuchungen wurden im Jahr 2016 dann auf alle Ebenen ausgedehnt. Im Zuge dieser Begutachtung stellte sich heraus, dass der Beton einiger Stützen eine hohe Chloridbelastung besaß. Die Bereiche wurden durch eine Notaussteifung gesichert. Eine umfangreiche betontechnologische Untersuchung folgte mit dem Ziel, ein Instandsetzungskonzept für eine dauerhafte Nutzung des Parkhauses auszuarbeiten. 3. Bauwerkszustand (2017) Die Untersuchung der Bausubstanz offenbarte, dass das Parkhaus nach 25-jähriger Nutzung umfangreich instandsetzungsbedürftig ist. Grundsätzlich hatten die Oberflächenschutzsysteme - obwohl sie zwischenzeitlich verschlissen sind - ihre Schutzwirkung über die letzten 25 Jahre in der Fläche gut erfüllt. Die chloridinduzierte Korrosion der Bewehrung infolge Tausalzbeaufschlagung entstand überwiegend örtlich begrenzt in den Geschossdecken und der Bodenplatte in Bereichen mit Rissen oder Gebäudedehnfugen. Besonders letztere waren kritisch, da hier das tausalzhaltige Wasser auch darunterliegende Bauteile angreifen konnte. Bei den vertikalen Bauelementen, Stützen- und Wandsockeln, konzentrierte sich der hohe Chlorideintrag an Gefälletiefpunkten. Vereinzelt waren bereits ausgeprägte Korrosionserscheinungen erkennbar. Überwiegend wurde an den Probeöffnungen jedoch festgestellt, dass zwar Lochkorrosion vorlag, der Querschnittsverlust insgesamt jedoch noch gering war. Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen waren an diesen Bauteilen deshalb dringend erforderlich, um den Zustand zu erhalten. Untersuchungen an Bohrkernen aus stark gerissenen Bauteilen an der FH Lübeck bestätigten den Verdacht, dass zur Herstellung des Parkhauses alkaliempfindliche Gesteinskörnungen im Beton verwendet worden waren. Eine Instandsetzung von durch AKR geschädigten Bauteilen ist grundsätzlich nicht dauerhaft möglich, da der Prozess durch Verhinderung des Zutritts von Wasser zwar behindert, nicht aber verhindert werden kann. Abdichtungen können diese Behinderung erwirken, das Restrisiko ist bei diesem Bauwerk jedoch sehr hoch, da insbesondere bei den Stützen sowie bei den Stirnkanten der Decken eine fehlstellenfreie Abdichtung nicht möglich ist. Jegliche Instandsetzungsmaßnahme kann somit nur für eine begrenzte Restnutzungsdauer geplant werden und ist sehr aufwändig. Auffallend waren im gesamten Parkhaus die ausgeprägten Rissbildungen in den Rahmensystemen. Diese wurden vom Tragwerksplaner (Ingenieurbüro Wiemer) gesondert beurteilt. 4. Instandsetzungskonzept Nachdem die verschiedenen Optionen zur Instandsetzung und deren Kosten ausgearbeitet waren, wurde aufgrund der Schädigungen und der Vielzahl von Punkten, die nicht abschließend zu klären waren, entschieden, dass das Parkhaus nur noch eine deutlich begrenzte Zeit bis zu einem Ersatzneubau genutzt werden soll. Eine Weiter- Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 19 nutzung von max. 2-3 Jahr war vertretbar, wenn folgende Maßnahmen ausgeführt werden: • Instandsetzung der mangelhaften Bauwerksfugen und Abdichtung • Dauerhafte Abstützung der Decken unterhalb des gerissenen Einfahrtsbereichs im 1. und 2. UG • Verpressen der dortigen Risse • Rissbandagen im Bereich der Einfahrt • Schutz der Sockel der Rahmenstiele im Bereich der Dehnfugen mit einem OS-System auf EP-Basis • Temporäre Verstärkung der Rampenkonstruktion mit einer Stahlrahmenkonstruktion. • Überarbeitung des bestehenden OS-Systems auf den Rampen mit einem System bestehend aus abgestreuter Grundierung und Versiegelung • Nachweis der Tragsicherheit ausgewählter (schlechter) Stockwerksrahmen durch Belastungsversuche. • Konzeption und Installation eines Monitorings, das die im Instandsetzungsprozess auffälligen Bereiche überwacht. 5. Instandsetzung Das Instandsetzungskonzept für die temporäre Weiternutzung des Parkhauses für eine begrenzte Dauer von 2-3 Jahren sah Maßnahmen an folgenden Bauteilen vor: • Rahmenstiele und Fugen in Achse C/ 4 • Geschossdecke über dem 1. UG - Risse am Boden in der Einfahrt • Rahmen in der Fuge in Achse H/ 1-2 und H/ 6-7 in allen Geschossen • Rampen: • AKR-geschädigte Bauteile an den Rampen • Rampenbauwerk mit Portalrahmen Achse L-N/ 2 sowie L-N/ 6 Die Maßnahmen dienten dem temporären Schutz der Bauteile für eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Restnutzungsdauer. Dabei wurde eine Zielvereinbarung definiert, die die Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln bewusst in Kauf nahm. Die zur Erreichung des Ziels erforderlichen Maßnahmen wurden nach den zum Zeitpunkt der Ausführung geltenden Regelwerken vom sachkundigen Planer (IGF GmbH) geplant und fachkundig von einer Baufirma umgesetzt und durch den Planer überwacht. Auch wenn die Maßnahme nur eine temporäre Nutzung vorsah, so waren die auf ein technisch notwendiges Minimum begrenzten Maßnahmen gerade deshalb fach- und sachkundig nach geltenden Instandsetzungsprinzipien umzusetzen, um das Risiko eindeutig eingrenzen zu können. 5.1 Örtliche Instandsetzung chloridbelasteter Bauteile Bei dem hier vorliegenden Objekt wäre für eine dauerhafte Instandsetzung als vorrangige Lösung die konventionelle Instandsetzung nach dem Instandsetzungsprinzip R-Cl in Verbindung mit dem Instandsetzungsprinzip W-Cl in Frage gekommen. Bei dem Korrosionsschutzprinzip R-Cl wird der Beton - unabhängig von Korrosionserscheinungen an der Bewehrung - überall dort bis zur Bewehrung bzw. um einen Sicherheitszuschlag darüber hinaus abgetragen, wo der maßgebliche korrosionsauslösende Chloridgehalt überschritten wird. Es reicht dabei nicht aus, den Beton nur dort abzutragen, wo offensichtlich Schäden vorhanden sind. Vielmehr dienen die Ergebnisse von Potentialfeldmessungen, der Messung der Betondeckung der Bewehrung und der Bestimmung des Chloridgehalts in Höhe der Bewehrung an den Stahlbetonbauteilen als Grundlage für die Festlegung des späteren Betonabtrags. Betonabtrag wurde aufgrund der zeitlichen Begrenzung der weiteren Nutzung des Bauwerks auf kleinere örtliche Schadstellen begrenzt. Das Instandsetzungsprinzip R-Cl wurde bewusst nicht in ausreichender Tragweite umgesetzt, vielmehr wurde die weitere Korrosion der Bewehrung in chloridbelasteten Bereichen mit einer gezielten Risikoabschätzung in Kauf genommen und durch andere Maßnahmen kompensiert. Die durch den örtlichen Betonabtrag entstehenden Betonausbrüche werden nach örtlich notwendigen zusätzlichen Bewehrungsergänzungen, die der hinzugezogene Tragwerksplaner festlegen musste, mit Spritzbeton oder einem vorkonfektionierten Reparaturmörtel bzw. -beton, der für den Anwendungsfall zugelassen ist, wieder reprofiliert. Danach sind die instandgesetzten Betonbauteile durch Oberflächenschutzsysteme vor dem weiteren Eintrag von Chlorid (Tausalz) geschützt worden. Als Alternative zu der konventionellen Instandsetzung, die stark in die Statik des Bauwerks eingreift, wäre bei den Rahmenstielen und den Rahmenriegeln unter den Dehnfugen der kathodische Korrosionsschutz (KKS) in Frage gekommen. Die Sinnhaftigkeit und Erfolgsaussichten der Anwendung von KKS waren dann jedoch im Rahmen einer Detailplanung weiter zu klären - insbesondere da AKR eine Rolle spielte. Letztendlich wurde auf diese alternative Lösung verzichtet. Um den Chlorideintrag an den Gebäudedehnfugen zu verhindern, wurden neue Fugenprofile eingebaut. Hierbei wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: • Entfernung der Bodenbeschichtung beidseits des Fugenprofile • Entfernen der Sockelbeschichtung an den Stützensockeln, an die die Dehnfugen anschließen • Ausbau der Dichtungseinlage der Fugenprofile • Untergrundvorbereitung an lokalen Ausbruchstellen der Geschossdecken entlang der Fugenprofile und Reprofilierung der Ausbruchstellen • In Abstimmung mit der örtlichen Bauleitung (IGF GmbH) und dem Tragwerksplaner (Wiemer GmbH) aufstemmen von Schadstellen an den Unterzügen und Stützen, sowie deren Reprofilierung mit Spritzbeton oder PCC-Mörtel nach einer Untergrundvorbereitung mit Druckluftstrahlen mit festen Strahlmitteln • Einbau neuer Fugenprofile. 5.2 Oberflächenschutzsysteme und Rissbandagen Oberflächenschutzsysteme wurden nur in den örtlich bearbeiteten, besonders risikobehafteten Bereichen appliziert. Verwendet wurden Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 20 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 • ein OS 8 1 -System auf den Rampen • ein OS 11 b 2 -System im Anschluss an die zu erneuernden Fugen • ein OS 10 3 -System auf PMMA-Basis an einem besonders belasteten Stützensockel. • ein OS 10-System auf PU-Basis als Rissbandage auf den Rissen der Einfahrt. • Auf alle Stützen, Kragarme und Deckenunterseiten der Rampe sowie Stirnseiten der Eckenplatten wurde ein OS 5b 4 -Oberflächenschutzsystem gebracht. • Die Sockel der Rahmenriegel im Bereich der instandzusetzenden Fugen wurden mit einem kunststoffmodifizierten Zementspachtel egalisiert, dann grundiert und versiegelt. 5.3 Verstärkung Rampen Bei dem Rampenbauwerk hatte die Alkali-Kieselsäure- Reaktion besondere Relevanz. Bei der Rampe handelt es sich um ein Tragwerk, das als räumliches Gesamttragwerk bemessen wurde (Abb. 2). Das Versagen nahezu jedes Einzelbauteils führt zum Gesamtversagen der Rampenanlage. Es gibt keine Möglichkeit, die AKR der kritischen Gesteinskörnungen des Bestandsbetons sicher und dauerhaft zu unterbinden. Hierzu müsste mit absoluter Sicherheit der Feuchtezutritt zu den Bauteilen verhindert werden. Dies ist selbst bei Applikation von dichten Oberflächenschutzsystemen nicht gesichert möglich, da eine Fehlstellenfreiheit insbesondere im Bereich der Übergänge zu benachbarten Bauteilen nicht gewährleistet ist. 5.4 Experimenteller Tragsicherheitsnachweis (2020) Für die Stockwerksrahmen an den Dehnungsfugen (Abb.- 4) war unklar, wie stark die Stahlbetonbauteile durch Chloride bereits geschädigt sind und ihre Tragfähigkeit dadurch reduziert worden ist. Ein Aufschluss schied wegen des hohen Aufwands für die temporäre Sicherung aus, ebenso eine konventionelle Verstärkung für den Restnutzungszeitraum von 3 Jahren. Es wurde alternativ vorgeschlagen, die Tragsicherheit des Haupttragwerks (Stockwerksrahmen) für aktuelle Nutzlasten durch Belastungsversuche zu ermitteln. Die zu testenden Bauteile wurden unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und versuchstechnischer Belange 1 OS 8: Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen 08-1990 und 12-2005 [3]: Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen. 2 OS 11: Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen 10-2001 [4]: Beschichtung mit erhöhter dynamischer Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare Flächen. OS 11 a: zweischichtiger Auf bau, OS 11b: einschichtiger Auf bau. 3 OS 10: Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen 10-2001 [4]: Beschichtung als Dichtungsschicht mit hoher Rissüberbrückung unter Schutz- und Deckschichten für begeh- und befahrbare Flächen. 4 OS 5 b: Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen 10-2001 [4]: Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahre Flächen (mit Kratzbzw. Ausgleichsspachtelung). Bei OS 5 b Polymer/ Zement-Gemisch. so ausgesucht, dass die mit dem offensichtlich schlechtesten Zustand untersucht wurden (Decke über 1. OG und 2.-OG). Die Stichprobe von insgesamt 5 Stahlbetonrahmen wurde als ausreichend angesehen. Der Untersuchungsbereich wurde so eingerichtet, dass die Lasten mit mobilem hydraulischem Belastungsgerät auf dem Unterzug eingeleitet werden konnten. Als Gegengewicht für die Versuchslasten wurde im Kräftekreislauf das Eigengewicht der 2 darunterliegenden Stockwerke genutzt (Abb. 4). Damit das Risiko während der Belastung minimiert war, wurden am Bauteil online mehrere Bauteilreaktionen (z.-B. Durchbiegungen, Dehnungen, Abb. 5). gemessen. Da sie zeitgleich am Monitor als Kraft-Reaktions-Diagramm dargestellt wurden, konnten sie sofort analysiert und auf kritische Werte reagiert werden (Abb. 6). Abb. 4: Querschnitt Stockwerksrahmen an der Fuge mit Belastungsvorrichtung Abb. 5: Messtechnik am Stockwerksrahmen Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 21 Während der Versuche wurden die maßgebenden Bauteilreaktionen in Abhängigkeit der Versuchslast grafisch auf dem Monitor dargestellt und zeitgleich nach den folgenden Abbruchkriterien analysiert: • Reproduzierbarkeit (gleiche Bauwerksreaktion bei wiederholter Belastung) • Reversibilität (keine bzw. geringe bleibende Verformung) • Grenzwertkriterien (Einzelmesswerte: Rissweiten, Durchbiegung, Schubverformungen, …) Die Versuchsziellast ext-F Ziel -≤-260-kN wurde erreicht, ohne eines der vorgenannten Abbruchkriterien zu verletzen. Sie wurde vorab so ermittelt, dass die Bauteile die Beanspruchung erhalten, die sie nach dem Bemessungskonzept sicher abtragen müssen. Dabei wurden Unwägbarkeiten mit den entsprechenden Teilsicherheitsbeiwerten nach Norm berücksichtigt [1]. Die Versuche haben gezeigt, dass die Tragwerke in der Lage sind, die anzusetzenden Einwirkungen (p-=-3,0-kN/ m 2 ) aufzunehmen, ohne einen ausgeprägten nichtlinearen Zustand zu erreichen. Die maximale gemessenen Durchbiegungen unter Versuchsziellast lagen unter f max -≤ 15,0 mm (Tabelle 1), unter Gebrauchslast überstiegen sie nicht f Q -< 10 mm < l / 1000. Eine Langzeitbelastung im Gebrauchslastniveau zeigte jeweils quasi-konstantes Verformungsverhalten, es lag also bei allen getesteten Bauteilen ein stabiler Lastabtrag vor. Abb. 6: Schubdehnungen Rahmenecke Riegel ü 1.OG Aus den Messkurven (Abb. 6) ließen sich die Stockrahmen und Bereiche identifizieren, die auffällig waren. So zeigten die Schubfelder der Rahmenecken leicht nichtlineares Verhalten, wobei keine Seite durchweg als „schwächere“ Ecke zu identifizieren war. Diese Bereiche wurden für das anschließende Monitoring ausgewählt und aus den Messkurven Warnschwellen abgeleitet. 6. Monitoring 6.1 Konzept Für den geplanten Restnutzungszeitraum (≥ 3 Jahre) sollten vorhandene Risse der Stahlbetonrahmen durch eine Langzeitmessung überwacht werden. Das Messsystem musste daher die relevanten Daten (Rissbreiten und Riegeldurchbiegung) kontinuierlich sammeln und zeitnah in einer zentralen Datenbank für Analysen zur Verfügung stellen können. Bei Überschreitung vorgegebener Grenzwerte sollte z.-B. via E-Mail oder SMS eine Information verschickt werden können. Durch die vorangegangenen Belastungsversuche konnten die Messorte, die Sensorspezifikationen und die Warnwerte bestimmt werden. Die Werte der Dehnungsmessung aus den Belastungsversuchen wurden über die Beziehung Δl-=-e- ∙-l für die Risskontrolle während des Monitorings umgerechnet. Die Warnwerte liegen für die Rissweitenmessungen ohne Temperatureinfluss je nach Messort zwischen 0,1 mm und 0,3 mm (Abb. 7) und für die Riegeldurchbiegung zwischen 6,0 bis 7,5 mm. Letztere werden mit Schlauchwagen überwacht, die die Höhendifferenz zu den Stielen ermitteln. Abb. 7: Schwellwerte für eine Rahmenecke aus den vorhandenen Messkurven (vgl. Abb. 6) Die Messwerte werden jeweils in den Morgenstunden aufgenommen, um den Einfluss aus Betrieb zu eliminieren und den aus Temperatur zu minimieren. 6.2 Erkenntnisse nach 3 Jahren (2023) Die Sensorausstattung und Datenanalyse wurde von der Fachfirma alterra Deutschland GmbH ausgeführt. Das System arbeitet seit Juli 2020 zuverlässig und versendet automatisch Wochenberichte bzw. E-Mail-Benachrichtigungen bei Überschreitung eines Warnwertes. Bei der Analyse der Langzeitmessdaten fiel auf, dass lediglich einzelne Schubdehnungen mehrmals die vorge- Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 22 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Abb. 8: Monitoring einer Rahmenecke (vgl. Abb. 7) gebene Warnschwelle überschritten haben. Eine klare Tendenz der Verschlechterung ist aus den Daten nicht ablesbar - weder bei den Verformungen noch den Biege- und Schubdehnungen (Abb. 8). Bei einer Begehung konnte der Eindruck der Langzeitüberwachung visuell bestätigt werden: keiner der von uns getesteten Rahmen machte einen wesentlich schlechteren Eindruck als zum Zeitpunkt der Messungen vor knapp 3 Jahren. Stichprobenartig überprüfte Rissweiten lagen bei w ≤ 0,3 mm. Vereinzelt konnte jedoch an anderen Stockwerksrahmen ein Schadensbild vorgefunden werden (Risse mit Rostfahnen), das auf eine Verschlechterung des Bauteilzustandes deutete. Weil vom Bauherrn eine zeitlich begrenzte Weiternutzung von 2 Jahren bis zum Ersatzneubau gewünscht wurde, wurden die auffällig gewordenen Stockwerksrahmen 2023 einer neuen Probebelastung unterzogen. 6.3 Wiederholte Probebelastung Stockwerkrahmen Auch bei den beiden zusätzlich getesteten Stockwerksrahmen (Tabelle 1), konnte bei ähnlichen Bauwerksreaktionen eine ausreichende Tragsicherheit für die Nutzung p = 3,0 kN/ m 2 nachgewiesen werden. Das Verformungsverhalten war ähnlich zu dem aus 2020, die linear-elastische Durchbiegungen und leicht nichtlineare Schubdehnungen in den Rahmenecken offenbarten (vgl. Abschnitt 5.4). Lediglich am Rahmen über EG (Achse H 6-7, Süd) löste sich kurz vor der Ziellast eine Verformungsbehinderung, was wahrscheinlich auf Reibung in der Fuge zurückzuführen war. Die Seitenfläche des Unterzugs war gewellt, weil offensichtlich beim Betonieren die Schalung verrutscht war. Tabelle 1: Verformungen und Riegelbreiten der 2020 und 2023 getesteten Stahlbetonrahmen Rahmen in Achse H, 6/ 7 H, 1/ 2 Decke über … 1. OG (S) 1. OG (N) 2. OG (S) 2. OG (N) EG (S) EG (N) 2. OG (S) 2. OG (N) Riegelbreite b [cm] 22,0 25,0 23,5 23,0 24-25 25,0 21,5 25,0 F max [kN] 254 256 254 254 261 258 256 258 f max [mm] 11,5 14,6 8,9 9,6 12 13 13,1 13,8 Messbereiche, die eine auffällige (nichtlineare) Last-Verformungs-Kurve aufwiesen, wurden für eine Erweiterung des Monitoringsystems mit entsprechenden Warnschwellen vorgeschlagen: • 3 Schubdehnung in der Rahmenecke • 1 Biegedehnung auf der Stiel-Außenseite • 1 Durchbiegungsüberwachung des Riegels Die Warnwerte liegen ohne Temperatureinfluss hier je nach Messort für die Betondehnungen (inkl. Rissen) zwischen 0,05 mm und 0,18 mm (umgerechnet mit Δl-=-e-∙-l) und für die Durchbiegung bei 5,6 mm. Für bereits installierte Sensoren konnten anhand der zusätzlichen Messergebnisse die Schwellwerte angepasst werden. Verlängerung der Restnutzungsdauer von Chlorid- und AKR-geschädigten Parkbauten am Beispiel des Parkhauses am Holstentor in Lübeck 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 23 7. Zusammenfassung und Ausblick Dieses Projekt zeigt exemplarisch, dass eine umfangreiche Bauwerksanalyse die Basis für ein wirtschaftliches Instandsetzungskonzept sein kann, das Hau-Ruck-Lösungen (viel hilft viel) vermeidet. Neben einer klassischen fachmännischen Instandsetzung gut zugänglicher Bauteile konnte das Risiko anderer Bereiche aus einer Kombination von Abdichtung, experimenteller Tragsicherheitsbewertung und Monitoring soweit minimiert werden, dass eine begrenzte Weiternutzung (2-3 Jahre) vertretbar war. Experimentelle Methoden loten die Tragwerksreserven bestehender Bauwerke aus und können selbst dann ein erfolgsversprechender Lösungsansatz sein, wenn umfangreiche rechnerische Analysen unbefriedigende Ergebnisse erzielt haben. Voranschreitender Computerhörigkeit trotzend bieten sie eine wirtschaftlich attraktive Alternative zu Abriss und Neubau und leisten einen wichtigen Beitrag, um Baukultur zu bewahren. Literatur [1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb, Hrsg.): Richtlinie für Belastungsversuche an Betonbauwerken. Berlin: Beuth, 07-2020. [2] Gutermann, M., Malgut, W.: Experimentelle Methoden - ein alternativer Weg zum Tragsicherheitsnachweis von Parkbauten“. In: Tagungsband 9. Kolloquium Parkbauten. TAE Esslingen, 04./ 05.02.2020. S. 3-9. [3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb, Hrsg.): Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze. Teil 2: Bauplanung und Bauausführung. Berlin: Beuth Verlag, 08-1990 sowie 2. Berichtigung zur Richtlinie, erschienen 12-2005. [4] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb, Hrsg.): Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie). Berlin: Beuth, 10-2001. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 25 Chloridschutz- und Abdichtungskonzepte von Tiefgaragen unter Berücksichtigung der Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungsklasse und Beanspruchungsklasse Dipl.-Ing. (Univ.) Norbert Swoboda TÜV SÜD Industrie Service GmbH, Leiter Abteilung Bautechnik München Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Planung und der Ausführung von Abdichtungs- und Chloridschutzkonzepten bei Stahlbetonkonstruktionen in WU-Bauweise. Neben der Darstellung der erforderlichen Grundlagen werden anhand von Fallbeispielen objektspezifische Chloridschutz- und Abdichtungskonzepte von WU-Konstruktionen in Tiefgaragen, die Bestandteil von Untergeschossen mit ständiger oder temporärer Grund-, Sicker- oder Schichtenwasserbeaufschlagung sind, vorgestellt. Des Weiteren werden in diesem Kontext der mögliche Einsatz von Stahlfaserbeton und rezykliertem Beton für WU-Bodenplatten sowie von Frischbetonverbundfolien in Teilbereichen höherwertiger Nutzung betrachtet. 1. Einführung Die Festlegung von statisch-konstruktiven, geometrischen und produktspezifischen Randbedingungen, die mit der Erstellung eines Chloridschutz- und Abdichtungskonzepts von mittels Grundwasser beaufschlagten Tiefgaragen und Untergeschossen einhergeht, stellt eine komplexe Planungsaufgabe dar, deren Zuständigkeit im Projektgeschäft nicht immer eindeutig geregelt ist. Insofern sind Planung und Erstellung entsprechender Konzepte als interdisziplinäre Fachaufgabe zu verstehen, deren Umsetzung zahlreichen Einflüssen und Faktoren unterworfen ist. Neben den erforderlichen Grundlagen werden nachfolgend anhand von Praxisbeispielen unterschiedliche, technisch mögliche Varianten zur Abdichtung sowie zum Chlorid- und Oberflächenschutz von Tiefgaragen und deren Abhängigkeiten von den sich aus der WU-Richtlinie des DAfStb. [1] ergebenden Parametern (Entwurfsgrundsatz (EGS), Nutzungsklasse (NKL), Beanspruchungsklasse) vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden im Rahmen von Schutzzielbetrachtungen auch Lösungen präsentiert, die eine Ergänzung zu den im DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018, Fassung 09/ 2022 [8] genannten Varianten (Tabelle-5) darstellen. Abschließend werden Detaillösungen zur Ausführung von Oberflächenschutzsystemen in kritischen Teilbereichen wie Rinnenkonstruktionen aufgezeigt und bewertet. 2. Grundlagen zur Planung und Ausführung von Abdichtungs- und Chloridschutzkonzepten Im Zuge der Realisierung komplexer, anspruchsvoller Stahlbetonkonstruktionen sind im Planungsprozess frühzeitig die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Projektbeteiligten zu definieren. Üblicherweise kümmert sich hier der Objektplaner/ Architekt übergeordnet um die erforderliche Koordination der Fachplaner und bindet deren Ergebnisse in die Gesamtplanung mit ein. Diese Vorgehensweise sollte auch bei der Planung und Ausführung von im Baugrund befindlichen, mittels Grundwasser beaufschlagten Stahlbetonkonstruktionen Anwendung finden, bei denen zahlreiche fachspezifische Anforderungen aus Nutzung und Beanspruchung zu berücksichtigen sind. Die im Rahmen dieses Beitrages betrachteten, unterirdischen Stahlbeton-Konstruktionen dienen in der Regel der Tiefgaragennutzung; häufig auch der Unterbringung von Technik-, Lager- oder Sozialräumen. Als fachspezifische und bereits im Rahmen der Vor- und Bedarfsplanung zu berücksichtigende Einflussfaktoren sind u. a. zu nennen: Art der Nutzung/ Nutzungsklasse, Bemessungswasserstand/ Beanspruchungsklasse, Einwirkungen aus Last und Zwang, Anforderungen an den Chloridschutz (Tiefgarage), Entwurfsgrundsatz, Bauteilabmessungen, Tragsystem, Betoneigenschaften, Fugenausbildung, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Konstruktion. Zur Umsetzung eines den o. g. Einflussfaktoren und Randbedingungen gerecht werdenden WU-Konzepts bzw. Abdichtungskonzepts wurden in der neu erschienenen DIN 1045-1000 [23] sogenannte Betonbauqualitätsklassen (BBQ) eingeführt, die eine Systematik zur Unterscheidung des Anforderungsniveaus in technischer Hinsicht und hinsichtlich der erforderlichen Kommunikation zwischen den Fachplanern aufweisen. In diesem Kontext wird in der DIN 1045-1000 das Erfordernis von BBQ-Start-, Ausschreibungs- und Ausführungsgesprächen im Beisein einer in der Betontechnik fachkundigen Person empfohlen. Die Fachplanung zur Erstellung eines qualifizierten Betonbau-, Abdichtungs-, WU- und Chloridschutzkonzepts ist in den Grundleistungen der Tragwerksplanung nicht enthalten und muss gesondert beauftragt und vergütet werden. Die Beauftragung sollte, wie oben formuliert, in den frühen HOAI-Leistungsphasen (sinnvollerweise bereits im Zuge der Bedarfsplanung - „Lph 0“) erfolgen, 26 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. da die entsprechenden Festlegungen maßgebenden Einfluss auf die weitere Planung aller anderen Fachdisziplinen haben können. Zur fachgerechten Planung von Abdichtungs- und Chloridschutzkonzepten ist die Kenntnis und die Berücksichtigung zahlreicher Normen, Regelwerke und Literaturquellen erforderlich. Exemplarisch sind die wesentlichen Quellen im Anhang zu diesem Beitrag aufgeführt. 2.1 Entwurfsgrundsatz (EGS) in Verbindung mit der Nutzungs- und der Beanspruchungsklasse Ein zentrales Schutzziel bei der Planung und der Ausführung von Bodenplatten und Wänden in wasserundurchlässiger Bauweise (WU-Bauweise) ist die Vermeidung (Entwurfsgrundsatz a) bzw. die Begrenzung/ Steuerung (Entwurfsgrundsätze b, c) von Trennrissen, welche die komplette Dicke des Stahlbetonbauteils durchlaufen. Bei Beaufschlagung der Trennrisse mit Wasser kann es zu folgenschweren Schädigungen an Ausstattung und Innenausbau sowie mitunter an hochwertigen Lagergütern (z.-B. Archive) im Bereich von Räumen höherwertiger Nutzung und damit zu Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit (Nutzungsklasse A) bzw. zu Nutzungseinschränkungen im Bereich der Tiefgarage (Nutzungsklasse B) kommen. Insofern sind bereits in der Planung Nutzungsklassen, Beanspruchungsklassen und Entwurfsgrundsätze zwingend aufeinander abzustimmen. Bezüglich sinnvoller Kombinationen von Nutzungsklassen und Entwurfsgrundsätzen wird auf das DBV-Heft Nr. 43 [13] verwiesen. Bekanntermaßen sollten bei hochwertiger Nutzung von Räumen in Untergeschossen (Nutzungsklasse A°, A*-A***), die drückendem Wasser ausgesetzt sind (Beanspruchungsklasse-1), nur die Entwurfsgrundsätze a (Trennrissvermeidung) und c (Festlegung von größeren Trennrissbreiten in definierten Bereichen) geplant und ausgeführt werden. In Bereichen der Nutzungsklasse A kann objektspezifisch, zusätzlich zu den statisch-konstruktiven und betontechnischen Maßnahmen zur Umsetzung der Entwurfsgrundsätze die Berücksichtigung von raumklimatischen Anforderungen in Form von bauphysikalischen Maßnahmen (Dämmung, mechanische Be- und Entlüftung etc.) erforderlich werden. Zur Überprüfung dieses Erfordernisses wird die fallbezogene Beauftragung eines Lüftungskonzeptes empfohlen. In Bauteilbereichen mit geringeren Anforderungen, die in Nutzungsklasse B eingruppiert werden können, ist auch die Anwendung des Entwurfsgrundsatzes b (Festlegung von Trennrissbreiten) zulässig. Eine typische Nutzung in Nutzungsklasse B stellt die Tiefgarage dar. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass Trennrisse auch bei sorgfältiger Planung und Ausführung selbst im Entwurfsgrundsatz a nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, wenn auch die Auftretenswahrscheinlichkeit deutlich geringer sein sollte als bei Umsetzung der Entwurfsgrundsätze b und c. Das zur vertragskonformen Herstellung des Stahlbetonbauteils objektbezogen mitunter durchzuführende nachträgliche Abdichten durch Injektionen im Bereich wasserführender Trennrisse oder Arbeitsfugen ist gemäß WU-Richtlinie [1], Abschnitt-12, ausdrücklich vorgesehen und damit regelwerkskonform. Die Auslegung des Entwurfsgrundsatzes c (Formulierung im DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018 [8], Abschnitt 2.4.3.2: „Festlegung von tolerierbaren rechnerischen Rissbreiten möglichst in definierten Bereichen“) wird häufig dahingehend missinterpretiert, dass lediglich eine Rissbreitenbeschränkung mit größerer rechnerischer Rissbreite (z. B. w k -=-0,3-mm statt w k -=-0,2-mm => EGS b) erfolgt, auf die eigentlich immanent erforderliche Risssteuerung über die Festlegung von Sollrissen jedoch verzichtet wird. Unabhängig davon wird dann eine starre OS8-Beschichtung als Chloridschutz umgesetzt, weil dies nach Tabelle 5 in [8] formal richtig erscheint. Bei Bodenplatten mit erhöhter Reißneigung kann diese Interpretation des Entwurfsgrundsatzes-c im Laufe der Nutzung aber zu einer großen Anzahl an rissüberbrückenden Bandagen mit entsprechenden optischen Einschränkungen und damit zu erhöhten Betriebskosten führen. Aus Sicht von TÜV SÜD sollten bei der Umsetzung des EGS c in Bezug auf Zwangspunkte zwingend sinnvoll angeordnete Sollrissfugen geplant und in der Bauausführung auch konstruktiv umgesetzt werden (z. B. mit Sollrissfugenelementen). Diese Fugen sind dann mit hochrissüberbrückenden Systemen vor dem Eindringen von Chloriden zu schützen. Abseits dessen können die verbleibenden zwängungsarmen Bauteilbereiche starr beschichtet werden. 2.2 Weitere Hinweise zu Planung und Bauausführung Unabhängig von der theoretischen Zuordnung von Bauteilen in Nutzungs- und Beanspruchungsklassen und deren Bemessung nach Entwurfsgrundsätzen ist es grundsätzlich sinnvoll, die Herstellung sowohl der Bodenplatten als auch der Außenwände im Bereich der mittels Grundwasser beaufschlagten Untergeschosse möglichst zwängungsarm zu gestalten, so dass Bauteile entstehen, die in Bezug auf die Rissbildung im Ergebnis eher dem Entwurfsgrundsatz a („rissvermeidende Bauweise“) als dem Entwurfsgrundsatz b oder c zuzuordnen sind. Dies kann grundsätzlich durch die Umsetzung von planerischen sowie betontechnologischen und ausführungs-technischen Maßnahmen begünstigt werden. Als eine diesbezügliche Maßnahme ist eine gevoutete Ausführung von Bodenplattenvertiefungen (z. B. Bodenplattenverdickungen im Bereich konzentrierter Lasteinleitungen sowie Aufzugsunterfahrten im Bereich von Treppenhäusern) in Verbindung mit der Anordnung von Weichfaserplatten gegen die angrenzende Sauberkeitsschicht zu nennen. Des Weiteren können sich in Bezug auf die Reduzierung von Zwangsbeanspruchungen eine geglättete Sauberkeitsschicht mit einer mehrlagigen (mindestens 2-lagigen) PE-Folie sowie die Verwendung einer objektbezogen angepassten Betonrezeptur (Beton mit mittlerer oder langsamer Festigkeitsentwicklung, CEM-II oder CEM-III, niedrige Frischbetontemperatur in Abhängigkeit des Betonierzeitpunkts, ausreichend lange Nachbehandlung durch Feuchthalten und Abdecken der Oberflächen mittels Folie etc.) günstig auswirken. In 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 27 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Bezug auf die zwängungs- und rissarme Herstellung von Außenwänden wird ebenfalls auf die o. g. betontechnologischen und ausführungstechnischen Maßnahmen verwiesen. Die in einem Abschnitt herzustellenden Wandlängen sollten bei örtlicher Ausführung auf ca. 2-x-h, d. h. zweimal der Wandhöhe beschränkt werden, was bei üblichen Hochbauten ca. 6-7-m entspricht. In den vertikalen Arbeitsfugen der Wände sollten entsprechende innenliegende Dichtelemente vorgesehen werden, die sich mit dem horizontalen Fugenband bzw. Fugenblech in der Boden-Wand-Fuge übergreifen müssen. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass bei Planung und Ausführung eines WU-Betons die entsprechenden Anforderungen der WU-Richtlinie [1] zu Bauteildicken, w/ z-Wert, Größtkorn, Konsistenzklasse, Anschlussmischung etc. zu berücksichtigen sind. Bei der Verwendung von Elementwänden/ Halbfertigteilen als WU-Außenwand sind in Bezug auf den Kernbeton und die Bauteilgeometrie besondere Randbedingungen zu beachten. So sind in Abhängigkeit des Größtkorns des Kernbetons Mindestabstände zwischen der Anschlussbewehrung und den Innenseiten der Elementschalen einzuhalten, um das fachgerechte Einbringen und Verdichten des Kernbetons zu ermöglichen. In der Praxis ergeben sich damit bei üblichen Schalendicken von 6-cm Wanddicken von z.T. d-≥-28-cm. Insbesondere ist auch auf die Rauhigkeitsanforderungen an den Innenseiten der Elementschalen hinzuweisen. Gefügestörungen in der Verbundfuge müssen sicher verhindert werden. Am Übergang zwischen Bodenplatte und Außenwänden sind beschichtete Fugenbleche oder Fugenbänder vorzusehen. Alternativ können WU-Fugen auch mit anderen konstruktiven Mitteln hergestellt werden (Freilegen Korngerüst Erstbeton, Verwendung einer zementreicheren Anschlussmischung mit kleinerem Größtkorn auf die ersten 30-cm vertikal). Weitere wesentliche Anforderungen an die Ausführung einer WU-Konstruktion bzw. an den Beton gemäß WU-Richtlinie [1] sind bei der Konzeption der Betonrezepturen zu berücksichtigen; u. a. sind die Anforderungen an die Überwachungsklasse 2 nach DIN-1045-3 zu beachten. Abb. 1: Unsauber hergestellte WU-Fuge am Übergang zwischen Bodenplatte und Außenwand mit verschmutztem und nicht geradlinig verlegtem Fugenband Bezüglich der TGA-Planung kann es sinnvoll sein, die Anordnung der haustechnischen Anlagen in den Technik- und Anschlussräumen derart vorzunehmen, dass Zugänglichkeiten zu den Außenwänden zur möglichen Durchführung nachträglicher Dichtmaßnahmen bestehen. 2.3 Hinweise zur Ausführung von Stahlfaserbeton als WU-Bauteil Stahlfaserbewehrte Bauteile, bei denen die Fasern auf die statisch erforderliche Bewehrung angerechnet werden können und einen Teil der Stabstahlbewehrung ersetzen, kommen in Kombination mit klassischer Stabstahl- oder Mattenbewehrung nach Einschätzung von TÜV SÜD in der letzten Zeit dann häufiger zum Einsatz, wenn Nachhaltigkeitsaspekte verfolgt werden und eine damit einhergehende Optimierung der Gesamtstahltonnage im Vordergrund steht. Entsprechende Vergleichsbetrachtungen zur Bewertung der wirtschaftlichen Vorteile sind i.d.R. durch einschlägige Tragwerksplaner nach gesonderter Beauftragung zu erbringen. Gemäß eigenen Erfahrungen von TÜV SÜD können WU- Bodenplatten grundsätzlich auch mit Stahlfaserbeton realisiert werden, wenn die entsprechenden betontechnologischen Anforderungen erfüllt werden. In Verbindung mit Kunstharzbeschichtungen bei Tiefgaragennutzung wird von Stahlfaserbeton abgeraten, da sich die im Bereich der Betondeckung oberflächennah angeordneten Fasern aufgrund von Restfeuchte in der Randzone an der Oberfläche als korrosive Verfärbungen abzeichnen können, was als Einschränkung der Optik und ggf. auch der Dauerhaftigkeit zu bewerten ist. Bei Ausführung eines bituminösen Abdichtungsauf baus als Chloridschutz der Bodenplatte, ist die Verwendung eines Stahlfaserbetons aus Sicht von TÜV SÜD möglich, da die o. g. Effekte aufgrund der flächig auf der Bodenplatte verklebten Bitumenschweißbahn nicht auftreten werden. Die Oberseite der Bodenplatte sollte vor den weiteren nachfolgenden Arbeitsschritten (z. B. Auf bringen der Abdichtung im Bereich der TG-Nutzung) abgeschliffen werden, um ein nicht gewünschtes Hochstehen von Stahlfasern an der Oberfläche zu vermeiden. Alternativ kann dies auch durch die Ausführung einer Hartstoff-einstreuung (ca.-3-kg/ m²) erzielt werden, womit zusätzlich eine Vergütung der Randzone erfolgt. In Verbindung mit betontechnologischen Festlegungen sollten Einbauverfahren für die Bodenplatte gewählt werden, die das Aufschwimmen von Fasern sinnvoll verhindern (z. B. Einbau des Betons mit einer „Motorpatsche“ mit Rüttelenergie von oben o.ä.). Die diesbezüglichen Festlegungen sind durch die bauausführende Firma zu treffen. In der Vorbereitung der Oberfläche der Bodenplatte zum nachträglichen Auf bringen des Chloridschutzes kann es trotz der oben genannten Maßnahmen erforderlich werden, einzelne aus der Oberfläche stehende Stahlfasern zu entfernen. Dies sollte z. B. in den Ausschreibungstexten berücksichtigt werden. Zusätzlich zu den o. g. Punkten sind bei Umsetzung von Bodenplatten in Stahlfaserbeton die Vorgaben und Anforderungen an die Verarbeitung zu beachten (siehe 28 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. hierzu DAfStb.-Richtlinie Stahlfaserbeton [4]). Auch die Baulogistik ist auf die Ausführung mit Stahlfaserbeton abzustimmen (Art der Pumpe, Durchmesser der Schläuche, höherer Aufwand beim Einbringen und Verdichten des Betons zur Vermeidung von „Nestbildungen“). Zur bauordnungsrechtlichen Einstufung ist auszuführen, dass die DAfStb.-Richtlinie Stahlfaserbeton [4] in Deutschland seit 2010 bindendes Regelwerk für Stahlfaserbetonbauteile und bauaufsichtlich eingeführt ist. Der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen MVV TB ist zu entnehmen, dass bei Verwendung von Stahlfaserbeton die DAfStb.-Richtlinie [4] anzuwenden ist. Aktuell liegt die Richtlinie [4] in der Fassung 2021 vor. Abb. 2: Entmischungen/ Fasernester des Stahlfaserbetons einer WU-Bodenplatte im Bereich der oberen Bewehrungslage Aus [25] ist in Bezug auf die Verwendung von Stahlfasern sinngemäß Folgendes zu entnehmen: Für Stahlfasern ist gemäß DIN EN 14889-1/ 8 ein CE-Kennzeichen erforderlich. Für „Fasern für tragende Zwecke“ und grundsätzlich für Fasern, die einem Beton gemäß DIN- EN 206-1/ DIN 1045-2 zugegeben werden, ist ein Konformitätszertifikat einer notifizierten Stelle vorzuweisen. Damit ist in Deutschland stets eine überwachte Stahlfaser mit Konformitätszertifikat zu verwenden, auch wenn die Faser nicht als tragendes Element eingesetzt wird. Auf der CE-Kennzeichnung ist bei Fasern mit Konformitätszertifikat die Nummer des Zertifikates und die Nummer der überwachenden Stelle angegeben. Demgegenüber sind für den Einsatz von Kunststofffasern und Fasern, die mit einer speziellen Verpackung geliefert werden (z. B. verklebte Fasern), allgemein bauaufsichtliche Zulassungen erforderlich. Weiterführende Spezifikationen sind ggf. im Zuge der weiteren Planung und der Ausschreibung mit dem entsprechenden Hersteller der Stahlfasern abzustimmen bzw. zu vereinbaren. 2.4 Hinweise zur Verwendung von Frischbetonverbundfolien bei WU-Bauteilen Frischbetonverbundfoliensysteme (FBVS) werden in letzter Zeit häufig in Bereichen höherwertiger Nutzung (Nutzungsklasse A*-A***) zusätzlich zur WU-Bauweise im Sinne einer Sekundärabdichtung eingesetzt, um eine höhere Sicherheit in Bezug auf das Eindringen von Feuchtigkeit über wasserführende Trennrisse zu erzielen. Übliche Anwendungen von FBVS sind z. B. größere Gebäude mit Wohn-, Büro- und Gewerbenutzung, komplexerer haustechnischer Ausstattung und z.T. mehreren Untergeschossen. Im Bereich von Ein- und kleineren Mehrfamilienhäusern spielen FBVS nach Einschätzung von TÜV SÜD bislang eher keine Rolle. Frischbetonverbundfolien in Verbindung mit Stahlbetonbauteilen aus WU-Beton sind aktuell (noch) nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) zuzuordnen. Sie entsprechen nicht der Abdichtungsnorm DIN 18533 (im Neuentwurf der DIN 18533, 09/ 2023 nicht enthalten) und sind auch nicht in der WU-Richtline geregelt. Zur Verwendung sind bei Abweichungen von den a. a. R. d. T. individuelle vertragliche Vereinbarungen mit dem Bauherrn zu treffen. Das Inverkehrbringen erfolgt über Prüfzeugnisse (abP) oder Zulassungen (EAD). Trotz der o. g. Einschränkungen kann der Einsatz von FBVS bei fachgerechter Planung und Ausführung sowohl der Folie als auch der WU-Konstruktion in Bereichen höherwertiger Nutzung und ggf. schlechter Zugänglichkeit (z. B. im Bereich hochinstallierter Technikräume) angezeigt sein. In der Fachliteratur (siehe z. B. einschlägige DBV-Hefte und Merkblätter [14], [15]) wird die Verwendung von FBVS bei Nutzungsklasse A konform zu den Auslegungen der WU-Richtlinie [1] nur in Verbindung mit den Entwurfsgrundsätzen a und c aufgeführt. Von der Anwendung von FBVS bei Entwurfsgrundsatz b wird in Verbindung mit Nutzungsklasse B grundsätzlich abgeraten, da in diesem Fall die Selbstheilung von Rissen als wesentliches Wirkprinzip dieses Entwurfsgrundsatzes nicht möglich ist. Nach Aussagen der Münchner Runde (siehe Positionspapier 2020 [16]) liegen unabhängig davon bei Tiefgaragennutzung (Nutzungsklasse B) positive Erfahrungen zur Verwendung von FBVS in Verbindung mit Entwurfsgrundsatz b und der Ausführung von rissüberbrückenden, nicht diffusionsoffenen Oberflächenschutzsystemen nach Variante B2, Tabelle-5, DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018 [8] vor. Nach Auffassung von TÜV SÜD ist eine Anwendung von FBVS in Verbindung mit Nutzungsklasse B (v.a. bei Tiefgaragennutzung) i.d.R. nicht erforderlich, weil hier die WU-Bauweise allein eine ausreichende Sicherheit gegen eindringende Feuchtigkeit liefern sollte und im Falle von Wasserzutritt nachträgliche Verpressmaßnahmen durchgeführt werden können. Grundsätzliche Voraussetzung für eine Erhöhung der Schutzwirkung der WU-Konstruktion durch die Verwendung eines FBVS in Bereichen höherwertiger Nutzung ist eine fachgerechte Verlegung und Verarbeitung der Frischbetonverbundfolie gemäß den Vorgaben und 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 29 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Anforderungen des Herstellers. Erfahrungsgemäß treten insbesondere an Versprüngen und Absätzen im Grund- und Aufriss häufig Schwierigkeiten bei der planebenen Verlegung der Folie auf, die dann zu Faltenbildung und möglicherweise zu Hinterläufigkeiten führen können. In diesen Bereichen ist besondere Sorgfalt bei der Bauausführung geboten. Abb. 3: Infolge Baubetrieb verschmutzte Frischbetonverbundfolie im Bereich der Arbeitsfuge einer WU- Bodenplatte Des Weiteren sind an vertikalen Arbeitsfugen der Bodenplatte, an denen die FBVS mit einem horizontalen Überstand gegenüber den Abschalelementen verlegt werden, besondere Maßnahmen gegen Verschmutzungen der Folie zu treffen (z. B. Verlegung eines Schutzvlieses oder einer Bautenschutzmatte auf der unteren Anschlussbewehrungslage, siehe z. B. [14]). Bei der Verlegung der Bewehrung ist darauf zu achten, dass die Frischbetonverbundfolie nicht mechanisch beschädigt wird. Es werden daher für die Auflagerung der unteren Bewehrungslage i.d.R. nur linienförmige und keine punktförmigen Abstandhalter verwendet. Ebenfalls ist die direkte Lagerung von Baumaterialen auf der Folie durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. Die Verlege- und Ausführungshinweise des Herstellers sind zwingend zu berücksichtigen. Sinnvollerweise sollte vor der Betonage einzelner Abschnitte der Bodenplatte und der Außenwände eine Qualitätskontrolle der Folie erfolgen, welche die Unversehrtheit und die herstellerkonforme Ausführung bestätigen. Diese Form der technischen Abnahme könnte z. B. durch einen befugten Vertreter des Herstellers der Frischbetonverbundfolie erfolgen. Nach Auffassung von TÜV SÜD kann sich die Verwendung von Frischbetonverbundfoliensystemen (FBVS) zukünftig als allgemein anerkannte Regel der Technik (a. a. R. d. T.) etablieren, wenn sich die Bauweise in der Praxis in erforderlicher Breite bewährt hat. Hierfür ist u. a. die Umsetzung der im Rahmen dieses Beitrags genannten qualitätssichernden Maßnahmen im Zuge der Planung und der Ausführung von FBVS hilfreich. 2.5 Anwendungsgrenzen von Beton mit rezyklierten Gesteinskörnungen („RC-Beton“) bei WU- Konstruktionen Bei RC-Beton wird natürlich gewonnener Kies oder gebrochener Naturstein durch eine rezyklierte „RC-Gesteinskörnung“, die aus auf bereitetem Bauschutt bzw. Abbruchmaterial hergestellt wird, teilweise ersetzt. Solch ein ressourcenschonender Beton darf genauso für die üblichen Bauteile im Hochbau eingesetzt werden wie Normalbeton. Bei RC-Gesteinskörnungen werden zwei Typen unterschieden: RC-Gesteinskörnung Typ 1 (Betonsplitt): Mindestens 90 M.-% dieser Gesteinskörnung muss aus Beton oder aus Naturstein bestehen. Max. 10 % dürfen Nebenbestandteile wie z. B. Ziegel oder Kalksandstein sein. RC-Gesteinskörnung Typ 2 (Bauwerkssplitt): Mindestens 70 M. % dieser Gesteinskörnung muss aus Beton oder aus Naturstein bestehen. Max. 30 % dürfen Nebenbestandteile wie z. B. Ziegel oder Kalksandstein sein (siehe z. B. [18]). Der Anteil von rezyklierten Gesteinskörnungen im Betonrezept ist in Abhängigkeit der Expositionsklasse und des o. g. Typs auf 25-45 Vol.-% begrenzt. WU-Beton kann mit rezyklierten Gesteinskörnungen mit den Expositionsklassen XC1-XC4, XF1-XF3, WF hergestellt werden. Die Wasserundurchlässigkeit des Betons wird durch die Porosität des Zementsteins und damit durch den w/ z-Wert bestimmt. Bei „R-Beton“ gelten diesbezüglich die gleichen Kriterien wie für Normalbeton. WU-Beton wird in der DAfStb.-Richtlinie für Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620 [5] explizit als Anwendungsbereich genannt. Die uneingeschränkte Umsetzung eines RC-Betons mit XD- und WA-Expositionsklassen ist den einschlägigen Regelwerken nicht zu entnehmen, was eine Anwendung im Bereich von Parkbauten eingrenzt (XC-Expositionen sind nur in Verbindung mit Chloridschutzvariante C1/ C2 gemäß Tabelle-5, DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018, Nachdruck 09/ 2022 [8] vorgesehen). Gemäß Angaben in [5] ist die Verwendung einer rezyklierten Gesteinskörnung für Beton der Feuchtigkeitsklasse WA nur erlaubt, wenn ein Gutachten durch eine besonders fachkundige Person einen ausreichenden Widerstand des Betons gegen eine schädigende Alkali- Kieselsäure-Reaktion bestätigt. 2.6 Abstimmung Entwurfsgrundsatz/ Rissbreitenbeschränkung/ Chloridschutzsystem Nach DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018, Nachdruck 09/ 2022 [8] ist die Bemessung des vor dem Eindringen von Chloriden zu schützenden, befahrenen Stahlbetonbauteils v.a. in Bezug auf ggf. im Zuge der weiteren Nutzung entstehende Risse auf Grundlage der Entwurfsgrundsätze nach WU-Richtlinie [1] mit der Art und der Qualität des nachträglich aufzubringenden Oberflächenschutzes abzustimmen. So soll vermie- 30 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. den werden, dass Bauteile, bei denen aufgrund des gewählten Entwurfsgrundsatzes (z. B. EGS-b) im Zuge der weiteren Nutzung mit Rissen zu rechnen ist, mit einem nicht geeigneten, z. B. starren Oberflächenschutz beschichtet werden. Klassisch starre Beschichtungssysteme können keine Risse des unterlagernden Stahlbetonbauteils aufnehmen und müssen im Fall von Rissbildungen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit ggf. mit einer Vielzahl von rissüberbrückenden Bandagen instandgesetzt werden. Um dies zu vermeiden, wurden im DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018 [8], die Entwurfsgrundsätze in Tabelle 5 eingeführt, die eine Zuordnung der Art der Bemessung des Stahlbetonbauteils und der Variante des Oberflächenschutzes erlauben. Aus Sicht von TÜV SÜD stellen die nachfolgenden Oberflächenschutzsysteme die bei Sanierungs- und Neubauvorhaben am häufigsten umgesetzten Möglichkeiten zum Chloridschutz in Tiefgaragen dar: • Starre, kunstharzbasierte OS8 Beschichtungen (in Verbindung mit EGS c, siehe Variante B1 in [8]). • Kunstharzbasierte OS8 Beschichtungen mit begrenzter statischer Rissüberbrückung (in Verbindung mit EGS c, siehe Variante B1 in [8]) • Rissüberbrückende, kunstharzbasierte OS10 (Verwendung mit abP noch möglich), OS11 oder OS14 Beschichtungen (in Verbindung mit EGS b, siehe Variante B2 in [8]) • OS10/ OS14 oder unterlaufsichere Abdichtungsbahn in Ergänzung mit Gussasphaltschutz- und -nutzschicht (in Verbindung mit EGS a oder b, siehe Variante C1 in [8]) Aus eigener Erfahrung kommt die Umsetzung der Chloridschutzvarianten A1 (rissvermeidende Bauweise ohne flächiges Oberflächenschutzsystem mit Entwurfsgrundsatz a) und A2 (lokaler Schutz von Rissen z. B. mittels Bandagen mit Entwurfsgrundsatz c) aus [8] in der Praxis deutlich seltener vor, weil hiermit höhere Aufwendungen in der Planung, in der Ausführung sowie im Betrieb verbunden sind. 3. Praxisbeispiele Im Folgenden werden anhand von drei Praxisbeispielen unterschiedliche, technisch mögliche Varianten zur Abdichtung sowie zum Chlorid- und Oberflächenschutz von Tiefgaragen und deren Abhängigkeiten von den sich aus der WU-Richtlinie des DAfStb. [1] ergebenden Parametern (Entwurfsgrundsatz, Nutzungsklasse, Beanspruchungs-klasse) vorgestellt. 3.1 Praxisbeispiel 1 Randbedingungen/ Konstruktion Untergeschoss einer mittelgroßen, neu zu errichtenden Wohnanlage mit Tiefgarage (50 SP, NKL B), Technik-, Keller- und Fahrradräume (NKL B), in zusammenhängenden Teilbereichen Abstellräume/ Treppenräume zur Erschließung der aufgehenden Wohnbebauung (NKL A*). Planung und Ausführung als Stahlbetonkonstruktion in WU-Bauweise, Dicke der Bodenplatte 40-cm, im Bereich von Fundamentverstärkungen 60-cm (Übergänge gevoutet auszuführen), Dicke der Außenwände 30-cm, EGS-b für Bodenplatte und Außenwände, Beanspruchungsklasse 1. Die Bodenplatte liegt im ständigen Einfluss des Grundwassers. Im Bereich der höherwertigen Nutzung (NKL A*) ist bodenplatten- und außenwandseitig die Verwendung eines Frischbetonverbundfoliensystems (FBVS) vorgesehen. Als Chloridschutz in der Tiefgarage soll Variante C1 nach DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen umgesetzt werden (einlagige Schweißbahn, vollflächig verklebt mit 35-40-mm Gussasphaltschutz- und -nutzschicht). Sockelschutz der aufgehenden Bauteile mit vliesarmiertem Flüssigkunststoff (FLK). Beurteilung Abdichtungskonzept Die Kombination von Beanspruchungsklasse 1, EGS b und NKL B (Tiefgarage) ist gemäß dem einschlägigen Regelwerk zulässig = > OK. Im Bereich der höherwertigen Nutzung (NKL A*, Abstell- und Treppenräume) wird durch die Wahl und Anordnung der Betonierabschnitte sowohl für die Bodenplatte als auch für die Außenwände die Umsetzung des EGS a angestrebt. Die Kombination aus Beanspruchungsklasse 1, EGS a und NKL A ist gemäß Regelwerk ebenfalls zulässig => OK. Als zusätzliche Sicherheit gegenüber dem Eindringen von Feuchtigkeit über wasserführende Trennrisse und Arbeitsfugen wird die Anordnung eines FBVS vorgesehen. Beurteilung Chloridschutzkonzept Grundsätzlich entspricht die Kombination aus EGS b, NKL B und Variante C1 dem einschlägigen Regelwerk (hier: Tabelle 5 im DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen). Die Bauweise ist allerdings nach Tabelle-7 in [8] für WU-Bodenplatten unter Grundwassereinfluss nicht vorgesehen (nur für Zwischendecken und tragende Bodenplatte ohne Grundwasserbeaufschlagung). Gemäß dem aktuellen Positionspapier der Münchner Runde aus 2020 [16] wird die Umsetzung von bituminösen Abdichtungsbauweisen als Chloridschutz in Tiefgaragen in der Wasserwechselzone als mögliche Variante aufgeführt. Hierzu heißt es konkret zu Bodenplatten, die in der Wasserwechselzone liegen, auf Seite 3 in [16]: „Bei seltener Wasserbeaufschlagung und geringem Wasserdruck (erhöhter mittlerer Wasserstand bis OK Bodenplatte) sind auch die Varianten C1 und C2 möglich. Dies erfordert eine vertiefte Planung, insbesondere unter Berücksichtigung der Druckhöhe bei HHW.“ Aus Sicht von TÜV SÜD ist die Ausführung der vorgesehenen Chloridschutz-Variante C1 unter Berücksichtigung der nachfolgenden Punkte möglich: Der Oberflächenschutz bzw. die Abdichtung sollte möglichst spät aufgebracht werden, so dass eine Grundwasserbeaufschlagung nach Möglichkeit bereits mindestens einmal am Bauwerk bzw. an der WU-Wanne stattgefunden hat (z. B. nach Abschalten der Grundwasserhaltung). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 31 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Wenn sich im Zuge der Wasserbeaufschlagung undichte Risse und Arbeitsfugen zeigen, so können diese dann gemäß WU-Richtlinie [1], Abschnitt 12 etc. ohne lokalen Rückbau des Chloridschutzes fachgerecht verpresst bzw. abgedichtet werden. Das späte Auf bringen der Abdichtung, das bei üblichen mehrgeschossigen Konstruktionen des Geschosshochbaus den Regelfall darstellt, hat auch den Vorteil, dass zu diesem Zeitpunkt die Bodenplatte in der Randzone bereits ausgetrocknet ist und es beim Verkleben der Schweißbahnen nicht zu Wasserdampfdruckbildung kommt. Beim Rohbau der Grundwasserwanne (WU-Wanne) ist grundsätzlich darauf zu achten, dass handwerklich sauber gearbeitet wird. An sämtlichen Arbeitsfugen sind Fugenbänder oder -bleche auszuführen (alternativ WU- Fugen mit Anschlussmischung, s.o.), zusätzlich können auch Verpress-Schläuche angeordnet werden, die im Bedarfsfall oder auch planmäßig nachträglich injiziert werden (v.a. im Bereich der Räume mit Nutzungsklasse A*). Allgemein ist auf Konstruktion und Ausführung der Fugen große Sorgfalt zu legen (geradliniges Verlegen der Dichtelemente, konstruktive Sicherung durch Bewehrung/ Bügel etc.). Die Bodenplatte sollte zwängungsarm und rissarm hergestellt werden, in Anlehnung an die Anforderungen gemäß Entwurfsgrundsatz a der WU-Richtlinie [1]. Um ein flächiges Ablösen oder eine flächige Unterläufigkeit der Bitumenschweißbahnen als Bestandteil der Abdichtung bzw. des Chloridschutzes zu verhindern, ist es entscheidend, dass die Bahnen vollflächig mit dem Untergrund verklebt bzw. verschweißt werden. Hierzu eignen sich die bei den Fachfirmen bekannten und bewährten Verfahren (Gieß-, Flämm- oder Einrollverfahren). Der Untergrund der WU-Bodenplatte ist entsprechend vorzubehandeln: Nach dem Kugelstrahlen im Kreuzgang wird in der Fläche eine kunstharzbasierte Grundierung aufgebracht und mittels Quarzsand abgestreut. Diese Harze müssen für das nachträgliche Auf bringen der Schweißbahnen geeignet sein. Bei rückseitiger Feuchtebelastung bzw. höheren Wasserdrücken kann der Auftrag einer zusätzlichen Versiegelung (identisches Harz in einem zweiten Arbeitsgang) sinnvoll sein. 3.2 Praxisbeispiel 2 Randbedingungen/ Konstruktion Zweigeschossiges Tief bauwerk eines größeren Bürogebäudeneubaus mit nicht öffentlicher Nutzung durch Tiefgarage (150 SP, NKL B), Technik-, Lager-, und Sozialräume (NKL A*-A**). Planung und Ausführung als Stahlbetonkonstruktion in WU-Bauweise, Dicke der Bodenplatte 80-cm bis 120-cm, Dicke der Außenwände 30-cm, Dicke der Zwischendecke 30- cm. EGS c für die Bodenplatte mit geplanten Sollrissfugen, EGS a für die Außenwände mit reduzierten Betonierabschnitten und EGS b für die Zwischendecke, Beanspruchungsklasse 1 im Bereich Bodenplatte und Außenwände 2.UG. Die Bodenplatte liegt im ständigen Einfluss des Grundwassers, der maximale GW-Stand liegt bei ca. 4,20 m über der Unterkante der Bodenplatte. Unter der kompletten Bodenplatte sowie an allen mittels Grundwasser beaufschlagten Außenwandflächen (komplett im 2.UG) ist auf Wunsch des AG die Verwendung eines Frischbetonverbundfoliensystems (FBVS) vorgesehen. Als Chloridschutz in der Tiefgarage soll Variante B1 nach DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen [8] umgesetzt werden (hier: starre OS8-Beschichtung auf der Bodenplatte und rissüberbrückende OS11a-Beschichtung auf Zwischendecke). Sockelschutz der aufgehenden Bauteile mit Grundierung und 2-facher Kopfversiegelung der Harze des Systems aus der Fläche. Beurteilung Abdichtungskonzept Die Kombination von Beanspruchungsklasse 1, EGS c und NKL B (Tiefgaragenbodenplatte) ist gemäß dem einschlägigen Regelwerk zulässig = > OK. Die zusätzliche Verwendung eines FBVS erhöht die Sicherheit vor dem Eindringen von Feuchtigkeit über wasserführende Trennrisse oder über Sollrissfugen, wenn auch die WU-Bodenplatte allein in der Lage wäre, das Schutzziel der Wasserundurchlässigkeit sicherzustellen. Die Kombination von Beanspruchungsklasse 1, EGS c und NKL A* - A** (Bodenplatte im Bereich höherer Nutzung) ist gemäß dem einschlägigen Regelwerk ebenfalls zulässig = > OK. Auch hier bietet das FBVS einen zusätzlichen Schutz, v.a. in schwer zugänglichen Bereichen, z. B. Sprinklerzentrale, hochinstallierte Technikräume. Auch die Kombination von Beanspruchungsklasse 1, EGS a und NKL B sowie A* - A** (Wände im 2.UG) ist gemäß dem einschlägigen Regelwerk zulässig =->-OK. Auch hier stellt das FBVS eine zusätzliche Maßnahme zur Erhöhung des Schutzniveaus gegenüber dem Eindringen von Feuchtigkeit dar, wenn auch der WU-Beton der Außenwände allein in der Lage wäre, das Schutzziel der Wasserundurchlässigkeit sicherzustellen. Das FBSV ist auf jeden Fall dort sinnvoll, wo im Endzustand schlechte Zugänglichkeiten bestehen (siehe Bodenplatte). Beurteilung Chloridschutzkonzept Tragende, nach Entwurfsgrundsatz c bemessene und mittels Sollrissfugen konstruierte WU-Bodenplatten können nach Variante B1, Tabelle 5 in [8] mit starren OS8-Systemen beschichtet werden. Die Sollrissfugen, welche größere Bewegungen aufweisen können, sind mit hochrissüberbrückenden OS10/ OS14-Systemen oder alternativ mit Systemen aus vliesarmiertem Flüssigkunststoff zu beschichten. Die vorgesehene Ausführung entspricht den o. g. Anforderungen = > OK. Im vorliegenden Fall wurde in der Fläche abseits der Sollrissfugen eine OS8 Beschichtung mit statisch-rissüberbrückenden Eigenschaften eingebaut, um ggf. auftretende Rissbildungen in den zwängungsarmen Bereichen abseits der Sollrissfugen abdecken zu können. Vollflächig rissüberbrückend beschichtete Stahlbetonbauteile nach Variante B2 (hier: Zwischendecke) sollten gemäß Angabe in Tabelle 5 in [8] nach Entwurfsgrundsatz b bemessen werden. Die ist im vorliegenden 32 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Fall erfüllt = > OK. Die Rissüberbrückungsfähigkeit des Oberflächenschutzes (hier OS11a) ist mit der Rissbreitenbeschränkung des Stahlbetonbauteils abzustimmen. Bei w k -=-0,20-mm ist dies gegeben. 3.3 Praxisbeispiel 3 Randbedingungen/ Konstruktion Untergeschoss einer größeren bestehenden Wohnanlage mit ausschließlicher Nutzung als Tiefgarage (NKL-B), das aufgrund von Chloridschädigungen einer Betonsanierung unterzogen werden muss. Das Objekt hat ein Alter von ca. 20 Jahren, die ca. 30- cm dicke, bislang unbeschichtete Bodenplatte weist einige Risse an der Oberseite, aber keine wasserführenden Trennrisse auf. Die Bemessung der Platte erfolgte nach EGS b. Es liegt Beanspruchungsklasse 1 mit ständig drückendem Wasser vor (maximale Druckwasserhöhe >-2-m). Abb. 4: Zwischendecke einer Tiefgarage mit OS11-Beschichtung und Stellplatz-, Fahrbahnmarkierungen Im Zuge der Betonsanierung werden Teile des Bodenplattenbetons abgetragen und mittels XD3 Beton reprofiliert. Als Oberflächenschutz der Bodenplatte wird ein OS8- System mit statisch-rissüberbrückenden Eigenschaften gewählt. Als Sockelschutz wurde eine OS5b Beschichtung ausgeführt. Beurteilung Abdichtungskonzept Die Kombination von Beanspruchungsklasse 1, EGS b und NKL B (Tiefgaragenbodenplatte) ist gemäß dem einschlägigen Regelwerk zulässig = > OK. Beurteilung Chloridschutzkonzept Gemäß den Angaben im DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018 [8], Tabelle 7 gibt es für den vorliegenden Fall keine Standard-Lösung, die den allgemeinen Vorgaben in [8] entsprechen würde. Bei WU- Bodenplatten, die nach EGS b bemessen wurden, ist als Standard-Chloridschutz die Variante B2 mit rissüberbrückenden Systemen vorgesehen. Diese Systeme werden in [8] aber nur bei Druckwasserhöhen bis maximal 2-m als sinnvoll erachtet. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine ältere Bodenplatte mit abgeschlossenem Rissbild. Die vorhandenen Risse unterliegen Beanspruchungen aus Biegezwang infolge von begrenzten Temperaturwechseln an der Bauteiloberseite. Infolge von Grundwasserpegelschwankungen ergeben sich zudem Lastbeanspruchungen, die Biegezug und damit anteilige Rissbreitenänderungen an der Plattenoberseite verursachen. Die Rissbreitenänderungen sind aufgrund der vorliegenden Randbedingungen eher gering und erfolgen im Gegensatz zu dynamischen Beanspruchungen vergleichsweise langsam. Aus Sicht von TÜV SÜD liegt damit ein günstiger Anwendungsfall für ein diffusionsoffenes OS8-System mit statisch-rissüberbrückenden Eigenschaften vor. Falls in Einzelfällen die Rissüberbrückungsfähigkeit des Systems überschritten wird, können diese Bereiche mit rissüberbrückenden Bandagen eines leistungsfähigeren Beschichtungssystems bearbeitet werden. 4. Betrachtungen zum Chloridschutz im Rinnenbereich Zum Thema „Gefälle und Entwässerung in Tiefgaragen“ liegen zahlreiche umfangreiche Fachveröffentlichungen vor. Im Rahmen des vorliegenden Beitrages sollen daher nur ausgewählte Details vorgestellt werden, bei denen eine Interaktion zwischen Entwässerungseinrichtungen (hier: Rinnen) und Oberflächenschutzsystemen besteht. 4.1 Anordnung von Rinnen im Bereich der Fahrgasse Diese Rinnen werden in der Nutzung durch Fahrzeuge überfahren. Es handelt sich bei privat genutzten Tiefgaragen häufig um reine Verdunstungsrinnen, die an Schöpfgruben angeschlossen sind und bei entsprechender Feuchtigkeitsbeaufschlagung regelmäßig leergepumpt werden müssen. Bei öffentlichen Garagen mit höherer Fluktuation sollten Entwässerungsrinnen mit Anschluss an Abläufe/ Grundleitungen/ Hebeanlage etc. ausgeführt werden. Bezüglich der Rinnengeometrie sind aus Sicht von TÜV SÜD zwei Varianten zu empfehlen: Rinnen mit trapezförmigem Querschnitt und mindestens unter 45° abgeschrägten Flanken. Die Breite der Rinnen sollte die Schrittlänge eines Erwachsenen nicht überschreiten (ca. 40-50- cm), Tiefe ca. 2- cm (siehe u. a. Empfehlungen Münchner Runde [16]). Alternativ zum Trapezgerinne kann auch ein Muldengerinne mit stetigen Übergängen zwischen Rinne und den benachbarten Fahrgassenbereichen ausgeführt werden (keine Knicke oder Kanten). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 33 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Abb. 5: Mittels vliesarmiertem Flüssigkunststoff beschichtetes Muldengerinne mit Ablauf, Anordnung im Bereich der Fahrgasse Bei dieser Geometrie sind auch größere Breiten und Tiefen als beim Trapezgerinne möglich. Falls Tiefgaragen barrierefrei zu gestalten sind, gelten für offene Rinnen höhere Anforderungen gemäß DIN-18040-3, Kapitel-4.4 bzw. DIN-EN-17210, Kapitel-7.1.9. In der Wahrnehmung von TÜV SÜD sind in den letzten Jahren häufig geschlossene Rinnenkörper im Zuge von Sanierungsmaßnahmen durch offene Gerinne ersetzt worden, weil sich diese im Betrieb als kostengünstiger und wartungsärmer erweisen können. Trapezgerinne sollten aufgrund der Kanten am Übergang zu den benachbarten Fahrgassenbereichen mit widerstandfähigeren Systemen beschichtet werden. Aus Sicht von TÜV SÜD eignen sich hier z. B. OS10/ OS14-Systeme oder mittels Vlies armierte Systeme auf Basis von Flüssigkunststoff (FLK). Die angeschlossenen Schöpfgruben sind sinnvollerweise im selben System zu beschichten. Muldengerinne können in Garagen mit geringer Fluktuation bei günstiger Geometrie auch mit OS11-Systemen beschichtet werden, da ein frühzeitiger Abrieb, wie er bei Trapezgerinnen im Bereich der Kanten/ Flanken häufig vorkommt, bei dieser Rinnenform nicht zu befürchten ist. Auch bei Ausführung der Variante C1 zum Chloridschutz (Bitumenschweißbahn und Gussasphalt) können Muldengerinne eine sinnvolle und wirtschaftliche Alternative zu geschlossenen Rinnenkörpern darstellen. Die Geometrie der Rinnen ist im Rohbau durch entsprechende Ausnehmungen in der Kontur der Oberfläche zu berücksichtigen. Es ist darauf zu achten, dass die obere Bewehrungslage im Bereich der Rinnen ausgewechselt/ tiefer angeordnet wird. Leider kommt es in der Praxis immer noch häufig vor, dass die obere Bewehrung im Rinnenbereich durchläuft, was i.d.R. mit einer Unterschreitung der erforderlichen Mindestbetondeckungen und aufwendigen Instandsetzungsmaßnahmen im Rinnenbereich einhergeht. Abb. 6: Muldengerinne in Asphaltbauweise im Bereich einer Gebäude-Dehnfuge 4.2 Anordnung von Rinnen an den Stellplatzstirnseiten Alternativ zur Fahrgassenmitte können offene Rinnensysteme auch an den Stellplatz-Stirnseiten angeordnet werden. Vorteil dieser Variante ist, dass die Rinnen nicht durch PKW überfahren bzw. durch Fußgänger überquert werden müssen. Nachdem sich die Rinnen in diesem Fall an den aufgehenden, tragenden Wänden befinden, sollten als Rinnen- und Sockelschutzbeschichtung dann allerdings ausschließlich hochwertige Systeme (z. B. mittels Vlies armierte Systeme auf Basis von Flüssigkunststoff (FLK)) zum Einsatz kommen. Abb. 7: Mittels vliesarmiertem Flüssigkunststoff beschichtete Trapezrinne an den aufgehenden Wänden der Stellplatzstirnseiten 34 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Chloridschutzu. Abdichtungskonzepte v. Tiefgaragen u. Berücksichtigung d. Anforderungen aus Entwurfsgrundsatz, Nutzungskl. u. Beanspruchungskl. Im Falle einer Umsetzung der Chloridschutz-Variante C1 (Bitumenschweißbahn und Gussasphaltbelag) ist eine Berücksichtigung der Rinne in der Rohbaukontur nicht zwingend erforderlich, weil die Rinne im Randbereich durch das Abstellen des mindestens 35-mm dicken Gussasphaltbelages vor den aufgehenden Wänden realisiert werden kann. Der Rinnenboden besteht dann nur aus dem vliesarmierten Flüssigkunststoff (FLK), der unmittelbar auf dem Rohbeton der Decke aufgebracht werden kann und sich unter dem benachbarten Gussasphalt mit der unterlagernden Schweißbahn horizontal übergreift. Wandseitig ist der FLK als Sockelschutz entsprechend in die Vertikale zu führen (siehe Abb. 8). Abb. 8: Abgestellter Gussasphaltbelag sowie mittels vliesarmiertem Flüssigkunststoff beschichtete Rinne an den aufgehenden Wänden der Stellplatzstirnseiten Literatur, Normen, Regelwerke [1] DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton, Ausgabe 2017. [2] Heft 555 DAfStb., Erläuterungen zur DAfStb.- Richtlinie wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton, Ausgabe 2006. [3] DAfStb Positionspapier Feuchtetransport durch WU-Beton, Ausgabe 2006. [4] DAfStb.-Richtlinie Stahlfaserbeton, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Beuth Verlag GmbH, Berlin, Ausgabe Juni 2021. [5] DAfStb-Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620, 2010-09, Beuth-Verlag Berlin, Ausgabe 2010. [6] DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, 2001. [7] Technische Regel des DIBt: TR-Instandhaltung, Ausgabe Mai 2020. [8] DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 01/ 2018, Fassung 09/ 2022. [9] DBV-Merkblatt Hochwertige Nutzung v. Untergeschossen Bauphysik u. Raumklima, Ausgabe 2009. [10] DBV-Merkblatt Frischbetonverbundsysteme, Fassung 09/ 2023. [11] DBV-Heft Nr. 36, Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. „Dauerhafte Parkbauten in Betonbauweise - gut informiert, sicher planen und bauen“, 2015. [12] DBV-Heft Nr. 42, Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. „Ausführungsvarianten für dauerhafte Bauteile in Parkbauten - Beispielsammlung“, 2015. [13] DBV-Heft Nr. 43, Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. „WU-Bauwerke aus Beton“, 2018. [14] DBV-Heft Nr. 44, Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. „Frischbetonverbundsysteme - Sachstand und Empfehlungen“, 2018. [15] DBV-Heft Nr. 54, Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. „Frischbetonverbundsysteme - grundlegende Erläuterungen zum DBV-Merkblatt Frischbetonverbundsysteme“, 2023. [16] Positionspapier der „Münchner Runde“ zu Tiefgaragenbauwerken und Parkgaragen, Ausgabe 2020. [17] DBV-Merkblätter zur Ausführung von Betonbauwerken: Injektionsschläuche, Fugenausbildung, Betonierbarkeit v. Bauteilen etc. [18] Zement-Merkblätter Betontechnik: WU-Bauwerke H10, Fugen in WU-Bauwerken H11, Expositionsklassen B9, Risse im Beton B18, Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung B30, etc. [19] DIN 18533 Abdichtung von Erdberührten Bauteilen, Ausgabe Juli 2017. [20] DIN EN 1992-1, Eurocode 2, Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken, Ausgabe Dezember 2012. [21] DIN EN 206-1, Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität, Ausgabe Januar 2017. [22] DIN 1045-2, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität, Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1, Ausgabe August 2008. [23] DIN 1045-1000, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1000: Grundlagen und Betonbauqualitätsklassen (BBQ), Ausgabe August 2023. [24] DIN EN 13670, Ausführung von Tragwerken aus Beton, Ausgabe März 2011. [25] Informationsbroschüre Dyckerhoff FERRODUR: „Stahlfaserbeton nach Eigenschaften und Leistungsklassen“, herausgegeben von Dyckerhoff Beton, Stand 07/ 2015. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 35 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Dipl.-Ing. Alejandro Uribarri Criado projekt w Systeme aus Stahl GmbH, Salzkotten Zusammenfassung Die Instandhaltung von Parkgebäuden umfasst mindestens alle Bauteile, die für den Erhalt, sowie für den sichern und wirtschaftlichen Betrieb eines Gebäudes für den ruhenden Verkehr erforderlich sind. Eine Einbettung der Instandhaltung der Anprallschutzsysteme in ein Instandhaltungskonzept für das Gesamtgebäude ermöglicht die systematische Planung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen und trägt dazu bei, das Gebäude mindestens über die geplante Nutzungsdauer hinweg wirtschaftlich nutzen zu können. Die Begutachtung von Anprallschäden durch sachkundige Planer bzw. Gutachter kann dazu führen, dass Instandhaltungsaufwendungen minimiert werden. Frühzeitig ausgeführte Instandhaltungsmaßnahmen an den Anprallschutzsystemen führen auch zu einem deutlich positiveren Sicherheitsempfinden bei den Nutzern und somit zu einer erhöhten Akzeptanz des Parkgebäudes. 1. Einführung Unter dem Begriff der Instandhaltung versteht man nach der DIN 31051 die Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen, sowie aller Maßnahmen des Managements im Laufe des Lebenszyklusses eines Objekts, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dienen, sodass die geforderte Funktion aufrechterhalten werden kann. Ein Objekt ist ein Teil, Bauelement, Gerät, Teilsystem, eine Funktionseinheit, ein Betriebsmittel oder System, das/ die für sich allein beschrieben und betrachtet werden kann/ können.[1] Bei einem Parkgebäude geht es also dabei um die Erhaltung oder die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der einzelnen Bestandteile des Gebäudes. Beispielhaft seien hier genannt: • die Tragstruktur des Gebäudes • die Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung (Aufzüge, Beleuchtung, Be- und Entwässerung, etc.) aber auch Anlagen, die für den täglichen Betrieb als Parkgebäude erforderlich sind, wie z. B.: • Schrankenanlagen • Kassier-Systeme Nicht zuletzt müssen aber auch Gebäudebestandteile ihre Funktionsfähigkeit haben, die für den sicheren Personen- und Fahrzeugverkehr in dem Parkgebäude erforderlich sind, wie z. B.: • Verkehrszeichen, • Beschilderungen • Anprallschutzeinrichtungen Diese Maßnahmen der Instandhaltung sollten für ein Parkgebäude nicht nur die Instandhaltung einzelner Gebäudebestandteile abdecken, wie z. B. die der Tragstruktur, sondern zumindest aller Bestandteile, die für die Verwendung des Gebäudes erforderlich sind. Unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Werthaltigkeit und Benutzerfreundlichkeit kann auch eine Instandhaltung von sonstigen Gebäudebestandteilen angebracht sein, wie z.-B. von • Fassadenelementen • Grünanlagen • dekorativen Anstrichen 2. Was ist der Anprallschutz an einem Parkgebäude? Der Anprallschutz umfasst alle Sicherheitsvorrichtungen, die dazu dienen, abirrende Fahrzeuge vor einem Herausfallen aus einem Parkgebäude zu bewahren, sowie Kollisionsschäden an Parkbauten und deren Einrichtungen durch Fahrzeuge zu minimieren. Die Anprallschutzsysteme bestehen aus verschiedenen physischen Barrieren wie Leitplanken, Pollern oder Schutzvorrichtungen, die strategisch entlang der Fahrbahnen, Treppen oder Wänden platziert sind. Somit schützen sie sowohl die Parkstruktur selbst, als auch die Fahrzeuge und die Menschen, die sich darin bewegen. Bei einem Einsatz zum Schutz im inneren eines Gebäudes, wie z. B. von Treppenhäusern, Wänden, aber auch Löschwasserleitungen oder Kabelschächten, werden im Allgemeinen Anprallschutzeinrichtungen vorgesehen, die das Gebäudeteil auf Höhe der Stoßstange eines anprallenden Fahrzeugs schützen. Abb. 1: Absturzsicherung an Parkhauswand zur Sicherung des Fallrohrs 36 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Um einem Herausfallen aus an außen liegenden Gebäudeteilen vorzubeugen, kommen üblicherweise zur Sicherung des Personenverkehrs sowie von abirrenden Fahrzeugen und deren Insassen brüstungshohe oder geschosshohe Schutzeinrichtungen zum Einsatz. Diese sind in der Art so konzipiert, dass sie sowohl einen Fahrzeuganprall auf Höhe der Stoßstange, als auch horizontale Personenlasten aufnehmen, die in einer Höhe von bis zu 120-cm anzusetzen sind. Auch Anprallschutzsysteme, die im Inneren des Gebäudes Personen und Fahrzeuge von dem Herabfallen aus höher gelegenen Gebäudeteilen sichern, sind derartig aufgebaut. Abb. 2: Absturzsicherung zur Sicherung von Personen und Pkw an einer Fahrrampe Abb. 3: Absturzsicherung zur Sicherung von Personen und Pkw im Inneren eines Parkgebäudes 3. Inhalte der Instandsetzung Die DIN 31051 [1] unterteilt die erforderlichen Maßnahmen für die Instandhaltung eines Objekts in vier Bereiche, auf die im Folgenden noch weiter eingegangen wird: • Wartung • Inspektion • Instandsetzung • Verbesserungen Abb. 4: Unterteilung der Instandhaltung nach der DIN 31051 [1] 3.1 Was beinhaltet die Wartung eines Anprallschutzes? Gemäß der DIN 31051 werden unter dem Begriff der Wartung die Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats der Betrachtungseinheit verstanden. [1] Die Wartung eines Anprallschutzes beinhaltet somit regelmäßige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung seiner Funktionalität. Dazu gehört insbesondere die Überprüfung der Befestigungselemente und sonstigen Bauteile auf Beschädigungen und die Durchführung kleinerer Reparaturen. Die Wartungsarbeiten sollten sich einerseits nach den Vorgaben des jeweiligen Herstellers der verbauten Produkte richten und andererseits die Nutzungsintensität des Gebäudes berücksichtigen. Durch regelmäßige Wartung wird sichergestellt, dass der Anprallschutz seine Schutzfunktion zuverlässig erfüllt. Abb. 4: Fehlende Verschraubung an einer Absturzsicherung Die Abbildung 4 zeigt ein Anprallschutzelement, bei dem im Zuge von Wartungsarbeiten am Parkgebäude das Fehlen einer Befestigung festgestellt wurde. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 37 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden 3.2 Was beinhaltet die Inspektion eines Anprallschutzes? Die Inspektion der Anprallschutzelemente an einem Parkgebäude ist eine umfassendere Untersuchung, die in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden sollte. Sie dient der frühzeitigen Identifizierung von Schäden, Verschleißerscheinungen oder Sicherheitslücken. Während der Inspektion werden sämtliche Anprallschutzvorrichtungen sorgfältig begutachtet, die Integrität der Materialien überprüft und die Funktionalität im Hinblick auf aktuelle Sicherheitsstandards bewertet. Durch diese Inspektionen können potenzielle Risiken erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Die Häufigkeit der Inspektionen hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Nutzungshäufigkeit des Parkgebäudes, den örtlichen Vorschriften und den spezifischen Anforderungen des Anprallschutzes. In der Regel sollten Inspektionen jedoch in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, beispielsweise halbjährlich oder jährlich. Es ist hierbei empfehlenswert, dass diese Inspektionen von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden, um eine gründliche Bewertung und frühzeitige Erkennung von potenziellen Risiken sicherzustellen. Abb. 5: Verformungen an einer Absturzsicherung mit PKW-Anprallschutzfunktion Abb. 6: Beschädigung durch einen Fahrzeuganprall an der Verschraubung einer Absturzsicherung Die Abbildungen 5 und 6 zeigen Anprallschutzelemente, bei denen im Zuge von Inspektionsarbeiten am Parkgebäude Beschädigungen festgestellt wurden. 3.3 Was beinhaltet die Instandsetzung eines Anprallschutzes? Die Instandsetzung eines Anprallschutzes umfasst die Reparatur oder den Austausch beschädigter oder verschlissener Komponenten. Hierbei werden die Ergebnisse der Inspektion genutzt, um defekte Elemente zu identifizieren und die Schäden zeitnah zu beheben. Eine effektive Instandsetzung gewährleistet die langfristige Wirksamkeit des Anprallschutzes und minimiert potenzielle Gefahren. 3.4 Was beinhaltet die Verbesserung eines Anprallschutzes? Die Verbesserung eines Anprallschutzes zielt darauf ab, die Schutzwirkung kontinuierlich zu erhöhen. Dies kann beispielsweise die Installation modernerer und robusterer Barrieren, die Verbesserung der Sichtbarkeit durch reflektierende Elemente oder die Implementierung neuer Technologien wie Sensoren zur frühzeitigen Kollisionserkennung umfassen. Die kontinuierliche Verbesserung des Anprallschutzes basiert auf aktuellen Erkenntnissen und „Best Practices“ im Bereich der Sicherheit. Auch wenn die Verbesserung eines bestehenden Anprallschutzsystems an einem Parkgebäude aufgrund des Bestandschutzes rechtlich nicht erforderlich sein sollte, kann es sinnvoll sein, durch den Einbau eines neuen Systems oder der Verstärkung des bestehenden Systems, den aktuellen 38 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Anforderungen zu entsprechen. Beispielsweise sind die normativen Lasten aus einem Fahrzeuganprall von einer Streckenlast in Höhe von 2 kN/ m [2] im Jahre 1971, auf eine Einzelkraft in Höhe von aktuell 40 kN für Parkgaragen mit einer Nutzung durch Pkw mit einer zulässigen Gesamtlast bis 30 kN [3] erhöht worden. Dieses bedeutet für eine 2,50 m Breite Parkbucht eine 8-fach höhere Anpralllast. Auch im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen anderer Gebäudebestandteile kann es notwendig werden, den vorhandenen Anprallschutz zurückzubauen und neu zu errichten, insbesondere, wenn er nicht mehr ertüchtigt werden kann. Dabei muss der neue Anprallschutz dann dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Eine Investition in den sicheren Betrieb des Parkhauses kann hier für den Betreiber auch eine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme sein, zur Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit. 4. Instandhaltungskonzept 4.1 Was beinhaltet ein Instandhaltungskonzept? Die Planung und Durchführung aller in Kapitel 3 genannten Maßnahmen der Instandhaltung von Anprallschutzbauteilen an Parkbauten sollten Bestandteil eines Instandhaltungskonzepts sein. Dieses wird durch einen sachkundigen Planer aufgrund der ihm zu übertragenden Verantwortung durchgeführt [4]. Gemäß der TR Instandhaltung des Deutschen Instituts für Bautechnik gehören zu einer sachkundigen Planung einer Instandhaltung mindestens: • die Ermittlung, Darstellung und Beurteilung des Ist- Zustandes des Bauwerkes bzw. Bauteiles (z. B. Übereinstimmung mit Bestandsplänen, Vorgeschichte, Schädigungsgrad, Schädigungsausmaß, dauerhaftigkeitsrelevante Einwirkungen/ statische Beanspruchung, Schadensursache, Abschätzung der weiteren Ist-Zustandsentwicklung); • Festlegung zum Mindest-Sollzustand. Der Mindest- Sollzustand ergibt sich aus den Anforderungen an Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Verkehrssicherheit und Brandschutz in Abstimmung mit dem Auftraggeber und ist während der Restnutzungsdauer nicht zu unterschreiten; • Vergleich von Ist- und Mindest-Sollzustand; Abschätzung der Restnutzungsdauer; • Erstellung eines Instandhaltungskonzeptes mit gegebenenfalls mehreren Varianten unter Berücksichtigung der Aspekte Inspektion/ Wartung und Instandsetzung (inklusive Verbesserung), mit dem Ziel, eine technisch und wirtschaftlich begründete Lösung anzubieten; • Erstellung eines Instandhaltungsplans. Ein Instandhaltungsplan impliziert einen Inspektions- und Wartungsplan einschl. Reinigungsplan und ggf. auch einen Instandsetzungsplan. [4] Dabei ist natürlich zu beachten, dass die unterschiedlichen Bestandteile eines Gebäudes unterschiedliche Maßnahmen benötigen können. So erscheint es sinnvoll zu sein, den zeitlichen Abstand der Reinigung und Wartung der Gebäudebeleuchtung geringer zu wählen als den der Gebäudetragstruktur. Diese Unterschiede in den Maßnahmen sind für dieses Beispiel in dem Inspektions- und Wartungsplan für jedes Bauteil zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass ein Instandhaltungsplan nicht nur ein Gewerk oder Bauteil umfasst, sondern das gesamte Gebäude. Darüber hinaus ermöglichen die Erkenntnisse aus den Inspektionen und Erfahrungen aus Referenzobjekten es, einen objektspezifischen Budgetplan aufzustellen, um einen Kostenausblick über den Lebenszyklus des Objektes aufzustellen. Abb. 7: Beispiel für eine Budgetplanung im Rahmen eines Instandhaltungskonzepts [5] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 39 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden 5. Beispiele für einzelne Instandhaltungsmaßnahmen an Anprallschutzsystemen Im Rahmen der geplanten Inspektionen erfolgt die Inaugenscheinnahme des Objektes mit Verortung der Schäden und Mängeln im Grundriss sowie die Dokumentation in einer Schadensmatrix. Abb. 8: Beispiel für eine Markierung von Bauteilen, die im Rahmen einer Inaugenscheinnahme überprüft werden [5] Abb. 9: Beispiel für eine Verortung von Schäden im Rahmen einer Inspektion [5] 40 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Abb. 10: Beispiel für eine Schadens-Matrix in Form einer Excel-Tabelle mit Filterfunktion [5] Abb. 11: Absturzsicherung mit eindeutiger Kennzeichnung Beschädigungen an Anprallschutzsystemen durch Fahrzeuganprallereignissen werden zuweilen nicht durch den Verursacher gemeldet und können daher häufig erst durch eine Wartung oder Inspektion festgestellt werden. Das Anprallschutzsystem ist auf den ersten Blick in einem guten Zustand und erst die genaue Überprüfung im Rahmen einer Inspektion zeigt die Korrosion an der Verschraubung dieses Bauteils. Abb. 12: Absturzsicherung mit geringfügigen Gebrauchsspuren 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 41 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Abb. 13: Korrosion an der Verschraubung der Absturzsicherung aus Abb. 12 Abb. 14: zweiteilige Absturzsicherung mit geringfügigen Gebrauchsspuren Abb. 15: Korrosion an der Verschraubung am Handlaufrohr der Absturzsicherung aus Abb. 14 Schäden am Bauwerk, welche durch einen Anprall auf die Absturzsicherung verursacht werden, können durch eine außerordentliche Inspektion durch Fachpersonal frühzeitig erkannt und dokumentiert werden. Dadurch können erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen unmittelbar einem Unfallereignis zugeordnet werden und werden somit nicht erst im Rahmen der allgemeinen Instandhaltungsarbeiten am Gebäude behoben und diesen zugerechnet. 42 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Abb. 16: Massiver Anprallschaden an einer Absturzsicherung Abb. 17: Verformung an der Tragwerksstütze aus Abb.-15 Abb. 18: Beschädigung der Korrosionsschutzschicht an der Tragwerksstütze aus Abb. 17 Abb. 19: Beschädigung des Fallrohrs an der Tragwerksstütze aus Abb. 17 Bei der Durchführung einer Inspektionsmaßnahme im Zuge einer Begutachtung eines Unfallschadens können weitere Bauwerksschäden erkannt und Maßnahmen zur Instandsetzung eingeleitet werden, die bei einer später durchgeführten Inspektion möglicherweise mit höheren Aufwendungen zur Behebung verbunden wären. Abb. 20: Schaden an der Oberfläche der Fahrbahn 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 43 Instandhaltung von Parkbauten am Beispiel von Anprallschutzsystemen in Parkgebäuden Literatur [1] DIN 31051: 2019-06 Grundlagen der Instandhaltung. [2] DIN 1055-3: 1971-06 Lastannahmen für Bauten; Verkehrslasten. [3] DIN EN 1991-1-7/ NA: 2019-09 - Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-7: Allgemeine Einwirkungen - Außergewöhnliche Einwirkungen. [4] Deutsches Institut für Bautechnik; Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung), Mai 2020; Teil 1 - Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung. [5] Albers-Parken consulting Instandhaltung von Parkraum - Inspektion/ Wartung INTEGRA-pw. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 45 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Was tun bei dauerhaft durchfeuchteten Tiefgaragen? Zwei aktuelle Praxisfälle Dipl.-Ing. Christoph Köchling Caspar Köchling GmbH Ingenieurleistungen, Dortmund Prof. Dipl.-Ing. Claus Flohrer Ingenieurbüro Flohrer, Schöneck Zusammenfassung Die Konstruktion von WU-Betonbauteilen wird bis heute von der weit verbreiteten Auffassung geprägt, man müsse vor allem die Risse im Beton nur mit Hilfe von Bewehrung in ihrer Breite reduzieren und ihre Anzahl erhöhen, damit sie sich im Anschluss dann „selbst heilen“ und zu einem trockenen Bauwerk führen. Allzu oft wurden und werden diese Erwartungen dann in der Praxis nicht erfüllt. Wenig bekannt ist, dass die in der aktuellen WU-Richtlinie definierten Grundlagen zu Bauweisen der Rissvermeidung schon in den 1930er Jahren bekannt und - insbesondere im Staudammbau - erfolgreich umgesetzt wurden. Erst 2003 - aktualisiert in 2017 - wurde dann mit der WU-Richtlinie erstmals in Deutschland eine allgemein anerkannte Regel der Technik geschaffen, die den Planungsprozess von WU-Konstruktionen grundlegend neu definiert. Planmäßig sicher „trockene“ Bauwerke - so die zentrale Aussage - sind durch rissbasierte WU-Konzepte nicht zu erzielen. Die Einsatzgrenzen insbesondere von rissbehafteten WU-Betonbauteilen werden klar abgegrenzt zu alternativen, dauerhaft wasserundurchlässigen Konzepten mit Rissminimierung und planmäßiger Abdichtung oder mit Rissvermeidung. Dem dazu erforderlichen komplexen baukonstruktiven Planungsprozess wird die Klärung der Bauherren- und Nutzungserwartungen vorausgestellt. Für den Sonderfall von grundwasserbelasteten Tiefgaragen baut das aktuelle Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV auf diese Planungsgrundsätze auf und definiert Vorgaben für die Konstruktion von befahrenen Bodenplatten aus WU-Beton. Die hier zu planenden Risskonzepte betreffen nicht „nur“ die Gebrauchstauglichkeit hinsichtlich einer möglichst trockenen Bauteiloberfläche im Innenraum sondern haben auch standsicherheitsrelevante Aspekte in Hinblick auf die Gefahr des Eindringens von korrosionsauslösenden Chloriden. Anhand von zwei Fallbeispielen werden klassische rissbasierte „WU-Konstruktionen“ aus den vergangenen Jahrzehnten vorgestellt. Ihre Instandsetzung erfordert viel planerische Detailarbeit, handwerkliches Geschick und durchlässige Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten. Indem die heute erkennbaren Schäden in Bezug zu den Vorgaben des aktuellen Regelwerks gesetzt werden, arbeitet der Verfasser heraus, welch große Bedeutung der Einhaltung des aktuellen Regelwerkes bei Instandsetzung und Neubau von Tiefgaragen aus WU-Konstruktionen zukommt. WU-Richtlinie und DBV-Merkblatt stellen nicht nur haftungsrechtlich als anerkannte Regel der Technik das Pflichtprogramm für jeden Planer dar, sie sind auch eine außergewöhnlich detaillierte und umfassende Arbeitshilfe, deren hoher Qualitätsstandard auf einer nahezu einhundertjährigen Erfahrung aus Bauforschung, Baupraxis und Bauplanung für den Sonderfall „Wasserundurchlässige Betonkonstruktion“ beruht. 1. Einführung: Kleine Geschichte des WU-Betons Die Kenntnis um die Wasserundurchlässigkeit von zement- oder kalkgebundenen Bauteilen und ihre Nutzung für bautechnische Zwecke ist geschichtlich nachgewiesen bis in die erste Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr.. Lamprecht berichtet in [23] über Wasserbehälter, Wasserleitungen und Staumauern die vor mehr als 2.000 Jahren im Römischen Reich erbaut wurden und teilweise bis in die heutige Zeit erhalten sind. Die Entwicklung leistungsfähiger Zemente und die Erfindung des „Eisenbetons“ Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichte eine deutliche Verringerung der Bauteilquerschnitte von zementgebundenen Bauteilen und legte damit die Grundlage für eine wirtschaftliche Nutzung. Mit der Gründung des „Deutschen Ausschusses für Eisenbeton“ 1906 (nach 1942 „Deutscher Ausschuss für Stahlbeton DAfStb“) und der Einführung der „Bestimmungen für die Ausführungen von Konstruktionen aus Eisenbeton bei Hochbauten“ 1907 in Preußen (ab 1926 DIN 1045) wurden die ersten verbindlichen Konstruktions- und Berechnungsregeln für bewehrte Betonbauteile bauordnungsrechtlich festgelegt. Der Eigenschaft der „Wasserundurchlässigkeit“ von Zement und zementgebundenen Bauteilen wurde in der 1920er Jahren zahlreiche Untersuchungen gewidmet. Merkle erkennt mit seinen Forschungen in [15] bereits 1927 einen möglichst niedrigen Wasserzementwert als eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Wasserundurchlässigkeit von Beton. Auch die „Selbstabdich- 46 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton tung“ der Poren durch die Bildung von Calciumcarbonat und der Zusammenhang zwischen Wasserdruckhöhe und Bauteildicke, das „Druckgefälle“, sind wichtige Ergebnisse seiner Versuche am Institut für Beton und Eisenbeton an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Die Reduzierung der Bildung von Rissen, ausgelöst durch die Hydratationswärme und den damit verbundenen Frühzwang, wurde insbesondere durch Untersuchungen im Rahmen von Sperrmauerbauten in den 1930er Jahren erforscht. Bei dem Bau des damals weltgrößten Staudamms, dem Hoover-Damm am Colorado/ USA ab 1931, kamen nach entsprechenden Versuchen Zemente mit geringer Wärmeentwicklung zum Einsatz. Die Wärmeentwicklung konnte damit um 22 °C - von 54 °C auf 32 °C - reduziert werden [Abb. 1]. Weiterhin wurde durch ein innerhalb der Betonkonstruktion verlegtes Kühlsystem, das mit Ammoniak versetztem Wasser gespeist wurde, die Hydratationswärme gezielt abgeführt. Die Steuerung erfolgte durch elektrische Widerstandsmesser. [16]. Um das Rissrisiko weiter zu reduzieren, wurden Dehnungsfugen und Temperaturgassen angelegt, die nach Abfluss der Hydratationswärme mit Zementschlempe verpresst wurden. Abb. 1: Hoover-Damm 1934: Gegenüberstellung der Wärmeentwicklung von Zementsorten [16] In Deutschland und Europa wurden in den 1930er Jahren vielfältige Untersuchungen zur Wassereindringtiefe von Beton [Abb. 2], zur Zugfestigkeits- und Hydratationswärmeentwicklung von verschiedenen Zementen und zur Entstehung von Rissen sowie deren Verteilung und Begrenzung z. B. durch „Entspannungsfugen“ unternommen [17], [18], [19], [20], [21]. Bei der Rissforschung war vor allem die Bedeutung für die „Rostbildung“ die Veranlassung für die Untersuchungen. Graf stellt 1935 in [17] nach Versuchen fest, dass „größere Rissweiten als 0,25 mm wahrscheinlich nicht zulässig sind“. Die Bedeutung von Rissen für die Wasserundurchlässigkeit von Beton beschränkte sich ausschließlich auf den Wasserbau (Talsperren, Wasserbehälter). Erste Bemessungsformeln zur Beherrschung - insbesondere das Erscheinungsbild - störender Risse wurden vom DAfStb 1968 im Rahmen einer Forschungsarbeit von Falkner in [2] veröffentlicht („... sichtbare Risse im Beton vermeiden …“ [ 2 ]). Erstmals Eingang in das Regelwerk fand die Begrenzung der Rissbreiten mit der DIN 1045, Fassung 1/ 1972. Auch hier standen Überlegungen zum Korrosionsschutz und zur Gebrauchstauglichkeit im Vordergrund. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 47 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Abb. 2: Stavanger 1935: Versuche zu Wassereindringtiefen bei Probekörpern verschiedenen Alters [19] In den 1970er und 1980er Jahren wurden zahlreiche Formeln zur Beherrschung von Rissen entwickelt und veröffentlicht, u. a. von Meyer [13] für zentrischen Zwang aus Abfließen der Hydratationswärme. Neben der Bedeutung für das Erscheinungsbild und den Korrosionsschutz wurde die Vermeidung von Rissen nun zunehmend für die Beherrschung der Wasserundurchlässigkeit von Betonbauteilen auch außerhalb des Wasserbaus wichtig. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bauweise begann die „weiße Wanne“ die „schwarze Wanne“ (Abdichtung mit Bitumenprodukten) im Wohnungs- und Gewerbebau abzulösen. Die Konstruktion wurde im Wesentlichen den ausführenden Bauunternehmen überlassen. Lohmeyer fasst erstmals 1985 in [13] den Stand der Technik zusammen und erläutert vor allem, dass die Funktionstüchtigkeit der „Weißen Wanne“ nicht allein der Verwendung von wasserundurchlässigem Beton und der mehr oder weniger zufälligen Selbst- oder Fremdabdichtung von Rissen geschuldet ist, sondern vielmehr das Ergebnis einer ausführlichen Planung der Gesamtkonstruktion darstellt. Ihr Erfolg beruht auf der abgestimmten Planung von konstruktiven, betontechnologischen und ausführungsbedingten Bestandteilen. Abb. 3 zeigt die Werkzeichnung des ausführenden Bauunternehmens für ein WU-Trogbauwerk in Hildesheim 1984 [13]. Abb. 3: Hildesheim 1984: Gleitend gelagertes Trogbauwerk [13] 48 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Die DIN 1045 regelt erstmals in ihrer Fassung 07/ 88 „Wasserundurchlässigen Beton“ als Beton mit besonderen Eigenschaften (W/ Z-Wert, Mindestzementgehalt, Sieblinie, Wassereindringtiefe). Hinsichtlich der Rissbreitenbeschränkung enthält die DIN 1045 den Hinweis, dass bei „Anforderungen an die Wasserundurchlässigkeit (…) z. B. bei weißen Wannen, (…) im allgemeinen weitergehende Maßnahmen erforderlich (werden)“. In den dazugehörigen Erläuterungen des DAfStb [3] erklärt Schießl: „Im Falle einer Zwangsbeanspruchung, die zu Trennrissen führt, stellt sich die Frage nach den zulässigen Rissbreiten für wasserundurchlässige Bauteile. Diese Frage ist derzeit nicht abschließend geklärt. Die zulässige Rissbreite ergibt sich hierbei aus der Möglichkeit der Selbstheilung der Risse (…). Die Aufnahme einer Rissformel in den Normentext wurde vom Normenausschuss (…) abgelehnt. (…). Rissformeln können (…) immer nur eine beschränkte Aussagegenauigkeit aufweisen“ [4]. Edvardsen [5] hat 1996 zur Selbstheilung von Trennrissen geforscht und bestätigte als wesentliche Ursache der Selbstabdichtung die Bildung von Calciumcarbonat bei dem Durchfluss des Wassers durch die Rissstruktur. Erstmals legte sie versuchsbasierte Empfehlungen für Rechenwerte von Rissbreiten für WU-Bauteile vor, bei deren Einhaltung eine Selbstabdichtung grundsätzlich möglich ist. Gleichzeitig weist aber auch sie darauf hin, dass eine Wasserundurchlässigkeit nicht allein durch die Einhaltung dieser Rissbreiten, sondern nur durch eine ausführliche Planung des gesamten WU-Bauwerks erreicht werden kann. Dieses Prinzip der „ausführlichen Planung“ ist schließlich die Grundlage der 2003 und dann in einer überarbeiteten Fassung 2017 erschienenen DAfStb - Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtline)“. Mit dieser Richtlinie und dem z. Zt. in Überarbeitung befindlichen Erläuterungsheft 555 des DAfStb [6] wurde zum ersten Mal eine allgemein anerkannte Regel der Technik für die Ausführung von WU-Bauwerken veröffentlicht. In ihr werden die wesentlichen Planungsgrundlagen festgelegt. Vor allem aber - und hier liegt die entscheidende Veränderung der Herangehensweise - werden die Grenzen von WU-Konstruktionen hervorgehoben und drei Entwurfsgrundsätze (a, b und c) in Abhängigkeit zu Nutzungs- und Einwirkungsklassen definiert. Die bislang als „Standardausführung“ bekannte und überwiegend umgesetzte Konstruktion mit planmäßigen, nach Rissformeln in ihrer Verteilung und Größe (nach [4] nur ungenau) vorherzuberechnenden Rissen, die sich selbst abdichten sollen, wird nunmehr als Entwurfsgrundsatz b ausschließlich zur Nutzung für untergeordnete Zwecke (Nutzungsklasse B) zugelassen. Als einzige wirklich „wasserundurchlässige“ Ausführung wird der Entwurfsgrundsatz a - Vermeidung von Trennrissen - festgelegt. Diesem Entwurfsgrundsatz liegen verschiedene, Frühzwang durch Hydratationswärme vermeidende, Maßnahmen in der Konstruktion, der Betontechnologie und der Ausführung zugrunde, die durch einen sachkundigen Planer zu planen und zu überwachen sind. Dazu gehören (bei Bodenplatten) möglichst einfache, gleitend gelagerte Grundrisse, das Anlegen von Temperaturgassen, die Verwendung von Hydratationswärme-reduzierenden Zementen oder Betonzusatzstoffen, die Verwendung von gekühlten Zuschlägen, das Betonieren in kühlen Jahreszeiten sowie eine wärmehaltende Nachbehandlung. Der Entwurfsgrundsatz c reduziert - als dritter Entwurfsgrundsatz - prinzipiell die Rissbildung auf wenige, nachträglich planmäßig abzudichtende Risse. 2. Die Fallbeispiele 2.1 Tiefgarage Arnsberg 2.1.1 Konstruktion Die Tiefgarage Arnsberg liegt mit einer Entfernung von etwa 100 m nahezu unmittelbar an den Ufern des Flusses Ruhr im Sauerland in Nordrhein-Westfalen. Die Nutzung erfolgt als Mitarbeitergarage des mit ihr über Treppenhauszugänge verbundenen, benachbarten Bürogebäudes. Planung und Errichtung erfolgte in den Jahren 1989 bis 1990. Die Tiefgarage ist in einer Tiefe von ca. 9,00 m unter OK Gelände auf den dort anstehenden Felsen gegründet. Bei Normalwasserstand steht das Gebäude dauerhaft ca. 5,00 m im Grundwasser. Als Bemessungshöchstwasserstand wurde in der ursprünglichen Planung 1989 eine Höhe von 8,80 m über OK Bodenplatte angenommen. Er liegt damit nur ca. 20 cm unter OK Gelände. Zur Gründung und Wasserhaltung in der Bauphase wurde die Baugrube mit einer umlaufenden Bohrpfahlwand gesichert. Die Bohrpfahlwand dient gleichzeitig als „Aufhängung“ für die Gebäudegründung. Die einzelnen Tiefgeschosse binden statisch tragend in die Bohrpfahlwand ein. Das Gebäude bildet somit einen in die Bohrpfahlwand „eingespannten“ und „selbsttragenden“ Baukörper [Abb. 4]. Aufgrund der großen, dauerhaft wirkenden Auftriebskräfte durch das bis zu 8,80 m anstehende Grundwasser wird die Bodenplatte darüber hinaus mit ca. 250 Ankern jeweils auf eine Einbindetiefe von 10,00 m im darunterliegenden Felsen gesichert [Abb. 4], [Abb. 5]. Abb. 4: Statik Tiefgarage Arnsberg 1989: Konstruktionsskizze 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 49 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Die Parkgarage besteht aus drei Tiefgeschossen mit einer Fläche von jeweils ca. 2.000 m² sowie einem Freideck von ca. 2.200 m². Die Tiefdecks werden über angebaute Spindeln im Einbahnverkehr (Einfahrt/ Ausfahrt) erschlossen und haben ein einseitiges Gefälle von ca. 3,50-% zu einem zentral mittig angeordneten Innenhof. Der Innenhof ist als frei bewitterte, begrünte Fläche auf der Ebene der Bodenplatte angelegt. Die Entwässerung führt über innenhofseitig eingebaute Abläufe auf den jeweiligen Geschossen in Form einer Kaskadenentwässerung in die Grundleitungen unter der Bodenplatte und von dort über eine Abscheider- und Hebeanlage in die öffentliche Kanalisation. Die Bodenplatte ist unterseitig mit voutenförmigen, tragenden Balken in die Bohrpfahlwand eingespannt. Die Dicke beträgt im gevouteten Bereich ca. 80-cm, im Plattenbereich ca. 35 cm. Die Platte wurde bei der Erstellung in dreizehn gleiche Bauabschnitte zu jew. ca. 150 m² zuzüglich Passabschnitten aufgeteilt. Die parallel zum Quergefälle ausgebildeten, jew. ca. 15,00 m langen Arbeitsfugen wurden mit einem v-förmig gekanteten, 250 mm breiten, unbeschichteten, mittig in den Bauteilquerschnitt eingelegten Blech abgedichtet. Die Zwischendecken sind nach dem System „Anselment“ ausgebildet. Stark vereinfacht besteht dieses statische System aus quer gespannten gevouteten Unterzügen mit seitlichen Kragarmen. Die Kragarme stoßen in jedem Feldabschnitt mit einer Arbeitsfuge aneinander. Diese Arbeitsfuge wird - wie in der Bodenplatte - mit einem eingelegten Blech abgedichtet. Die tragende Bewehrung befindet sich ausschließlich im Vouten- und Plattenbereich, in den Arbeitsfugen wird nur die Schubbewehrung gegen Erddruck mit einem Übergreifungsstoß durchgeführt. Diese Bauweise erlaubt eine nahezu stützenfreie Deckenkonstruktion. Als alleinige Deckenauflager dienen erdseitig die Bohrpfahlwand und innenhofseitig eine Stützenreihe mit einem Rahmen, der zugleich die Brüstung zum Innenhof bildet. Dehnfugen sind planmäßig nur im Freideck vorhanden. 2.1.2 Schadensbild Fahrbelag und Abdichtung des Freidecks bestehen aus einem Walzasphalt mit darunterliegender PMMA-Abdichtung. Die Dehnfugen wurden zu einem früheren Zeitpunkt nach einem Konzept des Verfassers mit einer unterlaufsicheren Abdichtung aus PMMA und über den Dehnfugen angeordneten, gleitend gelagerten, für Überfahrbarkeit bemessenen Gitterrost-Rahmensystemen aus korrosionsbeständigem Stahl instandgesetzt. Der direkt befahrene Beton der Zwischendecks und der Bodenplatte war im Wesentlichen unbeschichtet, in Teilen mit einer Imprägnierung versehen. Undichtigkeiten waren aufgrund des stark ausgeprägten Quergefälles an der Unterseite der Zwischendecks nicht zu erkennen. Die Bauteiluntersuchungen ergaben erhöhte Chloridwerte und Potenziale jeweils an den zum Innenhof gelegenen Bereichen von Deckenoberseite und Stützenfüßen. Querschnittsverluste der Bewehrung konnten nur im Bereich der Arbeitsfugen festgestellt werden. Die Fugen zeichneten sich oberseitig als gerichtete Risse ab. Die Querschnittsverluste der dort kreuzenden Bewehrung lagen insgesamt im Bereich von unter 10 %. Weitere Risse waren auf den Zwischendecks nur in geringem Umfang vorhanden. Die Bewehrungsverluste im Arbeitsfugenbereich waren nach einem Gutachten des bauseitigen Tragwerksplaners statisch nicht relevant. Durch den rechnerischen Ansatz von Lastumlagerungen wurde der statisch erforderliche Bewehrungsquerschnitt reduziert. Die Bewehrung im Fugenbereich konnte verbleiben und musste nicht ergänzt werden. Mit dem Bauherrn wurde eine Zielvereinbarung über die erfolgte Aufklärung, die vereinbarte Restnutzungsdauer und mögliche Risiken des Verbleibs von Bewehrung und Chloriden im Beton geschlossen. Die Arbeitsfugen und Trennrisse wurden oberseitig mit Bandagen aus PMMA abgedichtet, die Deckenfläche erhielt ein Oberflächenschutzsystem OS 8. Im Bereich der Bodenplatte zeigte sich ein anders gelagertes Schadensbild. Die vielfache Einspannung des Bauteils über die Bohrpfahlwände und Rückverankerungen im Baugrund hatte ein erhebliches Bild an Trenn- und Biegerissen hervorgerufen. Gemäß Statik war planmäßig eine WU-Beton-Bodenplatte vorgesehen. In den Tragwerksplänen findet dazu der Hinweis „WU-Beton gemäß LV“. Eine Rissbreitenbegrenzung wurde nach DAfStb Heft 208 (s.o., [2]) bemessen. Zum Zeitpunkt der Bauteiluntersuchungen waren alle Arbeitsfugen und Trennrisse wasserführend. Insgesamt zeigten sich ca. 500 m wasserführende Trennrisse und Arbeitsfugen sowie ca. 250 m trockene Biegerisse [Abb. 5]. Inwieweit die Rissursache auf Frühzwang durch abfließende Hydratationswärme während der Bauphase oder auf Spätzwang durch Temperaturdifferenzen in Folge der offenen Bauweise der Garage zurückzuführen ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr feststellen. Der in den Rissen stichprobenhaft gemessene Chloridgehalt konnte - vermutlich aufgrund der dauerhaft vorhandenen Feuchtigkeit - als gering eingestuft werden. Zur Feuchtigkeitsbelastung des untersten Tiefgeschosses trug darüber hinaus die Wasserabführung der Bohrpfahlwand bei. Aufgrund des erheblichen und dauerhaften Wasseranfalls hatte man sich planmäßig für eine offene Wasserabführung raumseitig vor der nicht abgedichteten Bohrpfahlwand entschieden. Die Wasserkaskade wurde innenseitig verdeckt über den Zwischenraum zwischen Bohrpfahlwand und einer davor freistehenden Mauerwerkswand auf eine Brüstung auf Stahlbeton geführt. Diese Brüstung hatte man mit einer hinterlegten Drainmatte außenseitig vor die Bohrpfahlwand betoniert [Abb. 6]. Das am Brüstungsfuß anfallende Wasser wurde planmäßig durch eine unmittelbar an der gesamten Außenwand geführte offene Rinne in das Entwässerungssystem der Tiefgarage geführt. 50 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Abb. 5: Instandsetzung Tiefgarage Arnsberg 2023: Grundriss Bodenplatte mit Rückverankerungen gegen Auftrieb sowie Trenn- und Biegerissen Abb. 6: Ausführungsplanung Tiefgarage Arnsberg 1989: Detail Brüstung mit Bohrpfahlwand-Entwässerung Im Laufe der Nutzungsdauer von mehr als 30 Jahren hatten sich Drainmatte und Rinne durch im Wasser mitgeführte Festanteile weitgehend zugesetzt. Weiterhin hatten Bauteilproben ergeben, dass die Drainmatte bereits durch den ursprünglichen Betoniervorgang „gequetscht“ und in ihrem Querschnitt teilweise stark reduziert worden war. Somit drückte das ablaufende Wasser aus der Aufstandsfuge zwischen Brüstungskopf und Mauerwerksansatz heraus und verteilte sich vor der Brüstung als offene Kaskade. Die ebenfalls mit Feststoffen zugesetzte Rinne konnte das Wasser nicht mehr planmäßig in die Grundleitungen abführen, sondern verteilte das Wasser offen über die gesamte Oberfläche der Bodenplatte. Hier lief es dem Gefälle folgend zu den innenhofseitigen Abläufen. Insgesamt bot sich - abhängig von der Witterungslage und dem Wasserstand der nahegelegenen Ruhr - das Bild einer vollständig überwässerten Bodenplatte [Abb. 7]. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 51 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Abb. 7: Schadensbild Tiefgarage Arnsberg 2022: Bodenplatte mit Wasserlaufspuren an der Brüstung und auf dem Boden 2.1.3 Sonderthema WU-Bodenplatte: das Instandsetzungskonzept Wesentlicher Teil des Instandsetzungskonzeptes für das Tiefgeschoss war zunächst eine Neuordnung der bohrpfahlseitigen Auffangrinne. Ihr Querschnitt wurde mithilfe einer zusätzlich aufgebrachten Blechaufkantung etwa verdreifacht. Die wasserführende Brüstung wurde mit einer auf Metallhaltern auf Abstand montierten Aluminiumblech-Verkleidung optisch aufgewertet und der Wasserfluss dahinter „kaschiert“ [Abb. 8]. Hinsichtlich der Abdichtung der Trennrisse in der Bodenplatte entschied man sich für eine Injektion mit Polyurethan sowie in Teilbereichen für ein zusätzliches flächiges Vergelen der Bodenplattenunterseite („Schleierinjektion“). Die Instandsetzung der Tiefgarage erfolgte bei laufendem Betrieb ebenenweise in vier Bauabschnitten über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten. Als erster und letzter Bauabschnitt wurde die unterste Tiefgeschossebene festgelegt. Im ersten Bauabschnitt wurden ausschließlich die Trennrisse abgedichtet und danach die Parkebene wieder für ein Jahr zur Nutzung freigegeben. Auf diese Weise konnte man den Erfolg der Abdichtung über ein Jahr beobachten und insbesondere den Einfluss der Jahreszeiten berücksichtigen. Am Ende der Maßnahme wurden dann die noch wasserführenden Risse nochmals nachverpresst und die nicht wasserführenden Biegerisse mit Epoxidharz kraftschlüssig vergossen. Die Bodenplatte wurde sodann mit einem Oberflächenschutzsystem OS 8 beschichtet. Alle Trennrisse wurden mit Bandagen aus PMMA gegen den Eintrag von Chloriden geschützt [Abb. 8]. Am Ende der Baumaßnahme waren alle Risse trockengelegt und die Oberfläche des Parkdecks wasserfrei. Abb. 8: Fertigstellung Tiefgarage Arnsberg 2023 52 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton 2.1.4 Fazit und Bewertung Als zentrale Instandsetzungsaufgabe der Tiefgarage in Arnsberg erwies sich die WU-Konstruktion der Bodenplatte. Ihre Konstruktion wäre nach heutigem Regelwerk [DBV-Merkblatt „Tiefgaragen u. Parkhäuser“, WU-Richtlinie] so nicht mehr zulässig. Die ursprünglichen planerischen Grundüberlegungen zur gerichteten Wasserableitung an den als Bohrpfahlwand konstruierten Außenwänden waren zwar praktikabel, hatten sich in der Ausführung aber nicht als dauerhaft erwiesen („Verstopfen“ der Drainmatte und Wasserrinnen). Mit dem daraus nach 30 Jahren Nutzung entstandenen Erscheinungsbild schien eine Behebung dieser Mängel zunächst nur sehr aufwendig möglich. Die vorhandenen zahlreichen wasserführenden Risse mussten mehrfach nachgedichtet werden, da durch den ständig anstehenden, hohen Wasserdruck von 5,00 m bis 8,00 m ein rissfüllendes Verpressen erschwert wurde. Weiterhin trat das Wasser in Folge des Verpressens teilweise an anderen, bislang nicht wahrnehmbaren Stellen einzelner Risse erneut aus. Auch die Vielzahl der daraus folgenden Rissbandagen war eine handwerkliche Herausforderung für das ausführende Unternehmen. Im Rahmen der Ausführungsplanung wurden Instandsetzungsalternativen mit den Projektbeteiligten erwogen. Dazu gehörten ganzflächige Beschichtungen mit alternativen, abdichtenden und dehnfähigen Kunststoffen. Sie hätten jedoch nicht den Vorgaben des DBV-Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [10] entsprochen. Auch wurde diskutiert, die Beobachtung der Wasserführung der Risse der späteren Wartung zu überlassen, die Bodenplatte zunächst nur zu grundieren und die vollständige Beschichtung zu einem späteren Zeitpunkt aufzubringen. Es waren am Ende planerische Hartnäckigkeit und handwerkliches Geschick die zu einem planmäßigen und für alle Beteiligten erfolgreichen Abschluss der Instandsetzung geführt haben. Die über einen vergleichsweisen langen Zeitraum von 18 Monaten währende Beobachtung und die wiederholte Instandsetzung der wasserführenden Stellen führte dazu, dass der sichtbare Erfolg einer zunehmenden Austrocknung der Bodenplatte zum Ende der Bauzeit rasch größer wurde. Mit dem Abschluss der Maßnahme im Oktober 2023 waren dann nicht nur die geplante Bauzeit, sondern auch die geschätzten Baukosten deutlich unterschritten worden. 2.2 Tiefgarage Bochum 2.2.1 Konstruktion Die Tiefgarage in Bochum besteht aus drei unmittelbar nebeneinander liegenden eingeschossigen Einzelgaragen mit je ca. 1.100 m² Grundfläche. Sie befinden sich im Kellergeschoss der aufstehenden Wohnbebauung bzw. werden teilweise von deren Zuwegung und Vorplätzen überbaut. Die Fahrfläche der Tiefgarage ist gefällelos geplant, Abläufe sind nicht vorhanden. Die Nutzung erfolgt als Mietergarage mit dauerhaft vermieteten Stellplätzen. Die Entfernung zur Ruhr beträgt ca. 400 m. Die Gebäude wurden im Jahr 1994 geplant. Im Jahr darauf erfolgte die Errichtung. Die Tiefgaragen gründen ca. 2,00 m unter OK Gelände auf aufgefülltem Boden. Bei Erreichen des Bemessungshöchstwasserstandes taucht das Gebäude ca. 0,90 m in das Grundwasser ein. Der Mittlere Hochwasserstand wurde in dem 1993 erstellten Bodengutachten bei ca. 0,40 m über OK Bodenplatte bemessen [Abb. 9]. Abb. 9: Ausführungsplanung Tiefgarage Bochum 1994: Teilschnitt mit Bemessungswasserständen 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 53 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Im Zuge der Planungsphase wurden zwischen 1988 und 1993 regelmäßig Pegelstände ausgelesen. In der Mehrzahl der Ablesungen lag der Pegelstand ca. 1,60 m unter OK Bodenplatte, bei etwa 20 % der Ablesungen wurden Pegelstände von ca. 0,70 m unter OK Bodenplatte gemessen. Im Bodengutachten wird aufgrund der Bodenbeschaffenheit ein Zusammenhang zwischen Regenperioden und Wasserständen der nahegelegenen Ruhr und den Pegelmessungen festgestellt: die höchsten Pegelstände werden nach intensiven Regenfällen und hohen Ruhrwasserständen gemessen. Im Rahmen der Instandsetzung wurden im Frühjahr 2023 erneut Pegel gesetzt und im Mai, Juni und September d.J. ausgelesen. Insgesamt war der Pegelstand über alle Messpunkte um durchschnittlich 0,90 m auf ca. 0,70 m unter OK Bodenplatte gestiegen, das entspricht den gemessenen Höchstwasserständen des Jahres 1993. Wie schon 1993 konnte auch bei den Messungen 2023 eine leicht fallende Tendenz im Sommer und eine steigende Tendenz zum Herbst festgestellt werden [Abb. 10] Der Verfasser des aktuellen Bodengutachtens verweist auf die Nähe zur Ruhr und den damit durchaus möglichen, jahreszeitlich bedingten Schwankungen von ein bis zwei Meter. Abb. 10: Grundwassersituation Tiefgarage Bochum: Pegelstände 1988-93 und 2023 Grundsätzlich haben sich jedoch an den geologischen Gegebenheiten zwei wesentliche Punkte seit den Messungen 1993 verändert. Zum einen wurde der damalige, verunreinigte und nicht tragfähige Boden des zuvor für chemische Industrieproduktionsstätten genutzten Baufeldes bis auf durchschnittlich einen Meter unter OK Bodenplatte - also etwa auf Höhe des damaligen höchsten Pegelstandes - gegen eine Auffüllung aus Recycling-Material ausgetauscht. Darunter befinden sich als „gewachsener Boden“ Flusssedimente aus Auenlehm und -sand auf Kiessand [Abb. 11]. Zum anderen werden die Dach- und Balkonflächen aller aufstehenden Gebäude offen über Rigolen in das Baufeld entwässert. Zu einer möglichen geplanten offenen Dachentwässerung kommentiert das Bodengutachten 1993: “Bei einer eventuell geplanten Versickerung von Oberflächenwasser (im Endzustand) sollte der Wasserabfluss innerhalb des durchlässigeren (unter der Auffüllung teilweise vorhandenen A.d.V.) Kieshorizontes erfolgen. Hierfür sind entsprechende Nachweise zu führen. Im (teilweise vorhandenen A.d.V.) Auenlehm ist die Durchlässigkeit erfahrungsgemäß als zu gering zu bewerten. (…) Die Tiefgarage (ist) mittels weißer Wanne 54 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton abzudichten. Es sind entsprechende statische Nachweise (Wasserdruck auf die Bauteile, Sohlauftrieb etc.) zu führen“. Die im Jahr 2023 gemessenen Pegelstände sind ausgeprägt uneinheitlicher als die Pegelstände 1993. Einer der Pegel liegt dauerhaft im Bereich des Bemessungshöchstwasserstand von 0,90 m über OK Bodenplatte. Im Bereich dieses Pegels kam es immer wieder zu starkem Wassereintrag in die aktuell in der Instandsetzung befindliche Tiefgarage. Abb. 11: Bodenprofil Tiefgarage Bochum 2023: Bohrprofil an Bohr- und Grundwassermessstelle B 1 Nach den Ergebnissen der Instandsetzungsplanung liegt die Ursache für die immer wieder auftretenden Wassereinbrüche daran, dass bei der Konstruktion der Gebäude die Empfehlungen des Bodengutachtens 1993 hinsichtlich einer WU-Bauweise nur teilweise umgesetzt wurden. Die auf Streifenfundamenten auf betonierten 20 cm dicken Bodenplatten wurden nach den Tabellen nach Meyer [13] für eine Rissbreitenbeschränkung für zentrischen Zwang aus Hydratationswärme von 0,15 mm bemessen. Die Betondruckfestigkeitsklasse wurde planmäßig mit B- 25, heute C 20/ 25 festgelegt. Die Bemessung gegen Wasserdruck erfolgte nach Sohleigengewicht, also in spannungslosem Zustand. Der spannungslose Zustand wird bei einem Wasserstand von mehr als 0,50 m ü. UK-Sohle überschritten. Die Tiefgarage ist dann planmäßig zu fluten. Konstruktiv wurde diese Forderung über Entlastungsöffnungen mit Nenndurchmesser 150 mm in einer Höhe von 0,375 m über OK Bodenplatte und einem Abstand untereinander von ca. 3,50 m umgesetzt. Auch die Wände wurden aufgrund der für den Bemessungswasserstandfall vorgesehenen Tiefgaragenflutung nicht gegen Wasserdruck bemessen. Die Rissbreitenbeschränkung der Wandkonstruktion erfolgte nach den Diagrammen von Meyer auf 0,25 mm, bei einer Bauteildicke von 30 cm und einer Betondruckfestigkeitsklasse B 35, heute C 30/ 37. Fugenbleche o.ä. im Bereich der Aufstandsfuge Sohle/ Wand wurden nicht vorgesehen. Dehnungsfugen wurden nur in den Wänden und Decken vorgesehen, die Sohlplatte wurde fugenlos geplant. Im Endzustand erhielt die Bodenplatte einen Zementestrich auf Trennlage mit einer Gesamtdicke von 50 mm. 2.2.2 Schadensbild Veranlassung für die Instandsetzung waren anlässlich von stichprobenhaften Bauteiluntersuchungen gemessene, teilweise erhöhte Chloridwerte, die immer wieder auftretenden Flutungen der Tiergaragen sowie zunehmende Risse und Ausbrüche in der Oberfläche des Estrichs [Abb. 12]. Die erhöhten Chloridwerte konnten in den folgenden Untersuchungen des Verfassers in keiner der drei Tiefgaragen bestätigt werden. Auch die Ergebnisse der durchgeführten Potenzialfeldmessungen brachten keinerlei Hinweise auf Korrosionserscheinungen. Stichprobenhafte Hohlstellenprüfungen und Bauteilöffnungen zeigten ebenfalls keine Korrosion an der Bewehrung. Insgesamt machten Wände und Bodenplatte einen optisch guten Eindruck. Bodenplatte und Wände zeigten nur in geringem Maße Rissbildungen, die mit wenigen Ausnahmen als Biegezugrisse zu einzuordnen waren. Allerdings konnte die planmäßig vorgesehene Betondeckung der Bodenplatte bei Betondeckungsmessungen nicht nachgewiesen werden. Gemäß Bauherrenentscheidung sollten die drei Tiefgaragen nacheinander entmietet und in drei Bauabschnitten instandgesetzt werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 55 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Abb. 12: Schadensbild Tiefgarage Bochum 2023: Überflutete Bodenplatte 2.2.3 Instandsetzungskonzept Die wesentlichen Inhalte des Instandsetzungskonzeptes waren: Ersetzen des vorhandenen, nicht fachgerechten Estrichs auf Trennschicht durch einen Verbundestrich mit Expositionsklasse XD3 zur Erhöhung der Betondeckung, Auf bringen eines Oberflächenschutzsystems zum Schutz der tragenden Bauteile gegen das Eindringen von Chloriden, Abdichten möglicher Fehlstellen an Dehnfugen und Aufstandsfugen gegen von außen eindringendes Wasser, geregeltes Abführen des ungeplant durch die Entlastungsöffnungen eindringenden (Grund-)wassers. Bei der Umsetzung des letztgenannten Punktes entschied man sich für eine Rinnenlösung. Dazu wurde der Estrich auf einer Breite von ca. 15 cm vor den Außenwänden durch einen Stahlwinkel abgestellt. Die so entstandene Rinne wurde mit PMMA eingedichtet. Der senkrechte Schenkel des Stahlwinkels wurde mit ca. 7 cm Überhöhung gegenüber dem Estrich eingebaut und tiefgaragenseitig über einen Epoxidharzkeil mit dem Oberflächenschutzsystem OS 8 eingefasst [Abb. 13]. Auf diese Weise konnte eine klare Trennung zwischen dem über die KFZ eingeschleppten, verunreinigten Tiefgaragenwasser und dem über die Entlastungsöffnungen temporär eindringenden Grundwasser hergestellt werden. Die Lösung der Wassertrennung zwischen Grund- und Abwasser wurde mit dem beteiligten Bodengutachter, dem Tragwerksplaner und dem Bauherrn abgestimmt und protokolliert. Ebenfalls mit den Projektbeteiligten abgestimmt wurde der dauerhafte, wasserdichte Verschluss einzelner, definiert im Bereich von Wasserlinsen gelegener Entlastungsöffnungen. Dabei war darauf zu achten, dass ursprüngliche statische Bemessungskonzept weiterhin in seiner Funktionalität zu erhalten. Abb. 13: Instandsetzung Tiefgarage Bochum 2023: Detail Verbundestrich und Wandrinne 56 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton 2.2.4 Fazit und Bewertung Ähnlich wie bei dem Arnsberger Projekt erwies sich bei der Tiefgarage in Bochum im Laufe der Untersuchungen der Umgang mit der Wasserundurchlässigkeit der Baukörper als das zentrale Instandsetzungsthema. Im Unterschied zu der Tiefgarage in Arnsberg stand hier allerdings nicht die konstruktive Situation der Bauteile - Bodenplatte, Wände - im Vordergrund. Die Bemessung der Betonbauteile hinsichtlich Rissbreiten und Betonqualität entsprach den zum Planungszeitpunkt geltenden anerkannten Regeln der Technik. Trennrisse hatten sich nicht eingestellt, oberflächennahe Biegerisse konnten nur in geringem Umfang festgestellt werden. Hingegen hatte sich die planerische Idee, die vom Bodengutachter geforderte WU-Konstruktion durch eine planmäßige Flutung der Tiefgarage über Entlastungsöffnungen zu ersetzen, nicht als baukonstruktive Lösung für ein funktionstüchtiges Bauwerk erwiesen. Baukonstruktiv gesehen, bergen planmäßige Öffnungen in einer (zeitweise) wasserbelasteten Tiefgaragen-Außenwand - wie das Fallbeispiel zeigt - prinzipiell das Risiko eines nichtplanmäßigen, dauerhaften Wassereintrages. Inwiefern dieser Wassereintrag eine Folge der geologischen Situation der Baufeldauffüllung darstellt („Wasserlinse“), kann nur über weitergehende Pegelsetzungen ermittelt werden. Ob darüber hinaus der unter der Auffüllung gewachsene bindige Boden aus Auenlehm dazu führt, dass - wie im Bodengutachten 1993 erläutert - die offene Dachflächenentwässerung den Bodenaustauschbereich des Baufeldes mit der Zeit „auffüllt“, anstatt das Wasser über die darunter befindliche Kiesschicht absickern zu lassen, lässt sich nur mit Langzeit-Pegelmessungen nachweisen. Auffällig ist bei den aktuellen Messungen, dass die Wasserstände über den fünfmonatigen Messzeitraum konstant um ca. 0,90 m höher liegen als im Jahr 1993. Mit den nun ergriffenen Maßnahmen - Anlegen einer innenliegenden Entwässerungsrinne und dauerhaftes Verschließen einzelner Entlastungsöffnungen gemäß statischer Freigabe - kann eine Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit mittelfristig erreicht werden. Inwiefern weitere, geologisch begründete Veränderungen der Wasserstände zu einer dauerhaften Belastung der Tiefgarage durch Grundwasser führen könnten und damit die Gebrauchstauglichkeit langfristig einschränken, ist im Rahmen des Wartungskonzeptes zu thematisieren. 3. Einordnung und Ausblick: Tiefgaragen aus WU- Beton - Komplexe Bauaufgabe mit abgestimmtem Regelwerk Die beiden Tiefgaragen in Arnsberg und Bochum sind nach aktuellem Regelwerk keine WU-Bauwerke. Vielmehr wurden lediglich einzelne Bauwerksteile planmäßig mit Teileigenschaften von WU-Konstruktionen ausgestattet. Aus unterschiedlichen Gründen hat sich die geplante „Wasserundurchlässigkeit“ nicht eingestellt: beide Tiefgaragenflächen waren zum Zeitpunkt des Instandsetzungsbeginns dauerhaft von Wasser überflutet. Alfes et al. weisen in [11] darauf hin, dass „… die gängige Beschreibung eines WU-Betonbauwerks lediglich mit WU- Beton und rissbreitenbegrenzender Mindestbewehrung nicht ausreichend ist.“ Mit dem normativen Verweis in der aktuellen DIN 1045-2 ist die WU-Richtlinie als mitgeltende anerkannte Regel der Technik einzuordnen. Unter der Obmannschaft von Flohrer wurde die WU-Richtlinie von 2003 im Jahr 2017 nochmals überarbeitet. Unter gleicher Obmannschaft wurde im Jahr darauf das zuletzt 2010 erschienene DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ vollständig überarbeitet und neu veröffentlicht. Die Definition der planerischen Entwurfsgrundsätze wurde dort aus der WU-Richtlinie übernommen. In den „Ausführungsvarianten für befahrene Parkflächen aus Stahlbeton“ [10] wird für befahrene, chloridbelastete Bauteile wie Bodenplatten von Tiefgaragen in der Belastungsklasse 1 der Entwurfsgrundsatz a (Rissvermeidung) oder c (Rissbildung mit planmäßiger nachträglicher Behandlung) zugelassen. Nur für die Wasserwechselzone bis 2,00 m Wasserdruck ist noch der Entwurfsgrundsatz b (Rissverteilung mit rechnerischen Rissbreiten) zulässig. Bezogen auf die vorgestellten beiden Fallbeispiele wäre die Bodenplatte des Arnsberger Projektes nach heutigen anerkannten Regeln der Technik nach dem Entwurfsgrundsatz a oder c zu planen. Die Einordnung der Bochumer Tiefgarage in den Entwurfsgrundsatz b wäre aufgrund der Wasserwechselzone und der planmäßigen Wasserdruckhöhe von 0,90 m auch heute noch möglich. Allerdings würde mit den Entlastungsöffnungen die Forderung der Ermittlung eines ausreichend sicheren Bemessungswasserstandes nicht mehr erfüllt. Alfes et al. weisen in [12] darauf hin, dass: “Schichtenwasser im anstehenden Boden infolge von unterschiedlich durchlässigen Bodenschichten (zu berücksichtigen ist A.d.V.), wobei insbesondere auch der mögliche Aufstau von Schichtenwasser in der verfüllten Baugrube geprüft werden muss, wenn das Verfüllmaterial durchlässiger als der anstehende Boden ist (Wanneneffekt) (und) zeitweise aufstauendes Sickerwasser aus Niederschlägen (…) nicht schnell genug versickern (kann).“ Für die Anforderungen von Tiefgaragen in drückendem oder zeitweise drückendem Grundwasser gibt es seit der Einführung der aktuellen WU-Richtlinie 2017 und der Veröffentlichung des aktuellen DBV-Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ 2018 Regelwerke, die auf langjährigen und - wie die beiden vorgestellten Fallbeispiele zeigen - vielfältig schadensreichen Erfahrungen beruhen. Gerade weil die Planung von WU-Konstruktionen hohe Anforderungen an Bauherrn, Planer und Ausführende stellt, enthalten die Regelwerke sehr detaillierte Vorgaben für die Definition der Anforderungen, das Vorgehen im Planungsprozess und die Ausführung auf der Baustelle. Damit stellen die Regelwerke konkrete Planungshilfen dar, die es allen Baubeteiligten ermöglichen, bei der Instandsetzung oder im Neubau zu einem erfolgreichen Projekt und einem dauerhaft funktionstüchtigen Bauwerk zu gelangen. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 57 Instandsetzung von Parkflächen aus schadhaftem WU-Beton Literatur- und Quellenverzeichnis [1] DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN 1045- 2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1; Berlin, August 2008. [2] Falkner, Horst: Zur Frage der Rißbildung durch Eigen- und Zwängspannungen infolge Temperatur in Stahlbetonbauteilen; DAfStb Heft 208, Berlin 1969. [3] Schießl, Peter: Erläuterungen zu DIN 1045, Beton und Stahlbeton, Ausgabe 07.88: Beschränkung der Rißbreite unter Gebrauchslast; DAfStb Heft 400, Berlin, 4. Auflage 1994. [4] Schießl, Peter: Grundlagen der Neuregelung zur Beschränkung der Rißbreite; DAfStb Heft 400, Berlin, 4. Auflage 1994. [5] Edvardsen, C. K.: Wasserdurchlässigkeit und Selbstheilung von Trennrissen in Beton; DAfStb Heft 455, Berlin 1996. [6] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton DAfStb: Heft 555 - Erläuterungen zur DAfStb-Richtlinie wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton; 1. Auflage, Berlin 2006. [7] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton DAfStb: Heft 638 - Anwendungshilfe zur Technischen Regel Instandhaltung von Betonbauwerken des DIBt (TR ICH) in Verbindung mit der DAfSTb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (RL SIB); 1. Auflage, Berlin 2022. [8] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton DAfStb: DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton [WU-Richtlinie] Ausgabe Dezember 2017; Berlin 2017. [9] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (DBV): Merkblatt Wasserundurchlässige Baukörper aus Beton [Fassung August 1989]; Wiesbaden 1989. [10] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (DBV): DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, 3. Überarbeitete Ausgabe, Fassung Januar 2018, Aktualisierter Nachdruck September 2022; Berlin 2022. [11] Alfes, Christoph, Fingerloos, Frank, Flohrer, Claus: Hinweise und Erläuterungen zur Neuausgabe der DAfStb-Richtlinie „Wassserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ in: Beton-Kalender 2018; Berlin 2017. [12] Alfes, Christoph, Fingerloos, Frank, Flohrer, Claus: Hinweise und Erläuterungen zur DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Betonbauwerke [WU-Richtlinie] in: Beton-Kalender 2023, Berlin 2023. [13] Lohmeyer, Gottfried: Weiße Wannen, einfach und sicher: Konstruktion u. Ausführung von Kellern u. Becken aus Beton ohne besondere Dichtungsschicht; Düsseldorf 1985, 2. Auflage 1991. [14] Lohmeyer, Gottfried, Ebeling, Karsten: Weiße Wannen einfach und sicher - Planung und Konstruktion wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton; 11. Überarbeitete Auflage, Düsseldorf 2018. [15] Merkle, Gustav: Wasserdurchlässigkeit von Beton in Abhängigkeit von seinem Aufbau und vom Druckgefälle; Berlin 1927. [16] Doldt: Kühlvorrichtungen an der Boulder-Sperrmauer zur Verminderung der Abbindewärme des Betons in: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 6, S.-103-104; Berlin, 20. März 1935. [17] Graf, Otto: Ueber die Bedingungen für die Größe der zulässigen Anstrengungen von Eiseneinlagen in Eisenbetonplatten und in Eisenbetonbalken. Ergebnisse von Versuchen mit Eisenbetonplatten, in gewöhnlicher Weise und unter oftmals wiederkehrenden Lasten geprüft. In: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 9, S. 146-150; Berlin, 5. Mai 1935. [18] Link, Harald: Der Betonkern der Sorpetalsperre. In: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 11, S. 169-172; Berlin, 5. Juni 1935. [19] Haavardsholm, N.: Einfluß hydraulischer Zuschläge auf die Festigkeit und Dichtigkeit von Beton. Baustoffuntersuchungen für die Aaensire-Staumauer. In: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 15, S.-236-241; Berlin, 5. August 1935. [20] Spindel, M.: Anforderungen an Zement und Beton. In: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 17, S.-269-276; Berlin, 5. September 1935. [21] Ziegler, D.: Die Fugenlehre und ihre Verwendung. In: Beton u. Eisen, 34. Jahrgang, Heft 18, S. 281-283; Berlin, 20. September 1935. [22] Deutsches Institut für Bautechnik DIBT: Muster- Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) 2023/ 1; Berlin, 10. Mai 2023. [23] Lamprecht, Heinz-Otto: Opus Caementitium: Bautechnik d. Römer; 2. Auflage, Düsseldorf 1985. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 59 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Dipl.-Ing. Werner Noebel Konzept Vertrieb Husqvarna Deutschland GmbH Concrete Surfaces & Floors Zusammenfassung Mit Schleifmaschinen und Schälwerkzeugen kann man alte, geschädigte OS8 Beschichtungen und mit Boden-Strippern geschädigte OS11 Beschichtungen in Parkbauten betonschonend abtragen und erhält gleichzeitig eine optimal vorbereitete Oberfläche für eine neue Beschichtung. Die Oberfläche braucht lediglich noch kugelgestrahlt zu werden um sehr gute Oberflächenzugfestigkeitswerte und die besten Scherfestigkeitswerte für eine neue Beschichtung zu erreichen. Beim Schälen und Strippen werden keine Mikrorisse in der Betonoberfläche erzeugt, die ursächlich für die schlechten Oberflächenzugfestigkeitswerte anderer Verfahren sind.- Die Rautiefe der geschälten bzw. gestrippten Oberfläche liegt unter 1,5 mm, so dass im Gegensatz zu anderen Verfahren keine zusätzliche Kratzspachtelung erforderlich ist. 1. Betonschonende Untergrundvorbereitung mit Schäl-Technik Abb. 1: OS8 Tiefgaragen Sanierung RIEM Arcaden München Ein Hauptkriterium in Parkbauten ist es zu verhindern, dass eingetragenes salziges Tauwasser im Winter über die Schwindrisse die Bewehrung im Beton schädigt. In diesen und anderen Fällen kommt man nicht umhin den Betonboden mit Kunststoff zu beschichten, mit dem Nachteil, dass ca. alle 20 Jahre die alten Beschichtungen saniert werden müssen. Bei der Sanierung von Parkbauten muss dabei in der Regel zuerst die alte und über die Jahre geschädigte Beschichtung abgetragen werden. Abb. 2: Zeigt was man befürchtet Es gibt hierzu bekannte Verfahren wie z. B. Feinfräsen, mit Vorteilen aber auch mit gravierenden Nachteilen. Bei der Einführung von neuen Verfahren werden in der Regel Fragen zu Oberflächenzug- und Scherfestigkeitswerten sowie zur Betonschädigung in Form von Mikrorissen gestellt. Institutsuntersuchungen: Um diese Fragen objektiv zu beantworten hat in 2012 die damalige HTC Floor Systems GmbH, seit März 2017 Husqvarna Deutschland GmbH - Construction Division, die AMPA - Amtliche Materialprüfanstalt für das Bauwesen - damit beauftragt, diese Fragen in Form eines Institut Prüf berichts [1], im Rahmen eines Verfahrensvergleichs unabhängig zu untersuchen. Im September 2012 wurden von der AMPA in Kassel Vergleichsuntersuchungen [1] zwischen Schleiftechnik bzw. Schältechnik, Kugelstrahlen, Fräsen und Höchstdruckwasserstrahl (HDW) auf einer 8 x 6 Meter großen Musterfläche durchgeführt. 60 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 3: Aufteilung der AMPA-Musterfläche [1] Abb. 4: Beschichtete Musterfläche AMPA Kassel [1] Im Sommer 2014 wurde die Hochschule München - Labor für Baustoffe - von der damaligen HTC GmbH damit beauftragt, auf weiteren Testflächen die nachfolgend beschriebenen Untergrundvorbereitung-Verfahren nochmals unabhängig zu untersuchen. Alle Verfahren wurden auf einer neu hergestellten Aufbeton-Testfläche sowie auf zwei Bestandtestflächen angewendet. Ziel der Arbeit war es, mit Hilfe von Versuchsreihen herauszufinden, welche Verfahren sich für die Untergrundvorbereitung von Betonflächen am besten eignen, die anschließend beschichtet werden sollen. Dabei wurden die ermittelten Kennwerte und Festigkeiten miteinander verglichen und auf eventuelle Zusammenhänge geprüft. [2] Abb. 5: Übersichtsplan Testflächen Hochschule München [2] Abb. 6: Auf betonfläche München vor dem Schleifen 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 61 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) 2. Verfahrensvergleich 2.1 Kugelstrahlen OS8 und OS11 Parkhaus-Beschichtungen lassen sich in der Regel mit Kugelstrahlen nicht abtragen. [1] Abb. 7: Versuchergebnis, nur Kugelstrahlen Kugelstrahlen wird in der Regel als abschließender Arbeitsgang zur Erreichung einer notwendigen Oberflächenzugfestigkeit und zur Verbesserung der Scherfestigkeit angewendet. 2.2 Feinfräsen „Fein“-Fräsen bedeutet, dass man in der Regel eine kleine und leichtere Diesel-Straßenfräse einsetzt. Abb. 8: Kleine Straßenfräse Die Straßenfräse wird dann mit einer sogenannten „Fein“-Fräswalze bestückt, die ca. dreimal mehr und kleinere Meißel hat als eine Standard-Straßenbauwalze. Abb. 9: „Fein“-Fräswalze Selbst 10 mm starke Beschichtungen lassen sich mit einer Feinfräse mühelos abtragen, allerdings mit dem ungewollt hohen Abtrag der Betonoberfläche von bis zu ca. 1 cm. Die Oberflächenzugfestigkeitswerte des Betons liegen danach regelmäßig unterhalb des nach ZTV-ING [3] für eine neue Beschichtung vorgeschriebenen Werts von mindestens 1,5 N/ mm². Abb. 10: „Fein“-Fräsen Der Begriff „Fein“-Fräsen verharmlost das Verfahren, es ist vielmehr ein Meißeln mit vertikalem und unflexiblem Krafteintrag. Der Beton wird laut dem AMPA-Prüfbericht [1] mit bis zu 2 cm tiefen Mikrorissen im Beton geschädigt, die wiederum ursächlich für die schlechten Oberflächenzugfestigkeitswerte sind. Seit einer früheren AMPA-Untersuchung gibt es in den Hessen Mobil - internen Regelungen/ Ergänzungen folgende Vorgabe: „Aufgrund mehrfach aufgetretener Schäden im Rahmen von Bauwerksinstandsetzungen ist großflächiges Fräsen der Betonoberfläche als Oberflächenvorbereitung nicht mehr anzuwenden.“ [4] Feinfräsen ist zudem: • sehr laut und erzeugt einen hohen Festkörperschall im gesamten Gebäudekomplex inkl. der Geschäfts- und Wohn-Ebenen. • eine staubige Angelegenheit, da es ohne Staubabsaugung erfolgt. • nacharbeitsintensiv, da ein Kugelstrahlgang und eine zusätzliche Kratzspachtelung erforderlich sind. 62 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Der zusätzliche Kugelstrahlgang ist zwingend erforderlich, um einen Großteil der durch das Meißeln gelockerten Betonoberfläche abzutragen. Abb. 11: Kugelstrahlen nach „Fein“-Fräsen Die Rautiefe einer gefrästen Oberfläche liegt über 1,5-mm, so dass nach ZTV-ING [3] eine zusätzliche material- und arbeitszeitaufwendige Kratzspachtelung erforderlich ist. Abb. 12: Kratzspachtelung nach „Fein“-Fräsen Laut einem Betonsachverständigem „schädigt Fräsen aber nicht nur den Beton, sondern führt auch oft zu organisatorischem Ärger auf den Baustellen. Dazu gehören zum Beispiel Nachtragsforderungen für „verfestigend“ wirkende Grundierungen, mit denen der durch das Fräsen geschädigte Beton wieder ertüchtigt werden muss. Auch die beim Fräsen entstehenden Rautiefen und deren Ausgleich sind häufig Gegenstand unangenehmer Diskussionen.“ [5] 2.3 Lammellenfräsen (auch Klopffräsen oder Schlaglamellenfräsen genannt) Eine Lamellenfräse kann in der Regel eine Beschichtung alleine nicht abtragen. Das Lamellenfräsen erfolgt oft ohne Staubabsaugung. Abb. 13: Lamellenfräsen ohne Staubabscheider Es ist ein zusätzlicher Kugelstrahlgang erforderlich, der durch das Klopfen gelockertes Gefüge von der Betonoberfläche abträgt. Abb. 14: Lamellenwalzen einer Lamellenfräse Die flexibel aufgehängten Lamellen verursachen aber kein Mikrorisse wie beim „Fein“-Fräsen Die beim Lamellenfräsen entstehenden Längsriefen müssen abschließend noch kratzgespachtelt werden, da ansonsten nicht gewährleistet ist, dass später eine ebene, beschichtete Fahrbahn entsteht. Abb. 15: Längsrillen nach Lamellenfräsen 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 63 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Vor dem Lamellenfräsen ist in der Regel zur Vorbereitung ein zusätzliches Flammstrahlen erforderlich um die Beschichtung vorzuschädigen. Abb. 16: Vorbereitendes Flammstrahlen 2.4 Höchstdruckwasserstrahlen (HDW) Abb. 17: Höchstdruckpumpe - 2.500 Bar Höchstdruckwasserstrahlen (HDW - 2.500 bar) ist ein relativ teures Verfahren mit einer geringen Flächenleistung. HDW-Handlanze ist zudem durch den hohen Rückstoß und die erforderliche Schutzkleidung eine gefährliche Schwerstarbeit bei der sich die Arbeiter alle 20 Minuten abwechseln. Abb. 18: HDW-Handlanze HDW erzeugt ein Menge Schlamm aus Beschichtungs- Material und Beton sowie Schmutzwasser, welches aufgefangen und gefiltert sowie aufwendig auf bereitet (pH neutralisiert) werden muss, bevor es ins Abwasser oder einen Fluss geleitet werden darf. Die Rautiefe einer entschichteten HDW-Oberfläche weit liegt über 1,5 mm, so dass nach ZTV-ING [3] eine zusätzliche material- und arbeitszeitaufwendige Kratzspachtelung erforderlich ist. Abb. 19: HDW-Oberfläche Entgegen der Ansicht vieler Experten ergaben die Untersuchungen durch die AMPA [1], dass die kraterartige Oberflächenstruktur, hervorgerufen durch den Einsatz von HDW-Handlanzen, nicht zu einer hohen Scherfestigkeit führt, sondern eine durch Schälen plus Kugelstrahlen vorbereitete Fläche die besten Scherfestigkeitswerte ergibt. Abb. 20: AMPA - Universität Kassel Amtliche Materialprüfanstalt für das Bauwesen Scherfestigkeitsvergleich Testauf bau [6] 64 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 21: Hochschule München - Labor für Baustoffe Scherfestigkeitsvergleich Testauf bau [7] Eine zweite Untersuchung im Sommer 2014 an der Hochschule München - Labor für Baustoffe - bestätigte, dass eine durch Schälen plus Kugelstrahlen vorbereitete Fläche 1,7bzw. 1,8-mal höhere Scherfestigkeitswerte ergibt als Fräsen bzw. HDW plus Kugelstrahlen.[2] HDW wird bei Parkbauten-Sanierungen in der Regel nur eingesetzt, um Chlorid verseuchten Beton abzutragen. 2.5 Schälen (Schleiftechnik) Beschichtungen lassen sich durch Schleifmaschinen mit Planetenantrieb und speziellen Diamant-Schäl-Werkzeugen in einem Arbeitsgang sehr gut abtragen. Abb. 22: Schleifmaschine mit Planetenantrieb Ein Planetenantrieb besteht aus einem rotierenden Schleifkopf und vier gegenläufig rotierenden Schleifscheiben. Diese Technik erzeugt beim Schälen eine absolut ebene Oberfläche. Abb. 23: Schälen mit Schleifmaschine Die Flächenleistung liegt bei einer Schleifmaschine mit ca. 1 Meter Arbeitsdurchmesser bei ca. 20-60 m²/ h und ist abhängig von der Härte und der Dicke der Beschichtung sowie der Ebenheit des Betonbodens. Die dem AMPA-Prüf bericht [1] zugrunde liegende Untersuchung kommt bei einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu dem Ergebnis, dass Schälen unter Berücksichtigung der Gesamt-Kosten und der Gesamt-Flächenleistung das wirtschaftlichste Verfahren ist. [8] Der Abtrag der Beschichtung erfolgt mit eigens dafür entwickelten polykristallinen (PKD) Diamant-Schäl-Werkzeugen. Abb. 24: (PKD) Diamant Schälwerkzeug Von allen Untergrundvorbereitungsverfahren hat Schälen plus Kugelstrahlen die höchste Oberflächenzugfestigkeit und die höchste Scherfestigkeit. [2] Der AMPA-Prüf bericht [1] bestätigt, dass das Schälen im Gegensatz zum Fein-Fräsen keine Betonschäden in Form von Mikrorissen im Gefüge verursacht. Die sehr guten Oberflächenzugfestigkeitswerte nach dem Schälen lassen sich sowohl nach dem AMPA-Prüf bericht [1] als auch die Untersuchung der Hochschule München [2] durch einen zusätzlichen Kugelstrahlgang nicht weiter verbessern. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 65 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Aufgrund der Ergebnisse der beiden Scherfestigkeits- Untersuchungen [1] [2] empfehlen wir aber, vor der Grundierung einen zusätzlichen Kugelstrahlgang durchzuführen, um eine maximale Scherfestigkeit zu gewährleisten. Abb. 25: Geschälte Oberfläche Die Rautiefe der geschälten Oberfläche liegt unter 1,5- mm, so dass nach ZTV-ING [3] keine zusätzliche, kostspielige und zeitaufwendige Kratzspachtelung erforderlich ist. 3. Parkbauten-Sanierung In Betonbauwerken wie Parkhäusern, Tiefgaragen oder auf Parkdecks hat sich Schälen als Verfahren zum Entfernen von Altbeschichtungen bereits etabliert. Abb. 26: Parkhaussanierung [9] Die geschälte Oberfläche ist ohne eine zusätzliche Kratzspachtelung bereit für eine neue Beschichtung. Abb. 27: Geschälte Oberfläche [9] Die gesamte geschälte Betonoberfläche ist absolut eben und ohne Spurrillen von den Überlappungen der einzelnen Abtragungsspuren wie bei anderer Untergrund-Vorbereitungsverfahren. Die geschälte Betonoberfläche ist damit ohne eine zusätzliche Kratzspachtelung auch für eine 1,5 mm Dünnbeschichtung geeignet. Abb. 28: Geschälte, ebene Gesamtoberfläche [9] Bei sehr großen Parkflächen sind zu Erreichung einer entsprechenden Flächenleistung in der Regel 2 bis 3 Schleifmaschinen gleichzeitig im Einsatz. Abb. 29: Zwei Schleifmaschinen auf Parkdeck [9] 66 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Chlorid Verseuchung und HDW-Einsatz Um die Chlorid Verseuchung des Betons zu messen, werden in die zuvor entschichtete Betonoberfläche jeweils in ca. 2,5 Meter Abstand im Karree Prüfstellen mit jeweils 3 Bohrungen durchgeführt (2-cm, 3-cm und 4-cm tief) Abb. 30: Probebohrungen zur Überprüfung einer Chlorid-Verseuchung Das Bohrgut wird dann im Labour auf Chlorid Verseuchung untersucht, die Ergebnisse entscheiden dann darüber, ob zuerst 2-4-cm Beton oder bis zur Bewehrung oder der komplette Beton abgetragen werden muss, um dann durch einem Ersatz-Beton wieder aufgebaut zu werden. Abb. 31: HDW-Abtrag bis zur Bewehrung Abb. 32: HDW kompletter Beton Abtrag Ein kompletter Betonabtrag bedeutet auch dass die Ebene darunter nicht zum Parken zur Verfügung steht, auf der steht die Abstützung zur Verschalung des Ersatz-Betons. Der Preis, wenn man zu lange mit der Sanierung wartet. Abb. 33: Abstützung Verschalung Komplettabtrag 4. Projekt Kurzberichte 4.1 Parkdeck Möbelhaus in Bielefeld Abb. 34: Parkdeck schwedisches Möbelhaus in Bielefeld 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 67 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Im Mai 2015 wurde auf dem Parkdeck eines schwedischen Möbelhauses in Bielefeld, in einem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet, tagsüber, die alte geschädigte OS11 Beschichtung des Parkdecks saniert. Das ca. 8.000 Quadratmeter große Parkdeck hat eine „weiche“ Stahlverbund Trapezdecke mit nur ca. 10 cm Betonstärke und einer Eigenfrequenz von nur ca. 3-4-Hertz. Abb. 35: Stahlverbund Trapezdecke von unten Hauptkriterien für die Untergrundvorbereitung mit Schältechnik, anstatt zu Fräsen waren: • Dass die „weiche“ Stahlverbund Trapezdecke (3-4 Hertz) nicht in Eigenschwingungen versetzt wurde. • Die Gewährleistung eines möglichst geringen Betonabtrags der dünnen Stahlverbund Trapezdecke. • Dass der nach TA-Lärm vorgegebenen Umgebungs- Schalldruckwerte für ein gemischtes Wohn- und Gewerbegebiet von tagsüber 60 dB eingehalten wird. • Durch die direkte Staubabsaugung an der Schleifmaschine mit einem leistungsstarken Sauger war der Abtrag der Altbeschichtung nahezu staubfrei. • Die Schältechnik ist im Vergleich zur sogenannte Fein-Frästechnik ein betonschonenderes Verfahren ohne Mikrorisse zu erzeugen und erzielt im Endergebnis bessere Oberflächenzugsowie beste Scherfestigkeitswerte. • Durch die Einsparung der Kratzspachtelung ist die Schältechnik, insgesamt gerechnet, auch das kommerziell günstigste Vorbereitungsverfahren. • Die geschälte Betonoberfläche wurde lediglich noch kugelgestrahlt und dann direkt grundiert. OS11 Beschichtungen und Boden-Stripper Eine OS11 Beschichtung hat in der Regel eine Stärke von ca. 4-4,5 mm und lässt sich in einem Arbeitsgang mit einer Schleifmaschine und Schälwerkzeugen abtragen. Auf vielen Parkdecks ist die OS11 Beschichtung aber über die Jahre auf 10mm bis zu 20 mm angewachsen. Hier hat der Einsatz eines Boden-Strippers Vorteile. Abb. 36: Boden-Stripper, Abtrag der Deckbeschichtung Eine OS11 Beschichtung hat immer eine Rissüberbrückende Zwischenschicht bzw. Schwimmschicht, in die man mit einer Klinge eindringen kann und die darüberliegende Deckbeschichtung abschälen kann. Abb. 37: OS11 Beschichtung mit einer (gelben) Schwimmschicht [10] Die auf dem Beton haftende Grundierung kann man anschließend mit einer Schleifmaschine und Schleifwerkzeugen abtragen. Gleiches gilt für eine OS10 (ca. 4,5-mm) Beschichtung und eine OS13 (ca. 3-mm) Beschichtungen die beide eine rissüberbrückende Zwischenschicht haben in die man mit einer Klinge eindringen kann. 4.2 Tiefgarage Bosch-Areal Stuttgart Im Jahr 2022 wurde in der Tiefgarage des Bosch-Areal, unterhalb eines gemischten Geschäfts- und Wohngebiets neben der Liederhalle in Stuttgart tagsüber während des laufenden Geschäftsbetriebs die alte geschädigte OS8 Beschichtung saniert. 68 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 38: Einfahrt Bosch-Areal/ Liederhalle Um die Fehlzeit von Parkplätzen in den Ebene 2 bis 4 zu minimieren, erfolgte die Sanierung der alten OS8 Beschichtung in drei Bauabschnitten mit einer ferngesteuerten Schleifmaschinen und Schälwerken. Abb. 39: Ferngesteuerte Schleifmaschine und Staub-abscheider Hauptkriterien für die Untergrundvorbereitung mit Schleifmaschinen anstatt zu fräsen waren für das zuständige Planungsbüro: • Obwohl die Tiefgarage für die Absaugung von Auto-Dieselabgase ausgelegt ist, wurden die durch den Einsatz einer Dieselfeinfräse entstehenden für Arbeiter und Kunden in den Augen brennenden Dieselabgasen vermieden. • Die Schältechnik war erheblich leiser als Feinfräsen und erzeugt im gesamten Gebäudekomplex einen wesentlich geringeren Festkörperschall, der den laufenden Geschäftsbetrieb tagsüber nicht beeinträchtigt. Lediglich für ein Kino in dem oberen Gebäudekomplex müssen die Schälarbeiten am Abend ruhen. • Durch die direkte Staubabsaugung an den Schleifmaschinen mit leistungsstarken Staubabscheidern war der Abtrag der Altbeschichtung im Gegensatz zum Feinfräsen nahezu staubfrei. • Die Schältechnik ist im Vergleich zur Feinfrästechnik ein betonschonenderes Verfahren ohne Mikrorisse zu erzeugen und erzielt im Endergebnis bessere Oberflächenzugfestigkeitssowie beste Scherfestigkeitswerte. • Durch die Einsparung der Kratzspachtelung ist die Schältechnik, insgesamt gerechnet, auch das kommerziell günstigste Vorbereitungsverfahren. • Die geschälte Betonoberfläche wurde anschließend noch kugelgestrahlt und anschließend grundiert. Abb. 40: Kugelstrahlen vor Grundierung • Abschließend wurde eine farblich abgestimmte Deckbeschichtung aufgebracht Abb. 41: Bosch-Areal mit neuer Deckbeschichtung 4.3 Marktgarage Siegburg Nachdem wir im Sommer 2019 auf zwei Parkplätzen in der Marktgarage in Siegburg eine Musterfläche mit unserer Schältechnik angelegt hatten, 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 69 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 42: Musterfläche Marktgarage Siegburg wurde im Frühjahr 2020, unter Corona Bedingungen, in der Tiefgarage des sogenannten Herrengartens, einem gemischten Geschäfts- und Wohngebiet in Siegburg tagsüber während des laufenden Betriebs die alte geschädigte OS13 Beschichtung der Ebene -1 saniert. Abb. 43: Einfahrt Marktgarage Siegburg Folgende Kriterien sprachen für die Sanierung mit Schältechnik anstatt zu Fräsen: • Die Schältechnik war erheblich leiser als Fräsen und erzeugte im gesamten Gebäudekomplex einen wesentlich geringeren Festkörperschall, der die Ruhe der Geschäftskunden und Anwohner nicht beeinträchtigte. Abb. 44: Markgarage unterhalb des Herrengartens • Obwohl die Tiefgarage für die Absaugung von Auto- Dieselabgasen ausgelegt ist, wurden die durch den Einsatz einer Dieselfräse entstandenen für Arbeiter und Park-Kunden in den Augen brennenden Dieselabgase vermieden. • Durch die direkte Staubabsaugung an den Schleifmaschinen mit leistungsstarken Sauger war der Abtrag der Altbeschichtung nahezu staubfrei. • Die Schältechnik ist im Vergleich zur Fein-Frästechnik ein betonschonenderes Verfahren ohne Mikrorisse zu erzeugen und erzielt im Endergebnis bessere Oberflächenzugsowie beste Scherfestigkeitswerte. Abb. 45: Detailfoto geschliffene Betonoberfläche • Durch die Einsparung der Kratzspachtelung ist die Schleiftechnik, insgesamt gerechnet, auch das kommerziell günstigste Vorbereitungsverfahren. 70 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 46: Schleifteam 1 Markgarage Siegburg Um die Fehlzeit für der Parkebene -1 zu minimieren waren für den Abtrag der alten Beschichtung zwei Schleifteams gleichzeitig im Einsatz. Abb. 47: Schleifteam 2 Markgarage Siegburg Die geschälte Betonoberfläche wurde lediglich noch kugelgestrahlt und dann direkt grundiert. Abb. 48: Beschichtete ehemalige „Musterfläche“ Marktgarage (OS8) ähnliche harte Beschichtung sowie Rillen- und Lamellen-Fräsen Eine OS8 Beschichtung hat in der Regel eine Stärke von ca. 2,5-3-mm und kann in einem Arbeitsgang mit einer Schleifmaschine abgeschält werden. Abb. 49: OS8 Parkhaus Beschichtung [10] In vielen älteren Parkbauten ist die alte OS8 ähnlich, harte Beschichtung aus der Zeit vor der aktuellen OS8-Norm (2005) aber 10-mm bis zu 20 mm stark. Man kann bis 10-mm diese Beschichtungsstärken in mehreren Schälgängen abtragen, oder man reduziert die Geschwindigkeit, dies benötigt aber die mehrfache Zeit und verursacht die mehrfachen Kosten. Abb. 50: 2 Stück HTC 1500 und 9-mm harte Beschichtung Hat man 2 Stück HTC 1500 kann man eine ca. 9-mm harte Beschichtung mit 100 m² pro Stunde in einem Arbeitsgang abtragen bei einer Geschwindigkeit von nur ca. 60-cm/ min. Nicht jedes Unternehmen hat zwei HTC1500 Schleifmaschinen und bei Beschichtungen >10-mm bis 20-mm 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 71 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) Abb. 51: ca. 20 mm harte Beschichtung kann ist es wirtschaftlicher sein die dicke Beschichtung zuerst mit einer Rillenschneidfräse einzuschneiden. Abb. 52: Rillen-Schneidfräsen Die Schneidfräse verfügt über eine Trommel mit Diamantklingen, in einem Trommelgehäuse. Abb. 53: Schneid-Trommel mit Diamantklingen Die Trommel dreht sich mit sehr hoher Geschwindigkeit, um die harte Beschichtung abzuschleifen. Staub und Verunreinigungen die dabei entstehen werden in einem Staubabscheider gesammelt. Dadurch gestaltet sich der Betrieb nahezu staubfrei. Darüber hinaus ist diese Technologie ideal für Anwendungen in Parkbauten, bei denen der Vibrationspegel in der Regel gering sein muss. Die entstehenden Stege kann man anschließend im 90° Winkel mit einen Lamellenwalze wegschlagen. Abb. 54: Lamellenwalze mit flexiblen Lamellen Da die Rillen, die ein Lamellenfräse verursacht bei der neuen 3 mm OS8 Beschichtung durchschlagen würden, Abb. 55: Rillen einer Lamellenfräse erfolgt dann abschließend die Einebnung der Betonoberfläche mit einer Schleifmaschine und Schleifwerkzeugen. Abb. 56: Ferngesteuerte Schleifmaschine 72 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Betonschonende Sanierung von Parkbauten mit Schleifmaschinen (OS8) und Boden-Strippern (OS11) 4.4 Düsseldorf Airport - VIP-Parkhaus Ende Juni 2014 fand die Eröffnung des ersten automatischen VIP-Parkhauses am Düsseldorfer Airport statt. Die automatische Parkanlage ist eine technische Weltneuheit und besteht aus drei Parkrobotern sowie sechs Übergabeboxen. Die Roboter greifen vom Smart bis zur Mercedes S-Klasse alles unter den vier Rädern. Abb. 57: Düsseldorf Airport - VIP-Parkhaus 3 [11] Im Zuge des Einbaus der automatischen Parkanlage wurde der über die Jahre unansehnlich gewordene Gussasphaltboden des Parkhauses 3 im kompletten Kundenbereich in nur 2 Wochen geschliffen und imprägniert. Abb. 58: Düsseldorf Airport - VIP-Parkhaus 3 vor der Sanierung Das Ergebnis ist ein kundengerechter und zugleich strapazierfähiger sowie pflegeleichter Gussasphalt-Boden. Deutlich geringere Sanierungs-zeiten und -kosten sowie die längere Lebensdauer waren ausschlaggeben für die Entscheidung für eine Sanierung mit Schleiftechnik anstatt einer Spezialbeschichtung auf Gussasphalt. Abb. 59: Parkroboter in Übergabebox Nr. 05 [11] Literaturverzeichnis [1] AMPA - Universität Kassel - Amtliche Materialprüfanstalt für das Bauwesen - Prüfbericht Nr.-122141-10, 2012. [2] Hochschule München - Fakultät 02 - Bauingenieurwesen - Labor für Baustoffe - Bereich Instandsetzung - Untersuchung der Eignung verschiedener mechanischer Verfahren für die Untergrundvorbereitung von Beton - Okt. 2014. [3] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten - ZTV-ING. [4] Handbuch Hessen Mobil, Straßen- und Verkehrsmanagement, 2.4.2 Brücken- und Ingenieurbau, Tunnelbau, Seite 45. [5] Zitat Dr. Joachim Käppler, Bausachverständiger, Wiesbaden, Mai 2014. [6] Fotos: AMPA - Universität Kassel - Amtliche Materialprüfanstalt für das Bauwesen. [7] Fotos: Hochschule München - Labor für Baustoffe. [8] Universität Kassel - Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens - Fachbereich 14 - Bau- und Umweltingenieurwesen - Untersuchung der Auswirkungen von mechanischen Bearbeitungsverfahren von Betonoberflächen auf das Betongefüge - Kapitel 7- - Wirtschaftliche Betrachtung der Verfahren - Seite-114, 2012. [9] Fotos: Friedrich OFT GmbH & Co.KG. [10] Fotos: Romex AG Meckenheim. [11] Foto: Fotografie Andreas Wiese, Düsseldorf. Konstruktion 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 75 75 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative Dr. Marc Zintel Steeltec AG, Emmenbrücke, Schweiz Zusammenfassung In diesem Beitrag wird die Anwendung von Bewehrungen aus nichtrostendem Stahl, insbesondere Top12, als Alternative zu herkömmlichen Oberflächenschutzsystemen in gepflasterten Parkhäusern und Fahrflächen vorgestellt. In Parkgaragen stellt die Chloridbelastung durch Fahrzeuge eine Herausforderung für die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonkonstruktionen dar. Untersuchungen zeigen, dass hohe Chloridbelastungen an aufgehenden Bauteilen und Fahrbzw. Parkflächen auftreten, die zusätzliche Schutzmaßnahmen erfordern. Die Verwendung von Bewehrungen aus nichtrostendem Stahl bietet eine Reihe von Vorteilen, wie hervorragende Korrosionsbeständigkeit, Langlebigkeit und geringere Instandhaltungskosten im Vergleich zu herkömmlichen Oberflächenschutzsystemen. Eine besonders wichtige Innovation ist die „Mischbewehrung“, bei der konventioneller Betonstahl (B500B) und nichtrostende Edelstahlbewehrung in einem Bauteil kombiniert werden können, ohne dass die Gefahr von Kontaktkorrosion besteht. Dieser Ansatz ermöglicht eine deutliche Reduzierung der Bewehrungsgrade für die Edelstahlbewehrung, was zu Kosteneinsparungen führt. Die wirtschaftliche Analyse zeigt, dass der Mischbewehrungsansatz je nach Bewehrungsgrad bereits bei der Herstellung Vorteile bringen kann. Darüber hinaus werden die Lebenszykluskosten reduziert, insbesondere weil die geplante Lebensdauer des Bauwerks ohne Instandsetzungen erreicht wird. Die Studie unterstreicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung der Herstellungs- und Lebenszykluskosten sowie der praktischen Aspekte bei der Auswahl des geeigneten Werkstoffes und der Ausführungsvariante. Durch den Einsatz von nichtrostenden Edelstahlbewehrungen und dem Ansatz der Mischbewehrung können Parkhausbetreiber die langfristige Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit ihrer Bauwerke sicherstellen und gleichzeitig die Umweltauswirkungen reduzieren. 1. Einleitung Bodenplatten oder Rampen sind direkt den Tausalzen ausgesetzt, die von den Fahrzeugen eingetragen werden. Gepflasterte Parkflächen werden häufig als kostengünstige Alternative in Parkhäusern eingesetzt, um teure Stahlbetondecken zu vermeiden, die in der Regel beschichtet werden müssen. Die von den Fahrzeugen eingetragenen Chloride gelangen jedoch über das Spritzwasser an die aufgehenden Bauteile und über die wasserdurchlässige Pflasterdecke in die Fundamente. Je nach Chloridwiderstand des verwendeten Betons können die Chloride innerhalb weniger Jahre bis zur Bewehrung vordringen. Erreicht die Chloridkonzentration an der Bewehrung den sogenannten kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalt (Ccrit), kommt es in der Regel zur Bewehrungskorrosion. Die DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (RL SIB) legt für konventionellen Betonstahl (B500B) einen Chloridgrenzwert von 0,5 M.-%/ z fest. Wird dieser Wert am Stahl erreicht, kann im Allgemeinen von einer Korrosionswahrscheinlichkeit von 30 - 40 % ausgegangen werden. 2. Chloridbelastungen durch Tausalzeintrag Untersuchungen von Prof. Dauberschmidt an bestehenden Tiefgaragen [1] zeigen, dass sowohl an den aufgehenden Bauteilen als auch an den Fundamenten hohe Chloridbelastungen auftreten. Nachfolgend sind die wesentlichen Ergebnisse für die neuralgischen Punkte dargestellt: • Stützenfüße (über OK Pflaster): Die Chloridbelastung lag bei 65 % der untersuchten Bauteile über 0,5 M.-%/ z, bei 42 % sogar über 1,0 M.-%/ z. • Arbeitsfuge: In diesem Bereich wurden bei 44 % aller untersuchten Bauteile Chloridbelastungen von über 0,5 M.-% festgestellt. • Fundamentoberseite: Selbst in den tiefergelegenen Bereichen wurden bei 28 % aller untersuchten Bauteile Chloridwerte größer 0,5 M.-%/ z festgestellt. Die Ergebnisse für gepflasterte Tiefgaragen belegen eindrucksvoll, dass in der Praxis bei ungeschützten Tiefgaragenstützen oder -wänden aufgrund der hohen Chloridbelastung mit Korrosionserscheinungen an den genannten neuralgischen Stellen vor der geplanten Lebensdauer (in der Regel 50 Jahre) zu rechnen ist. Entsprechend sind in Anlehnung an DIN EN 1992-1-1/ NA/ A1 für chloridbeanspruchte Stahlbetonbauteile vom Planer zusätzliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit vorzusehen. [1] Gemäß fib-Bulletin 76 [2] sind für die hier betrachteten Expositionsklassen XD2 und XD3 mittlere Oberflächenchloridkonzentrationen zwischen 2,0 und 4,0 M.-%/ z anzusetzen. Um die tatsächlich zu erwartenden Chloridbelastungen in Parkbauten möglichst realitätsnah abbilden zu können, wurden in [3] Chloridprofile aus bestehenden 76 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative Parkbauten für die einzelnen Bauteile statistisch ausgewertet: • Zwischendeckenoberseite (horizontales Bauteil): C S,∆x = 3,0 M.-%/ z, • Stützen aufgehend von der Zwischendecke sowie oberhalb des Pflasterbelags (vertikales Bauteil): C S,∆x = 2,5 M.-%/ z, • Stützen unterhalb OK Pflasterbelag und Fundamentoberseite (vertikale und horizontale Bauteile): CS,∆x = 1,5 M.-%/ z. Diese Ergebnisse verdeutlichen auch hier, dass in der Praxis bei ungeschützten Oberflächen bereits vor Ablauf der geplanten Lebensdauer (in der Regel 50 Jahre) mit Korrosionsschäden an den genannten neuralgischen Stellen zu rechnen ist. 3. Zusätzliche Maßnahmen zum Schutz vor Korrosion notwendig Als zusätzliche Schutzmaßnahmen werden in der Regel chloridbeständige Oberflächenschutzsysteme (OS-Systeme) oder Abdichtungen eingesetzt. Aus Kostengründen werden häufig OS-Systeme bevorzugt. Diese Systeme schützen die Betonoberfläche und die darunter liegende Bewehrung vor der Einwirkung von Chloriden. Entscheidend für die Wirksamkeit dieser Systeme sind eine fachgerechte Herstellung, regelmäßige Inspektionen und Instandhaltungsmaßnahmen. 4. Top12 - Nichtrostende Edelstahlbewehrung Mit Top12 stellt die Steeltec AG einen kostengünstigen nichtrostenden Betonstahl mit der Werkstoffnummer 1.4003 und einem Chromgehalt von ≥ 12,0 % her. Der warmgewalzte, ferritische Betonstahl wird nach der Herstellung in einem speziellen Verfahren zusätzlich gebeizt, um das Korrosionsschutzpotential zu erhöhen. Seit 2016 liegt für Top12 als B500B NR eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt für D = 8 - 14 mm (Z-1.4-266) vor. Seit 2018 liegt eine weitere allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt für Top12 B670B NR (Stabstahl) für die Durchmesser 16, 20 und 28 mm vor (Z-1.4-272). Preislich (€/ t) liegt Top12 derzeit nur etwa um den Faktor 4 über den Kosten von konventionellem B500B. Die Chloridbeständigkeit von Top12 wird durch einen in beiden Zulassungen implementierten kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalt (Ccrit) von 2,3-M.-%/ z sichergestellt. Damit ist der Chloridwiderstand von Top12 um mehr als den Faktor 4 höher als der von herkömmlichem Betonstahl (B500B). Die Verwendung von Top12 als Bewehrung aus nichtrostendem Stahl bietet mehrere Vorteile: • Korrosionsbeständigkeit: Top12 weist eine hohe Chloridbeständigkeit auf und ist daher besonders für den Einsatz in Umgebungen mit hoher Chloridbelastung geeignet. • Langlebigkeit: Da Top12 nicht anfällig für Bewehrungskorrosion ist, kann seine Verwendung die Lebensdauer von Parkgaragenbauteilen erheblich verlängern. • Minimale Instandhaltungskosten: Im Vergleich zu OS-Systemen erfordert der Einsatz von Top12 weniger Wartungsaufwand, da z. B. kein Wartungsplan wie bei einem OS-System befolgt werden muss und Reparaturen vermieden werden. 5. Vorteil des Mischbewehrungsansatzes Eine wesentliche Weiterentwicklung beim Einsatz von Edelstahlbewehrung besteht darin, dass konventioneller Betonstahl (B500B) problemlos mit Edelstahlbewehrung wie Top12 im gleichen Bauteil kombiniert werden kann. Dadurch kann der Bewehrungsanteil an nichtrostender Stahlbewehrung pro Bauteil oder pro Quadratmeter deutlich reduziert werden. Die Mischbewehrung bietet eine kostengünstige Möglichkeit, die Vorteile der nichtrostenden Stahlbewehrung zu nutzen, ohne die Baukosten wesentlich in die Höhe zu treiben. Zum Hintergrund: Grundsätzlich fallen die Korrosionspotentiale von B500B und Top12 im alkalischen Milieu auf ein Niveau zusammen. D. h. es gibt im alkalischen Milieu beim elektrischen Kontakt von B500B und Top12 keine Spannungsdifferenz (Treibspannung) zwischen dem „edlen“ Top12 und dem „unedlen“ B500B. Eine eventuell vorhandene Spannungsdifferenz wäre die treibende Kraft für die Kontaktkorrosion. Da diese nicht vorhanden ist, tritt auch keine Kontaktkorrosion auf. Das alkalische Milieu wird durch unsere Vorgaben in der Zulassung hinsichtlich der Betondeckung sichergestellt. Es wurde nachgewiesen, dass eine Betondeckung von 35 mm ausreicht, um das alkalische Milieu auch unter ungünstigsten Bedingungen über 100 Jahre zu gewährleisten. Die Grundaussage basiert im Wesentlichen auf dem von Prof. U. Nürnberger verfassten Merkblatt 866 „Nichtrostender Betonstahl“ der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei [4]. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 77 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative 6. Top12 - Ausführungsvarianten und deren Wirtschaftlichkeit Um Top12 gezielt nur in Bereichen mit vorherrschender Chloridbelastung einzusetzen und letztlich die teureren Stahlmengen zu minimieren, wird Top12 grundsätzlich in Mischbewehrung, d. h. in Kombination mit konventionellem B500B eingesetzt. 6.1 Gepflasterte Parkgaragen Top12 wird im unteren Stützenbereich eingesetzt, wo mit Tausalzbelastung zu rechnen ist (vgl. Bild 1) und in der Regel ein OS-System oder ein Abdichtungssystem eingesetzt wird (vgl. Bild 2). Bild 1: Schematische Darstellung des Chlorideintrags unter Pflasterbelägen, gemäß [1]. (Quelle: Steeltec AG) Bild 2: Übliche Ausführung mit einem vollflächigen Oberflächenschutzsystem bzw. einer Abdichtung [5]. (Quelle: Steeltec AG) Entsprechend wird im Fundament (i.d.R. Einzelfundament) die Bewehrung an der Oberseite sowie an den Seitenflächen in Top12 ausgeführt. Die aufgehende Stützenbewehrung wird ab der Verankerung im Fundament bis zu einer Höhe von 0,5 m über OK Pflaster plus Übergreifungsstoß in Top12 hochgeführt (inkl. Bügel). Im oberen Bereich der Stütze (d. h. ab 0,5 m) und für die Durchstanzbewehrung an der Fundamentunterseite wird aufgrund der fehlenden Chloridbelastung konventioneller Betonstahl (B500B) verwendet. Bei erforderlichen Übergreifungsstößen von Top12 und B500B (Mischbewehrung) ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die Stöße in nicht chloridbelasteten Bereichen angeordnet werden. Die Arbeitsfuge wird zusätzlich mit einer zementären Hohlkehle geschützt. Der Stützenbereich ist nach [5] mindestens der Expositionsklasse XD2 zuzuordnen. Die Fundamentoberflächen sind mit Gefälle in XD2 oder ohne Gefälle in XD3 einzustufen. Auf ein Oberflächenschutzsystem oder eine Abdichtung kann bei dieser Ausführungsvariante vollständig verzichtet werden. In Bild 3 ist die erläuterte Top12-Variante „Fundament/ Stütze“ grafisch dargestellt. Bild 3: Top12-Ausführungsvariante „Stütze/ Fundament“ ohne Oberflächenschutzsystem oder Abdichtung, Fundament an der Oberseite bewehrt. (Quelle: Steeltec AG) Werden Fundamente nur mit Durchstanzbewehrung, d. h. ohne äußere Bewehrungslage an den Fundamentoberflächen und Seitenflächen geplant, so entfällt dort der Einsatz von Top12. Im analogen Fall von Streifenfundamenten und einem Wandanschluss anstelle eines Stützenanschlusses wird Top12 entsprechend der i.d.R. einseitigen Chloridbelastung ebenfalls nur einseitig eingesetzt. D. h. Top12 wird selektiv nur auf der chloridzugewandten Seite eingesetzt, wo üblicherweise OS-Systeme oder Abdichtungen aufgebracht werden. Top12 wird somit nicht nur über die Bauwerkshöhe, sondern auch über die Bauwerkstiefe selektiv in Mischbewehrung mit konventionellem B500B eingesetzt. Die umlaufende Bügelbewehrung verbleibt in Top12. Auch hier ist bei notwendigen Übergreifungsstößen von Top12 und B500B darauf zu achten, dass diese im nicht-chloridbelasteten Bereich angeordnet werden. In Bild 4 ist die erläuterte Top12-Variante „Wand/ Stütze“ grafisch dargestellt. Bild 4: Top12-Ausführungsvariante „Wand/ Fundament“ ohne Oberflächenschutzsystem oder Abdichtung, Fundament an der Oberseite bewehrt (Quelle: Steeltec AG) 78 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative Bild 5: Herstellungs- und Lebenszykluskostenvergleich der Top12-Ausführungsvariante „Stütze/ Fundament“ vs. OS 5b-System (Quelle: Steeltec AG) Bei mittleren Bewehrungsgraden (< 17 kg/ m²) liegen die Herstellungskosten für Top12 unter denen der Beschichtungsvariante, siehe Bild 5. Der Kostenvorteil von Top12 erreicht sein Maximum mit -54 % bei sehr geringen Top12 Bewehrungsgraden (5 kg/ m²). Durch den Einsatz von Top12 können im Vergleich zu einer Beschichtung weitere Kosten im Betrieb eingespart werden. Wenn kein OS-System vorhanden ist, entfallen auch alle Folgekosten im Betrieb, d. h. Reinigungs-, Wartungs- und Instandsetzungskosten durch notwendige Beschichtungserneuerungen. Dadurch ergeben sich gegenüber den Herstellungskosten weitere Kostenvorteile, die sich positiv auf die Lebenszykluskosten auswirken, siehe graue Balken in Bild 5. 6.2 Unbeschichtete Rampen/ Fahrflächen im EGS c Die Ein- und Ausfahrtsbereiche von Parkhäusern und Tiefgaragen sind die am stärksten frequentierten Verkehrsflächen und grundsätzlich sehr hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Nur eine uneingeschränkte Nutzbarkeit dieser Bereiche gewährleistet eine hohe Verfügbarkeit der angeschlossenen Parkflächen. Um den konventionellen Betonstahl vor hohen Chloridbelastungen durch eingebrachte Tausalze zu schützen, werden Rampen häufig beschichtet ausgeführt. Die hohen mechanischen Belastungen durch den anfahrenden und abbremsenden Verkehr führen zu einem hohen Verschleiß der Rampen und damit zu einem hohen Instandhaltungsaufwand der Beschichtungssysteme. Die Folge sind ungeplant kurze Instandsetzungszyklen (in der Regel 10 - 15 Jahre), in denen schadhafte Beschichtungssysteme aufwendig ausgebessert oder komplett erneuert werden müssen. Bei dem dargestellten Referenzobjekt wurde im Zuge einer korrosionsbedingten Instandsetzung der Tiefgarage u. a. auch die ca. 22 m lange Rampe erneuert, siehe Bild-6. Bild 6: Instandsetzung einer Rampe mit Top12 (Quelle: Bräuning + Partner mbB, Bamberg) Die Tiefgarage gehört zum Gebäudekomplex des Landratsamtes in der Schrammstraße 1 in Schweinfurt und umfasst 142 Stellplätze, die den Mitarbeitern der Behörde kostenlos zur Verfügung stehen. Bei der Instandsetzungsmaßnahme wurde die frei bewitterte, ca. 6,70 m breite Rampe mit einem maximalen Gefälle von ca. 19-% mittels Hochdruckwasserstrahlen abgetragen. Bei den anschließend in Ortbeton hergestellten Fahrbahnplatten wurden quer zur Fahrtrichtung Sollrissfugen angeordnet, die später lokal mit einem Kompressionsdichtprofil plus Fugenvergussmasse geschützt wurden (EGS c), siehe Bild 7. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 79 Edelstahlbewehrung - eine echte Alternative Bild 7: Rampe nach der Instandsetzungsmaßnahme mit Top12 (Quelle: Swiss Steel AG) Im Rahmen des selektiven Ansatzes wurde Top12 in Mischbewehrung zusammen mit konventionellem Betonstahl (B500B) eingesetzt - hier nur in der oberen, chloridbelasteten Bewehrungslage der Fahrbahnplatte, die untere Bewehrungslage blieb konventionell als B500B. Durch den selektiven Einsatz von Top12 in den ungerissenen Betonflächen konnte vollständig auf ein Beschichtungssystem verzichtet werden, siehe Variante A2 in [5 ] . Die höheren Herstellungskosten durch Top12 (hier nur ca. 25 €/ m² bei insgesamt ca. 1-t Top12 mit D-=-8 mm) wurden durch den Wegfall der Beschichtung bereits bei der Herstellung um mehr als Faktor 2 kompensiert. Die Verwendung von nichtrostendem Betonstahl führt zu einer wartungsfreien Fahrbahnoberfläche - minimale Lebenszykluskosten sind die Folge. Darüber hinaus bleibt die Erreichbarkeit aller Stellplätze über die geplante Nutzungsdauer (Verfügbarkeit) gewährleistet, da Sperrungen durch sonst übliche Wartungsarbeiten entfallen. 7. Fazit Der Einsatz von Top12 als Bewehrung aus nichtrostendem Stahl in Kombination mit konventionellem Betonstahl ermöglicht eine wirtschaftliche und dauerhafte Alternative zu herkömmlichen Oberflächenschutzsystemen in gepflasterten Parkhäusern sowie Fahrflächen im EGS c (z. B. Rampen, WU-Bodenplatten). Hervorzuheben ist die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung der Herstellungs- und Lebenszykluskosten sowie der baupraktischen Aspekte bei der Auswahl des geeigneten Materials und der Ausführungsvariante. Mit dem Ansatz der Mischbewehrung können Bauherren zum einen in vielen Fällen kostenneutral auf Beschichtungen verzichten, damit die Verfügbarkeit durch den Wegfall von Instandsetzungen sichern und die mit Abstand geringsten Lebenszykluskosten realisieren. Gleichzeitig werden die CO 2 -Emissionen durch den Verzicht auf kunstharzgebundene OS-Systeme reduziert. Literaturverzeichnis [1] C. Dauberschmidt, F. Becker: Neue Forschungsergebnisse zum Schutz von Bauteilen unter Pflasterbelägen. Beton- und Stahlbetonbau 113 (2018), Heft 10, S.737-745. [2] Fédération internationale du béton (fib): Bulletin 76 - Benchmarking of deemed-to-satisfy provisions in standards. State-of-the-art report. 2015. [3] Schießl-Pecka, A.; Rausch, A.: Top12, Lebenszykluskosten Parkbauten. Gutachterliche Stellungnahme 18-369/ 1.1.1 vom 22.10.2019, Ingenieurbüro Schießl Gehlen Sodeikat GmbH, München. [4] Nürnberger, U.: Nichtrostender Betonstahl. Merkblatt 866 der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei. Düsseldorf, 2011. [5] DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen, 3. überarbeitete Ausgabe, Fassung Januar 2018. Aktualisierter Nachdruck September 2022. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 81 81 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Nutzungsklassen und Entwurfsgrundsätze bei WU-Betonkonstruktionen für Tiefgaragen und deren Folgen für die praktische Umsetzung Dipl.-Ing. Georg Schäfer BAWAX GmbH, Celle Zusammenfassung Die Planung von WU-Betonkonstruktion für Parkhäuser und Tiefgaragen hält einige Besonderheiten bereit, die sich aus der späteren Nutzung ergeben. Im DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [1] sind hierzu unterschiedliche Planungsvarianten für mögliche Kombinationen aus Entwurfsgrundsatz (EGS) und Beschichtungssystem beschrieben. Die Tiefgarage ist dabei eine der letzten, wenigen Nutzungsarten, in der noch die Nutzungsklasse B und auch der EGS b Anwendung finden. Also mattfeuchte Stellen und unzuverlässige Selbstheilung als Untergrundkonzept für die zum Schutz vor Chloriden erforderlichen Bodenbeschichtungssysteme? Für die erfolgreiche Ausführung einer Beschichtung ist in der Praxis die Dichtigkeit der WU-Sohle entscheidend. Diese kann grundsätzlich mit allen Entwurfsgrundsätzen erreicht werden und umgekehrt können auch bei allen Entwurfsgrundsätzen unplanmäßig genau die Undichtigkeiten auftreten, die eigentlich vermieden werden sollten. Vom WU-Planer sind also immer unabhängig vom EGS für alle WU-Bauteile auch Abdichtungsmaßnahmen für alle unplanmäßig auftretenden Undichtigkeiten zu planen: Wie werden Risse < 0,3 mm nachträglich abgedichtet? Wie flächige Durchfeuchtungen? Aber noch wichtiger: Wie finde ich diese Fehlstellen, wenn zur Bauausführung kein Druckwasser ansteht oder alles vorsorglich mit einem FBV-System eingepackt wurde? 1. Vorgaben der aktuellen Regelwerke Planung und Ausführung von wasserundurchlässigen Bauwerken aus Beton sind in der WU-Richtlinie [2] beschrieben und geregelt. Ein wesentlicher Bestandteil der WU-Planung ist die Festlegung, auf welche Weise ein Wasserdurchtritt durch Trennrisse verhindert wird. Hieraus lassen sich drei Entwurfsgrundsätze ableiten: EGS a: Trennrissvermeidung EGS b: Begrenzung der Trennrissbreite mit nachträglicher Abdichtung durch Selbstheilung EGS c: Zulassen von Trennrissen mit planmäßiger Abdichtung Ist eine Nutzung solcher Bauwerke als Tiefgarage vorgesehen, gibt das DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [1] weitergehende Hinweise. Es unterscheidet drei Planungsvarianten für direkt befahrene Tiefgaragen: - Variante A ohne flächige Beschichtung oder ohne Abdichtung (mit zusätzl. Maßnahmen) - Variante B mit Oberflächenschutzsystem (OS) als flächige Beschichtung - Variante C mit flächiger, rissüberbrückender Abdichtung + Schutzschicht (z. B. Gussasphalt) Nach dem DBV-Merkblatt sind diesen Planungsvarianten unterschiedliche Bauweisen/ Verfahren zum Schutz vor Chloriden zugeordnet, die wiederum nur in Kombination mit bestimmten Entwurfsgrundsätzen der WU-Richtlinie sinnvoll auszuführen sind: A1: Rissvermeidung A2: lokaler Schutz der Risse (Bandage) B1: vollflächig starr beschichtet mit begleitender Rissbehandlung B2: vollflächig rissüberbrückend beschichtet (bei OS10 mit Nutzschicht) C1: OS 10 oder unterlaufsichere Bahnenabdichtung jeweils + Schutzschicht aus Gussasphalt C2: unterlaufsichere, zweilagige Bahnen-abdichtung mit Schutzschicht Sie verteilen sich wie folgt auf die Entwurfsgrundsätze: EGS a: Varianten A1, C1 oder C2 EGS b: Varianten B2, C1 oder C2 EGS c: Varianten A2 oder B1 In Tabelle 1 aus dem DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [1] sind die Zuordnungen mit weiteren Hinweisen und Anforderungen übersichtlich dargestellt. 82 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Tabelle 1: Planungsvarianten für direkt befahrene Tiefgaragen aus [1] Die Einteilung in Varianten und deren Zuordnung zu bestimmten Entwurfsgrundsätzen legt die Vermutung nahe, dass die Schutzsysteme in Abhängigkeit vom EGS unterschiedliche Voraussetzungen der WU-Konstruktion in Bezug auf deren Dichtigkeit kompensieren müssen. In der Praxis können an WU-Bauteilen jedoch alle Arten von Undichtigkeiten auftreten, insbesondere auch für den jeweiligen EGS untypische. 2. Undichtigkeiten an WU-Konstruktionen Die WU-Richtlinie [2] unterscheidet zwei Arten von Undichtigkeiten: „Feuchtstellen“ und „flüssigen Wasserdurchtritt“. In Bezug auf die Nutzungsklassen werden Undichtigkeiten noch differenzierter betrachtet: Während bei der Nutzungsklasse A keine Art von Undichtigkeit zulässig ist, wird bei Nutzungsklasse B flüssiger Wasserdurchtritt akzeptiert, solange dieser nicht ablaufend oder pfützenbildend ist. Dies ist insbesondere bei den Ausführungsvarianten B2, C1 und C2 zu berücksichtigen, da der EGS b gemäß WU-Richtlinie [2] nur Nutzungsklasse B erreicht. Hier sind ggf. zusätzliche Maßnahmen zu planen wie z. B. die Verwendung eines Abdichtungsmittels (siehe Kapitel 3.4) im Beton, um für den Einbau eines Oberflächenschutzsystems eine ausreichend trockene Oberfläche zu erhalten. Undichtigkeiten an WU-Bauteilen entstehen am häufigsten durch Trennrisse. Natürlich können auch Entmischungen, Kiesnester, undichte Einbauteile und Gefügedefekte zu Undichtigkeiten führen, im Gegensatz zu Rissen entstehen solche Einbaufehler jedoch unplanmäßig. Bei einem WU-Betonbauwerk muss dagegen immer damit gerechnet werden, dass Trennrisse entstehen, und zwar sowohl geplante als auch ungeplante Risse. Deren nachträgliche Abdichtung ist also ein zu planender Teil der Ausführung. Der Planer hat daher ein Konzept zur nachträglichen Abdichtung von Trennrissen auch bei den 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 83 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Entwurfsgrundsätzen vorzulegen, bei denen diese eigentlich gar nicht entstehen (EGS a) oder sich selbst heilen sollten (ESG b) [2, 3, 4]. Noch wichtiger als die Frage, um welche Art von Undichtigkeit es sich handelt und ob diese für den jeweiligen EGS typisch oder unplanmäßig auftritt, ist die Frage nach der Wasserbeaufschlagung des WU-Bauwerks bei seiner Herstellung. Bei anstehendem drückendem Wasser an den WU-Bauteilen während der Bauausführung ist die Überprüfung der Konstruktion auf wasserführende Fehlstellen sehr leicht möglich. Ist dies nicht der Fall, z. B. weil der Bemessungswasserstand nur nach Starkregen oder bei einem Jahrhunderthochwasser erreicht wird, erschwert dies die Suche nach abzudichtenden Rissen erheblich und macht eine Überprüfung der WU-Konstruktion auf Dichtigkeit unmöglich. Dies gilt insbesondere auch bei Verwendung eines Frischbetonverbundfoliensystems. Auch wenn die Risse zum Zeitpunkt der Ausführung trocken sind, besteht insbesondere bei EGS c die Pflicht zur nachträglichen, planmäßigen Rissabdichtung und zum Verschließen/ Abdichten von allen außerplanmäßig größeren Rissen. Nur so kann eine Dichtigkeit des WU-Betonquerschnitts sichergestellt werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein Wasserdruck ansteht oder ein FBV-System aufgrund von Alterung versagt. 3. Nachträgliche Abdichtung von WU-Konstruktionen Wenn an WU-Bauteilen Wasser austritt, ist dies in der Regel für den Einbau jedes Oberflächenschutzsystems ein Problem. Die Fehlstellen müssen zunächst abgedichtet werden, erst dann ist ein weiteres Bearbeiten der Flächen möglich. Für die Abdichtung ist dabei die austretende Wassermenge zwar auch relevant, für den Erfolg oder Misserfolg einer nachträglichen Abdichtung im Injektionsverfahren hat aber die Art der Fehlstelle und deren Beschaffenheit eine deutlich größere Bedeutung. Hier gibt es diffusen Wasseraustritt in der Fläche, Undichtigkeiten an Fugen, Einbauteilen und Schalungsankerlöchern und natürlich den wasserführenden Trennriss. Es liegt auf der Hand, dass es nicht nur eine Abdichtungslösung für alle diese Undichtigkeiten geben kann. 3.1 Abdichtung von Trennrissen durch Selbstheilung Bestenfalls löst sich das Problem eines wasserführenden Trennrisses von selbst: Durch Selbstheilung. Diese setzt zuerst an den engsten Stellen ein, die zufällig über den Rissquerschnitt verteilt sind. Durch Karbonatisierung an der Raumluft und Verdunsten von Wasser können auf der Innenseite des Betonbauteils zusätzliche Feststoffablagerungen entstehen. Diese Prozesse sind jedoch an Bedingungen geknüpft und daher in der Praxis relativ unzuverlässig. Oft reduziert sich nur der Durchfluss, eine vollständige Abdichtung bleibt aus. Abb.1: Wasserführende Risse in WU-Decke Mit der Überarbeitung der WU-Richtlinie [2] haben auch deren Autoren diesem Umstand Rechnung getragen und den EGS b, also das Herz der WU-Planung mit Begrenzung der Trennrissbreite bei Rissabdichtung durch Selbstheilung, für die Nutzungsklasse A ausgeschlossen. 3.2 Abdichtung von Trennrissen durch Injektion Wenn die Selbstheilung sich als unzuverlässiger Partner bei der nachträglichen Abdichtung erweist, bleibt gemäß Regelwerk nur die Injektion. Während die Planung und Ausführung von wasserundurchlässigen Bauwerken aus Beton in der WU-Richtlinie [2] ausführlich beschrieben und geregelt sind, fällt das für die Praxis entscheidende letzte Kapitel 12 „Dichten von Rissen und Instandsetzung von Fehlstellen“ jedoch überraschend knapp und unkonkret aus. Es sind nur drei Sätze, die unter Punkt 12.3 die nachträgliche Abdichtung regeln. Diese enthalten einen Verweis auf die Regelungen zur Abdichtung von Rissen in der DAfStb Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ (RiLi-SIB) [6] sowie den Hinweis, dass mehrmaliges Nachverpressen erforderlich sein kann. 3.3 Anwendungsgrenzen bei der Abdichtung von Trennrissen durch Injektion Dass auch mehrmaliges Nachverpressen keine Garantie für eine vollständige und dauerhafte Rissabdichtung bietet, ist in der Praxis allgemein bekannt. Dass diese Erkenntnis nicht im Widerspruch zum Regelwerk steht, fällt aber erst bei genauer Betrachtung auf: Der Anwendungsbereich der zu injizierenden Rissfüllstoffe war bisher im Teil 2 der RiLi-SIB in den Tabellen 6.3 und 6.4 geregelt, die nun durch die Tabellen 13 und 14 im Teil 1 der Technischen Regel „Instandhaltung von Betonbauwerken“ [7] des DIBt ersetzt wurden. Danach ist zum Abdichten von Rissen im Beton bei Einwirkung von fließendem Wasser nur ein „dehnbares Füllen“ mit einem reaktiven Polymerbindemittel wie Polyurethan als Rissfüllstoff zulässig. Als „Verwendungsbedingungen“ für „dehnbares Füllen“ werden in Tabelle 14 eine Mindestrissweite von 0,3 mm und eine maximale Rissweitenänderung (Δw) von 10 % genannt. Das Regelwerk bildet also die technischen Anwendungsgrenzen der Rissinjektion sehr gut ab. Es bleibt nur ein Problem: Die wenigsten Undichtigkeiten erfüllen diese Voraussetzungen! Nicht geregelt ist die Abdichtung demnach für: 84 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis • wasserführende Trennrisse < 0,3 mm, • diffusen Wasseraustritt in der Fläche, • Undichtigkeiten an Fugen, • Undichtigkeiten an Einbauteilen, • undichte Schalungsankerlöcher. Auch bei Rissen mit Rissweiten > 0,3 mm kann es in der Praxis zu Problemen bei einer Injektionsabdichtung kommen. Ursächlich hierfür ist oft ein uneinheitlicher Rissverlauf. Die meisten Risse laufen an ihren Enden auf null aus und haben damit Rissbreiten, die deutlich unter 0,3 mm liegen und sich nicht mehr mit Injektionsmaterial füllen lassen. Häufig bleibt hier der Weg für das Wasser offen. Der Durchfluss wird reduziert, aber nicht gestoppt. Auch nach mehrfachem Nachverpressen können größere Undichtigkeiten bestehen bleiben, wenn die Bereiche des Wassereintritts nicht mit dem Injektionsmaterial erreicht werden. Abb.2 zeigt zum Beispiel einen wasserführenden Riss in einer Betonwand, durch den trotz mehrfachem Verpressen immer Wasser strömt. Auch hier ist eine regelwerksgerechte Abdichtung durch Injektion nicht möglich. Abb.2: Nach mehrmaligem Verpressen stark wasserführender Riss in einer Betonwand Abb.3: Rissabdichtung mit einer XYPEX Trockenpackung und Setzen eines Entlastungsschlauchs Abb.4: Vollständig und dauerhaft abgedichteter Riss ohne Wasseraustritt 3.4 Abdichtung mit mikrokristallbildenden Mörteln Eine Alternative für die Abdichtung wasserführender Risse und anderer Fehlstellen beliebiger Größe ist der Einbau einer sogenannten Trockenpackung auf Basis mikrokristallbildender Mörtel. Bereits 1969 wurde diese mittlerweile weltweit in über 90 Ländern verbreitete Technologie zur nachträglichen Betonabdichtung in Kanada entwickelt. Seit Mitte der 1980er-Jahre werden mikrokristallbildende Katalysatoren in Deutschland in verschiedenen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel zur Abdichtung von Kellern, Tiefgaragen, Behältern, Schwimmbädern, aber auch von Infrastrukturbauwerken wie Brücken der Deutschen Bahn, Schleusen des Bundesamts für Wasserbau, Trinkwasserbehältern von Gelsenwasser und Versorgungstunneln von Vattenfall. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 85 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Abb.5: Systemskizze zur nachträglichen Abdichtung von Boden-Wand-Anschlussfugen mit einer Trockenpackung Mit den Jahren hat sich der Anwendungsbereich auf eine Verwendung als Betonzusatzmittel erweitert. In Deutschland erteilte das DIBt bereits im Juli 2005 die erste allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für den Einsatz mikrokristallbildender Katalysatoren als Zusatzmittel für alle Betone nach DIN EN 206-1 mit DIN 1045-2. Es schuf dabei die neue Zusatzmittelgruppe „Abdichtungsmittel“, die mittlerweile in eine ETA übertragen wurde [8, 9, 10]. Trotzdem sind Produkte mit mikrokristallbildenden Katalysatoren in den deutschen Anwendungsregeln noch immer nicht systematisch erfasst, weder für den Bereich Betonzusatzmittel noch für die nachträgliche Abdichtung von Beton. Wesentlicher Unterschied der Technologie mikrokristallbildendender Katalysatoren zu allen anderen Abdichtungsmethoden ist die katalytisch gestartete Kristallbildung durch aktive Anlagerung von im Wasser gelösten Feststoffanteilen, zum Beispiel Kalzium. Dadurch werden unabhängig von der Zementhydratation zusätzliche, nadelförmige Kristalle im Betongefüge gebildet (Abb.6- 8), die Hohlräume verschließen und so die Dichtigkeit des Betons auch gegen Druckwasser erhöhen. Die Katalysatoren sind zunächst wasserlöslich und können sich so im feuchten Beton verteilen und sogar nachträglich tief in Risse und Poren eines bestehenden Betonquerschnitts einziehen. Mit dem Kristallbildungskatalysator wird nur der Startschuss für die Abdichtung gegeben. Das „Material“, mit dem abgedichtet wird, ist im feuchten Beton unbegrenzt vorhanden. Die gebildeten Kristalle sind unauflöslich und stellen eine dauerhafte Abdichtung sicher, da sie integrierter Bestandteil des Betons werden. Einzigartig ist ihre Eigenschaft, im Kontakt mit Wasser immer weiter gelöste Bestandteile an das Kristallgefüge anzulagern und somit zu wachsen, auch in carbonatisierten Randzonen und noch viele Jahrzehnte nach ihrem Einbau. Solange Feuchtigkeit vorhanden ist und die Temperaturen über 5 °C liegen, wächst die Abdichtung weiter. Diese dauerhafte Selbstabdichtung und die großen Eindringtiefen in Bestandsbetone sind die wesentlichen Gründe für die hohe Wirksamkeit dieser nachträglichen Abdichtungsart. Abb.6 zeigt die Schnittfläche einer unbehandelten Kontrollprobe unter einem Rasterelektronenmikroskop. Abb.7 zeigt die Schnittfläche 7 Tage nach der Beschichtung. Die beginnende Bildung der nadelförmigen Kristalle ist bereits erkennbar. Abb.8 entstand nach 26 Tagen. Das intensive Wachstum der XYPEX- Kristalle ist deutlich sichtbar. Abb. 6-8: Verlauf der XYPEX-Kristallbildung: Die REM-Aufnahmen entstanden im zentralen Forschungslabor von Nikki Shoji in Japan. Die Prüfkörper wurden auf einer Seite mit XYPEX CONCENTRATE behandelt, 10 Tage im Wassernebel feucht gehalten, anschließend mit den unbeschichteten Seiten 14 Tage lang in Wasser gelegt und danach 50 mm unter der Beschichtung aufgespalten, um das Vordringen und Wachsen der Kristalle nachzuweisen. 86 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis 4. Anwendungsbeispiel zur nachträglichen Abdichtung einer Tiefgaragensohle In einer Hoteltiefgarage traten kurz nach Fertigstellung im Jahr 2011 an zahlreichen Stellen Undichtigkeiten in der Bodenplatte auf. Neben wasserführenden Trennrissen und Undichtigkeiten an Einbauteilen waren vor allem die langen, linienförmigen Wasseraustritte aus Rissbildungen an Betonieranschlussfugen auffällig. Obwohl die Ursachen schnell geklärt waren, gestaltete sich die Abdichtung schwierig. Von 2011 bis 2019 wurde erfolglos versucht, die Undichtigkeiten durch Verpressen abzudichten. Es gab immer wieder Undichtigkeiten an bereits verpressten Rissen, an denen dann auch Injektionsmaterial austrat. Abb.9: Parkfläche mit deutlichen Feuchteschäden in einer Tiefgarage in Wolfsburg. Abb.10: Erneuter Wasseraustritt nach Injektion und neuer Beschichtung. Abb.11: Austritt von Wasser, Rost und nicht vollständig ausreagierten Injektionsstoffen Im Jahr 2019 wechselte man dann zur nachträglichen Rissabdichtung mit mikrokristallbildenden Mörteln. Auf mehreren hundert Metern Risslänge wurden alle noch bestehenden Undichtigkeiten mit einer Trockenpackung abgedichtet. Die Ausführung erfolgte abschnittsweise in Zeiten mit geringer Hotelauslastung und ist exemplarisch auf den Abbildungen 11 bis 19 dargestellt. Nach dem Freischleifen eines ca. 40cm breiten Streifens entlang des Rissverlaufs [Abb.12] und dem Reinigen des Untergrunds durch Hochdruckwasserstrahlen wurde der Riss auf einer Breite von mindestens drei Zentimetern und eine Tiefe von circa fünf Zentimetern U-förmig aufgestemmt [Abb.13]. Injektionspacker und Fremdkörper wurden entfernt und auch der mit Verpressmaterial belastete Beton gründlich ausgestemmt. [Abb.14] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 87 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Abb.12 Freigelegter Riss mit Feuchtestellen/ Wasseraustritt. Abb.13 Geöffneter Riss Abb.14: Freigestemmter Verpresspacker Vor der Abdichtung mit der Trockenpackung war zunächst das fließende Wasser mit einem schnell abbindenden Mörtel zu stoppen [Abb.15,16]. Dieser Mörtel sollte ebenfalls mikrokristallbildende Katalysatoren enthalten, um ein vollständig wasserundurchlässiges Gefüge ausbilden zu können. Vertikale Risse werden von oben nach unten abgedichtet, damit das Wasser nicht über bereits abgedichtete Rissbereiche laufen kann. Bei starkem Wasserdruck erleichtert das Setzen von Entlastungsschläuchen das Stoppen des fließenden Wassers und den späteren Einbau der Trockenpackung. Nach dem Stoppen des fließenden Wassers wurde eine Schlämme mit einer hohen Konzentration an Kristallbildungskatalysatoren in dem aufgestemmten Riss und im Anschlussbereich circa 25 Zentimeter breit auf den Beton aufgetragen [Abb.17]. Aus dieser Trägerschicht ziehen mikrokristallbildende Katalysatoren in den Bestandsbeton ein und starten dort die abdichtende Kristallbildung. Somit entsteht eine durchgehende, übergangslose Abdichtung vom neu eingebrachten Abdichtungsmörtel im Riss bis tief in den Bestandsbeton hinein. Anschließend wurde der Riss mit einer aus dem gleichen Material, jedoch mit deutlich reduzierter Wassermenge hergestellten Mörtelmischung gefüllt [Abb.18]. Mit dieser als Trockenpackung bezeichneten Rissfüllung wird nicht nur die Dichtigkeit an dieser Stelle sichergestellt, sondern auch ein großes Reservoir an Katalysatoren als Sicherheit direkt im Rissverlauf platziert. Die verbleibende Vertiefung wurde oberflächenbündig reprofiliert [Abb.19], bevor die zweite Trägerschicht auf die egalisierten Flächen aufgetragen und nachbehandelt wurde. Abb.15 Eindringendes Wasser im geöffneten Riss Abb.16 Stoppen des fließenden Wassers mit XYPEX PATCH `N PLUG Abb.17: Auftrag der ersten XYPEX CONCENTRATE Trägerschicht 88 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen für Parkhäuser und Tiefgaragen: Planung und nachträgliche Abdichtung in der Praxis Abb.18 Einbau der XYPEX Trockenpackung Kanal Abb.19 Füllen/ Reprofilieren der abgedichteten Risse Abb.20: Fertig abgedichtete und verschlossene Risse 5. Fazit und Ausblick Neben geplanten Trennrissen können bei allen WU- Konstruktionen unabhängig vom Entwurfsgrundsatz auch unplanmäßige Undichtigkeiten auftreten, deren nachträgliche Abdichtung zu planen ist. Hierfür ist gemäß WU-Richtlinie zunächst die Zugänglichkeit zu den Bauteilen sicherzustellen, was bei Tiefgaragen in einem gewissen Widerspruch zu den erforderlichen Schutzsystemen steht. Aber auch für deren Einbau wird bereits ein trockener Betonuntergrund, also ein dichtes WU-Bauwerk, benötigt. Wenn es zu Undichtigkeiten an WU-Bauteilen kommt, besteht auch bei Tiefgaragensohlen das generelle Problem, dass eine Abdichtung durch Injektion nur für Trennrisse > 0,3 mm geregelt bzw. auch technisch umsetzbar ist und selbst dort ein Abdichtungserfolg oft nicht zielsicher erreicht werden kann. Für Risse < 0,3mm und alle anderen Undichtigkeiten, die nicht verpresst werden können, wie z. B. flächige Durchfeuchtungen oder undichte Anschlussfugen, sucht man im Regelwerk aktuell noch vergebens nach einer Abdichtungslösung. Dort ist die Anwendung von mikrokristallbildenden Katalysatoren immer noch nicht aufgenommen, obwohl die Bekanntheit dieser Systeme in den letzten Jahrzehnten in Deutschland stetig gewachsen ist. Aus technischer Sicht wird mit mikrokristallbildenden Katalysatoren bei unterschiedlichen Undichtigkeiten eine sehr zuverlässige Abdichtung erreicht. Systembedingt ist ein Nachverpressen nicht erforderlich. Nicht nur beim Oberflächenschutz, sondern auch bei den Abdichtungssystemen gibt es also in den Regelwerken noch etwas „Auf holbedarf“, um wieder zum Stand der Technik aufzuschließen. Literatur [1] DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ 3. überarbeitete Ausgabe, Berlin, 2018 [2] DAfStb-Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie)“. Berlin, 2019 [3] Erläuterungen zur DAfStb-Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie)“. DAfStb-Heft 555. Berlin, 2006 [4] Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Weiße Wannen - einfach und sicher - Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton. Verlag Bau und Technik: Düsseldorf, 2018 [5] DBV (Hrsg.): Tagungsband „Regionaltagungen Bauausführungen“. Hamburg, 2019 [6] DAfStb.-Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ (RiLi-SIB), Berlin, Ausgabe 2014-09 [7] Technischen Regel „Instandhaltung von Betonbauwerken“ (TR Instandhaltung). Berlin, 2020 [8] DIBt. (Hrsg.): Prüfvorschrift für die Prüfung von Abdichtungsmitteln. Berlin, 2005 [9] ETA-18/ 1129 „Abdichtungsmittel für Beton“. Berlin, 2020 [10] Z-3.212-1888 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Abdichtungsmittel. Produkt: „XYPEX ADMIX C-1000 NF“. Berlin, 2020 Bildnachweise: Tabelle 1: DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ 3. überarbeitete Ausgabe, Berlin, 2018 Abb.: 1 - 5, 9 -20 BAWAX GmbH, Georg Schäfer Abb.: 6 - 8 XYPEX Chemical Corporation, Kanada 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 89 FloorBridge ® Carbon Composite Joint Profiles Die dauerhafte Lösung für Bewegungsfugen in Parkbauten Stefan Trichlin FloorBridge International GmbH, Österreich Zusammenfassung Die Anforderungen im Bereich von Dehn- und Bewegungsfugen in Parkbauten sind hoch und klar geregelt. Diese hohen Standards zu erfüllen und neue Standards zu setzen ist unsere Mission. Durch unsere weltweit einzigartige Technologie können wir die vielfältigen und komplexen Anforderungen an Bauwerksfugen regel- und fachgerecht lösen und bieten darüber hinaus weitere große Vorteile in der späteren Nutzung gegenüber dem Bauherrn und Betreiber. 1.1 Vorteile der Carbonfaser-Verbundbauweise 1.2 Querschnitt/ Aufbau Beschichtung FloorBridge® CPS 1.3 Auszug technische Nachweise 1.4 Referenzen 1.1 Vorteile der Carbonfaser-Verbundbauweise: • metallfrei, daher nicht korrosiv • dichter Beschichtungsanschluss • frost - tausalzbeständig • mehrfach schleif bar, geringe Einbauhöhe • beschichtbar (EP, PU, PMMA, …) • leicht auswechselbare Dehneinlage • individuelle Farbgestaltung / Rutschhemmung • vorgefertigt / verarbeitungsfertig (gleichbleibende Qualität) • nach wenigen Stunden befahrbar • sofort verfügbar • prompt lieferbar 1.2 Querschnitt/ Aufbau Beschichtung FloorBridge ® CPS Abbildung 1: Auf bau Beschichtung CPS • Kraftschlüssige Verbindung vom Fugenprofilkörper und angrenzendem Beton durch Verbundkleber (Übergang) • Überbeschichtbar und damit geschlossenes „Abdichtungssystem“ Abbildung 2: Querschnitt FloorBridge ® CPS 90 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 FloorBridge® Carbon Composite Joint Profiles 1.3 Auszug technische Nachweise • Brandverhalten nach DIN EN 13501-1 -> Bfl - s1 • Prüfung Beschichtungsanschluss nach DIN 13687-1 und -2 • Gewitterregensimulation nach DIN EN 13687-2 • Frost-Tauwechselbeanspruchung mit Tausalzangriff nach DIN EN 13687-1 • Nachgewiesene Haftzugsfestigkeiten nach EN 1542 der Beschichtung auf den Prüfkörpern nach den Prüfungen im Mittel: > 4 N/ mm² • Wasserundurchlässigkeit • Druckwasserprüfung (negativ und positiv drückendes Wasser) • Abrieb nach Taber • Schlagfestigkeit • CE-Kennzeichnung • AgBB - Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten • abP - allgemein bauaufsichtliches Prüfzeugnis • uvm… 1.4 Referenzen Abbildung 3: Referenz FloorBridge ® CPS Abbildung 4: Referenz FloorBridge ® CPS Abbildung 5: Referenz FloorBridge ® CPS 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 91 FloorBridge® Carbon Composite Joint Profiles Abbildung 6: Referenz FloorBridge ® CPS Abbildung 7: Referenz FloorBridge ® CPS Abbildung 8: Referenz FloorBridge ® CPS Abbildung 9: Referenz FloorBridge ® CPS Literatur: FloorBridge International GmbH 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 93 Praxisorientierte Lösungsmöglichkeiten für eine fachgerechte Parkdeckentwässerung Mathias Johr ACO Passavant GmbH, Dermbach Zusammenfassung Bei der täglichen Arbeit müssen immer wieder klimatische Einflüsse beachtet werden. Regen- und Tauwasser muss sowohl von genutzten und auch ungenutzten Flächen abgeleitet werden. Die Entwässerung ist notwendig, um Schäden am Gebäude oder gar Personenschäden abzuwenden. Bei der Planung der Entwässerung einer Dach- und Parkfläche sind neben den Regenspenden, die Anstauhöhen zu berücksichtigen. Die Materialverträglichkeit der Abdichtungsschicht und der Abläufe ist zu beachten, ebenso wie Temperatureinflüsse und die Klasse der Belastung. Abbildung 1: ACO Parkdeckrinne in einer Tiefgarage 1. Normative Grundlagen der Auslegung von Parkdeckentwässerungen Bei der Entwässerung von Parkdeckflächen müssen drei Anwendungsfälle unterschieden werden. Frei bewitterte Parkflächen oder die frei bewitterten Auffahrten können genau so wie Flachdächer ausgelegt werden. Die Berechnung der Regenwassermenge ist sehr gut in den relevanten Normen beschrieben. Die DIN 1986-100 gibt hier die Berechnungs-Werkzeuge für die Dimensionierung der Entwässerung vor. Die Auswahl des richtigen Ablaufes oder des passende Rinnensystems erfolgt nach Kriterien, wie der Ablaufleistung, des verfügbaren Bodenauf baues oder Oberflächenbeschichtung. Die Klasse der Belastung ist mit M125 vorgegeben. Nicht überdachte Einfahrten zu Tiefgaragen, also Flächen unterhalb der Rückstauebene, werden mit einer anderen Regenspende berechnet. Sonst sind hier die Lage der Rückstauebene und ein Gefälle zur öffentlichen Kanalisation zu beachten. Die Auslegung und der Einsatz einer Hebeanlage oder einer Pumpstation kann, auch in Hinblick auf die Rückstausicherheit notwendig sein. Flächen, die überdacht sind, müssen ebenfalls entwässert werden, auch wenn sie nicht direkt bewittert sind. Eine Berechnung der abzuleitenden Regen- oder Tauwassermenge, für diese Flächen, ist in den Normen nicht beschrieben. Die Menge des abzuleitenden Wassers muss also je nach Örtlichkeit und Nutzung entsprechend abgeschätzt werden. Je nach Region und Schneeintensität können schnell 40 l pro Fahrzeug angenommen werden. 2. Parkdecks und die Entwässerung von Rampen Die Abläufe und Rinnen sind nicht nur wichtig für ein funktionierendes Entwässerungssystem. Gerade die sichere Verbindung der Abdichtschicht mit dem Ablauf ist entscheidend für den Bauwerksschutz. Sie sorgt dafür das keine schädigenden Verbindungen, wie Wasser oder Chloride, in den Baukörper eindringen können. Die Abläufe und Rinnensysteme sollten mit ihren Flanschsystemen auf die Abdichtungssysteme namhafter Hersteller von Oberflächenschutzsystemen, z. B. Fa. Triflex, abgestimmt sein. 3. Praktische Umsetzung der Entwässerung Die Entwässerung kann über Punktabläufe oder Rinnen erfolgen. Die auftretenden Kräfte, z. B. die Belastung durch das Fahrzeuggewicht, dürfen die Roste der Abläufe nicht beschädigen. In öffentlichen Bereichen kann eine Verriegelung des Rostes Vandalismus vorbeugen. In frostgefährdeten Bereichen kann eine Beheizung der Abläufe und/ oder der Rohrleitung empfehlenswert sein. Es sollten Abläufe ohne Geruchverschluss, die der DIN EN 1253-2 entsprechen, eingesetzt werden, da sonst die Wasservorlage einfrieren kann. Die angeschlossene Rohrleitung muss als Freispiegelleitung mit einem Gefälle berechnet werden. Wenn Brandschutzanforderungen dies fordern, sind Brandschutzabläufe einzusetzen. Diese Abläufe brauchen eine Zulassung und eine allgemeine Bauartzulassung. 94 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Praxisorientierte Lösungsmöglichkeiten für eine fachgerechte Parkdeckentwässerung Abbildung 2: ACO Parkdeckrinne aus Edelstahl mit Brandschutzablauf 4. Wartung und Instandhaltung Fahrscheine, Zigarettenkippen oder Kassenbons sind nur Beispiele für Dinge, die die Entwässerung verstopfen können. Selbst der größte Schmutzfangeimer kann nicht jeden Schmutz zurückhalten. Die Wartung von Abläufen und Rinnen ist mind. 2mal im Jahr durchzuführen. Dabei sind die Schmutzfangeimer zu entleeren und die Abläufe auf freien Ein- und Ablauf zu prüfen. Nur wenn das Entwässerungssystem korrekt ausgelegt, fachgerecht installiert und fristgerecht gewartet wird, haben Sie die Sicherheit, dass die Entwässerung auch zum Bauwerksschutz betragen kann. ACO Haustechnik möchte Ihnen mit dem Vortrag „Praxisorientierte Lösungsmöglichkeiten für eine fachgerechte Parkdeckentwässerung“ die wichtigen Punkte anreißen und Impulse für Ihre tägliche Arbeit geben. Gussasphalt 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 97 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Ralf Hofmeister HOFMEISTER Gussasphalt GmbH & Co.KG, Herford und Unterschleißheim 1. Warum halten wir heute diesen Vortrag? Wir alle können uns dem Klimawandel nicht verschließen. Aber welche Auswirkungen kann das für die Abdichtung von Parkflächen mit Schweißbahn und Gussasphalt haben? Damit in diesem Umfeld Fehler vermieden werden und sich ggf. auf Anpassungserfordernisse eingestellt werden kann, halten wir diesen Vortrag. Die sehr gute, wirtschaftliche und nachhaltige Bauweise soll dadurch weiter gestärkt werden. Wir wollen aber auch in eine Diskussion eintreten, um Meinungen auszutauschen und eben auch damit sich gegenseitig zu befruchten. 2. Historie Ein kurzer Abriss, woher wir technisch kommen: - Früher Standardbindemittel: B 30/ 45 - Oft instabile Beläge - Änderung auf B 20/ 30 als Standardbindemittel für Parkflächen - Das hat zu sehr guten Ergebnissen geführt - Freibewitterte Oberflächen: wurden in der Regel mit Diabas, besser Moräne oder anderen, regionalen Splittsorten abgesplittet - Im Jahr 2017 wurde die Normenreihe DIN 18531 - 18534 eingeführt, hier betrifft uns insbesondere die DIN 18532. Hier wird eine helle Absplittung gefordert. Das ist der aktuelle Stand. Wir sind technisch auf einem sehr guten Level. Gegenwart: Und jetzt kommt der Klimawandel. Hier gibt es Gründe, noch einmal genau nachzudenken. 3. Äußere Einflussfaktoren Klima Bild 1: Temperaturverlauf in Deutschland. Grafik: dwd.de 98 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Veränderungen, auf die wir uns einstellen müssen, sind - erhöhte Durchschnittstemperaturen - höhere Spitzentemperaturen - längere Sonnenscheindauern - heftigere Wetterkapriolen, d. h. Starkregenereignisse, Stürme etc. Folgen: höhere Oberflächentemperaturen an der Belagsoberfläche. Schnellere Temperaturwechsel durch kurzfristige Abkühlungen, z. B. bei Starkregenereignissen. Gussasphalt ist ein Thermoplast. D. h. mit zunehmender Wärmeeinwirkung wird er wieder zunehmend weicher. Dann besteht die Gefahr von Eindrücken. 4. Technische Einflussfaktoren aus Fahrzeugen Diese Punkte haben nicht direkt mit dem Klimawandel zu tun, entwickeln sich aber parallel und sind nicht außer Acht zu lassen. 4.1 Die Fahrzeuggewichte sind tendenziell zunehmend. Bild 2: Die Motorabwärme ist bei Verbrennungsmotoren ein Faktor für die Oberflächentemperatur. Was sich hier positiv auswirkt ist die geringe Abwärmelast bei Elektromotoren. Und die Elektroautos werden mehr werden. So ist bei einem Elektroauto das heißeste Bauteil die Batterie, die eine optimale Wohlfühltemperatur von 20-40 °C hat. Dieser Fakt kommt also der Auf heizung entgegen und wirkt sich positiv aus. 5. Technische Einflussfaktoren aus Nutzung 5.1 Häufigkeit der Parkwechsel Die Häufigkeit der Parkwechsel hat durch die Abwärme der Verbrennungsmotoren einen hohen Einfluss auf die Oberflächentemperatur des Belages. So ist z. B. bei Verbrauchermärkten in Parkbereichen in Eingangsnähe die Parkfrequenz am höchsten. Daraus folgend auch die Gefahr von Verdrückungen. Langzeitparken ist dagegen unkritisch. Beispiel Mitarbeiterparkhaus, Einbzw. Ausfahrt nur morgens und abends. 5.2 bei Freidecks an Ein- und Ausfahrten vor Schrankenanlagen Die Erfahrung zeigt, dass diese Bereiche besonders gefährdet sind. Die kurzfristigen Brems- und Anfahrmanö- 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 99 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels ver und Haltevorgänge in Verbindung mit einem aufgeheizten Belag können zu Verdrückungen führen. 5.3 eingekesselte Lage des Bauwerks Die Luftbewegung, die das komplette Bauwerk bestreicht, hat Einfluss auf die Temperatur an der Oberfläche des Belagsauf baus. Es kann in Extremfällen dazu kommen, dass diese signifikant höher ist als auf frei im Luftzug liegenden Flächen. Bild 3: Beispiel: eingekesselte Parkpalette. Foto: Google Earth 5.4 Wärmeableitung nach unten in der Konstruktion Je nach Konstruktion des tragenden Bauwerks kann sich eine unterschiedliche Wärmeableitung nach unten ergeben. Zwei völlig gegensätzliche Beispiele sind: Eine sehr dicke Massivbetonkonstruktion, beispielsweise eine 25 cm dicke Betondecke, die die Wärme gut nach unten ableitet. Alternativ dazu eine Spannbetonhohldielen-Decke, die durch Ihre Luftkammern eine vergleichsweise „dämmende“ Wirkung hat. Einen Einfluss kann auch die Nutzung im Geschoß unter der Parkfläche haben, wenn vorhanden. Dies in dem Fall, wenn sie sehr wärmeintensiv ist und damit die Wärmeableitung der Decke nach unten/ innen vermindert. 6. Technische Einflussfaktoren aus Planung und Ausführung 6.1 Gefälle im Untergrund Planerisch ist darauf zu achten, dass das notwendige Gefälle in der Unterkonstruktion vorhanden ist, oder vor Herstellung der Abdichtung z. B. mit einem Betonersatzmaterial fachgerecht im Verbund aufgebracht wird. Dies ist auch in der DIN 18532-1 u. a. unter Punkt 6.4 und 8.4.2 so festgelegt. Keinesfalls kann das Gefälle mit Gussasphalt hergestellt werden. Das muss vermieden werden. 6.2 Eindringtiefe, Kennwerte des Gussasphaltes Hier kommt es darauf an, dass die Zusammensetzung des Gussasphaltes den Anforderungen angepasst wird. Entscheidend wichtig ist dies bei einem Freideck. Die Eindringtiefe soll hier bei max. 1,8 mm liegen. Die Zusammensetzung ist mit dem Mischwerk abzustimmen. Das Basisbitumen ist in jedem Fall ein B 20/ 30. Tabelle 1: Beispiel Auszug: Eignungsprüfung für einen AS 8 IC40 Bindemittel/ Zusaätze Mischgutzusammensetzung Sollwert min max Gesamt-Bindemittelgehalt M.-% 7,3 Statistische Eindringtiefe bei 40-°C, 500 mm 2 , nach 30 min mm 1,8 4,0 Raumdichte g/ cm 3 2,470 Spannungsfelder: Verarbeitbarkeit: härtere Beläge sind deutlich anstrengender einzubauen, Rissbildung: Gratwanderung: zu harte Beläge können im Winter reißen. 6.3 Schichtdicken des Gussasphaltes Bei diesem Punkt ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass die Eigenschaften des Stoffes nicht überstrapaziert werden. Die Vorgaben der DIN 18532-2 unter 8.2.2.3 a), Anforderungen an die Abdichtungslage aus Gussasphaltestrich (AS) in Abhängigkeit vom Größtkorn im Mischgut, muss beachtet werden. 100 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Tabelle 2: Anforderungen an die Abdichtungslage aus Gussasphaltestrich (AS) in Abhängigkeit vom Größtkorn im Mischgut. DIN 18532-2, 8.2.2.3 Nr. 1 2 3 4 Größtkorn mm Nenndicke cm Mindestdicke cm Höchstdicke cm 1 11,2 3,5 bis 4,0 3,0 4,5 2 8,0 3,0 2,5 3,5 3 5,6 2,5 2,0 3,0 6.4 Helle Oberfläche Nachgewiesenermaßen senkt die Ausbildung einer hellen Oberfläche, z. B. mit einem speziellen Abstreusplitt, die Oberflächentemperatur um bis zu 8 °C. Diesen Effekt darf man nicht ungenutzt lassen. Ebenso fordert die DIN 18532-2 unter 8.2.2.6 a): Die Nutzschichten aus Gussasphalt sollten bei freibewitterten Flächen mit einem hellen Splitt abgestreut werden. An dieser Stelle muss die Vorgabe „sollten“ u.E. durch „müssen“ ersetzt werden. Auch die DIN 18532 ist schon 6- Jahre alt. Der Stand der Technik eilt der Anpassung einer DIN immer um einige Zeit voraus. Bild 4: Einsatz heller Abstreusplitt: hier Hofmeister CLARA ® . Foto: Hofmeister. 6.5 Gewicht der Fahrzeuge: Bsp. Krankenwagenvorfahrten, Feuerwehrgerätehäuser Es gibt Fälle, in denen die Bauweise an ihre Grenzen stößt. Nach N3-V sind LKW bis 16 t zulässig. Das ist auch in Ordnung, solange sie fahren. Sobald die Fahrzeuge aber dauerhaft stehen, können sie Probleme verursachen. Nach unserer Erfahrung kann das im Bereich von Standplätzen von RTW vorkommen. Ebenso bei Feuerwehrgerätehäusern. Bild 5: RTW auf abgedichteter Vorfahrt. Foto: Hofmeister. Bild 6: dauerhafter Stellplatz links, für Bereitschaftsfahrzeuge. Foto: Hofmeister. Hier muss tatsächlich überlegt werden, was im Einzelfall zu tun ist, um spätere Probleme zu vermeiden. 7. Wo gibt’s überhaupt Probleme? Wir finden, der Sinn eines Vortrages soll nicht darin liegen, Probleme aufzuzeigen. Der Sinn liegt eher darin, Lösungen zu geben und im Weiteren Hilfestellung zur Fehlervermeidung. Da steht am Anfang die Analyse: wo gibt’s überhaupt Probleme? Welche Bereiche sind unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels überhaupt relevant? Völlig unbeeinträchtigt liegt die Abdichtung aus Schweißbahn und Gussasphalt in Fahrgassen, auf Rampen und Spindeln, in Tiefgaragen und bei überdachten Flächen. Besonderes Augenmerk ist daher erforderlich bei - Stellplätzen auf Freidecks - Parkplätzen mit häufig wechselnden Parkvorgängen (Hohe Wechselfrequenz) - Auf Freidecks vor Schrankenautomaten an Ein- und Ausfahrten - Bei erwarteten Grenzbelastungen durch Gewicht 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 101 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Tabelle 6: Achtsamkeitsmatrix. Quelle: Hofmeister. häufig wechselnde Parkfrequenz vor Schrankenanlage Ein/ Ausfahrt Fahrz. >-3,5 to, Bsp. RTW besonderes Augenmerk Kennwerte GA helle Oberfläche überdachte Fahrgasse überdachte Stellfläche ! überdachte Rampe/ Spindel freibewitterte Fahrgasse ! ! freibewitterte Stellfläche ! ! ! ! freibewitterte Rampe/ Spindel ! Tiefgarage Fahrgasse Tiefgarage Stellfläche ! Tiefgarage Rampe/ Spindel 8. Konsequenzen 1. richtige und optimierte Mischgutzusammensetzung. Die Eindringtiefe aus der Erstprüfung soll bei max. 1,8 mm liegen. 2. Beim Einbau beachten der Vorgaben hinsichtlich der max. Schichtdicke des ausgewählten Mischgutes. 3. Herstellen einer hellen Oberfläche, damit die Aufheizung vermindert wird. 4. Dies bedingt ein Zusammenspiel zwischen Planer und Ausführendem, damit gemeinsam der Werkerfolg erreicht wird. Bei Beachtung dieser Punkte, kann eine Abdichtung mit Schweißbahn und Gussasphalt auch in Zeiten des Klimawandels mit gutem Gewissen empfohlen werden. Aus Kostengesichtspunkten bezogen auf die Lebensdauer eines Bauwerks sowieso. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 103 Gussasphalt auf WU-Bodenplatten in Tiefgaragen Kann eine Abdichtung in Verbindung mit Gussasphalt auf WU-Betonplatten eingesetzt werden? Heiko Steidl, Staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Bautechnik Beratungsstelle für Gussasphaltanwendung e.V., Bonn Zusammenfassung Immer wieder gibt es kontroverse Diskussionen, ob eine Abdichtung mit einer Lage Polymerbitumenschweißbahn und Gussasphalt auf WU-betonplatten einsetzbar ist oder nicht. Auch wenn in einigen Kreisen gegen diese Bauweise gesprochen wird, so wird diese Bauweise doch erfolgreich in Deutschland und Europa eingesetzt und ist seit Jahren Bestandteil zur Sicherung der Dauerhaftigkeit eines Bauwerks, auch auf WU-Betonen. 1. Einführung Nach DIN 18532 werden Abdichtungen auf befahrbaren Flächen aus Beton beschrieben. Wo wird aber eine Abdichtung aus einer Lage Polymerbitumenschweißbahn und einer Lage Gussasphalt angewendet? Dies wird in der DIN 18532-2 beschrieben. Dort wird eine Abdichtung auf Brücken, auf Parkdecks, auf wärmegedämmten Parkdächern, Zwischendecks, Hofkellerdecken und Rampen behandelt. Aber wie sieht dies auf einer erdberührten WU-Betonbodenplatte einer Tiefgarage aus? 2. Hauptkapitel Es stellt sich die Frage, wie die Bodenplatte in einer Tiefgarage normativ behandelt werden kann. Handelt es sich um ein erdberührtes Bauteil, oder vielleicht um einen Innenraum oder doch um eine befahrene Betonfläche, also eine Abdichtung? Die Antwort findet sich in der DIN 18532, denn dort ist eine Abdichtung von innen nicht vorgesehen. Bodenplatten müssen von außen abgedichtet werden. Entweder nach DIN 18533 oder als WU-Beton. Dennoch werden Abdichtungen mit Polymerbitumenschweißbahnen und Gussasphalt auf erdberührten Bodenplatten eingesetzt. Wie ist dies zu bewerten? Normen sollten immer in Gänze betrachtet werden. Deshalb muss ebenso die DIN18532-1 berücksichtigt werden, bei der in der Einleitung nachzulesen ist, dass „Abdichtungen auch zum Schutz gegen Chloride aus der Einwirkung von Taumitteln sowie Frosteinwirkungen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit Anwendung finden dürfen“. Die Abdichtung fungiert somit als Oberflächenschutzsystem und dient nicht mehr als Abdichtung einer befahrenen Fläche aus Beton. In DIN 18532 werden somit Abdichtungen auf befahrenen Betonflächen, also auf Brücken, auf Parkdecks, auf Hofkellerdecken und auf Rampen beschrieben sowie Abdichtungen als Oberflächenschutzsystem für Bodenplatten. Für Planer ist das Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen des DBV ein hilfreiches Nachschlagewerk. In Tabelle 5, „Ausführungsvarianten für befahrene Parkflächen aus Stahlbeton oder Spannbeton“, wird festgelegt bei welcher Variante und bei welchem Entwurfsgrundsatz Abdichtungen mit Polymerbitumenschweißbahnen/ OS 10 oder FLK und Schichten aus Asphalten eingesetzt werden können. Obwohl in der Fußnote d) alternative Produkte und Bauarten eingesetzt werden können, wenn deren Gleichwertigkeit mit OS-Systemen nachgewiesen ist (DIN 18532- 2), wird in diesem Merkblatt auf Seite 61 explizit darauf hingewiesen, dass: „die Ausführungsvariante C mit einer oberseitigen Abdichtung ungeeignet ist, da ein Wasserdurchtritt durch die WU-Bodenplatte nicht frühzeitig festgestellt und bei entsprechendem Wasserdruck eine Hinterläufigkeit der Abdichtung nicht ausgeschlossen werden kann“. Es wird also angeraten, dass auf WU-Bodenplatten keine Bauweisen mit Gussasphalt anzuwenden sind, obwohl diese Bauweise vielfach und in ganz Europa Anwendung findet! Mit dieser Frage hat sich die Technische Kommission der Beratungsstelle für Gussasphalt e.V. über Jahre auseinandergesetzt und unter Befragung von aktiven Planungs- und Ingenieurbüros festgestellt, dass Schäden durch Chloride am WU-Beton durch eine sogenannte Hinterläufigkeit bzw. Unterläufigkeit der Abdichtung unbekannt sind. Sobald die Verbundbauweise regelgerecht bis ins Detail ausgeführt wurde, ist eine Einwirkung aus Tausalzen von oben mit einer gleichzeitigen Übertragung in einen Riss unter der Abdichtung ausgeschlossen, da die schädigenden Expositionen über dem dichtem System bleiben. 104 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt auf WU-Bodenplatten in Tiefgaragen Abb. 1: Schmelzwasser eines Fahrzeugs Da das eingesetzte Epoxidharz unproblematisch auf rückseitige Durchfeuchtung reagiert und eine starker Verbund zum Beton sowie eine hohe Auflast von rund 200 kg/ m 2 vorliegt, sehen die Fachkreise aus der Gussasphaltbranche einen Einsatz einer Abdichtung aus Polymerbitumenschweißbahn und Gussasphalt auf einer WU-Bodenplatte auch bei Wasserwechselzonen für geeignet. Und ein Riss mit Grundwasser dient eher der Rissheilung als einem Problem für den Oberflächenschutz oder dem WU-Beton. Der Verband kann sich nur deshalb nur vorstellen, dass durch unsachgerechte Ausführungen, wie z. B. mit Gussasphalt auf Trennlage auf einer WU-Bodenplatte zu dieser Aussage geführt hat. Abb. 2: Gussasphalt ohne Verbundabdichtung Hier sind tatsächlich außerordentliche Schäden entstanden. Diese sind aber auch technisch verständlich, denn bei dieser Bauweise ist keine Unterlaufsicherheit gegeben und die Einwirkungen chloridhaltiger Expositionen können ungehindert in die Tragkonstruktion eindringen und sich bei Wasserdurchtritt ungehindert verteilen. Aus Kostengründen wird diese Bauweise entegen allem Fachwissen erstaunlicherweise noch heute ausgeführt und wie an den Beispielen zu sehen, führen diese zu exorbitanten Schäden, bis hin zu Komplettsanierungen nach wenigen Jahren. Umso wichtiger ist daher die Planung im Detail bei einem Oberflächenschutzsystem aus einer Polymerbitmenschweißbahn und einer Lage Gussasphalt. Die Beanspruchungen müssen bekannt sein, denn diese unterscheiden sich wesentlich bei einem Parkdeck zu einer Tiefgarage. Auch Regionen müssen dabei unterschieden werden. Bei Tiefgaragen in den Alpen sind mehr Einwirkungen aus chloridhaltigen Schmelzwasser zu erwarten als z. B. in der Rheinaue in Bonn. Diese Beanspruchungen sind auch in der Leistungsbeschreibung aufzuführen. Um ein dauerhaftes Oberflächenschutzsystem aus einer Abdichtung herzustellen sind folgende Grundsätze zu beachten: - Es muss ein ausreichendes Gefälle im Beton vorhanden sein und - es muss eine unterlaufsichere Abdichtung im Verbund mit der Unterlage vorhanden sein. - Die Bauweise 1a, Abdichtungsschicht auf dem Konstruktionsbeton unter der Nutzschicht ist auf WU-Bodenplatten einzusetzen. - Die Bauweise 1b, Abdichtungsschicht auf dem Konstruktionsbeton, direkt genutzt sollte nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Abb. 3: Gussasphalt ohne ausreichendes Gefälle Ausführung in der Praxis: - Oberflächenvorbereitung durch abtragendes vorbereiten, - Oberflächenbehandlung aus einer Epoxidharzversiegelung, - Polymerbitumenschweißbahn mit Mehrfachbrennern aufschweißen, - 1. Lage Gussasphalt als Estrich nach DIN EN 13813 aus AS IC 40, - Nutzschicht aus Gussasphalt als Estrich nach DIN EN 13813 aus AS IC 40, - Oberflächenbearbeitung mit Sand/ Splitten. Es gibt verschiedene Oberflächenbearbeitungsmöglichkeiten des Gussasphaltes. Entweder als Abstreuung mit Sand oder mit Splitten. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 105 Gussasphalt auf WU-Bodenplatten in Tiefgaragen Abb. 4: Gussasphalt mit feiner Splittabstreuung Detailausbildungen, wie Anbzw. Abschlüsse, aufgehenden Bauteilen, Durchdringungen, Leitsysteme, Rinnen oder Abläufe sind so zu planen, dass eine Abdichtung dauerhaft angeschlossen werden kann. Dies kann nur mit Klebeflanschen oder Los- Festflanschkonstruktionen ausgeführt werden. Diese Details müssen so exakt ausgeführt werden, denn diese sind der Schlüssel zum Erfolg einer dauerhaften Oberflächenschutzes. Abb. 5: Detailabdichtung Anprallschutz Rampen: Rampen sind immer in er Bauweise 1a zu planen und zu bauen. Bei Rampen besteht die Möglichkeit diese mit einem elektrischen Heizsystem Schnee- und Eisfrei zu halten. Die Rampenheizung sollte mit einer zusätzlichen Lage Gussasphalt, einer Einbettschicht, geplant werden. Abb. 6: Rampe mit Gussasphalt Literatur [1] DIN 18532-1 [2] DIN 18532-2 [3] DBV Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen [4] Technische Information Nr. 53 bga e.V. [5] ZTV-Ing Teil 6.1 [6] TL Bel-B-1 [7] TL Bel-EP Gestaltung und Architektur 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 109 Der Mobility Hub als Meilenstein auf dem Weg in die lebenswerte Stadt Dipl. Architekt ETH Max Schwitalla Studio Schwitalla, Berlin Der Mobility Hub als Meilenstein auf dem Weg in die lebenswerte Stadt Mobility Hubs stellen nicht nur die gebaute Realität der Mobilitätswende dar. Sie lassen sich vielmehr als flexible städtebauliche Strukturen verstehen, die nicht mehr nur den ruhenden Verkehr bündeln, sondern darüber hinaus die Funktion eines belebenden Stadtbausteins innerhalb eines Quartiers erfüllen. Ein Ort zum Umsteigen Mobility Hubs werden in der Wegekette im Stadtteil nicht mehr nur als Zielpunkt verstanden. Sie können zugleich Auftakt oder Zwischenstopp zahlreicher alltäglicher Wegebeziehungen sein. Es bedarf daher intelligenter und effektiver Lösungen für das Zurücklegen der Wege zwischen den Mobility Hubs und den anderen Nutzungen. Ein Ort zum Begegnen Durch ihre Lage an zentralen Verkehrsachsen, Knotenpunkten wichtiger Wegeverbindungen und öffentlichen Räumen kommt den Mobility Hubs abseits der verkehrlichen Bündelungsfunktion eine weitere Bedeutung zu - die Mobility Hubs können zu belebenden Stadtbausteinen im Quartier werden. Insbesondere die Erdgeschosszonen entscheiden dabei über die Integration der Mobility Hubs in den Stadtteil. Ein Ort zum Umdenken Mobility Hubs werden nicht mehr nur als starre Parkbauten, sondern vielmehr als flexible Stadtbausteine verstanden. Vor dem Hintergrund der Mobilitätswende, die auf eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und die Stärkung des Umweltverbunds abzielt, wird der Stellplatzbedarf weiter abnehmen. Die technischen Möglichkeiten der Nutzungsänderungen sowie der Rückbaubarkeit im Lebenszyklus der Immobilie sind daher in der Programmierung von Parkhaustypen und Grundrissen von Anfang an mitzudenken. Ein Ort im Kontext Mobility Hubs haben den Vorteil, die Bündelung der ruhenden Verkehre abzuwickeln. Diese Organisationform 110 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Der Mobility Hub als Meilenstein auf dem Weg in die lebenswerte Stadt eröffnet unzählige Flächenpotenziale im Quartier, sowohl für Fußgänger: innen als auch für Radfahrer: innen. Des Weiteren ergeben sich Räume für andere Nutzungen, die die Aufenthaltsqualität in den Straßenräumen erhöhen. Übergeordnete Herausforderungen Das innovative Verständnis der Mobility Hubs geht mit einer Vielzahl an Herausforderungen für künftige Planungen einher. Die Mobility Hubs erfordern zukunftsweisende und neuartige Herangehensweisen, sowohl in der konzeptionellen Ausgestaltung als auch in der Umsetzung und im Betrieb. Im Bereich der Mobilität ergeben sich bei der Ausstattung der Mobility Hubs darüber hinaus technische Anforderungen. Die Zunahme von Sharing-Angeboten sowie ein immer größer werdender Stellenwert der E-Mobilität sind dabei nur einige der zentralen Herausforderungen, die ebenso in der Entwicklung von Betreibermodellen Berücksichtigung finden müssen. Über all dem steht der Aspekt der Nachhaltigkeit. Die Förderung emissionsarmer Mobilitätsangebote und eines „15-Minuten-Stadt- Nutzungsmixes“, der Einsatz umweltschonender Materialien für den Bau der Mobility Hubs (z.B. Holz) sowie die Entwicklung möglicher Rückbau- und Umnutzungsvarianten, stellen die zentralen Herausforderungen an Mobility Hubs und damit an lebenswerte Quartiere dar. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 111 Entschleunigte Orte - Parkhäuser und Tunnel Juliane Rückriem Photography + Curation, Köln Text: Dr. Thomas Schriefers, Köln Auszüge aus einem Text anlässlich einer Ausstellung in der Architektenkammer NRW Auf der Suche nach Motiven findet die Fotografin und Künstlerin Juliane Rückriem ihre Ziele in der unmittelbaren Umgebung, zumindest dann, wenn man sich in Städten auf hält. Rückriem ist fasziniert von Architektur, von baulicher Plastik und speziellen Raumsituationen, welche sie instinktsicher aufspürt. Oft sind es gerade diejenigen Orte, an denen man im Allgemeinen nicht verweilt und wo man Formen einer extrem spröden Baukultur, die gerne übersehen wird, findet. Die Fotografin spricht selbst denn auch eher von Orten, die von ihr erst entdeckt werden wollen. Dann, wenn sie sich verwaist zeigen. Aufgelistet sind es die außerhalb der Saison verlassenen Badeanstalten, aufgelassene Industriebauten, Passagen außerhalb der Geschäftszeiten, Strandbäder, Gewächshäuser und seit 2006 vor allem leere, verlassene Parkgaragen und Tunnelanlagen. Es sind Verkehrsräume, die tagsüber, stark frequentiert, sich nachts in zuweilen gespenstisch-ruhende Zonen verwandeln. Zonen, welche man in diesen Zeiten normalerweise meidet. Unorte sind es nicht, Angsträume können es aber leicht werden. Sicher sind es entschleunigte Funktionszonen, die man im Alltag meist nur überfüllt kennt, selbstverständlich nutzt, doch nur selten wirklich wahrnimmt. Ganz anders agiert die Fotografin, die den Moment gerade abwartet, an dem sie dort allein ist, um der besonderen Atmosphäre des für kurze Zeit von seiner Aufgabe befreiten Nutzbaus nachzuspüren. Dabei tut sie, was man normalerweise nicht tut: sie nimmt sich im Parkhaus Zeit und lässt sich intensiv auf einen Ort ein, den man üblicherweise allenfalls flüchtig registriert, während man eilig auf dem Weg hinaus ist oder sich auf der Suche nach dem nächsten Treppenhaus, einem Aufzug und dem Parkticket-Automaten hastig durch die meist nur künstlich beleuchtete Unterwelt bewegt. Ein Erinnerungsfoto ist das Parkhaus wohl den allerwenigsten Besuchern wert. Juliane Rückriem geht es ja nicht um ein schnell gemachtes Bild, auch nicht um die reine Betonung profaner Alltagsarchitektur oder die Tristesse des meist - wenigstens auf den ersten Blick - wenig einladenden Funktionsraums. Denn sie verguckt sich geradezu in ihre Orte, denen sie über Stunden ihre ganze Aufmerksam schenkt. Möglichst soll kein Passant und kein Auto den stillen Dialog mit dem freien Parkraum stören, weshalb sie sich dort meist zu unorthodoxer Zeit auf hält. Dies braucht sie auch, um die von Ihr für diese Werkgruppe bevorzugte Panoramatechnik anwenden zu können, den künstlerischen Eingriff in die Aufnahme, welcher den Betrachter innehalten lässt. Rückriem verstärkt dabei die von ihr wahrgenommenen Kraftlinien der Konstruktion, die sie optisch dehnt. Das Motiv wird dadurch in seiner Wirkung dramatisiert. Es wirkt dynamisch, zuweilen auch monumental geweitet. Zum Beispiel das gläserne Dach vom Parkhaus des Grand Rapids Airport, welches, weit aufgefächert, die einem Kristallpalast eigene Pracht entfaltet. Die rötliche Horizontalgliederung des ringförmigen Lichtgadens verstärkt den Schwung der Spindel, an der sich die Rampen der Parkanlage bis auf das oberste Parkgeschoss empor schrauben. So generiert sich das Parkhaus als Kathedrale einer dem Automobil huldigenden Zivilisation. Abb. 1: Parkhaus 7, Spindel, 2013, 250 × 100 cm Nicht zuletzt wird in den Fotografien für eine differenzierte Wahrnehmung alltäglicher Baukultur geworben. Das zeigt sich z. B. in der Schönheit einer Spindelkonstruktion, welche im Zentrum einer ringförmig angelegten Rampe den zylindrischen Lichtschacht eines Kölner Parkhauses bildet, welches die Künstlerin bereits 2009 erkundete. Eindrucksvoll reflektiert das weiße Strebewerk von oben einfallendes Licht, während der Rampenraum weitgehend im Dunklen bleibt. Auf der linken Seite erstrahlt die Außenwelt als grelles Lichtmeer, während im Dunkel der rechten Seite ein kleines grünes Leuchtschild auf den Notausgang hinweist. Abb.2: Parkhaus 5, Spindel, 2009, 200 × 75 cm Darin artikuliert sich einmal mehr Rückriems Augen zwinkernder Blick auf Details, die sie punktgenau einsetzt, um den Betrachter fast beiläufig durch ihr Bild zu führen. Die Spindel, um welche sich der Verkehrsraum 112 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Entschleunigte Orte - Parkhäuser und Tunnel im Parkhaus auf und ab schraubt, setzt Rückriem immer wieder ins Zentrum ihrer Fotografien. Dabei entwickelt sich ein szenisches Kraftfeld. Raum, der sich luftig wölbt, wie das schon beschriebene Dach der Auffahrt im Parkhaus des Grand Rapids Airport oder das ästhetisch fesselnd schöne Treppenhaus im Kern einer Verkehrsspindel, welches die Fotografin 2012 in Köln aufnahm: weiße Moderne, elegant, schwungvoll in der Abwicklung der sich wendelnden Treppe und diaphan leuchtend durch opakes Glas. Edler lässt sich Parkhausstufensteigen kaum denken! Abb. 3: Parkhaus 2, Treppenhaus, 2012, 200 × 100 cm Dagegen trumpft in Porto die farbige Moderne auf. Das Motiv verdankt sie einem Zufall, einem abendlichen Spaziergang, der Juliane Rückriem vor einem Art-Deco-Gebäude innehalten ließ. Dort, wo verräterisch ein Portal den Blick auf eine Rampe freigibt, welche irgendwo im scheinbaren Nichts zu verschwinden scheint. Nachforschungen, Kontaktaufnahmen und insistierende Gespräche führten schließlich zur Erlaubnis, dem so verführerischen Weg hinein zu folgen. So entdeckte die Fotografin für sich ein Parkhaus, welches noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg erhalten ist. Ihre Fotos zeigen eine mit sonnig-goldgelben Fliesen und filigranen, ausstellbaren Eisenrahmenfenstern ausgestattete Garagenarchitektur, die in ihrer Strenge bis heute vom Stolz ihrer Erbauer kündet. Abb. 4: Parkhaus 7, Parkdeck 1, 2017, 200 × 100 cm Blickwechsel. Flüchtig sind die Eindrücke bei der zügigen Passage einer Straßengalerie, die den Blick nach Draußen wegen der regelmäßigen Folge von Betonstützen immer wieder unterbricht. Hell und Dunkel wechseln einander im Takt der Geschwindigkeit fortgesetzter Fahrtätigkeit ab. Wer einmal einen Alpenpass befahren hat, dem sind die Eindrücke vertraut: das taktpräzise Stakkato der Lichtschläge, welche die Durchfahrt kontrastreich rhythmisieren. Ein Verweilen ist nicht vorgesehen, wenn der Verkehrsfluss nicht unterbrochen werden soll. So bleibt es, soweit nicht ein Stau die Fahrt ungewollt unterbricht, beim ruhelosen Erlebnis eines perforierten Tunnels. Diese Praxis durchkreuzt Juliane Rückriem, indem sie, wie schon bei ihren Parkhäusern, 2013 auch die Passage im Pitztal in kurzen Zeiten der Stille aufsucht, um dem Wegraum ihre ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Dabei gewinnt sie dem Bauwerk im sorgsam abgepassten Moment etwas ganz Besonderes ab: aus dem üblicherweise in Fahrbahnrichtung gelenkten Tunnelblick wird ein nie gesehenes Panoramaszenario, dass geeignet ist, unsere Phantasie zu beflügeln. Natürlich blickt man in eine verkehrstechnische Anlage ... oder vielleicht doch in das Maul eines riesigen Haifisches? Der punktgenaue Einsatz digitaler Panorama-Kameratechnik macht es möglich, dass sich die eigentlich aus rechtwinklig einander zugeordneten Bauteilen bestehende Konstruktion konvex wölbt. Das Betongerüst wirkt zoomorph und erinnert an Formen, welche man aus der Tierwelt kennt. Abb. 5: Tunnel Pitztal 1, 2013, 200 × 100 cm Nun ist der Einsatz der Panoramatechnik kein Alleinstellungsmerkmal der Fotografien Juliane Rückriem´s, wohl aber die sichere Wahl bestimmter Blickpunkte, von wo aus sie die von ihr entdeckten Raumkontinuen porträtiert. Das zeigen ihre 2012 entwickelten Tunnelfotos. Die spärlich von vertikal angebrachten Neonröhren beleuchteten Betonwände wirken gespenstisch verklärt. Wegen ihrer gebogenen Wände erzeugen sie, durch die Panoramatechnik überhöht, eine Art von Sogwirkung, die die Blicke unwiderstehlich ins Bildinnere zieht. Abb. 6: Tunnel Köln, 2010, 250 × 100 cm Überhaupt spielt die Fotografin gerne mit der Wahrnehmung, sie variiert die Perspektiven und irritiert, indem sie mithilfe digitaler Aufnahmeverfahren in einem Bild etwa die Blickpunkte wechselt. Dabei versteht sie es, ihr Me- 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 113 Entschleunigte Orte - Parkhäuser und Tunnel dium immer wieder neu zu interpretieren, dessen Grenzen auszureizen und sich nicht in verführerischen Effekten zu verlieren. Juliane Rückriem gelingt es, selbst der unwirtlichsten Szene poetische Werte abzugewinnen, ohne sie schön zu zeichnen. Mit großer Präzision zeigt sie einfach, was sie mit künstlerischer Aufgeschlossenheit sieht und was uns normalerweise entgeht. Dabei regen ihre nur auf den ersten Blick sachlich anmutenden Szenarien immer wieder magisch dazu an, das Festgehaltene gedanklich weiterzuspinnen. Das gilt zum Beispiel für ihre Parkhaus-Dachlandschaften, wo markant weiße Wegmarkierungen auf dem Asphalt unsere Blicke lenken, vorbei an technischen Aggregaten, welche das Parkdeck bevölkern - bis die Bodenfläche an der Traufkante des Gebäudes hart abbricht. In Rückriems Fotos offenbaren Linien, Pfeile und Bögen das sonst wirksame Organisationsschema der Parkraum- Regelung, die den Betrachter der Fotografien in Abwesenheit der Automobile auffordert, die Verkehrstopografie der Parkdecks zu erwandern. Im Hintergrund zeigen sich „auf Deck“ vertraute Silhouetten: etwa die Turmspitze des Kölner Rathauses ist zu sehen, prominente Kirchtürme, der Fernsehturm - eine Welt jenseits effizienter Parkraumregelung, welche daran erinnert, dass man sich inmitten einer Stadt befindet. Abb. 7: Wege 1, 2006, 40 × 30 cm In den letzten Jahren übernehmen die Fotografien von Juliane Rückriem auch eine dokumentarische Aufgabe. Parkhäuser werden für andere Nutzungen umgebaut oder fallen dem Abriss zum Opfer. Die Fotografin hatte etwa 2011 die Möglichkeit das älteste Parkhaus Bayerns zu fotografieren, zwei Wochen, bevor dessen Umbau in Wohnungen beginnen sollte. Auch wenn diese Parkhäuser in ihrer ursprünglichen Form dann nicht mehr existieren, leben sie in den Fotografien Rückriems weiter. Abb. 8: Parkhaus 12, 2011, 250 × 100 cm Fotografien von Juliane Rückriem befinden sich u. a. im Toledo Museum of Art, im Crocker Art Museum in Sacramento und in der Sammlung der University of Michigan Museum of Art in Ann Arbor sowie in zahlreichen privaten Sammlungen. Im Rheinland ist es die Ines und Jürgen Graf Stiftung für Kunst, Kultur und Industriedesign, die ihre Fotografien gerade auch wegen ihrer pointierten Ausdrucksstärke mit einer Auszeichnung bedacht hat. Brandschutz 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 117 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Dipl.-Ing. (FH) Matthias Wölfel Peikko Deutschland GmbH, Waldeck Zusammenfassung Der Verbundbau eröffnet uns neue Möglichkeiten für zukünftige Anforderungen. Wir erleben in der heutigen Zeit eine Fokussierung auf die Themen der Nachhaltigkeit und der Sicherheit. Dabei sind zwei Schlagwörter häufig wiederzufinden, einmal das CO 2 -Äquivalent und einmal der Brandschutz. Betrachtet man beide Themen etwas intensiver so stellt man fest, dass sich die Maßnahmen, die zum Erreichen der Ziele notwendig sind, durchaus gegenseitig ausschließen können. So ist es heute anerkannt, dass man zum nachhaltigen Bauen möglichst auf Baustoffe verzichten sollte, die in ihrer Herstellung und Verarbeitung große Mengen an Energie benötigen. Dazu gehören beispielweise Beton und Stahl. Nachwachsende Materialien wie das Holz sollen bevorzugt eingesetzt werden. Betrachtet man im Gegenzug das Brandverhalten der Materialien, so stellt man fest, dass gerade Beton und Stahl als „nichtbrennbar“ eingestuft werden, Holz hingegen bauaufsichtlich kritisch gesehen wird. Es wird also Kompromisse geben müssen, um beide Anforderungen erreichen zu können. Dabei kann der Verbundbau entscheidende Vorteile bieten! 1. Motivation 1.1 Umweltauswirkungen Wir sind in einer Zeit angekommen, die uns zum Nachdenken bewegen muss. Die Berichte über Naturkatastrophen, Überschwemmungen, extreme Hitzeperioden, Trockenheit und Dürre reißen nicht ab und werden es auch in absehbarer Zeit nicht tun. Die Auswirkungen auf unsere Böden und deren Wassergehalt sind dramatisch [vgl. Abb. 1]. Abb. 1: Dürre (Quelle: Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ) Die Folgen des Klimawandels sind aber nicht nur auf Trockenperioden und deren Effekte beschränkt. Auch Starkregen mit enormen Wassermengen werden uns zukünftig noch stärker beeinflussen als heute [vgl. Abb. 2]. 118 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Abb. 2: Klimawandel (Quelle: Umweltbundesamt, Adelphi, PRC, Furac) 1.2 Die Folgen für unsere Umwelt Es ist schwierig zu übersehen, dass Baumbestände, die über 100 Jahre hinweg das Erscheinungsbild unserer Wälder geprägt haben, plötzlich unter dem Einfluss der Trockenheit absterben oder stark geschädigt sind. Riesige karge Flächen haben sich durch das Absterben ganzer Waldgebiete ergeben [vgl. Abb. 3]. Abb. 3: Totholz durch Dürre (Quelle: dpa) Abb. 4: ausgetrocknete Flussbetten (Quelle: dpa) Neben den Auswirkungen extremer Trockenheit und Dürre [vgl. Abb. 4] werden wir auf der anderen Seite immer häufiger von Starkregen und ausgeprägten Gewittern betroffen. Sich daraus ergebende Überschwemmungen [vgl. Abb. 5] sind nicht nur eine unmittelbare Gefährdung für Leib und Leben, sondern zerstören ganze Existenzen. Die Schadensregulierung nimmt vorher nicht gekannte Summen ein und belastet damit den Geldbeutel jedes Einzelnen. Abb. 5: Überschwemmungen (Quelle: dpa) 1.3 CO 2 -Äquivalent Das CO 2 -Äquivalent beschreibt die Auswirkungen unterschiedlicher Treibhausgase auf die globale Erderwärmung [vgl. Abb. 6]. Neben dem wichtigsten vom Menschen verursachten Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) gibt es weitere Treibhausgase wie Methan und diverse Kältemittel. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 119 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Abb. 6: Treibhauspotenziale (Quelle: Zukunft Umweltwärme) Neben dem Treibhauspotenzial (CO 2 -Äquivalent) ist es allerdings sehr wichtig, die verwendeten Anteile der Materialien in die richtige Relation zu setzen. Nimmt man beispielsweise den Beton, der medial als Klimakiller beschrieben wird, so stellt man bei neutraler Betrachtung fest, dass er nur zu ca. 10 % seines Gesamtvolumens aus Zement, der gebrannt werden muss und dabei große Energiemengen benötigt, besteht. Ein Vergleich an einem ähnlichen Bauteil wird Aufschluss darüber geben, wie wichtig die Betrachtung der richtigen Anteile ist. In der folgenden Tabelle [vgl. Abb. 7] wurde eine Stütze mit gleicher Belastung und Knicklänge, gefertigt aus verschiedenen Baumaterialien, untersucht. Abb. 7: Energieverbrauch und CO 2 -Äqv. bei der Materialherstellung (Quelle: Zentrum Ressourceneffizienz) Es ist zu erkennen, dass die Stahlbetonstütze ein etwa 3-4-fach niedrigeres CO 2 -Äqv. als die reine Stahlstütze aufweist. Allerdings bedingt es die Seriosität des Vergleiches zu erwähnen, dass die Stahlstütze nur etwa die halben Querschnittsabmessungen des Stahlbetonquerschnittes benötigt. 1.4 Gebäudezertifizierungen Gebäude werden in zunehmender Anzahl zertifiziert. Dabei spielt die Nachhaltigkeit der verwendeten Materialien eine entscheidende Rolle. Die wichtigsten Label dabei sind: - Deutsches DGNB für private Bauherren - BNB für öffentliche Bundesbauten - LEED und BREEAM für internationale Zertifizierungen Um die notwendigen Eingangswerte für die Berechnungen bereitzustellen, gibt es diverse Plattformen, die eine Datenbasis für übliche Materialien zur Verfügung stellen. Hier zu nennen ist die Internetseite www.oekobaudat.de vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Weitergehende Informationen zu herstellerspezifischen Produkten werden über sogenannte „EPDs - Environmental Product Declaration’s“ bereitgestellt [vgl. Abb. 8]. Die EPDs werden durch die Hersteller in Auftrag gegeben und durch entsprechend zertifizierte Institutionen erarbeitet [1]. Die Rechenwerte für diverse Umweltauswirkungen gleichen dem Schema der „Ökobaudat“. Abb. 8: EPD Peikko DELTABEAM ® Green (Quelle: Peikko) Als eines der wichtigsten Bewertungskriterien sei hier das CO 2 -Äquivalent genannt. 1.5 Brandschutzanforderungen Seit dem vermehrten Verkehr von Elektrofahrzeugen rückt verstärkt durch sensationelle Pressemitteilungen die vermeintliche Brandgefahr durch diese Fahrzeuge immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit [vgl. Abb- 9]. 120 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Abb. 9: Freewater Horizon (Quelle: Tagesschau) Parkverbote für E-Autos in Tiefgaragen, wie beispielsweise von der Stadt Kulmbach teilweise verhängt, tragen ihr Übriges dazu bei, die Diskussion anzuheizen. Es muss jedoch festgestellt werden, dass diese sehr unsachlich und in keiner Weise gerechtfertigt ist. Es sind grundsätzlich zwei Aspekte zu unterscheiden. Generell muss festgestellt werden, dass die Brandlast eines Fahrzeuges sehr hoch ist. Hierbei ist es unerheblich, ob es ein Kraftstoffgetriebenes oder ein elektrisches Fahrzeug handelt, vielmehr rückt hier das Baujahr der Fahrzeuge in den Vordergrund. Der andere Punkt ist die Häufigkeit. Hier konnte bisher keine Untersuchung und keine Statistik belegen, dass Elektrofahrzeuge häufiger in Brand geraten als andere Typen. Eine Studie des amerikanischen Versicherers AutoinsuranceEZ ergab sogar, dass kraftstoffbetriebene Fahrzeuge häufiger in Brand geraten. Die spektakuläre Presse ist darauf zurückzuführen, dass die Löschmittel und Methoden sich unterscheiden, und hier in den vergangenen Jahren viel Unsicherheit herrschte. Mit Fassung vom 14. Juli 2022 wurde die „Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen (M-GarVO)“ veröffentlicht [2]. Darin werden die Brandschutzanforderungen für offene oberirdische Parkdecks definiert. Die Erleichterungen im bisherigen Absatz 2 sind teilweise entfallen. Die bauaufsichtliche Anforderung „feuerhemmend“ ist zusätzlich zu der aktuellen Anforderung „nichtbrennbar“ aus der Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) ab einer Länge von 70-m aufgenommen worden, und die Stellplätze sind direkt an den Außenwänden angeordnet. Hier wurde der gestiegenen Brandlast der modernen Fahrzeuge Rechnung getragen. Ausgedrückt in einer Feuerwiderstandsklasse bedeutet dies eine Anforderung von 30 Minuten Feuerwiderstandsdauer entsprechend R30 nach DIN EN 13501-2. Diese Änderung macht es schwieriger reine Stahlkonstruktionen wirtschaftlich und klimafreundlich umzusetzen. 2. Verbundbau 2.1 Begriffserklärung Beim Verbundbau werden verschiedene Bauteile aus wechselnden Materialien mittels Verbundmitteln kraftschlüssig miteinander verbunden. Neben dem bereits etablierten Stahl-Beton-Verbundbau trifft man heute auch immer mehr auf den Holz-Beton-Verbundbau. Eine neuere Sonderform bezeichnet den Hybridbau, bei dem der Stahl-Beton-Verbundbau mit dem Holz-Beton-Verbundbau kombiniert wird [3] [vgl. Abb. 10]. Abb. 10: Holz-Beton-Verbund in Kombination mit Stahl-Beton-Verbund (Quelle: Peikko) 2.2 Parkdecks heute Aufgrund der aktuellen Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) ist es möglich oberirdische und offene Parkdecks aus nichtbrennbaren Materialien zu erstellen. In der Praxis kommen hier in der Regel offene Stahlprofile für Stahl- und Stahl-Verbund-Träger sowie Stützen zum Einsatz [vgl. Abb. 11]. Die Querschnitte liegen dabei außerhalb von vor Brandeinwirkungen schützenden Betonquerschnitten, da es keine weiterführenden Brandschutzanforderungen gibt. Erst ab einer Höhe der Einstellplätze von mehr als 22-m sind die Konstruktionen feuerbeständig auszuführen, was einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten bzw. der Feuerwiderstandsklasse R90 entspricht. Abb. 11: konventionelle Systembauweise (Quelle: Bittermann GmbH - Parkdeck Ebene 1 -ARCHI VIVA Architekten) Für die überwiegende Bauweise mit offenen Stahlprofilen liefert die Konstruktion keinen ausreichenden Schutz vor der Brandeinwirkung. Hier müssen zugelassene Brandschutzbeschichtungen oder entsprechende Verkleidungen gemäß DIN 4102-4: 2016-05 eingesetzt werden. Der Tragwiderstand wird bei klassischen Verbundträgern durch das Stahlprofil und dem oben aufgebauten Betonspiegel hergestellt. Durch die Verbindungsmittel, in der Regel Kopf bolzendübel, kann die benötigte Menge an Stahl, infolge der Verbundtragwirkung, deutlich reduziert werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 121 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Bei den Stahlstützen hingegen wird die gesamte Tragfähigkeit über den Stahlquerschnitt bereitgestellt, es beteiligen sich keine weiteren Komponenten. 2.3 Vorteile des Verbundbaus Da der Stahl einen großen Anteil zum CO 2 -Äquivalent beiträgt [vgl. Abb. 7], wäre ein teilweiser Austausch gegen ein deutlich weniger klimaschädliches Material, wie den Beton, durch viele Vorteile geprägt. Im Einzelnen sind dabei zu nennen: - Reduktion des CO 2 -Äquivalents • Beton ist ein weniger klimaschädliches Material als Stahl. - Ressourcenschonung • Der vorzugsweise Einsatz nur eines Baustoffes führt zwangsläufig zu einer Materialverknappung. Das kann durch den Austausch eines großen Anteils deutlich verzögert werden. - Wirtschaftlichkeit • Beton erzielt bei entsprechend verfügbaren Querschnitten größere Tragfähigkeiten im Verhältnis zu seinen Kosten. Es sind aber nicht nur die Vorteile im Hinblick auf die Umweltauswirkungen zu nennen. Ebenfalls von großer Bedeutung sind die Vorteile im Hinblick auf die Tragfähigkeiten. Betrachtet man beispielsweise eine Stahlrohrstütze aus S235 mit einem Durchmesser von 323,9 mm und einer Wandungsstärke von 8 mm, bei einer Knicklänge von 3,0 m, so kann die Tragfähigkeit durch das Verfüllen mit Beton C50/ 60 um mehr als das 3-fache gesteigert werden. Der Preis der Stütze steigt jedoch nur um etwa 10 % bis 15 % infolge des einzubauenden Betons. Zusätzlich wird das CO 2 -Äquivalent nur moderat gesteigert, da der Beton wesentlich geringere Äquivalente als ein Stahlquerschnitt aufweist, der ebenfalls eine 3-fache Tragfähigkeit zu Verfügung stellen könnte. Abb. 12: Querschnittsvergleich (Quelle: Peikko) Bei den [in Abbildung 12] dargestellten Querschnitten handelt es sich um statisch notwendige Profile für einen klassischen Parkdeckträger, der eine Spannweite von 16,5 m aufweist und im Abstand von 5,0 m angeordnet wird. Als Decke wurde mit einer Stahlbetonvariante einer Bauhöhe h = 18 cm gearbeitet. Die Nutzlast beträgt 3,5 kN/ m². Alle Flächenlasten wurden mit entsprechenden Durchlauffaktoren erhöht. Es wurde eine Überhöhung von etwa 4-5 cm gewählt. Die Abdichtung soll mit einem Oberflächenschutzsystem erfolgen. Der spezielle trapezförmige Verbundträger „DELTA- BEAM ® D50-400“ der Firma Peikko weist bei gleichen statischen Anforderungen ein um 43 % kleineres Eigengewicht als der ohne Verbund angesetzte Stahlträger HEM500 aus S355 auf. 2.4 Funktionsweise und Anwendung Häufig stoßen gute Ideen in der Praxis auf berechtigte Widerstände, da sie in der Realität nicht oder nur schwierig und mit negativen Auswirkungen auf andere Bereiche umsetzbar sind. Nicht so beim Verbundbau. Die Kombination von Stahl und Beton kennen wir seit Jahrzehnten. Wir wenden sie schadensfrei im Stahlbetonbau an. Dabei mussten wir lernen, auf verschiedene Besonderheiten, wie z. B. eine ausreichende Betonüberdeckung für die Dauerhaftigkeit, zu achten. Die Kombination aus Stahl und Beton ist bereits in den Regelwerken erfasst. Hier sei die DIN EN 1994-1-1 und DIN EN 1994-1-2 sowie Bauartgenehmigungen wie die Z-26.2-49 der Firma Peikko genannt [4, 5, 6]. Der klassische Verbundbau, mit dem auch heute die Mehrzahl der Parkdecks erstellt werden, bedient sich als Verbindungsmitteln oben aufgesetzter Kopf bolzen, die in einen Betonspiegel (Stahlbeton- oder Profilblechverbunddecke) eingreifen [vgl. Abb. 13]. Durch die schubfeste Verbindung zwischen dem Stahlprofil und dem Betonquerschnitt wird der Verbundquerschnitt hergestellt. Die Vorteile liegen im Wesentlichen im Bereich der größeren Tragfähigkeiten und Biegesteifigkeiten im Vergleich zum reinen Stahlprofil. Somit ist es möglich Spannweiten von 16,5 m (zwei Stellplätze a 5,0 m Tiefe und eine Fahrgasse von 6,5 m Breite) bei einer Konstruktionshöhe von etwa 70 cm herzustellen. Ein wesentlicher Nachteil ergibt sich jedoch durch die ungeschützte Lage des Stahlprofils im Hinblick auf eine mögliche Brandeinwirkung. Bei offenen Stahlprofilen als reine Stahlstützen verstärkt sich der Nachteil zusätzlich, da anstatt einer 3-seitigen Beflammung eine 4-seitige Brandeinwirkung möglich ist. Abb. 13: klassischer Verbundquerschnitt (Quelle: Wikipedia - Verbundbau) 122 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Eine Weiterentwicklung des Verbundbaus, speziell für besonders hohe Biegeschlankheiten entwickelt, wird von der Firma Peikko angeboten [vgl. Abb. 14]. Abb. 14: trapezförmiger Verbundquerschnitt (Quelle: Peikko DELTABEAM ® ) Bei diesem System wird der Träger (DELTABEAM ® ) in die Höhenlage des Deckenquerschnitts verschoben. Je nach Spannweitenverhältnissen und Deckensystemen kann damit eine deckengleiche oder eine teilintegrierte Bauweise erreicht werden. In Ergänzung zu dem speziellen trapezförmigen Verbundträger bietet der Hersteller sogenannte Peikko Verbundstützen an. Diese Stützen bestehen aus einem Stahlmantel mit einem Stahlbetonkern. Aus dieser Weiterentwicklung des Verbundbaus ergeben sich folgende Vorteile: 1. Brandschutzanforderungen bis R120 können ohne weitere Maßnahmen, wie Beschichtungen oder Verkleidungen, wirtschaftlich erfüllt werden. 2. Konstruktionshöhen können bis zur Deckengleichheit reduziert werden. 3. Ebene Deckenuntersichten erlauben reduzierte Bauhöhen und großflächige Installations- und Belichtungsmöglichkeiten. Der Verbundträger verfügt über eine Allgemeine Bauartgenehmigung (Z-26.2-49) [vgl. Abb. 15]: Abb. 15: Deckblatt zu Z-26.2-49 (Quelle: Peikko) 2.5 Brandschutz Heutige Anforderungen an den Brandschutz sehen vor, dass Gebäude einen Feuerwiderstand über eine gewisse Branddauer einhalten. Die rechnerisch anzunehmende Branddauer richtet sich dabei nach der Gebäudenutzung sowie den Gebäudeklassen gemäß den jeweiligen Landesbauordnungen [7]. Die Grundlage für die Bemessungsansätze bildet die sogenannte Einheitstemperaturzeitkurve ETK (Normbrandbeanspruchung) [8]. Die Brandbemessung des trapezförmigen Verbundträgers kann keiner aktuell verfügbaren Norm entnommen werden. Hierzu wurden im Rahmen einer Bauartgenehmigung komplexe Finite-Elemente-Berechnungen herangezogen, die die Bemessung im Brandfall analog der Allgemeinen Bauartgenehmigung Z-26.2-49 ermöglichen. Dabei werden werkseitig in den Verbundquerschnitt eingelegte Sekundärbewehrungen für die Nachweise im Brandfall herangezogen. Diese Bewehrung weist aufgrund der Einbindung in den umgebenden Beton deutlich geringere Temperaturen als der direkt beflammte Untergurt auf [vgl. Abb. 16]. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 123 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Abb. 16: Isothermen bei Brandbeanspruchung (Quelle: Peikko) Über den Ansatz der reduzierten Werkstoffkennwerte nach EN 1994-1-2 kann das innere Kräftegleichgewicht hergestellt und die notwendigen Spannungssowie Verformungsnachweise geführt werden [ vgl. Abb. 17, 18]. Abb. 17: Reduktionsfaktoren für Baustahl im Brandfall (Quelle: EN 1994-1-2, Beuth) Abb. 18: Brandreduzierter Querschnitt zur Ermittlung der positiven Momententragfähigkeit - beispielhaft (Quelle: Z-26.2-49, Peikko) Die Bemessung der zugehörigen Stützen erfolgt nach der gleichen Systematik, entweder anhand der aktuell gültigen Normung durch den Eurocode beziehungsweise bei höher belasteten Stützen mit Stahlkern anhand der gültigen bauaufsichtlichen Zulassung. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass reaktive Brandschutzbeschichtungen auf Stahlbauteilen teilweise keinen dauerhaften Brandschutz darstellen. Hier ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Anforderungen erfüllt werden. Auf jeden Fall ist, gerade bei Parkdecks auch immer die mechanische Beanspruchung und der immer mehr zunehmende Vandalismus zu berücksichtigen. Aus diesem Grund sind regelmäßige Kontrollen unverzichtbar, um den erforderlichen Brandschutz zu jeder Zeit zu garantieren. 2.6 „Grüner“ Stahl - DELTABEAM ® Green Neueste Entwicklungen machen es möglich, dass der Verbundträger aus über 97 % recyceltem Stahl hergestellt werden kann. Dadurch werden die Klimaauswirkungen und das globale Erwärmungspotential weiter und signifikant reduziert. Im Vergleich zu einem aus normalem Baustahl hergestellten trapezförmigen Verbundträger fallen nur etwa 50 % der CO 2 -Emissionen an. 3. Varianten und Möglichkeiten 3.1 Peikko Parking Entscheidungen zu treffen und dafür die richtigen Einflussfaktoren zu kennen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Wichtig ist es dabei, die Vor- und Nachteile eines Systems gegeneinander abzuwägen. Dabei ist es denkbar, dass je nach Standort und Nutzung verschiedene Eigenschaften verschiedene Gewichtungen erhalten müssen, um den Erfolg des Vorhabens zu sichern. Die Firma Peikko hat mit der Broschüre „Peikko Parking“ eine Hilfe für die Entscheidungsfindung herausgebracht [9]. Dabei wird konsequent auf den Einsatz von Verbundbauteilen gesetzt, um heutige und zukünftige Anforderungen an den Brandschutz sicher zu erfüllen. Durch den Austausch von Stahlanteilen gegen Beton kann die CO 2 - Bilanz deutlich verbessert werden. Der aus heutiger Sicht sehr seltene 124 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Einsatz von Holz für die Tragkonstruktion eines Parkdecks wird ebenfalls beleuchtet. Aufgrund der Brandschutzanforderung „nichtbrennbar“ erscheint es zunächst einmal schwierig dieses Material zu verwenden. Auf der anderen Seite wird der Einsatz von Holz immer mehr gefordert, was zu einer Veränderung der Bauordnungen führen wird. Technische Bemessungsansätze (z. B. über die Abbrandrate) liegen bereits vor und können angewendet werden. Die ersten Parkdecks aus Holz wurden bereits realisiert [10] [vgl. Abb. 19]. Abb. 19: Deckenkonstruktion Parkdeck aus Holz (Quelle: Parken aktuell, Jahrgang 32, März 2021, Ausgabe 120) In der Broschüre „Peikko Parking“ werden insgesamt fünf Varianten an einem ausgewählten Referenzparkdeck verglichen [vgl. Abb. 20]. - DELTABEAM ® + Holz-Beton-Verbunddecke - DELTABEAM ® + Elementplattendecke, vorgespannt - DELTABEAM ® + Elementplattendecke - DELTABEAM ® + Spannbetonhohlplattendecke - DELTABEAM ® + TT-Plattendecke Abb. 20: Darstellung der Deckenvarianten (Quelle: Peikko Parking) Die Kombination der einzelnen Deckensysteme in Verbindung mit den Haupttraggliedern des Verbundbaus werden bewertet und Auswirkungen im Hinblick auf die folgenden Kriterien aufgezeigt: [vgl. Abb. 21] Abb. 21: Bewertungskriterien (Quelle: Peikko Parking) Das gewählte Referenzparkdeck für die Ermittlung der Massen hat bei der Variante mit einer Holz-Beton-Verbunddecke folgendes Erscheinungsbild [vgl. Abb. 22]. Abb. 22: Referenzparkdeck (Quelle: Peikko Parking) Die Bewertung erfolgt mit einem Ampelsystem [vgl. Abb.-23]. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 125 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Abb. 23: Bewertung mittels Ampelsystem (Quelle: Peikko Parking) Zusätzlich werden Balkendiagramme für den Vergleich der einzelnen Varianten genutzt [vgl. Abb. 24, 25]. Abb. 24: Bewertung mittels Balkendiagrammen - Kosten, Bauzeit und Höhenentwicklung (Quelle: Peikko Parking) Abb. 25: Bewertung mittels Balkendiagrammen - Stützenraster, CO 2 -Emissionen/ Nachhaltigkeit (Quelle: Peikko Parking) 4. Zusammenfassung Die Bauindustrie hat einen deutlichen Einfluss auf den Klimawandel. Deshalb ist es an der Zeit über alternative Bauverfahren und Konstruktionen nachzudenken. Der Verbundbau kann dazu einen Beitrag leisten, da bezogen auf die Tragfähigkeit die CO 2 Äquivalente von Beton deutlich günstiger sind als die von Stahl. Dabei hat der Verbundbau im Hinblick auf den Brandschutz entscheidende Vorteile gegenüber dem reinen Stahlbau. Eine Beschichtung oder Verkleidung ist aus heutiger Sicht zum Erreichen dieser Anforderung nicht zielführend. Um es Investoren, Planern und Entwicklern sowie Bauherren leichter zu machen, verschiedene Kombinationen von Deckentragwerken in Verbindung mit einer innovativen Verbundkonstruktion miteinander zu vergleichen, hat die Firma Peikko eine Broschüre herausgebracht, die verschiedene Entscheidungskriterien auswertet. 5. Ausblick Brandschutz ist eines der höchsten Schutzziele im Bauwesen. Dabei können keine Kompromisse gemacht werden. Die aktuelle Anpassung der „Muster-Garagen- und Stellplatzverordnung M-GarVO“ vom 14. Juli 2022 trägt der Wichtigkeit des Brandschutzes für Parkdecks entsprechend Rechnung. Neue Bauweisen, die zu einer besseren CO 2 -Bilanz beitragen, wie der Holz-Beton-Verbundbau, müssen in den entsprechenden Bauordnungen gleichgestellt werden. Hierzu gibt es bereits entsprechende Fortschritte. 126 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz: Herausforderungen und Lösungen für Parkbauten gemäß neuer Mustergaragenverordnung Die zum Bauen unerlässlichen Materialien wie Stahl und Beton müssen in ihren Herstellungsprozessen angepasst werden. Dazu zählt im Wesentlichen die energieintensiven Prozesse durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Wasserkraft, etc.) weiter zu ermöglichen und alte Prozesse zu optimieren, um weniger Energie einsetzen zu müssen. Beim Einsatz von Stahl und Beton müssen recycelte Materialien Verwendung finden. Beton kann zu einem großen Teil wiederverwertet werden (Ersatz für Gesteinskörnungen und Zementstein). Der Baustahl kann zu einem hohen, fast 100 %-igen Anteil aus Stahlschrott hergestellt werden. Hierzu sei der mögliche Einsatz des schon heute marktreifen Peikko DELTABEAM ® Green genannt. Literaturangaben [1] EPD DELTABEAM ® Green 29.04.2020, Building Information Foundation, Helsinki. [2] M-GarStVO. [3] Von Monobaustoffen zu symbiotischen Materialkombinationen KI - Konstruktiver Ingenieurbau, Heft 05/ 2020. Sascha Schaaf Dipl.-Ing. (FH). [4] DIN EN 1994-1-1 2010-12, Beuth. [5] DIN EN 1994-1-2 2010-12, Beuth. [6] Allgemeine Bauartgenehmigung Z-26.2-49 DEL- TABEAM ® Verbundträger, 2020-10 Peikko Group Oy, DIBt. [7] DIN EN 1995-1-1 2010-12, Beuth. [8] DIN EN 1995-1-2 2010-12, Beuth. [9] Peikko Parking. [10] Parken aktuell Jahrgang 32, März 2021, Ausgabe 120. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 127 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze Matthias Bohnert Securiton Deutschland Zusammenfassung Das nachfolgende Sicherheitskonzept untersucht die Gefahren und Risiken, die mit dem Auf bau von Ladeinfrastruktur und dem Parken von Elektroautos in Gebäuden einhergehen. Ladesäulen- und Parkhausbetreiber sollten im Rahmen der Betreiberverantwortung den sicheren Betrieb der elektrotechnischen Anlagen gewährleisten und müssen sich somit mit einem Einrichtungsschutz auseinandersetzen. Die Hypothese, dass ein Brand von Elektroautos nicht gefährlicher ist als bei einem PKW mit Verbrennungsmotor, wird aufgrund der Kriterien Brandverhalten/ -entwicklung, Schadstoffaustritte und Temperatur falsifiziert. Eine Aussage über die Brandhäufigkeit kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gegeben werden. Der Einrichtungsschutz besteht aus Komponenten der Sonderbrandmeldetechnik, die einen Brand in den betrachteten Schutzszenarien detektieren, einer Abschaltung des Ladestroms und dem entsprechenden Alarmmeldekonzept. In Prävention investiertes Kapital zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden amortisiert sich in kürzester Zeit. Es ist immer wirtschaftlicher, Maßnahmen zur Verhinderung von Schadensereignissen zutreffen, als später die Schäden beseitigen zu müssen. Ganz abgesehen von nicht heilbaren psychologischen Schäden bei betroffenen Personen. 1. Einleitung und Motivation Die kommenden Jahre bis 2022 sind für die Entwicklung der Elektromobilität entscheidend. Fast alle der großen Autohersteller kündigen neue Modelle an, die mehr Komfort, größere Reichweiten und höhere Geschwindigkeiten versprechen. Der Traum der emissionslosen Fortbewegung scheint sich zu erfüllen. Um das Ziel „eine Million Elektroautos“ bis 2022 zu erfüllen, ist ein massiver Aufbau der Ladinfrastruktur (nachfolgend LIS) vor allem in urbanen halb-öffentlichen und öffentlichen Bereichen erforderlich [1]. Was auf der einen Seite der Umwelt zugutekommt, birgt auf der anderen Seite aber bisher kaum bekannte Gefahren. Tabelle 1: Unfallereignisse Elektromobilität Datum Ort Ereignis Qu. 09.08. 2019 Spielberg, Österreich MotoE: Eine der zehn mit Diesel-Generatoren bestückten Ladestationen explodierte. [2] 30.07. 2019 Herbolzheim, Baden Defekt an der Platine brachte die Ladestation zum Brennen. Stromzufuhr musste manuell gekappt werden. [3] 15.05. 2019 Recycling- Firma, Offenbach Ein Brand in einem Recycling-Betrieb in Offenbach hat für einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei gesorgt. [4] Eine umfangreichere Ausführung der vergangenen Unfallereignisse ist im Anhang aufzufinden. 2. Grundlagen zum Sicherheitskonzept Dieses Sicherheitskonzept untersucht zwei Schutzszenarien und richtet sich an die Zielgruppe der Ladestationsbetreiber, -hersteller sowie Parkhausbetreiber. Das Sicherheitskonzept zielt zudem auf die halbprivaten, halböffentlichen und öffentlichen Standorte für Ladeinfrastruktur ab. • Schutzszenario 01: Ladeinfrastruktur • Schutzszenario 02: E-Parkräume Gemäß DIN 14675-1 wird das Sicherheitskonzept der Kategorie 4 „Einrichtungsschutz“ zugeordnet. Diese Schutzkategorie kann spezielle Funktionen, Ausrüstungen oder Bereiche mit hohem Risiko schützen [5]. Die Ladeinfrastruktur sowie die E-Parkräume stellen einen solchen Risikobereich dar. Gemäß Mustergaragenverordnung (nachfolgend M-GARVO) kommen vor allem für geschlossene Mittel- und Großgaragen Brandmeldeanlagen zum Einsatz [6]. Diese Verordnung wurde zuletzt 2008 aktualisiert und so stellen derzeit auch Ladestationen und Elektroautos keine veränderten Anforderungen an Brandabschnitte, Brandschutztüren, Sprinkleranlagen oder Feuerlöscher [7]. Ladesäulen dienen der Abgabe von elektrischer Energie an Elektromobile und sind als Energieanlagen i. S. d. § 3 Nr. 15 EnWG zu qualifizieren. Der Ladestationsbetreiber muss im Rahmen der Betreiberverantwortung gewährleisten, dass von der elektrotechnischen Anlage kein Elektro- oder Brandunfall verursacht wird. Bei dem Ladesäulenbetreiber kommen für die Haftung gegenüber seinen Kunden (dem Eigentümer des Parkhauses) in dem die Ladesäulen stehen, sowie gegenüber unbeteiligten Dritten zwei Haftungsgrundlagen in Betracht: • die vertragliche oder vertragsähnliche Haftung und • die Haftung aufgrund von Verkehrssicherungspflichten [8]. 128 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze Der Betreiber muss regelmäßige Prüfungen und Gefährdungsbeurteilungen i. d. R. durch eine zertifizierte Elektrofirma durchführen lassen [9]. 2.1 Schutzszenario 01: Ladeinfrastruktur Derzeit sind ca. 18.500 Ladestationen in Deutschland in Betrieb. Ladestationsarten, Anschlussleistungen und Anzahl der Ladepunkte können sich hierbei unterscheiden. Da an einer Ladesäule ein sehr hoher Energieumsatz pro Zeit ermöglicht wird (bei der Ladebetriebsart 4 bis zu 200 A/ 1000 V), ist hier eine latente Gefahrenquelle vorhanden. Abbildung 1: Schaden Ladestation [10]. Durch eine fehlerhafte Handhabung von Verlängerungskabeln, Kabeltrommeln, Mehrfachsteckdosen sowie einer Quetschung oder Abscherung von Ladekabeln kann ein Defekt beim Ladevorgang auftreten [11, 12]. In der Ladestation können durch eine Alterung der elektronischen Komponenten (bei jahrelangem Betrieb) sowie schwierigen Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit, extreme Temperaturen etc.) Brände durch einen Kurzschluss hervorgerufen werden [13, 14]. Ein weiteres Risiko besteht in der Sachbeschädigung der Ladestationen durch manuelles Einwirken von Elektroauto oder eines Vandalen. Beispielsweise kann durch einen Zigarettenstummel in der Ladesäule eine Brandentwicklung hervorgerufen werden. Ein Risiko der Überladung eines Autos durch die Ladestation ist dagegen schwer vorstellbar, da hier ein Defekt in der Kommunikationsschnittstelle sowie der Klimatisierung der Batterie vorliegen müsste. Das Risiko ist vorhanden, aber gering [15]. Die Ladesäulen je nach Hersteller differenzieren sich in den technischen Ausstattungen, haben aber keine VdSzertifizierte Sensorik zur Branddetektion und -meldung integriert. Ein Temperatursensor, der eine Kühlung der Säule initiiert, stellt keine Lösung des vorbeugenden Brandschutzes dar. 2.2 Schutzszenario 02: Elektro-Parkräume Da im Durchschnitt ein PKW 95 % der Zeit (23 h/ Tag) parkt, liegt ein signifikantes Risikopotenzial eines Zwischenfalls bei den Elektro-Parkräumen. Es wird explizit von „Räumen“ gesprochen, da somit die Dreidimensionalität des Schutzszenarios verdeutlicht wird. Um die Risiken eines Elektroautos zu erläutern, wird nachfolgend ein Vergleich zu den Kriterien Brandhäufigkeit, Brandentwicklung/ -verhalten, Temperatur, Zündquellen, Schadstoffe und Möglichkeiten der Detektion und Bekämpfung mit einem PKW-Verbrenner gezogen. Brandhäufigkeit: In Deutschland brennen jährlich ca. 15.000 PKW. Davon sind 20-30 % auf politische motivierte Anschläge zurückzuführen. Ferner sind Brände auf technische Defekte, wie Motorbrände und heiß gelaufene Räder zurückzuführen. Aufgrund der geringen Verbreitung von vollelektrischen Fahrzeugen und der noch schwachen Datenlage lässt sich keine Rückschlüsse über die Brandhäufigkeit ziehen [16, 17]. Brandentwicklung/ -verhalten: In diesem Kriterium sind wesentliche Unterschiede zwischen einem PKW mit Verbrennungsmotor und einem Elektroauto zu erkennen. Ein Gros der Brände von Verbrenner- Fahrzeugen entsteht im Bereich des Motors. Bei einer geschlossenen Fahrgastzelle dauert ein Flammenübergriff zwischen zehn und zwanzig Minuten. Grundsätzlich gibt es beim Verbrenner, anders als in Spielfilmen gezeigt wird, keine Explosion! Es handelt sich um eine moderate Flammenausbreitung und es dauert mehrere Minuten bis zu einem Vollbrand. Schäden an einer Batteriezelle oder an der Struktur des Zellinneren führen zu einer Überdruckbildung und einer Überhitzung. Dieser Vorgang zeichnet sich durch thermische (Stichflammen) und akustische (Zischen, leichtes Knallen) Effekte aus. Zeitgleich erfolgt eine Deflagration, die mit einer starken Ausgasung und Rauchbildung startet. Die Ausbreitung dieser Deflagration auf weitere Batteriemodule wird als „Thermal Runaway“ bezeichnet. Dieser ganze Vorgang dauert unter 30 Sekunden. Ein weiteres Merkmal des Brandverhaltens eines Elektroautos liegt in dem ständigen Neuentfachen des Brandes aufgrund der Wiederentzündbarkeit der Batterie [18, 19, 20]. Abbildung 2: Brand E-Auto in China [21]. Brandtemperatur: Um einen Vergleich der Brandtemperatur bei Elektroautos und Verbrennern bewerten zu können, müssen beide Brandszenarien mit den gleichen Rahmenbedingungen stattfinden. Dies ist in der Forschung noch nicht durchgeführt worden. Jedoch lässt 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 129 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze sich aus vergangenen Brandversuchen ableiten, dass die Brandtemperatur eines Elektroautos in der Vollbrandphase ca. 100-250 °C heißer ist als von einem Verbrenner. Dies könnte Auswirkungen auf die Bausubstanz und somit der Statik eines Gebäudes haben. Auslöser/ Zündquellen: Auslöser für Brände bei Verbrenner sind Verkehrsunfälle, ausgelaufener Kraftstoff, Bremsen, schadhafte Autoreifen, elektrische Kurzschlüsse sowie Brandstiftungen. 80-90 % der Brände beginnen im Bereich des Motors. Bei einem Elektroauto können Defekte im Kühlkreislauf, elektrische Kurzschlüsse sowie Brandstiftungen zu Bränden führen. Zudem wird ein Zersetzungsprozess in der Batterie ab einer Temperatur von 70 °C gestartet. Der Hauptunterschied ist neben dem elektrifizierten Antriebsstrang die Energiespeicherung. Während bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor die Energie zumeist in Form flüssiger, fossiler Treibstoffe (z. B. Benzin, Diesel) gespeichert wird, stammt sie bei einem Elektrofahrzeug aus elektrochemischen, wieder aufladbaren Batterien, die aus hochreaktiven und brennbaren Bestandteilen sind [18, 20, 22]. Schadstoffaustritt: Besonderheit beim Verbrenner sind austretende Benzoldämpfe, die beim Einatmen giftig sind und akute und chronische Krankheiten verursachen können. Elektroautos stoßen dabei weitaus mehr Schadstoffe aus. Es ist zu beachten, dass aufgrund des Fluors, welcher in den Elektrolyten der Li-Batterie vorhanden ist, toxischer Fluorwasserstoff ausgesetzt wird. In Verbindung mit Wasser kann sich die sogenannte Flusssäure bilden. Bei einem Brand der Li-Batterie wird der IDLH- Wert (Maximalwert der Konzentration in der Luft) von mehreren Gasen um ein Vielfaches übertroffen. Die Lithium-Konzentration wird um das 600-fache, Kobalt um das 55-fache und Mangan um das Zweifache überstiegen. Besonders kritisch muss die Geschwindigkeit der Schadstofffreigabe gesehen werden. In der Zeitspanne, in der sich Flüchtende in Sicherheit bringen, können diese bereits Schäden aufgrund der hohen Schwermetallkonzentration davontragen [20]. Die Maßnahmen zur Branddetektion und -bekämpfung werden in der nachfolgenden Handlungsempfehlung zum Einrichtungsschutz aufgezeigt. 3. Handlungsempfehlung zum Einrichtungsschutz für Ladeinfrastruktur und Elektro-Parkräume Im Fokus der Handlungsempfehlung liegt aufgrund der vorausgegangenen Risikobetrachtung der Brandschutz. Ziel ist es, den Brand in der Ladestation oder eines E- Autos so früh wie möglich zu detektieren und mit dieser Detektion weitere Prozesse auszulösen. Für eine Branddetektion werden Brandmeldegeräte eingesetzt, die Komponenten einer Brandmeldeanlage sind. Diese Melder dienen der Branderkennung und können bei Detektion eines Feuers einen Alarm auslösen. Dieser Alarm wir dann an die Brandmeldezentrale geleitet, die wiederum an die Feuerwehr aufgeschaltet werden kann. Neben diesen automatischen Brandmeldern können auch nichtautomatische Brandmelder, z. B. Handfeuermelder, eingesetzt werden. Grundsätzlich können die Brandmelder in zwei Kategorien unterteilt werden: die bekannten punktförmigen Brandmelder, die in diversen Varianten verfügbar sind, sowie die Sonderbrandmelder. Zur letzten Kategorie zählen unter anderem Ansaugrauchmelder und lineare Wärmemelder. Je nach Anwendung und Umgebungsbedingung werden geeignete Brandmelder ausgewählt, um einen Brand schnell detektieren zu können, ohne dabei Täuschungsalarme auszulösen [6, 23]. In der Abbildung 3 wird eine Darstellung der Empfindlichkeitsstufen von Brandmeldern aufgeführt. Es ist zu erkennen, dass ein Ansaugrauchmelder bereits bei einer geringen Rauchkonzentration (in der Pyrolysephase) detektieren kann. Ein Ansaugrauchmelder kann bis um das 70-fache sensibler konfiguriert werden als ein konventioneller Punktmelder. Wärmemelder sind zu empfehlen, sobald schmutzige, feuchte und temperaturschwankende Rahmenbedingungen vorliegen. Abbildung 3: Empfindlichkeit von Brandmeldern 130 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze Brandfrühestdetektion für einen vorbeugenden Brandschutz Frühzeitige Branddetektion rettet Leben und Sachwerte, deshalb wird der Einsatz von Sonderbrandmeldetechnik für die Ladesäulen- und Elektro-Parkräume empfohlen. In urbanen, unterirdischen Infrastrukturen (z. B. Tiefgaragen) erschweren die Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit, Abgase, extreme Temperaturen) eine zuverlässige Branddetektion mit konventionellen Punktmeldern. Abbildung SecuriSens ADW und SecuriSens d-List Mit linearen Wärmemeldern kann gerade in Parkhäusern, die mit hohen Verschmutzungsgrade aufgrund der Abgasen rechnen müssen, Fehlalarmraten und Wartungskosten gesenkt werden. Hier kann der SecuriSens ADW 535 oder SecuriSens LIST eingesetzt werden. Der Vorteil des List-Systems liegt in der Lokalisierung. Mit den Temperatursensoren im Sensorkabel wird punktgenau angeben, wo sich der Brandherd befindet. Die Interventionskräfte können mit dieser Information schneller agieren. Für die Ladestationen sowie den Stellflächen der Elektroautos empfiehlt sich der Einsatz des Ansaugrauchmelders SecuriRAS ASDs. Der Brand wird so bereits in der Entstehungsphase detektiert und eine sofortige Abschaltung der Stromzufuhr wird initiieren. Der Alarm kann an die Leistelle des Kunden oder direkt an die Feuerwehr übertragen werden. Es ist zu empfehlen, dass Parkflächen, welche noch nicht überwacht werden, dringendst mit Sonderbrandmeldetechnik ausgestattet werden sollten, um ein flächendeckendes Brandschutzkonzept zu ermöglichen. Auch offene Parkhäuser sollten einen Einrichtungsschutz für Ladeinfrastruktur und E-Parkraumflächen realisieren. Zunächst gilt es zu prüfen, ob das Objekt für die neue Herausforderung noch ausreichend geschützt ist. Ist die verbaute normenkonforme Brandmeldeanlage überhaupt noch technisch in der Lage, die neuen Gefahren der E- Mobilität abzuwenden? Sind die bisher verbauten linienförmigen Wärmemelder bei Anwendungen mit Ladesäulen noch das richtige Schutzkonzept, oder ist es evtl. besser auf Ansaugrauchmelder umzurüsten, die in der Lage sind, einen Entstehungsbrand zu detektieren? Organisatorische Maßnahmen unterstützen den Brandschutz und die Brandbekämpfung Der Einrichtungsschutz für Ladeinfrastruktur und Elektrofahrzeuge könnte als „eigener“ Brandabschnitt definiert werden. Zudem sollten keine leichtentzündlichen Materialien in der Nähe der Ladeinfrastruktur gelagert werden. Videosicherheitssysteme von Securiton unterstützen bei Ermittlungen im Schadensfall. Ladesäulen sind auf Erdgeschossebene zu errichten, damit im Brandfall das Fahrzeug zeitnah aus dem Gebäude entfernt werden kann. Sprinkler-Anlage und Rauchgasabsaugung sind neben einer Brandmeldeanlage ein Muss. Mit der Rauchabsaugung erfolgt eine Reduzierung der Schadstoffkonzentration und mit der Sprinkler-Anlage kann das Fahrzeug schnell mit dem geeigneten Löschmittel -Wassergelöscht werden. 4. Kritische Diskussion und Fazit In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass in Prävention investiertes Kapital zur Verhinderung von Personen- und Sachschäden sich in kürzester Zeit amortisiert. Es ist immer wirtschaftlicher, Maßnahmen zu treffen, die das Eintreten von Schadensereignissen verhindern, als später die Schäden beseitigen zu müssen. Ganz abgesehen von nicht heilbaren psychologischen Schäden bei Personen, die Opfer einer Gewalttat oder Zeuge eines dramatischen Unfalls wurden. Die VDI-EE 5950 Blatt 2: Elektromobilität - Brandschutz auf Parkflächen und Ladeplätzen für Elektrofahrzeuge liefert Empfehlungen für Bestands- und Neubauten. Literaturverzeichnis [1] NEP. 2019. „Ziele Elektromobilität“. Nationale Plattform Elektromobilität (blog). 2019. http: / / nationale-plattform-elektromobilitaet.de/ hintergrund/ die-ziele/ #tabs [2] Wiesinger, G. 2019. „MotoE: Wieder Feuer - Ladestation ist explodiert“. SPEEDWEEK. 2019. https: / / www.speedweek.com/ moto-e/ news/ 147301/ MotoE-Wieder-Feuer-e28093-Ladestation-ist-explodiert.html [3] Feuerwehr Herbolzheim. 2019. „Einsatz am 30. 07.2019 um 17: 56 Uhr“. Herbolzheim. https: / / www.feuerwehr-herbolzheim.de/ einsaetze/ 1962/ detail/ Kleinbrand/ [4] Hessenschau, hessenschau de, Frankfurt. 2019. „Großeinsatz bei Brand in Offenbacher Recycling- Firma“. hessenschau.de. 15. Mai 2019. https: / / www.hessenschau.de/ panorama/ grosseinsatz-beibrand-in-offenbacher-recycling-firma,brand-recycling-unternehmen-100.html [5] DIN. 2018. DIN 14675-1: 2018-04 - Brandmeldeanlagen - Teil 1: Aufbau und Betrieb. https: / / www. beuth.de/ de/ norm/ din-14675-1/ 284606449 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 131 Brandschutz für Ladeinfrastruktur und Ladeplätze [6] BauNetz. 2019. „Garagen | Brandschutz | Sonderbauten | Baunetz_Wissen“. Baunetz Wissen. 2019. https: / / www.baunetzwissen.de/ brandschutz/ fachwissen/ sonderbauten/ garagen-3152261 [7] Frese, T. 2017. „Tiefgaragen: Brandschutz bei Elektroautos & Ladestationen“. 2017. / / www.feuertrutz.de/ tiefgaragen-anpassung-an-alternativepkw-antriebe/ 150/ 57046/ [8] KPMG, 2018. Haftung bei Ladesäulen. Interview. [9] Hägele, F, und D Bein. 2017. PROZESSLEITFADEN ZUR RECHTSSICHEREN ERRICHTUNG UND ORGANISATIONVON AC-/ DC-INFRASTRUKTUR. Herausgegeben von Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). 2. Aufl. Berlin. https: / / docplayer.org/ 57317934-Prozessleitfadenzur-rechtssicheren-errichtung-und-organisationvon-ac-dc-infrastruktur.html [10] De Roec, M. 2019. „Tesla Vehicle Caught on Fire While Plugged in at Supercharger Station“. Electrek (blog). 2. Juni 2019. https: / / electrek.co/ 2019/ 06/ 01/ tesla-fire-supercharger/ [11] VdS, 2015. Ladestationen für Elektrostraßenfahrzeugen. VDS 3471 https: / / shop.vds.de/ de/ download/ 2ec917b889370b8bde3cb66b0523af01/ [12] Schatzinger, S., Rose, H., 2012. Praxisleitfaden Elektromobilität - Hinweise für bauherren, architekten und ingenieure zum Ausbau elektromobiler Infrastrukturen in der HafenCity. [13] AG 4, A. 4 „Normung, Standardisierung und Zerti fizierung“ der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), 2013. Technsicher Leitfaden Ladeinfrastruktur. [14] DKE/ AK EMOBILITY.60, 2016. Der Technische Leitfaden Ladeinfrastruktur Elektromobilität. [15] Schwarzer, V.C.M., 2013. Elektroauto: Die Angst vorm Batteriefeuer ist unbegründet [WWW Document]. ZEIT ONLINE. URL https: / / www.zeit. de/ mobilitaet/ 2013-11/ elektroauto-brand-tesla (accessed 8.12.19). [16] Skarics, R., 2017. Wie oft brennen Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor? autorevue.at. [17] M/ S, 2017. Autobrände in Berlin - schlimme Statistik. https: / / www.pankower-allgemeine-zeitung. de/ autobraende-in-berlin-schlimme-statistik/ (accessed 8.12.19). [18] Brand-Feuer, 2019. Fahrzeugbrand. https: / / www. brand-feuer.de/ index.php/ Fahrzeugbrand (accessed 8.12.19). [19] Steinert, C., o.J. Feuerübersprung und Abbrandverhalten von Personenkraftwagen - Teil 1. o.O. [20] Mellert, L., Welte, U., Hermann, M., Dr. Kompatscher, M., Dr. Printicq, X., Tesson, M., Beckbissinger, J., 2018. Elektromobilität und Tunnelsicherheit - Gefährdungen durch Elektrofahrzeugbrände, Forschungsprojekt VSS 2016/ 221 auf Antrag des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS). Schweiz. [21] Online, Focus, 2019. Tesla brennt in Ratingen ab: Hat der Elektro-Star unsichere Akkus verbaut? [WWW Document]. FOCUS Online. URL https: / / www.focus.de/ auto/ elektroauto/ thermal-runaway-im-elektroauto-tesla-kennt-die-brandgefahr-seiner-akkus-seit-10-jahren_id_10620636. html (accessed 8.12.19). [22] Feuerwehr Großenrode, 2019. Brände an Verkehrsmitteln [WWW Document]. URL https: / / www. feuerwehr-grossenrode.de/ index.php/ info-s/ ausbildung/ 152-braende-an-verkehrsmitteln (accessed 8.12.19). [23] Securiton. 2018. „Brandschutz“. 2. September 2018. https: / / www.securiton.de/ de/ produkte/ brandschutz.html [25] Spiegel, 2019. Post zieht Hunderte StreetScooter zeitweise aus dem Verkehr https: / / www. spiegel.de/ auto/ aktuell/ deutsche-post-zieht-460-streetscooternach-braenden-aus-dem-verkehr-a-1258844.html. (accessed 21.02.2019). [26] Nöth, Ansgar. 2018. „Hoher Sachschaden: Brand eines Hochleistungsakkus in Karlstein“. BR24. 6. September 2018. https: / / www.br.de/ nachrichten/ bayern/ hoher-sachschaden-brand-eines-hochleistungsakkus-in-karlstein,R2pzQaz [27] Klarner, Karl-Heinz, und Maik Schumann. 2018. „Ladestation fängt Feuer : Brand in Mehrfamilienhaus in Sangerhausen“. Mitteldeutsche Zeitung. 18. August 2018. https: / / www.mz-web.de/ sangerhausen/ ladestation-faengt-feuer--brand-in-mehrfamilienhaus-in-sangerhausen-31131220 [28] bvfa, Geschäftsstelle Würzburg. 2018. „Brandschutz bei Li-Batterien“. Brandschutzkompakt, Nr. 60: 1-8. [29] Reicherter, Martin. 2017. „Einsatzkräfte vor großer Herausforderung“. Feuerwehr Reutlingen (blog). 24. November 2017. https: / / feuerwehr. reutlingen.de/ de/ Aktuell/ Eins%C3%A4tze/ Meldung? view=publish&item=article&id=10666 [30] Martin, Holland. 2017. „Hannover: Explosion von E-Bike-Akku löst Parkhausbrand aus“. heise online. 2017. https: / / www.heise.de/ newsticker/ meldung/ Hannover-Explosion-von-E-Bike-Akku-loest-Parkhausbrand-aus-3619564.html [31] Polizei, Offenburg. 2015. „Brand gemeldet - Vermutlich beim Laden von Batterien durch Kurzschluss der Ladestation zu Brand gekommen“. Brand gemeldet - Vermutlich beim Laden von Batterien durch Kurzschluss der Ladestation zu Brand gekommen (blog). 2015. https: / / www.regiotrends. de/ de/ polizeiberichte/ index.news.291406.brandgemeldet---vermutlich-beim-laden-von-batteriendurch-kurzschluss-der-ladestation-zu-brand-gekommen.html. Rechtsfragen und Regelwerke 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 135 135 „Bestanden mit Abweichung von Bestimmungen“ Mangel-/ Pflichtverletzungsrisiken für Sachkundige Planer (SKP) und ausführende Unternehmer wegen nach TR-Instandhaltung und Rili SIB zusätzlich erforderlicher aber z. T. nicht verfügbarer bauwerksbezogener Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweise für CE-gekennzeichnete Instandsetzungsbaustoffe Dr. Hubert Bauriedl LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB, München Zoom-in Ultra posse nemo obligatur! - Ultra posse nemo obligatur? VOB/ B-Bauvertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks, bei dem das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist, § 650a II BGB bzw. SKP-Architektenund/ oder Ingenieurvertrag, § 650p BGB, einschließlich Planung und „Begleitung der Ausführung“ gem. TR-Instandhaltung, Teil 1. Sach- und rechtsmangelfreie(s) Verschaffung/ Entstehenlassen des Werks, § 633 I BGB. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2023 - I-22 U 300/ 21, 22 U 300/ 21 -, juris, Rn. 58 ff: nach öffentlichem erforderlicher Verwendbarkeitsnachweis fehlt = Sachmangel OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2015 - 10 U 46/ 14 -, juris, Rn. 66: „Ein Werk ist bereits dann mangelhaft, wenn die Werkstoffe nicht einen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Gebrauchstauglichkeitsnachweis haben.“ FÜ-Bericht ® Bauordnungsrechtlicher Nachweis der Produktmerkmale NICHT erbracht. Abnahmeverweigerung oder nur unter entsprechende Mangelvorbehalt, Leistungsverweigerung bzgl. fälliger Vergütung/ Nacherfüllungs-/ Vorschussverlangen/ Minderung/ kleiner Schadenersatz usw. Ultra posse nemo obligatur vs. https: / / www.tph-bausysteme.com/ injektionstechnik/ rissinjektion/ dibt-gutachten/ 1. Vertragsrechtlicher Rahmen im VOB/ B-Bauvertrag § 3 VOB/ B 2016 (1) „Die für die Ausführung nötigen Unterlagen sind dem Auftragnehmer unentgeltlich und rechtzeitig zu übergeben. … (5) Zeichnungen, Berechnungen, Nachprüfungen von Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders a. den Technischen Vertragsbedingungen, vgl. § 1 (1) S. 2 VOB/ B 2016 = VOB/ C 2019 I. VOB/ C ATV DIN 18349 2019 mit Verweis in Ziff. 3.1.1 nur auf die RL SIB 2001-10 - Teile 1 bis 4, nicht jedoch auf die TR-Instandhaltung 2020-05 b. oder der gewerblichen Verkehrssitte c. oder auf besonderes Verlangen des Auftraggebers (§ 2 Absatz 9) zu beschaffen hat, sind dem Auftraggeber nach Aufforderung rechtzeitig vorzulegen.“ § 4 (2) Nr. 1 Satz 1 und 2 VOB/ B 2016: „Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er 1. die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen („öffentlich-rechtlicher Mindeststandard“) a. RL SIB 2001-10, Teile 1 bis 3, Ber. 1: 2002-01, Ber. 3: 2014-09 b. TR-Instandhaltung 2020-05, Teil 1 und Teil 2 in Bayern z. B. durch BayTB 2021, vgl. Art. 81a I BayBO bauaufsichtlich eingeführt Anlage A 1.2.3/ 5 Zur Technischen Regel (DIBt) Instandhaltung von Betonbauwerken „… Instandsetzungen von Betonbauteilen, bei denen die Standsicherheit gefährdet ist, gefordert. Eine Gefährdung der Standsicherheit liegt auch dann vor, wenn eine Gefährdung mit großer Wahrscheinlichkeit künftig zu erwarten ist.“ und 2. die anerkannten Regeln der Technik („planer- und bauvertragsrechtlicher Mindeststandard“, auch, soweit nicht bauaufsichtlich eingeführt, d. h., wenn keine Gefährdung der Standsicherheit mit großer Wahrscheinlichkeit künftig zu erwarten ist. 136 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 „Bestanden mit Abweichung von Bestimmungen“ a. RL SIB 2001-10, Teile 1 bis 3, Ber. 1: 2002-01, Ber. 3: 2014-09, soweit nicht überholt durch I. TR-Instandhaltung 2020-05, Teile 1 und 2/ ZTV-ING/ ZTV-W zu beachten. …“ § 13 VOB/ B 2016 „(1) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.“ Art 52 I 2f. BayBO: „… Erforderliche Nachweise und Unterlagen hat er [der Unternehmer] zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten. Werden Bauprodukte verwendet, die die CE- Kennzeichnung nach der Verordnung (EU) Nr. 305/ 2011 tragen, ist (nur, Anm. HB? ) die Leistungserklärung bereitzuhalten. Hinweis auf DAfStB Heft 638: Anwendungshilfe zur TR-IH i. V. m. der RL SIB, 2022 Vorschlag zur Bauvertragsgestaltung: Beschaffenheitsvereinbarung mit rechtgeschäftlicher Risikoverteilung „Der AN ist auch gegenüber dem AG verpflichtet, die zur Erfüllung der Anforderungen der BayBO oder aufgrund der BayBO erforderlichen Nachweise und Unterlagen zu den verwendeten Bauprodukten und den angewandten Bauarten einschließlich erforderlicher Leistungserklärungen Dritter, freiwilliger Herstellererklärungen sowie technischer Dokumentationen und Drittprüfungen, z. B. DIBt-Gutachten auf seine Kosten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten. Zusätzlich ist vom AN nachzuweisen, dass das verwendete Produkt sämtliche Anforderungen erfüllt, die gemäß der TR-Instandhaltung, Teile 1 und 2 i. V. m. der Instandsetzungs-Richtlinie des DAfStb in baulichen Anlagen einzuhalten sind, z. B. durch entsprechende Angaben des Produktherstellers in einer technischen Dokumentation entsprechend Artikel 30 oder Artikel 43 Bau-PVO. Die Parteien sind sich einig, dass die Instandsetzung trotz der gegenwärtig bestehenden Rechtsunsicherheiten und tatsächlichen Schwierigkeiten aus und in Zusammenhang mit der zutreffenden Nachweisführung über die Verwendbarkeit von Bau-produkten, vgl. https: / / www.guep.de/ wp-content/ uploads/ 2021/ 03/ Gemeinsames-Positionspapier_ Betoninstandsetzung_ Schlussfassung_18.02.2021.pdf Sowie https: / / deutsche-bauchemie.de/ fileadmin/ user_upload/ DBC-PM-2021-02-03_ DIBt_ fuehrt_rechtsw_ RW_ zur_TR-Instandhaltung_ein.pdf, erfolgen soll. Wo nach der bauaufsichtlich eingeführten TR-Instandhaltung und ggf. Instandsetzungsrichtlinie erforderliche bauwerksbezogene verwendungsspezifisch bestehende Anforderungen bis zur Abnahme nicht durch entsprechende Nachweise, z. B. durch ETA, Technische Dokumentation einer nach Art. 30 BauPVO qualifizierten Stelle, ehemalige Dokumentationsunterlagen oder Leistungserklärung geführt werden können, genügt als insoweit vereinbarte Beschaffenheit an Erfüllungs statt eine von … (neutraler Sachkundiger Planer) validierte schriftliche Erklärung des … (Sachkundiger Planer, der geplant hat) über die aus technischer Sicht bestehende abstrakte und konkrete Eignung des vom AN jeweils zur Verwendung vorgesehenen Bauprodukts für den konkreten bauwerksbezogenen Einsatz. Diese Validierung erfolgt auf Kosten und Risiko des AG, in dessen Auftrag der … (Sachkundige Planer, der geplant hat) die zu verwendenden Bauprodukte ausgeschrieben hat. Klargestellt und vereinbart wird, dass der AN nur Produkte zu verwenden hat, die einer solchen Validierung standhalten. Dabei ist der AN grundsätzlich an die von ihm angebotenen Hersteller und die angebotenen Produkte gebunden. Hat der AN jedoch Produkte bestimmter Hersteller kalkuliert, die der Validierung nicht standhalten, ist er zur vereinbarten Vergütung verpflichtet, alternative Produkte anderer Hersteller (z. B. Sika) zu verwenden, die der Validierung standhalten. Der AN ist verpflichtet, den (Sachkundigen Planer, der geplant hat) im Rahmen der Validierung durch … (neutraler Sachkundiger Planer) auf jeweiliges Verlangen unentgeltlich zu unterstützen, damit diese möglichst vor der Verwendung zustimmend abgeschlossen ist.“ Empfehlungen an SKP: siehe Herr Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt, Hochschule München, Vortrag: TR- Instandhaltung - der schwierige Umgang mit Materialien anlässlich des Dreikönigstreffens am 10.01.2023, im Zweifel nur Materialien ausschreiben, für die nach TR- IH und RL SIB („sicherster Weg“) Empfehlungen an AN: Nur anbieten, wozu die erforderlichen Verwendbarkeitsnachweise vorliegen; wenn Produkt anzubieten ist, zu dem die erforderlichen Verwendbarkeitsnachweise nicht vorliegen und auch nicht bis zur Submission eingeholt werden können, dann entsprechende Bieterfrage an öAG oder Vorbehalt im Angebot an privaten AG, Hinweis auf § 3 (1) VOB/ B, siehe oben und Vorschlag einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung; ohne vorherige vertragliche Regelung mindestens schriftlicher Bedenkenhinweis vor Ausführung und u. U. sogar Recht zur Leistungsverweigerung nach § 4 (1) Nr. 4 S. 1 letzter HS VOB/ B 2016 wegen drohendem Verstoß gegen die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen, Nachtragsangebot über Alternativprodukt mit erforderlichen Verwendbarkeitsnachweisen. Bestreiten der Wesentlichkeit des Mangels bei Abnahmeverweigerung, Unmöglichkeit/ Unzumutbarkeit der Nacherfüllung/ mitwirkendes Eigen- und zurechenbares deutlich überwiegendes Planerverschulden, Sowiesokosten. Zoom-out Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 10.02.2015 - 4 U 111/ 13 -, juris, Rn. 69: Ein bauordnungsrechtlicher Verwendbarkeitsnachweis kann die fehlende Übereinstimmung mit anerkannten Regeln der Technik nicht ersetzen. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 137 Der Sachkundige Planer (SKP) - Aufgabe, Vertrag, Verantwortung Grundlagen nach TR IH Teil 1, Heft 638 DAfStb. §§ 631 ff., 650p ff. BGB, ATV DIN 18349, HOAI 2021und Anlagen 10, 12 zur HOAI 2021 Prof. Dr. Gerd Motzke Universität Augsburg Zusammenfassung Die TR IH und das Heft 638 des DAfStb bilden für das Gelingen einer Instandsetzung oder einer Instandhaltung lediglich einen Teil eines Ganzen. Das Ganze besteht auch aus Regeln des BGB, der ATV DIN 19349 und der HOAI 2021. Nur wenn das bedacht wird, dass also eine Ergänzung der technischen Regeln durch Vertragsregeln und Regeln der HOAI zu erfolgen hat, wird das Werk zur Zufriedenheit beider Parteien gelingen. Das bedeutet, dass insbesondere das Werkvertragsrecht des BGB und das neu - seit 2018 - geregelte Architekten- und Ingenieurvertragsrecht zu beachten ist. Die Leistungsbilder der HOAI - Leistungsbild Objektplaner Gebäude und Leistungsbild Ingenieurbauwerke - entfalten eine entscheidende Rolle, weil in den Anlagen 10.1 und 12.1 der HOAI 2021 die vertragstypischen Arbeitsschritte beschrieben werden, deren Konkretisierung durch die TR IH erfolgt, die jedoch zugleich die TR IH entscheidend erweitern. 1. Einführung Die Planung der Instandhaltung von neu errichteten oder bestehenden Parkbauten ist aus der technischen Sicht nach der TR IH Teil 1 wie auch nach der ATV DIN 18349 planungsbedürftig. Bei in Betracht kommenden VOB/ B- Bauverträgen folgt diese Planungsbedürftigkeit nach dem in § 3 Abs. 1 VOB/ B enthaltenen Trennungsprinzip sogar mit dem Inhalt, dass die Planungsaufgabe dem Auftraggeber obliegt. Die TR IH Teil 1 weist diese Planungsaufgabe sogar einem ganz bestimmten Baubeteiligten zu, sie begnügt sich nicht mit dem Hinweis auf Architekten und Ingenieure, sondern verwendet die Bezeichnung „Sachkundiger Planer“. Damit wird freilich auch in gewissem Umfang Offenheit insofern erzeugt, als auch ausführende Unternehmer unter geregelten Voraussetzungen (z. B TR IH Teil 1 Abschnitt 8.4.3) „Sachkundiger Planer“ sein können. In solchen Fällen wird allerdings das der VOB/ B wie auch der ATV DIN 18349 zugrunde liegende Trennungsmodell - Planung Sache des Auftraggebers und Ausführung Sache des ausführenden Unternehmers - aufgehoben. Damit wird auch das sog. „Vier-Augenprinzip aus den Augen verloren, was im Einzelfall die Ursache für die Mangelhaftigkeit einer Planungsmaßnahme sein kann. 2. Aufgabe und Werk des Sachkundigen Planers (SKP) Maßgeblich erfolgt die Bestimmung durch den Auftraggeber (AG), dem es um die Neuerstellung oder die „Sanierung“ eines Parkbaues geht. Technische und vertragsrechtliche Komponenten spielen eine Rolle. Die Technische Seite wird in erster Linie durch die bereits genannten technischen Regelwerke bestimmt. Vertragsrechtlich stehen die Parteien vor der Frage, ob dem Planervertrag unter Honorierungsgesichtspunkten das Leistungsbild Objektplanung Gebäude (§§ 33 ff. HOAI 2021) oder das Leistungsbild Ingenieurbauwerk (§ 43 HOAI) zugrunde liegt. Nach der Objektliste der Anlage 12.2 zur HOAI 2021 werden eigenständige Tiefgaragen in der Gruppe 7 der Objektliste angeführt, weswegen nach dieser Tendenz die Planung einschließlich Sanierungsplanung einer selbständigen Tiefgarage dem Leistungsbild Ingenieurbauwerke zuzuordnen ist. Das bedeutet gleichzeitig, die Planung eines Parkbauwerks als Hochbaumaßnahme gehört danach in das Leistungsbild Objektplanung Gebäude, was auch dann gilt, wenn die Tiefgarage ein Bauteil eines Wohn- oder Gewerbeobjekts ist. Da die HOAI 2021 nur noch einen Ordnungsrahmen als Empfehlung formuliert, werden die Parteien insoweit Zuordnungsfreiheit haben. Die Entscheidung der Parteien hat allerdings durchaus Folgen, weil sich das Leistungsbild Ingenieurbauwerk durchaus verschieden vom Leistungsbild Objektplanung Gebäude abwickelt, was insbesondere bzgl. der Objektüberwachung erkennbar ist; die Leistungsphase 8 (Lph 8) besteht bei dem Vertrag über ein Ingenieurbauwerk in der Bauoberleitung (§ 43 HOAI) und die konkrete Objektüberwachung ist eine Besondere Leistung. § 43 Abs. 3 HOAI lässt den Parteien ausdrücklich auch Freiheiten in der Bewertung der Lph 5, was § 34 HOAI im Leistungsbild Objektplanung Gebäude ausdrücklich nicht kennt. 138 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Der Sachkundige Planer (SKP) - Aufgabe, Vertrag, Verantwortung 2.1 Verschränkung der Vorgaben der TR IH Teil 1 mit dem Vertragsrecht des BGB und der HOAI Wichtig ist, dass der SKP die nach der TR IH Teil 1 vorgesehenen einzelnen Planungsschritte vertragsrechtlich mit den Regeln des Architekten- und Ingenieurvertragsrechts in §§ 650p ff. BGB verknüpft und - nicht nur honorarrechtlich, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der zu erbringenden Leistungen die Verbindungslinien zu dem nach der HOAI einschlägigen Leistungsbild erkennt und zieht. Eine rein isolierte Betrachtungsweise verkennt, dass die technischen Aussagen der TR IH Teil-1 in den durch das Werkvertragsrecht des BGB vorgegebenen Rahmen eingebettet sind und die Leistungsbilder der HOAI die einzelnen technischen Arbeitsschritte strukturieren und den iterativen Planungsprozess abbilden. Die TR IH Teil 1 konkretisiert also die in der HOAI abstrakt beschriebenen Grundleistungen und damit die Arbeitsschritte. Allerdings haben die in den Anlagen 10.1 und 12.1 enthaltenden Arbeitsschritte auch erweiternde Wirkung für die TR IH Teil 1. Da es bei der TR IH Teil 1 um die Planung der Instandhaltung geht, ist z. B unter Honorierungsgesichtspunkten bereits nach § 2 HOAI zu entscheiden, welche Qualität das „Objekt“ aufweist: Geht es um eine Instandsetzung nach § 2 Abs. 8 HOAI, um eine Instandhaltung nach § 2 Abs. 9 HOAI oder gar um einen Umbau. 2.2 Die Arbeitsschritte nach der TR IH Teil 1 - Abschnitt 3 Abs.2, 1. bis 3. Spiegelstrich Die TR IH Teil 1 beschreibt im Abschnitt 3 Abs. 2 die einzelnen gebotenen Maßnahmen. Das beginnt mit der Ermittlung, Darstellung und Beurteilung des Istzustandes des Bauwerks bzw. des Bauteiles. Das ist der erste Schritt, der nach dem geschlossenen Vertrag zu erbringen ist. Dann folgen der 2. Schritt, nämlich die Festlegung des Mindest-Sollzustandes und der 3.-Schritt, nämlich der Vergleich des Ist-Zustandes mit dem Mindest-Sollzustand während der Restnutzungsdauer. 2.2.1 Die Verknüpfung mit dem Planerrecht des BGB § 650p BGB ist einschlägig. Die TR IH Teil 1 vermittelt danach notwendig den Eindruck, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Architekten-oder Ingenieurvertrags die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sein können. Denn diese hängen gerade von den Ergebnissen der Zustandsfeststellung ab. Die Verträge nach der TR IH Teil 1 befinden sich demnach immer in der sog. Zielfindungsphase, wenn diese nicht zuvor anderweitig abgewickelt worden ist und damit die wesentlichen Planungsziele der beabsichtigten Maßnahme bekannt sind und vereinbart werden können. Das führt notwendig bei einem auch umfassend geschlossenen Vertrag, der alle Leistungsphasen (Lph) eines Leistungsbildes umfasst, oder sich auf die Lph 1 bis 3 oder 4 beschränkt, zu einer Abwicklung nach Maßgabe des §-650p Abs. 2 BGB. Der Planer hat demnach zunächst die Planungsgrundlagen zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen und auf dieser Grundlage eine Kosteneinschätzung zu liefern. Der AG hat dann die Möglichkeit, seine Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern, was ein Sonderkündigungsrecht nach § 650r BGB auslöst. 2.2.2 Zustandsfeststellung und Bewertung als Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB Die Ermittlung des Ist-Zustandes, die Feststellung von Schäden, Schädigungsgrad, Schädigungsausmaß, dauerhaftsrelevante Einwirkungen, statische Beanspruchung, Schadensursache, Abschätzung der weiteren Zustandsentwicklung bei Unterbleiben von Maßnahmen (TR IH Teil 1 Abschnitt 3 Abs. 2. 1. Spiegelstrich), das alles wäre die Schaffung von Planungsgrundlagen, i.S. des § 650p Abs. 2 BGB. Die Planungsgrundlagen würden auch den Abs. 2, 2. Spiegelstrich beinhalten, nämlich die Festlegung des Mindest-Sollzustands, wie dies als 2. Arbeitsschritt in dem 2. Spiegelstrich beschrieben wird. Diese Planungsgrundlagen, anhand derer die Ziele festgelegt werden, sind von der Planung zu unterscheiden. Wie auch die Kosteneinschätzung von der Kostenschätzung zu unterscheiden ist. Jedenfalls verlangt das BGB im Fall eines in der Zielfindungsphase geschlossenen Architekten-/ Ingenieurvertrags die Erstellung der Planungsgrundlagen und die Erarbeitung einer Kosteneinschätzung, damit der Auftraggeber in der Lage ist, darüber zu befinden, ob der geschlossene Vertrag fortgesetzt oder durch Kündigung abgebrochen wird. Das BGB erweitert also deutlich die Aufgabenstellung nach der Technikregel um die Kostenkomponente. Damit erweitert das BGB den Verantwortungsbereich des Architekten/ Ingenieurs. Die TR IH Teil 1 und das Planerrecht müssen in Verbindung gesehen werden. 2.2.3 Planungsgrundlagen und Kosteneinschätzung mit Berücksichtigung der HOAI - Lph 1, 2: Grundleistung und Besondere Leistung Erfolgt die Ermittlung des Ist-Zustandes im Rahmen eines Planervertrags, haben die Planer unter Honorierungsgesichtspunkten zu beachten, ob die Ermittlungs- und Bewertungsaufgabe eine Grundleistung oder eine Besondere Leistung darstellt. Hilfreich ist der Blick in die Anlagen 10.1 und 12.1 der Leistungsbilder Objektplanung Gebäude und Ingenieurbauwerke. Maßgeblich ist die Beschreibung der Grundleistungen und der beispielweise beschriebenen Besonderen Leistungen. Die immer erforderliche Ortsbesichtigung ist eine Grundleistung in der Lph 1. Die Bestandsaufnahme und die technische Substanzerkundung sind im Leistungsbild Objektplanung Gebäude beschriebene Besondere Leistungen; im Leistungsbild Ingenieurbauwerke fehlt derlei in der Lph 1. Unter Honorierungsgesichtspunkten sind die Planer demnach aufgefordert, für Honorarsicherung zu sorgen. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 139 Der Sachkundige Planer (SKP) - Aufgabe, Vertrag, Verantwortung 2.2.4 Die Alternative zum Vorgehen nach § 650p Abs. 2 BGB - Werkvertrag über ein Gutachten Die Feststellungs- und Bewertungsaufgabe nach der TR IH Teil 1 ist eigentlich typischerweise eine gutachterliche Tätigkeit. Als Alternative kann sich deshalb für einen Planer in der Zielfindungsphase, wenn also die Instandsetzungsziele noch unbekannt sind, und der Ist-Zustand festzustellen und zu bewerten ist, anbieten, einen reinen Werkvertrag nach § 631 BGB mit dem Inhalt abzuschließen, ein Gutachten zu erstellen. Dem würde sich dann, wenn das Gutachten so ausfällt, dass der AG eine Instandsetzungsentscheidung trifft, der Planervertrag anschließen. Das Gutachten würde der Sache nach als Ergebnis die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele feststellen, auf die sich die Parteien einigen und zum Inhalt eines Planervertrags machen können. Gegenstand des Gutachtens wäre nach Abschnitt-3 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der TR IH Teil 1 unter Bewertungsgesichtspunkten die Festlegung des Mindest-Sollzustands nach Maßgabe der Anforderungen an die Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Verkehrssicherheit und Brandschutz, die während der Restnutzungsdauer eventuell unter Berücksichtigung von Wartungsmaßnahmen nicht unterschritten werden dürfen. 2.2.5 Fazit: Entscheidung der Parteien ist gefordert Angesichts dieser möglichen Varianten besteht eine Entscheidungsmöglichkeit der Parteien. Der Vorteil des gutachterlichen Ansatzes ist, dass die HOAI vollständig außen vor ist. Es gibt bei der Gutachterlösung 2 Verträge: Bei der Gutachterlösung entscheidet der AG in freier Entscheidung darüber, ob der Planerauftrag folgt. § 650p und § 650r BGB spielen keine Rolle. Bei der Lösung nach § 650p BGB gibt es nur einen Vertrag, der durch das Sonderkündigungsrecht beendet werden kann. 2.3 Arbeitsschritte nach TR IH Teil 1, 2. Absatz, 4., 5 Spiegelstrich 2.3.1 4. Spiegelstrich Instandhaltungskonzept Der 4. Spiegelstrich hat den technischen Arbeitsschritt „Erstellung eines Instandhaltungskonzepts mit gegebenenfalls mehreren Varianten unter Berücksichtigung der Aspekte Inspektion/ Wartung und Instandsetzung (inklusive Verbesserung) mit dem Ziel zum Gegenstand, eine technisch und wirtschaftlich begründet Lösung anzubieten. 2.3.1.1 Verschränkung der Vorgaben der TR IH Teil-1 mit dem Vertragsrecht des BGB und der HOAI Hierbei handelt es sich klar um eine Planungsaufgabe. Der zugrunde liegende Vertrag ist in diesem Stadium ein solcher, in dem die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele vereinbart zum Ausdruck gebracht werden können. Damit ist § 650p Abs. 1 BGB angesprochen und als vertragstypische Pflicht ist im Sinne der Anlagen 10.1 und 12.1 der HOAI die Lph 2, also die Vorplanung angesprochen. Die TR IH Teil 1 spricht vom Instandhaltungskonzept. Die TR IH Teil 1 ist im Vergleich zur Beschreibung der Arbeitsschritte/ Grundleistungen in der Lph 2 geradezu rudimentär. Achtung: Die Planer haben bei einem Planervertrag nach § 650p BGB als vertragstypische Leistungen nach dem Stand der Planung sämtliche Arbeitsschritte nach Maßgabe der Lph 2 der Anlagen 10.1 und 12.1 der HOAI abzuarbeiten. Diese Anlagen ergänzen und konkretisieren also die TR IH Teil 1 um die in den Arbeitsschritten a) bis i) (Anlage 10.1) und a) bis k) der Anlage 12.1 angeführten Leistungen. 2.3.1.2 Erweiterung der Verantwortung durch BGB und HOAI - Hinweisbedarf? Die TR IH Teil 1 ist also erkennbar rudimentär auf die rein technische Sicht beschränkt und notwendig, um die Arbeitsschritte in den genannten Anlagen zu erweitern. Die TR IH Teil 1 vermittelt den Eindruck einer beschränkten Verantwortung; es wäre nicht verkehrt, wenn in technischen Regelwerken auf eine Erweiterung der Verantwortung und Aufgabenstellung in anderweitigen Regelungen aufmerksam gemacht wird. 2.3.2 5. Spiegelstrich Instandhaltungsplangefordert ein Ausführungsplan in Ausrichtung an Lph 5 der Anlagen 10.1 und 12.1. Ein Manko der TR IH Teil 1 besteht diesbezüglich darin, dass eine Definition dessen, was unter einem Instandhaltungsplan zu verstehen ist, fehlt. Die RL SIB hatte im Teil 1 eine Definition enthalten; dort hieß es, der Instandhaltungsplan sei sinngemäß ein Ausführungsplan. Das gilt fachlich gesichert weiter. Aus der fortgeltenden Instandsetzungs-Richtlinie 2001, Teil 3 Abschnitt-1.2.2 kann entnommen werden, dass dieser Instandhaltungsplan so beschaffen sein muss, dass die Qualifizierte Führungskraft auf der Grundlage dieser Planung einen „Unternehmer-Arbeitsplan“ erstellen kann. Das bedeutet, dass dieser Plan nicht lediglich ein solcher sein darf, der der Entwurfsplanung nach Lph 3 der Anlage 10.1 und 12.1 entspricht, sondern es muss ein Ausführungsplan nach Maßgabe der Vorgaben der Lph 5 dieser Anlagen 10.1 und 12.1 sein. Das folgt so auch eindeutig auch aus AH 4. S. 16 des Heftes 638 des DAfStb. Dort heißt es, die Arbeiten seien nach dem vom SKP aufgestellten Schutz- und Instandsetzungsplan auszuführen; die qualifizierte Führungskraft habe einen detaillierten Arbeitsplan zu erstellen. 2.3.3 Erweiterung der TR IH Teil 1 um die Arbeitsschritte in der Lph 5 Anlagen 10.1 und 12.11.2023 Das hat zur Folge, dass ein Planer selbstverständlich auf der Grundlage eines Planervertrags, der auf das Leistungsbild Objektplanung Gebäude oder das Leistungsbild Ingenieurbauwerke verweist, auf die Aufgabenerweiterung durch die Arbeitsschritte in diesen Leistungsbildern zu achten hat. Also sind die in der Lph 5 140 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Der Sachkundige Planer (SKP) - Aufgabe, Vertrag, Verantwortung angeführten Arbeitsschritte Leistungssoll auch im Sinne des § 650p Abs. 1 BGB. Damit kommen z. B die Fortschreibung des Terminsplans und die Fortschreibung der Ausführungsplanung während der Objektüberwachung hinzu, was besonders bedeutsam ist, wenn der Planer die Leistungsphase 8 nicht im Auftrag hat. Dann muss notwendig der Arbeitsschritt Fortschreibung der Ausführungsplanung während der Objektüberwachung gestrichen werden. 3. TR IH Teil 1 - Defizit im Bereich der Ausschreibung, Erstellung eines LV Besonders relevant ist das Defizit der TR IH Teil 1 insofern, als die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses als Grundlage für einen Vertragsschluss mit einem ausführenden Unternehmer vollkommen fehlt. Dies ist verwunderlich, weil von der qualifizierten Führungskraft nach RL SIB Teil 3 Abschnitt 1.2.2 das Prüfen von Leistungsbeschreibungen erwartet wird. 3.1 Hilfestellung durch ATV DIN 18349 Abschnitt 0 Eine Hilfestellung bietet der Abschnitt 0 der ATV DIN 18349, der nicht Vertragsbestandteil eines Vertrages mit einem ausführenden Unternehmer wird. Die Hinweise für die Aufstellung eines LV sind jedoch wertvoll. Hinweis: Es könnte sich empfehlen, in den TR IH Teil-1 bzgl. der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses hierauf zu verweisen. 3.2 Bedeutung eines LV für das gewollte und geschuldete Bausoll/ Erfolgssoll Denn der Stellenwert eines LV ist für die Beurteilung des geschuldeten Bausolls/ Erfolgssolls von kaum zu überbietender Bedeutung. Denn grundsätzlich bestimmt das LV darüber, was von dem ausführenden Unternehmer als Leistung und Erfolg erwartet wird. Es liefert auch den Maßstab für die Mangelfreiheit oder die Mangelhaftigkeit des instandgesetzten Werks. Deshalb hat die qualifizierte Führungskraft das LV zu prüfen (RL SIB Teil 3 Abschnitt 1.2.2), deshalb formuliert die ATV DIN 18349 im Abschnitt 3.1.2 Prüfungspflichten des ausführenden Unternehmers, insbesondere dahin, ob der anzutreffende tatsächliche Bestand mit dem in der Leistungsbeschreibung beschriebenen Bestand (Beschreibung des Istzustands) übereinstimmt oder ob Abweichungen festzustellen sind. Das LV liefert damit die Basis für Prüfungs- und Bedenkenhinweispflichten und bildet so zusammen mit der Instandsetzungsplanung die Basis für des Erfolgs wegen in Betracht kommende Nachträge. Damit bildet ein LV einen Anhaltspunkt, an dem die Verantwortlichkeiten des Planers festgemacht werden können. Denn ein schlechtes LV kann eben Anlass für Nachträge des ausführenden Unternehmers sein, womit zu Lasten des AG die Kostensicherheit in Gefahr gerät. 4. TR IH Teil 1 - Defizitär im Bereich der Objektüberwachung durch den Planer Die TR IH Teil 1 formuliert für einen Planer, der die Objektüberwachung - Lph 8 des Leistungsbildes Objektplanung Gebäude - übernommen hat, eigenständig keine Anforderungen. Maßgeblich ist die Anlage 10.1 Lph-8 Arbeitsschritt a). Der Planer hat demnach die Überwachung nach Maßgabe der für die Ausführung geltenden Regeln vorzunehmen. Damit entfaltet die TR IH im Teil 1 insbesondere über die Angaben zu den Instandsetzungsprinzipien und Abschnitt 7 Bedeutung. Auf die Besonderheiten im Leistungsbild Ingenieurbauwerke ist bzgl. der Lph 8 zu achten (Unterschied zwischen Bauoberleitung und Objektüberwachung). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 141 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Dr.-Ing. habil. Ilja Irmscher GIVT Gesellschaft für Innovative VerkehrsTechnologien mbH, Berlin Zusammenfassung Ich habe bereits beim 10. Kolloquium Parkbauten über die Novelle zu den Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs referiert, die nunmehr im September 2023 als EAR-23 [4] erschienen sind. Im Zuge einer umfassende Gremienbeteilung ergaben sich jedoch noch verschiedene Anpassungen sowie Abstimmungen hinsichtlich der Zuordnung verschiedener Sachverhalte zu vorzugsweise jeweils dem diesbezüglich einschlägigen Regelwerk, um einen Anpassungsbedarf bei Novellierungen der tangierenden Regelwerke zu minimieren. Ein wesentliches Erfordernis für diese Novelle über 18 Jahre nach dem Erscheinen der EAR-05 ist die Bezugnahme auf die Bemessungsfahrzeuge nach der 2020 veröffentlichten RBSV - Richtlinie für Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen. Die größten Veränderungen beziehen sich dabei auf den Pkw, aber auch auf die Methodik der dynamisch zu erstellenden Schleppkurven. Der aktuelle Bemessungs-Pkw, der nach der 85-%-Systematik des Fahrzeugbestandes 2018 ermittelt wurde, wurde für die Ableitung der aktuell zu empfehlenden Regelabmessungen herangezogen. Dabei ist zu konstatieren, dass die Thematik der nominell um 13 cm größeren Fahrzeugbreiten in nahezu allen Pkw-Segmenten eine erhebliche Rolle spielt. Außerdem ist anzumerken, dass der Bemessungs-Pkw mit seiner Breite von 1,89 m dennoch bis zu 11 cm schmaler ist als etliche nahezu 2 m breite SUV. Dies implementiert die Definition eines Maximalfahrzeugs, die es formal in den Regelwerken nicht gibt. Weitere wesentliche Aspekte bei der Novellierung der EAR 23 ergaben sich aus den grundlegenden Änderungen im Verkehrsverhalten und dem Mobilitätswandel sowie durch eine umfassende Modernisierung des Betriebs, nicht zuletzt durch zunehmend IT-basierte Technologien. 1. Vorbemerkungen Ich beziehe mein Wissen für diesen Vortrag aus meiner Mitwirkung im Arbeitsausschuss (AA) 2.6 der FGSV- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., wobei ich neben der Ermittlung der fahrgeometrischen Zusammenhänge für das neue Bemessungsfahrzeug Pkw [1] im Team des AA-2.6 und mit Mitarbeitern meines Unternehmens für das neue eigenständige Kapitel 6 „Parkbauten“ der Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 federführend tätig war. Die Aufwertung der Parkbauten durch ein eigenständiges Kapitel ist dabei besonders hervorzuheben. Im Folgenden befasse ich mich vordergründig mit all jenen Aspekten, die im Zusammenhang mit Parkbauten von Bedeutung sind. Direkte Zitate aus den EAR-23 habe ich im Folgenden kursiv gedruckt. Fahrgeometrische Zusammenhänge und daraus abgeleitete Maße sind quasi als Hintergrundinformation zu verstehen und sind in den EAR 23 nicht enthalten, jedoch in der 2.-Auflage des 1. Bandes meines „Handbuches und Planungshilfe: Parkhäuser und Tiefgaragen“, vgl. [2]. 2. Neue Gliederung Die EAR 23 [4] wurden nach einer tiefgreifenden Überarbeitung neu gegliedert. Dabei sind im Wesentlichen alle Inhalte einem Überarbeitungsprozess unterzogen und neu sortiert worden, mit der Maßgabe eine bessere fachliche Logik und Handhabbarkeit als Regelwerk zu erreichen. Inhalte, die in anderen Regelwerken als Primärquelle bzw. übergeordnet enthalten sind, wurden im Wesentlichen auf Verweise reduziert, um im weiteren Novellierungsprozess der verschiedenen Regelwerke nicht ständig einen neuen Anpassungsbedarf auszulösen. 1. Einleitung 2. Parkraumplanung 3. Parkflächengeometrie und Abmessungen 4. Parkflächen im Straßenraum 5. Parkplätze 6. Parkbauten 7. Nutzung und Betrieb Anhänge A-D Von besonderem Interesse aus der Sicht der Parkbauten sind die fahrgeometrischen Herleitungen, die Kapitel 3 „Parkflächengeometrie und Abmessungen“ zugrunde liegen, das neue eigenständige Kapitel 6 „Parkbauten“ sowie die betrieblichen Aspekte in Kapitel 7 „Nutzung und Betrieb“. 3. Parkraumplanung Die Parkraumplanung wird übergeordnet zur Planung von Parkierungsanlagen und Parkbauten eingeordnet. Sie 142 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung findet vor allem auf kommunaler Ebene statt. In den EAR 23 wird die grundsätzliche Zielstellung formuliert, dass beim öffentlichen Straßenraum zunächst die zur Verfügung stehenden Flächen für regelkonforme Anlagen des fließenden Verkehrs einschließlich des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs, für Aufenthaltsflächen und für erforderliche Stadtbegrünung zur Verfügung stehen. Mit Ausnahme von Parkständen für mobilitätseingeschränkte Menschen sowie Flächen für Liefer- und Ladeverkehr sollte das Parken von Kraftfahrzeugen vorrangig auf private Flächen verlagert werden. Damit wird die Bedeutung aller Parkierungsanlagen außerhalb des öffentlichen Straßenraums, insbesondere in ober- und unterirdischen Parkbauten sowie von Stellbzw. Parkplätzen auf privaten Flächen gestärkt. Es werden die Methoden zur Bestimmung des Parkraumbedarfs erläutert, wobei auf die früher als Anlagen enthaltenen Stellplatzrichtzahlen und Ganglinien des Parkraumbedarfs verzichtet wurde. Heute wird der Parkraumbedarf und die Dimensionierung von Parkbauten vorwiegend nach dem sog. differenzierten Verfahren zur Prognose des Parkraumbedarfs bestimmt. So werden mit einem modellhaften Ansatz unter Berücksichtigung von spezifischen Kenngrößen für die fallweise zu berücksichtigenden Nachfragegruppen die Stellplatzbedarfe differenziert berechnet und tageszeitlich überlagert. Das Verfahren ist allgemeingültig und erlaubt mit den spezifischen Kennwerten aus Mobilitätsuntersuchungen auch die Ermittlung von Fuß-, Rad- und ÖPNV-Wegen bzw. beim Radverkehr auch die Ermittlung der Nachfrage an Abstellanlagen. Im Zuge der Mobilitätswende wird immer mehr nicht nur die verkehrliche Verträglichkeit eines Bauvorhabens bewertet, sondern über Mobilitätskonzepte werden ganzheitlich alle für den Standort und die Nutzer relevanten Mobilitätsformen mit einbezogen. 4. Bemessungsfahrzeug als Planungsgrundlage für Parkbauten Mit der Veröffentlichung der RBSV - Richtlinie für-Bemessungsfahrzeuge- und Schleppkurven (Ausgabe 2020) zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen [1] Anfang 2021 stand nunmehr auch förmlich die Grundlage für die Novellierung der Regelabmessungen in den EAR zur Verfügung. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass mit der Novelle dieses Schriftwerk vom Status „Hinweise“ zu einer „Richtlinie“ faktisch um zwei Stufen im FGSV-Ranking aufgewertet worden ist. Die geometrischen Kenngrößen der Bemessungsfahrzeuge sind als Tabelle 2 in den EAR 23 enthalten, so dass es nicht zwingend erforderlich ist, die RBSV direkt heranzuziehen. Exemplarisch ist in den EAR-23 ein neutralisierter Pkw als Bemessungsfahrzeug enthalten (hier Bild 1). Bild 1: Charakteristische Kenngrößen der Bemessungsfahrzeuge [4] Die Methodik der RBSV wurden mit der Novellierung der Hinweise zu Bemessungsfahrzeugen und Schleppkurven beibehalten. Es wurden auf der Basis der KBA- Zulassungsstatistik 2018 die relevanten Bemessungsfahrzeuge überarbeitet. Im Bereich der Nutzfahrzeuge wurden einige Gruppierungen geändert. Weiterhin sind die Bemessungsfahrzeuge „Fahrrad/ Pedelec/ E-Bike“ sowie „Kraftrad/ Motorrad“ enthalten. Lastenfahrräder konnten bis zum Redaktionsschluss 2019 noch nicht aufgenommen werden. Der aktuelle Bemessungs-Pkw (Tab. 1) wird vergleichsweise gut durch den Audi A6 C7 Avant (2011-2018) als Realfahrzeug abgebildet, ebenso durch die aktuellen Kombiversionen der BMW 5er Reihe sowie der Mercedes-E-Klasse. Als Besonderheit wurde für den Bemessungs-Pkw eine Fahrzeughöhe von 2,00 m definiert, weil die Spielräume bei den lichten Höhen deutlich kleiner als die seitlichen Sicherheitsräume sind, so dass damit auch eine Bemessungsfahrzeug-seitige Grundlage für die bisher festgelegten lichten Höhen nach den EAR-05 und unverändert in den EAR 23 von 2,10 m bzw. 2,30 m an Neigungswechseln über 8 % geschaffen wurde; die Höhen wurden für Pkw-Parkbauten beibehalten. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 143 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Tab. 1: Veränderung der geometrischen Kenndaten (85%-Perzentile) der auf dem Neuwagenmarkt erhältlichen Pkw-Modelle insgesamt (ohne Berücksichtigung der Häufigkeit des Auftretens) Betrachtungsjahr KBA Länge Radstand Höhe Überhanglänge Breite ohne Außen-spiegel Wende-kreisradius außen vorn hinten 1999/ 2000 4,74 m 2,70 m 1,51 m 0,94 m 1,10 m 1,76 m 5,85 m 2018 4,88 m 2,86 m 2,00 m 0,92 m 1,10 m 1,89 m 5,85 m Audi A6 C7 Avant 4,94 m 2,90 m 1,53 m 0,95 m 1,15 m 1,90 m 6,00 m BMW 5er touring (G61) 4,96 m 2,98 m 1,50 m 0,88 m 1,11 m 1,87 m Mercedes E-Klasse T-Modell 2023 (W214) 4,95 m 2,96 m 1,47 m 0,85 m 1,14 m 1,88 m Entwicklung von 2000 bis 2018 + 14 cm + 16 cm + 13 cm 0 cm In den EAR [3,4] wird für den Pkw-Bereich nur Bezug auf das Bemessungsfahrzeug genommen. Es hat sich jedoch in unserer eigenen Planungspraxis bewährt, zusätzlich eine sog. Durchfahrtprüfung mit einem Maximalfahrzeug in Fahrweise 1 durchzuführen. Hierfür setzen wir seit über 10 Jahren den VW-T6 mit langem Radstand ein (Tab. 2). Vergleichende Untersuchungen haben gezeigt, dass damit auch eine ausreichende Befahrbarkeit für etwa 2,0 m breite SUV wie den BMW X7 gegeben ist, weil Fahrzeuge dieser Klasse einen deutlich kürzeren Radstand haben. Grundsätzlich wird von dynamisch erzeugten Schleppkurven auf der Basis geeigneter CAD-Software ausgegangen, die Schablonen wurden bewusst deutlich reduziert und dürfen nur noch als spontanes Kontrollinstrument, jedoch nicht mehr als Planungsgrundlage eingesetzt werden. Bei den Schleppkurvenschablonen wurden nur solche in Fahrweise 1, d. h mit stetig sich während der Langsamfahrt änderndem Lenkeinschlag mit einem seitlichen Bewegungsspielraum von 0,50-m dargestellt. Bei der Herleitung der Regelabmessungen der EAR 23 wurden die Fahrweise 1 für alle Durchfahrten angesetzt, mit dem aktuellen Bemessungs-Pkw abgeleitet und im Interesse einer höchstmöglichen Gebrauchstauglichkeit intern für ein Maximalfahrzeug VW T6 mit langem Radstand überprüft. Weiterhin wurde die in den RBSV nicht mehr beschriebene Fahrweise 2, d. h. Rangieren mit Lenken im Stand und einem reduzierten seitlichen Sicherheitsabstand von 0,25 m, bei der Bemessung der Regelstellplätze und -fahrgassen angewendet. Die Durchfahrtprüfung mit einem VW T6 mit langem Radstand in Fahrweise 1 ließ sich schon erfolgreich mit regulär nach EAR 05 geplanten Parkbauten realisieren und wurde daher zusätzlich intern als Prüfung bei der Festlegung neuer Regelwerte im Bereich der Rampen und Fahrgassenlayouts durchgeführt. Das gilt auch für konsequent nach den EAR 23 geplante Parkierungsanlagen. Tab. 2: Empfehlungen für Pkw-Bemessungsfahrzeuge für die Planung von Parkbauten in Deutschland Bezugsfahrzeug FGSV Bemessungsfahrzeug Pkw (2018/ 2020) Maximalfahrzeug VW T6 lang Beschreibung Obere Mittelklasse als 85-%-Fahrzeug des Fahrzeugbestandes 2018 Kleinbus mit langem Radstand Luxusklasse, SUV und Vans bis zu einer Länge von 5,30 m Maximalhöhe 2,00 m 2,00 m Länge (Maximallänge) 4,88 m 5,30 m Radstand 2,86 m 3,40 m Überhang vorn/ hinten 0,92 m/ 1,10 m (<-1,13 m/ <-1,18 m) Breite ohne/ mit Rückblickspiegel 1,89 m/ ~ 2,10 m 2,00 m / 2,30 m Wendekreisdurchmesser außen 11,70 m 13,2 m 144 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 5.2 Stellplatzlayout Entsprechend der Veränderung der Breite des Bemessungsfahrzeugs Pkw ergab sich eine Anpassung der Regel-Stellplatzbreite um (leicht aufgerundet) +15 cm und der Stellplatzlängen um +20 cm. Daraus „ergeben sich die folgenden Stellplatzbreiten für die Schräg- und Senkrechtaufstellung … zu: - b = 2,65-m, wenn keine Längsseite, - b = 3,00-m, wenn eine Längsseite und - b = 3,05-m, wenn jede Längsseite durch aufgehende Bauwerksteile oder Absperrungen ganz oder teilweise begrenzt ist. Hierzu zählen z.-B. auch Stützen auf halber Parkstandlänge, die das Öffnen der Fahrzeugtüren behindern. Nicht zu vermeidende Stützen oder Wände zwischen den Parkständen sollen um 0,75-m vom Fahrgassenrand abgesetzt werden, andernfalls stehen sie beim Ein- oder Ausparken in der für die Kurvenfahrt benötigten Fläche.“ (Bild 3) 5. Ableitung neuer Regelabmessungen Es wurden alle Pkw-relevanten Regelmaße der EAR 05 im Zuge der Novellierung einer Überprüfung unterzogen. Dabei zeigte sich, dass bestimmte Abmessungen wie die Fahrgassenbreiten in Bereichen ohne Stellplätze sowie auf Rampen im Allgemeinen weiterhin Bestand haben, weshalb hierzu keine Änderungen erforderlich waren. Allerdings war es erforderlich, die Breiten der Halbgeschossrampen neu abzuleiten. 5.1 Flächenbedarf beim Ein- und Ausparken Der Flächenbedarf beim Ein- und Ausparken einschließlich der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme wurde mit Hilfe der Schleppkurven für den Bemessungs-Pkw einschließlich der seitlichen Sicherheitsabstände in Fahrweise 2 bestimmt und exemplarisch dargestellt (Bild 2). Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass der jeweils benachbarte Stellplatz temporär auch mit in Anspruch genommen wird, ebenso beim Ein- und Aussteigen. Bild 2: Flächenbedarf beim Ein- und Ausparken sowie die erforderliche Fahrgassenbreite in Abhängigkeit vom Aufstellwinkel exemplarisch für 54 0 und 72 0 nach [4] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 145 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 3: Neue Regelabmessungen für Pkw-Parkstände bei 90 0 -Aufstellung nach [4] Die Fahrgassenbreite beträgt bei 90 0 -Aufstellung anstelle bislang 6,00- m nunmehr 5,60- m, weil die Stellplätze durch die größere Breite ebenso gut wie vorher geometrisch anfahrbar sind, wobei bei einer Senkrechtaufstellung das Parken mit dem Bemessungsfahrzeug nur rückwärts in insgesamt drei Zügen möglich ist. Die Ableitung dieser Regelwerte bei Senkrechtaufstellung ist in Bild 4 zu sehen. Für die Einfahrtrichtung vorwärts ist eine Fahrgassenbreite von mindestens 6,50 m erforderlich, die jedoch nicht explizit in den EAR 23 erwähnt wird. Diese Verbreiterung ist bei Parkbauten von Bedeutung, bei denen die Nutzung der Kofferräume wichtig ist, z. B. beim Einzelhandel und an Flughäfen, sofern eine 90 0 -Aufstellung gewählt wird. Bild 4: Herleitung der Fahrgassenbreiten bei 90 0 -Aufstellung in Abhängigkeit von der Einparkrichtung Die Regelwerte für Schrägaufstellung wurden ebenfalls neu ermittelt (Bild 5). Die Winkelangaben erfolgen in den EAR 23 sowohl in gon als auch in 0 . Die reguläre Einparkrichtung bei Schrägaufstellung ist vorwärts, mit Ausnahme der ersten beiden Stellplätze nach einer Kurve auf deren Innenseite. 146 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 5: Herleitung der fahrgeometrisch mindestens notwendigen Stellplatzabmessungen für verschiedene Aufstellwinkel für den FGSV-Bemessungs-Pkw Aus Bild 5 wird auch deutlich, dass über den Aufstellwinkel eine Anpassung an die jeweils mögliche Breite des Baukörpers möglich ist, wodurch sich projektspezifisch ein optimiertes Layout entwickeln lässt. Analog hierzu ist es aber auch möglich, unter der Voraussetzung stützenfreier Parkstraßen eine Anpassung an andere Bemessungsfahrzeuge über eine Anpassung des Aufstellwinkels und der Stellplatzbreiten vorzunehmen. Für die Definition der Regelwerte wurden neue Systembilder mit gegensinnig und gleichsinnig angeordneten Parkmodulen entwickelt (Bild 6), die Einzelwerte wurden tabellarisch zusammengestellt. Diese Systembilder wurden übersichtlicher als in dem früheren Anhang F dargestellt und der Umfang der Zahlenwerke reduziert, zumal diese in der Praxis kaum genutzt wurden. Verzahnungseffekte bei gegenüberliegend angeordneten Stellplatzreihen werden nicht mehr als Regelfälle berücksichtigt, weil diese wegen der oft zwischen zwei Stellplatzreihen anzuordnenden Stützen oder anderweitige aufragenden Bauteile wie Laternen eher selten möglich sind. Derartige Sondersituationen lassen sich aber jeweils individuell mit derselben Methodik mit dem Bemessungsfahrzeug herleiten. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 147 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 6: Definition der Abmessungen von Parkmodulen für Pkw-Parkflächen nach [4] Weiterhin wurde in den EAR-23 erstmals auf den häufig vorkommenden und besonders bei kleineren Parkbauten relevanten Effekt der fahrgeometrischen Situation an einem Sackgassenende eingegangen. Hierfür wurden die fahrgeometrisch möglichen Varianten mit einer Verlängerung der Fahrgasse oder mit einer Verbreiterung der letzten Stellplätze für Stellplatzbreiten von 2,50-m und von 2,65-m für 5 Züge pro Parkvorgang untersucht und verallgemeinert in das Regelwerk aufgenommen (Bild 7). 148 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 7: Fahrgeometrisch erforderliche Anpassung an einem typischen Sackgassenende in der Herleitung für Stellplatzbreiten von 2,50-m (oben) bzw. von 2,65-m (Mitte) bei insgesamt 5-Zügen pro Parkvorgang und verallgemeinert im Regelwerk [4] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 149 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 5.3 Applikation für Parkebenen und Parkplätze Die Applikation der Stellplatzabmessungen auf Parkplätze wird in den EAR 23 im Abschnitt „5.3 Pkw-Parkplätze“ nur mit zwei unbemaßten Beispielen für die Stellplatzeinteilung in Senkrecht- und in Schrägaufstellung gezeigt (hier Bild 8) Bild 8: Beispiele für die Stellplatzeinteilung auf einem Pkw-Parkplatz in Senkrecht- und in Schrägaufstellung [4] Parkebenen als wesentliches Element der Parkbauten werden in den EAR 23 nicht weiter detailliert beschrieben. Sie sind entsprechend den grundlegenden Regeln zur Parkflächengeometrie (Kapitel 3) zu gestalten. Ich habe daher in der 2. Auflage meines Handbuches eine Reihe von Regelsituationen abgeleitet (exemplarisch in Bild-9) und zahlreiche Ausführungsbeispiele dargestellt, die unter unterschiedlichen Randbedingungen geplant und gebaut wurden. Bild 9: Stützenfreie Parkstraße mit Senkrechtaufstellung als Sackgasse mit den Abmessungen nach EAR 23, Stützen außerhalb der Parkstraße, Stellplätzen 2,65-m x 5,20 m und einer 5,60 m breiten Fahrgasse entsprechend einer Parkstraßenbreite von 16,00 m [2] 6. Parkbauten Der Abschnitt Parkbauten (ehemals 4.5) wurde zu einem eigenen Kapitel 6 aufgewertet und wesentlich erweitert. Im Folgenden soll auf die einzelnen Unterpunkte kurz eingegangen werden. Die Nummerierung der Gliederungspunkte in diesem Abschnitt korrespondiert mit jener in den EAR-23. Bei der inhaltlichen Systematik wurde besonders darauf geachtet, dass diese in ihrer Reihenfolge der Logik eines typischen Entwurfsprozesses folgt. 150 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 6.1 Grundsätze und Klassifizierung Parkbauten sind in dem Abschnitt „Grundsätze und Klassifizierung“ definiert. Es wird explizit auch gefordert, bei der Planung von Parkbauten in besonderem Maße Wert auf eine uneingeschränkte Gebrauchstauglichkeit und ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit im Sinne der Empfehlungen des ADAC zu legen (siehe auch [7]). Die Nachhaltigkeit ist im Interesse zukünftiger Nutzungen zu berücksichtigen. „Zur Vordimensionierung von Pkw-Parkbauten wird auf der Grundlage realisierter aktueller Planungen orientierungsweise von einem spezifischen Grundflächenbedarf pro Pkw-Stellplatz von 30 m² bis 40 m² ausgegangen, je nach dem Grundriss, der Größe, dem Layout und dem System der vertikalen Erschließung.“ Die Differenzierung der Parkbauten nach der M-GarVO wird detailliert erläutert. Da Großgaragen eine große Varianz der Stellplatzanzahlen von ca. 30 bis zu mehreren Tausend Stellplätzen aufweisen, werden weitere Differenzierungen eingeführt, die jeweils spezifisch anzuwenden sind (Unterstreichungen habe ich redaktionell eingefügt): • „Kleine Großgaragen bis zu etwa 100 Stellplätzen sind typisch für zahlreiche integrierte Parkierungsanlagen ohne weitere besondere Anforderungen; • Mittlere Großgaragen mit etwa 100 bis 400 Stellplätzen sind oft typische Parkbauten in innerstädtischen Bereichen, auch mit öffentlichen Nutzungen und mit durchschnittlichen Anforderungen; • Große Großgaragen mit etwa 400 bis 800 Stellplätzen sind als Parkbauten an größeren Standorten anzutreffen und weisen oft deutlich erhöhte Anforderungen auf; • Sehr große Großgaragen mit mehr als 800 bis zu mehreren 1.000 Stellplätzen werden charakteristisch an besonders großen Mobilitätsschnittstellen (Flughäfen, Park-and-Ride, Bahnhöfen u. ä.), Einkaufszentren mit über 50.000-m² Verkaufsfläche, Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung, Sport- und Veranstaltungsstätten sowie Großunternehmen betrieben.“ Die Definition mechanischer, halbautomatischer und automatischer Parksysteme wurde im Kontext zu der heutigen Praxis präzisiert. Es wurde wiederum die Kategorie der halbautomatischen Parksysteme eingeführt, die es in den EAR 05 so nicht gab. Parallel ist die Schaffung von Fahrradabstellplätzen in der ausreichenden Anzahl und in einer angemessenen Qualität zu sichern. „Sollen Fahrradabstellplätze in Verbindung mit Parkbauten für Pkw realisiert werden, ist eine klare verkehrliche Abgrenzung, der von ihnen genutzten Verkehrsräume zu empfehlen. Die Zulassung von Mischverkehr bedarf immer einer sorgfältigen Planung. Dabei sind die unterschiedlichen Anforderungen an die Höhe …, die Rampenneigung …und mögliche Konflikte bei der Mitnutzung von für Pkw ausgelegten Abfertigungsanlagen mit Schranken zu berücksichtigen.“ Im Weiteren wird auf die „Hinweise zum Fahrradparken“ [9] verwiesen, die sich derzeit ebenfalls in einem Novellierungsprozess befinden. Zur Thematik des Fahrradparkens verweise ich auch auf meinen gesonderten Vortrag beim 10. Kolloquium Parkbauten 2022 [10]. 6.2 Entwurf von Parkbauten 6.2.1 Vorüberlegungen Als Planungshilfe wurden die wesentlichen Grundlagen für den Entwurf von Parkbauten in einem gesonderten Abschnitt „Vorüberlegungen“ zusammengetragen. Aufgrund ihrer großen Bedeutung wurde den Anforderungen in Bezug auf den Brandschutz und den Lärmschutz eigene Abschnitte gewidmet. Es werden ausführliche Empfehlungen zum Entwurf von Parkbauten gegeben. Diese widmen sich dann Einzelpunkten, wobei ich hier besonders auf die Änderungen gegenüber den EAR 05 eingehe. 6.2.2 Ein- und Ausfahrten Bezüglich der Ein- und Ausfahrten erfolgte eine Präzisierung der räumlichen Situation an Schrankenanlagen mit einer auf 2,50 m bis 2,70 m verengten Fahrbahn (Bild 10). Die Dimensionierung der Rückstauräume erfolgt nicht mehr nach Vorgaben innerhalb der EAR, sondern wird inhaltlich gleichlautend mit Verweis auf das HBS-Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen [6] abgehandelt. Hierzu läuft ein gesonderter Novellierungsprozess, der einer Anpassung an aktuelle Parkabfertigungsanlagen beinhalten soll. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 151 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 10: Beispiel für eine kombinierte Ein- und Ausfahrtkontrolle nach einer Rechtskurve [4] Bild 11: Anordnung einer Frontkamera für die Kennzeichenerfassung in Kombination mit einer herkömmlichen Schrankenanlage; letztere kann ggf. entfallen [nach Scheidt & Bachmann] Weiterhin wird auf Aspekte von berührungslosen Parkabfertigungsanlagen hingewiesen, die jedoch nach dem vorläufigen Entwicklungsstand der Freeflow-Systeme die gleichen baulichen Maßnahmen in Bezug auf eine Kanalisierung der Verkehrsströme erfordern wie beim Einsatz von Schrankenanlagen. Hierzu gibt es keine bildlichen Darstellungen in den EAR 23, die ich für die gegenwärtig am Markt bevorzugte Kennzeichenerfassung ergänzend hier mit Varianten für eine Frontkamera in Bodennähe in Korrespondenz zur Ein- und Ausfahrtkontrolle gemäß Bild 10 als Bild 11 sowie im Vertikalschnitt mit einer Front- und einer Heckkamera an der Decke (Bild-12) einfüge. Die für Dauerparker häufig eingesetzte Detektion der RFID-Chips, die hinter der Frontscheibe des Pkw montiert werden, erfordert entsprechend aufgeständerte RFID-Leser etwa in der Position von Kamera 1 in Bild 11. 152 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 12: Beispiel für eine Kennzeichenerfassung mit zwei an der Decke angebrachten Kameras, um über den Abgleich zwischen den Daten der Front- und Heckkameras eine vergrößerte Erkennungsquote zu erreichen [nach Scheidt & Bachmann] 6.2.3 Geschossbauweisen Die Geschossbauweisen werden ähnlich wie früher beschrieben, allerdings mit überarbeiteten Grafiken (Bild-13), die der Gestaltung in meinem Handbuch [2] folgen, jedoch nicht coloriert werden. Bild 13: Prinzipbilder zu den verschiedenen Geschossbauweisen von Parkbauten (unmaßstäblich): Vollgeschossbauweisen mit geraden und mit Wendelrampen, Halbgeschossbauweise, Rampenparkhäuser mit Parkrampen [4], [2] Der Vollständigkeit halber sind diese Prinzipbilder noch um die weit verbreiteten Formen eingeschossiger Tiefgaragen mit ein- und zweispurigen geraden, ggf. auch teilgewendelten, Rampen zu ergänzen (Bild 14). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 153 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 14: Prinzipbilder für weitere typische Parkbauten: kleine beziehungsweise mittlere Tiefgarage als elementare Version der Vollgeschossbauweise (links) und Tiefgarage als Großgarage mit einer Parkebene [2] 6.2.4 Rampen Zahlreiche Aspekte bei der Planung der Rampen wurden aus den EAR 05 übernommen und nur geringfügig modifiziert. Die Fahrbahnbreiten von Zufahrt- und Vollgeschossrampen blieben unverändert. Bezüglich der Rampenneigung werden die bisherigen Regelwerte von maximal 15 % im Allgemeinen und 6 % bei Parkrampen im Speziellen übernommen. Innenrampen in nichtöffentlichen Parkbauten können in Ausnahmefällen bis zu 20-% geneigt sein; dies muss in einem Baugenehmigungsverfahren beantragt werden. Bei Neigungswechseln sind Neigungsdifferenzen über 8-% auszurunden, um ein Aufsetzen der Fahrzeuge zu vermeiden. Kuppenausrundungen sollen (wie bisher auch) mit einem Halbmesser H K ->-15-m und Wannenausrundungen mit H W ->-20-m ausgeführt werden (Bild 15). Die früher übliche Abflachung mit der mittleren Rampenneigung über 1,5 m bzw. 2,5 m wurde explizit herausgenommen, weil diese mitunter nicht sachgerecht ausgeführt wurde und nicht immer ausreichend die Böschungswinkel und Bodenfreiheit moderner Sportwagen (vgl. Bild 16) berücksichtigte. Bild 15: Kuppen- und Wannenausrundung bei Rampen [4] Bild 16: Statische Prüfung der Überfahrt eines Porsche 911 GT3 RS über die Wanne und die Kuppe einer Tiefgaragenrampe 154 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung „Gekrümmte Rampen müssen eine Querneigung zur Kurveninnenseite von mindestens 3-% aufweisen. Beim Richtungswechsel der Krümmung einer Rampe erfolgt eine Verwindung um die Fahrbahnmittelachse. Beim Übergang von geraden zu gekrümmten Bereichen einer Rampenfahrbahn und umgekehrt ist eine stetige Anpassung von 0-% bis zu dem nominellen Wert zu realisieren, und umgekehrt. Die Länge des Übergangsbereiches soll in Anlehnung an die Längen von Kuppen und Wannen über eine Fahrbahnlänge von 1,50-m bis 2,50-m erfolgen. Bei der Anbindung von Ein- und Ausfahrten an Rampen mit gekrümmten Fahrbahnen ist die Querneigung sinngemäß anzupassen, es kann partiell eine Reduktion der Querneigung auf 0-% erforderlich sein.“ Hierzu habe ich ergänzend Bild 17 eingefügt. Bild 17: Wechsel der Kurvenüberhöhung am Wendepunkt zwischen einer Wendelrampe und einer angesetzten Ausfahrt [2] „Kurvenverbreiterungen sind aus fahrgeometrischen Gründen bei Innenradien unter 20,00- m immer erforderlich.“ Ein Beispiel für eine solche Verziehungsstrecke ist exemplarisch unbemaßt in den EAR- 23 dargestellt (Bild 18). Bild 18: Beispiel für die Anbindung einer geraden Rampe mit der fahrgeometrisch erforderlichen Aufweitung [4] Als Hintergrund für das Bild in den EAR 23 (Bild 18) sind in meinem Handbuch verschiedene bemaßte Varianten für die erforderliche Aufweitung beim Anschluss gerader Rampen an eine Parkebene enthalten, exemplarisch in Bild 19 [2]. Weitere praxisrelevante Anbindungsvarianten wurden erstellt [2]. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 155 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 19: Erschließungsvarianten für eine Parkstraße mit geraden Rampen und den erforderlichen Aufweitungen; Durchfahrtprüfung mit dem Maximalfahrzeug VW T6.1 mit langem Radstand [2] „Bautechnisch werden Halbrampen zwar meist als gerade Rampen ausgeführt, sie sind aber im Bereich der Anschlüsse an die Halbgeschosse fast immer mit einer 90°-Kurve anzufahren, weshalb sie eine besonders breite Fahrbahn (in der Regel > 4,00-m) erfordern.“ Hierzu verweise ich auszugsweise auf Bild 20. 156 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 20: Beispiele für Halbrampen in den EAR 23: links für Einrichtungsverkehr, rechts mit Zweirichtungsverkehr als Linksverkehr [4] Als Hintergrund zu Bild-20 sind in Bild-21 die vollständigen Regelabmessungen für zweispurige Halbrampen mit Gegenverkehr einschließlich Schleppkurvennachweis mit dem VW T6 mit langem Radstand und eine beispielhafte Verkehrsbeschilderung enthalten. Die eingetragenen Maße sind als Mindestwerte zu verstehen. Bild 21: Regelabmessungen für zweispurige Halbrampen mit Gegenverkehr nach EAR 23 mit dem Schleppkurvennachweis mit dem VW T6 mit langem Radstand und Beschilderungsbeispiel [2] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 157 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 6.2.5 Autoaufzüge Autoaufzüge wurden aufgrund ihrer offenbar zunehmenden Bedeutung als alternative vertikale Erschließung aufgenommen. Ich zitiere wesentliche Teile dieses Abschnitts und verweise auf das hierzu erstellte Bild 22; damit soll auch Planungsfehlern entgegengewirkt werden, die in der Vergangenheit immer wieder auftraten. In Bild 23 werden zum Verständnis die Hintergründe für Bild 22 mit einem real geplanten Umfeld dargestellt. Bild 22: Beispiel für Ein- und Ausfahrtbereiche eines Autoaufzugs nach EAR 23 [4] Bild 23: Typische fahrgeometrische Ein- und Ausfahrtsituation bei einem Pkw-Aufzug in Verbindung mit einer faktisch rechtwinkligen Ein- und Ausfahrt [2] Die Kabinenabmessungen ergeben sich neben der Fahrzeuggröße vor allem aus der fahrgeometrischen Zufahrtsituation. Im Regelfall wird eine lichte Innenbreite der Aufzugskabine bei voll geöffneten Türen von 3,00- m, mindestens jedoch 2,80-m, empfohlen. Die lichte Innenlänge der Kabine sollte mindestens 5,80-m betragen, die lichte Innenhöhe bei horizontaler Zufahrt 2,10- m, bei Neigungswechseln vor oder hinter der Zufahrt 2,30-m. Nur bei Kleingaragen kann die Ausfahrt ausnahmsweise rückwärts akzeptiert werden, wenn dies die Sichtbeziehungen an der Grundstückszufahrt erlauben, ansonsten sollte das Fahrzeug immer vorwärts ein- und ausfahren können. Die Zufahrt zu einem Autoaufzug soll möglichst gerade sein und mit einer Schleppkurve bemessen werden. Bei der Einfahrt in die Kabine besteht ein wesentlich größerer Grundflächenbedarf als bei der Ausfahrt. Außerdem ist die vor dem Aufzug erforderliche Warteposition für Gegenverkehr und ein angemessener Rückstauraum zu berücksichtigen. Der Einfahr- und Ausfahrbereich ist fahrgeometrisch nachzuweisen. Bei Parkbauten mit weniger als 10 Stellplätzen und Förderhöhen bis 3,00-m reichen Autohebeanlagen nach der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/ 42/ EG mit einer Fördergeschwindigkeit mit 0,15-m/ s; in allen anderen Fällen sind Autoaufzüge nach der europäischen Aufzugsrichtlinie 2014/ 33/ EU (in Deutschland eingeführt als Zwölfte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz „Aufzugsverordnung vom 6. April 2016 - 12. ProdSV“) einzusetzen. 158 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 6.2.6 Durchfahrtshöhe und lichte Höhe Aufgrund der großen Bedeutung der Thematik der Durchfahrtshöhe und der lichten Höhe wurde bei Beibehaltung der Anforderungen aus den EAR 05 [3] auf die Durchfahrtshöhe im Sinne des StVO-Zeichens Nr.-265, d. h. die maximal zulässige „tatsächliche Höhe“ der einparkenden Fahrzeuge mit einem gesonderten Bild eingegangen (Bild-24). Mit dem Hinweis zur richtigen Einstellung des Höhenbalkens wurden auch Erfahrungen aus den ADAC-Parkhaustests, die wir von 2010 bis 2013 durchgeführt haben, im Regelwerk umgesetzt. Bild 24: Lichte Höhe, Durchfahrtshöhe = maximale Fahrzeughöhe und Einstellung eines Höhenbalkens [4] Als Besonderheit beim Fahrradparken ist zu beachten, dass nach den ERA-Empfehlungen für Radverkehrsanlagen [8] die lichte Höhe für Bereiche, in denen Radfahrer mit dem Fahrrad fahren, 2,50-m beträgt. In diesen Bereichen muss die Durchfahrtshöhe entsprechend angepasst werden. 6.2.7 Schrammborde Es werden weiterhin auch Schrammborde in den bisherigen Abmessungen gefordert, wobei wir stets empfehlen, diese kontrastreich, in der Regel in verkehrsgelb, zu beschichten (vgl. [7]). Schrammborde werden als seitliches Sicherheitselement neben aufragenden Bauteilen für baulich abgetrennte Gehwege sowie für gesperrte Bereiche eingesetzt. Sie dienen dem Schutz der Bauteile und der Fahrzeuge und unterstützen die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsraumes und -abstandes. Ihre Breite beträgt mindestens 0,25-m in geraden nicht begehbaren Bereichen bis zu 1,00-m. Schrammborde sollten innerhalb von Parkbauten 6-cm bis 8-cm hoch ausgeführt werden und leicht abgeschrägte Flanken aufweisen (Bild 25, nicht in den EAR 23 enthalten). Bild 25: Mögliche Ausführungen von Schrammborden [2] 6.2.8 Treppen und Aufzugshäuser Die Empfehlungen für Treppen- und Aufzugshäuser wurden inhaltlich gestrafft. Es ist funktional zwischen Haupt- und Nebentreppenhäusern sowie Treppenhäusern, die ausschließlich als Rettungsweg dienen, zu unterscheiden. Treppenhäuser müssen immer die erforderliche Brandschutzqualität nach der Garagenverordnung bzw. dem Brandschutzgutachten aufweisen. „Die Treppenlaufbreite bei Haupttreppenhäusern sollte mindestens 1,50- m bis maximal 2,50- m, bei Nebentreppenhäusern mindestens 1,20-m betragen, sofern nicht nach dem Landesbaurecht oder dem Brandschutzgutachten größere Breiten gefordert werden. Alle Treppenläufe sind als Haupttreppen nach DIN 18065 - Gebäudetreppen - Begriffe, Messregeln, Hauptmaße auszulegen. Treppenhäuser, die ausschließlich als Rettungsweg bestimmt sind, sollten eine Treppenlaufbreite von mindestens 1,00- m aufweisen, soweit nicht das Rettungswegekonzept des Gebäudes und Landesrecht eine andere Dimensionierung erfordern.“ Die Türen von ständig genutzten Treppenhäusern öffentlicher Parkbauten sowie Kabinen und Türen von Aufzügen sollten möglichst große Glasfüllungen aufweisen, um auch im geschlossenen Zustand Personen, Gegenstände und Gefahren erkennen zu können. Rauch- und Brandschutztüren mit einer Positivschließung können, während des Normalbetriebs, ständig offengehalten werden und verbessern somit die soziale Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 159 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung 6.2.9 Fahrradtreppenrampen, -treppen und -aufzüge An dieser Stelle werden in den EAR 23 vor allem Schnittstellen und Präzisierungen zu den „Hinweisen zum Fahrradparken“ [9] erläutert. „Fahrradabstellanlagen sollen grundsätzlich ebenerdig oder über Rampen, Treppenrampen oder Aufzüge erschlossen werden. Die Neigung befahrbarer Rampen sollte 6 % nicht überschreiten. Maximal sind 10 % auf bis zu 20,00 m Länge möglich.“ „Aufzüge, die von Personen mit Fahrrad genutzt werden, sollten eine lichte Mindestbreite der Kabine von 1,20 m, bei öffentlicher Nutzung insgesamt 2,40 m haben. Die Aufzüge sollten als Durchlader ausgelegt werden und Türen sollten nach Möglichkeit über die gesamte Breite öffnen. Die lichte Innenlänge der Kabine sollte mindestens 2,30 m betragen. Sollen Lastenräder transportiert werden, beträgt die Mindestbreite 2,60 m. Vor und hinter den Aufzügen sind ausreichend große Flächen vorzusehen. Es wird empfohlen, eine Aufzugsberechnung zur leistungsmäßigen Dimensionierung durchzuführen.“ 6.2.10 Räume für Technik- und Serviceeinrichtungen Es wurde explizit ein Abschnitt über Räume für Technik- und Serviceeinrichtungen aufgenommen, weil es hierzu in der Praxis immer wieder Unklarheiten vor allem bei öffentlichen Parkbauten gab, die dann einem spezialisierten Betreiber verkauft oder anderweitig zum Betrieb übergeben werden sollten. 6.3 Bauliche Gestaltung und Ausstattung Die Bauliche Gestaltung und Ausstattung wird in einem gesonderten Abschnitt beschrieben. Dabei wird nur auf spezifische Aspekte von Parkbauten eingegangen, um Redundanzen oder Unklarheiten im Kontext zu den einschlägigen Regelwerken zu vermeiden. Es wird explizit auf die DIN-Normen, das DBV-Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen in der jeweils aktuellen Fassung sowie die weiteren fachspezifischen Erkenntnisse und Empfehlungen verwiesen. Zu Oberflächenschutzsystemen, der notwendigen Entwässerung und dem anzuwendenden Regelgefälle werden einschlägige Empfehlungen gegeben. Für eine wirksame Entwässerung der Fahrbahn- und Parkflächen sind im Regelfall die Herstellung eines Gefälles von 2- % bis 3- % sowie die Anordnung von Entwässerungsabläufen oder -rinnen erforderlich, um eine definierte Ableitung mit den Fahrzeugen eingetragener Wassermengen - im Winter auch als Schmelzwasser - sowie ggf. auch von Niederschlag zu sichern. Da die Fahrzeuge auch viel Sand und Splitt eintragen, sind offene flache Rinnen geschlossenen Systemen vorzuziehen. Es werden beispielsweise 0,20- m breite und 2,00-cm tiefe Flachrinnen in den Fahrbahnen empfohlen, in die bündig Abläufe eingesetzt werden. Diese Flachrinnen können mit oder ohne Längsgefälle ausgeführt werden; danach richtet sich die Anordnung und Anzahl der Abläufe. Zu der Thematik der Absturzsicherungen wurde wegen der immer wieder auftretenden Verkehrsunfälle in Form von Abstürzen aus Parkbauten explizit Empfehlungen formuliert: In mehrgeschossigen Parkbauten müssen Verkehrs- und Stellflächen, von denen Pkw abstürzen können, ausreichend hohe und anprallfeste Geländer/ Umwehrungen gemäß den baurechtlichen Anforderungen und den aktuell geltenden Lastannahmen aufweisen. Trennelemente in Form von Trennwänden oder gleichwertigen Pkw-Absturzsicherungen sind innerhalb der Parkebenen vor allem neben Rampen und an Geschossversätzen (z.-B. bei Halbgeschossbauweise) einzubauen. Ihre Höhe soll mindestens 1,20-m betragen. Brüstungen und Fassaden von oberirdischen, offenen Parkbauten sollten so ausgebildet sein, sodass das Scheinwerferlicht fahrender und geparkter Fahrzeuge die Nachbarschaft nicht beeinträchtigt. Bei der Nutzung ausschließlich mit Pkw liegt der besonders auszublendende Bereich in einer Höhe von etwa 0,40-m bis 1,00-m über der Fahrbahn. 6.4 Gebäudetechnische Ausstattung Bezüglich der gebäudetechnischen Ausstattung wurde bewusst nur auf spezifische Aspekte von Parkbauten hingewiesen, weil es hierzu gesonderte Regelwerke gibt. Jedes Parkbauwerk ist mit einer ausreichend dimensionierten Elektroanlage auszustatten. Die elektrische Anschlussleistung richtet sich wesentlich nach der Größe des Parkbauwerks, der spezifischen haustechnischen Ausstattung sowie dem System für das Laden von Elektrofahrzeugen. Dabei wird besonders auf Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) und die VDI-Richtlinie 2166 - Planung elektrischer Anlagen in Gebäuden - Hinweise für Elektromobilität hingewiesen. „In Parkbauten sollte ein bedarfsgerechtes Angebot an Ladeinfrastruktur errichtet werden. Je nach Art der Nutzung kann es sich hierbei um öffentliche oder nicht öffentliche Ladeinfrastruktur handeln. Für die in Parkbauten übliche Senkrechtaufstellung kann die Ladeinfrastruktur in Form von Wallboxen installiert werden …. Die Standorte sollten gut sichtbar und ausgeschildert sein. Besondere Aspekte der Barrierefreiheit sind zu beachten.“ In Bild 26 wird ein Beispiel für die Anordnung von Ladeinfrastruktur in Parkbauten gezeigt, und zwar bei öffentlichen Parkbauten jeweils mit einer Wallbox mit zwei Ladepunkten zwischen zwei Stellplätzen. 160 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Bild 26: Beispiel für die Anordnung von AC-Ladeinfrastruktur in Parkbauten nach EAR 23 [4] Vor allem bei oberirdischen Parkbauten bietet es sich an, auf dem Dach und ggf. in Bereichen der Fassade eine Photovoltaik-Anlage zu installieren, mit der ein Teil des elektrischen Energiebedarfs tagsüber abgedeckt werden kann. Weiterhin kann eine Energiespeicherung mit einer geeigneten Speichertechnologie implementiert werden, in die zukünftig auch die Batteriesysteme geeigneter Elektrofahrzeuge einbezogen werden können. Bezüglich des in der Praxis sensiblen Themas der Beleuchtung wird empfohlen, über die Mindestanforderungen nach den Garagenverordnungen hinausgehend, Parkbauten entsprechend den spezifischen Sehaufgaben zu beleuchten. Diese Anforderungen berücksichtigt die DIN 67528 - Beleuchtung von öffentlichen Parkbauten und öffentlichen Parkplätzen. Im Kontext zu Arbeitsstätten sind in der DIN EN 12464-1 - Licht und Beleuchtung - Beleuchtung von Arbeitsstätten die Anforderungen und die Berechnung der zu erreichenden Beleuchtungsstärken sowie die grundsätzlichen Mindestbeleuchtungsstärken von Parkplätzen und Parkbauten definiert. Weiterhin sind für frei bewitterte Parkdecks und Parkplätze ohne Überdachung die deutlich abgeminderten Anforderungen nach DIN 13201 bzw. DIN EN 12464-2 - Straßenbeleuchtung zu beachten. Für nichtöffentliche Parkbauten, die den o.-g. Gruppen nicht zuzuordnen sind, z.-B. Parkbauten, die von Anwohnern genutzt werden, empfiehlt sich, je nach Wohnqualität, eine Orientierung an den Werten nach DIN 67528 - Beleuchtung von öffentlichen Parkbauten und öffentlichen Parkplätzen. Eine ausreichende Beleuchtungsstärke und die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung ist zu gewährleisten. Die Beleuchtungsplanung sollte durch einen Fachplaner für Beleuchtungsanlagen erfolgen. Weiterhin wird in einem gesonderten Abschnitt auf Brandschutz-, Lüftungs- und Entrauchungsanlagen hingewiesen, die in der Praxis in Korrespondenz zu der Ausführung des Parkbauwerks entsprechend der Garagenverordnung nach einem qualifizierten Brandschutzkonzept auszulegen und zu betreiben sind. 7. Nutzung und Betrieb Das Kapitel 7 Nutzung und Betrieb wurde gestrafft und den aktuellen Anforderungen des Betriebs von Parkbauten angepasst. Wesentliche Aspekte sind dabei 7.1. Aufgaben und Betriebsmodelle 7.2. Abfertigung und Kontrolle 7.3. Technische Ausstattung 7.4. Stellplätze mit besonderer Zweckbestimmung 7.5. Beschilderung und Leiteinrichtungen 7.6. Parkleit- und Informationssysteme. 8. Fazit Mit der neuen Philosophie der EAR-Novelle und insbesondere des nunmehr eigenständigen Kapitels „Parkbauten“ wurde eine neue Qualität dieses Regelwerks erreicht. Bewährte Aspekte wurden übernommen und die Regelmaße und Empfehlungen der aktuellen Entwicklung angepasst. Weiterhin sind wichtige Aspekte wie zum Parken im Straßenraum (Kapitel 4), zu Lkw- und Busparkplätzen (Abschnitt 5.4), zu Liefer- und Ladehöfen (Abschnitt 5.5), eine Checkliste zur Planung von Anlagen des ruhenden Verkehrs in Anhang A, spezifische Begriffe in Anhang-B sowie Hinweise zu mechanischen, halbautomatischen und automatischen Parksystemen in Anhang C enthalten. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 161 Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23 - Neuerungen in Bezug auf Parkbauten in der praktischen Anwendung Literaturverzeichnis [1] RBSV-Richtlinien für Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit vonVerkehrsflächen - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.-V., Köln Ausgabe 2020. [2] Irmscher, I. u. a.: Handbuch und Planungshilfe Parkhäuser und Tiefgaragen. - Dom publishers, Berlin. - Bd. 1, 2. Auflage 2024. [3] Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05. - FGSV - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Arbeitsgruppe Straßenentwurf. - Ausgabe 2005, Köln. [4] Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 23. - FGSV - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Arbeitsgruppe Straßenentwurf. - Ausgabe 2023, Köln. [5] Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen (Muster-Garagenverordnung M-GarVO) - Fassung Mai 1993 -, geändert durch Beschlüsse vom 19.09.1996, 18.09.1997 und 30.05.2008. - Herausgeber Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU/ aktuelle Fassung: Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen (Muster-Garagen- und Stellplatzverordnung M-GarVO) in der Fassung 14. Juli 2022. [6] HBS-Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen. - FGSV - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., - Ausgabe 2015, Köln [7] Benutzerfreundliche Parkhäuser - ein Leitfaden für die Praxis. - ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e. V, Ressort Verkehr. - München, 2013. [8] ERA Empfehlungen für Radverkehrsanlagen. - FGSV - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Ausgabe 2010, Köln. [9] Hinweise zum Fahrradparken W1. - FGSV - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Arbeitsgruppe Straßenentwurf. - Ausgabe 2012, Köln. [10] Irmscher, I.: Fahrräder in Pkw-Parkbauten - eine gute Symbiose oder ein Widerspruch. - Beitrag zum 10. Kolloquium Parkbauten, Technische Akademie Esslingen, 2022. Nachhaltigkeit und Klima Moderne Parkraumentwicklung im städtebaulichen Kontext - welchen Beitrag können Parkbauten leisten? 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 165 165 Müssen wir unsere Verkehrsinfrastruktur umbauen? Das Für und Wider wachsender Parkstände Prof. Dr.-Ing. Lutz Gaspers Hochschule für Technik Stuttgart; Kompetenzzentrum für Mobilität und Verkehr Zusammenfassung Die Frage der optimalen Größe von Parkständen für Pkw ist komplex und erfordert eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren. Während breitere Parkstände klare Vorteile in Bezug auf Sicherheit und Barrierefreiheit bieten, müssen gleichzeitig die potenziellen Nachteile in Bezug auf Flächenausnutzung, Kosten und Umweltauswirkungen berücksichtigt werden. Eine ausgewogene Lösung könnte in der Integration moderner Technologien, wie automatisierter Parksysteme und intelligenter Parkraumverwaltung liegen, um die Effizienz vorhandener Parkierungsflächen zu optimieren und gleichzeitig städtische und verkehrsplanerische Entwicklungsziele zu fördern. Die Diskussion über die Nutzung und Verfügbarkeit des öffentlichen Raumes wird insbesondere in verdichteten Stadtgebieten die Entscheidungsfindung für Anlagen des ruhenden Verkehrs beeinflussen. Ebenso wird der technologische Wandel Einfluss auf die Parkraumnachfrage ausüben. Vollautomatisiertes Fahren und die Nutzung von Sharing-Angeboten werden den privaten Pkw-Besitz verändern. 1. Einführung Parkstände für Pkw sind ein wesentlicher Bestandteil städtischer Verkehrsinfrastrukturen. Die Frage nach der optimalen Größe dieser Stellflächen ist von zunehmender Bedeutung. Im öffentlichen Raum kommt eine Diskussion zur gerechten Flächenaufteilung hinzu. Dieser Beitrag geht zunächst darauf ein, welche Rahmenbedingungen sich durch technologische Veränderungen und dem Wandel des Mobilitätsverhaltens zu erwarten sind. Hierbei wird zwischen Parkbauten (Parkhäuser, Tiefgaragen, etc.) und dem Parken im öffentlichen Raum unterschieden. Parkierungseinrichtungen werden in Zukunft weitere Funktionen aufnehmen, wodurch die Bedeutung von Parkbauten zunehmen wird. Unterstützt wird dies durch die kritische Diskussion über abgestellte Fahrzeuge im öffentlichen Raum. Einige Aspekte davon werden hier zusammengefasst und beleuchtet. Veränderte Nachfragestrukturen wirken sich auf die Gestaltung der Infrastruktur aus. Hier existieren Argumente, die größere Stellplatzbreiten begründen. Jedoch kann und sollte dies nicht verallgemeinert werden. Ein Blick auf die sich bereits absehbaren Entwicklungen gibt Anlass zur These, dass Stellplatzabmessungen nicht zwanghaft größer werden müssen. Der Beitrag stellt die Argumente sowohl für als auch gegen breitere Parkstände für Pkw dar und betrachtet dabei verschiedene Aspekte wie Flächennutzung, Sicherheit, Kosten, Umweltauswirkungen, Technologieentwicklung und verkehrsplanerische Ziele. 2. Parkbauten und der Wandel der Mobilität Welche Aspekte spielen eine Rolle, wenn wir heute über die langfriste Gestaltung von Parkbauten nachdenken? Es sind unter anderem diese Kriterien: Technische Innovationen: Die fortschreitende Entwicklung autonomer Fahrzeuge und automatisierter Parksysteme wird die Anforderungen an Parkhäuser und Tiefgaragen beeinflussen. Intelligente Parkhäuser, die mit Sensoren und automatisierten Navigationssystemen ausgestattet sind, müssen in der Lage sein, den begrenzten Raum effizienter zu nutzen und die traditionelle Parkinfrastruktur zu überflügeln. Dies wird dazu führen, dass autonome Fahrzeuge während des Parkens weniger Raum benötigen. Flexible Mobilität: Die steigende Beliebtheit von Sharing- Modellen und der Trend zu flexibler Mobilität werden die Nachfrage nach dauerhaften Parkplätzen in Parkhäusern reduzieren. Wenn Nutzer: innen vermehrt auf Sharing- Dienste, öffentliche Verkehrsmittel und alternative Mobilitätsformen zurückgreifen, reduziert sich der Bedarf an privaten Stellplätzen. Dies könnte zu einer Verringerung der benötigten Parkhauskapazität führen. Nachhaltige Verkehrsplanung: Die zunehmende Bedeutung nachhaltiger Verkehrs- und Stadtplanungen wird großflächigen Parkhäusern und Tiefgaragen eine andere Bedeutung zumessen. Großstädte werden vermehrt auf multifunktionale Gebäude, die verschiedene Verwendungszwecke integrieren, setzen, um den städtischen Raum effizienter zu nutzen. Dies wird zu einem Wandel in der Planung von Parkierungseinrichtungen führen. Kulturelle Veränderungen und urbane Mobilität: Veränderungen in der urbanen Mobilitätskultur werden die Zukunft von Parkierungsanlagen beeinflusst. Wenn sich die Einstellung zum Privatbesitz von Fahrzeugen und der Nutzung von Alternativen weiterentwickelt, wird dies Auswirkungen auf die Nachfrage nach herkömmlichen Parkierungsstrukturen haben. Zukünftige Infrastrukturen müssen vermehrt auf integrierte, nachhaltige Mobilitätslösungen setzen. 166 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Müssen wir unsere Verkehrsinfrastruktur umbauen? 3. Parken im öffentlichen Raum Das Parken von Fahrzeugen im öffentlichen Raum ist heute ein alltäglicher Aspekt urbaner Mobilität, der jedoch zunehmend kritisch betrachtet wird. Während die Notwendigkeit von Parkplätzen noch immer besteht, werfen verschiedene Aspekte des Parkens im öffentlichen Raum ernsthafte Fragen auf, die sowohl die Lebensqualität als auch die städtische Entwicklung beeinflussen. Ein zentraler Punkt der Kritik betrifft die Flächeninanspruchnahme. Parkende Fahrzeuge beanspruchen beträchtliche Flächen in städtischen Gebieten, die anderweitig für die Allgemeinheit oder alternative Verkehrsmittel genutzt werden könnten. Die ständige Zunahme von abgestellten Fahrzeugen trägt zur Nichtnutzbarkeit von Flächen bei, beeinträchtigt das Stadtbild und kann ökologisch wertvolle Flächen reduzieren, was negative Auswirkungen auf das städtische Mikroklima hat. Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die soziale Gerechtigkeit und den Zugang zu öffentlichem Raum. Oft wird wertvolle Verkehrsfläche für das Parken von Fahrzeugen genutzt, während gleichzeitig Fußgänger, Radfahrer und öffentliche Verkehrsmittelnutzer schwächer priorisiert sind. Diese Ungleichverteilung des Raumes kann zu sozialen Disparitäten führen, indem sie die Bedürfnisse bestimmter Verkehrsteilnehmergruppen vernachlässigt. Die Umweltauswirkungen des Parkens im öffentlichen Raum sind ebenfalls von Belang. Der erhöhte Verkehrsaufwand bei der Suche nach Parkplätzen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren tragen zur Umweltbelastung und negativen Auswirkungen auf die Luftqualität bei. Dies verschärft nicht nur gesundheitliche Risiken für Anwohner, sondern wirkt auch den Klimaschutzzielen entgegen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Parkens im öffentlichen Raum sind ebenso kritisch zu hinterfragen. Die Bereitstellung und Instandhaltung von Parkplätzen verursachen Kosten für Städte und Gemeinden. Diese Ressourcen könnten stattdessen für nachhaltige städtische Entwicklungsprojekte genutzt werden, die eine breitere positive Wirkung auf die Gemeinschaft haben. Zusammenfassend ist eine kritische Überprüfung der Praxis des Parkens von Fahrzeugen im öffentlichen Raum erforderlich, um eine nachhaltigere und gerechtere städtische Umgebung zu schaffen. Alternativen wie Carsharing, verbesserte öffentliche Verkehrsmittel und die Schaffung von fußgängerfreundlichen Bereichen könnten dazu beitragen, die Abhängigkeit von individuellen Fahrzeugen zu verringern und den öffentlichen Raum für eine breitere Vielfalt von Nutzern zugänglich zu machen. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir die traditionellen Ansätze zum Parken überdenken und innovative Lösungen entwickeln, die die Herausforderungen des urbanen Raums effektiver bewältigen können. Abb. 1: Stellplatz wächst nicht mit: privates Parken im Zentrum Tokios (Bild: Gaspers) 4. Privater Pkw-Besitz und Sharing haben Auswirkungen auf die Parkraumnachfrage Die Zukunft des privaten Autobesitzes wird von mehreren Faktoren beeinflusst, insbesondere, wenn sich Sharing-Mobilität weiter durchsetzt. Denkbare Entwicklungen sind hierbei: Rückgang des Privatbesitzes: Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Sharing-Mobilitätsdiensten wie Carsharing und Ridesharing werden Menschen auf den privaten Besitz von Autos verzichten. Der Bedarf an einem eigenen Fahrzeug wird damit sinken, da die Nutzer auf flexible und kosteneffiziente Sharing-Optionen zurückgreifen. Wandel hin zu Mischformen: Es ist auch erkennbar, dass die Mischung aus privatem Besitz und Sharing-Mobilität zunimmt. Einige Nutzer: innen könnten entscheiden, dass der private Besitz eines Autos für bestimmte Anlässe oder spezielle Bedürfnisse weiterhin sinnvoll ist, während sie für den täglichen Gebrauch auf Sharing-Dienste zurückgreifen. Zunahme von Abonnementmodellen: Statt Autos zu kaufen, werden Kunden vermehrt Abonnementmodelle für Mobilitätsdienste in Anspruch nehmen. Diese könnten verschiedene Verkehrsmittel wie Autos, Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel umfassen, die je nach Bedarf flexibel genutzt werden können. Integration von autonomen Fahrzeugen: Autonome Fahrzeuge werden den Trend zum privaten Autobesitz weiter beeinflussen. Wenn autonome Fahrzeuge weit verbreitet sind, werden sie als Teil von Sharing-Diensten vermehrt genutzt. Dies wird den Bedarf an einem eigenen Auto für viele Menschen weiter reduzieren. Umweltauswirkungen und städtische Planung: Der Rückgang des privaten Autobesitzes zugunsten von Sharing- Mobilität wird positive Auswirkungen auf die Umwelt haben, indem der Verkehr und der Bedarf an Parkplätzen reduziert ist. Städte könnten diese Veränderungen nutzen, um die städtische Planung zu verändern, indem sie beispielsweise den öffentlichen Raum anders nutzen und die Infrastruktur für alternative Verkehrsmittel ausbauen. Wertewandel und Mobilitätskultur: Der Wandel zu Sharing-Mobilität wird auch mit einem generellen Wertewan- 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 167 Müssen wir unsere Verkehrsinfrastruktur umbauen? del in Bezug auf den Besitz von materiellen Gütern und die Bedeutung von Mobilität einhergehen. Nutzer: innen werden zunehmend den Fokus auf den Zugang zu Mobilitätsdiensten legen, anstelle von dauerhaftem Besitz. 5. Die Entwicklung hin zu breiteren Parkständen Parkstandabmessungen orientieren sich an den Empfehlungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (EAR), die 2023 überarbeitet wurden. Für Parkbauten ist die Neuerung die Änderung des Bemessungsfahrzeuges, auf dessen Grundlage nun breitere Parkstände empfohlen werden. Warum dies sinnvoll erscheint, soll die Betrachtung folgender Aspekte beantworten: Fahrzeugabmessungen: Mit den Fortschritten in der Automobiltechnologie und neuen Fahrzeugmodellen und -klassen verändern sich auch Design und Größe der Fahrzeuge. Die wachsende Beliebtheit von SUVs, Elektrofahrzeugen und (teil)autonomen Fahrzeugen hat zu größeren und unterschiedlichen Fahrzeugabmessungen geführt. Eine Vergrößerung der Parkstände trägt diesen Veränderungen Rechnung und verringert das Risiko von Kollisionen und Beschädigungen. Darüber hinaus bieten geräumige Stellplätze den Fahrzeuginsassen einen Puffer, um bequem in ihr Fahrzeug ein- und auszusteigen. Zugänglichkeit für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen: Größere Parkstände tragen den Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen Rechnung, darunter u.a. mobilitätseingeschränkten Personen und älteren Autofahrer: innen. Barrierefreie Parkstände mit ausreichender Breite und angrenzenden Zufahrtswegen erleichtern den Einsatz von Rampen und den Zugang für Rollstuhlfahrer. Ein Engagement für eine integrative Gestaltung von Parkständen fördert eine gerechtere und benutzerfreundlichere städtische Umwelt. Umweltaspekte: Größere Parkstände können zu umweltfreundlichen Praktiken beitragen. Durch die Bereitstellung von zusätzlicher Fläche können z. B. Parkplätze mit ökologischer Infrastruktur wie durchlässigen Oberflächen und Vegetation ausgestattet werden, was die Wasserableitung fördert und den Hitzeinsel-Effekt reduziert. Außerdem kann der zusätzliche Raum Ladestationen für Elektrofahrzeuge aufnehmen. Zudem wird bei Vergrößerung der einzelnen Parkstände die Gesamtzahl der Stellplätze insgesamt in einem Quartier abnehmen, was vielerorts zum verkehrspolitischen Ziel der Reduktion von Pkw-Fahrten in Großstädten beitragen kann. Abb. 2: Berücksichtigung der neuen Empfehlung für Stellplatzbreiten (oben vorher und unten nach der Umgestaltung einer Garage) bei einem Stützenraster von 7,50 m (Bild: Gaspers) 6. Argumente gegen eine Flächenanpassung Geringere Stellplatzgrößen fördern die effiziente Nutzung von begrenztem Raum und unterstützen die Notwendigkeit nachhaltiger Mobilität. Die Beschränkung der Stellplatzbreite kann Anreize für umweltfreundliche Verkehrsmittel schaffen, die Verkehrsüberlastung reduzieren und den urbanen Raum für alternative Nutzungen wie Grünflächen oder Fahrradwege freisetzen. Im Folgenden werden einige Punkte betrachtet: Städtische Dichte und Nutzung des öffentlichen Raums: In städtischen Umgebungen, in denen der Platz knapp ist, ist eine kontinuierliche Vergrößerung von Parkständen und Parkplätzen keine nachhaltige Lösung. Die Vergrößerung von Parkständen kann zu einer Verringerung der Gesamtzahl der verfügbaren Plätze führen, was die Probleme im Zusammenhang mit der städtischen Überlastung noch verschärft. Eine effiziente Nutzung der Parkierungsanlagen ist von entscheidender Bedeutung, um eine wachsende Zahl von Fahrzeugen aus dem öffentlichen Raum unterzubringen, um diesen in dicht besiedelten Gebieten zu erhalten und zu erweitern. Wirtschaftliche Effizienz und Flächennutzung: Die Vergrößerung von Parkständen kann wirtschaftlich ineffizient sein, insbesondere in Stadtzentren, in denen die Grundstückswerte hoch sind. Die Zuweisung von mehr Platz für Parkierungsanlagen kann Ressourcen von wirtschaftlich sinnvolleren Entwicklungen abziehen. Die Optimierung der Nutzung von verfügbarer Fläche für Funktionsmischungen kann zur wirtschaftlichen Vitalität von Stadtgebieten beitragen. Förderung von alternativen Verkehrsmitteln: Die Vergrößerung von Parkierungsanlagen kann ungewollt die Nutzung alternativer Verkehrsmittel erschweren. Durch die Priorisierung größerer Parkstände besteht die Gefahr, dass eine autoorientierte Kultur aufrechterhalten wird, die die Förderung nachhaltiger Alternativen wie öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradfahren und Zufußgehen behindert. Die Förderung dieser Verkehrsmittel ist für das 168 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Müssen wir unsere Verkehrsinfrastruktur umbauen? Erreichen der Mobilitätswende von entscheidender Bedeutung. Technologische Lösungen und intelligente Parkraumbewirtschaftung: Anstelle sich ausschließlich auf die physische Erweiterung zu verlassen, können technologische Fortschritte genutzt werden, um bestehende Parkplätze zu optimieren. Die Einführung solcher Technologien kann zu einer besseren Nutzung des vorhandenen Raums führen und zu einer intelligenteren Stadtplanung beitragen. Technologien der Autonomen Fahrzeuge können fahrerlos und zuverlässig mit einem Mindestmaß an Bewegungszuschlägen Einparkvorgänge vornehmen. Seitlicher Abstand zum Ein- und Aussteigen kann entfallen, was für kleinere Parkstandmaße spricht. Abb. 3: Erfordernis einer Größenanpassung (Bild: Studium Generale Universität Utrecht) Vergleich zum öffentlichen Verkehr: Für Busse und andere Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr gelten seit vielen Jahren Vorgaben zu Fahrstreifenbreiten, Haltestellenabmessungen etc., die bei der Weiterentwicklung der eingesetzten Fahrzeuge von den Herstellern berücksichtigt werden. Ist es dagegen bei PKW sinnvoll, Infrastrukturen an veränderbare Fahrzeugmodelle anzupassen? Paris stimmt im Februar 2024 über höhere Parkgebühren für SUV ab. Anderenorts wird über Zufahrtsbeschränkungen größerer Fahrzeuge bereits diskutiert. Wenn größere Pkw in Zukunft wieder an Bedeutung verlieren sollten, bauen wir dann die Infrastrukturen wieder um? Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Größe von Parkständen mit der sich entwickelnden Automobillandschaft, neuer Mobilitätskultur und den Anforderungen einer nachhaltigen Verkehrsplanung in Einklang gebracht werden kann. Die Überlegungen zu Fahrzeugabmessungen, Sicherheit, Zugänglichkeit, Umweltbewusstsein, technologischer Integration und verkehrsplanerischen Zielen sollten die Diskussionen über dieses Thema in der Umsetzung beeinflussen. Dies ist nicht nur eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen, sondern legt auch den Grundstein für eine nachhaltigere und integrative Zukunft der städtischen Mobilität. Oberflächenschutzsysteme 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 171 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt Institut für Material- und Bauforschung (IMB), Hochschule München Dr.-Ing. Florian Stauder Ingenieurgruppe Bauen, Mannheim Marcus Kopp MBCC Investments GmbH, Mannheim Zusammenfassung Die Tiefgarage P10 in Heidelberg weist auf den Zwischendecken und der Bodenplatte zahlreiche Risse auf, in die durch die Nutzung Chloride eingedrungen sind. Die derzeitige Chloridbelastung ist noch moderat (max. 0,85 M.-%/ z. auf Höhe der Bewehrung), weshalb auch keine Korrosionserscheinungen an Sondierungsstellen festgestellt wurden. Um die Dauerhaftigkeit der befahrenen Bauteile sicherzustellen, wurden mögliche Verfahren nach TR-IH intensiv diskutiert. Dabei hat sich die Bauherrenschaft für einen innovativen Ansatz entschieden: in die Risse wird ein Inhibitor eingebracht, der nach Herstellerangaben bifunktional wirkt: zum einen sollen die im Riss vorhandenen Chloride „deaktiviert“ werden und zum anderen weist das Produkt hydrophobierende Eigenschaften auf. Inhibitoren sind im europäischen Normenwerk DIN EN 1504-9 als Verfahren 11.3 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ beschrieben, aber nicht in der bauaufsichtlich eingeführten TR-IH geregelt. Daher wurde das technische Risiko durch Betrachtung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 für den Rissbereich bewertet - der Inhibitor soll dabei das technische Risiko gegenüber einer alleinigen Anwendung des Verfahren 8.3 reduzieren. Die Wirksamkeit des Inhibitors im Rissbereich wurde an der Hochschule München im Rahmen einer Voruntersuchung nachgewiesen. Um den Erfolg der Maßnahme am Projekt kontrollieren zu können, wurde ein Korrosionsmonitoring-System installiert, das die permanente Online-Erfassung des Korrosionszustandes der Bewehrung erlaubt. Um die Wirksamkeit des Inhibitors auch bei höheren Chloridwerten überprüfen zu können, wurde bei ausgewählten Monitoringbereichen durch eine gezielte Beaufschlagung mit chloridhaltiger Lösung Korrosion vor Applikation des Inhibitors bewusst initiiert. Derzeit wird die Maßnahme vor Ort durchgeführt. 1. Einführung Eine Gefährdung der Dauerhaftigkeit von Parkbauwerken aus Stahlbeton entsteht primär durch Korrosion der Betonstahlbewehrung. In den Wintermonaten wird mit den einfahrenden PKW tausalzhaltiges Wasser eingeschleppt. Die im Wasser gelösten Chloride dringen infolge unterschiedlicher Transportprozesse - vor allem Konvektion und Diffusion - in den Beton ein. Überschreitet der Chloridgehalt auf der Höhe der Bewehrungslage einen kritischen Grenzwert, führt dies zu einer lokalen Zerstörung der Passivschicht, was eine Lochkorrosion der Bewehrung zur Folge haben kann. Nach der TR-IH [1] ist bei der Instandhaltungsplanung festzulegen, ob Maßnahmen zur Abwehr von Korrosionsschäden erforderlich sind, wenn bei Stahlbetonbauteilen in der äußeren Betonrandzone Chloridgehalte über 0,5 % Cl - , bezogen auf die Zementmasse, ermittelt werden. Im Bereich von Rissen können Chloride verständlicherweise wesentlich rascher ins Bauteilinnere eindringen als im ungerissenen Beton. So zeigen Auswertungen von Literaturergebnissen, dass die Zeitdauer bis zur Depassivierung der Bewehrung bei Rissbreiten von 0,4 mm deutlich unter einem Jahr liegen kann. Die Zeit bis zur Depassivierung nimmt zwar mit abnehmender Rissbreite zu, sie bleibt aber im Bereich der im Stahlbetonbau üblichen Betondeckungen immer wesentlich kleiner als die üblicherweise erwartete Lebensdauer von Bauteilen aus Stahlbeton. Das bedeutet, dass mit der Depassivierung der Bewehrung im Bereich von Rissen bei Chloridexposition innerhalb einer kurzen Beaufschlagungsdauer gerechnet werden muss. Problematisch im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit von Stahlbeton erscheint bei diesem Korrosionsmechanismus die Tatsache, dass sich im ausbildenden Makrozellkorrosionselement sehr kleine Bereiche aktiver Eisenauflösung (Bewehrung im Rissbereich) großen passiven Bewehrungsbereichen gegenüberstehen, siehe Abb. 1. Dies kann bei entsprechenden Randbedingungen zu sehr hohen Korrosionsraten und damit Querschnittsverlusten an der Bewehrung im Rissbereich führen. Die Tragfähigkeit des betroffenen Bauteils kann innerhalb kurzer Zeit gefährdet sein. 172 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 1: Korrosionsproblematik im Bereich von Rissen der Stahlbetonkonstruktion 2. Tiefgarage P10 in Heidelberg 2.1 Angaben zum Bauwerk Die im Jahr 2009 errichtete Tiefgarage P10 weist im Grundriss eine Fläche von rd. 83 x 30 m² auf und befindet sich unterhalb des Friedrich-Ebert-Platzes in unmittelbarer Nähe zur Heidelberger Altstadt. Die Tiefgarage besitzt 256 Stellplätze, die sich auf drei Parkebenen UG- 01 (obere Parkebene), UG 02 (mittlere Parkebene) und UG 03 (untere Parkebene) verteilen. Die Tragstruktur des Gebäudes besteht im Wesentlichen aus Stahlbetonbauteilen in Form von Flachdecken, einer im Grundriss mittig in Gebäudelängsrichtung angeordneten Stützenreihe und der Gebäudeumfassung. Während die befahrbaren Zwischendecken (UG 01 und UG 02) im Feldbereich mit einer Plattendicke von 35 cm hergestellt wurden, erfolgte im Auflagerbereich eine Erhöhung der Plattendicke auf 65 cm. Die Aussteifung des Tragwerks wird über Innenwände im Rampenbereich und die zwei Treppenhauskerne sichergestellt. Gegründet wurde das Bauwerk auf einer elastisch gebetteten Bodenplatte, die unterhalb der Stützenreihe eine erhöhte Bauteildicke aufweist. Die Bodenplatte wurde planmäßig mit einer Dicke von 60 cm und einer Querschnittserhöhung auf 114-cm im Stützenbereich hergestellt. Darüber hinaus ist erkennbar, dass die Bodenflächen mit einem Gefälle betoniert wurden, da sich die Hochpunkte rd. 20 cm über den jeweiligen Tiefpunkten befinden. Aufgrund von temporär anstehendem Schichtbzw. Grundwasser wurde die Konstruktion in WU-Bauweise als wasserundurchlässigen Bauteil ausgebildet, siehe Abb. 2. Abb. 2: Querschnitt Tiefgarage (Auszug aus Bestandsplan) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 173 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 3: Grundriss Parkebene 01 (mit Schadenskartierung) Auf den befahrbaren Bodenflächen befindet sich eine starre OS 8-Beschichtung, die vor der Inbetriebnahme des Bauwerks appliziert wurde. In der Vergangenheit haben sich in den Decken (UG 01 und 02) und der Bodenplatte (UG 03) Risse eingestellt, die insbesondere bei den Zwischendecken aufgrund ihrer Lage und Orientierung mehrheitlich auf Zwangsspannungen infolge von Schwinden und Temperatureinflüssen zurückzuführen sind, dargestellt in Abb. 3. 2.2 Ist-Zustand der Zwischendecken Im Rahmen einer im Jahr 2017 durchgeführten Bauwerksuntersuchung wurden die augenscheinlich erkennbaren Risse aufgenommen und innerhalb einer geschossweisen Risskartierung dargestellt. Darüber hinaus wurden im Bereich der Risse Bohrmehlproben entnommen und hinsichtlich ihres Chloridgehaltes untersucht. Mit Ausnahme eines Risses mit einer Breite von 0,4-mm an der Oberseite des Parkdecks UG 01 und etwa 9 Rissen im Bereich des Treppenhauses mit Breiten von 0,4-mm bis 0,5 mm, wurden dabei ausschließlich Risse mit Rissbreiten zwischen 0,1 mm bis 0,3 mm an der Bauteiloberfläche festgestellt. Die chemische Analyse der im Rissbereich im UG 01 und UG 02 entnommenen Bohrmehlproben ergab einen maximalen Chloridgehalt von 0,63 M.-%, bezogen auf das Zementgewicht in der ersten Entnahmetiefe von 0-15 mm. Die im Bereich der intakten Beschichtung entnommene Referenzprobe wies keinen erhöhten Chloridgehalt auf. Die Analyse von aus der Bodenplatte im Rissbereich entnommenen Materialproben ergab einen maximalen Chloridgehalt von 0,49 M.-%, bezogen auf das Zementgewicht in der ersten Entnahmetiefe (0-15 mm). Im Jahr 2019 wurde eine ergänzende Zustandsbewertung von der Ingenieurgruppe Bauen erstellt. Die maßgebenden Erkenntnisse aus dieser Zustandsbewertung sind: • Exemplarisch durchgeführte Betondeckungsmessungen zeigen, dass die zum Zeitpunkt der Erstellung erforderliche Mindestbetondeckung von 30 mm (bei zweimal jährlicher Wartung) an keiner Messstelle unterschritten wurde. Die Vorgabe der Mindestbetondeckung ergibt sich entsprechend der zum Zeitpunkt der Bemessung maßgebenden Anforderungen aus den Stahlbeton-Bemessungsnormen und dem damals gültigen DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Fassung Januar 2005. • In den ungerissenen und beschichteten Bereichen wurden erwartungsgemäß nur minimale Carbonatisierungstiefen ermittelt. Im Bereich von Rissen wurden deutlich höhere Carbonatisierungstiefen festgestellt, ohne dass diese eine kritische Tiefe (Betondeckung) erreicht hätten. • Es wurden Chloridgehalte bis zu 1,75- M.-%/ z. im Rissbereich ermittelt. Im Vergleich zu den 2017 durchgeführten Bohrmehlanalysen wurde 2019 erwartungsgemäß insbesondere im 1. UG ein Anstieg der Chloridbelastung festgestellt. Ursächlich hierfür ist, dass mit jeder Winterperiode zusätzlich Taumittel in Form von Chloriden in die Tiefgarage und damit in die Rissbereiche eingetragen wird. Da der Chlorideintrag mit der Nutzung/ Frequentierung der Parkflächen korrespondiert, wurden im 1. UG die höchsten und auf der Bodenplatte die geringsten Chloridkonzentrationen nachgewiesen. • Bei Sondierungsöffnungen wurde der Korrosionszustand der Betonstahlbewehrung an neun Stellen ermittelt. Dabei zeigten sich an keiner Untersuchungsstelle Spuren sichtbarer Korrosionsschädigung, obwohl fünf der Sondierungsstellen im Bereich mit erhöhten Chloridkonzentrationen erstellt wurden. 174 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Tab.-1: im Rissbereich ermittelte Chloridgehalte in M.-%, bezogen auf die Zementmasse Zusammenfassend wurde festgestellt, dass bei den untersuchten Bereichen des Parkhauses ein Instandsetzungsbedarf für die befahrbaren Decken und Bodenplatte im Bereich der Risse besteht. Hier sind über einen Zeitraum von rd. 10 Jahren Chloride in den (vermutlich Trenn-) Rissbereich eingedrungen, sodass eine für eine mögliche Korrosionsinitiierung kritische Chloridkonzentration im Rissbereich auf Höhe der Bewehrung vorliegt. Eine Schädigung durch chloridinduzierte Korrosion konnte an den durchgeführten Sondierungsöffnungen nicht festgestellt werden. 2.3 Diskussion der möglichen Instandsetzungsvarianten nach TR-IH Zum Zeitpunkt der Planung der Instandsetzungsmaßnahmen war in Baden-Württemberg die RL-SIB [2] noch alleinig bauaufsichtlich eingeführt. Die Planung fußt deshalb auf den Grundsätzen der RL-SIB. Dennoch werden nachfolgend die möglichen Instandsetzungsvarianten anhand der Vorgaben der TR-IH erläutert, welche seit 01/ 23 in BW bauaufsichtlich eingeführt ist. Für die Instandsetzung von chloridbelasteten Rissen mit vermutlich korrosionsinitiierender Chloridkonzentration im Rissbereich, aber ohne detektierbare Korrosionsschäden, sind folgende Instandsetzungsvarianten nach TR-IH denkbar: • Verfahren 7.2: bei diesem Verfahren wird nach dem Abtrag des chloridbelasteten Betons im Rissbereich durch z. B. HDW-Strahlen zementgebundener Betonersatz zur Bauteilreprofilierung aufgetragen. Anschließend wird die Applikation eines rissüberbrückenden Beschichtungssystems zur Vermeidung eines erneuten Chlorideintrags empfohlen. Dieses Verfahren stellt eine bewährte Vorgehensweise zur Instandsetzung chloridbelasteter Bauteile dar, ist aber mit einer ausgeprägten Lärmbelastung der Umgebung verbunden und führt zu erheblichen Verschmutzungen im Bauwerk. Des Weiteren kann diese Maßnahme nicht ohne langwierige Absperrungen von Teilbereichen des Parkhauses durchgeführt werden. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit sind während der Bauphase Abstützungsmaßnahmen erforderlich. Zusammengefasst muss bei diesem Verfahren mit hohen Kosten und einem erheblichen Aufwand gerechnet werden. Durch den Eingriff in die Tragstruktur kann mit Änderungen der Bauordnungen ein Genehmigungsverfahren für die Baumaßnahme erforderlich werden, sodass eine Baugenehmigung eingeholt und ein Prüfingenieur beauftragt werden muss. • Verfahren 10.1: Das Prinzip des Kathodischen Korrosionsschutzes für Stahlbetonbauteile beruht darauf, dass die anodische Teilreaktion des Korrosionsprozesses, nämlich die Eisenauflösung, durch einen entgegengesetzt gerichteten Gleichstrom unterbunden wird. Hierzu wird auf die Betonoberfläche im Bereich der Risse eine dauerhafte Anode (z. B. Titanband) aufgebracht. Die an einer Stelle freigelegte Bewehrung (Kathode) wird an den Minuspol und die Anode an den Pluspol eines als Stromquelle dienenden Gleichrichters angeschlossen. Nach Einschalten der Stromquelle wird durch den Elektronenfluss die Bewehrung kathodisch polarisiert, so dass eine anodische Metallauflösung weitgehend unterdrückt wird. Durch den hohen Verkabelungsaufwand an der Tiefgarage P10 bei der Installation eines KKS-Systems erscheint diese Instandsetzungsvariante eher unwirtschaftlich. • Verfahren 8.3: Das Prinzip beruht auf einer Absenkung des Wassergehaltes im Beton, was die elektrolytische Leitfähigkeit so stark reduziert, dass die 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 175 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Korrosionsgeschwindigkeit auf praktisch vernachlässigbare Werte gesenkt wird. Bei hohen Chloridgehalten ist eine ausreichende Austrocknung des Bauteils in der Regel nicht mehr zu erwarten. Daher darf dieses Verfahren bei chloridkontaminiertem Beton nach [1] nur angewendet werden, wenn nach der Ausführung der Instandsetzungsmaßnahme die Auswirkung auf den Korrosionsfortschritt der Bewehrung, z. B. durch Einbau geeigneter Sensoren, von einem Sachkundigen Planer über die Restnutzungs-dauer überprüft wird. Dieses Verfahren sollte ab einem Chloridgehalt von 1,5 M.-% bezogen auf die Zementmasse an der Bewehrung nicht angewendet werden. Die oben gemachten Ausführungen beziehen sich aber maßgeblich auf die Anwendung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 im ungerissenen, chloridbelasteten Beton. Der Rissbereich stellt allerdings einen Sonderfall dar. Hier kann eine Chloridumverteilung weg vom Rissbereich stattfinden, was sich positiv hinsichtlich einer möglichen Repassivierung des Betonstahls auswirkt. Untersuchungen zum Verfahren 8.3. im Rissbereich [3] zeigen, dass das Auf bringen einer Beschichtung im Rissbereich von Stahlbetonprüfkörpern, welche einen Chloridgehalt auf Höhe der Bewehrung von im Mittel 1,04 M.-%/ z. (CEM I) bzw. 0,66 M.-%/ z. (CEM III) und damit aktive Korrosion aufweisen, zu einer signifikanten Reduzierung der Korrosionsaktivität bis hin zur vollständigen Repassivierung der Makrokorrosionselemente führen. Somit ist davon auszugehen, dass das Verfahren 8.3 bei einem Großteil der vorhandenen Risse erfolgreich sein wird, da an keinem der untersuchten Risse ein Chloridgehalt auf Höhe der Bewehrung von 0,85 M.-%/ z. überschritten ist. • Verfahren 11.3: gemäß Norm DIN EN 1504-9 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ [6]: dieses Verfahren ist in der TR-IH nicht geregelt. Im nachfolgenden Kapitel wird aufgezeigt, welche Untersuchungsergebnisse zu Inhibitoren vorliegen. Nach intensiver Diskussion und Darlegung aller Vor- und Nachteile und aller technischen Risiken hat die Bauherrenschaft entschieden, eine innovative Instandsetzung der Rissbereiche unter Ansatz der Verfahren 8.3 i.V.m. Verfahren 11.3 durchzuführen: auf allen Rissen wird ein Inhibitor appliziert und die Decken und Bodenplatte wird anschließend mit einer rissüberbrückenden, robusten Beschichtung versehen. Der Erfolg der Maßnahme wird gemäß den Vorgaben der TR-IH durch ein Korrosionsmonitoring-System überwacht und nachgewiesen. 3. Korrosionsinhibitoren 3.1 Allgemeines zur Wirkungsweise Die Korrosion der Bewehrung, ausgelöst durch die Carbonatisierung des Betons und/ oder durch die in den Beton eingedrungenen Chloride, ist heute die häufigste Ursache für Schäden an Stahlbetonbauteilen, deren Beseitigung erhebliche Kosten verursachen. Zum Schutz und zur Instandsetzung von korrosionsgeschädigten Stahlbetonbauteilen können neben anderen Maßnahmen auch Korrosionsinhibitoren (hier kurz Inhibitoren genannt) eingesetzt werden [4] bis [8]. Hierbei handelt es sich um organische oder anorganische Substanzen, welche die kathodische (Reduktion von Sauerstoff) und/ oder die anodische Reaktion (Eisenauflösung) hemmen und so die Geschwindigkeit der Korrosion von Metallen reduzieren. Sie können bei Stahlbetonbauteilen entweder vorbeugend (präventiv) oder nachträglich (kurativ) eingesetzt werden, um einerseits den Beginn von Zerstörungsprozessen zu verhindern bzw. hinauszuzögern, oder um andererseits bereits ablaufende Korrosionsvorgänge zu unterbinden bzw. stark zu verlangsamen. Der Einsatz von Inhibitoren kann - die Wirksamkeit vorausgesetzt - in vielen Fällen eine sehr wirtschaftliche Maßnahme sein, da der in der Regel zur Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen erforderliche, aufwändige Betonersatz minimiert werden oder sogar ganz wegfallen kann. Inhibitoren sind im europäischen Normenwerk für den Schutz und die Instandsetzung als Verfahren 11.3 gemäß Norm DIN EN 1504-9 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ [9] beschrieben. Unter der Abkürzung MCI (Migrating Corrosion Inhibitor) werden alle Arten von migrierenden (wandernden) Inhibitoren verstanden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Substanzen von der Oberfläche durch Diffusion, Konvektion („Huckepack“) oder Migration (Anziehung durch den Betonstahl) in der Gas- oder Wasserphase in den Poren des Betons in größere Bauteiltiefen gelangen. Ende der 1980er Jahre wurde das Strategic Highway Research Program (SHRP C-103, [10]) gestartet. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde auch die Anwendbarkeit von Inhibitoren zur Instandsetzung von korrodierenden Stahlbetonbauteilen untersucht. In einem Folgeprogramm wurden Pilotversuche wie auch Feldstudien durchgeführt. Diese Arbeiten lösten weltweit eine rege Forschungstätigkeit aus. Trotz der großen Vielzahl von Untersuchungen zur Wirkung von Inhibitoren ist weder bei der präventiven noch bei der kurativen Anwendung ein Konsens bei der Beurteilung der langfristigen Wirkung und damit des Nutzens vorhanden. Viele Resultate und Folgerungen widersprechen sich. Einige davon können auf die unterschiedliche Versuchsdurchführung und Messtechnik zurückgeführt werden. In der umfassenden Feldstudie von Mott McDonald [11] über die Wirksamkeit von Instandsetzungsverfahren kam man zum Schluss, dass zur Beurteilung von Inhibitoren weitere Untersuchungen nötig sind. In einer Publikation der European Federation of Corrosion wurde der aktuelle Stand der Kenntnisse zum Einsatz von Inhibitoren zusammengefasst [12]. Daraus wird gefolgert, dass Inhibitoren eine starke präventive Wirkung haben können, d. h. den Korrosionsbeginn stark hinauszögern. Demgegenüber konnte mit der nachträglichen, oberflächlichen Applikation von Inhibitoren (kurative Behandlung) bei bereits laufender Korrosion keine signifikante Reduktion der Korrosionsgeschwindigkeit nachgewiesen werden. Söylev und Richardson [13] haben in einer kürzlich publizierten Arbeit 176 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen ebenfalls den Stand der Kenntnisse zur Anwendung von Inhibitoren zusammengefasst. Die Autoren kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass es einfacher ist, mit Inhibitoren den Korrosionsbeginn hinauszuzögern als einen laufenden Korrosionsprozess zu bremsen. Sie weisen weiterhin auf die sehr geringe Datenmenge aus Langzeituntersuchungen an realen Strukturen hin. Ein Schweizer Forschungsvorhaben führten Hunkeler, Mühlan und Ungricht [14] zur Erkenntnis, dass keine der untersuchten Inhibitorarten, laufende chloridinduzierte Korrosion an der Bewehrung zu reduzieren vermochten. Bei der Anwendung des Inhibitors an der Tiefgarage P10 unterscheidet sich der Schutzmechanismus für den Betonstahl von den zuvor genannten Untersuchungen zu migrierenden Inhibitoren: am P10 wird der Inhibitor auf offene Risse appliziert, während bei den üblichen Anwendungen von migrierenden Inhibitoren der Wirkstoff durch den ungerissenen Beton migrieren muss. In [13] wird anhand einer Literaturrecherche festgestellt, dass bei einer Untersuchung organische Inhibitoren auf Basis von Amino-Estern nicht wirksam im Rissbereich sind, während bei einer anderen Untersuchung die Korrosionsströme durch den Einsatz von Inhibitoren halbiert werden konnten. Auch die Untersuchungsergebnisse in [15] sind uneinheitlich: bei einigen Inhibitoren konnte eine signifikante Reduktion der Korrosionsströme festgestellt werden, bei anderen hingegen nicht. 3.2 Laboruntersuchungen zum verwendeten Korrosionsinhibitor Bei dem Parkhaus P10 wird der Korrosionsinhibitor MasterProtect 8500 Cl der MBS eingesetzt. MasterProtect 8500 CI ist nach Herstellerangaben ein bifunktioneller, oberflächenapplizierter Korrosionsinhibitor auf Silanbasis zum Korrosionsschutz und zur Korrosionshemmung. Der Korrosionsinhibitor soll durch eine „chemische Deaktivierung“ der im Riss vorhandenen Chloride die Passivierung der Bewehrung fördern. Darüber hinaus weist das Produkt hydrophobierende Eigenschaften auf, was sich sehr vorteilhaft auf den elektrolytischen Teilprozess der Bewehrungskorrosion auswirkt. In [16] wurden Korrosionsuntersuchungen an gerissenen Stahlbetonprüfkörpern in chloridhaltiger Exposition durchgeführt. Bei Prüfkörpern, die mit dem Inhibitor MP 8500 Cl behandelt waren, wurden verglichen zu unbehandelten und mit einem reinen silan-basierten Inhibitor behandelten Probekörper signifikant reduzierte Korrosionsströme gemessen. Eine weitere Vorversuchsreihe wurde am Institut für Material- und Bauforschung an gerissenen Probekörpern mit chloridhaltigem Beton durchgeführt. Dabei wurden zwei Stahlbetonbalken mit einer Länge von 66 cm, 10 cm Höhe und 11 cm Breite hergestellt. Darin enthalten sind zwei Bewehrungsstäbe (Anoden) mit einer Betondeckung von 20 mm bzw. 40 mm (Abb. 4, Schnitt Seite A und B). Die auf 50 mm abgelängten Anoden wurden in Anlehnung an Beck [17] zur Vermeidung von Spaltkorrosion beidseitig an einen Edelstahldraht angeschweißt und übereinander längs in der Schalung und senkrecht zum späteren Rissbereich platziert. Als Kathode dient ein Band aus Titanmischoxid. Für die Herstellung der Prismen mit CEM II wurde ein gewöhnlicher, eher offenporiger Beton verwendet (w/ z = 0,65; Z = 260 kg/ m³ CEM II/ A-LL; C20/ 25; Größtkorn 8-mm). Der Chloridgehalt des Betons wurde auf 4 M.-%/ z. für beide Probekörper in der oberen Anodenschicht (oberen 60 mm) eingestellt. Die Chloride wurden dem Anmachwasser zugegeben, um die Initiierungsphase der Korrosion abzukürzen. Beide Prüfkörper wurden zur Initiierung einer signifikanten Korrosion zunächst für einen Monat im Rissbereich mit Wasser beaufschlagt. Nach dieser Vorlagerung wurde die Beaufschlagung mit Wasser von oben zwei Wochen vor der Applikation des Inhibitors gestoppt. Die Applikation des Inhibitors wurde durch einen Anwendungstechniker des Herstellers an der Hochschule München durchgeführt. Abb. 4: Probekörperauf bau/ Vorversuche an gerissenen Probekörpern Zur Klärung des Korrosionsverhaltens von Bauteilen, bei denen sich nach Aufbringen eines Korrosionsinhibitors Trennrisse einstellen, wurden Risse im Prüfkörper mit folgenden Parametern erzeugt: • Erzeugung eines Biegerisses (w = 0,30 mm) nach der Applikation des Inhibitors bei beiden PK. Dabei wurden die Prüfkörper in einer Universalprüfmaschine auf Biegung beansprucht, bis sich ein Riss der angestrebten Rissbreite eingestellt hat. • Nach einer Messdauer von 4 Wochen wurden die Risse auf 0,4 mm und nach einer weiteren Woche auf 0,5-mm aufgeweitet. • Nach erfolgter Rissinitiierung wurden die PK in eine Biegevorrichtung eingespannt, damit der Riss dauerhaft offenbleibt (Abb. 5) und im Rissbereich mit einer chloridhaltigen Lösung beaufschlagt. Mit dem eingebauten Korrosionssystem konnten Korrosionspotentiale, Elementströme und Elektrolytwiderstände kontinuierlich erfasst und aufgezeichnet werden. Abb. 6 zeigt die Ergebnisse der Elementstrom-Messungen über die Zeit. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 177 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 5: Einspannung der Probekörper Bei den Elementströmen zeigen die oberflächennahen Anoden nach Chloridbeaufschlagung im Rissbereich die höchsten Werte. Bei dem Prüfkörper, bei dem vor Rissinitiierung ein Inhibitor appliziert wurde, betragen die gemessenen Elementströme rd. 1/ 10 der Elementströme des Referenzkörpers ohne Inhibitor, siehe Abb. 6. Abb. 6: zeitliche Entwicklung der Elementströme Die wenigen Untersuchungsergebnisse mit dem Inhibitor MasterProtect 8500 Cl der MBS deuten darauf hin, dass die Korrosionsaktivitäten im Rissbereich durch Applikation des Inhibitors im Vergleich zu Referenzprobekörpern deutlich reduziert sind. Dies gilt auch für den Fall, dass der Inhibitor vor der Rissinitiierung appliziert wird. 4. Sicherstellung der Dauerhaftigkeit der Decken und der Bodenplatte des P10 4.1 Durchgeführte Maßnahmen Der Sollzustand des Bauwerks, der durch die Instandsetzungsmaßnahmen erreicht werden soll, besteht in der Wiederherstellung der Dauerhaftigkeit der Konstruktion und damit einer Sicherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrungseinlagen innerhalb der verbleibenden Restnutzungsdauer. Aufgrund der geringen Korrosionsaktivität bzw. nicht sichtbaren Korrosionsschäden an den untersuchten Sondierungsstellen und damit einer vorausgesetzten Schadensfreiheit der Konstruktion basiert der Instandsetzungsentwurf der Ingenieurgruppe Bauen auf einer anodischen Kontrolle des Bewehrungsstabs im Rissbereich. Diese soll durch das Einbringen des Korrosionsinhibitors MasterProtect 8500 Cl der MBS erreicht werden. Beim P10 wird das Produkt direkt in vorhandene Risse eingebracht. Infolge der hydrophobierenden Wirkung wird der weitere Wasserzutritt im Riss reduziert und durch die geplante Beschichtung anschließend vollständig verhindert. Weiterhin sollen Chloride durch den Inhibitor „gebunden“ werden, sodass der Korrosionsprozess unterdrückt bzw. sehr stark verlangsamt wird (anodische Kontrolle). Im Detail werden im 1. und 2. UG die 178 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Risse zunächst oberflächig durch Einschneiden aufgeweitet und anschließend mit dem Korrosionsinhibitor MasterProtect 8500 Cl in mehreren Arbeitsgängen getränkt. Aufgrund der Vielzahl an gerichteten, sehr feinen Rissen im Bereich der Fahrbahn im 3. UG ist in diesem Geschoss der flächige Abtrag der vorhandenen Beschichtung und eine flächige Applikation des Korrosionsinhibitors vorgesehen. Da sich durch das für das Auf bringen der Beschichtung erforderliche Kugelstrahlen die vorhandenen Risse aufweiten, kann auf das Einschneiden der Risse verzichtet werden. Nach der „Rissbehandlung“ mit dem Korrosionsschutzinhibitor beinhaltet das Instandsetzungskonzept weiterhin die flächige Neubeschichtung der Verkehrsflächen mit einem entsprechenden rissüberbrückenden Oberflächenschutzsystem, was auch bei der Durchführung von klassischen Instandsetzungsmaßnahmen (z. B. Betonaustausch) erforderlich wäre. Da es sich bei der Tiefgarage P10 um eine stark frequentierte, öffentliche Parkfläche handelt, ist grundsätzlich von einer sehr hohen Verschleißbeanspruchung auszugehen. Deshalb hat der Bauherr entschieden, ein sehr robustes Beschichtungssystem mit hoher Rissüberbrückungsfähigkeit auf Basis von Polyurea zu applizieren, um eine möglichst lange Lebensdauer des Gesamtsystems sicherzustellen. 4.2 Nachweis der Wirksamkeit des Inhibitors am Bauwerk Um den Erfolg der Maßnahme nachweisen zu können, wurden am Bauwerk insgesamt an neun Stellen Sensoren zur Bestimmung der Korrosionsraten im Rissbereich installiert. Dieses Korrosionsmonitoring-System wurde nach den Vorgaben des DGZf P-Merkblatts B12 [18] geplant und installiert. Es erlaubt neben der Messung des Elementstroms des Betonstahls im Rissbereich auch die Messung von Elektrolytwiderstand, Korrosionspotentialen und von Polarisationswiderständen. Da nicht gesichert angenommen werden kann, dass durch die Bauwerksdiagnose auch wirklich die Bereiche höchster Chloridkonzentration im Rissbereich beprobt/ getroffen wurden, erfolgte an einigen der Monitoring-Stellen eine gezielte Beaufschlagung der Rissoberfläche mit chloridhaltiger Lösung über mehrere Wochen. Hierdurch wurde lokal chloridinduzierte Korrosion initiiert - was durch das Monitoring-System auch erfasst werden konnte. Somit kann an diesen Stellen nun die Wirksamkeit des Inhibitors (in Kombination mit dem Verfahren 8.3) auch bei hohen Chloridwerten überprüft und damit die Wirksamkeit der Maßnahme auf der sicheren Seite nachgewiesen und darüber hinaus auch Anwendungsgrenzen des Verfahrens verifiziert werden. 4.3 Diskussion des technischen Risikos Dem Bauherren wurde das technische Risiko der Maßnahme eingehend erläutert. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Einschätzung des technischen Risikos: • Vorhandene Schädigung: die vorhandene Chloridbelastung auf Höhe der Bewehrung ist mit max. ermittelten Werten von 0,85 M.-%/ z. deutlich erhöht, aber nach Vorgaben RL-SIB bzw. TR-IH noch in moderaten Bereichen, für die ein Instandsetzungserfolg rein über Anwendung des Prinzips W-Cl bzw., Verfahren 8.3 nicht ausgeschlossen wird. Derzeit sind keine sichtbaren Querschnittsverluste oder Korrosionsspuren vorhanden. • Risiko eines Prinzips W-Cl/ Verfahren 8.3: im Labor ergaben sich bei Chloridgehalten im Riss in der gleichen Größenordnung wie am Parkhaus P10 nach kurzer Zeit Korrosionsströme, die auf einen Erfolg des Instandsetz-ungsverfahrens 8.3 schließen lassen. Dies ist auf maßgebende anodische Kontrolle der Korrosionsprozesse zurückzuführen. • Anwendung des Korrosionsinhibitors: im Labor konnte in [15] nachgewiesen werden, dass sich durch Einsatz des Korrosionsinhibitors MP 8500 Cl bei gerissenen Prüfkörpern die Korrosionsströme signifikant reduzieren lassen. Der Inhibitor wird als anodisch kontrollierend eingeschätzt, wodurch bei Wirksamkeit das Verfahren 8.3 unterstützt wird. • Elektrolytische Widerstände: die Zwischendecken sind in der Fläche derzeit mit einem OS8-System beschichtet. Dies bedeutet, dass der Konstruktionsbeton außerhalb der Risse vermutlich trocken ist und damit hohe Elektrolytwiderstände aufweist. Im Rissbereich kann der Beton der Zwischendecken nach unten austrocknen. Damit ist zu erwarten, dass mittelfristig der Elektrolytwiderstand des Betons im Rissbereich ansteigt und damit evtl. vorhandene Korrosionsprozesse weiter verlangsamt werden. • Abdichten der vorhandenen Risse: durch „Abdichten“ der vorhandenen Risse durch eine rissüberbrückende Beschichtung können keine neuen Chloride in den Beton eindringen. Vorhandene Chloride können sich im Rissinneren weiter in den Konstruktionsbeton umverteilen. Dadurch ist mit einer Abnahme der Chloridkonzentration am Betonstahl über die Zeit zu rechnen. • Musterfläche: im Juli 2019 wurde an einer Musterfläche die Wirksamkeit des Inhibitors bereits getestet. Dabei wurden Potentiale gemessen, die sich innerhalb von rd. 7 Wochen hin zu „edleren“ Werten verschoben haben. Die mit GECOR 10 von der Oberfläche aus gemessenen Korrosionsströme nahmen für eine Stelle mit hoher Korrosionsaktivität von 0,837-µA/ cm² innerhalb von 7 Wochen auf 0,040 µA/ cm² ab. Ein letztendlicher Nachweis der Wirksamkeit konnte aber noch nicht erbracht werden. All diese Punkte sprechen dafür, dass - obwohl das Instandsetzungskonzept nicht den Anerkannten Regeln der Technik nach [19] entspricht und deswegen ein erhöhtes technisches Risiko gegenüber einer herkömmlichen Instandsetzung vorhanden ist - das Risiko des Nichterreichens des Werkerfolgs (der Erfolg ist hier als Sicherstellung der Dauerhaftigkeit definiert) als gering bis moderat zu bewerten ist. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 179 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Mögliche weitere Risiken bestehen in folgenden Punkten - auch wenn es bisher in der Literatur keine Hinweise auf derartige Schädigungsprozesse gibt: • Mögliche Unverträglichkeit Inhibitor zu Beton, • Mögliche Unverträglichkeit Inhibitor zu Beschichtung/ Rissbandage, • Mögliche Umweltunverträglichkeit. Diese Risiken könnten theoretisch dazu führen, dass die Beschichtung auf dem Beton nicht mit dem erforderlichen Verbund aufliegt, sodass sich Blasen bilden oder dass Auswaschungen aus dem Beton stattfinden. Auch diese Risiken können zu einem Nichterreichen des Werkerfolgs führen, wenn erneute Instandsetzungsarbeiten erforderlich werden. Diese Risiken werden - da keine Hinweise in der Literatur zu finden sind - als gering bewertet. 5. Zusammenfassung und Ausblick Die bisher mit einem starren OS8-System beschichteten Zwischendecken und die Bodenplatte der Tiefgarage P10 in Heidelberg weisen zahlreiche Risse auf, in die durch die Nutzung Chloride eingedrungen sind. Die derzeitige Chloridbelastung ist noch moderat (max. 0,85 M.-%/ z. auf Höhe der Bewehrung), weshalb auch keine Korrosionserscheinungen an Sondierungsstellen festgestellt wurden. Um die Dauerhaftigkeit der befahrenen Bauteile sicherzustellen, wurden mögliche Instandsetzungsverfahren nach TR-IH intensiv diskutiert. Dabei hat sich die Bauherrenschaft für die Anwendung eines Inhibitors zur Korrosionshemmung im Rissbereich entschieden. Diese Instandsetzungsvariante ist in der TR-IH nicht geregelt, aber im europäischen Normenwerk DIN EN 1504-9 als Verfahren 11.3 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ enthalten. Daher wurde das technische Risiko durch Betrachtung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 für den Rissbereich bewertet - der Inhibitor soll dabei das technische Risiko gegenüber einer alleinigen Anwendung des Verfahren 8.3 reduzieren. Die Wirksamkeit des Inhibitors im Rissbereich wurde an der Hochschule München im Rahmen einer Voruntersuchung nachgewiesen. Um den Erfolg der Maßnahme bewerten zu können, wurde ein Korrosionsmonitoring- System installiert, das die permanente Online-Erfassung des Korrosionszustandes der Bewehrung erlaubt. Um die Wirksamkeit des Inhibitors auch bei höheren Chloridgehalten bestätigen zu können, wurde bei einigen Monitoringbereichen durch lokale Beaufschlagung mit chloridhaltiger Lösung Korrosion vor Applikation des Inhibitors gezielt initiiert. Die Maßnahme wurde im Herbst 2023 durchgeführt. Durch weitere Messung und Auswertung der Korrosionsaktivitäten der Sensoren des Korrosionsmonitorings erwarten die Autoren wertvolle Erkenntnisse zur Wirksamkeit und evtl. auch zu den Anwendungsgrenzen dieses innovativen Verfahrens zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit bei gerissenen Stahlbetonbauteilen mit einer Chloridbeaufschlagung. 6. Danksagung Die Autoren bedanken sich bei der Bauherrenschaft, den Stadtwerken Heidelberg Garagen GmbH, für die hohe Innovationsfreude und die sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie bei den Projektpartnern. Die Planung und Betreuung des von der Fa. instakorr errichteten Korrosionsmonitoringsystems erfolgte durch ZT- Büro Pruckner, Herrn Dr. Dr. Franz Pruckner, während die Baumaßnahme selbst von der Fa. Massenberg, Niederlassung Bürstadt, ausgeführt wurde. 7. Literatur [1] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Richtlinie, Mai 2020, Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung), Teil 1 - Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung. [2] RL SIB: 2001-10: DAfStb-Richtlinie - Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen: Instandsetzungsrichtlinie, Deutscher Ausschuss für Stahlbetonbau im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin 2001. [3] Keßler, S., Hiemer, F. and Gehlen, C. (2017): Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton. Beton- und Stahlbetonbau, 112: 198-206. doi: 10.1002/ best.201700002. [4] Nürnberger, U.: Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen, Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 1995. [5] Hunkeler, F., Ungricht, H. und Schiegg, Y.: Eignung zweier Inhibitoren (MFP und Sika Ferro-Gard-903) zur Instandsetzung von chloridbelasteten Stahlbetonbauten, Objektbezogener Forschungsauftrag der Arbeitsgruppe Brückenforschung, UVEK/ ASTRA, Bericht VSS Nr. 554, 2001. Zusammenfassung. [6] Hunkeler, F.: Corrosion in reinforced concrete: processes and mechanisms, in: Corrosion in reinforced concrete structures, Editor: H. Böhni, Woodhead Publishing Ltd, Abington Cambridge UK, 2005, p.-1-45. [7] Corrosion of reinforcement in concrete - Mechanisms, monitoring, inhibitors and rehabilitati-on techniques, Editors: M. Raupach, B. Elsener; R. Polder and J. Mietz, European Federation of Corrosion, Publications Number 38, Woodhead Publishing Ltd, Abington Cambridge UK, 2007. [8] SAMARIS - Sustainable and Advanced MAterials for Road InfraStructure (CD), Competitive and Sustainable Growth (GROWTH) Programme, Final Reports, July 2006: Deliverable D21, Test of effectiveness of corrosion inhibitors in field trials; Deliverable D25a, Specification for the use of corrosion inhibitors for the rehabilitation of concrete highway structures. [9] DIN EN 1504-9: 2008: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität - 180 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Teil 9: Allgemeine Grundsätze für die Anwendung von Produkten und Systemen. [10] Islam M., Sohanghpurwala, A. A. and Scannell, W. T.: Long-term performance of corrosion in-hibitors used in repair of reinforced concrete bridge components, U.S. Department of Transportation, Federal Highway Administration, Publication No. FHWA-RD-01-097, 2002. [11] Baldwin, N. J. R. and King, E. S.: Field studies of the effectiveness of concrete repair, Phase 4 Report: Analysis of the effectiveness of concrete repairs and project findings, Mott MacDonald Ltd., Research report 186, 2003. [12] Elsener, B.: Corrosion inhibitors for reinforced concrete - an EFC state of the art report, in [4], p. 170-184. [13] Söylev, T. A. and Richardson, M. G.: Corrosion inhibitors for steel in concrete: State-of-the-art report, Construction and Building Materials, Volume-22, Issue 4, April 2008, p. 609-622. [14] Hunkeler, F., Mühlan, B. und Ungricht, H.: Korrosionsinhibitoren für die Instandsetzung chloridverseuchter Stahlbetonbauten, TFB, Techn. Forschung und Beratung für Zement und Beton, Wildegg, Forschungsauftrag, August 2010. [15] K.haled A. Alawi Al-Sodani, Mohammed Maslehuddin, Omar S. Baghabra Al-Amoudi, Tawfik A. Saleh & Mohammed Shameem: Performance of corrosion inhibitors in cracked and uncracked silica fume cement concrete beams, European Journal of Environmental and Civil Engineering, 2018, DOI: 10.1080/ 19648189.2018.1475306. [16] Nelson Testing Laboratories: Corrosion Study for BASF MasterProtect 8500 CI. February 3, 2019. [17] Beck, M.: Zur Entwicklung der Eigenkorrosion von Stahl in Beton, Dissertation, RWTH Aachen, 2010. [18] Merkblatt B12 (2018) Korrosionsmonitoring von Stahl- und Spannbetonbauwerken. Berlin: Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung DGZfP. [19] Mayer, T. F., Dauberschmidt, C., Bruns, M., Eichler, T., Wiens, U., Mietz, J., Gehlen, C., E-bell, G., Gerhard, G. and Osterminski, K.: Das Instandsetzungsprinzip W-Cl. Bautechnik, 2020, doi: 10.1002/ bate.201900083. Ist-Zustandserfassung 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 183 Röntgen von Stahlbetonbauteilen Zerstörungsfreie Bestandsuntersuchung und Qualitätssicherung per Radiographie Dr.-Ing. Sebastian Schulze bauray GmbH, Hamburg Zusammenfassung Die zerstörungsfreie Bauwerksdiagnostik hat in den letzten Jahrzehnten viele Fortschritte gemacht. Relativ neue Methoden wie das Ultraschallecho-Verfahren mit speziell für die Untersuchung von Betonbauteilen entwickelten Prüfköpfen oder das Breitband-Impulsradar zeigen immer wieder ihre Möglichkeiten bei der Suche nach Bewehrung, Einbauteilen und Schadstellen unterhalb der Bauteiloberfläche. Jedoch resultieren aus dem Echo-Prinzip, das eine Prozessierung und Interpretation der Rohdaten erfordert, auch Schwächen in der Aussagesicherheit. Hier setzt die Radiographie ein, die eine direkt bildgebende Darstellung des Bauwerksinnern ermöglicht. Der vorliegende Beitrag zeigt anhand von Beispielen aus der Praxis eindrucksvoll das Potential des Verfahrens. 1. Einführung Für die Planung von Instandsetzungs-, Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen, aber auch für die fortlaufende Instandhaltung von Bauwerken ist eine umfassende Kenntnis des Ist-Zustandes der Konstruktion unerlässlich. In der Praxis kommen dabei insbesondere im Rahmen der Instandsetzungsplanung häufig nur die etablierten Methoden zur Ausführung - Chlorid- und Karbonatisierungsprüfung, Potentialfeldmessung, Betondeckungsmessung. Das Potential weiterführender zerstörungsfreier diagnostischer Methoden zur Untersuchung des tatsächlichen Erhaltungszustandes ist immer noch weitgehend unbekannt. Gemeint sind die volumenabbildenden Methoden Radar und Ultraschall - und auch die Radiographie im Bauwesen, der Einsatz mobiler Röntgentechnik zur Untersuchung von Bauteilen in situ, außerhalb von Laboren. Dabei handelt es sich um eine Methode, die bereits vor Jahrzehnten bei besonderen Fragestellungen vereinzelt Anwendung fand, sich aber aufgrund des erheblichen strahlenschutz- und materialtechnischen Aufwands in der Praxis nie durchsetzen konnte. Mittlerweile ist die Messtechnik aber deutlich fortgeschritten. Mussten früher Röntgenfilme auf Bauteiloberflächen geklebt und dann vor Ort nasschemisch in einem rollenden Entwicklungslabor belichtet und fixiert werden, kann heute dank digitaler Detektortechnik die Radiographie deutlich wirtschaftlicher eingesetzt werden. 2. Bildgebende Bauwerksdiagnostik per Radiographie Radiographie bzw. Röntgen sind dem Laien - so wie der Ultraschall - aus der Medizin bekannt. Das Prinzip ist einfach und ähnelt sehr dem der klassischen Schwarz- Weiß-Fotografie, bei der ein Film belichtet wird und über Belichtungs-, d. h. Helligkeitsunterschiede ein für das menschliche Auge interpretierbares Kontrastbild entsteht. Beim medizinischen Röntgen entsteht dieser Helligkeitsunterschied durch die unterschiedliche Absorption der auf den Körper einfallenden Strahlung, die insbesondere von der Dichte der „Einbauteile“ des menschlichen Körpers abhängt. So absorbieren z. B. Knochen mehr Strahlung als das umliegende Gewebe geringerer Dichte und es entsteht auf der Fotoplatte, dem Röntgenfilm bzw. dem digitalen Detektor ein Kontrastbild mit stärker und schwächer belichteten Bereichen, auf denen die Bestandteile des durchleuchteten Körperteils sichtbar werden. Das Prinzip ist dasselbe wie bei der Lichtbildfotografie, lediglich die genutzte Energie ist beim Röntgen deutlich höher, die Strahlung „härter“. Bei beiden Anwendungen werden elektromagnetische Wellen genutzt - aus dem Spektrum des sichtbaren Lichts bzw. aus dem mehrere Größenordnungen höhenergetischen Spektrum der Röntgenstrahlung. Der wesentliche Vorteil bei Einsatz der Röntgentechnik im Bauwesen: Die direkte Bildgebung ermöglicht dem fachkundigen Baubeteiligten einen direkten, ohne Auslegungsschwierigkeiten direkt interpretierbaren Blick ins Bauwerksinnere. Wo beim Ultraschall- oder Radarverfahren der Auftraggeber bzw. Bauherr. auf die Interpretation durch den erfahrenen Bauwerksprüfer angewiesen ist, ist dies im Falle von Spanngliedern oder schlaffer Bewehrung an Bauwerken nicht erforderlich. Die Bilder sprechen für sich, ähnlich z. B. wie beim Menschen, bei dem auch der Patient selbst den Knochen(-bruch) auf dem Röntgenbild klar zu erkennen vermag. Der Nachteil der Röntgentechnik im Bauwesen im Vergleich mit anderen Untersuchungsmethoden liegt in dem Erfordernis der beidseitigen Zugänglichkeit und dem daraus resultierenden erhöhten Aufwand für die Herstellung der Zugänglichkeit, handelt es sich doch um eine Durchstrahlungsprüfung (Abb.-1). 184 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Röntgen von Stahlbetonbauteilen Abb. 1: Typisches Setup einer Durchstrahlungsprüfung, hier an einer Elementwand (vgl. Abschnitt 2.3). Links der Detektor nahe der Bauteiloberfläche, rechts die Röntgenröhre mit Abstand zum durchstrahlten Bauteil Daraus resultiert wiederum der zweite große Vorteil des Verfahrens, ein weiteres Alleinstellungmerkmal: Was auf einem Röntgenbild zu sehen ist, lässt sich zuverlässig ohne Bauteilöffnung vermessen, was nicht zu sehen ist, ist erwiesenermaßen auch nicht im Bauteil vorhanden. Wird die Anordnung von Detektor, Strahler und Bauteil dokumentiert, so kann über die bekannte Geometrie des Untersuchungsauf baus die Vergrößerung und Verzerrung der auf dem Detektor abgebildeten Objekte herausgerechnet und die wahre Größe der Einbauteile (Bewehrung, Spannglieder, Verankerungen, usw.) errechnet werden (Abb.-2). Voraussetzung ist die Kenntnis der Tiefenlage des Einbauteils, die mit ergänzenden Methoden (Radar, Ferromagnetismus, Ultraschall) problemlos ausreichend genau bestimmt werden kann. Abb. 2: Rückrechnung der wahren Größe der auf dem Detektor/ Röntgenbild abgebildeten Einbauteile (hier Stab- und Spannbewehrung) über Vergrößerung (Strahlensatz) und Verzerrung/ Einfallswinkel (Schattenwurf). Somit ist eine eindeutige Nachweisführung ohne Bauteilöffnung möglich - auch das eine Parallele zur medizinischen Diagnostik, bei der aus nachvollziehbaren Gründen eine non-invasive Methode einer „Öffnung“, einer Operation, nach Möglichkeit stets vorgezogen wird. Die im Folgenden gezeigten Beispiel aus der Praxis belegen dies eindrucksvoll. 2.1 Praxisbeispiel Bewehrungsnachweis Das Potential des Verfahrens soll hier anhand eines Streitfalls über den Einbau von Bewehrung an einem Neubau gezeigt werden. An der Stahlbetonwand einer Parkhauszufahrt (d-=-20-cm) waren planmäßig Zulagen (10-Ø-25-mm) zur Ableitung von Druckkräften aus einem aufliegenden Balken einzubauen (Abb.-3). Abb. 3: Fotografie und Planzeichnung des Neubaus einer Stahlbetonwand mit aufliegendem (a) und einbindendem Balken (b), Grundbewehrung Q636A (c) und Druckzulagebewehrung (d) sowie Kennzeichnung der Radar- und Ultraschallmessspuren zur Bewehrungsortung Bauherrenseitig wurde die zuverlässige Durchführung von Bewehrung durch die Auflagertasche eines einbindenden, nachträglich betonierten Balkens (Markierung b in Abb.-3) bezweifelt und der Nachweis des Einbaus der Zulagen gefordert. Abbildung 4 zeigt exemplarisch je eine der Radar- und Ultraschallmessspuren, die im Bereich des Balkenkopfs angelegt wurden. Es handelt sich dabei jeweils um die Rekonstruktion horizontaler Querschnitte durch die Wand, detektiert wird folglich die vertikale Bewehrung. Anhand der Messdaten werden die Möglichkeiten und Grenzen der beiden Verfahren im direkten Vergleich gut ersichtlich Die Radarmessspur bildet gut die oberflächennahe Vertikalbewehrung im Abstand von 15- cm ab, bei der es sich aufgrund des gleichmäßigen Rasters offenbar um Mattenbewehrung handelt. Auch die rückseitige Bewehrung ist teilweise erkennbar, wenn auch stark verschattet und abgeschwächt durch die vorderseitige Bewehrung. Die Ultraschallmessspur wiederum zeigt ein starkes Echo der Wandrückseite, aber nur schwach die der oberflächennahen Bewehrungslagen. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 185 Röntgen von Stahlbetonbauteilen Abb. 4: exemplarische Radar- und Ultraschallmessspur aus Abb.-3 (Pfeil unterhalb der Auflagertasche) Beide Messspuren zeigen keine Hinweise auf Zulagebewehrung, was aber keinen hinreichenden Nachweis für die Abwesenheit derselben darstellt. In der Regel werden Zulagen an bestehende Grundbewehrung angebunden, so dass quasi Doppelstäbe entstehen, die im Radarbild nicht bis kaum von Einzelstäben zu unterscheiden sind. Rückschlüsse auf Stabdurchmesser sind per Radar ohnehin nicht möglich. Ultraschall hat seine Schwäche bei oberflächennaher Bewehrung, da naheliegende, deutlich stärkere Reflexionen (messseitig: Oberflächenwelle, hier herausgefiltert; rückseitig: starke Totalreflexion der Rückwand) die Anzeigen überlagern und deren Interpretierbarkeit erschweren. So war hier mit den „herkömmlichen“ Zf P-Verfahren (soweit man davon bereits sprechen mag) kein „gerichtsfester“ Nachweis des Einbauzustandes möglich. Es musste geröntgt werden. Die Einrichtung der Messtechnik entspricht jener in Abb.-1. Durchstrahlt wurde die Wand am Fußpunkt, an der die Zulagebewehrung in die Sohle einbinden musste. Dazu wurden mehrere Röntgenbilder aufgenommen, um einen Bereich von etwa 1,5 m Breite abzudecken (Abb.-5). Abb. 5: Position der am Wandfuß aufgenommenen Röntgenbilder Die zugehörigen Röntgenbilder sind in Abb.-6 dargestellt. Diese zeigen ausschließlich Stabstahl ähnlicher Durchmesser, deutlich größere Durchmesser, die auf Zulagebewehrung hinweisen würden, sind nicht erkennbar. Abb. 6: Röntgenbilder (weiß: Positionsmarker) Die vergrößerte Darstellung in Abb.-7 zeigt die auf dem Röntgenbild projizierten Maße. Mit der in Abb.-2 skizzierten Rückrechnung lassen sich die wahren Durchmesser bestimmen. Die detektorseitige Bewehrung ist hier geringfügig (ca. 5 %), die strahlerseitige Bewehrung deutlich vergrößert abgebildet (ca. 25 %), entsprechend der Abstandsverhältnisse zwischen Strahler, Objekt und Detektor. Abb. 7: Vermaßtes Röntgenbild, Ausschnitt aus Bild 2 in Abb.-6. Die Stabdurchmesser der augenscheinlichen Mattenbewehrung betragen 9- mm, die Stababstände 15- cm, dies entspricht der planmäßigen Grundbewehrung einer Q636A-Matte. Bei den schräg verlaufenden Eisen im Bild handelt es sich um die typisch abgebogene Anschlussbewehrung aus der Sohle. Da wie oben beschrieben im Durchstrahlungsbild der gesamte Wandquerschnitt abgelichtet und folglich alle vorhandenen Einbauteile bzw. Bewehrungsstäbe auch auf 186 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Röntgen von Stahlbetonbauteilen dem Röntgenbild sichtbar werden, sind diese Aufnahmen ein eindeutiger Nachweis dafür, dass im untersuchten Bereich die planmäßig vorgesehene Zulagebewehrung nicht vorhanden ist. 2.2 Praxisbeispiel Korrosionszustand Bei dem vorangegangenen Beispiel war die Qualität der Röntgenbilder für die Zielerreichung der Aufgabenstellung ausreichend. Das Potential dieses Verfahrens bei der Untersuchung von Betonbauwerken reicht aber noch weiter. Nachfolgend wird das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie zur Untersuchung von Bewehrungsgehalt und -zustand an Stützenfüßen einer Tiefgarage erläutert. Das vorrangige Ziel war es, Eckeisen zerstörungsfrei auf Korrosionserscheinungen zu untersuchen. Wie zuvor die Wand waren die untersuchten Stützen 20-cm stark. Mit optimierten Belichtungsparametern und digitaler Nachbearbeitung konnten Bildqualität und damit Aussagefähigkeit der Bilder noch einmal deutlich verbessert werden. Als Studienobjekt diente eine Stützenecke mit bekannten Korrosionserscheinungen, die einige Zeit vor Durchführung der Studie bereits saniert wurde (Abb.-8). Abb. 8: Korrodierende Stützeneckbewehrung vor Sanierung Die Durchstrahlungsprüfung erfolgte nach Reprofilierung der Stütze. Abb.-9 zeigt den bauzeitlichen Bewehrungsplan mit Vertikaleisen Ø-16-mm in den Ecken sowie Bügelbewehrung Ø- 8- mm, a = 19 cm mit Zulagen am Stützenfuß. Abb. 9: Bewehrungsplan der durchstrahlten Stütze mit korrodiertem Eckeisen Das Röntgenbild des Stützenfußes ist in Abb.-10 dargestellt. Aufgehende Bewehrung, teilweise mit deutlich erkennbaren Rippen, sowie die Anschlussbewehrung und Bügel sind eindeutig identifizier- und vermessbar: Die Vertikalbewehrung entspricht mit tatsächlichem Durchmesser von 16 mm den Bestandsplänen, die Bügelbewehrung nicht. Vorhanden sind Bügel Ø-6-mm (bereits ohne Einmessung ist erkennbar, dass der Bügeldurchmesser kleiner ist als der halbe Durchmesser der aufgehenden Eisen ist), erkennbar als Doppelbügel, deren Gesamtquerschnitt damit etwa dem eines Einzelbügels Ø-8-mm entspricht. Allerdings sind hier ggf. eher die planmäßig mit Abstand von 5-cm vorhandenen Zulagen (vgl. Abb. 9) zusammengerutscht als dass planmäßig Ø-8-mm durch 2Ø-6-mm ersetzt worden wären. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 187 Röntgen von Stahlbetonbauteilen Abb. 10: Röntgenbild des Stützenfußes mit vergrößertem Ausschnitt. Erkennbar sind Stützenbewehrung (schwarze Pfeile), Anschlussbewehrung (graue Pfeiler) Bügel und Röntgenmarker (Bildbezeichnungen, Röntgenmaßband, Bildgüteprüfkörper) Diese Zusatzinformationen zum Istzustand sind hier eher „Beifang“ zum eigentlichen Untersuchungsziel: Der Identifizierbarkeit geringfügiger korrosions-bedingter Querschnittsschwächungen. Hier ist die Markierung in Abb.-10 zu beachten, die das schadhafte Eckeisen aus Abb.-8 zeigt. Der Bereich ist in Abb.-11 vergrößert dargestellt und der Aufnahme eines Eckeisens an einer augenscheinlich unbeschädigten Ecke einer anderen Stütze gegenübergestellt. Im grün markierten Bereich weisen die im Profil abgebildeten Rippen keine Auffälligkeiten auf, erst im orangen markierten Bereich - an der die aus Abb.-8 bekannten Abrostungen vorhanden sind - werden die Rippen deutlich flacher und sind nahe dem Fußpunkt annähernd vollständig abgerostet. Abb. 11: Vergrößerung des geringfügig abgerosteten Eckeisens und Gegenüberstellung mit einem augenscheinlich schadfreien Eckeisen Im Vergleich dazu ist entlang des Referenzeisens rechts keine Auffälligkeit an den Rippen vorhanden, die Profilierung ist über die gesamte Höhe gleichmäßig ausgeprägt. Anhand der Erkenntnisse dieser Studie kann davon ausgegangen werden, dass es mittels Radiographie möglich ist, den Korrosionszustand von Eckbewehrung an Stützen und folglich auch sonstigen exponierten, schadensträchtigen Bauteilecken (Wandköpfe, Unterzüge) systematisch und vollkommen ohne Eingriff ins Bauteil festzustellen. Letzteres kann besonders bei hochbelasteten/ rechnerisch überlasteten oder bereits erheblich geschädigten Stützen interessant sein, da auch der Zustand auf der Innenseite des Eckeisens und ggf. umgreifender Bügel bewertet werden kann. 2.3 Praxisbeispiel Schadfreies Bohren Es mag erscheinen, wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, aber in besonderen Fällen kann die Radiographie bei einer eigentlich so simplen Aufgabe wie der Bewehrungsortung für schadfreies Bohren alternativlos oder zumindest erheblich hilfreich sein. Die exemplarische Messanordnung aus Abb.-1 stammt aus der Untersuchung von Halbfertigteilwänden/ Elementwänden, die in Teilbereichen rechnerisch derart hoch ausgenutzt sind, dass für die technische Umrüstung des Gebäudes erforderliche Kernbohrungen kein statisch relevantes Anschlusseisen und keinen A-Bock-Gitterträger beschädigen dürfen. Hier gilt es dann, die relevante von der untergeordneten Bewehrung zu unterscheiden, 188 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Röntgen von Stahlbetonbauteilen was ohne Eingriff ins Bauteil nur durch Röntgen möglich ist, da sonstige zerstörungsfreie Methoden nahe liegende Einzelstäbe nicht zuverlässig unterscheiden und Durchmesser nicht bestimmen können. Abb.- 12 zeigt zwei exemplarische Röntgenbilder der durchstrahlten Elementwand. Bildkontrast und Detailerkennbarkeit sind hervorragend, nicht nur können sämtliche Stabdurchmesser sicher festgestellt werden, auch A- Böcke, Abstandhalterräder aus Kunststoff, Lunker, selbst Bindedrähte mit Durchmessern von deutlich unter 2 mm sind zu erkennen. Die Kernbohrlagen konnten auf diese Weise mit maximaler Zuverlässigkeit und minimalen Sicherheitsabständen festgelegt werden. Abb. 12: Röntgenaufnahmen einer Sandwich-Elementwand mit identifizierbarer Bewehrung, Abstandhalter und weiteren Auffälligkeiten. 3. Fazit Die gezeigten Beispiele belegen den Erkenntnisgewinn durch den Einsatz der Radiographie an Betonbauwerken im Rahmen der Bauwerksdiagnostik. Viele weitere Untersuchungen an Stahl- und Spannbetonbauwerken zeigen weiteres Potential auf. So können per Radiographie beispielsweise auch Rissbilder untersucht, der Verpresszustand von Spanngliedern aussagesicher festgestellt oder denkmalgeschützte Bauwerke zerstörungsfrei untersucht werden. Das Potential im Bestand ist also erheblich, als Zukunftsziel im Sinne einer nachhaltigen Errichtung von Bauwerken ist es aber erstrebenswert, die Bauwerksdiagnostik, speziell die modernen Techniken und Methoden wie Radar, Ultraschall, Betondeckungsmessung und Radiographie, qualitätssichernd auch im Rahmen der Bauausführung und -abnahme einzusetzen. Die Kosten einer umfangreichen Begleitung und Abnahme zum Nachweis von Ausführungs- und Einbauzuständen nach Fertigstellung der Betonierarbeiten liegen mit Sicherheit unterhalb von einem Prozent der Gesamtprojektkosten - der Nutzen für Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks über dessen Lebensdauer liegt bei einem Vielfachen davon. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 189 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten - Stand der Anwendung und aktuelles Merkblatt der DGZfP Dirk Dalichow, Tobias Günther, Gerd Wilsch Barg Baustofflabor GmbH & Co. KG, Berlin André Molkenthin SKP SPECHT KALLEJA + PARTNER BERATENDE INGENIEURE GmbH, Berlin Zusammenfassung Seit Mitte der 90er Jahre wird an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (engl. Laser-induced Breakdown Spectroscopy) - kurz LIBS - für die chemische Analyse von Beton stetig weiterentwickelt. Durch das Barg Baustofflabor wird die Methode seit einiger Zeit in der Praxis zur verbesserten Zustandsanalyse u. a. von Parkbauten erfolgreich eingesetzt. Mit dem aktuellen LIBS-System ist es im Labor möglich den Chloridgehalt ortsaufgelöst in wenigen Minuten zu quantifizieren, sogenannte Elementlandkarten zu erstellen und somit die Elementverteilung innerhalb des Betons zu visualisieren. So lassen sich z. B. lokal erhöhte Chlorid-Werte in Rissen erkennen. Durch das Scannen eines Bohrkernquerschnittes sowie der simultanen Erfassung von mehreren Elementen mit einer Messung, ist es möglich die Gesteinskörnung in den Messdaten zu identifizieren und den Chloridgehalt auf den Zement zu beziehen. Fehlerquellen aus der Umrechnung der betonbezogenen Chloridgehalte können dadurch minimiert werden. Mit der Messung lässt sich gleichzeitig der carbonatisierte Randbereich erkennen - in diesem ist der Chloridgehalt im Allgemeinen deutlich geringer - und das Maximum der Chlorid-Konzentration erfassen. Es werden Praxisbeispiele gezeigt, die die aktuellen Möglichkeiten des Verfahrens und dessen Mehrwert veranschaulichen. Auch wird das seit kurzem verfügbare Merkblatt B14 der Deutschen Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung (DGZf P), welches den Einsatz von LIBS zur quantitativen Bestimmung von Chloridgehalten im Beton beschreibt, vorgestellt. 1. Einführung Stahlbetonbauwerke spielen in der heutigen Infrastruktur eine tragende Rolle. Für die Bestimmung des IST- Zustandes von Betonkonstruktionen mit Bewehrung ist eine ausreichende Diagnostik des Bauwerks notwendig. Dazu gehören auch Untersuchungen hinsichtlich des Eintrages von chemischen Substanzen in das Beton Gefüge. So können z. B. durch eine Carbonatisierung oder das Eindringen von Chloriden Korrosion an der Stahlbewehrung verursacht werden. Bei einer Carbonatisierung wird CO 2 aus der Umgebungsluft im Beton gebunden und führt zu einer Senkung des ph-Wertes im Beton. Bei der Diagnostik muss folglich festgestellt werden, welcher Abstand zwischen der Carbonatisierungsfront und der Bewehrungslage existiert. Beim Eintrag von Chloriden, z. B. durch Meerwasser bei Bauwerken in der Nähe einer Küste oder bei Tiefgaragen und Parkhäusern durch Streusalz in der Winterperiode, ist es wichtig die Konzentration und die Eindringtiefe in Bezug auf die Bewehrungslage möglichst exakt zu bestimmen. Ein geeignetes Verfahren für diese Fragestellungen ist die Laser-induzierten Breakdown Spektroskopie (engl.: Laser-induced Breakdown Spectroscopy). Mit diesem Verfahren ist es möglich, das Eindringen von Elementen in die Betonkonstruktion hochaufgelöst zu erfassen. Bereits in den 1990er Jahren wurde in der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) an der Anwendung des Verfahrens für die Betonanalytik geforscht. Am Anfang stand die Erkundung der Anwendungsgrenzen des Verfahrens für die Untersuchung von Schadensprozessen im Beton. Es erfolgte die Entwicklung verschiedener, zum Teil sehr aufwändiger Messsysteme. Mit dem Einzug der Diodenlaser und der Kompaktspektrometer wurden die Geräteausstattungen deutlich leistungsfähiger und zuverlässiger. Heute existieren sowohl Geräte für den mobilen Einsatz direkt vor Ort als auch kommerziell verfügbare Messsysteme für die Untersuchungen im Labor [1-9]. Abb. 1: Schematische Darstellung eines LIBS-Systems 190 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten 2. Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS) 2.1 Verfahrensprinzip Das LIBS-Verfahren erlaubt die direkte Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der zu analysierenden Proben. Durch das zu Grunde liegende Prinzip können alle Elemente des Periodensystems nachgewiesen werden. Bei dem Verfahren wird ein kurzer gepulster Laserstrahl auf die Probenoberfläche fokussiert, um eine ausreichende Leistungsdichte zu erreichen. Der Durchmesser des Laserspots beträgt auf der Oberfläche der Probe ca. 100 µm. Die erreichte Leistungsdichte von einigen GW/ cm² führt dazu, dass sich das Probenmaterial aufheizt, schmilzt, verdampft und sich aus dem abgetragenen Probenmaterial ein Plasma mit Temperaturen von ca. 10.000 -12.000 K bildet. Nach dem Ende des Laserpulses klingt das Plasma ab und sendet dabei eine Strahlung aus den Rückschlüssen, über die im verdampften Material enthaltenen Elemente und deren Konzentration erlaubt. Die Strahlung wird zu einem Spektrometer geleitet, spektral zerlegt und die Intensität in Abhängigkeit von der Wellenlänge detektiert. Ein entscheidender Vorteil des LIBS-Verfahrens ist die Möglichkeit einer 2-dimensionalen, bildgebenden Messung. Dabei wird die Probe in der Ebene senkrecht zum Laserstrahl bewegt. Für eine Messung werden in der Regel Bohrkerne mit einem Durchmesser von 50 mm und einer Länge von ca. 100 mm am Bauwerk entnommen. Anschließend erfolgt ein Sägen (trocken) der Bohrkerne in der Mitte, wobei die Querschnittsfläche der Bohrkerne für die Messung zugänglich wird. Bei einer Auflösung (Abstand der einzelnen Messpunkte) von 0,25 mm x 0,25 mm und einer Messfläche von 50 mm x 100 mm ergeben sich damit 80.000 Messwerte auf der Probe. Für jeden Messpunkt wird ein Spektrum (Intensität der Strahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge) aufgenommen. Die Abbildung 2 zeigt ein typisches, an Zementstein aufgenommenes Spektrum im NIR Wellenlängenbereich. Das Spektrum zeigt Linien mehrerer relevanter Elemente, die mit einer solchen Auswertung erfasst werden. Abb. 2: Typisches Spektrum gemessen an Zementstein im NIR-Wellenlängenbereich. Die Zuordnung der Peaks zu den Elementen ist angegeben. Potenziell schädigende Substanzen lassen sich über die Elemente Chlor, Kohlenstoff oder Schwefel in diesem Spektralbereich detektieren. Für die Analyse von quantitativen Ergebnissen wird das System mit Referenzproben, z. B. mit genau vorbestimmten Chlor-Konzentrationen, kalibriert. Abb. 3: Intensität der Chlor-Spektrallinie mit einer Wellenlänge von 837,59 nm bei Messung an Referenzproben mit steigender Chlorid-Konzentrationen (links). Kalibriergerade (Abhängigkeit des Signals zu Untergrund-Verhältnisses von der Konzentration in der Referenzprobe) für Chlor (rechts). In der Abbildung 3 (links) ist die Intensität der Chlor- Spektrallinie mit einer Wellenlänge von 837,59 nm, wie sie an Referenzproben mit genau abgestuften Chlor-Konzentrationen erfasst wurde, dargestellt. Dabei ist zu erkennen, dass bei steigender Chlor-Konzentration in der Probe die Intensität der Spektrallinie zunimmt. Um mögliche Einflussfaktoren zu minimieren, wird nicht die absolute Intensität für die Kalibrierung genutzt, sondern deren Verhältnis zum Untergrund-Signal (Signal zu Untergrund Verhältnis, SUV). Zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Chlor-Konzentration in den Referenzproben und dem mit LIBS ermitteltem SUV wird eine lineare Kalibierfunktion genutzt (siehe Abbildung 3, rechts). Die Bestimmung der Nachweisgrenze erfolgt entsprechend DIN 32645 und beträgt in diesem Fall 0,03 M.-% [10]. Durch Umstellung der Gleichung kann die Chlor-Konzentration bei einer Messung aus dem ermittelten Signal-Untergrund-Verhältnis (SUV) für Chlor berechnet werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 191 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 4: Zeitliche Geräteentwicklung der LIBS-Analyse im Bauwesen. Vom „ersten“ Laserschuss auf den Beton (1993) bis zu der Veröffentlichung des Merkblattes B14 (2023) 2.2 Entwicklungsprozess des Verfahrens Die zeitliche Entwicklung des Verfahrens ist in der Abbildung 4 dargestellt. An der BAM begann mit dem ersten Laserschuss auf eine Betonoberfläche die Entwicklung eines auf die Anwendungen im Bauwesen optimierten LIBS-Systems. Es wurden anfangs komplexe und aufwändige Laborsysteme aufgebaut, um die Anwendbarkeit des Verfahrens zu erforschen und dessen Möglichkeiten für die Untersuchung der Schädigungsprozesse von Beton auszuloten. Durch das punktweise Abfahren der Proben ließen sich bildgebende Verteilungen unterschiedlicher Elemente darstellen und die Heterogenität der Betonmatrix abbilden. Grundsätzlich konnte zwischen Messungen auf der Gesteinskörnung und der Zementsteinmatrix unterschieden werden und die quantitativen Ergebnisse der Konzentrationen schädigender Bestandteile bezogen auf den Zement angegeben werden. Es ließen sich alle für die Schädigung von Beton relevanten Elemente (Chlor, Kohlenstoff, Schwefel, Stickstoff, Natrium, Kalium, …) bestimmen. Da die Erfassung von Chlor und Schwefel auf Grund ihrer Elektronenkonfiguration schwierig ist, wurden anfangs über Forschungsprojekte komplexe Messeinrichtungen für die Aufgabenstellungen des Bauwesens entwickelt (siehe Abbildung 4, 2009). Mit der Verfügbarkeit von kompakten, langlebigen, durch Dioden gepumpten Lasern und den Einsatz von robusten Kompakt-Spektrometern wurde der Einsatz des Verfahrens mit einem mobilen Gerät direkt vor Ort möglich (siehe Abbildung 4, 2015). Kurz darauf konnte das erste kommerziell verfügbare Laborgerät von der Firma SECOPTA analytics dem Markt zur Verfügung gestellt werden (siehe Abbildung 4, 2016). Die zweite Generation wird von diesem Hersteller seit 2020 angeboten. Ein wichtiges Kriterium für den Einsatz des Verfahrens in der Praxis der Baustoffuntersuchungen ist die Gewährleistung der Richtigkeit und Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2021 ein internationaler Ringversuch zur Bestimmung der quantitativen Chlor-Konzentrationen in zementbasierten Referenzproben durchgeführt [12]. Dessen Ergebnisse bestätigten die Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Laboratorien ermittelten Werte. Für den praktischen Einsatz eines Verfahrens ist es wichtig, dass alle Anwender mögliche Einflussfaktoren auf das Ergebnis kennen und berücksichtigen. Als erstes Regelwerk für die Anwendung des Verfahrens im Bauwesen wurde eine Richtlinie in Form eines DGZf P Merkblattes erarbeitet. Die Veröffentlichung des Merkblattes B14 „Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS)“ erfolgte im August 2023 [11]. In dem Merkblatt B14 sind Grundlagen eines LIBS-Systems und die Anforderungen für die Analyse für die Quantifizierung von Chlor in zementgebundenen Werkstoffen beschrieben. 3. Anwendung in der Praxis Das LIBS-Verfahren bietet die Möglichkeit, alle Elemente des Periodensystems messtechnisch zu erfassen. Dabei ist der notwendige Aufwand und die zu erreichende Nachweisgrenze vom jeweiligen Element abhängig. Die Erfassung unterschiedlicher Elemente erfolgt simultan. Diese Eigenschaft kann sowohl zur Unterscheidung der einzelnen Phasen des heterogenen Betons genutzt werden als auch zur Berücksichtigung der Wechselwirkung unterschiedlicher Schädigungsarten. Im Vergleich zu anderen bildgebenden Messverfahren wie z. B. der Mikro- Röntgen-Fluoreszenz-Analyse lassen sich auch die leich- 192 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten ten Elemente detektieren (einschließlich Wasserstoff) und eine Messfrequenz von mehreren hundert Hertz erzielen. Auch sind die Anforderungen an die Rauigkeit der Oberfläche geringer. Es werden +/ - 1 mm toleriert. So kann direkt an sägerauen Oberflächen gemessen werden. Zu dem verfügen die aktuellen Systeme über eine Autofokus-Option, welche Messungen an gebrochenen Proben (Rauigkeit +/ - 10 mm) erlaubt. Nachfolgend werden Beispiele für die Untersuchung realer Proben beispielhaft vorgestellt welche das Potenzial und den Mehrwert bei dem Einsatz des Verfahrens zur Untersuchung der Schädigungsprozesse von Beton demonstrieren. Die Messungen werden vorzugsweise mit einer örtlichen Auflösung von 0,25 mm x 0,25 mm ausgeführt. Nach einer Kalibrierung mit Referenzproben, entsprechend Merkblatt B14, sind die Werte für die Chlorverteilung in Masseprozent bezogen auf den Zement der jeweiligen Betonprobe angegeben. Die Konzentration wird dabei durch eine farbliche Abstufung abgebildet. Zusätzlich wird das bekannte Tiefenprofil durch Mittelwertbildung der Ergebnisse, die nicht auf der Gesteinskörnung (im Bild schwarz dargestellt) ermittelt wurden, für die einzelnen Messspuren (Tiefen) angegeben. Der Ausschluss der Gesteinskörnung erfolgt über charakteristische Elemente der Gesteinskörnung (siehe auch Merkblatt B14). 3.1 Chlorid-Verteilung Der Hauptanwendungsfall ist die Bestimmung des Chlorid-Eintrages in Beton über die Erfassung des Elementes Chlor. In der Abbildung 5 ist die quantitative Chlorid-Verteilung, die an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes ermittelt wurde, dargestellt. Der Bohrkern wurde aus einem Stützensockel in einer Tiefgarage entnommen. Abb. 5: Quantitative Chlorid-Verteilung über der Querschnittsfläche eines Bohrkerns mit ausgeschlossener Gesteinskörnung (schwarze Flächen). Die örtliche Auflösung beträgt 0,25 mm x 0,25 mm (links). Zugehöriges Chlorid-Eindringprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm (rechts). Die in Abbildung 5 (links) gezeigte Chlorid-Verteilung ist quantitativ bezogen auf den Zement dargestellt. Dies gelingt über den Ausschluss der Gesteinskörnung (schwarze Flächen). Das Ergebnis zeigt eine deutliche und gleichmäßige Eindringfront bis zu einer Tiefe von 20 mm. In Abbildung 5 (rechts) ist das zugehörige Tiefenprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm dargestellt. Mit einem detaillierten Tiefenprofil liegen optimale Eingangsparameter für eine mögliche Bestimmung des Diffusionskoeffizienten vor. 3.2 Chlorid-Eintrag in einem Riss Eine besondere Herausforderung bei Parkhausbauten ist die Detektion des Chlorid-Transports über Risse. Entlang eines Risses können Chloride innerhalb kurzer Zeit die Stahlbewehrung erreichen und dort eine Chlorid-induzierte Korrosion auslösen. Gegenüber herkömmlichen Verfahren zeigt die bildgebende Darstellung der Chlorid- Konzentration mit LIBS präzise die lokal erhöhten Werte an. Ein Beispiel zeigt Abbildung 6. Links ist das Foto der Querschnittsfläche der Probe mit rot markiertem Rissverlauf dargestellt. Rechts ist die quantitative Chlorid-Verteilung bezogen auf den Zement angegeben. Deutlich zeichnen sich erhöhte Chlorid-Werte im Rissverlauf ab. Die Eindringtiefe im Riss ist deutlich erhöht. Die Ermittlung eines Tiefenprofils hat in diesem Fall wenig Sinn, da hohe Chlorid-Konzentrationen nur im Bereich des Risses und seiner unmittelbaren Umgebung auftreten. Bei der Mittelwertbildung entlang einer Messlinie (Tiefe) von 50 mm werden aber auch Werte geringer Chlorid-Konzentration (in einiger Entfernung zum Riss) mit einbezogen und damit im Mittelwert ein zu geringer Wert abgebildet. Abb. 6: Foto der Querschnittsfläche eines Bohrkernes mit Riss und markiertem Rissverlauf (links). 2D-Darstellung der quantitativen Chlorid-Verteilung. Deutlich sind lokale Maxima im Rissverlauf zu erkennen (rechts). 3.3 Carbonatisierung Da bei einer Messung prinzipiell gleichzeitig alle Elemente erfasst werden, ist es möglich, neben dem Chlorid- Eindringen auch die Carbonatisierungstiefe durch Messung der Kohlenstoffverteilung zu bestimmen. Hierfür ist in der Regel keine Kalibrierung des LIBS-Systems notwendig, da sich der carbonatisierte Bereich schon im qualitativen Signal eindeutig identifizierten lässt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 193 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 7: Foto des Querschnittes eines Betonbohrkerns mit aufgesprühtem Indikator (Phenolphthalein) für die Carbonatisierungsprüfung (links). Darstellung der Kohlenstoffverteilung über dem Querschnitt. Der carbonatisierte Bereich lässt sich am erhöhten Signal (gelb) erkennen (rechts). In der Abbildung 7 ist eine Gegenüberstellung der herkömmlichen Bestimmung (links) mit einem Indikatortest (Phenolphthalein) und dem aus dem Kohlenstoff-Signal ermittelten carbonatisiertem Bereich dargestellt (rechts). Die Phenolphthalein Prüfung des Bohrkerns erfolgte nach der LIBS-Messung, um einen möglichen Einfluss des Sprühtests auf die LIBS-Messung zu vermeiden. Im Foto in der Abbildung 7 (links) zeigt sich der nicht carbonatisierte Bereich mit einem Farbumschlag und der carbonatisierte Bereich farblos. Der Indikatortest bestätigt die Richtigkeit des LIBS-Ergebnisses. Durch die Multielementanalyse des Verfahrens ist es zudem möglich, auch andere Einflüsse, die zu einer Erhöhung des Kohlenstoffgehalts in der oberflächennahen Randzone geführt haben können (z. B. Siloxanverbindungen aus Hydrophobierungen), vom Prozess der Cabonatisierung zu unterscheiden. 3.4 Wechselwirkung Chlorid-Eintrag und Carbonatisie rung Ein Vorteil einer LIBS-Messung besteht darin, die Wechselwirkung zwischen Carbonatisierung und Chlorid-Verteilung zu erfassen. Abb. 8: Gegenüberstellung der mittels LIBS erfassten quantitativen Chlorid-Verteilung (links) und der gleichzeitig ermittelten qualitativen Kohlenstoff-Verteilung (Carbonatisierung, rechts) in der Bindemittelmatrix. Das Beispiel in Abbildung 8 zeigt eine Gegenüberstellung der quantitative Chlorid-Verteilung (links) und die qualitative Kohlenstoffverteilung (Carbonatisierung, rechts) im Bereich eines Risses. Es ist eine Carbonatisierungszone im Rissverlauf zu erkennen. Diese bewirkt eine Verringerung der Chlorid-Konzentration. Die Maxima der Chlorid-Konzentration sind dann außerhalb des carbonatisierten Bereichs in daran angrenzenden Zonen zu erkennen. Eine Analyse des Chlorid-Eintrages im Riss durch eine Bohrmehlentnahme im Rissverlauf führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zur falschen Annahme, dass keine Gefährdung vorliegt. 3.5 Schwefel-Eintrag Ein weiteres Anwendungsbeispiel für LIBS im Bauwesen ist die Beurteilung der Gefährdung durch eine biogene Schwefelsäure Korrosion bei Betonbauwerken in Abwasser oder Kläranlagen. Im vorliegenden Beispiel wird die Schwefel Konzentration an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes ermittelt. Die Schwefel-Verteilung ist in Abbildung 9 (links) durch die gelben Punkte zu erkennen. Sie zeigt die Anreicherung von schwefelhaltigen Verbindungen bis zu einer Tiefe von 20 mm durch ein erhöhtes Schwefel-Signal. Die Gesteinskörnung ist ausgeschlossen (schwarze Flächen). 194 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 9: Quantitative Schwefelverteilung über der Querschnittsfläche eines Bohrkerns mit ausgeschlossener Gesteinskörnung (schwarze Flächen) (links). Zugehöriges Schwefel-Eindringprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm (rechts). Das zugehörige Tiefenprofil der Schwefel-Konzentration bezogen auf den Zement mit einem Punktabstand von 0,25 mm zeigt die Abbildung 9 (rechts). Deutlich bilden sich die stark erhöhten Schwefel-Konzentrationen bis zu einer Tiefe von 20 mm ab. 4. Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit / Mehrwert bei der Anwendung des Verfahrens Derzeitiger Fokus des Verfahrens liegt auf der Nachweisführung von Chloriden (über das Element Chlor) im Beton. Durch die zeitgleiche Erfassung anderer Elemente mit einer Messung ergeben sich für den sachkundigen Ingenieur und Anwender wichtige zusätzliche Informationen, die bei der Beurteilung von Schadensprozessen zu wesentlichen Vorteilen führen. Als Ergebnis einer LIBS-Messung stehen nicht nur 3 oder 4 Zahlenwerte für die Chlorid-Konzentration in Abhängigkeit von der Tiefe zur Verfügung, sondern typischerweise 80.000 Messwerte, die eine flächige Verteilung der Konzentration in die Tiefe des Bauteils liefern. Durch die Möglichkeit die Gesteinskörnung messtechnisch zu separieren und nur die Messungen auf der Zementsteinmatrix zu berücksichtigen, können die Konzentrationen direkt auf den Gehalt des Bindemittels bezogen werden. Die Umrechnung der Ergebnisse der auf die Gesamtmasse bezogenen Standardmethoden (Nasschemie) auf den Zementgehalt mittels eines Faktors und der damit verbundenen Unsicherheit ist nicht mehr notwendig. Durch die höhere Ortsauflösung ist es möglich auch das Eindringprofil mit einer Auflösung von 0,25 mm (entspricht 400 Werten bei einem Bohrkern von 100 mm Länge) anzugeben und so z. B. bessere Eingangsparameter für eine Modellrechnung zur Abschätzung der Restlebensdauer zu erhalten. So können auch Unstetigkeiten im Tiefenprofil (z. B. Erreichen der maximalen Konzentration erst nach dem carbonatisiertem Randbereich) erkannt und berücksichtigt werden. Durch die präzisere Abbildung der Verteilung und der Angabe quantitativer Chlorid-Konzentration direkt bezogen auf den Zementgehalt ergeben sich deutlich verbesserte Informationen in Vorbereitung einer bedarfsgerechten Betoninstandsetzung. Damit wird der Eingriff auf die tragenden Betonbauteile auf das Erfordernis beschränkt, die Bauzeit verkürzt und mögliche Fehlerquellen (Einfluss der Carbonatisierung und Einfluss der Heterogenität) reduziert. Die Kosten bei der Chlorid-Analyse mittels LIBS im Vergleich zu den Kosten bei der Nutzung der Standardverfahren sind dabei, vergleichsweise gering (< Faktor 2). 5. Zusammenfassung Die mittlerweile vorliegenden Erfahrungen bei der seriellen Anwendung des LIBS-Verfahrens in der Praxis eines Baustofflabors zeigen den Mehrwert und das Potenzial der Methode. Die direkte Messung an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes erlaubt die bildgebende Darstellung der quantitativen Chlorid-Verteilung im Baustoff Beton. Mit Hilfe der mit dem LIBS-Verfahren erzielbaren Messergebnisse liegen für den sachkundigen Planer eine Vielzahl von Informationen gegenüber den wenigen Werten bei Standardverfahren vor. Durch den Ausschluss der Gesteinskörnung können die Chloridverteilungen ohne weitere Umrechnung bezogen auf den Zementbzw. Bindemittelgehalt angegeben werden. Die Unsicherheit aus der Umrechnung der Gesamtmasse Beton zum Bindemittelgehalt wie bei den herkömmlichen Standardverfahren entfällt. Bei einer Bohrmehlentnahme oder nach dem Brechen und dem Mahlen der Segmente eines Bohrkernes sind genaue Bestimmungen zum Verhältnis zwischen Gesteinskörnung und Bindemittelmatrix in der Probe nicht möglich. Die Umrechnung mit einem konstanten Faktor führt dann unter Umständen zu einem unrichtigen Verhältnis. Lokal erhöhte oder verminderte Chlorid-Werte können nur mit dem bildgebenden LIBS-Verfahren erfasst werden. Da die Methode ohne zusätzlichen Aufwand auch die Verteilung anderer Elemente analysiert, kann mit der Erfassung der Kohlenstoffverteilung beispielsweise die Carbonatisierung abgebildet und ihr Einfluss auf die Chlorid-Verteilung gewichtet werden. Den Vorteilen, die sich aus der Anwendung des LIBS- Verfahrens ergeben steht ein nur vergleichsweise geringer finanzieller Mehraufwand (< Faktor 2), im Vergleich zur Anwendung der herkömmlichen nasschemischen Verfahren gegenüber. Nachfolgend sind die Vorteile beim Einsatz des Verfahrens zusammengefasst: • Geringe Probenvorbereitung (nur trockensägen der Bohrkerne für einen optischen Zugang zur Probenoberfläche) • Mehrere Elemente können gleichzeitig bei einer Messung erfasst werden • Gesteinskörnung kann identifiziert und messtechnisch separiert werden 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 195 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten • Das Eindringverhalten von mehreren Elementen gleichzeitig, wie Chlor, Kohlenstoff und Schwefel, kann mit einer Messung visualisiert werden (2D- Mapping, Eindringprofil) • Quantitative Angabe der Elementkonzentrationen, z. B. Chlor und Schwefel erfolgen in Echtzeit bezogen auf den Zementgehalt (M.-%/ z) • Hohe Ortsauflösung (Messpunkt Æ 100 µm) Es existiert seit dem Jahr 2023 das Merkblattes B14 „Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS)“ welches die Regeln für die Anwendung des Verfahrens für diese Anwendung festschreibt. In dem Merkblatt B14 sind Grundlagen eines LIBS-Systems, die die Anforderungen für die Analyse und das Vorgehen bei der Quantifizierung von Chlor in zementgebundenen Werkstoffen beschrieben. Literatur [1] G. Wilsch und F. Weritz, “Anwendung der Laserin-duzierten Breakdown Spektroskopie (LIBS) im Bauwesen,” in Bauphysik-Kalender 2004: Schwerpunkt: Zerstörungsfreie Prüfung, vol. 1, E. Cziesielski, Ed.: Ernst & Sohn, 2004, pp. 386-392. [2] C. Gottlieb, S. Millar, T. Günther, and G. Wilsch, “Revealing hidden spectral information of chlorine and sulfur in data of a mobile Laser-induced Breakdown Spectroscopy system using chemometrics,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 132, pp. 43-49, 2017. [3] S. Millar, S. Kruschwitz, and G. Wilsch, “Determination of total chloride content in cement pastes with laser-induced breakdown spectroscopy (LIBS),” Cement and Concrete Research, vol. 117, pp. 16-22, 2019. [4] S. Eto, T. Matsuo, T. Matsumura, T. Fujii, and M. Y. Tanaka, “Quantitative estimation of carbonation and chloride penetration in reinforced concrete by laser-induced breakdown spectroscopy,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 101, pp. 245-253, 2014. [5] S. Millar, C. Gottlieb, T. Günther, N. Sankat, G. Wilsch, and S. Kruschwitz, “Chlorine determination in cement-bound materials with Laser-induced Breakdown Spectroscopy (LIBS) - A review and validation,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 147, pp. 1-8, 2018. [6] C. Gottlieb, T. Günther, and G. Wilsch, “Impact of grain sizes on the quantitative concrete analysis using laser-induced breakdown spectroscopy,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 142, pp. 74-84, 2018 [7] C. Gottlieb, “Einfluss der Korngröße auf die quantitative Elementanalyse heterogener, mineralischer Werkstoffe mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie,” Fakultät für Natur- und Materialwissenschaften, Technische Universität Clausthal, Clausthal, 2019. [8] N. Omenetto, E. Ewusi-Annan, T. Günther, W. B. Jones, and B. W. Smith, “Research Final Report: Feasibility of atomic and molecular laser induced breakdown spectroscopy (LIBS) to in situ determination of chlorine in concrete,” Florida Department of Transportation, Tallahassee, BDV31-977-32, 2016. [9] D. W. Hahn and N. Omenetto, “Laser-Induced Breakdown Spectroscopy (LIBS), Part II: Review of Instrumental and Methodological Approaches to Material Analysis and Applications to Different Fields”, Applied Spectroscopy, Vol 66, Issue 4, pp 347-419, April 2012. [10] DIN 32645 Chemische Analytik - Nachweis-, Erfassungs- und Bestimmungsgrenze unter Wiederholbedingungen - Begriffe, Verfahren, Auswertung, 2008. [11] DGZfP-Fachausschuss für Zerstörungsfreie Prüfung im Bauwesen | Unterausschuss LIBS im Bauwesen. Merkblatt B14: Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) DGZfP Merkblatt B10 (DGZfP, Berlin, Germany, 2023). [12] Völker, T., Wilsch, G., Gornushkin, I. B., Kratochvilová, L., Pořízka, P., Kaiser, J., Millar, S., Galbács, G., Palásti, D. J., Janovszky, P. M., Eto, S., Langer, C., Kapteina, G., Illguth, M., Götz, J., Licht, M., Raupach, M., Elhamdaoui, I., Sabsabi, M., Bouchard, P., Nagli, L., Gaft, M., Raichlin, Y., Fernández-Menéndez, L. J., Méndez-López, C., Bordel, N., Gottlieb, C., Bohling, C., Finotello, R., L’Hermite, D., Quéré, C. & Lierenfeld, M. B. Interlaboratory comparison for quantitative chlorine analysis in cement pastes with laser induced breakdown spectroscopy. Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy 202, 106632. doi: 10.1016/ j. sab.2023.106632 (2023). Nachhaltigkeit 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 199 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Ilja Irmscher GIVT Gesellschaft für Innovative VerkehrsTechnologien mbH, Berlin Sascha Kukulka dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH, Bad Honnef Zusammenfassung Die ESWE Versorgungs AG Wiesbaden lässt als Bauherrin auf ihrem Betriebsgelände ein Parkhaus mit 7 Vollgeschossen als sog. ESWE Charge Center (ECC) errichten, das im I.-Quartal 2024 in Betrieb geht. Es handelt sich um ein Parkhaus mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen, vorrangig für Mitarbeiter der ESWE Versorgungs AG. Es soll sukzessive als ESWE Charge Center zu 100 % mit Elektro-Ladestationen ausgerüstet werden. Das Parkhaus wurde in der Vor- und Entwurfsplanung entsprechend den Ansprüchen der Bauherrin über die EAR-05 hinausgehend geplant. Als Generalunternehmerin wurde im Ergebnis eines Wettbewerbs die dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH beauftragt, die das Parkhaus auf Grundlage der vorliegenden Entwurfsplanung betriebsfertig errichtet. Die Architektur einschließlich der Kubatur, das Stellplatzlayout, die fahrgeometrischen Strukturen und die Parkabfertigungsanlagen sowie einige Leitdetails wurden vorgegeben, die bauliche Umsetzung führt die dip mit ihrem bewährten Deckensystem aus. Dabei wird auch auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wartungsarmut Wert gelegt. Das architektonisch-städtebaulich Erscheinungsbild wird wesentlich durch die Fassaden in einer Kombination von PV-Modulen, Rankhilfen für eine leichte Begrünung in den unteren Bereichen sowie einfachen Gitterrostfassaden mit farbigen Elementen an den architektonisch weniger anspruchsvollen Seiten im Westen und Norden gestaltet. Die für eine offene Großgarage erforderlichen offenen Flächenanteile werden ebenenweise realisiert. 1. Vorbemerkungen 1.1 Standort Die ESWE Versorgungs AG beabsichtigt als Bauherrin auf ihrem Betriebsgelände in der Konradinerallee in Wiesbaden ein Parkhaus mit 7 Vollgeschossen als sog. ESWE Charge Center (ECC) zu errichten (Bild 1). Es wird im Norden durch die ESWE-Technik, im Osten von dem dort befindlichen Umspannwerk sowie der Fahrzeug-Unterstellhalle A0 und im Westen von dem Freizeitbad Mainzer Straße, das zukünftig lt. B-Plan durch ein 24,00-m hohes Bürogebäude ersetzt werden soll, umgeben. Die Pkw-Erschließung des neu zu errichtenden Parkhauses erfolgt über den im Süden direkt angrenzenden Siegfriedring. Es handelt sich um ein Parkhaus mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen, vorrangig für Mitarbeiter der ESWE Versorgungs AG. Es soll sukzessive als ESWE Charge Center zu 100-% mit Elektro-Ladestationen ausgerüstet werden. Das für einen beschränkten Nutzerkreis konzipierte Parkhaus soll in den Randzeiten eventuell auch als Park & Ride Anlage oder für Besucher geöffnet werden und muss daher auch als öffentliches Parkhaus ausgestattet werden. Bild 1: Standort aus der Vogelperspektive; Foto: Google Earth, nicht lizensiert 1.2 Vorbemerkungen zum Neubauvorhaben und zur funktionalen Leistungsbeschreibung Der Bau dieses Parkhauses wurde von der GIVT mbH bis zur HOAI-Leistungsphase 3 vorgeplant und über eine funktionale Leistungsbeschreibung durch die ESWE ausgeschrieben und an die dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH als Generalunternehmer (GU) vergeben. Wesentliche Eignungskriterien bei der Vergabe bestanden in einer Spezialisierung auf Parkhäuser in einer wirtschaftlichen Systembauweise und diesbezüglichen Referenzen für vergleichbare Objekte. 200 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Das Parkhaus wurde in einer Vor- und Entwurfsplanung entsprechend den Ansprüchen der Bauherrin geplant. Es wurde durchgehend nach den Empfehlungen für die Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR-05) und teilweise darüberhinausgehend geplant. Die Bauherrin hat im Vorfeld ein umfassendes Baugrundgutachten durchführen lassen. Der Generalunternehmer erhielt den Auftrag, das Parkhaus auf Grundlage der vorliegenden Entwurfsplanung betriebsfertig zu errichten. Die Architektur einschließlich der Kubatur, das Stellplatzlayout, die fahrgeometrischen Strukturen und die Parkabfertigungsanlagen sowie einige Leitdetails (wie z.-B. die Beschilderungs- und Markierungsplanung) wurden vorgegeben, die bauliche Umsetzung war funktional dem GU freigestellt. Dabei wurde auch auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wartungsarmut Wert gelegt. Die Fassaden sollten in einer Kombination von PV-Modulen an der Süd- und an der Ostfassade, Rankhilfen für eine leichte Begrünung in den unteren Bereichen sowie einfachen Gitterrostfassaden an den architektonisch weniger anspruchsvollen Seiten im Westen und Norden gestaltet werden. Die für eine offene Großgarage erforderlichen offenen Flächenanteile sollen sowohl ebenenweise als auch ganzheitlich mit Reserven realisiert werden. Großer Wert wurde auf das architektonisch-städtebaulich angestrebte Erscheinungsbild gelegt, das als Quader auszuführen ist. Die Bepflanzung und Begrünung des Umfelds waren nicht Gegenstand der GU-Leistung. Weiterhin wurde ein Teilüberdachung optioniert, die im Zuge der Abstimmungen mit den Baubehörden mit dem Ziel einer Vergrößerung der PV-Flächen in Betracht kam. Die Ausschreibung der Gesamtleistung zur schlüsselfertigen Errichtung des Parkhauses an einen Generalunternehmer (GU), der die komplette Ausführungsplanung sowie die Ausführung übernimmt, wurde vordergründig im Interesse eines zügigen und wirtschaftlichen Projektablaufes getroffen. Sie bot die Möglichkeit zur naheliegenden Anpassung an die bewährte dip-Bautechnologie im Sinne eines ganzheitlichen Optimums. Außerdem übernahm dip als GU die Gesamtverantwortung für das Werk einschließlich der Erlangung aller gesetzlich erforderlichen Genehmigungen und Abnahmen. Das Parkhaus sollte entsprechend den Regeln der Technik und den aktuell anzuwendenden Gesetzen und Regelwerken errichtet werden und einen wirtschaftlichen Betrieb bei geringem Wartungsaufwand ermöglichen. Es wurde dabei von einer Lebensdauer von mindestens 30 Jahren ohne Grundsanierung ausgegangen. In den Ausstattungsmerkmalen werden auch die Qualitätskriterien des ADAC für benutzerfreundliche Parkhäuser erfüllt und es wird eine Zertifizierung mit dem European Standard Parking Award in Gold angestrebt. Während der Genehmigungsplanung und der gesamten Bauphase, die in der Verantwortung von dip erfolgreich durchgeführt wurden, fand seitens ESWE, der Stadtbauplan GmbH Darmstadt als Projektsteuerer und der GIVT mbH als Fachplaner eine entsprechende sachliche und fachliche Begleitung statt. 2. Beschreibung des Parkhauses im Überblick Auf dem Betriebsgelände der ESWE wird ein oberirdisches Parkhaus mit 7-Parkebenen und insgesamt ca. 225 Pkw-Stellplätzen errichtet. Oberste Prämisse sollte ein hohes Maß an Benutzer- und Betreiberfreundlichkeit, Wartungsarmut, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit sein. Im Genehmigungsplanungsprozess fanden einige Ergänzungen statt, so in Bezug auf einen zweiten Aufzug, ein barrierefreies WC und das Zugangskontrollsystem. 2.1 Einstufung des Gebäudes Nach der GaV Hessen wird das geplante Parkhaus wie folgt klassifiziert: • Großgarage >1.000 m² mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen • oberirdische Garage • offene Garage (Anforderungen bei der Ausführung des Bauwerks und der Fassade beachten). Gemäß §-2 (4) HBO (Hessische Bauordnung) ist das Gebäude der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen und nach §-2 (9) als Sonderbau einzustufen. 2.2 Verkehrsführung Die vertikale Erschließung erfolgt über zwei einspurige im Lichten (zwischen den Stützen) 4,90 m breite gerade Rampen, die hinsichtlich ihrer vertikalen Entwicklung konsequent nach EAR 05 sowie in der Breite darüberhinausgehend geplant wurden und eine Neigung von nominell 15-% bei einer Geschosshöhe von 2,80 m und den Ausrundungen der Wannen und Kuppen nach EAR 05 aufweisen. Die Breite der Rampen und die Stützenstellung wurden im Interesse der fahrgeometrischen Funktionalität nach der Schleppkurve eines Maximalfahrzeugs VW T6 mit langem Radstand in Fahrweise-1 mit beiderseitig 0,50 m Sicherheitsabstand ausgelegt (Bild-2). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 201 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 2: Regelebene mit Schleppkurven für das Maximalfahrzeug VW T6 mit langem Radstand, Fahrweise-1; Entwurf: GIVT Die Verkehrsrichtung innerhalb der Parkebenen und der Rampenverkehre (aufwärts- und abwärtsführend) erfolgt entgegen dem Uhrzeigersinn im Einrichtungsverkehr und unterstützt zudem den Fahrer durch die Sitzposition am inneren Rampenfahrbahnrand intuitiv bei der Befahrung der Rampen. Aufgrund der Rampenpositionierungen, des in der Ebene E0 befindlichen Ein- und Ausfahrtbereiches, sowie der grundstücksbedingten möglichen Realisierung nur einer Parkstraße, ist die Ebene E0 im Zweirichtungsverkehr geplant. Die Parkstraßen wurden an den Fahrgassen stützenfrei mit einer 900-Aufstellung und einer Regelstellplatzbreite von 2,60 m geplant. Neben aufragenden Bauwerksteilen wurden die Stellplätze sinngemäß den EAR- 05 folgend auf mindestens 2,85 m verbreitert. Im Zuge der Realisierung der streng quaderförmigen Struktur entstand in den Ebenen E0 bis E6 sinngemäß jeweils eine Parkstraße. Die Verkehrsführung ist in Verbindung mit einem vorwiegend vorzufindenden Einrichtungsverkehrssystem und dem kompakten und rechteckigen Baukörper in hohem Maß intuitiv. Die Positionierung der Stützen außerhalb des Stellplatzrasters erlaubt über den Aufstellwinkel und die Stellplatzbreiten eine Anpassung an andere Stellplatzlayouts, ggf. auch für einzelne Parkebenen oder Parkbereiche - für das Parken größerer Fahrzeuge, Komfort-Parkbereiche oder auch im Kontext zum soziodemografischen Wandel. Ein exemplarischer Längsschnitt des Parkhauses sowie eine bespielhafte Ansicht aus westlicher Richtung (ohne Darstellung der Fassadenbegrünung) sind in den Bildern 3 und 4 zu sehen. Bild 3: Längsschnitt A-A; Entwurf: GIVT 202 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 4: Ansicht West ohne Fassadenbegrünung; Entwurf: GIVT Bild 5: Grundriss Ebene E0 in der ursprünglichen Planung; ergänzt wurden ein zweiter Aufzug und eine barrierefreies WC, wofür das Stellplatzlayout angepasst werden musste; Entwurf: GIVT Der ein- und der ausfahrende Verkehr werden im Erdgeschoss gesammelt (Bild-5). Die Schrankenbereiche für die Ein- und Ausfahrt wurden homogen in die bestehende Verkehrsführung innerhalb der Parkebene eingegliedert. Die Ein- und die Ausfahrt befinden sich in direkter Anbindung zu dem angrenzenden Siegfriedring. Die Verkehrsführung soll zudem über ein internes dynamisches Parkleitsystem mit Etagenzählung unterstützt werden. 2.3 Fußläufige Erschließung Das Parkhaus verfügt über zwei Treppenhäuser mit jeweils einem barrierefreien Aufzug. Die fußläufige Erschließung erfolgt sowohl über das an der südöstlichen Ecke befindliche Haupttreppenhaus (TRH 1), das direkt an den Siegfriedring angrenzt, als auch das nordöstliche gelegene Treppenhaus TRH 2 mit direktem Zugang zum ESWE-Gelände. Das TRH 2 wurde als Wartungszugang für die PV-Installationen mit einem Ausstieg auf das Dach ausgestattet. Innerhalb der Parkebenen werden die Nutzer neben der angedachten Beschilderung zusätzlich über dafür vorgesehene auf dem Fußboden durch dauerhafte und leicht erkennbare aufmarkierte Fußwege im Sinne der GaV zu den Ausgängen geführt. 2.4 Barrierefreiheit und Sonderstellplätze Für das Parkhaus ist die Barrierefreiheit gemäß DIN 18040-1 für alle Laufwege, Treppen und sonstigen begehbaren Bereiche zu gewährleisten. Dies betrifft insbesondere die Ausgänge am Haupttreppenhaus, die Kassenautomaten und den Rollstuhlfahrer-Bereich. Im Parkhaus wurden insgesamt 7 Stellplätze für Gehbehinderte (Rollstuhlfahrer) mit einer Breite von mindestens 3,50 m markiert, die sich in der Ebene E0 in der Nähe des Haupttreppenhauses befinden. Diese Anzahl entspricht mit einem Anteil von ca.-3-% von der Gesamtstellplatzanzahl den Mindestanforderungen der GaV. Diese Sonderstellplätze werden dementsprechend für diese Nutzergruppen durch eine geeignete Markierung in Verbindung mit einer Beschilderung gekennzeichnet und in den Hauptbetriebszeiten mit einer erhöhten Beleuchtungsstärke hervorgehoben. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 203 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden 2.5 Hauptabmessungen des Gebäudes Die Gebäudeabmessungen des Parkhauses sind: • Länge: ca. 60,80 m (inkl. Fassade) • Breite: ca. 22,00 m (inkl. Fassade) • Gesamthöhe: ca. 17,90 m (ohne Berücksichtigung der Entwässerung und ohne Dach) • Geschosshöhe: 2,80 m (Ebene E6 teilüberdacht, an den beiden Stirnseiten frei bewittert) 2.6 Beschreibung der Baukonstruktion Das Haupttragwerk des Parkhauses wurde mit einem Stahltragwerk mit einer Spannweite von ca. 16,30-m-x-5,00 m errichtet. An den Zu- und Abfahrten der Rampen war das Längsraster gemäß der vorliegenden Entwurfsplanung umzusetzen, um deren sichere Befahrbarkeit gewährleisten zu können. Für die Funktionalität des Parkhauses wichtige in der Entwurfsplanung vorzufindende Abmessungen, wie z. B. eine lichte Rampenbreite von mindestens 4,90 m waren einzuhalten. Die Einhaltung der lichten Höhe innerhalb der Parkebenen von mindestens 2,10 m, bei Neigungsdifferenzen > 8 % 2,30 m, wurde konsequent umgesetzt. Das Parkhaus wurde in der dip-typischen Deckenbauweise als Verbunddecken mit vorgefertigten Deckenplatten als verlorenen Schalungen, der Bewehrung und Ortbeton ausgeführt (Bilder 6 bis 9). Die Decken werden nicht beschichtet. Bild 6: Vorgefertigte Deckenplatten als verlorene Schalung vor dem Einlegen der Bewehrung; Foto: Irmscher Bild 7: Vorgefertigte Deckenplatten mit der Bewehrung vor der Betonage; Foto: Irmscher Bild 8: Abstützung der vorgefertigte Deckenplatten mit einer Hilfskonstruktion auf der Unterseite einer Decke; alle gelb markierten Bauteile und die Hölzer werden nach dem Aushärten des Betons wieder ausgebaut; Foto: Irmscher Bild 9: Fertig betonierte Decke mit dem dip-typischen Besenstrich, der eine hohe Rauhigkeit garantiert, sowie ausgegossene Dehnfugen; Foto: Irmscher Alle in der Entwurfsplanung dargestellten Schrammborde waren entsprechend der Funktionalität des Parkhauses und dessen Verkehrssicherheit zwingend umzusetzen. Diese wurden 8 cm hoch ausgeführt und werden ganzflächig in Gelb markiert. Die Kanten werden gebrochen. 2.7 Entwässerung Das Parkhaus wurde in allen Parkebenen in Längsrichtung mit einem Quergefälle von 2,5 % gemäß dem DBV- Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ ausgeführt. Die Entwässerung der Parkebenen erfolgt über Fallleitungen an den Stützen der Tragkonstruktion hinter den Längsfassaden. Alle Entwässerungsleitungen und Einläufe wurden wartungsfreundlich angeordnet. Die Ein- und die Ausfahrt sowie ggf. weitere relevante Tiefpunkte, z. B. an den Rampenfußpunkten, sind mit Entwässerungsrinnen auszustatten. 204 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden 2.8 Parkabfertigungsanlage einschließlich Parkleitsystem Die Parkabfertigungsanlage einschließlich eines internen dynamischen Parkleitsystems gehörte zum Liefer- und Leistungsumfang des GU. Die Parkabfertigungsanlage wird von bebarmatic geliefert, das dynamische Parkleitsystem von Multiguide. Es erfolgten spezifische Abstimmungen zur betrieblichen Ankopplung in Bezug auf das betriebliche Sicherheits- und Zugangsregime der ESWE. 2.9 Brandschutz Da es sich um eine oberirdische offene Großgarage handelt, waren keine besonderen Anforderungen zum anlagentechnischen Brandschutz zu berücksichtigen. Die grundsätzlichen Anforderungen des Brandschutzes, so auch bezüglich der einzuhaltenden Rettungswege, wurden mit der Entwurfsplanung eingehalten. Als Besonderheiten waren eine Brandwand zum unmittelbar angrenzenden Umspannwerk zu erstellen und spezifische Anforderungen bezüglich der PV-Anlage zu beachten. 2.10 Schallschutz Da sich das Parkhaus selbst in einem Umfeld befindet, in dem sich nach BImSchG keine in den Nachtstunden besonders schutzwürdigen Räume befinden, ergaben sich keine besonderen Anforderungen bezüglich des Schallschutzes. 2.11 Bauantrag und Ausführungsplanung Die dip hat als GU für ihre spezifische Bauweise die Genehmigungs- und Ausführungsplanung durchgeführt. 3. Ausgewählte Aspekte bei der Ausführung 3.1 Fahrbahnmarkierungen mit Stellplatzteppichen Die Markierungs- und Beschilderungsplanung war Bestandteil der Leitdetailplanung der GIVT mbH. Es wurden verkehrsblaue 2 m breite Stellplatzteppiche markiert (Bilder 10 und 11). Die Fahrtrichtungen werden mit 5,00-m langen Markierungspfeilen gemäß den RMS gekennzeichnet. Bild 10: Entwurf Markierung der Regelebene mit Stellplatzteppichen und Fußgängerleitsystem; Entwurf: GIVT Bild 11: Markierung der Stellplätze mit 2-m breiten Stellplatzteppichen; das Fußgängerleitsystem und die Schrammborde waren im Bild noch nicht markiert; Foto: Irmscher 3.2 Beschilderungssystem Im Zuge der Leitdetailplanung wurden Beschilderungspläne erstellt, die dip als GU umsetzt (exemplarisch Bild-12). Die Verkehrsbeschilderung wird nach der StVO und dem VzKat mit Verkehrszeichen für das gesamte Parkhaus mit Ein und Ausfahrt in Größe 1 ausgeführt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 205 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 12: Entwurf Verkehrsbeschilderung der Regelebene; Entwurf: GIVT 3.3 Parkhausname und Parkhaussymbol Im Bereich der Einfahrt ist zusätzlich zur Verkehrsbeschilderung der Name des Parkhauses „ESWE Charge Center“ mit einem beleuchteten, witterungsbeständigen Schild in einer Größe von ca. 840 mm x 4.300 mm anzubringen (Bild 13). Die Farbangaben des Corporate Design der ESWE sind dabei zu berücksichtigen. Im Bereich vor der Einfahrt ist weiterhin das beleuchtete Parkhaustransparent der Parkabfertigungsanlage mit der Restplatzanzeige zu installieren. Bild 13: Detail Ein- und Ausfahrt; Entwurf: GIVT 3.4 Kennzeichnung der Parkebenen Es erfolgt eine Kennzeichnung der Parkebenen durch folgende Maßnahmen: - Die Treppenhäuser, die Betriebsräume und die Brandwand werden auf den Seiten innerhalb der Parkebenen mit der jeweiligen Kennfarbe der Ebene vollflächig beschichtet. Dabei war ein nachhaltiges und abwaschbares System einzusetzen. - An den Treppenhäusern werden jeweils an den beiden zu den Parkebenen zugewandten Seiten 1,00-m große Ziffern zur Kennzeichnung der Parkebene in einer serifenfreien Schrift (Verkehrsschrift DIN 1451 Teil-2) angebracht. - Innerhalb der Treppenhäuser sind jeweils an geeigneter Stelle jeweils ca. 0,50 m große Ziffern zur Kennzeichnung der jeweiligen Parkebene in derselben Schriftart wie auf der Seite der Parkebenen anzubringen. 206 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Folgende Farben wurden für die Parkebenen in Korrespondenz zum CI der ESWE abgestimmt (Tab. 1): Tab. 1: Zuordnung der Farben zur Kennzeichnung der Parkebenen Ebene Muster RAL-Farbe Kommentar 0 RAL 5002 ultramarinblau Hauptfarbe aus dem ESWE-Logo 1 RAL 1028 melonengelb 2. Farbe aus dem ESWE-Logo 2 RAL 3020 verkehrsrot 3 RAL 6024 verkehrsgrün 4 RAL 5012 lichtblau 5 RAL 8001 ockerbraun 6 RAL 9016 verkehrsweiß Geringe Wärmeaufnahme 3.5 Fassadengestaltung Im Zuge des Planungsprozesses wurde die detaillierte Gestaltung der im Sinne einer offenen Garage auszuführenden Fassaden abgestimmt. Entsprechend dem Innovationsgedanken als Energieversorger sollen möglichst viele Flächen für PV-Module genutzt werden. So wurde eine PV-Anlage sowohl an den Parkhausseiten (Ost und Süd) als auch auf dem Dach montiert. Dazu werden Module von SOLARWATT ® mit einer Leistung von jeweils 310-Wp installiert. Die PV-Module dienen dabei als funktionale Fassadenelemente (Bilder 14 bis 15). Die genau installierte Gesamtleistung der PV-Anlage ergibt sich erst im Zuge der Installation der tatsächlich verfügbaren Module und wird etwa 125 kWp betragen. Bild 14: Ansicht Ost mit PV-Modulen; Entwurf: GIVT Bild 15: Ansicht Süd mit PV-Modulen; Entwurf: GIVT Im Interesse der Einhaltung der Anforderungen an ein offenes und oberirdisches Parkhaus im Sinne der GaV waren die PV-Module so zu montieren, dass eine ausreichende Luftdurchströmung gewährleistet wird. Beispielhaft ist die Anordnung der PV-Module in den Bildern 16 und 17 zu sehen. Bild 16: Rückseite der vormontierten, jedoch noch nicht verkabelten PV-Module an der Südseite; Foto: Irmscher Bild 17: Unterkonstruktion der PV-Module an der Südseite; Foto: Irmscher 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 207 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Eine Speicherung von PV-Strom ist aus Kostengründen gegenwärtig nicht vorgesehen, weil angesichts des großen Strombedarfs für die Elektromobilität in der Regel tagsüber immer ein deutlich höherer Strombedarf erwartet wird. Eine Ausnahme hiervon könnten Sonn- und Feiertage bilden. An der verschatteten Westseite sowie an der Nordseite werden Fassaden mit Integra-Matten als Absturzsicherung und mit in den ESWE-Farben farblich gestalteten Blechelementen analog zum Bestandsparkhaus im nördlichen Bereich eingesetzt (Bilder 18 bis 20). Die Farbgebung der beiden Treppenhäuser erfolgt ebenfalls in der ESWE-Farbe melonengelb, wodurch diese zwei markante Punkte setzen. Bild 18: Parkhausfassade West; Entwurf: dip Bild 19: Stand der Montage der Fassadenelemente am 23.11.2023; das nördliche Treppenhaus ist bereits in der ESWE-Farbe melonengelb gestrichen; Foto: Irmscher Bild 20: Innenansicht der Fassadenelemente an der Parkhausfassade West; Foto: Irmscher Ein weiteres Gestaltungselement bei der Fassadengestaltung bildet eine partielle Fassadenbegrünung. Im Leistungsspektrum von dip sind die erforderlichen Rankhilfen für die Fassadenbegrünung sowie technische Anschlüsse enthalten (Bilder 21 und 22). Um möglichst große Reserven für die erforderlichen offenen Fassadenanteile trotz der sukzessiven anwachsenden und hochrankenden Begrünung vorzuhalten, mussten die Fassaden zunächst insgesamt mit größerem freiem Querschnitt realisiert werden. dip wird dazu geschossweise ausweisen, wie groß die Flächen sein dürfen, die durch die heranwachsende Begrünung geschlossen werden darf. Die Einhaltung dieser Flächen ist betrieblich durch erforderliche Rückschnitte der Pflanzen zu sichern. 208 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 21: Beispiel für Rankhilfen mit Edelstahlseilen beim MFO-Park in Zürich; Foto: Irmscher Bild 22: Beispiel für Rankhilfen mit Edelstahlseilen am Parkhaus in der Bauphase; Foto: Irmscher Umlaufend an allen Fassaden sind 0,7 m breite Pflanzbeete für die Aufnahme der Pflanzen einschließlich Bewässerungssystem geplant. Der Bau der Pflanzbeete mit der Begrünung und der Ausstattung mit den Bewässerungskomponenten in den Beeten einschließlich deren Steuerung selbst erfolgt im Rahmen der Anpassung der Freiflächen und gehört nicht zu den Leistungen des GU. 3.6 Elektromobilitätsinfrastruktur Die Elektromobilitätsinfrastruktur ist das Hauptspezifikum dieses Parkhauses in seiner namensgebenden Funktion als ESWE Charge Center (ECC). Im Unterschied zu vielen anderen Standorten von Parkbauten ist hier die Energieversorgung nachhaltig durch die Positionierung neben dem Umspannwerk gesichert, das direkt vom Überland-Hochspannungsnetz aus gespeist wird (Bild 23) Bild 23: Einspeisung aus dem Hochspannungsnetzt in das Umspannwerk, das sich direkt neben dem ECC befindet, hier noch in der Bauphase am 27.06.2023; Foto: Irmscher In der Endausbaustufe soll das ESWE Charge Center zu 100-% mit AC-Elektro-Normalladestationen ausgerüstet werden. Das wird einer Gesamtleistung von nahezu 2.500 VA entsprechen, wozu unter Nutzung eines Lademanagements eine Leistung von etwa 1.000 kVA erforderlich sein wird. Die dip realisiert in ihrem Leistungsumfang zunächst die Ausstattung mit der Elektromobilitätsinfrastruktur für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des ESWE Charge Center in folgendem Umfang (exemplarisch Bilder 24 bis 26): 1. Zur Inbetriebnahme sind zunächst die unteren zwei Parkebenen komplett mit insgesamt 56 AC-Ladepunkten mit je 11 kW auszurüsten. Dies entspricht nominell einer installierten Leistung von 616-kW, wobei mit einem dynamischen Lastmanagement eine Begrenzung auf z. B. 350 kW sinnvoll erscheint. 2. In den weiteren Parkebenen ist eine Vorbereitung zur Ausrüstung sämtlicher Stellplätze mit Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vorzusehen. Im Leistungsumfang von dip als GU wird die weitere erforderliche Leitungsinfrastruktur in folgender Weise vorinstalliert, jedoch noch nicht elektrisch angeschlossen: - Installation von Kabelschächten und Kabeltrassen, die die Heranführung der elektrischen Anschlusskabel für 400 V AC für jeweils 33 (im 6. OG 35) Ladepunkte (in der Regel für Wallboxen oder Standsäulen mit je 2 Anschlüssen) mit maximal 11-kW ermöglichen- - dies entspricht nominell je 363 kW (für das 6.- OG 385- kW). Diese Kabelschächte können zum Beispiel an der Rückseite des TRH 1 innerhalb des Parkhauses hochgeführt werden. - Vorhalten von Anbaupositionen für Lademanagement- Einheiten zentral im Steuerungsraum. - Freihalten eines ausreichend dimensionierten Luftraumes für die spätere Installation ausreichend dimensionierter Kabeltrassen von dem Kabelschacht zu den Ladepunkten mit in der Regel einer Säule mit 2 Ladepunkten zwischen zwei Stellplätzen im Wandbereich. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 209 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Im benachbarten Umspannwerk wird durch ESWE bis zur Inbetriebnahme des ECC ein zusätzlicher Trafo mit einer Leistung von 1.000 kVA bereitgestellt. Bild 24: Während der Montage der Elektroverteilung in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Bild 25: Während der Montage der Elektroverteilung zu den einzelnen Ladepunkten in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Bild 26: Vorverkabelung zu den einzelnen Ladepunkten in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Aus der Sicht des Brandschutzes sind besonders folgende zusätzliche Maßnahmen umzusetzen: - Zusatzschilder zunächst an den Zugangstüren aus den Treppenhäusern in den Parkebenen 0 und 1 „Ladeeinrichtungen Elektroparker“ nach DIN 4066; - Zentrale Abschaltmöglichkeit aller Ladeeinrichtungen mit Ausschilderung „Abschaltung Ladeeinrichtungen Elektroparker Parkhaus“ nach DIN 4066; - Anordnung einer „erhöhten Anzahl“ von Schaumlöschern. 4. Fazit Mit dem ECC wird durch den Wiesbadener Energieversorger ESWE Versorgungs AG ein zukunftsweisendes Projekt sowohl für das Pkw-Parken als auch für die Elektromobilität initiiert, das von der GIVT mbH geplant, vom Projektsteuerer Stadtbauplan GmbH Darmstadt betreut und von der dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH qualitätsgerecht gebaut wurde. Literaturverzeichnis [1] Hessische Bauordnung (HBO) vom 28. Mai 2018. [2] Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen (Garagenverordnung- GaV) des Landes Hessen vom 15. November 2022. [3] RBSV Richtlinien für Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.- V., Köln Ausgabe 2020. [4] Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05/ EAR 23 - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln 2005/ 2023. [5] ADAC e.V., Ressort Verkehr: Benutzerfreundliche Parkhäuser. Ein Leitfaden für die Praxis, München 2013. [6] European Parking Association: EUROPEAN STANDARD PARKING AWARD - ESPA, Prüfliste ESPA, Köln 2020. [7] StVG Straßenverkehrsgesetz, StVO Straßenverkehrs-Ordnung und die dazugehörige Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO). [8] HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen. - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln 2015. [9] DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“.- - Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., 3.- Überarbeitete Ausgabe Janaur 2018/ aktualisierter Nachdruck September 2022. [10] Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur- Gesetz - GEIG) nach aktueller gültiger Fassung. [11] VDI 2166 Blatt 2 „Planung elektrischer Anlagen im Gebäude - Hinweise für die Elektromobilität“ vom September 2020. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 211 Gussasphalt - ein nachhaltiger Baustoff Heiko Steidl, Staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Bautechnik Beratungsstelle für Gussasphaltanwendung e.V., Bonn Zusammenfassung Kann ein Baustoff, der als Bindemittel Bitumen beinhaltet überhaupt als nachhaltig betrachtet werden? Immerhin handelt es sich hierbei um ein erdölbasierten Baustoff. Auf den ersten Blick erst einmal nicht. Betrachtet man allerdings die lange Nutzungsdauer sowie die 100 %ige Wiederverwendbarkeit, so ist festzustellen, dass der Gussasphalt nachhaltig ist. 1. Einführung Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Um Ressourcen langfristig zu erhalten, sollte die Nachhaltigkeit die Grundlage künftiger Entscheidungen sein, denn nachhaltiges Bauen ist bereits jetzt ein wichtiger Baustein für künftige Planungs- und Bauprozesse. 2. Hauptkapitel Die UN 17 Ziele für die nachhaltige Entwicklung verfasst. Tatsächlich müssen wir uns im Bauwesen mit 15 dieser 17 Ziele beschäftigen. Abb. 1: Nachhaltigkeitsziele der UN 1) Keine Armut: Nachhaltiges Bauen generiert lokale Arbeitsplätze und beugt durch Planung und Qualitätssicherung Risiken vor, minimiert Betriebs und Folgekosten und fördert bezahlbaren Wohnraum für alle. 2) Nicht relevant 3) Gesundheit und Wohlergehen: Nachhaltiges Bauen schafft lebenswerte Innen- und Außenräume und stellt den Menschen, seine Gesundheit und sein Wohlbefinden von Anfang bis Ende in den Mittelpunkt. 4) Hochwertige Bildung: Nachhaltiges Bauen fördert das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung in der Bau- und Immobilienbranche durch gut geschulte Menschen, die Kommunikation mit allen am Bau beteiligten und zukunftsfähige Ergebnisse. 5) Nicht relevant 6) Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen: Nachhaltiges Bauen strebt eine effiziente und verantwortungsvolle Wassernutzung im Bau und Betrieb an, um eine nachhaltige Wasserwirtschaft voranzutreiben und Wasserknappheit einzudämmen. 7) Bezahlbare und saubere Energie: Nachhaltiges Bauen fördert die effiziente Nutzung und Eigenproduktion von erneuerbarer Energie im Gebäude und Quartier und leistet damit einen Beitrag zur Energiewende. 8) Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum: Nachhaltiges Bauen fordert Transparenz der Wertschöpfungs- und Lieferkette und folgt in allen Entscheidungen dem Grundverständnis, dass nachhal- 212 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt - ein nachhaltiger Baustoff tiges Wirtschaften im Einklang mit Mensch und Umwelt möglich ist. 9) Industrie, Innovation und Infrastruktur: Nachhaltiges Bauen bietet in der Planung Raum für Innovationen und stetige Weiterentwicklung und strebt eine nachhaltige Mobilitäts- und Energieinfrastruktur in Quartieren und darüber hinaus an, die für alle Bewohner zugänglich ist. 10)Weniger Ungleichheiten: Nachhaltiges Bauen möchte die gebaute Umwelt inklusive wichtiger Einrichtungen und Verkehrsinfrastruktur für jeden Menschen uneingeschränkt zugänglich machen, um zur Reduktion von Ungleichheiten beizutragen. 11) Nachhaltige Städte und Gemeinden: Nachhaltiges Bauen schafft Lebenswerte widerstandsfähige Quartiere, die im Einklang mit ihrer Umwelt zu einer nachhaltigen, inklusiven und sicheren Stadtentwicklung beitragen. 12) Nachhaltige/ r Konsum und Produktion: Nachhaltiges Bauen fördert bei der Baustoffwahl die Prinzipien von Suffizienz und Circular Economy und unterstützt damit den verantwortungsvollen Umgang mit den endlichen Ressourcen der Erde. 13)Maßnahmen zum Klimaschutz: Nachhaltiges Bauen setzt sich die Klimaneutralität für Gebäude und Quartiere ebenso als Ziel wie deren Resilienz und Widerstandsfähigkeit und trägt damit aktiv zum Klimaschutz bei. 14)Leben unter Wasser: Nachhaltiges Bauen fördert die Transparenz und den gezielten Einsatz von Rohstoffen um problematische Umweltwirkungen wie die Überdüngung von Gewässern und die Versauerung von Meeren zu vermeiden. 15)Leben an Land: Nachhaltiges Bauen fördert die Transparenz und den gezielten Einsatz von Rohstoffen, um Umweltwirkungen gering zu halten und Biodiversitäts-, Arten und Landflächenschutz sicherzustellen. 16) Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Nachhaltiges Bauen setzt auf eine integrative Planung unter Einbezug aller am Bau Beteiligten und einer transparenten Kommunikation und fördert damit eine inklusive, partizipative Entscheidungsfindung im Sinne integrativer Gesellschaften. 17) Partnerschaften zur Erreichung der Ziele: Nachhaltiges Bauen nutzt die Stärke von Netzwerken und internationalen Partnerschaften, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln und in konkrete Umsetzungen zu führen. Abb. 2: Nachhaltigkeitsziele in Bezug auf das Bauwesen 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 213 Gussasphalt - ein nachhaltiger Baustoff Ist Gussasphalt somit die richtige Wahl für nachhaltiges Bauen? Ja! Gussasphalt ist ein langlebiger Baustoff mit einer hohen Nutzungsfähigkeit. Langlebigkeit ist im Sinne der Nachhaltigkeit die Quelle zur Ressourcenschonung. Denn Baustoffe mit langer Nutzungsdauer schonen unsere Rohstoffe und somit auch unsere Umwelt. Betrachtet man den Baustoff Gussasphalt genauer, dann kommt ein weiterer Vorteil zum Tragen, denn Gussasphalt ist zu 100% wiederverwendbar. Seine Eigenschaften verändern sich auch über Jahrzehnte nicht, weil Gussasphalt ein dichter Baustoff ist und somit keinen chemischen Prozessen durch Expositionen von außen ausgesetzt ist. Um der nachhaltigen Entwicklung des Baustoffs gerecht zu werden ist es daher unerlässlich, dass der Gussasphalt mit folgenden wichtigen Kernpunkten in Verbindung gebracht wird: 1) Herstellen Gussasphalt wird an modernen Asphaltmischanlagen hergestellt. Diese sind optimal auf den Herstellungsprozess eingestellt und verbrauchen dennoch wenig Energie. Zur Trocknung und Erhitzung der Gesteinskörnungen werden verschiedene Brennstoffarten eingesetzt. Eine neue Brennertechnologie ist bereits auf dem Markt verfügbar. Diese verwendet künftig Wasserstoff als Hauptenergiequelle. 2) Transportieren Gussasphalt wird in hochgedämmten Rührwerkskochern zur Baustelle transportiert. Durch das dichte Netz von Asphaltmischanlagen ist eine kurzer Weg zur Baustelle garantiert. Da die Rührwerkskocher gedämmt sind wird nur minimal Energie verbraucht, um den Gussasphalt auf Temperatur zu halten. 3) Einbauen: Gussasphalt kann von Hand oder maschinell eingebaut werden. Beim Handeinbau wird lediglich Energie vom Rührwerkskocher verbraucht. Beim Maschineneinbau kommt noch der Energieverbrauch des Antriebmotors hinzu. 4) Frühzeitig und lange nutzen: Gussasphalt kann nach seiner Abkühlzeit von ca. 3 Stunden begangen und weiter genutzt werden. Für den Bauablauf ist dies förderlich, da Nachfolgegewerke unmittelbar weiterarbeiten können und keine kostenintensive Trocknungsgeräte zur Entfeuchtung des Baukörpers genutzt werden müssen. Ganz im Gegenteil: Die Temperatur, die der Gussasphalt z. B. in einem Gebäude entwickelt, sorgt dafür, dass Feuchtigkeit aus dem Baukörper verdunstet. Gussasphalt hat zusätzlich eine lange Lebens- und Nutzungsdauer. Durch seine langlebigen Eigenschaften reduzieren sich die Lebenszykluskosten, z. B. bei Parkflächen um ein Vielfaches. 5) Rückbauen: Gussasphalt kann in Innenräumen von Hand oder im Verkehrssektor mit Fräsen zurückgebaut werden. 6) Wiederverwenden: Ist Gussasphalt zu recyclen? Ja, das ist möglich. Gussasphalt kann aber auch zu 100% wiederverwendet werden. D. h. dass der Gussasphalt nicht für andere Baustoffe genutzt werden muss sondern er kann direkt als Rohstoff wieder zurückgeführt werden. Mehr geht nicht. Eine 100%ige Wertschöpfung des Gussasphaltes ist für künftiges nachhaltiges Bauen unverzichtbar. Mit diesen 6 Kenndaten konnte der Kreislauf der Nachhaltigkeit dargestellt und aufgezeigt werden. Gussasphalt ist seit über 100 Jahren ein traditionsreicher Baustoff und ist für modernste ökologische Bauweisen nicht zu ersetzen. Abb. 3: Kreislauf der Nachhaltigkeit für Gussasphalt 214 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt - ein nachhaltiger Baustoff Wie steht der Gussasphalt ökolgisch da? Hier kann man in seinem eigenen Land auf Umweltdatenbanken oder Umweltproduktdeklarationen = EPD (Environmental Product Declaration) zugreifen, die Daten bereitstellen. Diese Daten sind offiziell von Prüfinstituten freigegeben. Für den Gussasphalt MA berechnen sich aus den Datenquellen für den CO 2 -Verbrauch, Werte von 5,20 kg/ CO 2 / m 2 bis 8,31 kg/ CO 2 / m 2 . Im Vergleich zu den Einbaudicken von Betondeckschichten ist dies ein Wert, der bis zu 87 % geringer ist. Beim Gussasphalt AS IC ist die Bilanz allerdings etwas schlechter geworden, nachdem die Datenbank 2023 überarbeitet wurde. Hier berechnen sich aus den Datenquellen für den CO 2 -Verbrauch, Werte von 12,90 kg/ CO 2 / m 2 bis 20,47 kg/ CO 2 / m 2 . Im Vergleich zu den Einbaudicken von mineralisch gebundenen Estrichen ist dies ein Wert, der immer noch 25 bis 45 % geringer ist. Der Baustoff Gussasphalt kann seine Nachhaltigkeit aufgrund seiner geringen Einbaudicken stets in den Vordergrund heben. Ebenso kann der Gussasphalt auch zum Einsatz kommen, wenn der Wärmeschutz nach den neuesten Forderungen gebaut werden muss. So kann man mit nur 166 mm einen Auf bau mit einem U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) von 0,20 W/ m 2 K schaffen. Literatur [1] Technische Information 58, Nachhaltiges Bauen mit Gussasphalt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 215 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen: Parken, Wohnen und Arbeiten Dipl.-Ing. Wenchang Shi t-lab Holzarchitektur und Holzwerkstoffe, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Dipl.-Ing. Viktor Poteschkin t-lab Holzarchitektur und Holzwerkstoffe, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Zusammenfassung Die lineare Wirtschaft des ungezügelten Ressourcenverbrauchs muss durch den kontrollierten Ressourcengebrauch im Sinne der Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Diese Umstellung sollte innerhalb planetarer und sozialer Grenzen erfolgen, um die nachhaltige Nutzung und Wiederverwendung sowie Weiterverwertung von Ressourcen zu gewährleisten. Für den weltweit bedeutenden Klimaschädling, den Bausektor, wird der Übergang zur Kreislaufwirtschaft mittelfristig zu einer signifikanten Reduktion der grauen Emissionen und des Ressourcenverbrauchs führen. Wesentliche Anforderungen für alle Neubauten, Umbauten, Aufstockungen und Bestandsanierungen sind die Abfallvermeidung, die Wiederverwendung und die Nutzungsflexibilität. Diese kreislaufeffektiven Maßnahmen können durch Elementierung, Standardisierung und Reversibilität der Bauteile umgesetzt werden. Im vorliegenden Beitrag werden dazu Forschungsergebnisse aufgezeigt, dass zukunftsorientierte, kreislaufeffektive Konstruktionen und Architekturen für mehrgeschossiges Bauen im urbanen Raum möglich sind, und zwar bis zur Hochhausgrenze (Gebäudeklasse 5) mithilfe der Holzbauweise. 1. Hintergrund und Motivation In Deutschland werden stetig neue Flächen für Wohnen, Arbeiten und Mobilität beansprucht. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich die Fläche für Siedlung und Verkehr von 1992 bis 2021 von 40.305 auf 51.813-Quadratkilometer (km 2 ) ausgedehnt [1]. Dies bedeutet, dass die Fläche für Siedlung und Verkehr in den letzten 29 Jahren um 11.387 km 2 bzw. 28,6 % angewachsen ist. Wenn die Teilflächen betrachtet werden, hat sich die Siedlungsfläche um 41,3 % und die Verkehrsfläche um 10,1 % vergrößert [2]. Angesichts des begrenzt verfügbaren Lands in den Stadtgebieten und des in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bis 2030 formulierten „30-Hektar-Ziels“ [3] wird es notwendig sein, neben der kreislaufeffektiven Bauweise auch das mehrgeschossige Bauen als dominante Bauform zu fördern. Das Bauen mit hoher Dichte sollte flächigen, niedrigen Strukturen vorgezogen werden, da dies wesentliche Kriterien wie Landverbrauch und Versiegelungsgrad berücksichtigt. Aus diesem Grund wurde ein kreislaufeffektives mehrgeschossiges Holzbauprojekt für Wohn-, Arbeits- und Parknutzung entwickelt. Im Einzelnen wurden die folgenden Rahmenbedingungen festgelegt: - Mehrgeschossiger Holzbau - Innerstädtischer Baustein, erweiterbar - Gebäudeklasse 5 (7-Geschosser), Nutzeinheit ≤-400-m 2 - Ausbaustufen: Parken (P), Arbeiten (A), Wohnen (W) - Exemplarischer Gebäudetyp: 3 (W) + 1 (A) + 3 (P) - Vertikalerschließung Autos: Aufzug - Reale Planungsanforderungen (Regelwerk, Normen, Richtlinien) - Maximale Kreislauffähigkeit Das vorliegende Forschungsprojekt „Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen“ repräsentiert die kollektive Leistung von sieben Professoren aus vier Universitäten: - Jürgen Graf, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (Projektleiter, RPTU) - Stephan Birk, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. (TUK bis 31.03.21/ TUM) - Hamid Sadegh-Azar, Prof. Dr.-Ing. (RPTU) - Hans Joachim Blaß, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (KIT) - Prof. Dr. Stefan Pauliuk (Uni-Freiburg) - Stefan Winter, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (TUM) - Thomas Auer, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. (TUM) 216 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 1: Visualisierung des wandelbaren Holzhybrids für die Ausbaustufen Parken, Arbeiten, Wohnen t-lab/ Nicolai Becker Images 2. Kreislauffähigkeit im Bauwesen Nachhaltigkeit im Bauwesen erfordert umweltverträgliche, ressourcenschonende und klimaneutrale Bauvorhaben. Dies beinhaltet: - Bauen in Stoffkreisläufen: Einsatz von Baukomponenten zur Wiederverwendung oder Wiederverwertung nach der Nutzungsdauer. - Nutzungsflexibles Bauen: Gebäude sollten so flexibel gestaltet werden, dass sie problemlos für verschiedene Zwecke umgenutzt werden können, ohne dass eine aufwändige Demontage erforderlich ist. Die beiden Konzepte sind grundlegende Elemente des Kreislaufeffektiven Bauens und unabhängig von den verwendeten Materialien [4, 5]. 2.1 Hierarchieebenen kreislaufeffektiver Neubauten Bei der Wiederverwendung und Weiterverwertung von Baumaterialien ist es wichtig, sowohl den konstruktiven als auch den wirtschaftlichen Aufwand für die Rückbaufähigkeit zu beachten. Dieser Aufwand steigt mit einem ausführlichen Rückbaubarkeitskonzept. Daher wird im kreislaufeffektiven Bauen der Aufwand für die Rückbaubarkeit durch fünf baukonstruktive Hierarchieebenen sinnvoll begrenzt [5]: - Die Materialebene (M) (z. B. Holz, Lehm, Stahl, Fasern etc.): Kreislauffähig sind Materialien wie Holz oder Lehm im biologischen Kreislauf bzw. Stahl und Kupfer im technischen Kreislauf. Die sortenreine Weiterverwertung (Recycling) verstärkt die Kreislaufwirkung. - Die Komponentenebene (K) (z. B. Rähm, Schwelle, Holzwerkstoffplatte, Verbindungsmittel, Elektrodose etc.): Sortenreinheit und reversible Verbindungen garantieren die Rückbaubarkeit aus der Bauelementebene und die anschließende Wieder- und Weiterverwendung der Komponenten. - Die Bauelementebene (BK) (z. B. Tragelement / Konstruktionsschicht, Fenster, Türe, Sonnenschutzelement etc.): Die standardisierte Elementierung gliedert systematisch das Bauteil und steigert die Wiederverwendbarkeit. Die Ausbaufähigkeit aus der Bauteilebene erlaubt in Abhängigkeit der tektonisch lösbaren Elementgruppen (z. B. außen- und raumseitige Bekleidung) die Anpassung an Austauschzyklen. - Die Bauteilebene (BT) (z. B. Außenwand, Geschossdecke, Innenwand etc.): Der zerstörungsfreie Rückbzw. Ausbau des gesamten (standardisierten) Bauteils garantiert die Wiederverwendung an anderer Stelle sowie in anderen Bauwerken. - Die Gebäudeebene (G): Die Nutzungsneutralität ermöglicht Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit und Veränderbarkeit, sie bedeutet damit Langlebigkeit der Grundrissstruktur. Umnutzungs- und Aufstockungspotentiale im Bestand bedeuten Ressourcenerhalt sowie Einsparungen grauer Emissionen. Abb. 2: Die fünf Ebenen der Kreislauffähigkeit von Bauwerken 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 217 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 3. Kreislauffähigkeit: Tragstruktur Im Rahmen der Entwicklung des wandelbaren Holzhybrids wurde eine Holzskelettkonstruktion entworfen, die dem gewählten Bandraster von 1,25 m (Rasterfeld) und 0,40 m (Tragelement) entspricht. Das Primär- und Sekundärtragwerk wurde in verschiedenen Varianten auf Tragfähigkeit, Ressourceneinsatz (einschließlich Verschnitt), Verbindungsmöglichkeiten, Montage- und Demontagefähigkeit, Brandschutz und architektonisch-räumliche Wirkung hin untersucht und entsprechend der genannten Kriterien optimiert. Abb. 3: Tragwerksmodell Primärbauwerk Holzhybrid und Erschließungsbauwerk, t-lab / Bernhard Friese, Pforzheim 3.1 Tragstruktur des Primärgebäudes Die Geschosslasten werden über die Hohlkasten-Deckenelemente auf die Zangenträger übertragen. Diese Zangenträger sind auf Mittelstützen mit Abmessungen von 40-×-40 cm sowie auf Randstützen mit 30 × 40 cm gelagert. Die Zangenträger sind als Dreifeldträger ausgeführt und bestehen aus zwei Rechteckprofilen, die spiegelsymmetrisch zur Stützenachse in seitliche Stützenausnehmungen eingelegt sind (siehe Abb. 4). Abb. 4: Elementierte und standardisierte Grundelemente der Tragstruktur des Primärgebäudes Holzhybrid Die Dreifeldträger (Zangenträger), aus Material mit der Festigkeitsklasse GL75, sind im Abstand von 5,40 m in Gebäudequerrichtung angeordnet, was der Deckenspannweite entspricht. Die Zangenträger haben zwei parallele Querschnitte von je 110 × 640 mm, wobei der statisch wirksame Querschnitt zweimal 110 × 580 mm beträgt (Gesamtquerschnitt: 220 × 580 mm). Sie verfügen über Nuten zur Auflagerung der elementierten und standardisierten Deckenelemente, die am Auflager ausgeklinkt sind und daher einfach in die Zangenträger eingelegt werden können. 218 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 5: Elementierter und standardisierter Deckenauf bau für die Nutzungen Parken, Arbeiten und Wohnen Abb. 6: oben: Grundriss Aussteifung des Primärtragwerks Holzhybrid in Gebäudelängsrichtung über den Lasteinleitungsbalken und die Aussteifungswand im Erschließungsbauwerk, unten: Detail Längsaussteifung Primärgebäude Holzhybrid (Lasteinleitungsbalken) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 219 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Die Deckenelemente werden mithilfe von Konusadaptern (siehe Abb. 8) schubfest und reversibel am Zangenträger befestigt. Dieses Raumgerüst gewährleistet eine äußerst einfache Montage. Die Stützen werden platziert, die Zangenträger in die Stützenausnehmungen eingelegt und mithilfe von Konusadaptern in ihrer Position gesichert. Anschließend werden die Deckenelemente verlegt. Die Gebäudeaussteifung erfolgt durch einen vertikalen Fachwerkverband in Gebäudequerrichtung (vgl. Abb. 3), einen geschossweisen Lasteinleitungsbalken zur Längsaussteifung und reversible Längsschubverbindungen zwischen den Deckenscheiben (siehe Abb. 6). 3.2 Standardisierung des nutzungsflexiblen Tragwerks Das Tragwerk wurde aus standardisierten und elementierten Bauteilen entwickelt und wird durch reversible Verbindungen montiert. Dazu gehören Stützen, Riegel, Deckenelemente, Zangenträger und Bauelemente für die vertikale Aussteifung. In einigen Fällen wurden Standardbauteile angepasst, um Durchdringungen wie TGA- Durchführungen zu ermöglichen. Abb. 7: Übersicht standardisierter Bauelemente: Deckenelement, Stütze, Randriegel, Zangenträger, Aussteifungsverband 3.3 Allzweck-Verbinder im Holzbau: Konusadapter Einfach zu lösende, wiederverwendbare Verbindungen sind essenziell für kreislaufeffektives Bauen. Untereinander verbundene Bauelemente sind rückbaubar, wenn die Verbindungen Kräfte über Formschluss auf Abscheren oder Druck bzw. über Kraftschluss auf Zug übertragen, ohne sich plastisch zu verformen. Der Konusadapter aus Kunstharzpressholz (KP) ist durch die einfache Handhabung universell für die reversible Verbindung von Bauelementen einsetzbar, beispielsweise im Hallenbau zusätzlich zu den Anschlüssen von Wand- und Deckenelementen auch zur Lagesicherung der Dachträger auf den Hallenstützen [4]. KP ist ein unter hoher Temperatur stark verdichtetes Buchen- Furnierschichtholz, das mit Phenolharz imprägniert und verfestigt wird. Die Festigkeiten sowie die Dehnsteifigkeit sind aufgrund der Faserverdichtung höher als bei unverdichtetem Buchen-Furnierschichtholz und damit auch viel höher als bei Nadelholz. Abb. 8: Konusadapter (links) und Mock-Up einer Zwei- Komponentenverbindung mit Konusadapter (rechts). (1: -Konusadapter, 2/ 3: verbundene Holzkomponenten, 4: eine metallische Verbindungsmittel-Kombination: metrische Schraube + Einschraubmuffe + Unterlegscheibe) 4. Nutzungsflexibilität: Gebäudeebene Der Erhalt und die Modernisierung von Bestandsgebäuden sind ressourceneffizienter als Neubauten. Moderne Bauwerke sollten von Anfang an so konzipiert werden, dass sie flexibel genutzt werden können und somit verschiedenen Anforderungen gerecht werden. Trotz einiger gelungener Umnutzungsbeispiele wird immer noch oft der Abriss und Neubau bevorzugt, wenn sich die Nutzungsbedingungen ändern. Durch die Berücksichtigung verschiedener Ausbaustufen in der Planung von mehrgeschossigen Neubauten kann die Langlebigkeit von Einraumsystemen und Skelettbauten gewährleistet werden. Dieser Beitrag erläutert die erfolgreiche flexible Gestaltung der Ausbaustufen Parken, Arbeiten und Wohnen unter Verwendung eines Skelettbaus. Abb. 9: Statische Gebäudegrundformen kreislaufeffektiven Bauens (schematische Darstellung). Links: Freier Grundriss/ Einraumsystem als z. B. Aufstockung eines Gebäudebestandes; rechts: Skelettbau als z. B. mehrgeschossiger Neubau 220 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.1 Grundeinheit Die Dimensionierung des Holzhybrids erfolgte unter Berücksichtigung der einschlägigen Regelwerke und Richtlinien für die einzelnen Ausbaustufen Parken, Wohnen und Arbeiten. Dabei wurden jeweils die strengsten Anforderungen der relevanten Ausbaustufe auf das Gesamtgebäude angewendet. Die Schutzziele des Brandschutzes gemäß § 14 MBO [6] spielen eine bedeutende Rolle. Für Büro- und Verwaltungsnutzungen legt die MBO § 36 (1) [6]eine maximale Nutzfläche von 400,00 m 2 pro Nutzungseinheit fest, um auf einen notwendigen Flur verzichten zu können. Darüber hinaus schreibt die MBO § 36 (1) [6] vor, dass erst bei einer Gebäudelänge von 40 m eine Brandwand erforderlich ist. Um die erforderlichen Brandschutzmaßnahmen zu minimieren (kein notwendiger Flur, keine Brandwand), wurden die Geschossflächen auf maximal 400,00 m 2 pro Nutzungseinheit und die Gesamtlänge des Hauptgebäudes auf 40,00 m begrenzt. Die Tiefe des Gebäudes wird durch die Größe der Parkplätze und die Breite der Fahrgasse gemäß EAR 05 [7] und M-GarVO [8] bestimmt. Basierend auf diesen Vorgaben wurden die Ausbaustufen Wohnen und Arbeiten entwickelt. Die erforderliche Raumhöhe von 2,75 m orientiert sich an den Anforderungen der ASR [9] und erfordert daher eine Erhöhung der Parkgeschosse, um die Nutzungsflexibilität für Wohn- und Arbeitsbereiche zu ermöglichen. Das Gebäude ist gemäß den genannten Parametern ausgelegt und als Grundstruktur festgelegt. Das separate Stahlbeton-Erschließungsbauwerk erfüllt die Anforderungen als Sicherheitstreppenraum für das Hauptgebäude. 4.2 Geometrische Ordnung und Raster In Varianten wurden verschiedene Grundraster für das prototypartige Gebäude untersucht. Das gewählte Bandraster von 1,25 m Rasterfeld und 0,40 m Tragelement erfüllt am besten die Anforderungen, die sich aus dem Holzbau sowie den Ausbaustufen Parken - Arbeiten - Wohnen ergeben. Die erforderliche Fahrgassenbreite beträgt 6,0 m, die Parkplatztiefe beidseitig der Fahrgasse 5,0 m, in Summe 16 m Breite (vgl. Abb. 10, Abb. 11 und Abb. 19). Die Mittelstützen müssen jeweils um 75 cm (Vorderkante Parkplatz zu Vorderkante Stütze) in die Parkreihen eingerückt sein [7], daher 7,50 m (lichtes Maß zwischen den Stützen). Dies entspricht 6 × 1,25 m aufgrund des Bandrasters (Rastermaß 1,25 m). Die seitlichen Achsmaße betragen 4,10 m unter Berücksichtigung der Außenstützentiefe von 30 cm. Zusammenfassend beträgt die Gebäudetiefe (Achsmaß) 16.10 m, wobei die Achsabstände der Stützen (in Querrichtung) auf 4.10 m/ 7.90 m/ 4.10 m festgelegt wurden, um die Anforderungen an die Parkierung zu erfüllen. In Längsrichtung beträgt das Achsraster der Dreifeldträger 5.40 m. Die äußeren Längsachsen der Stützen wurden auf 30/ 40 cm reduziert, aufgrund des geringeren Lasteinzugs der Randstützen. 4.3 Gebäude- und Geschosshöhen In Anlehnung an die Anforderungen des Gesamtvorhabens wurde die Gebäudeklasse 5 festgelegt, wodurch die maximale Höhe des höchsten Geschosses auf 22,00-m gemäß § 2 MBO [6] begrenzt ist. Die Geschosshöhe für die sieben Stockwerke des Gebäudes wurde auf 3,60 m festgesetzt, unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der verschiedenen Ausbaustufen (vgl. Tab.-1). Der Grundrissentwurf wurde an die lichte Raumhöhe von mindestens 2,75 m für Arbeitsräume mit bis zu 100-m 2 angepasst. Tab. 1: Vergleich: min. lichte (Raum-) Höhe nach Ausbaustufe (W steht für Wohnen, A für Arbeiten und P für Parken) Ausbaustufe Lichte (Raum-) Höhe Richtlinie/ Norm W Aufenthaltsräume ≥ 2,40 m § 47 MBO [6] A Grundfläche Arbeitsraum ≤-50-m 2 ≥ 2,50 m ASR 1.2 [9] 50 m 2 ≤ Grundfläche Arbeitsraum ≤-100-m 2 ≥ 2,75 m Grundfläche Arbeitsraum ≥-100-m 2 ≥ 3,00 m P Zum Begehen bestimmte Bereiche von Mittelgaragen (100 m 2 ≤ Nutzfläche ≤ 1000 m 2 ) und Großgaragen (Nutzfläche ≥ 1000 m 2 ) ≥ 2,00 m §-5-M-Gar- VO [8] 4.4 Ausbaustufe Parken Mit Blick auf eine mögliche Garagennutzung fanden im Zuge der Rasteruntersuchungen die M-GarVO [8] und EAR 05 [7] mit ihren Anforderungen an Fahrgassenbreite, Einstellplatztiefe und -breite Beachtung [10]. Abb. 10: Anforderungen an Stellplatzbreite nach EAR 05 [7]: Anforderung an einen Parkplatz, der an eine Stütze angrenzt (wenn für die Stütze gilt: Stütze ≤-40/ 40 cm, eingerückt um ≥ 75 cm bzw. ≤ 60 cm cm): Parkplatzbreite ≥ 2.50 m (Achsmaß) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 221 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 11: Anforderungen an Stellplatzbreite nach M-GarVO [8]: Anforderung an einen Parkplatz, der einseitig an eine Stütze angrenzt: Parkplatzbreite ≥ 2.40 m (lichtes Maß) Die Anforderungen der Parkstufe an die Parkreihe (5,00- m) und die Fahrgasse (6,00 m) bestimmten die Querrichtung des Gebäudes und beeinflussten aufgrund der angestrebten Nutzungsflexibilität die anderen Ausbaustufen sowie die gesamte Gebäudetypologie. Bei der Konzeption als offene Garage war es erforderlich, „Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände“ [§1 M-GarVO Abs. 1] [8] vorzusehen. Dies wurde durch elementierte, geschosshohe Stahlrahmen mit Stahlnetzen realisiert, die entlang der gesamten Längsseite des Gebäudes eine ständige Querlüftung ermöglichen. Die Erschließung erfolgt über den frei durchlüfteten Steg, der die Parkgeschosse mit dem Erschließungsbauwerk verbindet. Letzteres beherbergt einen Autoaufzug und den Sicherheitstreppenraum. 4.5 Ausbaustufe Arbeiten Um die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung [9], des baulichen Brandschutzes und eines modernen, flexiblen Bürokonzepts zu erfüllen, wurde ein Standardgrundriss für die Arbeitsstufe entwickelt. Dabei wurden verschiedene Varianten untersucht. Pro Geschoss wurde je eine Nutzungseinheit ≤ 400 m 2 vorgesehen. Auf einen notwendigen Flur als Rettungsweg konnte folglich verzichtet werden [6]. Da die notwenige Treppe in einem Sicherheitstreppenraum geplant wurde, konnte überdies ein zweiter unabhängiger Rettungsweg vermieden werden [6]. Die Struktur des Holzhybridgebäudes ermöglicht verschiedene Grundrissvarianten, darunter Großraumbüros mit flexibler Zonierung und Möblierung sowie Kombibüros mit Einzel- oder Gruppenarbeitsräumen. Es ist jedoch zu beachten, dass für Arbeitsräume mit einer Grundfläche von 100 bis 2000 m 2 eine Mindestraumhöhe von 3,00-m gemäß den Vorschriften [9] erforderlich ist, was gegebenenfalls eine Anpassung der abgehängten Decke erfordert. Abb. 12: Ausbaustufe Arbeiten, Grundrisstypologien Die gewählte Grundrissvariante, der sogenannte Dreibund mit Mittelzone, orientiert sich an der Tragwerksstruktur. Die äußeren Spangen des Gebäudes, jeweils bis zur inneren Stützenreihe, beherbergen Einzel- und Gruppenarbeitsplätze und werden über die zentrale Gebäudezone erschlossen. Diese Zone erfüllt einerseits eine Verteilerfunktion und bietet andererseits Service- und Kommunikationsräume mit gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Besprechungs- oder Pausenbereichen, einer Teeküche, Lagermöglichkeiten und Sanitäreinheiten. Wenn in der Ausbaustufe Parken der Autoaufzug in Verlängerung der Fahrgasse positioniert ist, werden nach einem Aus- oder Umbau an seiner Stelle überdachte Terrassen oder Freisitze eingerichtet. Diese Terrassen oder Freisitze dienen in der Ausbaustufe Arbeiten (und Wohnen) als geschossweise Außenbereiche und sind räumlich sowie in Bezug auf die Nutzung der Mittelzone des Hauptgebäudes zugeordnet. Abb. 13: Erschließungsbauwerk, Links: Ausbaustufe Parken, Rechts: Ausbaustufe Wohnen/ Arbeiten Mittelzone wie Bürospangen können durch Trennwände unterteilt werden. Sie unterliegen dabei keinen brandschutztechnischen Anforderungen. 4.6 Ausbaustufe Wohnen Die Analyse verschiedener Wohnformen ergab, dass die Gebäudetiefe und die vertikale Leitungsführung (Technische Gebäudeausrüstung, TGA), die aus der Ausbaustufe Parken resultieren, eine Herausforderung darstellen. Es wurde festgestellt, dass nicht alle Wohnformen sinnvoll in dieser flexiblen Struktur umgesetzt werden können. 222 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 14: Einzelstrang und Deckendurchführung Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die Wohnform des „Cluster-Wohnens“ ausgewählt. Dabei handelt es sich um private Wohneinheiten mit eigenen Badezimmern, die durch Gemeinschaftsflächen ergänzt werden. Diese Wohnform lässt sich gut in die Struktur und das Raster des Gebäudes integrieren und berücksichtigt die aktuellen Diskussionen zum Thema Wohnraum, wie sie in den Quellen [11, 12] dargestellt werden. Abb. 15: Ausbaustufe Wohnen, Gemeinschaftsfläche und private Wohneinheit In der gewählten Variante für die Wohnausbaustufe gibt es insgesamt acht private Wohneinheiten, die jeweils etwa 26,00 m 2 groß sind. Diese Einheiten teilen sich eine gemeinschaftliche Mittelzone, die Küchen, Wohnbereiche, Abstellräume und Hauswirtschaftsräume von insgesamt etwa 50,00 m 2 (ohne Erschließungsfläche) umfasst. Zusätzlich gibt es einen gemeinschaftlichen Freisitz mit etwa 24,00 m 2 . Jede Wohneinheit verfügt über ein eigenes kleines Badezimmer. Im Sinne einer ganzheitlichen Planung wurden Sanitäreinheiten optimal positioniert, sowohl in Bezug auf vertikale als auch horizontale Leitungen. Die Wohnfläche pro Person beträgt ca. 35,25 m 2 , was unter den durchschnittlichen Flächen von 46,5 m 2 im Jahr 2014 und den prognostizierten 50,1 m 2 für 2030 im Eigenheim sowie 48,5-m 2 im Mietbereich liegt [12, 13]. Ohne die Gemeinschaftsflächen können auch vier größere Wohneinheiten mit ca. 71,00 m 2 pro Einheit realisiert werden. In diesem Fall handelt es sich um vier separate Nutzungseinheiten, wobei der Flur entsprechend den erforderlichen brandschutztechnischen Anforderungen gestaltet wird. Abb. 16: Ausbaustufe Wohnen, Gemeinschaftsfläche und private Wohneinheit 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 223 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.7 Hybride Nutzungsszenarien/ Einordnung Wie beabsichtigt wurde der Holzhybrid so gestaltet, dass er flexibel für verschiedene Nutzungsarten, einschließlich Parken (P), Arbeiten (A) und Wohnen (W), verwendet werden kann. Zusätzlich wurden verschiedene hybride Nutzungsszenarien betrachtet und in Varianten analysiert. Im Verlauf des Forschungsprojekts wurde eine beispielhafte Verteilung der Nutzung für das siebengeschossige Gebäude festgelegt, die als Typ 3 (P) + 1 (A) + 3 (P) bezeichnet wird. Abb. 17: Gewähltes hybrides Nutzungsszenario, Typ 3 (P) + 1 (A) + 3 (W) Das Gebäude wurde vertikal in zwei Bereiche unterteilt: einen thermischen und einen nicht-thermischen Bereich. Das Erdgeschoss wurde unabhängig von der Nutzungsverteilung auf den Obergeschossen für alle Nutzungsszenarien als nicht-thermischer Mobility Hub festgelegt. Dieser Bereich beherbergt auch die Technikzentrale des Gebäudes. Zusätzlich zu den verschiedenen Anforderungen für jede Ausbaustufe, wie z. B. spezifische Ausbaukomponenten (Fußboden/ Decke, Innen- und Außenwand/ Fassade), stellten sich auch bauphysikalische und gebäudetechnische Fragen im Zusammenhang mit dem Übergang zwischen den Ausbaustufen. Dies betrafen insbesondere den Feuchteschutz und die vertikale Leitungsführung. Ein Beispiel hierfür ist der Rieselschutz in den Bodenaufbauten der Ausbaustufen Arbeiten und Wohnen, der die Luftdichtheitsebene sowie die dampf bremsende Schicht beim Übergang zum kalten Bereich der darunterliegenden Ausbaustufe Parken herstellt, wie in DIN 68800- 2: 2022-02, Abschnitt 7.9 [14] beschrieben. Abb. 18: Bodenauf bau Arbeiten und Wohnen: Rieselschutz als Luftdichtheitsebene/ dampf bremsende Schicht im Übergang zur Ausbaustufe Parken 224 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.8 Erschließungsbauwerk Die vertikale Erschließung des siebengeschossigen Holzhybrids muss sowohl für Fahrzeuge als auch für Personen konzipiert werden. In Bezug auf die Parkstufe wurden verschiedene vertikale Erschließungssysteme geprüft, darunter Rampenanlagen, Geschossvollrampen, Halbgeschossrampen, Spindeln oder Schrägrampen, wie sie in Bauentwurfslehren beschrieben sind [15]. Die zulässigen Neigungen, Breiten der Fahrwege und Längen der Ein- und Ausfahrten für Rampen sind im §3 (5) M-Gar- VO [8] festgelegt. Abb. 19: Ausbaustufe Parken OG, Erschließungsbauwerk Um die Grund- und Geschossflächen für die Erschließung zu minimieren und die Anpassungsfähigkeit der Baustruktur zu berücksichtigen, wurde beschlossen, auf Rampenanlagen zu verzichten. Recherchen haben gezeigt, dass es effiziente Autoaufzüge für Parkgaragen gibt [16-19]. Die Zykluszeit spielt eine wichtige Rolle bei der Verwendung von Aufzügen in Parkgaragen. Ein Zyklus umfasst die folgenden Schritte: Aufzugstür öffnet > Fahrzeug fährt ein > Aufzugstür schließt > Aufzug fährt auf gewählte Ebene > Aufzugstür öffnet > Fahrzeug fährt aus > Aufzugstür schließt > Aufzug fährt auf gewählte Ebene > Aufzug steht für das nächste Fahrzeug bereit. Die Anzahl der PKW-Transporte pro Stunde wird auf Grundlage der Förderhöhe, Geschwindigkeit und Dauer der einzelnen Aktionen berechnet. Dies ermöglicht die Ableitung von Wartezeiten. Um den wirtschaftlichen Einsatz von Autoaufzügen in Parkgaragen zu gewährleisten, ist es entscheidend, Zyklus- und Wartezeiten zu optimieren, insbesondere während Stoßzeiten. Die Autoaufzugsanlage wurde als Bestandteil des Erschließungsbauwerks konzipiert. Aufgrund von brandschutztechnischen Anforderungen wird das Erschließungsbauwerk aus Stahlbeton hergestellt und separat vom Hauptgebäude aus Holz platziert. 5. Nutzungsflexibilität: Bauteil- und Bauelementebene Im Rahmen des Forschungsprojekts [10] wurde das Entwurfskonzept bis ins konstruktive Detail ausgearbeitet. Dabei standen der Brand-, Wärme- und Schallschutz sowie die Kreislauffähigkeit im Fokus. Ziel war ein zerstörungsfreier Rückbzw. Ausbau mit Wiederverwendung auf drei Ebenen: Bauteile (BT), Bauelemente (BE) und Komponenten (K). Standardisierung und Elementierung verbesserten die Wiederverwendungschancen. Dies betrifft Bauteile und Bauelemente, die kreislauffähig gestaltet und leicht montier- und demontierbar sind. So ermöglicht Anpassbarkeit auf Bauteilebene Reversibilität auf Bauelementebene, was die Kreislaufeffektivität steigert und ein nutzungsflexibles Gebäude mit verschiedenen Nutzungszyklen unterstützt. 5.1 Decken- und Dachaufbauten Die vielfältigen Ausbaustufen erfordern diverse Deckenauf bauten. In allen Ausbaustufen bildet das konstruktive Deckenelement die Grundlage für den Fußbodenauf bau, die Unterkonstruktion der Decke und den Dachauf bau (Abb. 20). Dabei muss das brennbare Deckenelement sowohl von oben als auch von unten brandschutztechnisch geschützt werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 225 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 20: Deckenauf bauten der Ausbaustufen, Nutzungsflexibilität 5.2 Bodenaufbau Das Ziel der Bodenauf bau-Untersuchung bestand darin, eine Konstruktionsweise zu entwickeln, die sowohl einen weitestgehend sortenreinen als auch zerstörungsfreien Rück- oder Ausbau ermöglicht. In der Parkausbaustufe werden großformatige CPC-Platten an zwei Seiten auf Stahlprofilen mit einem Gefälle von 2,5 % montiert (Abb. 21). Um brandschutztechnisch nicht erlaubte Hohlräume zu vermeiden, wird eine durchgehende Schüttung verwendet. Dies führt zu einer Gesamthöhe des Auf baus, die in den Wohn- und Arbeitsausbaustufen beibehalten werden muss, einschließlich der Hochpunkte und des ebenerdigen Übergangs zum Erschließungsbauwerk. Abb. 21: Querschnitt Ausbaustufe Parken: CPC-Platten mit Hochkanten in den Stützenachsen und Tiefkanten mittig zwischen den Stützenachsen Für die Wohn- und Arbeitsausbaustufen wurden Varianten entwickelt, die hauptsächlich durch die Wahl verschiedener Materialien für die Estrichschicht gekennzeichnet sind. Hierbei wurde besonders der Einsatz alternativer Materialien wie Lehm, Holzfaser und Schilfrohr im Vergleich zu den üblicherweise verwendeten Materialien wie Gipskarton und EPS in Betracht gezogen. Die Ökobilanz hinsichtlich Umweltauswirkungen und Zirkularität wurde dafür bewertet, wobei keiner der Bodenauf bauten in beiden Kategorien eine gute Bewertung erzielt [10]. Die derzeitige Recycling-Infrastruktur begrenzt die Zirkularitätsbewertung von Gips und Lehm. In Bezug auf den sommerlichen Wärmeschutz wurden die Bodenauf bauten auf ihre Speicherkapazität hin bewertet, wobei eine geringe Speicherkapazität im Boden durch Speichermasse in den Wänden ausgeglichen werden kann. Der gewählte Bodenauf bau für die Wohn- und Arbeitsausbaustufen erweist sich als die überlegene Wahl in Bezug auf den zerstörungsfreien Rück- und Ausbau, da die Komponenten nicht verklebt und leicht demontierbar sind (vgl. Abb. 18). 5.3 Abnehmbare Außenwände Die abnehmbaren Außenwände wurden unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte untersucht, darunter die Lage (vorgesetzt vs. eingestellt) [20] und die Elementierung, wobei Bauteilgrößen von 1,25 m und 5,00 m in Betracht gezogen wurden. Die Überlegungen zu den Anschlussvarianten der Fassadenelemente wurden in einer Bewertungsmatrix zusammengefasst, wobei Faktoren wie Statik (Belastungsart, Bauteilanschluss), Bauphysik (Wärme-, Feuchte-, Sonnenschutz), Brandschutz, Planung (Vorfertigung, Standardisierung), Ausführung (Montage, Reversibilität), Nutzfläche und die Anpassungsfähigkeit an verschiedene Ausbaustufen von Bedeutung waren [10]. 226 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 5.3.1 Außenwände: Wohnen und Arbeiten Die vorgefertigten Holzfassadenbauteile in den Ausbaustufen Wohnen und Arbeiten basieren auf einem strukturierten, auf bauenden System von Bauteilen, Bauelementen und Komponenten, um die Kreislaufeffizienz zu gewährleisten. Gemäß §28 (2) MBO [6] sind abnehmbare Außenwände aus brennbaren Baustoffen zulässig, solange sie den Feuerwiderstand von 30 Minuten (F30) aufweisen und als raumabschließende Bauteile dienen. Die M-HolzBauRL [21] ermöglicht die Verwendung von Holzverkleidungen in Gebäuden der Gebäudeklasse 5, wenn nachgewiesen wird, dass geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Brandausbreitung ergriffen wurden. Das Kernelement des Fassadenbauteils wurde in beiden Ausbaustufen in Holzrahmenbauweise konstruiert. Die Holzkonstruktion wurde hohlraumfrei mit Holzfaser ausgedämmt geplant und nach außen hin mit der geforderten 15 mm starken Gipsfaserplatte abgeschlossen. Um den sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten, wurde für jedes Feld eines von vier 1.25 m-Elementen als geschlossenes Wandelement verwendet. In diesem Bereich wurde, wie auch an den Brüstungen, eine horizontale, formschlüssige Nut-Feder-Schalung für die äußere Verkleidung vorgesehen. Diese Schalung dient als effektiver Wetterschutz für das tragende Kernstück. Zudem sorgt eine zusätzliche Fassadenbahn auf der nicht brennbaren Trägerplatte für die Winddichtheit der Konstruktion. Durch die Erhöhung des Randriegels können die Belastungen von Fenstern, geschlossenen Wandelementen und der gesamten Fassadenstruktur in die Tragstruktur übertragen werden. Dies führt dazu, dass die Fenster nicht bündig mit der äußeren Fassadenfläche abschließen, sondern sich zentral auf dem Randriegel befinden. Dies verleiht der Fassade eine plastische Gestaltung. 5.3.2 Außenwände: Parken Nach § 7 M-GarVO [8] muss die Fassade aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Entsprechend der Ausbaustufe Wohnen und Arbeiten, sind die abnehmbaren Fassadenfelder zwischen den Hauptstützen in je vier Elemente unterteilt. Diese Elemente bestehen aus geschosshohen Stahlrahmen mit einem Edelstahlnetz als Füllung. Dies erfüllt die Anforderungen an die ständige Querlüftung entlang der gesamten Längsseite des Gebäudes. Abb. 22: Ausbaustufe Arbeiten, Fassade Abb. 23: Ausbaustufe Parken, Fassade 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 227 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 24: Ausführung des Abdichtungs- und Entwässerungskonzept an Tief- und Hochlagerung der CPC-Platten. Die Sekundärabdichtung mit beschichteten Holzwerkstoff-platten ist unter den Stahlelementen dargestellt (braun). Die Rahmen stehen auf einem horizontalen Stahlprofil, das ähnlich wie das Auflager der CPC-Bodenplatten entwickelt wurde und den unteren Abschluss der Fassade bildet. Oberseitig sind die Rahmen an einem Querholz befestigt, und sie bieten Schutz vor Schlagregen für die Holzstützen. Zusätzlich wird ein separater Anprallschutz auf den CPC-Platten angebracht. Abb. 25: links: Notüberlauf am Flachrinnenende, rechts: Abdichtungsprinzip gemäß IVD Merkblatt Nr.-1 der Primärabdichtung zwischen den CPC-Platten und zwischen CPC-Platten und Entwässerungsrinne. b F -=-Fugenbreite, t D -=-Tiefe des Dichtstoffes 6. Zusammenfassung Kreislaufeffektives und nutzungsflexibles Entwerfen und Konstruieren mit Holz haben das Potenzial, erheblich zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Bauabfällen beizutragen. Der Holzhybrid zeigt exemplarisch konkrete Handlungsfelder und Strategien zur Integration des Kreislaufwirtschaftsprinzips im Bauwesen auf. Dies ist nicht nur auf Neubauprojekte anwendbar, sondern auch auf die Bewirtschaftung und Sanierung bestehender Gebäude. Durch die Umsetzung dieser Prinzipien kann eine nachhaltige und ressourceneffiziente Bauweise gefördert werden, die langfristig positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft hat. Literatur [1] Statistisches Bundesamt (2022) Bodenfläche insgesamt nach Nutzungsarten in Deutschland. Bodenfläche insgesamt nach Nutzungsarten in Deutschland am 31.12.2022. Statistisches Bundesamt. https: / / www.destatis.de/ DE/ Themen/ Branchen- Unternehmen/ Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/ Flaechennutzung/ Tabellen/ bodenflaecheinsgesamt.html [2] Umwelt Bundesamt (2023) Siedlungs- und Verkehrsfläche. Umwelt Bundesamt. https: / / www. umweltbundesamt.de/ daten/ flaeche-boden-land-oekosysteme/ flaeche/ siedlungs-verkehrsflaeche#umstellung-der-erhebungsmethodik-im-jahr-2016 [3] Die Bundesregierung (2020) Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Weiterentwicklung 2021. https: / / www.bmuv.de/ themen/ nachhaltigkeit/ strategieund-umsetzung/ nachhaltigkeitsstrategie [4] Graf, J.; Shi, W.; Birk, S. (2022) Kreislaufeffektives Potential von Holz im Hallenbau. Bautechnik. doi: 10.1002/ bate.202100105 [5] Graf, J.; Birk, S.; Poteschkin, V. et al., (2022) Kreislaufeffektive Bauwende - Auf dem Weg zu einer neuen Tektonik. Bautechnik Volume 99: Holzbau (0932-8351): S. 76-84. [6] Bauministerkonferenz (2020) Musterbauordnung. MBO, Bauministerkonferenz. [7] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (2005) Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. [8] Bauministerkonferenz Muster-Garagenverordnung. M-GarVO, Bauministerkonferenz. [9] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Technische Regeln für Arbeitsstätten. ASR A1.2, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. 228 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise [10] Technische Universität Kaiserslautern, Karlsruher Institut für Technologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,Technische Universität München (2022) Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen, Technische Universität Kaiserslautern, Karlsruher Institut für Technologie, Albert- Ludwigs-Universität Freiburg,Technische Universität München, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR). [11] Prytula, M.; Rexroth, S.; Lutz, M. et al., (2020) Clusterwohnungen. Eine neue Wohnungstypologie für eine anpassungsfähige Stadtentwicklung. Zukunft Bauen: Forschung für die Praxis (Band 22). [12] Bahner, O; Böttger, M Neue Standards: Zehn Thesen zum Wohnen. JOVIS Verlag. [13] Statistisches Bundesamt (2023) Seit 1950 wurden in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 405- 000 neue Wohnungen pro Jahr fertiggestellt. Pressemitteilung Nr. N041 vom 29. Juni 2023. Springer Fachmedien Wiesbaden. [14] Deutsches Institut für Normung Holzschutz -Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau (DIN 68800-2). [15] Neufert, E (2022) Bauentwurfslehre. Grundlagen, Normen, Vorschriften über Anlage, Bau, Gestaltung, Raumbedarf, Raumbeziehungen, Maße für Gebäude, Räume, Einrichtungen, Geräte mit dem Menschen als Maß und Ziel : Handbuch für den Baufachmann, Bauherrn, Lehrenden und Lernenden, 43.- Aufl, Springer Fachmedien Wiesbaden, Neufert-Stiftung. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer Vieweg, Wiesbaden. [16] Lödige Industries GmbH Neuer Planungsleitfaden: Autoaufzüge sicher planen. Mit dem neuen Planungsleitfaden unterstützt Lödige Industries Architekten und Planer in der Planung von Autoaufzügen. https: / / www.lodige.com/ de-de/ news-events/ newsdetail/ mit-dem-loedige-planungsleitfadenautoaufzuege-sicher-planen/ [17] WÖHR Autoparksysteme GmbH Einer der international führenden Hersteller von Platzsparenden Autoparksystemen. https: / / woehr.de/ de/ [18] Wöhr + Bauer GmbH HOCHGARAGE SINDLFIN- GEN. Das Glashaus - Das vollautomatische Parkregal. https: / / woehrbauer.de/ projekte/ hochgaragesindlfingen [19] Baumann Aufzüge GmbH PKW-AUFZÜGE - IN- DIVIDUELLE PARKMÖGLICHKEITEN. https: / / www.baumann-aufzuege.de/ pkw-aufzuege.html [20] Fischer, O.; Lang, W.; Winter, S. (2019) Hybridbau - Holzaußenwände, Institut für Internationale Architektur-Dokumentation. DETAIL, München. [21] Deutsches Institut für Bautechnik (2020) Muster- Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise. MHolzBauRL, Deutsches Institut für Bautechnik. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 229 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton Sebastian Sauter, M. Eng solidian GmbH, Albstadt Dipl.-Chem. Detlef Koch Koch Carbon Consulting GmbH, Kreuztal Zusammenfassung Die technischen Vorteile von Carbonbewehrung können sowohl beim Neubau von Parkhäusern als auch der Instandsetzung genutzt werden. Hohe Schädigungsgrade, zunehmendes Fahrzeuggewicht, steigendes Verkehrsaufkommen und klimatische Einflüsse sind nur einige Parameter, die Bedarf für neue Instandsetzungskonzepte insbesondere im Bereich von Parkbauten schaffen. Häufig spielen begrenzte Auf bauhöhen und die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen während laufendem Betrieb eine zentrale Rolle. Eine Auf bauschicht aus Carbonbeton hat sich bereits vielfach in der Praxis bewährt. Carbonbewehrung weist neben hohen Festigkeiten auch hinsichtlich weiterer Aspekte Vorteile auf, wie beispielsweise die sehr geringen Rissbreiten bei feiner Verteilung der Risse im Bauteil, geringe erforderliche Betondeckung, wie auch durch das geringe Eigengewicht der Carbonbewehrung ein sehr gutes Handling und einfache Verarbeitbarkeit auch unter schwierigen Bedingungen in Bestandsbauten. Mit dem Einsatz von Carbonbeton als Anodensystem für den KKS kann einerseits mit der Carbonbewehrung eine Flächenanode mit großer Oberfläche eingesetzt werden und andererseits ein Ersatz oder eine Ergänzung von Stahlbewehrung erfolgen. Durch diesen sogenannten KKS-Carbonbeton werden häufig nur geringe Eingriffe in die Bauwerkssubstanz erforderlich und lassen somit Instandsetzungen im Grenzbereich von Sonderkonstruktionen zu. 1. Einführung Carbonbeton ist ein Verbundwerkstoff, der aus Beton und einer Bewehrung aus Kohlenstofffasern besteht. Carbonbeton wird mittlerweile als Überbegriff für den Verbundwerkstoff bestehend aus Beton und nichtmetallischen Bewehrungsstrukturen verwendet. In Deutschland sind derzeit insbesondere Kohlenstoff (Carbon)- und Glasfasern beim Bauen mit nichtmetallischer Bewehrung relevant. Seltener sind beispielsweise auch Basaltfasern und Aramidfasern zu finden. Perspektivisch ist sogar die Verwendung von Naturfasern denkbar. Kurzfasern, wie vom Glasfaserbeton bekannt, sind in Carbonbeton in der Regel nicht enthalten. Erhältlich ist nichtmetallische Bewehrung als Stab, sowie als Stabmatte. Stabmatten weisen meist ähnliche Stababstände wie Baustahlmatten auf. Projektspezifisch können Listenmatten mit verschiedenen Längs- und Querabständen der Stäbe gefertigt werden. Abb. 1: Nichtmetallische Bewehrung in Stabform, hier: solidian REBAR Abb. 2: Nichtmetallische Bewehrung als Stabmatte, hier: solidian REMAT 230 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton Am häufigsten findet sich Carbonbewehrung als Gitterstruktur. Gitterbewehrung zeichnet sich gegenüber den Stäben und Stabmatten durch vergleichsweise dünne Faserstänge (Rovinge) mit engerem Achsabstand aus. Carbongitter weisen üblicherweise Achsabstände von 20 mm bis 60 mm auf. Abb. 3: Bewehrungsgitter aus Carbonfasern, hier: solidian GRID Um den Verbund der Bewehrungsgitter zur umgebenden Betonmatrix zu verbessern, kann eine zusätzliche Besandung erfolgen. Dadurch werden beste Eigenschaften hinsichtlich rissbreitenbegrenzender Wirkung und homogener Rissverteilung erreicht. Abb. 4: Bewehrungsgitter aus Carbonfasern mit Besandung, hier: solidian Anticrack Die Kombination von besandeter Oberfläche und engem Raster erzielt hier die besten Ergebnisse. Der Einfluss der Rasterweite sowie den Unterschied zwischen besandeten und unbesandeten Gittern lässt sich in der nachfolgenden Grafik erkennen. Das Diagramm zeigt die Kraftübertragung in Abhängigkeit der Rissweite eines Gitters mit 38-mm Raster (solidian GRID Q95-CCE-38), eines Gitters mit 21 mm Raster ohne Besandung (solidian GRID Q85-CCE-21) sowie 21 mm Raster mit Besandung (solidian ANTICRACK Q85-CCE-21). Abb. 5: Rissöffnungskurve mit Zugkraft [kN/ m] im Zusammenhang mit Rissweite [mm], Auswertung Versuchsreihe Dr. Marcus Hinzen (solidian GmbH) Nichtmetallische Bewehrung setzt sich aus Endlosfasern, Schlichte und Tränkungsmaterial zusammen. Die einzelnen Endlosfasern (Filamente) werden in einem Strang (Roving) mit 48.000 einzelnen Filamenten zusammengefasst. Die Schlichte fungiert als Haftvermittler zwischen Tränkungsmaterial und Faser und verbessert die Verarbeitbarkeit. Als Tränkungsmaterial kommen Reaktionsharze (bspw. Epoxid, Vinylester) oder Dispersionen (z. B. Arcylat, Styrolbutadien) zum Einsatz. Das Tränkungsmaterial hat Einfluss auf die Eigensteifigkeit sowie Festigkeit der Gitter. Expoxidharzsysteme sind gegenüber Dispersionen deutlich steifer und erreichen höhere Festigkeiten der Bewehrung. Die nachfolgende Tabelle zeigt Materialkennwerte für Carbon-, Glas - und Basaltfaser sowie Stahl nach F. Schladitz [1]: Tab. 1: Materialeigenschaften (Orientierungswerte) Stahl Glas Basalt Carbon Zugfestigkeit [N/ mm²] 550 1200 1500 3000 E-Modul [N/ mm²] 210000 73000 88000 230000 Dichte [g/ cm³] 7,85 2,7 2,6 1,8 1.1 Motivation für den Einsatz von Carbonbewehrung Carbonbewehrung bietet neue Lösungsansätze. Die Korrosionsfreiheit und Chloridresistenz der Carbon-bewehrung gewährleistet eine hohe Dauerhaftigkeit und ermöglicht die Reduktion der Betondeckung auf ein, aus Verbundgründen statisch notwendiges, Minimum. Das laufende Zulassungsverfahren für die solidian GRID Carbongitter mit voraussichtlicher Erteilung der abZ (allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung) durch das DiBt (Deutsche Institut für Bautechnik) in Q2/ 2024 zielt beispielsweise auf eine Mindestbetondeckung aus Verbundanforderung c min,b von 14 mm ab. Die Auf bauhöhe von Sanierungs- und Abdichtungsschichten kann somit gegenüber einer mit B500 bewehrten Alternative deut- 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 231 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton lich reduziert werden. Neben Material und Ressourcen wird auch Eigengewicht eingespart. Die geringe Betondeckung bietet konstruktiv zudem den Vorteil, die Carbonbewehrung sehr nahe der Bauteiloberfläche verbauen zu können. Engmaschige Carbongitter mit Besandung entfalten oberflächennah angeordnet somit die optimale Wirkung auf das Rissverhalten. Die nachfolgende Darstellung [3] veranschaulicht den Zusammenhang von Rissanzahl und Rissweite: Abb. 6: Zusammenhang Rissanzahl und Rissweite, BAW MITEX (in Anlehnung an/ Büttner 2012/ ) [3] Durch die erreichte homogene Verteilung vieler feiner Risse bei zugleich geringen Rissweiten werde oftmals die planerischen Auswahlmöglichkeiten bezüglich der Oberflächenschutzsysteme weitreichender. Auch ein gänzlicher Verzicht auf Oberflächenschutzsysteme ist denkbar, Eignung des Bestandsbauwerks und entsprechende Betontechnologie sowie Ausführungsqualität vorausgesetzt. Ein weiteres Anwendungsfeld von Carbonbeton ist die Tragwerksverstärkung durch auf der Biegezugseite angebrachte Feinbetonschichten mit eingearbeiteten Carbongittern. Durch eine Verstärkung mit Carbonbeton können bereits mit sehr geringen Schichtstärken von 10-20 mm deutliche Steigerungen der Tragfähigkeit erreicht werden. Auf die aufgeraute und vorbehandelte Altbetonfläche wird im Spitz- oder Laminierverfahren ein spezieller Feinbeton aufgebracht und anschließend ein Carbongitter in den frischen Beton eingearbeitet. Je nach statischem Erfordernis können mehrere Lagen aufgebracht werden. Neben dem gegenüber Spitzbeton deutlich geringen Eintrag von Eigengewicht bieten die Gitter durch das geringe Flächengewicht Vorteile beim Handling, insbesondere über Kopf. Anwendungsfelder und Grenzen des CARBOrefit Systems können der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ/ abG Nr. Z-31.10.182) entnommen werden. Abb. 7: Beispielhafter Auf bau einer Carbonbetonverstärkung 2. Carbonbewehrung in Parkbauten Eigentümer von Parkbauten werden im Laufe der Jahre zunehmend mit Chloridbelastungen von ihren tragenden Betonbauteilen konfrontiert. Wird im Falle eines Neubaus Carbonbewehrung anstelle von B500 verwendet, ist Bewehrungskorrosion bereits stofflich ausgeschlossen. Wird hingegen bei herkömmlicher Stahlbetonbauweise im Zuge von Überprüfungen überhöhte Chloridkonzentrationen, oder ggf. bereits Chloridkorrosion an der Stahlbewehrung festgestellt, entsteht oft unmittelbarer Handlungsbedarf [4]. 2.1 Neubau Parkhaus Hirschberg Ein imposantes Bauwerk, bei dem Carbonbeton zum Einsatz kam, ist das Mitarbeiterparkhaus in Hirschberg an der Bergstraße von der Firma Goldbeck. Es ist das weltweit erste Parkhaus mit Carbonbeton. Das Pilotprojekt entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Systemhersteller Goldbeck und dem Hersteller der Carbonbewehrung solidian. Bei dem Projekt wurden die industriell hergestellten Fertigteildeckenplatten im eigenen Werk von Goldbeck im Rahmen einer ersten kleineren Serienproduktion ausschließlich mit solidian GRID bewehrt und produziert. Das bedeutet: Die Carbonbetonplatten haben hinsichtlich ihrer Spannweite immer die gleichen Abmessungen, so dass es lediglich eine einzige Bewehrungsposition gibt. Auf Grund der hohen Festigkeiten und den Systemabmessungen des Bewehrungsgeleges von 2,50- x- 8,00 m, welche auf die Bauteilgröße abgestimmt ist, konnte das solidian GRID für bzw. mit Goldbeck optimiert werden. [5] 232 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton Abb. 8: Das Parkhaus Hirschberg von der Firma Goldbeck ist weltweit das erste Parkhaus mit Carbobeton 2.2 Instandsetzung Marquardt-Bau Stuttgart Der Marquardt-Bau ist ein ehemaliges Hotel, das heute als Büro-, Einzelhandels- und Kulturgebäude genutzt wird. Zu dem Objekt gehört eine Tiefgarage - die erste, die in Stuttgart jemals gebaut wurde. Sie war in die Jahre gekommen und musste dringend saniert werden. Ein Grund hierfür war, dass das Tragwerk korrodierte und zudem nicht mehr den anfallenden Lasten entsprach. Im Zuge des Betonabtrages der chloridkontaminierten horizontalen Flächen entschied sich der Tragwerksplaner im Neuauf bau für den Einsatz von dünnen Carbonbetonschichten. 2017 wurde die Tiefgarage des Marquardt-Baus einer Bauwerksuntersuchung unterzogen. In deren Zusammenhang wurde zunächst die Bestandssituation ermittelt. Bei ihr stellten die Verantwortlichen fest, dass das Tragwerk des Gebäudes aus einem alten Stahlskelett besteht, das durch Stahlbetonstützen und wände ergänzt wird. Die Decken sind als Stahlbeton-Rippendecken ausgebildet. Das Parkhaus besteht aus zwei Ebenen, wobei das erste Untergeschoss über eine zweispurige viertelgewendelte Rampe erschlossen wird. Von hier aus gelangt der Besucher über eine gerade Abfahrtrampe ins zweite Untergeschoss bzw. über eine halbgewendelte Auffahrtrampe wieder zurück. Alle Rampen und Fahrdecken sind aus Stahlbeton. Bei der Analyse des Gebäudezustandes zeigte sich, dass das Stahlskelett unterdimensioniert und dass der Stahl zudem durch Chloride (Tausalz) stark geschädigt war. Das bedeutete, dass das Parkhaus dringend saniert werden musste. Die Planungsarbeiten hierzu übernahmen das Architekturbüro Steinmetz & Loeckle Architekten aus Stuttgart und das Ingenieurbüro Knaak & Reich aus Reutlingen. Sie bestimmten unter anderem die Verfahren, die notwendig waren, um das Tragwerk zu verstärken und vor weiterer Korrosion zu schützen. Um es zu entlasten, musste eine Möglichkeit gefunden werden, auf der rund 1600 m² großen Fläche Gewicht einzusparen. Denn aufgrund der unterschiedlichen Gefällesituationen der Tiefgaragendecken hätten sich hier mit herkömmlicher Bewehrung sehr schwierige Einbaubedingungen ergeben. In klassischer Stahlbetonbauweise wäre es lokal zu Mehrstärken von ca. 3-4 cm gekommen, in den unkritischen Zonen Mehrstärken von ca. 2-3-cm. Dieses zusätzliche Gewicht von 0,5 bis 1,0 kN/ m² war von der primären Stahl-Tragkonstruktion nicht aufzunehmen. Als hervorragender Lösungsweg erwies sich der Einbau von Carbonbeton. Abb. 9: Bauphase mit Carbonbewehrung, Marquardt- Bau Er bietet gleich mehrere Vorteile, die sich auf diese Bausituation positiv auswirkten: Erstens ist er wesentlich leichter als eine vergleichbare Bewehrung aus Stahl und zweitens - was noch viel wichtiger ist - er korrodiert nicht. Das bedeutet, die Betonüberdeckung kann wesentlich dünner ausfallen als bei normalem Beton. Also entschieden sich die Verantwortlichen dazu, die obere Schicht der Fahrbahnplatten sowie der Rampen abzutragen und diese durch eine wesentlich dünnere Carbonbetonschicht zu ergänzen. Die Arbeiten hierzu übernahm die Firma Geiger Bauwerksanierung GmbH & Co.KG aus Filderstadt. Auf der Suche nach einem geeigneten Anbieter entschieden sich deren Mitarbeiter für die solidian GRID Carbonbewehrung, welche entweder als ebene Mattenware oder als Rollenware erhältlich ist. Die Rollenware erleichtert den Einbau, beschleunigt den Bauablauf, reduziert Verschnitt sowie Übergreifungsflächen und ermöglicht eine wirtschaftlich optimierte und technisch hochwertige Ausführung. Das Ergebnis der Sanierung zeigt das nachfolgende Bild: Abb. 10: Tiefgarage nach Sanierung, Marquardt-Bau Stuttgart 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 233 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton 3. KKS-Carbonbeton Aufgrund der Tatsache, dass sich Carbonbewehrungen als elektrische Leiter eignen, werden diese zunehmend häufiger für KKS-Anwendungen eingesetzt. Das Carbonbetonsystem wird dabei nach Abb. 11 aufgebaut und direkt auf die vorbereiteten Betonoberflächen aufgebracht. Dabei wird eine speziell modifizierte textile Carbonbewehrung (Gelege oder Gewebe) in einem geeigneten Mörtel eingebettet. Dieser Mörtel besitzt im Idealfall einen geringen elektrischen Eigenwiderstand, niedrige Übergangswiderstände zum Carbon, sowie zum Untergrundbeton, um eine leichtere Polarisation zu ermöglichen. [6] Abb. 11: Auf bau des KKS-Carbonbetons Die mechanischen Eigenschaften (E-Modul, Druck- und Biegezugfestigkeiten etc.) sowie (falls erforderlich) Oberflächenschutzsysteme sind dabei auf den speziellen Anwendungsfall angepasst. Der kathodische Korrosionsschutz wird hierbei hergestellt, indem die Bewehrung des Stahlbetons an den Minuspol einer Gleichstromquelle angeschlossen wird, bei gleichzeitiger anodischer Schaltung der textilen Carbonbewehrung. Eine Stromeinspeisung erfolgt da-bei über MMO-beschichtete Titanbänder (als Primäranode), siehe Abb. 11 und 12. [6] Nachfolgend ist ein schematischer Auf bau eines typischen linearen KKS-Carbonbetons eines Rissbereichs im Parkhaus dargestellt. Abb. 12: Anschlussdetail KKS-Carbonbeton 3.1 Beispiele für KKS im Grenzbereich Nachfolgend werden eigene Beispiele und Bilder für KKS im Grenzbereich dargestellt. Einige Randinformationen zu den Objekten sind den Auflistungen und Bildunterschriften zu entnehmen. Objekt 1: Multiple Risse durch späten Zwang einer Tiefgarage in Siegen • Baujahr 2006, 3200 m² • ausgebildet als weiße Wanne mit starrem OS • multiple Risse (v. a. > 0,5 mm) • späte Zwänge • vielfache vergebliche Vorsanierungen Abb. 13: Ausschnitt der Risskartierung Abb. 14: Linearer KKS-Carbonbeton in den Rissbereichen einer Tiefgarage zur lokalen Verstärkung und Kathodischem Schutz 234 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubau, Instandsetzung und Verstärkung von Parkhäusern und Tiefgaragen mit Carbonbeton Objekt 2: Stützensanierung mit geringem Zeitfenster in einer Verzinkerei in Freudenberg • Baujahr 1969 • Stahlbetonstützen, Spannbetonbinder • Mangelhafte Oberflächenschutzsysteme • aktive Korrosion • hohe Chloridwerte durch Salzsäurebecken • keine Sperrzeiten möglich Abb. 15: KKS-Carbonbeton von Stützen einer Verzinkerei Abb. 16: Instandsetzung bei laufendem Betrieb Literatur [1] Dr.-Ing. F. Schladitz, Handbuch Carbonbeton, Ernst & Sohn 2023, S. 7 [2] BAW Merkblatt: Flächige Instandsetzung von Wasserbauwerken mit textilbewehrtem Mörtel- und Betonschichten (MITEX) Ausgabe 2019, S. 13. [3] Dipl.-Ing. S. Gießer, Tagungsband Carbon- und Textilbetontage 2021. [4] THIS - Tiefbau, Hochbau, Ingenieurbau, Straßenbau, Ausgabe 09/ 2020. [5] A. Asgharzadeh, M.Raupach, D.Koch und M. Mahjoori, Kathodischer Korrosionsschutz für Parkbauten mit carbontextilbewehrtem Spezialmörtel, 2016. [6] B. Neuberger, „Ein Beitrag zur Untersuchung von Einflussfaktoren auf die elektrische Leitfähigkeit von Betonen und Mörteln in kathodischen Korrosionsschutzsystemen,“ Universität Siegen, Siegen, 2018. Kathodischer Korrosionsschutz 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 237 KKS-Instandsetzung am Beispiel des Parkhauses P+R in Leinfelden-Echterdingen Hannah Gieler, M. Eng. suicorr Deutschland GmbH, Singen Dipl.-Bauing. (FH) Daniel Oberhänsli suicorr Deutschland GmbH, Singen Zusammenfassung Durch die Einwirkung von Chloriden oder Karbonatisierung entstehen unterschiedliche Bedingungen für den Stahl im Beton, wodurch Korrosion auftreten kann. Beim Einsatz des kathodischen Korrosionsschutzes wird von einem Schutzstromgerät ein, dem Korrosionsstrom entgegen gerichteter, leicht größerer Schutzstrom (Gleichstrom) abgegeben. Damit reduziert sich der aktive Korrosionsprozess auf eine technisch vernachlässigbare Größe. Der noch vorhandene Querschnitt des Bewehrungsstahles bleibt langfristig erhalten. Dafür werden dauerhafte Anoden in das Objekt eingebaut, über die der Schutzstrom abgegeben wird. Beim Parkhaus P+R wurde als Anodensystem ein Carbongelege verbaut, dass zusätzlich die konstruktionsbedingten Risse über den Auflagerträgern begrenzen soll. Aufgrund der Lage des Parkhauses direkt über der S-Bahn-Haltestelle und den Gleisen war für die untersten Ebenen kein anderes Instandsetzungsprinzip möglich. 1. Einführung Grundlagen KKS Der kathodische Korrosionsschutz (KKS) wird in Europa seit Mitte der Achtzigerjahre erfolgreich für die Instandsetzung von Stahlbetonsbauten eingesetzt. Geregelt wird die Projektierung und Ausführung des KKS in der EN ISO 12696 [1]. Aktuell wird in Europa diese Art des Korrosionsschutzes vorwiegend im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen verwendet, wenn die Integrität des Bauwerks noch nicht so stark gefährdet ist, dass eine statische Ertüchtigung erforderlich wäre und der Ist-Zustand im Wesentlichen konserviert werden soll. Die präventive Anwendung des Verfahrens im Zuge des Neubaus eines Objektes ist nicht nur möglich, sondern wäre häufig eine wünschenswerte und geeignete Maßnahme um die Lebensdauer des Bauwerks mit wirtschaftlichen Mitteln signifikant zu erhöhen. Aufgrund der Einwirkung von Chloriden (Tausalze) oder der Karbonatisierung (CO 2 in der Luft) entstehen unterschiedliche Bedingungen für den Stahl im Beton. Abhängig von den Rahmenbedingungen verliert der Bewehrungsstahl stellenweise seine Passivität. Er ist damit teilweise ungeschützt und der Korrosionsprozess setzt ein. Dabei kann es am Stahl zu starker Elementbildung kommen, die mit sehr hohen Korrosionsraten einhergeht. An den weiterhin geschützten Stellen wird der Stahl zur Kathode und an der ungeschützten Stelle zur Anode. Infolge der daraus resultierenden Potentialdifferenz und der, notwendigerweise, fließenden Elementströme korrodiert der Stahl in den anodischen Bereichen. Beim Einsatz des kathodischen Korrosionsschutzes wird von einem Schutzstromgerät ein, dem Korrosionsstrom entgegen gerichteter, leicht größerer Schutzstrom (Gleichstrom) abgegeben. Damit reduziert sich der aktive Korrosionsprozess auf eine technisch vernachlässigbare Größe. Der noch vorhandene Querschnitt des Bewehrungsstahles bleibt langfristig erhalten. Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass chloridkontaminierte oder karbonatisierte Betonschichten nicht abgetragen werden müssen. Bereits vorhandene oder neu eintretende Chloride können in Beton verbleiben. Dadurch gestaltet sich der Eingriff in die Tragstruktur deutlich geringer. Lärmemissionen aufgrund von Höchstdruckwasser-strahlarbeiten werden reduziert und Bauzeiten verkürzt. Außerdem werden provisorische statische Abstützungs-Maßnahmen wesentlich verringert oder sind nicht mehr notwendig. 2. Instandsetzung des Parkhauses P+R 2.1 Baubeschreibung Das P+R Parkhaus S-Bahn in Leinfelden-Echterdingen befindet sich direkt über der 2-gleisigen S-Bahn-Strecke, die zum Flughafen Stuttgart führt. Bei der Bauweise handelt es sich um eine 6-geschossige Stahlverbundkonstruktion mit 316 Parkplätzen. Das Parkhaus besteht aus 2 Teilen, einem nördlichen Teil mit ca. 60 m Länge und einem südlichen Teil mit ca. 100 m Länge. Die Gesamtbreite aus beiden Teilen beträgt 32,5 m. Die Parkdecks Deck 0-5 sind im halbgeschossigen Splitt-Level angeordnet. Die Erschließung erfolgt über eine gemeinsame Ein- und Ausfahrtsrampe, die weitern Ebenen werden jeweils über Auf- und Abfahrtsrampen erreicht. Deck 4 und 5 sind Freidecks, die zum größten Teil mit einem Trapezblech überdacht sind. Die Stahlverbundkonstruktion besteht aus Æ 40 cm Stahlrundstützen und IPEA Stahlquerträgern, die über die Geschosse in ihrer Dimension variieren, mit einem Achsabstand von 7,50 m. Die Aussteifung erfolgt über ein Fachwerksystem auf der Außenseite. Die somit stützen- 238 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 KKS-Instandsetzung am Beispiel des Parkhauses P+R in Leinfelden-Echterdingen freie Stahlbetondecke liegt auf den Querträgern auf. Diese wurden aus Großflächenfertigteildecken mit einer Stärke von 5 cm und einer 10 cm starken Ortbetonschicht hergestellt. Die Gesamtstärke beträgt nur 15 cm. Die Betondeckung ist auf der Deckenunterseite mit 2 cm und auf der Deckenoberseite mit 2,8 cm angegeben. Über Kopf bolzen wird die Decke mit den Stahlträgern verbunden. Die Bewehrung besteht aus Listenmatten und über den Stahlträgern wurde eine zusätzliche Stoßbewehrung eingebaut. Abb. 1: Ansicht Stahlkonstruktion und Situation über den S-Bahn-Gleisen Die Geschossdecken weisen ein Gefälle von 2 % auf und waren mit einer starren Oberflächenschutz-beschichtung (vermutlich im System OS 8) beschichtet. Auf den Freidecks befand sich eine einschichtige, elastische Oberflächenschutzbeschichtung (vermutlich im System OS 11b). Die Verbindungsrampen waren unbeschichtet. Die Stahlkonstruktionen sind zum Teil feuerverzinkt und zusätzlich mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen (DUPLEX-Verfahren) und zum Teil nur mit Korrosionsschutz beschichtet. [2] 2.2 Schadensbild Über den Auflagerträgern wiesen die befahrenen Geschossdecken konstruktionsbedingte Risse auf. Aufgrund des starren Oberflächenschutzsystems führten diese Risse zu einem Durchreißen, sodass Chlorid ungehindert in das Bauteil eindringen konnte. Einige Risse waren durchgehende Trennrisse, sodass die Stahlkonstruktion an der Unterseite bereits korrodiert war. Im Bereich der Risse wurden sehr hohe Chloridgehalte im Beton bis in große Bauteiltiefen festgestellt. Der Bewehrungsstahl im Rissbereich lag daher schon vollständig in einem Beton mit korrosionsauslösendem Chloridgehalt, sodass hier bereits eine starke chloridinduzierte Korrosion am Bewehrungsstahl vorhanden war. Probeöffnungen ergaben, dass insbesondere in den Ebenen 1 und 3 eine starke Lochkorrosion am Bewehrungsstahl entlang der Risse mit Querschnittsverlusten von 50 % bis zu 100 % vorhanden war. Die Ebenen 0 und 2 zeigten ebenfalls eine Vielzahl von Rissen über den Auflagern, jedoch war das Ausmaß der chloridinduzierten Korrosion nicht so groß wie in Geschossen 1 und 3. Da die Freidecks in Ebene 4 und 5 mit einem elastischen System beschichtet waren und regelmäßig an entstandenen Rissen mit Bandagen instandgesetzt wurde, war ein deutlich geringerer Chlorideintrag feststellbar. Die Verbindungsrampen der einzelnen Parkdecks waren nicht mit einer Oberflächenschutzbeschichtung versehen. Großflächige Betonabplatzungen und leichter Querschnittsverlust an korrodierendem Bewehrungsstahl waren die Folge der starken Chloridbelastung. Die Ein-/ Ausfahrtsrampe zeigte eine erhebliche stärkere Schädigung mit starker Durchfeuchtung aufgrund von Trennrissen. Auch die Stahlkonstruktion wies einige Schäden auf. Über die konstruktionsbedingten Trennrisse in der Stahlbeton-deckenplatte an den Auflagerträgern drang das chloridhaltige Wasser bis auf die oberen Flansche der Träger und induzierte hier erheblich Korrosionsschäden. Die Kopf bolzen, für den Verbund zur Stahlbetondecke, befinden sich auch im Rissbereich und wiesen starke Korrosion auf. Insbesondere auf Deck 1 führte diese Korrosion zu starken Abplatzungen des Betons an der Deckenoberseite. Durch Undichtigkeiten in der Entwässerungsrinne sind vor allem die Knotenpunkte der Stahlkonstruktion von Korrosion betroffen gewesen. An einem Punkt war die Korrosion soweit fortgeschritten, dass die Standsicherheit gefährdet war. [2] 2.3 Instandsetzungskonzept Das Instandsetzungskonzept für das P+R Parkhaus wurde auf der Grundlage der TR-Instandhaltung erarbeitet. Wir beziehen uns in unserem Vortrag hauptsächlich auf die Instandsetzung der Stahlbetonteile, wobei auch umfangreiche Maßnahmen an der Stahlkonstruktion, dem Anfahrschutz und dem Dach über Deck 4 und 5 notwendig waren und durchgeführt wurden. Diese Maßnahmen werden hier nicht näher beschrieben. Ziel der Instandsetzung war die Sicherstellung und Wiederherstellung der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit über die Länge der Restnutzungsdauer. Die Instandsetzungskonzepte der Stahlbetonbauteile können wie folgt gruppiert werden: - die Geschossdecken der Decks 0 und 3-5 - die Geschossdecken Deck 1 und 2 - die Rampen Die konstruktionsbedingten Risse über den Auflagerträgern der Stahlverbundkonstruktion werden dauerhaft auftreten. Eine Vermeidung der Risse kann nur über einen großflächigen Betonabtrag und rissbreitenbegrenzende Zulagebewehrung erreicht werden. Die Rissbreitenberechnung des Tragwerks-planers ergab, dass die Rissüberbrückungsfähigkeit einer Oberflächenschutzbeschichtung im System OS 11a ausreichend ist. Daher wurde von der Zulagebewehrung abgesehen, insofern die Bewehrung noch einen ausreichenden Querschnitt aufwies. Somit wurde für die Geschossdecken der Decks 0 und 3-5 das Instandsetzungsprinzip 7 „Erhalt und Wiederherstellung der Passivität“ Verfahren 7.2 „Ersatz des chloridhaltigen Betons“ gewählt. [2] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 239 KKS-Instandsetzung am Beispiel des Parkhauses P+R in Leinfelden-Echterdingen Abb. 2: Grundriss Deck 1 und Ein-/ Ausfahrtsrampe mit Darstellung der Anodensysteme Für die beiden Decks, die sich direkt über den S-Bahn- Gleisen befinden, kam der das Prinzip 7 (Betonabtrag mit HDW) nicht infrage. Umfangreiche Schutz- und Abstützungsmaßnahmen, um den Bahnverkehr nicht zu gefährden, wären nicht umsetzbar gewesen. Es ist beim Höchstdruckwasserstrahlen mit erheblichem Wasser-anfall und aufgrund der geringen Deckenstärkeauch mit Durchschüssen zu rechnen, was den Bahnverkehr gefährdet hätte. Die Instandsetzungsmaßnahmen durften jedoch keine Gefährdung für den Bahnverkehr darstellen. Daher war für diese beiden Decks nur das Instandsetzungsprinzip 10 „Kathodischer Korrosionsschutz“ KKS möglich. Planmäßig sind die obere Bewehrungslage der Zwischendecke und die Kopf bolzen dauerhaft vor korrosionsbedingten Schädigungsprozessen zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen wurden vom KKS-Fachplaner zwei verschiedene Anodensysteme gewählt. Um die Kopf bolzen und die Bewehrung in den Rissbereichen zu schützen wurden Ti/ MMO-Stabanoden jeweils links und rechts im regelmäßigen Abstand geplant. Als flächiges Anodensystem, welches in den geschädigten Bereichen über den Auflagerträgern eingesetzt wird, wurde eine Carbonnetz-Anode mit einer Entladungsrate von min. 20,0mA/ m² gewählt. [4] Die Carbonnetz-Anode hat zusätzlich zum kathodischen Korrosionsschutz eine rissüberbrückende Wirkung. Abb. 3: Detailquerschnitt der kombinierten Anodensysteme im Rissbereich über dem Auflagerträger [3] 240 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 KKS-Instandsetzung am Beispiel des Parkhauses P+R in Leinfelden-Echterdingen Abb. 4: Einbau Carbon-Anode Für die Bewehrungsergänzung der zum Teil stark korrodierte Zulagebewehrung mit bis zu 100 % Querschnittsverlust wurden eingeschlitzte Glasfaserbewehrungsstäbe geplant. Aufgrund der direkten Nähe zur KKS-Anode konnte die Mindestbetondeckung von 15 mm nicht eingehalten werden. Um eventuelle Kurzschlüsse auszuschließen wurde die nicht-leitende Glasfaserbewehrung geplant. Aufgrund der fehlenden Beschichtung auf den Rampen ist von einer flächigen Chloridbelastung auszugehen. Daher wurde für die Rampen ebenfalls das Instandsetzungsprinzip 10 „Kathodischer Korrosionsschutz“ KKS gewählt. Als Anodensystem wurden Netzanoden gewählt und verbaut, die keine zusätzliche Funktion der Rissüberbrückung haben. 2.4 Herausforderungen bei der Ausführung Bei der Umsetzung der Instandsetzungsmaßnahme sind einige Herausforderungen gemeistert worden. Die Lage des P+R Parkhauses in einem Wohngebiet mit einem angrenzenden Kindergarten auf der einen Seite und einem Friedhof auf der anderen Seite erforderte hohe Maßnahmen zur Reduzierung der Staub- und Lärmemission. Umgesetzt wurde dies mit einem Flächengerüst mit vorgehängten Schallschutzplatten, sowie Pausen der lärmintensiven Arbeiten zu angeordneten Zeiten. Besondere Maßnahmen waren auch zur Sicherstellung des Schutzes der wartenden Fahrgäste auf dem überbauten Bahnsteig, sowie der S-Bahngleise notwendig. Arbeiten an Bauteilen, die direkt angrenzend zum Bahnverkehr liegen, waren nur zu lange im Voraus bei der DB angekündigten und genehmigten Sperrzeit in der Nacht möglich. Aufgrund der schlechten Zugänglichkeit und der steilen Böschung mussten die erforderlichen Hebebühnen mit großem Aufwand und einem Mobilkran auf dem Gleisbett abgesetzt werden. Das Parkhaus befindet sich zudem am Ende einer Sackgasse und die Außenflächen bieten nicht viel Raum für die Baustelleneinrichtung. Dies erforderte genaue Planung bei der Beschickung und Anlieferung aller notwendigen Geräte und Materialien. Abb. 5: Elektroinstallation am Anfahrschutz Für die Ausführung der KKS-Arbeiten war die Elektroinstallation eine Herausforderung. Bei der stützenfreien Bauweise und dem Gleisfeld direkt unter der Decke mussten Sonderlösungen für die Verlegung der Signal- und schutzstromführenden Leitungen gefunden werden. Die Verlegung an der Deckenunterseite war aus den bekannten Gründen nicht möglich, somit mussten alle Leitungen bis zum Deckenrand im Anodeneinbettmörtel geführt werden. Anschließend werden diese in Kabelkanälen, die an den Leitplanken des Anfahrschutzes montiert sind, zum zentralen Gleichrichter geführt. Literatur [1] DIN EN ISO 12696 Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton (ISO 12696: 2022) [2] IGF; Baubeschreibung der Ausschreibung [3] IGF; Anlagen der Ausschreibung [4] CORR-LESS; Regelplanung zum kathodischen Korrosionsschutz von Stahl in Beton (KKSB): Instandsetzung unter Anwendung des Prinzips 10 der TR-Instandhaltung: KKSB P+R Parkhaus Echterdingen Danksagung: Für die äußerst angenehme und gute Zusammenarbeit bedanken wir uns bei: - Herrn Kemmner, Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen - Herrn Zeneli; AZ Bautenschutz GmbH - Herrn Fahrenkamp, IGF Ingenieur-Gesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp - Herrn Eichler, CORR-LESS Isecke & Eichler Consulting GmbH & Co. KG Schutzmaßnahmen 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 243 DuraMon - Korrosionsmonitoring in Stahlbetonbauten für intelligentere, kostengünstigere, sicherere und nachhaltigere Erhaltungs- und Instandsetzungslösungen Dr. Yurena Seguí Femenias DuraMon AG, Zürich, Schweiz Michèle Gschwind DuraMon AG, Zürich, Schweiz Prof. Dr. Ueli Angst Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Dep. Bau, Umwelt und Geomatik, Schweiz Zusammenfassung Die Erhaltung und Sicherung der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit von Betonbauwerken sind komplexe und teure Aufgaben. Das fehlende Wissen über die Qualität des Bauwerks, möglicherweise ablaufende Schadensprozesse oder die Wirksamkeit von Instandsetzungsmaßnahmen erschwert den Eigentümern den effizienten Einsatz von Ressourcen. Der Einsatz von eingebetteten Sensoren sowie die digitale Datenerfassung und -übertragung bieten neue technologische Möglichkeiten, den Zustand von Stahlbetonbauwerken zuverlässig zu bestimmen. In diesem Artikel wird die Relevanz der Überwachung von Korrosionsprozessen in Betonbauwerken herausgestellt. Es werden Daten aus Feldprojekten zur Verfügung gestellt, die als Grundlage für eine optimierte Korrosionsdiagnose und -prognose dienen und so zu optimierten Instandhaltungsstrategien führen. 1. Einführung Die Instandsetzung und Erhaltung von Betoninfrastrukturen ist eine komplexe und teure Aufgabe. Rund 50 % des jährlichen Baubudgets in Europa werden für Instandsetzung/ Erhaltung ausgegeben, mit steigender Tendenz [1]. In diesem Zusammenhang ist die bei weitem häufigste Ursache für eine Schädigung die Korrosion des Bewehrungsstahls; Korrosion ist für ca. 90 % der langfristigen Schädigung von Beton verantwortlich und stellt somit ein Risiko für viele Betonbauwerke dar, insbesondere in Regionen, die mit der Alterung der Infrastrukturen konfrontiert sind (alle OECD-Länder, [2-5]). Der Zustand von Stahlbeton, wie z. B. chloridinduzierte Korrosion der Bewehrung, ist an der Betonoberfläche oft erst sichtbar, wenn der Schadensprozess bereits relativ weit fortgeschritten ist. Inspektionsmethoden, die auf visuelle Anzeichen (Risse, Rostfahnen, etc.) abstützen identifizieren diese versteckten Probleme spät und mit großer Unsicherheit. Somit besteht die Gefahr, dass Instandsetzungsarbeiten zu früh oder zu spät durchgeführt werden, was nicht nur unnötig hohe Kosten verursacht, sondern auch andere negative Auswirkungen hat, z. B. eingeschränkte Verfügbarkeit des Bauwerks für den Benutzer und ein mögliches Sicherheitsrisiko. Der Einsatz eingebetteter Sensoren sowie die digitale Datenerfassung und -übertragung bieten neue technologische Möglichkeiten, den Zustand von Stahlbetonbauwerken zuverlässig zu überwachen. Durch die Überwachung aller korrosionsrelevanten Parameter in Verbindung mit der Auswertung der Sensordaten entsteht ein vollständiges Bild über den Zustand des Bauwerks. Durch diese kontinuierliche Korrosionsüberwachung können auch wetterbedingte Schwankungen angemessen berücksichtigt werden, was bei der Beurteilung des Korrosionszustands mit traditionell zerstörenden und zerstörungsfreien Methoden häufig zu großen Unsicherheiten führt. Darüber hinaus ermöglicht die kontinuierliche Überwachung des Bauwerks eine kontinuierliche Verfeinerung der Korrosionsprognose. Daher kann die zukünftige Entwicklung des Korrosionsrisikos und der Ausbreitung des Korrosionsrisikos durch den Beton kontinuierlich und vorausschauend beurteilt werden. 2. Korrosionsüberwachung in Stahlbetonbauwerke In den letzten Jahren wurden in der Sensortechnologie erhebliche Fortschritte erzielt, insbesondere im Hinblick auf das breite Spektrum von Parametern, die heute mit Sensoren gemessen werden können, und im Hinblick auf (drahtlose) energiesparende und langlebige Datenerfassung- und Datenübertragungsmöglichkeiten. Diese Entwicklungen haben das Potenzial, „Structural Health Monitoring“ (SHM) auf die nächste Stufe zu bringen. Im Zusammenhang mit der Korrosionsüberwachung basieren die am häufigsten verwendeten Sensortechnologien auf der Messung der Temperatur, des elektrischen Potenzials von Stahl, des elektrischen Widerstandes von Beton und des Korrosionsstroms. Diese Parameter stehen in engem Zusammenhang mit der Ausbreitung der Korrosion, z. B. kann der Betonwiderstand der entscheidende Parameter sein, die die Korrosionsrate kontrolliert [6]. 244 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 DuraMon - Korrosionsmonitoring i. Stahlbetonbauten f. intelligentere, kostengünstigere, sicherere u. nachhalti. Erhaltungsu. Instandsetzungslösungen Für eine zuverlässige Vorhersage des Korrosionsrisikos sind jedoch zusätzliche Informationen erforderlich, nämlich die gleichzeitige Messung der Konzentration an freiem Chlorid und des pH-Werts des Betons. Dies ist besonders wichtig, wenn eine frühzeitige Schadenswarnung gewünscht ist, was eines der Hauptziele der Digitalisierung der Betoninfrastruktur ist. Ein Ziel der Infrastrukturüberwachung ist es insbesondere, das Bauwerk bereits zu Beginn der Schädigung zu erhalten, um minimalinvasive Instandsetzungsmaßnahmen durchführen zu können. Darüber hinaus erfordert eine genaue Korrosionsdiagnose und -prognose die gleichzeitige Messung aller relevanten Parameter, die mit der Korrosion in Verbindung stehen (d. h. pH-Wert, freie Chloridkonzentration, Temperatur, elektrisches Potenzial des Stahls, elektrischer Widerstand des Betons und Korrosionsstrom), da diese Parameter stark miteinander verbunden sind und nur die Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung eine genaue Zustandsbewertung ermöglicht. Abb. 1: Zuverlässige Korrosionsdiagnose und -prognose erfordert die gleichzeitige Überwachung von freier Chloridkonzentration, pH-Wert, Temperatur, elektrischem Stahlpotential, elektrischem Betonwiderstand und Korrosionsstrom. 2.1 Prädiktive Instandhaltung Da der Zustand des Bauwerks nicht bekannt ist, werden oft entweder präventive oder reaktive Instandhaltungsstrategien angewandt. Präventive Instandhaltung bedeutet eine frühzeitige Instandsetzung des Bauwerks (oft bevor der Schaden beginnt), um die Sicherheit nicht zu gefährden. Dies führt jedoch zu unnötigen Instandsetzungen und Einnahmeverlusten (z. B. unnötige Ausfallszeiten in Parkhäusern). Reaktive Instandhaltung bedeutet, dass Instandsetzungs-maßnahmen durch das Erkennen von Schäden ausgelöst werden, z. B. bei visueller Inspektion. Speziell bei der Bewehrungskorrosion kann es jedoch vorkommen, dass Schäden erst dann sichtbar werden, wenn sie relativ weit fortgeschritten sind. Dies führt zu umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen (und damit Kosten) und unter Umständen kann die Tragsicherheit schon stark beeinträchtigt sein. Um die Einschränkungen der oben genannten Ansätze zu überwinden, wird im Baubranche zunehmend ein neuer Ansatz verfolgt: prädiktive Instandhaltung. Dies bedeutet die Vorhersage von Schäden, um zukünftige potenzielle Probleme zu identifizieren. „Structural Health Corrosion Monitoring“ bildet die Grundlage für Ansätze zur prädiktiven Instandhaltung, da der Zustand des Bauwerks kontinuierlich in die Zukunft projiziert wird. Dank dieses neuen Ansatzes können folgende Fragen beantwortet werden • Wie verändert sich der Zustand des Bauwerks im Laufe der Zeit? • Sind die kritischen Bedingungen für die Korrosionsinitiierung erfüllt? Wenn ja, wo im Bauwerk? • Wo muss das Bauwerk instandgesetzt wird? • Durch DuraMon’s Sensorlösung können außerdem die folgenden Fragen beantwortet werden: Was sind die Hauptrisikofaktoren für Korrosion? Liegt es am niedrigen pH-Wert, an den steigenden Chloridkonzentrationen oder einfach am Vorhandensein von Feuchtigkeit? Anhand dieser Informationen kann der richtige Zeitpunkt und die richtige Art der Instandsetzungsstrategie gewählt werden, z. B. das Auf bringen einer Betonbeschichtung bzw. eines Oberflächenschutzsystems, die Installation eines kathodischen Schutzes oder der Ersatz des Betons. 2.2 Wirkungsgrad der Instandsetzung Wenn die Betonüberdeckung bei einen bestimmten kritischen Wert Chloride enthält oder karbonatisiert ist, erfordert die traditionelle Instandsetzungsstrategie üblicherweise, dass kontaminierter Beton mit einem frischen Reparaturmörtel ersetzt wird. Dadurch soll die „Passivität“ des Bewehrungsstahls wiederhergestellt werden (Europäische Norm EN 1504-9). Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass die Betoninstandsetzung nicht vollständig wirksam ist. So müssen beispielsweise mehr als 50 % der Betoninstandsetzungen nach 10 Jahren erneut repariert werden. [2,7]. In einigen Fällen können alternative und minimalinvasive Instandsetzungsmethoden genauso effektiv oder sogar effektiver sein als traditionelle Instandsetzungsansätze. So kann beispielsweise eine Oberflächenschutzsystem oder Hydrobphobierung das Eindringen von Feuchtigkeit und Chlorid begrenzen und den Korrosionsgrad mehrere Jahre lang unter einer akzeptablen Grenze halten. Die Erfahrung bei der Bewertung der Effizienz und Dauerhaftigkeit dieses Instandhaltungsansatzes ist jedoch begrenzt. Die Überwachung der Effizienz und Dauerhaftigkeit verschiedener Instandsetzungsmethoden ist daher von entscheidender Bedeutung. „Structural Health Corrosion Monitoring“ erlaubt es, ein vollständiges Bild davon zu erhalten, ob die Instandsetzungsmethode den 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 245 DuraMon - Korrosionsmonitoring i. Stahlbetonbauten f. intelligentere, kostengünstigere, sicherere u. nachhalti. Erhaltungsu. Instandsetzungslösungen Schädigungsprozess effizient reduziert und unter einem bestimmten Niveau hält. Die Verwendung geeigneter Überwachungssysteme ermöglicht insbesondere die Beantwortung der folgenden Fragen: • Ist die Passivität des Bewehrungsstahls wiederhergestellt? • Dringen Chloride aus dem alten (bestehenden) Unterbeton in den neuen Reparaturmörtel ein? • Verhindert die Beschichtung wirksam das weitere Eindringen von Feuchtigkeit und Chloriden? Wenn ja, für wie lange? • Welche Art von Instandsetzungsmaßnahme sollte als nächstes durchgeführt werden? Wo im Bauwerk? Insgesamt ermöglicht der Einsatz von Überwachungssystemen sowohl die Gewinnung von Erkenntnissen über den Instandsetzungsansatz als auch die Bestimmung des zukünftigen Instandsetzungsbedarfs des Bauwerks (prädiktiver Wartungsansatz). 2.3 Andere relevante Anwendungen Die Verwendung von „Structural Health Corrosion Monitoring“ hat ein breites Anwendungsspektrum. Zusätzlich zu den oben erwähnten Ansätzen kann die Verwendung eingebetteter Sensoren in Beton Einblicke in folgende Anwendungen geben: Quantifizierung von relevanten Eingangsdaten für Lebensdauermodelle, Bereitstellung von Eingangsdaten für die Erstellung eines digitalen Zwillings von Betonbauwerke, Überwachung der Performance neuer umweltfreundlicher Zemente/ Beton in-situ, usw. 3. Praxisbeispiel (Tausalzen ausgesetztes Parkhaus) 3.1 Beschreibung des Projekts und angewendet Überwachungssystem DuraMon bietet ein einbaufähiges, drahtloses, Mehrparameter-Sensorsystem (Multisensor) für neue und bestehende Betonbauwerke an, dass erstmals zerstörungsfrei alle relevanten Parameter für Korrosion und Dauerhaftigkeit in unterschiedlichen Tiefen überwacht: pH-Wert, Chloridgehalt, elektrischer Betonwiderstand, Stahlpotential, Korrosionsstrom, und Temperatur. Der Multisensor beinhaltet die verschiedenen Sensoren sowie eine Messeinheit (Datenlogger), die die Daten der einzelnen Sensoren misst und sie drahtlos über die Long Range (LoRa) Technologie überträgt. Die übertragenen Daten werden mit „state-of-the-art“ physikalisch-chemischen Modellen, die das Zusammenspiel aller gemessenen Parameter berücksichtigen, statistisch ausgewertet. In diesem Artikel stellen wir einige Ergebnisse aus einem der DuraMon-Feldprojekte vor. Hier wurde das Dura- Mon-System in einem Parkhaus in der Schweiz installiert, dass aufgrund der von Fahrzeugen mitgebrachten Tausalze dem Eindringen von Chloriden ausgesetzt war. Aufgrund der hohen Auslastung des Parkhauses war die Eigentümerschaft bestrebt, umfangreiche Instandsetzung und lange Ausfallzeiten zu vermeiden. Das DuraMon- Sensorsystem wurde in den vorhandenen Beton eingebettet, um das Korrosionsrisiko in verschiedenen Tiefen zu überwachen, damit prädiktive Instandhaltungs-maßnahmen ergriffen werden können. Um DuraMons Sensoren in bestehenden Beton einzubetten, wurden Bohrkerne (Durchmesser = 10 cm, Länge = 15 cm) aus dem Bauwerk entnommen und kleine Löcher in verschiedenen Tiefen in diesen Bohrkern gebohrt. In jedes Bohrloch wurde ein einzelner Sensor eingesetzt, der anschließend mit einem speziell entwickelten Verfüllmörtel gefüllt wurde, um eine gute Verbindung mit dem Bestandsbeton zu gewährleisten und nachteilige Auswirkungen zu minimieren. Somit sind in jedem Bohrkern mehrere Einzelsensoren zur gleichzeitigen Messung verschiedener relevanten Parameter (Tabelle 1) in unterschiedlichen Tiefen (d. h. von ca. 15 bis 50 mm ab der Oberfläche des Eindringens aggressiver Stoffe) eingebettet. Die Kabel und die Seitenflächen des Bohrkerns (d. h. die Stellen, an denen die Kabel der einzelnen Sensoren gesammelt werden) wurden mit einem Kunstharz beschichtet, und dann wurde der Bohrkern wieder an seinem ursprünglichen Platz im Bauwerk montiert. In der Nähe wurde ein speziell entwickelter Dura- Mon-Datenlogger installiert, der über Kabel mit den Sensoren verbunden ist. Der Datenlogger misst automatisch die Sensordaten und überträgt diese Daten drahtlos an DuraMons Server. Tab. 1: Parameter, die mit entsprechenden Sensoren über die Zeit ermittelt werden, ihre Relevanz für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit (Korrosion) Parameter Relevanz (Freie) Chloridkonzentration Chloridverteilung über die Betontiefe pH-Wert Karbonatisierung/ Auslaugung über die Betontiefe Elektrischer Widerstand des Betons Feuchtigkeitsverteilung, Chloridverteilung, und Karbonatisierung über die Betontiefe Elektrische Stahlpotenzial Korrosionszustand in verschiedenen Betontiefen Temperatur Allgemein relevant für Dauerhaftigkeits-Prozesse 246 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 DuraMon - Korrosionsmonitoring i. Stahlbetonbauten f. intelligentere, kostengünstigere, sicherere u. nachhalti. Erhaltungsu. Instandsetzungslösungen Abb. 2: Installation des DuraMon-Multisensors in bestehendem Bauwerksbeton anhand von Bohrkernen, die mit dem DuraMon-Sensorsystem ausgestattet sind 3.2 Beispiele von Ergebnissen und ihre Bedeutung für künftige Instandhaltungsstrategien In diesem Abschnitt präsentieren wir ausgewählte Ergebnisse aus zwei Messstellen. Abbildungen 3 und 4 zeigen die freie Chloridlonzentration und das elektrische Stahlpotential über die Zeit für zwei Tiefen (15 und 50 mm) für zwei verschiedene Messstellen (Messstelle 1 und Messstelle 2). Abb. 3: Freie Chloridlonzentration und elektrische Stahlpotential über Zeit für zwei Tiefen (15 und 50 mm) an Messstelle 1. Abb. 4: Freie Chloridlonzentration und elektrische Stahlpotential über Zeit für zwei Tiefen (15 und 50 mm) an Messstelle 2 In beiden Messstellen ist zu erkennen, dass die freie Chloridkonzentration bei 15 mm deutlich höher ist als bei 50 mm. Es findet also ein Chlorideintritt statt, aber relevante Mengen an Chloriden werden nur in geringer Tiefe gefunden. Veränderungen des Stahlpotenzials hin zu einem negativeren Wert werden traditionell als Hinweis auf ein erhöhtes Korrosionsrisiko angesehen, obwohl auch andere Faktoren wie ein höherer Feuchtigkeitsgehalt oder eine geringere Sauerstoffmenge für ein negativeres Stahlpotenzial verantwortlich sein können [6]. Hierbei ist zu beachten, dass keine signifikanten Änderungen bei den Widerstandsmessungen (durchgeführt bei 15, 25 und 40- mm mit dem DuraMons-Sensorsystem) beobachtet wurden und der Sauerstoffgehalt in allen Messstellen als ähnlich angesehen wird; daher wird davon ausgegangen, dass Änderungen der Stahlpotentiale hauptsächlich auf Änderungen des Korrosionsrisikos aufgrund von Chlorideintritt zurückzuführen sind (chloridinduzierte Korrosion). In den in den Abbildungen 3 und 4 dargestellten Ergebnissen ist ersichtlich, dass bei 15 mm für Messstelle 1 deutlich geringere Stahlpotentiale im Vergleich zu den Werten bei 50 mm gefunden werden. In Anbetracht des bei 15 mm gemessenen Chlorideintrags deutet dies darauf hin, dass die Korrosion möglicherweise bei 15 mm für diese Messstelle begonnen hat. Im Vergleich dazu bleibt das Stahlpotential sowohl bei 15 als auch bei 50 mm Tiefe für Messstelle 2 relativ positiv, selbst wenn die bei 15 mm gemessene Chloridkonzentration für Messtelle 2 höher ist als für Messstelle 1. Das Verhältnis von Chlorid zu Hydroxid gilt als Indikator für die Wahrscheinlichkeit für das Einsetzen der Korrosion [8,9]. Ein Verhältnis im Bereich von 0,6-1,0 gilt traditionell als kritisch, d. h. Verhältnisse über diesen Werten können als Hinweis darauf interpretiert werden, dass Korrosionsprozesse stattfinden können. Die Abbildungen 5 und 6 zeigen das Verhältnis von Chlorid zu Hydroxid über Zeit für 2 Tiefen (15 und 50 mm) für Messstelle-1 bzw Messstelle 2. Der gemessene pH-Wert (dank des Sensorsystems von DuraMon) in jeder Tiefe wird ebenfalls in der Grafik angezeigt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 247 DuraMon - Korrosionsmonitoring i. Stahlbetonbauten f. intelligentere, kostengünstigere, sicherere u. nachhalti. Erhaltungsu. Instandsetzungslösungen Abb. 5: Verhältnis von Chlorid zu Hydroxid über Zeit für 2 Tiefen (15 und 50 mm) für Messstelle 1. Der gemessene pH-Wert (dank des Sensorsystems von DuraMon) in jeder Tiefe wird ebenfalls in der Grafik angezeigt. Abb. 6: Verhältnis von Chlorid zu Hydroxid über Zeit für 2 Tiefen (15 und 50 mm) für Messstelle 2. Der gemessene pH-Wert (dank des Sensorsystems von DuraMon) in jeder Tiefe wird ebenfalls in der Grafik angezeigt Die beiden Abbildungen 5 und 6 zeigen, dass das Korrosionsrisiko bei 15 mm für beide Messstellen erhöht ist, wenn man davon ausgeht, dass das auf einem kritischen Verhältnis von 0,6 basierende Kriterium gültig ist. Es wurde jedoch festgestellt, dass das kritische Cl - / OH - Verhältnis, das den Beginn der Korrosion anzeigt, drastisch variieren kann [10]. Es gibt mehrere Erklärungen dafür, z. B., dass die Betonmikrostruktur und das Stahl-Beton Interface die Bedingungen für den Beginn der Korrosion drastisch beeinflussen können. Dies könnte erklären, warum trotz der hohen freien Chloridkonzentrationen und erhöhten Cl - / OH - Werten bei 15 mm für Messstelle 2 das Stahlpotenzial noch keine Korrosion andeutet. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, mehrere Parameter im Zusammenhang mit der Korrosion in Beton gleichzeitig zu messen, um ein umfassenderes Bild des tatsächlichen Zustands des Bauwerks zu erhalten. Es sollte auch beachtet werden, dass in der Praxis die pH- Bestimmung oft auf der Verwendung von pH-Indikatoren basiert; das bedeutet, dass es oft nur möglich ist, zu beurteilen, ob der pH-Wert über oder unter Werten von ca. 9-10 liegt. Daher werden pH-Absenkungen von 13,5 auf z. B. 12,5 in der Regel nicht detektiert, auch wenn dies erhebliche Auswirkungen auf die Beurteilung des Korrosionsrisiko haben kann [11]. Genau hier kann die Korrosionsüberwachung von Nutzen sein: die kontinuierliche Messung von Chlorid und pH-Wert zusammen mit anderen relevanten Parametern, die auf den Korrosionsbeginn hinweisen (z. B. Stahlpotenzial), kann sicherlich dazu beitragen, die Bedingungen zu verfeinern, die als Auslöser für den Korrosionsbeginn verstanden werden. Es sollte auch beachtet werden, dass die in diesem Artikel vorgestellten Ergebnisse auf lokalen Messungen beruhen, die mit einzelnen Sensoren durchgeführt wurden, d. h. Chlorid- und Stahlpotentialmessungen werden nicht an genau demselben Ort vorgenommen. Transportprozesse durch Beton sind in der Regel nicht homogen und werden von einer Reihe von Parametern beeinflusst (z. B. lokale Mikrostruktur des Betons). Das bedeutet, dass die hohe Chloridkonzentration an der Messsstelle 2 bei 15 mm auf einen verstärkten Chlortransport (z. B. Vorhandensein eines Mikrorisses) zurückzuführen sein könnte. Um repräsentative Daten zu erhalten, ist es daher wichtig, dass genügend Sensoren an ausreichend vielen Messpunkten angebracht werden, um statistisch fundierte Schlussfolgerungen ziehen zu können. Abschliessend möchten wir darauf hinweisen, dass Messungen in verschiedenen Tiefen die Frühwarnung vor Korrosionsschäden ermöglichen: die verschiedenen Tiefen, die innerhalb eines Sensorsystems (d. h. in einem Messstelle) gemessen werden müssen, können je nach Projekt festgelegt werden, so dass mehrere Messungen in der Tiefe durchgeführt werden können, bevor die Bewehrungstiefe der Bewehrung ermittelt wird. Dies ermöglicht es, die Korrosionsfront zu verfolgen, bevor die Bewehrungstiefe erreicht ist, so dass Instandhaltungsstrategien im Voraus geplant werden können. Darüber hinaus liefert eine ausreichende Anzahl von Messungen über die Tiefe hinweg genügend Daten, um die Einschränkungen spezifischer lokaler Messungen zu überwinden (siehe Absatz oben). 4. Ausblick und Schlussfolgerung In diesem Artikel werden die Vorteile des Einsatzes von „Structural Health Corrosion Monitoring“ in Beton hervorgehoben. Es liefert die technologische Grundlage für optimierte Instandhaltungsstrategien in Beton. Die Vorteile der gleichzeitigen Überwachung aller relevanten Parameter, die mit Korrosion in Verbindung stehen, wurden hier anhand eines Beispiels aus der Praxis illustriert. Auch wenn für dieses Beispiel erst Messdaten von etwas weniger als 1 Jahr vorliegen, lassen sich bereits interessante Zusammenhänge feststellen. Das Beispiel zeigt auch die Wichtigkeit, mehrere Parameter im Zusammenhang mit der Korrosion in Beton gleichzeitig zu messen, um ein umfassenderes Bild des tatsächlichen Zustands des Bauwerks zu erhalten. Es hat sich also gezeigt, dass die Überwachung mehrerer relevanter Parameter in unterschiedlicher Tiefe der Schlüssel zur Erlangung eines genauen Bildes über den Zustand des Bauwerks und zur frühzeitigen Erkennung von Schäden ist. Hierfür müssen die Definition der Mess- 248 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 DuraMon - Korrosionsmonitoring i. Stahlbetonbauten f. intelligentere, kostengünstigere, sicherere u. nachhalti. Erhaltungsu. Instandsetzungslösungen bereiche, die einzelnen Parameter und die zu messenden Tiefen an jedem Messtelle sorgfältig ausgewählt werden. Zuletzt sei erwähnt, dass das Sammeln solcher Daten zum Verhalten von Bauwerken in den tatsächlichen Expositionsbedingungen einen wesentlichen Beitrag an die Verfeinerung des aktuellen wissenschaftlichen Sachstandes hinsichtlich der Korrosion von Stahl in Beton leisten kann. Schließlich ist aus der Fachliteratur bekannt, dass Erkenntnisse aus Laboruntersuchungen oft nur begrenzt auf die Ingenieurpraxis anwendbar sind. Literatur [1] Concrete Repairs - Performance in service and current practice by G. P. Tilly and J. Jacobs - Belgian Building Research Institute, 2007. [2] R. B. Polder et al., “Non-traditional assessment and maintenance methods for aging concrete structures - technical and non-technical issues,” Mater. Corros., vol. 63, no. 12, pp. 1147-1153, 2012, doi: 10.1002/ maco.201206725. [3] M. Küchler, „Instandsetzung von Betontragwerken,“ in Beton-Kalender 2013: Lebensdauer und Instandsetzung - Brandschutz, vol. 102, ch. 5, pp.-345-411, 2013. [4] Bundesamt für Strassen ASTRA, Netzzustandsbericht der Nationalstrassen 2018: Unterhalt, Ausbau und Betrieb, 2019. [5] D. Yilmaz et al., „Korrosionsbedingte Kosten an Ingenieurbauwerken im Schweizer Straßennetz,“ Beton- und Stahlbetonbau, vol. 115, no. 6, pp.-448-458, 2020, doi: 10.1002/ best.202000004. [6] L. Bertolini, B. Elsener, P. Pedeferri, E. Redaelli, and R. P. Polder, Corrosion of steel in concrete, second ed. Weinheim: Wiley, 2013. [7] Concrete Repairs - Performance in service and current practice by G. P. Tilly and J. Jacobs - Belgian Building Research Institute, 2007. [8] V. K. Gouda, Corrosion and corrosion inhibition of reinforcing steel. I. Immersed in alkaline solutions., Br. Corros. J., 5 (1970) 198-203. [9] D. A. Hausmann, Steel corrosion in concrete. How does it occur? , Materials Protection, 6 (1967) 19-23. [10] U. Angst, B. Elsener, C. K. Larsen, and Ø. Vennesland, “Critical chloride content in reinforced concrete - A review,” Cem. Concr. Res., vol. 39, pp. 1122-1138, 2009, doi: 10.1016/ j.cemconres.2009.08.006. [11] Y. Seguí Femenias, U. Angst, F. Moro, and B. Elsener, “Development of a novel methodology to assess the corrosion threshold in concrete based on simultaneous monitoring of pH and free chloride concentration,” Sensors, vol. 18, no. 9, p. 3101, 2018, doi: 10.3390/ s18093101. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 249 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Philipp Truffer Truffer Ingenieurberatung AG, Lalden, Schweiz Zusammenfassung Wenn Parkdecks über kein Oberflächenschutzsystem verfügen, kann es zu einem Eintrag von Chloriden aus von Fahrzeugen eingeschleppten, mit Streusalz belastetem Schnee oder Wasser kommen. Dieser Chlorideintrag in den Beton kann mit der Zeit zu einer chloridinduzierten Bewehrungskorrosion und u.U. zu Tragsicherheitsproblemen führen. Diese Korrosionsart ist insofern gefährlich, da sie vielfach unbemerkt abläuft. Wenn Parkbauten langfristig genutzt werden sollen, bedarf es folglich entsprechender Schutzmaßnahmen um einen weiteren Chlorideintrag ins Bauwerk zu verhindern. Beim Instandsetzungsverfahren W-Cl kann bei bestimmten Randbedingungen auf einen Abtrag des chloridkontaminierten Betons verzichtet werden. Auf die Oberfläche wird eine Beschichtung aufgetragen. Dies kann jedoch dazu führen, dass die Korrosion zumindest während einer bestimmten Zeit weiterverläuft. Der Beitrag zeigt die Risiken auf und thematisiert die Randbedingungen, welche eingehalten werden müssen, damit dieses Verfahren schadenfrei eingesetzt werden kann. 1. Ausgangslage Ungeschützte Betonflächen von bestehenden Parkdecks sind vielfach durch Chloride belastet. Diese wurden durch nasse und/ oder schneebeladene Fahrzeuge eingeschleppt und dringen mit der Zeit immer tiefer in den Beton ein und akkumulieren sich an der Bewehrung. Bei einer Überschreitung eines kritischen Werts der Chloridkonzentration C crit auf Höhe der Bewehrung kann es zu einem Verlust der Passivität kommen und damit eine chloridinduzierte Bewehrungskorrosion auslösen. Diese äußert sich vielfach mit einem punktuellen Querschnittsverlust der Bewehrung in Form von Lochfraß und kann zu einer vollständigen Eisenauflösung und folglich zu erheblichen Tragsicherheitsproblemen führen. Das Perfide an dieser Korrosionsart ist, dass diese vielfach von außen nicht sichtbar ist und das Schadensbild somit mit Zeit unbemerkt zunehmen kann. Im Hinblick auf die Tragwerkserhaltung und Erfüllung einer gewissen Restnutzungsdauer geht es 2. Praxisbeispiel Schadenfall 2.1 Einleitung Nachfolgend soll einleitend anhand einer durchgeführten Instandsetzungsmaßnahme in einer Einstellhalle die aufgeworfene Problematik anhand eines Schadenfalls erläutert werden. 2.2 Ausgangslage Beim Objekt handelt es sich um eine private Einstellhalle in einem mehrgeschossigen Wohnhaus. Das Bauwerk wurde 1989/ 90 erbaut. Im Jahr 2017 wurde der Bodenbelag in der Einstellhalle instandgesetzt. Es handelt sich dabei um eine Bodenplatte mit einer Fläche von rund 300 m 2 und mit Parkplätzen für 13 Fahrzeuge. Art und Umfang des damals vorhandenen Schadensbildes sowie die Entscheidungsgrundlagen für die gewählte Instandsetzungsmaßnahme sind dem Verfasser des vorliegenden Berichts nicht bekannt. In jedem Fall wurden vorgängig keine materialtechnologischen Untersuchungen an der Betonplatte durchgeführt. Aufgrund der zur Verfügung gestellten Unterlagen wurden im Rahmen der damaligen Instandsetzung lokale Betonschäden (Abplatzungen? ) an der Bodenplatte freigelegt und mit einem kunststoffmodifizierten Zementmörtel reprofiliert. Anschließend wurde die Gesamtfläche mittels Kugelstrahlen vorbereitet. Auf den vorbereiteten Untergrund wurde eine 3-komponentige Beschichtung auf ECC-Basis (nominelle Schichtstärke ca. 6 mm) eingebaut und darauf eine 2-komponentige Epoxidharz-Versiegelung appliziert (siehe Abb. 1). Abb. 1: Anschliff Systemauf bau Bodenbeschichtung Die Abbildung entspricht in etwa einem Bildausschnitt von 16 x 11 mm. 2.3 Schadensbild Im Jahr 2022 d. h. rund fünf Jahre nach der durchgeführten Instandsetzung wurden seitens der Eigentümer punktuell rostbraue Verfärbungen auf der Parkfläche festgestellt (siehe Abb. 2). Zusätzlich wurden mittels Abklopfen Hohlstellen auf dem Belag bemerkt. An diesen Stellen wurde der Beton durch den Verarbeiter bis zur Bewehrung freigelegt. Da- 250 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! bei zeigte es sich, dass die Bewehrung punktuell bereits starke Korrosionsschäden in Form von Lochfraß aufwies (siehe Abb. 3). Abb. 2: Schadensbild 2022: punktuelle rostbraune Verfärbungen auf der Parkdeckbeschichtung Abb. 3: Sondageöffnung Bodenplatte mit freigelegter Bewehrung. Die Bewehrung war zum Zeitpunkt der Begehung bereits mit einem Korrosionsanstrich beschichtet. Die Korrosionsstellen sind auf der Abbildung mit einem Kreis markiert. 2.4 Untersuchungen Aufgrund dieser Ausgangslage wurden vertiefte materialtechnologische Untersuchungen in einem akkreditierten Baustofflabor, der Valtest AG, in die Wege geleitet. Diese umfassten: • Chloridgehalt und -verteilung im Beton mittels - nasschemisch - laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) • Bestimmung der Karbonatisierungstiefe am gespaltenen Bohrkern • Feuchteprofile (Darrmessungen 110 °C) Mittels der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIPS) können Chloridverteilungen und -tiefenprofile im Beton mit einer sehr hohen Auflösung unter Ausschluss der Gesteinskörnung flächig dargestellt werden (Element Mapping). Nähere Erläuterungen zu diesem neuartigen Untersuchungsverfahren im Bauwesen sind u. a. in [1] oder unter www.baulips.ch zu finden. Die Begutachtung auf Platz sowie die Laboruntersuchungen lieferten folgende Erkenntnisse: • Die Bewehrung in der Bodenplatte ist trotz der verhältnismäßig großen Bewehrungsüberdeckung (zwischen 35 und 50 mm) und dem vorhandenen Oberflächenschutzsystem sehr stark geschädigt (Lochfraß-Korrosion). • Der Beton der Bodenplatte wies eine relativ starke Durchfeuchtung mit einem Feuchtegradienten gegen die Oberfläche auf. • Die Chloridanalysen zeigten sehr hohe Werte mit relativ großen Eindringtiefen auf (siehe Abb. 4). • Auffallend dabei war zudem, dass auch der im Jahr 2017 eingebaute kunststoffmodifizierte Reprofilierungsmörtel bereits wieder hohe Chloridwerte aufwies (Umverteilung). • Zur Kontrolle inwieweit die Chloride im Bereich der Stützen ev. bis in größere Tiefen (untere Bewehrungslagen) vorgedrungen sind, wurden auch hier entsprechende Analysen durchgeführt. Diese zeigten keine erhöhten Chloridwerte. • Die Abbildung 5 zeigt den Karbonatisierungsverlauf an den entnommenen Bohrkernen. Gut zu erkennen ist dabei, dass der obere Teil der Bodenplatte zwischen 20 und 30 mm tief karbonatisiert ist. Im Rahmen der Instandsetzung wurde wie erwähnt kein eigentlicher Betonabtrag vorgenommen. • In bestimmten Bereichen der Betonplatte hatten sich Schalen gelöst (siehe Abb. 6). Die Freilegung dieser Stellen zeigte korrodierende Bewehrung. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 251 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Abb. 4: Chloridverteilung und Chloridtiefenprofil mittels LIPS an einem gespaltenen Bohrkern aus der Bodenplatte (Messung und Auswertung Valtest AG) Abb. 5: Karbonatisierungsfront in der Betonplatte (Pfeilmarkierungen), der nachträglich aufgebrachte ECC-Mörtel an der Oberfläche ist ebenfalls noch alkalisch (violette Verfärbung) Abb. 6: Schalenbildung im Bereich korrodierender Bewehrung 2.5 Ursachen-Analyse Es kann angenommen werden, dass die hohen Chloridwerte im Beton bereits vor der Instandsetzung 2017 im Beton vorhanden waren. Es wurden damals nur die losen Schadstellen freigelegt und reprofiliert. Aufgrund des Alters der Einstellhalle und der Höhenlage (ca. 1‘300 M. ü. M.) war mit einem Chlorideintrag in die ungeschützte Bodenplatte zu rechnen - wenn auch die Höhe des Gehalts und insbesondere die Verteilung im Tiefenprofil doch auffallend sind. Gemäss Aussagen der Beteiligten wurde damals kein wesentlicher Betonabtrag auf der Bodenplatte vorgenommen. Mit dem Entscheid bei der bestehenden Betonplatte nachträglich eine Beschichtung einzubauen, wurde zwar ein weiterer Chlorideintrag in den Beton verhindert. Die hohe vorhandene Chloridbelastung hat aber zusammen mit dem Feuchteprofil dazu geführt, dass die Bewehrung in der Bodenplatte weiter bzw. gar stärker korrodieren konnte. Eine zusätzliche Karbonatisierung des Betons kann die Chloridbindekapazität reduzieren und den Anteil der ungebundenen d. h. freien Chloridionen noch zusätzlich erhöhen. Freie d. h. nicht gebundene Chloride sind für die Auslösung von Korrosion verantwortlich. Fazit: Bei der Wahl von Instandsetzungsmaßnahmen bei Parkdecks ist grundsätzlich, wie bei allen anderen Bauwerkstypen, eine vorgängige vertiefte Zustandserfassung zwingend erforderlich. Erst dann ist eine darauf abgestützte Instandsetzung erfolgreich plan- und realisierbar. 252 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! 2.6 Instandsetzung der Instandsetzung Um im vorliegenden Fall den Chloridgehalt im Beton auf annehmbare (was auch immer das heißt) Werte zu bekommen, müsste der Beton auf eine Tiefe von rund 30 bis 40 mm unter die Bewehrung abgetragen werden. Somit wären Abtragsraten von insgesamt 80 bis 90 mm erforderlich geworden. Der Abtrag des Betons zwischen und unter der Bewehrung ist dabei nur hydrodynamisch d. h. mittels Wasserhöchstdruck möglich. Anschließend müsste die abgetragene Schicht mit einem Zementmörtel reprofiliert und dann nochmals eine Parkdeckbeschichtung, wie aktuell vorhanden, eingebaut werden. Ein solches Vorgehen wäre aufwändig und mit entsprechend hohen Kosten verbunden. Aus diesem Grund wurde ein mechanischer Fräsabtrag von 30 mm ohne Freilegen der Bewehrung vorgeschlagen. Die gefräste Oberfläche wird danach noch mittels Wasserhochdruck nachbearbeitet. Anschließend wird ein 40 mm starker Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) eingebaut. Dieser ist dicht und weist sehr gute mechanische Eigenschaften auf. Optional kann auf den UHFB noch eine Beschichtung appliziert werden. 3. Instandsetzung mittels dem Prinzip 8.3 (W-Cl) Die chloridinduzierte Bewehrungskorrosion stellt bei Parkhäusern erfahrungsgemäß die wichtigste Schadensursache dar. Angesichts einer solchen Ausgangslage stellt sich dann die Grundsatzfrage, wie man mit einem chloridhaltigen Beton im Hinblick auf eine weitere Nutzung umgehen muss. Inwieweit ein Belassen der Chloride im Beton in Kombination mit einer nachträglichen Beschichtung zu Problemen führen kann, zeigt der vorgängig beschriebene Fall aus der Praxis. Anderseits stellt sich die Frage, ob und in welchen Ausmaß ein Abtrag des chloridkontaminierten Betons denn überhaupt erforderlich ist. Denn diese Maßnahme ist mit relativ großen Kosten und Bauzeitverlängerungen verbunden. Ein möglicher Ansatz mit dem Umgang mit chloridbelasteten Beton stellt die deutsche Instandsetzungsrichtlinie dar [2]. Diese unterscheidet dabei unterschiedliche Ausgangslagen bei welchen unterschiedliche Maßnahmen möglich sind. Im Rahmen des vorliegenden Berichts soll in diesem Zusammenhang auf das Verfahrensprinzip W-Cl eingegangen werden. Dieses entspricht dem Prinzip 8 der EN 1504-9 bzw. dem Prinzip 8.3 der Instandsetzungs-Richtlinie TR-ICH [2]. Dieses Prinzip sieht die Applikation eines Oberflächenschutzsystems (OS-System) auf der Betonoberfläche vor, so dass keine weiteren korrosionsfördernden Stoffe wie Chloride zur Bewehrung vordringen können. Die Beschichtung führt zu einer Erhöhung des elektrischen Widerstands. Die Abbildung 7 zeigt schematisch die Grundidee des Prinzips W-Cl. Als Instandsetzungsmaßnahme kommt allein ein nachträgliches Oberflächenschutzsystem * (OS) in Form einer Beschichtung zum Einsatz. Ein Betonabtrag des chloridverseuchten Betons ist nicht erforderlich. * mit Einschränkungen in [2]: OS 1 (OS A), OS 2 (OS B), OS 4 (OS C), OS 5a oder 5b (OS DI oder OS DII), OS 8, OS 11a (OS F a) oder OS 11b (OS F b), OS 14 Abb. 7: Schematische Darstellung der Bedingungen für das Verfahren 8.3 bei Chlorideinwirkung (Abbildung 13 in [2]) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 253 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Das vorgestellte Prinzip W-Cl birgt folglich gewisse technische Risiken, da der eingeleitete Korrosionsprozess unter der Beschichtung während einer bestimmten Zeitspanne weiter ungehindert verläuft. Es gilt foglich gewisse Randbedingungen einzuhalten. Die Richtlinie TR Instandhaltung setzt der Anwendung dieses Prinzips folgende Grenzen (siehe [2]): • „Bei hohen Chloridgehalten … ist eine ausreichende Austrocknung des Bauteils in der Regel nicht mehr zu erwarten. Daher darf dieses Verfahren bei chloridkontaminiertem Beton nur angewendet werden, wenn nach der Ausführung der Instandsetzungsmaßnahme die Auswirkungen auf den Korrosionsfortschritt der Bewehrung, z. B. durch Einbau geeigneter Sensoren, von einem SKP über die Restnutzungsdauer überwacht wird.“ • Verzicht des Verfahrens ab einem Chloridgehalt von 1.5 M-% bezogen auf den Zementgehalt an der Bewehrung • „Bei Chloridgehalten über 1 M-% bezogen auf den Zementgehalt an der Bewehrung tritt unter Umständen keine ausreichende Austrocknung im Beton ein.“ (siehe hierzu ebenfalls [3]). Der Themenbereich der Anwendung des Prinzips W-Cl bei Instandsetzungsmaßnahmen wird in der Wissenschaft und Fachwelt intensiv bearbeitet (siehe u. a. [6] bis [10]). 4. Kritischer Chloridgehalt Ein offener Punkt bildet beim Prinzip W-Cl die Problematik, dass es keine Grenzwerte für den Chloridgehalt im Altbeton gibt. „Bei zu hohen Chloridgehalten besteht die Gefahr, dass aufgrund der Hygroskopizität der Chloridsalze keine ausreichende Trocknung des Betons erfolgt und die Korrosionsgeschwindigkeiten zu hoch bleiben.“ [2]. Dies erschwert oder verunmöglicht gar die Anwendung dieses Verfahrens auf erdberührten Bodenplatten, da hier immer mit einer entsprechend erhöhten Feuchte zu rechnen ist. Die Angabe bzw. Quantifizierung eines kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts C crit und somit die daraus resultierende Tiefe d c,krit (siehe Abb. 7) ist grundsätzlich nicht möglich. Der Wert des Chloridgehalts auf Höhe der Stahlbewehrung, bei welchem die Depassivierung der Stahloberfläche eintritt und die Eisenauflösung beginnt (Ende der Initiierungsphase) ist kein fixer Grenzwert, sondern bauteilspezifisch unterschiedlich. Er wird durch verschiedene Parameter wie die Zusammensetzung des Betons, der Ausführungsqualität des Bauwerks, der Exposition, den klimatischen Randbedingungen u.w. beeinflusst. In der Schweiz wird gegenwärtig ein Merkblatt SIA 2069 [4] erarbeitet, welche eine Messmethode beschreibt, mit welcher eine bauwerksspezifische Bestimmung des kritischen Chloridgehalts möglich wird. Die Methode wurde an der ETH Zürich unter der Leitung von Prof. Dr. Ueli Angst entwickelt und validiert (siehe [5]). Die Methode basiert im Wesentlichen darauf, Bohrkerne mit jeweils einem (noch nicht korrodierenden) Bewehrungsstab aus dem Bauwerk zu entnehmen, im Labor unter kontrollierten Bedingungen (Chloridexposition) zur Korrosion zu bringen und zum Zeitpunkt der Korrosionsinitiierung den Chloridgehalt im Beton auf Tiefe des Bewehrungsstahls zu bestimmen. Dieser Chloridgehalt entspricht dem C crit dieses Bohrkerns. 5. Anwendungsbeispiel 5.1 Objekt Das Parkhaus P5 befindet sich am Eingang der Tourimusstation Saas Fee in den Walliser Alpen auf einer Meereshöhe von rund 1‘800 m. Es handelt sich um ein zehngeschossiges Bauwerk mit ca. 800 Parkplätzen. Das Parkhaus wurde Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erbaut. Die Decken im Parkhaus wurden in Stahlbeton mit einer kreuzweisen Vorspannung (Stützstreifenvorspannung) gebaut. Die Betonflächen verfügen über kein Oberflächenschutzsystem. Der Beton des Bauwerks wurde damals vor Ort mit einer Ortsbetonanlage hergestellt. Dabei wurde das gebrochenen Felsmaterials des Aushubs verwendet. Die einzelnen Parkdecks wurden jeweils in 3 Etappen hergestellt (siehe Abb. 9). Abb. 8: Die beiden Parkhäuser P3 (Vordergrund) und P5 (Pfeilmarkierung) in Saas Fee 5.2 Zustandsuntersuchung Nach einer Nutzung von über 25 Jahren wurden im Rahmen einer detaillierten Zustandsuntersuchung u. a. folgende Untersuchungen durchgeführt: • Bewehrungsüberdeckungsmessungen • Bestimmung der Karbonatisierungstiefe an Bohrkernen • Potenzialfeldmessungen (siehe Abb. 9) • Ermittlung von Chlorid-Tiefenprofilen • Druckfestigkeitsprüfungen an Bohrkernen • lokale Sondagen zur Überprüfung des Korrosionsgrads der Bewehrung 254 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Abb. 9: Potenzialmessung auf dem Parkdeck U8 Mittels Sondagen konnten an aufgrund der Potenzialmessung festgelegten Stellen vereinzelt Lochfraß-Stellen an der Bewehrung festgestellt werden (siehe Abb. 10). Abb. 10: Sondagestelle mit Lochfraß an der eingebauten Bewehrung Die Chloridanalysen zeigten, wie zu erwarten, durchwegs hohe Werte bis z.T. weit hinter die Bewehrungslagen. Die Abbildung 10 zeigt eine entsprechende LIPS- Auswertung. Trotz dieser Chloridbelastung waren die Korrosionsschäden jedoch nicht so groß. Abb. 11: Beispielauswertung Chloridverteilung (oben) und Chloridtiefenprofil (unten) mittels LIPS In Ergänzung zu den aufgeführten Untersuchungen wurden zudem auf verschiedenen Parkdecks jeweils Bohrkernproben entnommen und an diesen gemäss dem unter Punkt 4. beschriebenen Verfahren der objektspezifische kritische Chloridgehalt C crit bestimmt. In Abbildung 12 ist eine entsprechende Messauswertung an einem Bohrkern aus dem Parkdeck U4 zur Bestimmung des kritischen Chloridgehalts dargestellt. In der nachfolgenden Abbildung 13 ist zusammenfassend die Auswertung aller untersuchten Bohrkerne ersichtlich. Auffallend sind die relativ großen Streuungen zwischen den verschiedenen Parkdecks aber auch auf den einzelnen Parkdecks selbst. So liegt beispielsweise der tiefste kritische Choridgehalt beim Parkdeck U7 bei 0.24 und der höchste bei 1.94 M-% bezogen auf den effektiven Zementgehalt. Diese Unterschiede dürfte vor allem mit der Produktion des Betons vor Ort zusammenhängen und bestätigt auch die markant unterschiedlichen Potenzialmessungen der einzelnen Betonieretappen (siehe Abb. 9). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 255 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Abb. 12: Beispielauswertung Bohrkern UG-4a Der Potenzialabfall (Pfeilmarkierung) dokumentiert den Zeitpunkt der Korrosionsinitiierung. Abb. 13: Zusammenfassende Darstellung der pro Geschoss ermittelten kritischen Chloridgehalte. Mit den ermittelten kritischen Chloridgehalten (siehe Abb. 11) wurde zusammen mit den effektiven Chloridprofilen und den Bewehrungsüberdeckungsmessungen semiprobabilistische Restnutzungsdauerberechnungen durchgeführt. Auf der folgenden Seite ist exemplarisch eine entsprechende Auswertung dargestellt. Bei der Interpretation der Ergebnisse gilt es zu beachten, dass es sich um eine punktuelle Auswertung handelt, welche zusammen mit den anderen Ergebnissen der Zustandsuntersuchung angeschaut werden müssen. Abb. 14: Potenzialmessung Parkdeck U6 Der Pfeil markiert den Bohrkern BK 6.1, bei welchem nachfolgend die Ergebnisse der durchgeführten Restnutzungsdauer-Analyse dokumentiert sind. Abb. 15: Potenzialmessung Parkdeck U6 Ergebnisse der Restnutzungsdauer-Analyse am Bohrkern BK 6.1 ermittelte Restnutzungsdauer 36 Jahre 256 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! 5.3 Machbarkeitsnachweis Prinzip W-Cl Das Parkhaus P5 in Saas Fee muss vor dem Hintergrund einer angestrebten Restnutzungsdauer von 50 Jahren instandgesetzt werden. Hierzu steht eine Parkdeckbeschichtung OS 8 im Vordergrund. Die mögliche Anwendung des Prinzips W-Cl (bzw. Instandsetzungsverfahren 8.3 nach [2]) d. h. die Applikation einer Beschichtung ohne vorgängigen Abtrag des chloridkontaminierten Betons weist im vorliegenden Fall mit den großen Parkflächen über die zahlreichen Geschosse ein enormes Einsparpotenzial auf. Um jedoch vertiefte Grundlagen und Kenndaten für die Umsetzung des vorgesehenen Konzepts zu erhalten, wurde in Rücksprache mit der Bauherrschaft eine Art angewandtes Forschungsprojekt ausgelöst. An ausgewählten Stellen auf insgesamt vier verschiedenen Parkdecks wurde ein umfassendes Korrosionsmonitoring mit insgesamt 27 Multisensoren eingebaut. Zwei Drittel der ausgewählten Stellen wurden mit einem Oberflächenschutzsystem OS 8 beschichtet und bei einem Drittel wurden keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet (siehe Abb. 16). Abb. 16: Konzeptschema der Messstellen des Korrosionsmonitorings mit (gelb) und ohne (grün) Beschichtung OS 8 Mit den Untersuchungen sollen im Wesentlichen folgende Fragestellungen beantwortet werden: • Nachweis der Machbarkeit des Instandsetzungsprinzips W-Cl/ Instandsetzungsverfahren 8.3 • zeitabhängiges Austrocknungsverhalten, Bestimmung des tiefengestaffelten Feuchtegehalts in beschichteten und in nicht-beschichteten Parkdeckflächen • Beschreibung der Chloridumverteilung in Abhängigkeit von der Zeit nach der Applikation der Oberflächenschutzbeschichtung • Beobachtung des Korrosionsfortschritts Ausgangslage: nach der Applikation der Beschichtung laufen bereits initiierte Korrosionsprozesse noch einige Zeit weiter, wann stoppen sie? Die Umsetzung des Korrosionsmonitorings erfolgte mit dem System der Fa. DuraMon. Das entsprechende Verfahren ist u. a. auch in der Präsentation [11] erläutert. Während der Untersuchungsperiode sollen u. a. folgende Parameter messtechnisch erfasst werden: • Klima (Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Oberflächen-/ Bauteiltemperatur) • zeitabhängiges Austrocknungsverhalten: - elektrischer Widerstand - relative Feuchte (Bohrlochfeuchte) • Bestimmung der zeitabhängigen Chloridumverteilung* (tiefengestaffelter Chloridgehalt), Anteil freie zu gebundene Chloridionen • Bestimmung des pH-Werts des Betons und dessen zeitliche Veränderung • Bestimmung der zeitlichen Veränderung des Potenzials des Bewehrungsstahls • Erfassung der Korrosionsaktivität * wird ergänzend mittels LIPS-Analysen vor und nach der Messperiode untersucht Die Abbildung 17 zeigt die eingebauten Multisensoren auf einer Parkdeckebene. Abb. 17: Messstelle mit eingebauten Multisensoren des Korrosionsmonitorings Die Installation der Multisensoren sowie die Applikation der partiellen Beschichtungen bei den Testflächen erfolgte im Herbst 2023. Erste Ergebnisse, welche Hinweise auf das weitere Vorgehen geben, werden nach etwa einem Jahr erwartet. 6. Fazit Die Anwendung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 (W-Cl) ist bei bestehenden Parkdecks eine durchaus denkbare Option. Für einen endgültigen Entscheid braucht es jedoch umfassende materialtechnologische Untersuchungen und eine darauf beruhende Beurteilung. Eine wesentliche Einflussgröße stellt dabei die sich nach der Applikation einstellende Ausgleichsfeuchte dar. Dies kann die angestrebte Erhöhung des elektrischen Widerstands im Beton in Frage stellen. Dies kann dann insbesondere bei erdberührten Bodenplatten vielfach ein Killerkriterium für dieses Instandsetzungsverfahren darstellen. Das im vorliegenden Bericht unter Punkt 2. erläuterte Schadensereignis dokumentiert diesen Sachverhalt eindrücklich. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 257 Prinzip W-Cl bei Parkdecks - geht nicht gibt’s nicht? ! Literatur [1] M. Lierenfeld, N. Metthez, Ph. Truffer, „Wie lange noch? - Semiprobabilistische Dauerhaftigkeitsbemessung bei Parkdecks mit Chlorideinwirkung mittels Einbezugs von LIPS-Untersuchungen“, 9.- Kolloquium Parkbauten 2020, Technische Akademie Esslingen. [2] Deutsches Institut für Bautechnik, „Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR-Instandhaltung) - Teil 1 Anwendungsbereich für Planung der Instandhaltung“, Mai 2020. [3] M. Raupach, „Prinzip W bei Chloridangriff“, Beton 10/ 2017. [4] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, „Merkblatt SIA 2069 - Methode zur Bestimmung des kritischen Chloridgehaltes in Beton“, in Erarbeitung. [5] C. Boschmann Käthler, U. Angst, „Der kritische Chloridgehalt - Bestimmung am Bauwerk und Einfluss auf die Lebensdauer“, Bautechnik 97 (2020), Heft 1. [6] W. Breit et al, „Zum Ansatz eines kritischen Chloridgehaltes bei Stahlbetonbauwerken“, Beton- und Stahlbetonbau 106 (2011), Heft 5. [7] Ch. Gehlen et al, „Instandsetzung von chloridbelasteten Bauteilen durch Applikation einer Beschichtung“, Beton- und Stahlbetonbau 116 (2021), Heft 4. [8] J. Wunderle-Beck et al, „Korrosionsmonitoring zum Wirksamkeitsnachweis des Instandsetzungsverfahrens 8.3 (W-Cl)“, Beton- und Stahlbetonbau 117 (2022), Heft 12. [9] K. Osterminski, „Chloridumverteilung in gerissenen und mit Prinzip 8.3 (W-Cl) instand gesetzten Stahlbe tonbauteilen“, Beton- und Stahlbetonbau 117 (2022), Heft 12. [10] S. Kessler et al, „Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton“, Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 4. [11] Y. Segui Femenias, M. Gschwind und U. Angst, „DuraMon - Korrosionsmonitoring in Stahlbetonbauten für intelligentere, kostengünstigere, sichere und nachhaltigere Erhaltungs- und Instandsetzungslösungen“, 11. Kolloquium Parkbauten 2024, Technische Akademie Esslingen. [12] Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e.V., „Merkblatt B 12: Korrosionsmonitoring bei Stahl- und Spannbetonbauwerken“, April 2018. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 259 Innovationstreiber Maschinentechnik: sprühende Verarbeitung von zweikomponentigem Flüssigkunststoff - wie eine Maschine den Abdichtungsmarkt verändert Niklas Boberg Triflex GmbH & Co. KG, Produktmanagement Parkhaus, Minden Inhalt: Bislang galt das Applizieren von Flüssigkunststoff auf PMMA-Basis als reine Handarbeit. Unabhängig ob Tiefgarage, Zwischendeck, Topdeck oder Spindel müssen Verarbeiter zwei-komponentigen Flüssigkunststoff für die Abdichtungsarbeiten anmischen, vom Mischplatz zur Fläche tragen und diese entsprechend den Regelwerken und Vorgaben manuell applizieren. Bei ein-komponentigen Flüssigkunststoffprodukten ist eine sprühende Verarbeitung mittels einer Airless-Pumpe bereits seit längerer Zeit möglich. Für zwei-komponentige Flüssigkunststoffprodukte war die maschinelle Applikation aufgrund der chemischen Reaktion von Katalysator und dem Basisharz bisher technisch nicht umsetzbar, ohne eine Aushärtung des Materials in den Schläuchen oder Düsen zu vermeiden. Entwicklung einer neuen Maschinentechnik Die bereits auf dem Markt vorhandenen Maschinentechniken konnten den Anforderungen an zwei-komponentige Flüssigkunststoffe nicht gerecht werden. So lag die Herausforderung bei der Entwicklung einer neuen Maschinentechnik zur Sprühapplikation von Polymethylmethacrylaten (PMMA) darin, die Zugabe des Katalysators entsprechend technisch zu integrieren. Einerseits muss die Einhaltung des Mischungsverhältnisses von Basisharz und Katalysator gewährleistet werden, anderseits darf der chemische Prozess der Aushärtung des Materials nicht in den Komponenten der Maschine stattfinden. Die neue Maschinentechnik besteht aus einer mobilen Einheit, welche u. a. eine volumengesteuerte Pumpe enthält. Diese Pumpe fördert sowohl Flüssigkatalysator als auch Basisharz durch verschiedene Schläuche zu einer Mischeinheit, die von dem Verarbeiter auf dem Rücken getragen wird. Erst hier werden das Basisharz und der Flüssigkatalysator vermischt, um das Aushärten des Materials in den Zuleitungen zu vermeiden. Das gemischte Produkt wird anschließend über eine Düse appliziert. So lassen sich sowohl Grundierungen und Beschichtungen als auch Abdichtungen maschinell verarbeiten. Abbildung 1: Triflex SAM Der Vorteil einer volumengesteuerten gegenüber einer druckgesteuerten Pumpe ist, dass unabhängig von der Außentemperatur, der Höhe der Applikationsfläche und dem Basisharz konstant das gleiche Volumen auf die Fläche gesprüht wird. So sind im Bereich der Abdichtungsarbeiten Flächenleistungen von 2,5 m² pro Minute möglich, bei Grundierungsarbeiten sind es 12 m² pro Minute. Vorteile für verarbeitende Unternehmen Die Innovation liegt nicht nur in der technischen Entwicklung der Maschine, sondern ebenso in der Anwendung für die verarbeitenden Unternehmen. So umfassen die Vorteile einer maschinellen gegenüber einer manuellen Applikation für großflächige Abdichtungs- und Beschichtungsarbeiten eine ergonomischere und nachhaltigere Verarbeitung sowie eine gleichbleibende Qualität der Oberflächen bei kontrolliertem Materialverbrauch und geringerem Personaleinsatz. Ergonomische Verarbeitung von zwei-komponentigen Flüssigkunststoff Durch die Sprühapplikation von PMMA über das Mischelement und die Sprühpistole ist es dem Verarbeiter möglich, Abdichtungs- und Beschichtungsarbeiten für große Flächen im Stehen auszuführen. Zusätzlich entfällt das manuelle Mischen und das Tragen der Gebinde vom Mischplatz zu der Stelle, an der sie verarbeitet werden sollen. Die Arbeit der Verarbeiter wird ergonomischer. 260 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Innovationstreiber Maschinentechnik: sprühende Verarbeitung von zweikomponentigem Flüssigkunststoff Abbildung 2: Der Verarbeiter appliziert den Flüssigkunststoff aus einer ergonomischen, aufrechten Haltung. Nachhaltige Verarbeitung der Materialien Das Basisharz wird in einem IBC geliefert und direkt mit der Maschine verbunden. So werden große Materialmengen leichter und nachhaltiger zur Verarbeitung bereitgestellt. Zusätzlich wird gegenüber der Verarbeitung mit Gebinden Restmaterial in den Behältnissen vermieden und Gebindemüll eingespart. Abbildung 3: Ein aufgeräumter Mischplatz. Durch die Nutzung von IBC wird der Gebindemüll auf ein Minimum reduziert. Gleichbleibende Qualität beim Auftragen des Flüssigkunststoffes Das Mischen des Basisharzes mit dem Flüssigkatalysator erfolgt über eine volumengesteuerte Pumpeneinheit. Durch die elektronische Steuerung wird das korrekte Mischungsverhältnis der Komponenten sichergestellt und eine gleichbleibende Qualität gewährleistet. Das fertige Spritzbild ist einheitlich, da konstant das gleiche Volumen gefördert wird. Der Materialverbrauch wird durch einen integrierten Zählerstand durchgehend kontrolliert, wodurch Schichtdicken leichter eingehalten werden können. Personaleinsatz auf Baustellen optimieren Mit der Maschinentechnik werden im Durchschnitt 3 bis 4 Verarbeiter pro Baustelle eingesetzt. Dem gegenübergestellt sind großflächige, manuell ausgeführte Abdichtungs- und Beschichtungsarbeiten pro Baustelle im Durchschnitt mit 6 Verarbeitern geplant, da hier zwei Verarbeiter für das Anrühren und Mischen notwendig sind. Neben dem geringeren Personaleinsatz ist die maschinelle Verarbeitung bis zu viermal schneller als die manuelle. So werden die Bauphasen kürzer und das Personal kann effizienter eingeplant werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 261 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten Dipl.-Ing. (FH) Dietmar Hildebrandt ZINKPOWER Kopf Holding GmbH, Kirchheim unter Teck Zusammenfassung: Eine Feuerverzinkung ist die praxisbewährte und wirtschaftlichste Korrosionsschutzmassnahme bei Parkhäusern in Stahlbauweise. Eine Feuerverzinkung erreicht ohne Wartung und Instandhaltung zumeist eine Schutzdauer von 50 Jahren und mehr. Folge- und Instandhaltungskosten fallen bei einer Feuerverzinkung in der Regel nicht an. Feuerverzinkter Stahl ist äußerst langlebig und nachhaltig , recylingfähig sowie CO 2 sparend und erfüllt die Anforderungen an das zirkuläres Bauen 1. Einleitung Beim Parkhausbau haben sich in den letzten Jahren Stahlkonstruktionen gegenüber Wettbewerbsbaustoffen deutlich durchgesetzt. Dies nicht nur weil Stahl sowohl ein Maximum an Flexibilität und Filigranität bietet sondern auch deutlich nachhaltiger ist Stahl ist leicht, aber sehr fest. Dadurch werden Fundamente leichter, Transport und Montage werden somit vereinfacht. Mit Stahl lassen sich große Spannweiten, bei relativ geringen Gewichten realisieren Der Werkstoff Stahl ermöglicht großen gestalterischen Freiraum bei der Planung von Parkhäusern Stahl erfüllt gleichfalls in idealer Weise die Materialanforderungen, die für das zirkuläre Bauen wichtig sind. Dies wird in einer ständig wachsenden Circular Economy zunehmend an Bedeutung gewinnen. Er ist extrem langlebig, robust und wird bereits heute in vielfältiger Form wiederverwendet. Es sprechen somit viele gute Gründe für den Einsatz von Stahl im Parkhausbau. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Beispielen. Abbildung 1: Parkhaus in feuerverzinkter Stahlbauweise 262 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten Abbildung 2: Parkhaus in feuerverzinkter Stahlbauweise Abbildung 3 und 4: Parkhäuser in feuerverzinkter Stahlbauweise 2. Nachhaltigkeit 11 % des verbrauchten Stahls werden auch heute schon nach Nutzung des Primärprojektes wieder verwendet. Die Recylingquote von Stahl liegt bereits heute schon bei 88 %. Abbildung 5: Recyclingpotential von Stahl Dabei kommt dem heute geforderten Nachhaltigkeitsgedanken im Bauwesen ein besonderes Augenmerk zu Stahl kann wieder und wieder verwendet werden, ohne Qualitätsverlust. Durch die optimierte Verwendung des Rohmaterials, benötigt man weniger Ressourcen und es entsteht weniger Abfall. Feuerverzinkter Stahl kann beliebig oft ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Durch das Abbeizen und Neuverzinken von feuerverzinkten Stahlbauteilen können diese wieder in einen „Neuzustand“ versetzt werden. Verzinkter Stahl kann problemlos mit anderem Stahlschrott bei der Elektro-Stahlerzeugung eingeschmolzen werden. Zink verdampft schon frühzeitig während dieses Prozesses bei ca. 907 °C und wird im EAF-Staub (Electric Arc Furnaces = Elektrostahlstäube) aufgefangen. Das im EAF-Staub enthaltene Zink wird in speziellen Anlagen recycelt und dann zur Herstellung von Primärzink genutzt. Parkhäuser aus Stahl, sind somit nahezu zu einhundert Prozent wiederverwendbar bzw. recycelbar. Die Grundidee des zirkulären Wirtschaftens ist es, Bauteile oder Produkte möglichst lange in einem funktionsfähigen Zustand zu erhalten. Dies kann durch Reparatur bei Defekten, durch Refurbishing, das heißt Überholung und Instandsetzung oder Aufarbeitung (Remanufacturing) geschehen. Sollte aufgrund einer extrem langen Nutzungsdauer oder aufgrund anderer Einflüsse der durch Feuerverzinken hergestellte Zinküberzug keinen ausreichenden Korrosionsschutz mehr bieten, so ist auch das Neuverzinken von feuerverzinkten Stahlbauteilen möglich. Die Stahlbauteile werden in der Verzinkerei entzinkt und danach neu verzinkt. Durch das Neuverzinken wird dem Stahlbauteil erneut eine Korrosionsschutzdauer für 50 Jahre oder mehr ohne jeglichen Qualitätsverlust verliehen. Hierdurch werden in hohem Maße Ressourcen, Energie und CO 2 eingespart. Feuerverzinkter Stahl ist zunächst sehr dauerhaft, wiederverwendbar und recyclingfähig und damit auch ein idealer Werkstoff für die Zirkularität im Bauwesen Dem Erstkorrosionsschutz Feuerverzinkung nach DIN EN ISO 1461 muss dabei ein besonderes Augenmerk zukommen. Abbildung 6: Zirkularität von feuerverzinktem Stahl 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 263 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten 3. Korrosionsbelastungen in Parkhäusern Parkhäuser aus Stahl weisen bezüglich des Korrosionsschutzes einige Besonderheiten auf. Die Stahlkonstruktion ist nicht nur der rein atmosphärischen Korrosionsbeanspruchung am Standort ausgesetzt sondern auch weiteren Zusatzbelastungen ausgesetzt, denen ein leistungsfähiger Korrosionsschutz gerecht werden muss. Die atmosphärischen Korrosionsbeanspruchung am Standort werden durch die so genannten Korrosivitätskategorien nach DIN EN ISO 12944 bzw. auch nach DIN EN ISO 14713 beschrieben. Zu den typischen korrosiven Zusatzbelastungen in Parkhäusern gehören vor allem eine regelmäßige, starke Befeuchtung durch Regen und Schnee, da Fahrzeuge zwangsläufig diese Niederschläge in das Parkhaus mit einschleppen. Regen und Schnee vermischen sich mit an den Fahrzeugen anhaftenden Verschmutzungen wie Ölresten und enthalten im Winter vor allen auch Dingen aggressiv wirkende Tausalze. Korrosivitäts- Kategorie Korrosionsbelastung Korrosionsgeschwindigkeit für Zink* Beispiele C 1 unbedeutend ≤ 0,1 μm/ Jahr Innen: Beheizte Räume, z.B. Büros, Schulen C 2 gering 0,1 bis 0,7 μm/ Jahr Innen: Nicht beheizte Räume, z.B. Lagerräume, Sporthallen Außen: ländliche Bereiche C 3 mäßig 0,7 bis 2,1 μm/ Jahr Innen: Lebensmittelverarbeitung, Brauereien, Wäschereien, Molkereien, Leitungswasserbetriebene Schwimmbäder Außen: städtische Bereiche, Küstenbereiche C 4 stark 2,1 bis 4,2 μm/ Jahr Innen: Schwimmbäder, Industrieanlagen Außen: Stark verunreinigte städtische Bereiche, industrielle Bereiche, Küstenbereiche (ohne Versprühen von Salzwasser), starke Tausalzbelastung C 5 sehr stark 4,2 bis 8,4 μm/ Jahr Innen: z.B. Bergwerke, industriell genutzte Kavernen Außen: industrielle Bereiche, Küstenbereiche (mit Versprühen von Salzwasser). Schutzhütten Abbildung 7: Typische atmosphärische Umgebungen bezogen auf die Korrosivitätskategorien in Anlehnung an DIN EN ISO 14713-1; Tabelle 1. Abbildung 8: Korrosionsabtrag Zink in Deutschland nach Untersuchung des Umweltbundesamtes 264 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten Besonders korrosionsgefährdet sind dabei die Verbindungs- und Übergangsbereiche zwischen der Stahlkonstruktion und den Betondecken, da hier der Kontakt mit dem hochkorrosiven Feuchtigkeitsmix unvermeidbar ist. Wie aggressiv diese Mischung wirkt, zeigen Schadensbilder aus Parkhäusern, an denen wenig leistungsfähige Korrosionsschutzsysteme eingesetzt wurden. Bereits nach wenigen Jahren zeigen sich kostspielige und schwer sanierbare Korrosionsschäden. Abbildung 9: Korrosion an rein organisch beschichteten Parkhausdeckenträger ohne Feuerverzinkung Abbildung 10: Auch nach vielen Jahren der Nutzung korrosionsfreie feuerverzinkter Parkhausdeckenträger Typisch für Parkhäuser ist auch, dass es beim Befahren sowie beim Ein- und Ausparken durch Unachtsamkeiten regelmäßig zu mehr oder weniger starken unerwünschten „Rempeleien“ zwischen den Fahrzeugen und den Stützen der Stahlkonstruktion kommt. Eine hohe mechanische Belastbarkeit des Korrosionsschutzes ist deshalb ebenfalls erforderlich. Korrosion ist daher nicht nur aus statisch-konstruktiven Gründen für den Betreiber eines Parkhauses ein großes Problem. Mit Sanierungen sind nämlich neben unnötigen Kosten, auch Einnahmeausfälle verbunden. Rostige Oberflächen wirken zudem unästhetisch und imageschädigend. An parkenden Fahrzeugen kann abtropfendes Rostwasser außerdem kostspielige Lackschäden verursachen. Dies gilt in besonderem Maße für Parkhäuser in denen Fahrzeuge über längere Zeiträume stehen, beispielsweise Flughafen- oder Firmenparkhäuser. Nur ein leistungsfähiger Korrosionsschutz kann die Folgen derartiger Zusatzbelastungen eindämmen. Feuerverzinkung bietet etwa gegenüber herkömmlichen Beschichtungslösungen wesentliche Vorteile, die sich gerade auch mittelbzw. langfristig für den Parkhausbetreiber auszahlen. Stahlelemente sind selbst an unzugänglichen Stellen der Konstruktion verlässlich geschützt. Auch im Fall von mechanischen Belastungen, wie sie in Parkhäusern gelegentlich vorkommen, „verzeiht“ der verzinkte Stahl viel eher als nur beschichtete Stahlkonstruktionen. Durch die Verwendung geeigneter Schutzsysteme kann Korrosion an Parkhäusern aus Stahl sicher vermieden werden. Praxisbewährt hat sich für den Korrosionsschutz von Parkhäusern aus Stahl das Feuerverzinken sowie das sogenannte Duplex-Systeme, welche eine Kombination aus einer Feuerverzinkung mit einer nachfolgenden Farbbeschichtung darstellen. 4. CO 2 Bilanz Vergleicht man den Korrosionsschutz durch Feuerverzinken mit Beschichtungen unter ökobilanziellen Gesichtspunkten, so ist die Feuerverzinkung klar überlegen. Ein Ökobilanzieller Vergleich der Technischen Universität Berlin belegt eindeutig die Stärken der Feuerverzinkung gegenüber Beschichtungen. So zeigt die Studie das durch Beschichten einer Tonne Stahl im Vergleich zum Feuerverzinken beispielsweise 3 Mal mehr Ressourcen verbraucht werden, 2,6 Mal mehr CO 2 erzeugt wird sowie ein 5,5 Mal höherer Beitrag zur Eutrophierung, d.h. zur Überdüngung von Gewässern entsteht. Die Bedeutung des Öko-Vergleiches der TU Berlin wird an folgendem Parkhausbeispiel noch deutlicher. Eine Feuerverzinkung spart im Vergleich zu Beschichtungen bis zu 114 kg CO 2 pro Tonne Stahl ein. Wendet man diese Zahl auf ein reales Bauwerk an, dann kommt folgendes dabei heraus: An einem typischen Parkhaus, an dem rund 500 t Stahl verwendet werden, ergibt sich durch die Anwendung der Feuerverzinkung eine Ersparnis von 57 Tonnen CO 2 im Vergleich zu Farbbeschichtungen. Dies entspricht den CO 2 Emissionen von 20.000 Litern Kraftstoff. Das von der ZINKPOWER - Gruppe verwendete Zink wird durch CO 2 arme Produktionsschritte hergestellt und spart zusätzlich noch etwa 75 % gegenüber des herkömmlich produzierten Zink ein. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 265 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten 5. Optimaler Langzeitkorrosionsschutz durch Feuerverzinkung Die im Tauchverfahren hergestellte Feuerverzinkung bietet handfeste Vorteile: Abbildung 11: Verfahrensablauf beim Feuerverzinken Beim Feuerverzinken wird Stahl nach entsprechender Vorbehandlung in eine ca. 450 °C heiße Zinkschmelze getaucht. Dabei reagieren Zink und Stahl miteinander, wodurch sich an der Stahloberfläche eine Eisen-Zink- Legierung bildet. Diese unauflösbare Verbindung von Zink und Stahl bewirkt einen Schutz, der sich von allen anderen Verfahren deutlich unterscheidet. Feuerverzinkte Oberflächen sind nicht nur gegen Wind und Wetter, sondern auch optimal vor mechanischen Belastungen geschützt für Jahrzehnte. Unter normalen Bedingungen sind verzinkte Stahlteile bis zu 50 Jahre vor Korrosion geschützt und selbst bei höherer Belastung beträgt die Schutzdauer in der Regel mehr als 25 Jahre. Hierzu gehören Langzeitschutzohne Wartungszwang für viele Jahrzehnte sowie perfekter Rundum-Schutz selbst an unzugänglichen Stellen. Hohlprofile sind sogar innen gegen Korrosion geschützt. Weitere Stärken der Feuerverzinkung sind hohe Abtrieb- und Schlagfestigkeit, selbst bei starker mechanischer Beanspruchung und Beständigkeit gegen chemische Einflüsse. Durch den ressourcenschonenden Einsatz von Material und Energie ist der langlebige Korrosionsschutz durch Feuerverzinken besonders wirtschaftlich und nachhaltig. Neben der Nachhaltigkeit des Produktes ist auch die Nachhaltigkeit des Herstellungsverfahrens wichtig. Moderne Feuerverzinkereien arbeiten kreislaufwirtschaftlich im Sinne der Circular Economy. Technologien zum Reduzieren, Reinigen, Recyceln und Rückführen von Abluft, Abwasser, Abfällen und Abwärme sind ein Standard. Zink als Hauptverbrauchsmaterial beim Verzinken wird sehr effizient verwendet. Wenn es nicht als Überzug auf dem Stahl haften bleibt, gelangt es in das Zinkbad zurück. Zinkasche und Hartzink als Nebenprodukte beim Verzinken, werden recycelt. Verzinkereien arbeiten abwasserfrei. Produkte der Vorbehandlung wie Säure und Flußmittel werden entweder recycelt oder wieder auf bereitet. Für feuerverzinkten Stahl besteht eine Umweltproduktdeklaration EPD die vom Institut für Bauen und Umwelt erstellt wurde und beispielsweise auch als Nachweis für die Nachhaltigkeit dieses Baustoffes bei Planungen nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen DGNB verwendet werden kann. Abbildung 12: Umweltproduktdeklaration EPD für feuerverzinkten Stahl 266 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten Bei zu erwartenden extrem hohen korrosiven Belastungen oder für den Fall, dass eine farbliche Gestaltung gewünscht wird, empfiehlt sich ein Duplex-System, das eine Feuerverzinkung mit einer Farbbeschichtung kombiniert. Die Schutzdauer eines Duplex-Systems ist deutlich länger als die Summe der jeweiligen Einzelschutzdauer aus Verzinkung und Beschichtung. Der Verlängerungsfaktor liegt je nach System zwischen 1,2 und 2,5. Neben der DIN EN ISO 1461 mit den Anforderungen an den Zinküberzug ist noch die DASt Richtlinie 022 für das Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen bei Parkhausplanungen in Stahl zu berücksichtigen. Für die Duplex-geschützte Stahlkonstruktion gelten bezüglich des Korrosionsschutzes die Vorgaben der DIN EN ISO 12944 6. Feuerverzinkter Bewehrungsstahl für Fahrbahnen und Stellplatzflächen Nicht nur die Stahlkonstruktion eines Parkhauses ist hohen korrosiven Belastungen ausgesetzt. Auch der Bewehrungsstahl der Fahrbahn und der Stellplatzflächen wird durch Tausalzeinflüsse korrosiv hoch belastet. Feuerverzinkte Betonstähle verbessern die Dauerhaftigkeit von Chlorid belasteten Konstruktionen und Bauteilen. Parkbauten gehören gemäß Eurocode 2 (EN 1992) in die Expositionsklasse XD3 (s. Tabelle in Abbildung 12). Die Verwendung von feuerverzinktem Bewehrungsstahl kann im Parkhausbau deutlich längere Standzeiten der mit Chlorid belasteten Betonflächen gewährleisteten. Feuerverzinkter Bewehrungsstahl ist ein geregeltes Bauprodukt und wird bei der Herstellung fremdüberwacht. Im Zulassungsbescheid des DIBT -Nr.: Z-1.4-165Z ist der feuerverzinkte Bewehrungsstahl bauaufsichtlich geregelt und darf nur in dafür zertifizierten Feuerverzinkungsbetrieben hergestellt werden. Abbildung 14 und 15: Feuerverzinkt: die Stahlkonstruktion und die Bewehrung der Fahrbahn eines im Bau befindlichen Parkhauses Tabelle 1: Expositionsklasse XC nach Eurocode 2 (EN 1992) Expositionsklasse Umgebungsbedingung Beispiele für die Zuordnung (informativ) nach nationalem Anhang DIN EN 1992-1-1/ NA [2011-01] XC: Bewehrungskorrosion, ausgelöst durch Carbonatisierung XC1 Trocken oder ständig nass Bauteile in Innenräumen mit üblicher Luftfeuchte (Küche, Bad in Wohngebäuden o.ä.) XC2 Nass, selten trocken Teile von Wasserbehältern, Gründungsbauteile XC3 Mäßige Feuchte Bauteile mit häufigem o. ständigem Kontakt zur Außenluft (offene Hallen), Innenräume mit hoher Luftfeuchtigkeit, Feuchträume von Hallenbädern und Viehställen XC4 Wechselnd nass und trocken Außenbauteile mit direkter Beregnung, Bauteile in Wasserwechselzonen Abbildung 13: Expositionsklassen XD und XS nach Eurocode 2 (EN 1992) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 267 Wirtschaftlicher und nachhaltiger Korrosionsschutz an Parkbauten In zunehmenden Maße werden auch nicht nur die Stahltragkonstruktionen feuerverzinkt, sondern legt man großen Wert auch auf die Fassadengestaltung von Parkhausbauten. Auch hier ist die Verwendung feuerverzinkter Fassadenbekleidungen ein Trend. Abbildung 16: feuerverzinkte Fassadenelemente an Parkhäusern 7. Brandschutz Üblicherweise bestehen hierzulande gemäß der Garagenverordnung für offene Parkhäuser bis max. 22 Meter über Geländeoberkante keine Brandschutzanforderungen an die tragendenden und aussteifenden Stahlbauteile. Brandschutzanforderungen an eine Parkhauskonstruktion aus Stahl können jedoch in Sonderfällen oder auch in anderen europäischen Ländern gestellt werden . Hierzu gibt es nun aktuell die Möglichkeit den Brandschutz der Stahlkonstruktionen über die Feuerverzinkung nach DIN EN ISO 1461 nachzuweisen. Abbildung 17: Feuerverzinkung als Möglichkeit des Brandschutzes Dies geht auf eine Forschungsarbeit der TU München zurück deren Anlass ein Brand in einem Parkhaus bestehend aus 2 Bauabschnitten , zum einen organisch beschichtet und zum anderen feuerverzinkt war . Es zeigte sich das nach dem Brand die feuerverzinkten Träger ein wesentlich besseres Tragverhalten aufwiesen. Die Verbesserung des Feuerwiderstands basiert auf einer verringerten Emissivität von feuerverzinkten Stählen. Die Emissivität ist ein Maß dafür, wie stark ein Material Wärmestrahlung mit seiner Umgebung austauscht. Gerade in der Anfangsphase eines Brandes führen verringerte Werte der Emissivität zu einer deutlich verzögerten Erwärmung der Bauteile und können insbesondere bei Bauteilen mit einer ausreichenden Massivität wesentlich dazu beitragen, einen geforderten Feuerwiderstand von R30 zu erreichen. Der feuerverzinkte Stahlbau erwärmt sich etwas langsamer. Grund hierfür ist die helle Zinkoberfläche, welche die im Brandfalle auftretende Wärmestrahlung reflektiert. Voraussetzung für die helle Zinkoberfläche sind Stähle mit einer Zusammensetzung der Kategorie A und B nach DIN EN ISO14713- 2 bzw. DIN EN 10025 Bei Stahlbauprofilen kann nun durch eine Heißbemessung nach Eurocode3 die Brandschutzanforderung R 30 rechnerisch nachgewiesen werden, wobei der Profilfaktor U/ A auch einen wichtiger Einflussparameter bei der Berechnung darstellt. Für den neuartigen rechnerischen Nachweis, der nun aktuell in 5 Bundesländern nach einer Musterverwaltungsvorschrift des Deutschen Instituts für Bautechnik in Berlin - DIBT - vom April 2023 in die Landesbauordnung übernommen, wurde ist auch keine Zustimmung im Einzelfalle mehr erforderlich. Quellen: Bildquelle Abbildungen 1-17 Institut Feuerverzinken GmbH Düsseldorf 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 269 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen Heiner Stahl Koch Carbon Consult GmbH Zusammenfassung Nachfolgend wird beschrieben, welche Herausforderungen im Hinblick auf den Korrosionsschutz bei Parkbauten bestehen. Es wird verdeutlicht, dass eine dauerhafte Lösung bereits mit der richtigen Konstruktion beginnt und nicht allein durch Verzinkung oder Beschichtung erreicht werden kann. Als Fazit bleibt festzustellen, dass Stahlverbund-Parkhäuser eine optimiere und wirtschaftliche Bauweise darstellen. Durch vorbeugende Maßnahmen wie Monitoring und präventiven KKS kann die Dauerhaftigkeit erhöht werden und der Instandsetzungsbedarf vermieden oder zumindest frühzeitig erkannt werden. 1. Einführung Wo Stahl verbaut wird, kommt es früher oder später zu Korrosion. Diese traurige Erkenntnis muss man akzeptieren. Laut Innovationsreport [1] beträgt in Deutschland der Schaden durch Korrosion etwa 3-4 % des Bruttoinlandsproduktes und damit eine Größenordnung von 110 bis 140 Milliarden Euro pro Jahr. Berechnungen des Deutschen Lackinstitut zur Folge „verschwinden“ in Deutschland täglich 16 Tonnen Stahl durch Korrosion [2]. Weiterhin schätzt man dort das Einsparpotenzial durch bessere Korrosions-Schutzmaßnahmen auf 25 bis 30 % des Gesamtschaden. Dieser Wert ist etwa doppelt so hoch wie die gesamte Leistung der Maler- und Lackierer-Branche in Deutschland. Bild 1: Volumenvergrößerung durch die Bildung von Blattrost An diesem Betrag ist zu erkennen, dass es sich lohnt in guten und nachhaltigen Korrosionsschutz zu investieren. Dies betrifft bereits die Konstruktion an Reißbrett bzw. im CAD-Programm, den industriell hergestellten Erstschutz und auch die Auswahl geeigneter Materialien und Materialkombinationen. Wenn Korrosion erkennbar ist, hat der Substanzabbau bereits begonnen. 2. Korrosionsursachen 2.1 Arten von Korrosion Es gibt viele mögliche Ursachen, warum es zu Korrosionserscheinungen kommt. Grundsätzlich ist das „Rosten“ ein elektrochemischer Vorgang für welchen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Unterbindet man mindestens eine schadenauslösende Komponente, kann man die Entstehung von Korrosion stoppen oder zumindest so lange verzögern, wie die Barriere funktioniert. Die einfachste und bekannteste Form von Korrosion ist das Rosten von niedrig legiertem Stahl durch die Reaktion mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft in Verbindung mit Feuchtigkeit. Dieser Vorgang startet bei, in Deutschland üblicher Luftfeuchtigkeit und würde nur bei sehr trockener Luft nicht beginnen. Eine weitere häufig zu findende Ursache ist die elektrisch leitfähige Verbindung zwischen verschieden edlen Metallen. Bei der Verbindung von Zink und Stahl will man sich diesen Effekt zu Nutze machen indem sich die Zinkschicht „opfert“ um das Substrat, den Stahl, vor Korrosion zu schützen. Verbindet man hingegen hochlegierten Stahl (z. B. ein Geländer aus Edelstahl) mit einer normalen Baustahlkonstruktion, so wird es ohne weitere Schutzmaßnahmen zu Korrosion an der Konstruktion kommen. Bild 2: Beispiel für Bimetall-Korrosion 270 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen Dieser Effekt nimmt an Korrosionsgeschwindigkeit zu, je ungünstiger das Größenverhältnis zwischen edlem und unedlerem Metall ist (Bi-Metall-Korrosion). Ein weiterer Auslöser von Korrosion ist im Bereich der Parkhaus- und Tiefgaragen-Instandsetzung weithin bekannt. Chloride de-passivieren einbetonierte Bewehrung und führen zu Lochfraß auch in nicht carbonatisiertem Beton. Eine ähnliche Wirkung kann tausalzhaltiges Wasser auch bei Stahlkonstruktionen entfalten, wenn diese nicht ausreichend gut gegen solche Einflüsse geschützt sind. Dabei sollte bedacht werden, dass Zink nur eine sehr eingeschränkte Beständigkeit gegen Salzangriffe aufweist. Es gibt weitere Ursachen für Korrosionserscheinungen, die jedoch bei üblichen Parkhauskonstruktionen keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Hingegen findet man an Einbauteilen wie z. B. Brandschutztüren nahezu immer Korrosion im Fußbereich. Solche Türen haben eine bauaufsichtliche Zulassung, in der auch der entsprechende Korrosionsschutz geregelt ist. Dieser Standard ist in der Regel jedoch nicht „Parkhaustauglich“. Hier sollte auf mögliche Außen-Qualität geachtet werden. 2.2 Auf die Konstruktion kommt es an Moderne Parkhäuser die als Stahlverbund-konstruktionen errichtet werden, haben große Vorteile in der Flexibilität der Konstruktion und in der wirtschaftlichen Montage sowie bei der Gestaltung der Parkflächen, um nur einige Vorteile zu nennen. Auch bei Brücken kombiniert man immer häufiger die Vorteile einer Konstruktion aus Stahlbauteilen mit Baukörpern aus Beton. Im Detail kommt es jedoch darauf an, dauerhafte Lösungen zu konstruieren und auch im Bau umzusetzen. Konstruktionen, wo sich Feuchtigkeit sammeln kann, z. B. wegen fehlendem oder zu geringem Gefälle sind ebenso gefährdet wie Bereiche, in denen sich Fugen oder Spalte bilden können. Dies kann z. B. Im Bereich von Dopplungen oder an Knotenblechen geschehen. Bild 3: Knotenverbindung, geschraubte Kopfplatten ergeben Dopplungen. Ein nachträglicher Korrosionsschutz ist nur sehr schwer applizierbar Weiterhin sind schwer zugängliche Bereich unbedingt zu vermeiden. Bild 4: Beispiel für zu engen Bauteilabstand, strahlen und gleichmäßig Beschichten der Innenseiten ist nicht möglich Bereiche, in denen mit Bewegung zu rechnen ist, sollten entsprechend als Fugenlösung ausgebildet werden, sodass auch die entsprechenden Bewegungen aufgenommen werden kann. Durch undichte Fugen tritt Feuchtigkeit in den Baukörper ein und führt zu Korrosion der Bewehrung und der Stahlkonstruktion. Bild 5: nicht ausreichend dimensionierte Bauteilübergang und daraus resultierende Korrosion im Übergangsbereich Ist mit Rissbildung zu rechnen, sollten diese Zonen entsprechend armiert werden oder es sind entsprechende rissüberbrückende Maßnahmen vorzusehen. Für diese planmäßigen „kritischen Punkte“ gibt es entsprechende konstruktive Lösungen der Systemanbieter. Es ist wichtig, dass diese bei der Errichtung ordnungsgemäß umgesetzt werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 271 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen Bild 6: Der Rissverlauf ist an dem Erscheinungsbild der Korrosionsspuren klar erkennbar Bild 7: Beispiel für ein nicht durchgeschweißtes Fußblech führt zu Korrosion und Feuchtigkeitsdurchtritt in der Ansetzfuge Im Bereich von Materialübergängen muss die entsprechende Abdichtung sichergestellt sein, z. B. von einer betonierten Fläche zu einem, als Entwässerungsrinne vorgesehenen U-Profil. Es muss bereits planerisch berücksichtig sein, dass innerhalb dieser U-Profil-Rinne eine höhere Korrosionsbelastung herrscht als an der frei bewitterten Konstruktion, die nicht wasserführend ist. Geeignete Beschichtungs-systeme werden in der DIN EN ISO 12944 Teil 5 definiert [4] Bild 8: U-Profil als Entwässerungsrinne mit entsprechender Beschichtung Bei der Verwendung von Additiv-Decken sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass kein (tausalzbelastetes) Wasser in den Baukörper eindringt. Wo und wie sich diese Feuchtigkeit auf der Oberseite der Rippenbleche verteilt bzw. ansammelt ist von außen nicht kontrollierbar. Diese Bleche haben eine Stärke zwischen 1,00 und 1,5 mm. Wenn sich an der Luftseite dieser Bleche Korrosionserscheinungen zeigen ist es für den Erhalt dieser Bereiche in der Regel bereits zu spät. Bild 9: Korrosionserscheinungen an der Blechunterseite: 272 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen Bild 10: Korrosion nach Ausbau des Blechs Sollte es bei einer Mehrfelddecke über einem Unterzug zur Rissbildung kommen und Feuchtigkeit eindringen, die im Bereich der Kopf bolzen Korrosion auslöst, so sind auch diese Bereiche nur mit sehr großem Aufwand zu reparieren. Bild 11: Freigelegte Obergurte von Deckenträgern Ganz generell sollte bei der Konstruktion des Stahltragwerkes darauf geachtet werden, dass sich keine Staumöglichkeiten für Wasser bilden. Die Erfahrung zeigt, dass Ausklinkungen in Eckbereichen oft nicht als Ablauf ausreichen, weil solche Öffnungen häufig durch Laub und Schmutz verstopft sind. Bild 12: Beispiel für eine ungünstige Konstruktion 3. Korrosionsschutz 3.1 Übersicht möglicher Systeme Bei der Kombination von Stahl und Beton im Parkhausbau kommen meist mehrere Korrosions-schutzsysteme zum Einsatz. Die Bleche von Additivdecken haben üblicherweise eine Bandverzinke und beschichtete Oberfläche. [5] Dabei liegt die Dicke der Zinkschicht zwischen 5 und 25 µm. [6] Die Dicke des Beschichtungsfilms liegt bei etwa 50-µm und ist damit dünner als eine Autolackierung. Die eigentliche Tragkonstruktion erhält ihren Korrosionsschutz entweder durch eine Feuerverzinkung nach DIN 1461 [7] oder durch eine Beschichtung mittels flüssiger Korrosionsschutzbeschichtung nach DIN EN ISO 12944-5 [4]. Es gibt auch die Möglichkeit der Duplex- Beschichtung, bei diesem Verfahren werden die Bauteile nach der Stückverzinkung zusätzlich beschichtet. So werden die technischen Vorteile beider Systeme kombiniert und die zu erwartende Schutzdauer liegt über der Summe der Schutzdauern der einzelnen Systeme. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der farblichen Gestaltung. Duplexbeschichtungen werden seit Jahrzehnten bei Freileitungsmasten in unserem Stromverteilnetz angewendet. Die Beschichtung durch Pulverlackierungen spielt aktuell keine wesentliche Rolle im Bereich des Parkhausbaues. Stahlflächen, die im direkten Kontakt mit Beton sind, haben durch die hohe Alkalität des Betons eine Passivierung. Um diese dauerhaft zu erhalten, sollte sichergestellt sein, dass keine Chloride in Form von Tausalzen in den Baukörper eindringen können. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 273 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen 3.2 Bewertung der Systeme Im Winter befahren erwärmte Fahrzeuge in die Parkhäuser, diese transportieren Feuchtigkeit in Form von anhaftendem Wasser und Schneematsch in das Gebäude. Bedingt durch die wesentlich geringere Temperatur des Baukörpers ist bei solchen Wetterlagen mit einer Tauwasserbeanspruchung zu rechnen, diese stellt eine sehr hohe Korrosionsbelastung dar. Zudem wird dann chloridhaltiges Wasser über das Entwässerungssystem abgeleitet. Die Belastung ist gemäß DIN EN ISO 12944 - 2 [8] in die Kategorie C4 bis C5 einzuordnen, für die Wasserführenden Bereiche ist sogar eine IM-Kategorie anzuwenden. Die Feuer-Verzinkung der Stahlkonstruktion ist eine gängige Bauweise. Nach Verzinkungsnorm [7] beträgt die Mindest-Zinkschichtdicke 85 µm, in der Regel baut sich durch die Eintauchzeit sogar eine Dicke von über 100 µm auf. Bei einem zu erwartenden Zinkabtrag von 1-4 µm pro Jahr ergibt sich so eine zu erwartende Schutzdauer von 20 bis 100 Jahren. [9] zumindest an den nicht direkt wasserführenden Flächen. Tabelle 1: Auszug aus der Stahlbau Arbeitshilfe 1.4 Korrosionsschutz - Feuerverzinkung [9] Korrosivitätskategorie Dickenverlust von Zink [μm) C 1 unbed. ≥ 0,1 C 2 gering > 0,1-0,7 C 3 mäßig > 0,7-2,1 C 4 stark > 2,1-4,2 C 5 sehr stark I > 4,2-8,4 C 5 sehr stark M > 4,2-8,4 Dickenverlust von Zink in Abhängigkeit von der Korrosionsbelastung nach DIN EN ISO 12944-2 Das diese Annahmen in der Realität eher dem Maximum entspricht ist daran zu erkennen, dass in der Praxis bei solchen Konstruktionen bereits nach weniger als 20 Jahren an neuralgischen Punkten „Rotrost“ zu erkennen ist, also keine Zink-Korrosionsprodukte, sondern Korrosion an den Stahl selbst. Dies ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die Schutzdauer der Zinkschicht überschritten wird. Aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sollte bedacht werden, dass auf einer Oberfläche von 1.000 m² also etwa 50-60 to Stahlbau ein Abbau von 4 µm Zink bedeutet, dass etwa 28 kg Zink in die Umgebung bzw. in das abfließende Wasser abgegeben werden. Hat sich erst einmal Rost auf dem Stahl gebildet, ist ab diesem Zeitpunkt die Erneuerung des Korrosions-schutzes wesentlich aufwändiger und teuer. Bevor sich Stahl- Korrosion bildet, kann auch eine alte, Zinkoberfläche mit einfachen Mitteln gereinigt und mit einer geeigneten Beschichtung überarbeitet werden. Entsprechende Systeme sind in DIN EN ISO 12944-5 [4] definiert. Ist keine Zinkschicht mehr vorhanden sieht die Norm vor, dass das Substrat im Normreinheitsgrad Sa 2 ½ (DIN EN ISO 12944-4 [10] zu strahlen ist und dann ein neues Beschichtungssystem aufgebaut werden kann. Das Auftragen einer Korrosionsschutz-beschichtung auf einer handentrosteten Fläche stellt keinen normgerechten Korrosionsschutz dar und sollte lediglich als temporäre Maßnahme bewertet werden. Beim Erstschutz einer Konstruktion mit einer Beschichtung nach DIN EN ISO 12944 - 5 [4] geht die Norm von einer zu erwartenden Schutzdauer von mehr als 25 Jahren aus. Dabei kann der wesentliche Teil der Beschichtung auch in einer geeigneten Strahl- und Beschichtungsanlage stationär, wirtschaftlich und nachhaltig ausgeführt werden. Nach der Montage sind lediglich Transport- und Montageschäden auszubessern. Bei hohen optischen Ansprüchen sollte die letzte Deckbeschichtung nach der Montage erfolgen. Alle vorrangehenden Beschichtungen können im Werk ausgeführt werden. Möchte man möglichst für die zu erwartende Nutzungszeit des Parkhauses keine Korrosionsschutzmaßnahmen an der Konstruktion durchführen, ist die schon erwähnte Kombination aus Feuerverzinkung und Beschichtung (Duplex-System) die beste Wahl. Sofern das Parkhaus mit Additiv-Decken und entsprechenden Blechen errichtet wurde, muss auch der dauerhafte Korrosionsschutz dieser dünnwandigen Bleche sichergestellt sein. Hierbei müssen die beiden Blechseiten getrennt betrachtet werden. Wie unter 2.2 ausgeführt, haben die Bleche eine Dicke von 1 bis 1, 5 und eine Kombination aus Bandverzinkung und Beschichtung welches zusammen weniger als 100 µm Schichtdicke ergibt. Es ist daher zu befürchten das dieser Schutz nach dem Einbau der Bewehrung und der Betonage deutliche Beschädigungen aufweist. Da diese Flächen jedoch durch den hochalkalischen Beton passiviert sind, können solche Beschädigungen toleriert werden. Kritisch wird diese Situation erst dann, wenn chloridhaltige Feuchtigkeit in den Baukörper eindringt und sich an der Oberseite der Bleche ansammelt. In solchen Fällen führt dies zur sofortigen Korrosion der ungeschützten Blechoberseite (Rochfraß). Dies ist erst dann zu erkennen, wenn an der Blechunterseite Korrosion sichtbar wird. Ist dies der Fall, ist eine Reparatur nach heutigem Stand nur sehr aufwändig möglich. Diese Bleche sind zu dünn, um Ersatz auf- oder anzuschweißen. Ein Austausch der Bleche funktioniert nur, indem der Auf boten entfernt wird und neue Bleche und neue Knaggen eingebaut werden. Dazu bedarf es weitere stahlbaulicher Maßnahmen. Durch die, über den Blechen liegende Bewehrung ist es nicht möglich deren Korrosionswahrscheinlichkeit mittels Potenzialfeldmessung zu ermitteln. Um eine geeignete Messmethode zu entwickeln, führt die TU München Untersuchungen durch. Hier wird auch an möglichen Instandsetzungsvarianten geforscht. Nach bisherigen Erfahrungen führte Schäden, die von der Betonseite her rühren zu Handlungsbedarf, bevor die Luftseite das Ende der Schutzdauer erreicht hat. Somit bewähren sich diese Bleche an Parkhausdecken genau so wie im Fassadenbau. 274 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsschutz von Stahlkonstruktionen/ Stahlbauteilen 4. Fazit Für den dauerhaften Korrosionsschutz an Parkhaus- Bauten in Stahl-Verbundbauweise ist es nicht nur wichtig einen hochwertigen Korrosionsschutz auszuwählen und ein qualifiziertes Unternehmen zu beauftragen. Vielmehr ist es wichtig, bereits bei der Konstruktion geeignete Maßnahmen zu planen und ordnungsgemäß auszuführen, um eine dauerhafte Lösung sicherzustellen. Diese Bauweise ist durch die wiederholte Anwendung immer weiter optimiert worden und damit in einzelnen Bereichen auch an die bautechnischen Grenzen gelangt. Somit erhöhen vorbeugende Maßnahmen wie Monitoring und präventives KKS die Dauerhaftigkeit und Standsicherheit des gesamten Gebäudes und helfen, sehr aufwändige und teure Instandsetzungen zu vermeiden. Muss der Korrosionsschutz an tragenden Bauteilen erneuert werden sind hierzu in der Regel auch Betonierarbeiten erforderlich. Dies sollte bei der Auswahl der Bieter für Instandsetzungsmaßnahmen Berücksichtigung finden. Literatur [1] Weit mehr als „Rost“: Korrosion geht alle an - Innovations Report (innovations-report.de) [2] Deutsches Lackinstitut - Korrosionsschutz - Werterhaltung im großen Stil (lacke-und-farben.de). [3] 73397_01-4_Korrosionsschutz.qxp bauforumstahl. de) [4] DIN EN ISO 12944 Beschichtungsstoffe - Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme - Teil 5: Beschichtungssysteme [5] Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung Nr. Z-26.1-44. [6] Bandverzinken (kontinuierliches Verzinken) | Initiative ZINK [7] DIN EN ISO 1461 Durch Feuerverzinken auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge (Stückverzinken) - Anforderungen und Prüfung. [8] DIN EN ISO 12944-2 Beschichtungsstoffe - Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme - Teil 2: Einteilung der Umgebungsbedingungen [9] 73397_01-4_Korrosionsschutz.qxp (bauforumstahl.de) [10] DIN EN ISO 12944-4 Beschichtungsstoffe - Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme - Teil 4: Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung BIM/ Digitalisierung 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 277 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt Daniel Menges, B. Eng KIWA GmbH, Gersthofen Dipl.-Ing. Sabine Reim m2ing GmbH, München Prof. Dr.-Ing. Andrei Walther KIWA GmbH, Gersthofen Dipl.-Ing. (FH) Birga Ziegler M. Sc. m2ing GmbH, München Zusammenfassung Parkplätze sind Teil der Infrastruktur in Deutschland und allgegenwärtig. Schätzungen gehen von mehreren Millionen Parkplätzen in Deutschland aus. Viele dieser Parkbauten existieren bereits seit den 1950er Jahren und erfordern ein umso sorgfältigeres Instandhaltungsmanagement, zur Gewährleistung der Sicherheit und Langlebigkeit der Bauwerke. Die regelmäßige Inspektion, Wartung und Instandhaltung haben dabei positive Auswirkungen sowohl auf die CO2-Bilanzierung als auch auf die Verlängerung der Nutzungsdauer. Die Verwendung digitaler Technologien bei Inspektionen und Bauwerksuntersuchungen birgt ein enormes Potenzial für ein effizientes und einheitliches Instandhaltungsmanagement ohne aufwändige Nachdigitalisierung von vor Ort auf Papier erstellten Inspektionsprotokollen. Die Grundlage für eine standardisierte Vorgehensweise für Tiefgaragenbegehungen unterstützt durch ein digitales Tool, bilden die Empfehlungen des DBV-Merkblatts „Parkhäuser und Tiefgaragen-Januar 2022“ des deutschen Beton- und Bautechnik Verein, kurz DBV. Darüber hinaus wurde die gewählte Softwarelösung auch für Bauwerksuntersuchungen angepasst, so dass Untersuchungsstellen erfasst und Laborergebnisse automatisch integriert werden können. Zukünftig wird das Instandhaltungsmanagement der Software durch digitale Zwillinge und KI zur Schadensklassifizierung ergänzt. 1. Einführung Parkplätze sind in Deutschland allgegenwärtig. Ob in der Innenstadt oder am Stadtrand, ob beim Einkaufen oder bei der Arbeit - ohne ausreichende Parkmöglichkeiten würde der Alltag vieler Menschen deutlich erschwert. Doch wie viele Parkplätze gibt es eigentlich in Deutschland und wer betreibt sie? Eine genaue Zahl lässt sich nicht nennen, da es keine zentrale Erfassung gibt. Schätzungen gehen jedoch von mehreren Millionen Stellplätzen aus. Allein im Bundesverband Parken sind die Betreiber von über 2.500 Garagen und Parkhäusern organisiert, die zusammen mehr als eine Million Stellplätze bereitstellen. [1] Der Bau von Parkhäusern und Garagen hat in Deutschland vor allem in den Jahrzehnten des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen. Kommunen und mittelständische Unternehmen haben in dieser Zeit zahlreiche Parkbauten errichtet, die den steigenden Bedarf an Parkplätzen decken sollten. [1] Die Mindestnutzungsdauer von Parkbauten beträgt etwa 50 Jahre, wenn sie entsprechend instandgehalten werden. Das bedeutet, dass viele der Parkhäuser und Garagen, die heute noch in Betrieb sind, bereits seit den 1950er Jahren existieren. Eine sorgfältige Instandhaltung von Parkbauten ist daher von großer Bedeutung, zur Gewährleistung der Sicherheit, Dauerhaftigkeit und Tragfähigkeit und damit auch der Nachhaltigkeit im Sinne einer langen Nutzung. [1] Das DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ bietet hierbei eine wertvolle Orientierungshilfe für Maßnahmen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Parkbauten und empfiehlt beispielsweise eine jährliche bzw. zwei jährliche Inspektion der Baukonstruktion.[2] Doch wie können diese Inspektionen effizienter und einheitlicher gestaltet werden? Und wie sieht ein reibungsloser Prozess aus mit dem auch weitergehende Bauwerksuntersuchungen und Laborauswertungen in die Ergebnisse eingebunden werden können? Die Verwendung digitaler Technologien und Building Information Modeling (BIM) bieten hier ein enormes Potenzial für die effiziente und einheitliche Gestaltung von Tiefgaragenbegehungen und dem gesamten Instandhaltungsmanagement. In Zusammenarbeit mit den Experten der KIWA GmbH wurden Tiefgaragenbegehungen und weiterführende Bauwerksuntersuchungen vollständig in eine Software integriert. Das ermöglicht es den Inspektoren, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und sich vollständig auf ihre Expertise zu konzentrieren. Die aufwändige Nachdigitalisierung von in Papier erstellten Inspektionsprotokollen und in Papierplänen dokumentierten Schäden entfällt somit komplett. Stattdessen können festgestellte Mängel, Untersuchungsstellen oder geplante Maßnahmen direkt vor Ort in einer App auf dem Tablet oder Smartphone erfasst werden. Die erfassten Daten werden im Webservice der Software zu umfassenden Be- 278 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt richten zusammengefügt, bei Bedarf automatisiert mit Laborauswertungen ergänzt und können dann mit nur einem Klick als Word-Dokument exportiert werden. Dies spart nicht nur Zeit, sondern sorgt auch für eine einheitliche Dokumentation der Inspektionsergebnisse. Ebenso werden Übertragungsfehler von Papier auf digital vermieden. Darüber hinaus bietet die gewählte Software eine Zustandsübersicht, die jederzeit über den Webservice einsehbar ist. Diese ermöglicht es den Verantwortlichen, den Zustand der Tiefgarage über die Zeit hinweg nachzuverfolgen und eventuelle Trends oder schnell wachsende Schadenspotentiale der Struktur frühzeitig zu erkennen. Ebenso können die Ergebnisse für das Wartungs- und Budgetmanagement der Betreiber wertvolle Informationen liefern. Die zukünftige Integration digitaler Technologien wie maschinellem Lernen und BIM ermöglichen eine noch effiziente und einheitliche Gestaltung von Tiefgaragenbegehungen und dem gesamten Instandhaltungsmanagement. Dies führt zu einer höheren Qualität der Ergebnisse und einer deutlichen Zeitersparnis für alle Beteiligten.[3] 2. Grundlagen 2.1 Baukonstruktion von Parkbauten Parkbauten, im Gegensatz zu anderen Gebäuden, unterliegen spezifischen Beanspruchungen, die vergleichbar mit Einwirkungen auf Straßenbrücken sind. Diese Bauwerke sind regelmäßig Feuchtigkeit und chloridhaltigen Taumitteln ausgesetzt, ebenso wie mechanischem Abrieb und dynamischen Einwirkungen. Obwohl diese Einflüsse bei der Tragwerksplanung als vorwiegend ruhend betrachtet werden können, müssen sie dennoch berücksichtigt werden. Bei oberirdischen Parkbauten sind die oberen Parkdecks oft der freien Bewitterung ausgesetzt. In einigen Fällen gilt dies auch für die darunterliegenden Parkdecks, wenn auf eine Fassade verzichtet wird. Ein benutzerfreundliches Parkhaus zeichnet sich in der Regel durch stützenfreie Parkflächen aus, mit Spannweiten der Decken von 13 m bis 17 m. Parkbauten entsprechen im technischen Sinne Verkehrsbauwerken. Aufgrund der ähnlichen Beanspruchungen und Spannweiten teilen sie gewisse Gemeinsamkeiten mit Straßenbrücken. Es ist wichtig, diese Aspekte bei der Planung und Konstruktion von Parkbauten zu berücksichtigen. Insbesondere für die Gewährleistung der Sicherheit und Funktionalität dieser Gebäude aber auch bei der regelmäßigen Überprüfung der Baukonstruktion sind diese Aspekte zu beachten.[2] 2.2 Regelmäßige Inspektionen und Instandhaltung zur Verbesserung der CO2-Bilanz Abbildung 1 zeigt zwei vergleichende Kurven der Dauerhaftigkeit von Parkbauten. Einmal die Ausfallratewahrscheinlichkeit eines Bauwerks ohne regelmäßige Bauwerksinspektion sowie ohne Instandhaltung in Gelb dargestellt. In Blau ist die Ausfallratenwahrscheinlichkeit mit regelmäßiger Bauwerksprüfung und Instandhaltung abgebildet. Abbildung 1: Ausfallratewahrscheinlichkeit mit und ohne Bauwerksprüfung Die Kurvendarstellung in Technikerkreisen auch Badewannenkurve genannt beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vermögenswert im Laufe der Nutzungsdauer auf Grund der Einwirkungen ausfällt. Sie ermöglicht es, den Lebenszyklus einer Baukonstruktion in Phasen zu unterteilen. Durch das Verständnis dieser Phasen kann der Instandhaltungsplan entsprechend angepasst werden. Der Hauptvorteil besteht darin, dass die Nutzungsdauer und Zuverlässigkeit der Anlage besser einschätzbar wird und Instandhaltungsmaßnahmen genauer geplant werden können. Phase 1 bezieht sich auf das Auftreten von Ausfällen aufgrund von grundlegenden Problemen bei der Konstruktion oder mangelnder Qualitätskontrolle während dem Bau bzw. während der Gewährleistung. Phase 2 umfasst die Nutzungsdauer. Die beste Wartungsstrategie in dieser Phase ist die Wartung und Instandhaltung des Bauwerks. Letztere ermöglicht es uns, einen Knick in der Kurve vorherzusagen und vorbeugend zu reagieren. Das zeigt die blaue Kurve mit der Phase 3, die es uns ermöglicht, das Ende der Nutzungsdauer möglichst lange hinauszuzögern. Dieses entspricht den Gedanken der nachhaltigen und ressourcenschonenden Nutzung von Baumaterialien. [4] Nach Görtz/ Pham [5] wurde im Jahr 2023 an Stahlbetonbrückenbauwerken gezeigt, dass eine Verlängerung der Nutzungsdauer erhebliche Vorteile in Bezug auf die CO 2 - Bilanzierung hat. Insbesondere bei Stahlbetonbauwerken hat die Nutzungszeit einen entscheidenden Einfluss auf die CO 2 -Bilanzierung. Durch die Vermeidung von Abriss und Neubau können erhebliche Mengen an CO 2 -Emissionen eingespart werden. Es wurde festgestellt, dass fast 90 % der CO 2 -Emissionen in der Herstellungs- und Bauphase eines Bauwerks entstehen. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der bei der Bewertung der Umweltauswirkungen von Bauprojekten berücksichtigt werden muss.[5] 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 279 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt Abbildung 2: CO 2 -Bilanzierung Stahlbetonbauwerke frei nach [5] In Deutschland haben viele Parkbauten nur eine Lebensdauer von 50 bis 60 Jahren. Wird jedoch die Lebensdauer solcher Bauwerke durch kontinuierliche Instandhaltung auf 100 bis 150 Jahre erhöht, kann dieses zu einer drastischen Reduzierung der CO2-Emissionen führen. Insbesondere weil sich die CO2-Emissionen während der Nutzungsphase eines Bauwerks durch regelmäßige Instandsetzung / Wartung auf weniger als 15 % der Gesamtemissionen belaufen. Die Entsorgungsphase und das Recyclingpotential sind hingegen fast ausgeglichen. [1][5] Durch eine verstärkte Fokussierung auf die Erhaltung und Instandhaltung von Bauwerken und eine dadurch längere Nutzungsphase und Lebensdauer können erhebliche Umweltvorteile erzielt werden. Dieses erfordert jedoch ein Umdenken und eine kontinuierliche Investition in die Wartung und Sanierung von Bauwerken. 2.3 DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ Das Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ bietet zum einen Planungsgrundlagen, Lösungen für Detailpunkte, tragwerksplanerische Aspekte, und Ausführungshinweise aber auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Parkbauten. Es ist erstmals 2005 veröffentlicht worden, wurde mehrfach überarbeitet und aktualisiert, zuletzt erschien ein aktualisierter Nachdruck im Jahr 2022. Das Merkblatt enthält in der Praxis anerkannte Ausführungsvarianten für befahrbare Parkflächen aus Stahlbeton und Spannbeton. Ein wesentlicher Abschnitt behandelt ebenso die „Instandhaltung“. Die Instandhaltung umfasst prinzipiell alle Maßnahmen der Inspektion, Wartung und Instandsetzung. Kernelemente dieser Instandhaltung sind regelmäßige Inspektionen, Wartungs- und ggf. Instandsetzungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung des Sollzustandes und geht damit konform der DIN 31051. Als Inspektionsintervall wird maximal einmal jährlich in den ersten fünf Jahren empfohlen. Nach diesem Zeitraum sind als Inspektionsintervalle für Betonbauteile nach den Ausführungsvarianten A2 und B maximal einmal jährlich und für die Ausführungsvarianten A1 und C maximal alle zwei Jahre vorzusehen. Ziel ist die systematische Durchführung von regelmäßigen Inspektionen und ggf. Wartungen zur Vermeidung von aufwendigen Instandsetzungsmaßnahmen infolge großer Bauwerksschäden. Im Zuge der Inspektion werden alle zum Zeitpunkt der Untersuchung zugänglichen Bereiche berücksichtigt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Dokumentation visuell erkennbarer Schäden an der Bausubstanz, welche die Dauerhaftigkeit einschränkt. Dabei handelt es sich vor allem um Risse und Fehlstellen in den Bauteiloberflächen bzw. im Oberflächenschutzsystem, sowie Funktionseinschränkungen oder Undichtigkeiten von Fugen. Berücksichtigt werden hierbei Auffälligkeiten an folgenden zum Teil tragsicherheitsrelevanten Bauteilen der Tiefgarage: • Bodenbereiche / ggf. Deckenbereiche • Rampenbereiche • Sockelbereiche der Stahlbetonbauteile • Wartungsfugen • Verdunstungsrinnen Ziel der Inspektion ist es, den Ist-Zustand der Bauwerksbereiche hinsichtlich Schäden und Abweichungen vom Soll-Zustand zu erfassen. Durch die regelmäßige Inspektion können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden. Dieses trägt maßgeblich zur Sicherheit und Langlebigkeit des Bauwerks bei. Es ist wichtig zu betonen, dass bei dieser Inspektion keine Prüfung der Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit technischer Anlagen wie Belüftungsvorrichtungen, Brandmelde- und Löschanlagen oder installierter Personenaufzüge erfolgt. Hierbei handelt es sich um separate Wartungsmaßnahmen, die von entsprechenden Fachleuten nach einschlägigen Regelwerken durchgeführt werden müssen. Zur Erhaltung der Dauerhaftigkeit der Betonbauteile sind nach bauwerksspezifischen Inspektionen und festgestellten Mängeln entsprechende Wartungsarbeiten durch den sachkundigen Planer festzulegen und durch den Betreiber zu beauftragen. [2] 2.4 Bauwerksuntersuchungen In der Praxis werden die Inspektionen nach DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgarage“ leider oft nicht oder zu spät ausgeführt. Oft werden bei Tiefgarageninspektionen Schäden an der Betonoberfläche bzw. an dem Oberflächenschutzsystem festgestellt, welche über einen längeren Zeitraum eine Chloridbeaufschlagung in das Bauteil ermöglichen. Aufgrund der festgestellten Schäden können dann häufig nur gezielte Instandsetzungsmaßnahmen helfen die Dauerhaftigkeit wieder herzustellen. Bei einer Bauwerksuntersuchung wird möglichst auf zerstörungsfreie und zerstörungsarme Prüfverfahren zurückgegriffen. Das bedeutet, dass das Bauwerk während der Untersuchung nicht maßgeblich beschädigt wird. Das ist besonders zur Vermeidung von zusätzlichen Schäden und der Erhaltung der Integrität des Bauwerks wichtig. [8] Zu den gängigen Prüfverfahren bei einer Bauwerksuntersuchung zählen neben der visuellen Inspektion der Baukonstruktion auch die Durchführung von zerstörungs- 280 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt freien Messungen und die Entnahme sowie die Analyse von Materialproben wie beispielsweise die Bestimmung der Carbonatisierungstiefe, Bestimmung des Gesamtchloridgehaltes und das Anlegen von Sondieröffnungen zur Beurteilung des Korrosionsgrades der Bewehrung. Durch diese Verfahren können Schädigungsgrade von Bauteilen festgestellt und hinsichtlich Verkehrssicherheit, Dauerhaftigkeit und Standsicherheitseinschränkungen beurteilt werden. [6] [7] Anhand der Untersuchungen kann zum einen der Instandsetzungsbedarf im Zuge von stichpunktartigen Bauwerksuntersuchungen und der Instandsetzungsumfang anhand flächiger Untersuchungen abgegrenzt werden. Diese Informationen sind für die Planung von Instandsetzungsmaßnahmen essenziell und gewährleisten eine langfristige Nutzung des Bauwerks. [8] 3. Digitale Inspektionen und Begehungen von Tiefgaragen auf Basis des DBV-Merkblatts 3.1 Bauwerke digital prüfen und verwalten Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren auch in der Bauindustrie Einzug gehalten und revolutioniert die Art und Weise der Prüfung und Verwaltung von Bauwerken. Mithilfe von innovativen Technologien wie der gewählten Software können Betreiber, Kommunen und Ingenieure Bauwerke digital, zeitsparend und normkonform prüfen sowie Bauwerke über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg nachhaltig und effizient verwalten. Die hier gewählte Softwarelösung beinhaltet einen Webservice, welcher als zentrales Werkzeug für das Bauwerks-, Dokumenten- und Aufgabenmanagement dient. Er ermöglicht eine effiziente Vor- und Nachbereitung der Prüfungen. Ergänzend dazu bietet die App vor Ort eine Schadensdokumentation am Plan (Mehrfachverortung von Schäden sowie und Handzeichnungen im Plan möglich) und eine vollständige Beschreibung gemäß Richtlinien. Die App ist selbsterklärend gestaltet und offline auch mit mehreren Prüfern funktionsfähig, daher auch in Tiefgaragen ohne Handyempfang uneingeschränkt nutzbar. Die Vorteile einer solch digital unterstützten Inspektion liegen auf der Hand: Durch die digitale Prüfung von Bauwerken können Fehlerquellen schneller und effizienter identifiziert werden, Prüfungen sind einheitlich und nachvollziehbar und bauen aufeinander auf. Bestehende Prüfunterlagen bilden immer die Basis für eine neue Prüfung und erleichtern somit auch die Darstellung der zeitlichen Entwicklung von Schäden, Mängeln und dem Gesamtzustand des Bauwerks. Die vollständige Integration gültiger Richtlinien für den Ingenieurbau (DIN 1076 und RI-EBW-Prüf) und den Hochbau (VDI 6200) unterstützen den Prüfer fachlich bei der Bewertung von Schäden. Doch nicht nur die Prüfung, sondern auch die Verwaltung von Bauwerken wird deutlich vereinfacht. Solch eine Plattform ermöglicht eine zentrale Verwaltung aller relevanten Daten und Dokumente, was zu einer höheren Transparenz und einer einfacheren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren führt. Auch die Planung von Instandhaltungsmaßnahmen können dadurch erleichtert werden, da auf Basis der gesammelten Daten und Informationen gezielte Maßnahmen ergriffen werden können. [9] 3.2 Tiefgaragenbegehungen gemäß DBV-Merkblatt m Es wurden einige Anpassungen am Webservice und an der App der gewählten Software für die Integration der Inspektion von Tiefgaragen gemäß DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ durchgeführt. Hierbei wurden Experten der KIWA GmbH zur Gewährleistung der optimalen Umsetzung hinzugezogen. Im Webservice wurden spezifische Stammdaten für die Bauwerksart „Parkbauten/ -Tiefgarage“ ergänzt und die Erfassungsart inklusive Prüfzyklus hinzugefügt. Bei der Erfassung von Schäden steht ein Schadensbeispielkatalog aus dem Hochbau zur Verfügung. Dieser unterstützt den Prüfer bei der Beschreibung sowie Kategorisierung von Schäden. In der App wurden Formularfelder für die optimierte Schadensaufnahme ergänzt. Es besteht nun auch die Möglichkeit, Handlungsempfehlungen zeitlich eingeordnet und verbal konkretisiert zu geben. Der automatisierte Bericht wurde an die Empfehlungen des DBV-Merkblatts und der Experten angepasst und enthält nun eine tabellarische Übersicht aller Schäden inklusive zeitlicher Entwicklung sowie detaillierte Darstellungen aller aufgenommenen Schäden inklusive jeweils zwei Bilder (Übersichts- und Detailansicht) sowie Textbausteine für Handlungsempfehlungen und Zusammenfassungen der Ergebnisse. [9] 3.3 Bauwerksuntersuchungen Für die bestmögliche digitale Unterstützung der Bauwerksuntersuchungen wurden auch hierfür einige neue Features in die Software integriert, welche nachfolgend genauer erläutert werden: • Custom Pins zur Verortung von Untersuchungs-/ Messstellen • Individualisierbare Formulare • GPS-Daten zur Verortung am Plan • Barcodescanner zur automatisierten Verknüpfung von Laborergebnissen • Berichtseditor zur Erstellung von Vorlageberichten Zur Erleichterung der Verortung von Untersuchungs- und Messstellen, wurden neben den in der Software bereits vorhandenen PIN-Typen Schäden und Notizen zusätzlich Custom Pins integriert. Diese können individuell angepasst werden und helfen dabei, die notwendigen Daten je Prüfverfahren vor Ort möglichst einfach und vollständig zu erfassen. Um die Erfassung der notwendigen Daten je Prüfverfahren noch einfacher zu gestalten, können individualisierbare Formulare erstellt werden. Diese helfen dabei, die notwendigen Daten je Prüfverfahren vor Ort möglichst einfach und vollständig befüllen zu können. Die Verortung am Plan wird durch GPS-Daten ergänzt. So kann neben der grafischen Verortung am Plan jederzeit der genaue Standort einer Mess- oder Untersuchungsstelle eingesehen werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 281 Digitale Tiefgarageninspektionen nach DBV-Merkblatt Die Integration einer Schnittstelle für Barcodescanner mit der App ermöglicht es Laborergebnisse nach Auswertung mit den jeweiligen Untersuchungsstellen automatisiert zu verknüpfen. Die Laborergebnisse werden über eine Schnittstelle zum Webservice eingelesen und über eine eindeutige ID der Untersuchungsstelle zugewiesen. Ein Berichtseditor erleichtert die Erstellung von Vorlageberichten, die den individuellen Bedürfnissen der Nutzer entsprechen und die für die jeweilige Erfassung sinnvollen Daten enthalten. Einmal erstellt, ist es möglich, Berichte basierend auf der Vorlage mit nur einem Klick zu exportieren. [9] 3.4 Verortung am 3D-Modell und automatisierte Schadenserkennung Die bisher vorgestellten Methoden der digitalen Inspektion von Parkbauten orientieren sich an den aktuell etablierten analogen Prozessen. Dadurch wird es für die Inspekteure und Nutzer möglichst einfach, den Umstieg in die digitale Arbeitsweise zu vollziehen. Natürlich ist die Verortung an 2D-Skizzen und Plänen sowie der Export von Wordberichten nicht das Ende der technologischen Entwicklung. In diesem Jahr plant das Softwareunternehmen, die Verortung von Schäden, Notizen und Untersuchungsstellen auf digitalen Zwillingen bzw. 3D-Modellen zu ergänzen. Dieses wird durch den Einsatz von As-built-Modellen sowie IFC-Modellen auf der Basis von Punktwolken ermöglicht, welche in die Software importiert werden können. Dadurch wird eine präzise und detaillierte Darstellung der Schäden und ihrer Positionierung ermöglicht. Zur Klassifizierung von Schäden anhand von Bildinformationen werden zukünftig neuronale Netze eingesetzt. Diese sind in der Lage, Schäden pixelgenau zu erkennen und zu klassifizieren. Dadurch wird eine automatisierte und effiziente Vorklassifizierung der Schäden ermöglicht, was wiederum Zeit und Ressourcen spart. Basis hierfür bietet das Forschungsprojekt MoBaP in Zusammenarbeit mit der Bundeswehruniversität München. [10] Die Verwendung von digitalen Zwillingen und 3D-Modellen bietet zahlreiche Vorteile. Zum einen ermöglicht es eine präzise Dokumentation und Verortung von Schäden, Notizen und Untersuchungsstellen. Gezieltere Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten werden dadurch ermöglicht. [9] 4. Ausblick Betreiber und Eigentümer werden sich mehr und mehr Ihrer Verkehrssicherungspflicht bewusst. Der Arbeitskräftemangel in der Branche wird immer deutlicher. Die junge Generation an Ingenieuren ist technikaffin. Viele Parkbauten erreichen nach und nach das Ende Ihrer Nutzungsdauer und müssen generalsaniert oder neu gebaut werden. Vorausschauende Instandhaltung hat eine positive Auswirkung auf die Nutzungsdauer eines Bauwerks, führt zu einer Kostenreduzierung und verbessert die ökologische Nachhaltigkeit signifikant. All diese Faktoren und das wachsende Bewusstsein darüber führen dazu, dass der Bedarf an digitalen Tools zur Unterstützung im systematischen Instandhaltungsmanagement und bei der regelmäßigen Begehung von Parkbauten wächst. Digitale Tools bieten Betreibern, Eigentümern und Inspekteuren vielversprechende Möglichkeiten für die zeitgemäße Durchführung von Tiefgarageninspektionen, Bauwerksuntersuchungen und das nachhaltige Instandhaltungsmanagement über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Durch die zukünftige zusätzliche Integration von Building Information Modeling (BIM) und den Einsatz fortschrittlicher Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen können Inspektionen noch effizienter, präziser und kosteneffektiver gestaltet werden. Ziel ist hier die Ergebnisse von Bauwerksuntersuchungen und zerstörungsfreien Prüfungen direkt mit den digitalen Zwillingen zu verbinden. Es ist wichtig, diese digitalen Tools als Chance zu erkennen und sie aktiv in den Inspektions- und Instandhaltungsprozess zu integrieren zur Gewährleistung der Sicherheit, Nachhaltigkeit und Langlebigkeit von Parkbauten und Tiefgaragen in Deutschland. Literatur [1] Bundesverband Parken [Online]. Available: https: / / www.parken.de/ / (accessed: Nov. 30 2023) [2] Parkhäuser und Tiefgaragen Multi-storey and Underground Car Parks Fassung Januar 2018, aktualisierter Nachdruck September 2022, im März 2023 redaktionell korrigiert, Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (Dbv), Berlin, März 2023 [3] m2ing - Digitale Bauwerksdaten, m2ing - Digitale Bauwerksdaten. [Online]. Available: https: / / m2ing. com/ (accessed: Nov. 30 2023). [4] Infraspeak, SA [Online]. Available: https: / / blog. infraspeak.com/ de/ badewannenkurve/ (accessed: Nov. 30 2023). [5] Görtz, S., Pham, T. K. D., Graage, F-L.: CO2-Bilanzierung und Optimierung von Hochbauwerken - Voruntersuchung. Kleinförderung durch die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig- Holstein GmbH, November 2020 - Februar 2022 [6] DIN EN 14629: 2007-06 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Prüfverfahren - Bestimmung des Chloridgehaltes in Festbeton; Deutsche Fassung EN 14629: 2007, Beuth Verlag GmbH, Juni 2007 [7] DIN EN 14630: 2007-01 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Prüfverfahren - Bestimmung der Karbonatisierungstiefe im Festbeton mit der Phenolphthalein-Prüfung; Deutsche Fassung EN 14630: 2006, Beuth Verlag GmbH, Juni 2007 [8] VDI 6200 Standsicherheit von Bauwerken: Regelmäßige Überprüfung, VDI 6200, Verein Deutscher Ingenieure, Feb. 2010. [9] m2ing - Digitale Bauwerksdaten, m2ing - Digitale Bauwerksdaten. [Online]. Available: https: / / m2ing. com/ (accessed: Nov. 30 2023). [10] MoBaP [Online] Available: https: / / www.unibw.de/ forschung/ projekte/ mobap-modellbasierte-digitale-bauwerkspruefung (accessed: Nov. 30 2023) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 283 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Dipl.-Ing. Dr. techn. Karl Deix Technische Universität Wien, Wien, Österreich Dipl.-Ing. Susanna Arazli Sachverständige für Garagen und Parkhäuser, Alland, Österreich Zusammenfassung Anhand von 20 Untersuchungsberichten von Garagen und Parkdecks, die aufgrund von geplanten Sanierungen detailliert untersucht wurden, ist ein umfangreicher Datensatz erstellt worden, der - bezogen auf einzelne Untersuchungsstellen - den Erhaltungszustand in Form der maßgebenden Faktoren (Korrosionszustand, Überdeckung, Karbonatisierungstiefe, Chloridgehalt, etc.) für die verschiedenen Bauteile (Deckenuntersichten, Stützenfüße, Wandsockel etc.) und Funktionsbereiche (Rampen, Fahrbereiche, Parkplätze etc.) beschreibt. Die Untersuchung des Datensatzes erfolgte mit den heute zur Verfügung stehende Machine-Learning Algorithmen. Die dabei gefundenen Korrelationen wurden mittels beschreibender Statistik ausgewertet und visualisiert. Dadurch sind Aussagen über die Anteile und Zusammenhänge der untersuchten Merkmale möglich. Es können dadurch betontechnologische Maßnahmen, konstruktive Regel und normative Grenzwerte evaluiert werden. Auch kann der Untersuchungsaufwand zielgenauer festgelegt bzw. die Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld besser abgeschätzt werden. 1. Einführung Garagen und Parkdecks sind dem schädlichen Einfluss von Frost, Feuchtigkeit, Salzen etc. ausgesetzt, die auch in kurzen Zeiträumen zu Schäden an der tragenden Stahlbetonkonstruktion führen können. Zur Untersuchung des Erhaltungszustandes werden die bekannten Untersuchungsmethoden [1, 2] eingesetzt, die der Erstellung von Sanierungskonzepten dienen. Die Ergebnisse gelten für das betreffende Objekt, die Schadensmechanismen sind jedoch bei vielen Objekten ähnlich. Ziel ist es daher, eine Systematik zu finden, die - wie es auch der Erfahrung vieler Gutachter entspricht - allgemein gültige Grundsätze angibt. Anhand zahlreicher eigener Untersuchungsberichte wurde ein detaillierter Datensatz erstellt, der, bezogen auf einzelne Untersuchungsstellen, den Erhaltungszustand in Form der maßgebenden Faktoren, wie Korrosionszustand, Bewehrungsüberdeckung, -durchmesser, Karbonatisierungstiefe, Chloridgehalt, Risse, Abplatzungen, Feuchtigkeit, Betonfestigkeit etc. für die verschiedene Bauteile (Decken, Stützenfüße, Wände, etc.) und Funktionsbereiche (Geschosse, Rampen, Fahrbereiche, Parkplätze etc.), beschreibt. Die Untersuchung des Datensatzes erfolgte mit den heute zur Verfügung stehende Machine-Learning Algorithmen, die über die beschreibende Statistik hinausgehen. Dadurch ist es möglich die maßgebenden Zusammenhänge und verschiedenen Einflüsse der einzelnen Merkmale festzustellen. 2. Grundlagen 2.1 Was ist Machine Learning Unter „Machine Learning“ versteht man Algorithmen, die zur Analyse von Daten eingesetzt werden und einen Teilbereich der künstlichen Intelligenz darstellen. Es handelt sich dabei um fortschrittliche Methoden, mit denen beispielsweise Regression berechnet, Dimensionsreduktionen durchgeführt, Cluster ermittelt und auch Vorhersagen anhand von vorhandenen Daten erstellt werden können. Hierbei werden neben numerischen Daten auch sogenannte kategoriale Daten, wie - im vorliegenden Fall - auch Bauteile, Funktionsbereiche, Beschreibungen (wie Risse etc.) verarbeitet. In der Regel werden die Algorithmen auf sehr umfangreiche und höherdimensionale Daten angewendet. Zum “Unsupervised Learning”, bei dem die Daten keinen Zielwert (Label) aufweisen, gehören die dimensionsreduzierenden Algorithmen, wie Principial Component Analysis (PCA), T-distributed stochastic neighbor embedding (t-SNE) und Uniform Manifold Approximation and Projection (UMAP). Dadurch können die Einflüsse der einzelnen Merkmale ermittelt und gereiht werden. Zur Clusterberechnung, d. h. um zusammengehörige Daten zu finden, werden Verfahren, wie k-Means und Hierarchical Clustering Analysis (HCA) eingesetzt. Unter „Supervised Learning“ versteht man Methoden, die einerseits der Klassifikation dienen, wie Decision Tree, Random Forest, Support Vector Machine, als auch neuronale Netzwerke, aber auch zur Regression eingesetzt werden, wie die logistische Regression. 284 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen 2.2 Chlorid im Beton Eine der wichtigsten Punkte bei der Untersuchung von Garagen und Parkdecks ist der Chloridgehalt des Betons. Neben der karbonatisierungsinduzierten Korrosion spielt nämlich die Chloridkorrosion eine wesentliche Rolle für die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauwerken. Chlorid wird durch das Salzstreuen der Straßen über die Fahrzeuge oder direkt durch Streuen in die Garage eingebracht. Die Bindung des Chlorids im Zement, die Chloridgehaltsmessung, der Chloridtransport, der kritischen Chloridgehalt etc. ist Gegenstand umfangreicher Untersuchungen und wird in der Literatur ausführlich behandelt [3, 4, 5 ,6]. 3. Daten 3.1 Datensatz Für die Analyse wurden die eigenen Untersuchungen der Verfasser, die seit dem Jahr 2017 an 20 Garagen und Parkdecks vorwiegend in Österreich (d. h. kein maritimes Klima) durchgeführt worden sind, herangezogen. Um über einzelne Objekte hinausgehende Aussagen zu machen, ist es wesentlich eine Klassifizierung der Vielzahl an Bauteilen und Situationen sowie den Untersuchungsergebnissen vorzunehmen und diese in Kategorien zu einzuordnen. Diese sind folgend beschrieben, wobei sie sich in jene der Bauteile und der Funktionsbereiche sowie in jene der Untersuchungsergebnisse selbst teilen: - Bauteile, wie Bodenplatten, Rampen, Deckenunterseiten, Unterzüge, Stützenfüße, Wände in mittlerer Höhe und am Sockel. Diese implizieren auch die mögliche Wasserbeaufschlagung, wie Spritzwasser bei den Stützenfüßen und Wandsockeln oder über Risse oder Fugen bei den Deckenuntersichten - Funktionsbereiche, wie Aus- und Einfahrt, und andere stark frequentierte Fahrbereiche, um in andere Stockwerke zu gelangen. Weiters in weniger frequentierte Fahrbahnen, wo nur im Geschoß zu den Parkplätzen gefahren wird oder in selten gefahrene Bereiche wie Sackgassen, wo oft nur Dauerparker stehen. Des Weiteren werden in Parkplätze selbst und in die Nebenräume, wie Stiegenhäuser, wo nicht gefahren wird, unterschieden. - Geschoss über oder unter der Einfahrtbzw. Erdgeschossebene (= 0), da eine Einbringung des mit den Streusalzen versehenen Wasser an den Fahrzeugen mit der Fahrlänge abnehmend zu erwarten ist. - Herkunft der Durchfeuchtung, wenn der Zustand optisch als feucht eingestuft wurde; wie Spritzwasser bei den Stützenfüßen und Wandsockeln und Risse und Fugen bei den Deckenuntersichten. - Material der Bauteiloberfläche, meist Beton, auch Schlitzwandbeton, auch Betonbodenplatten unter Asphalt, geglättete Betonoberflächen (bzw. mit Einstreuung) und mit bestehender Beschichtung. Die Untersuchungsergebnisse an den einzelnen Stellen werden folgend klassifiziert: - Zustand der Untersuchungsstelle anhand der in [1] beschriebenen Methoden. Diese werden in Korrosionserscheinungen (Rostfahnen), Feuchtstellen und Betonabplatzung sowie Risse auf als wesentlichste reduziert - Bewehrungsüberdeckung und -durchmesser, festgestellt durch Freistemmen - Korrosionszustand der Bewehrung eingeteilt in die Schadensklassen: SK1: keine Korrosion, SK2: beginnende Korrosion, leichte Flächenkorrosion, SK3: Narbenkorrosion, starke Flächenkorrosion, SK4: Tiefenkorrosion. Die in manchen Berichten verwendete Klasse 5 (Volumenzunahme bzw. Querschnittsschwächung) wurden der SK4 zugeordnet - Betonfestigkeit festgestellt anhand von Bohrkernen oder mit dem Rückprallhammer - Karbonatisierungstiefe bestimmt mittels Phenolphthalein an frischen Stemmstellen - Chloridgehalt mit Angabe der Entnahmetiefe in mm (und Entnahmehöhe in cm bei den Wänden und Stützen, meist 5 cm bis 30 cm) Die Chloridgehalte sind die wesentlichste Größe, die als sogenannte Instanzen bei der Berechnung gehandhabt werden. D. h. jedem gemessenen Chloridgehalt werden alle anderen Merkmale der Untersuchungsstelle zugeordnet. Mittels der vorliegenden Untersuchungsergebnisse konnte anhand von 22 numerischen und kategorialen Merkmalen an 530 Untersuchungsstellen mit 1.607 Chloridgehalten ein Datensatz mit über 35.000 Einträgen erstellt werden. 3.2 Methoden Die Analyse der Daten erfolgte u. a. mit „Orange - Datamining“ [7]. „Orange“ ist ein Open-Source-Toolkit zur Visualisierung von Daten, maschinellem Lernen und Data Mining. Es ist handelt sich um ein knotenbasierendes, visuelles Programmpaket zur explorativen und schnellen Datenanalyse und interaktiven Datenvisualisierung. Die verwendeten Methoden sind folgend kurz beschrieben. Hierarchical Clustering Analysis HCA Bei der „Hierarchical Clustering Analysis “, werden die Abstände der Instanzen, d. h. der Chloridgehalte mit den Daten der Untersuchungsstelle, untereinander verglichen. Gewählt wurde im vorliegenden Fall eine euklidische Distanz und normalisierten Daten sowie 5 Datencluster. Abb. 1 zeigt das Ergebnis in Form eines Dendogramms. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 285 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 1: Dendrogramm nach HCA mit 5 Cluster Der hier als C1 bezeichnete sehr kleine Cluster ist durch eine sehr hohe Betonüberdeckung, da die Proben aus Bohrkernen aus größer Tiefe entnommen wurden, gekennzeichnet. Cluster 2 weist jene Untersuchungsstellen aus, die sehr hohe Chloridgehalte von über 5 % aufweisen und daher bei einigen Abbildungen/ Berechnungen unberücksichtigt blieben. Die restlichen Cluster beinhalten die typischen Untersuchungsstellen. T-distributed stochastic neighbor embedding (t-SNE) Eine der bekanntesten Methode zur Datenanalyse ist die t-disseminierte stochastische Nachbarschaftsimplantation (t-SNE) [8]. Dabei werden höherdimensionale Daten mittels eines probabilistischen Verfahrens auf niedrige dimensionale Punkte abgebildet. Gleichartige Daten werden dabei mit nahen und ungleichartige mit größeren Abständen dargestellt, wobei der Abstand mit einer t-Verteilung berechnet wird. Bezüglich der wählbaren Parameter und Interpretation der Ergebnisse wird auf [9] verwiesen. Die Analyse wurde am Gesamtdatensatz ohne die abgeleiteten Größen durchgeführt. Es wurden globale Parameter, wie die Perplexity, Exaggeration und Anzahl der Hauptkomponenten variiert. Abb. 2a und 2b zeigen beispielhaft die Ergebnisse der Berechnungen. Durch Einfärben mit den verschiedenen Features lassen sich aufgrund der engeren oder weiteren Verteilung erkennen, ob dieses Feature Cluster bilden. Zusammenfassend lassen sich damit folgende Aussagen machen: - Eindeutige Cluster (Zusammengehörigkeit) bildet das „Material“. - „Mittlere“ Clusterbildungen wurden bei Bauteilen, Schadensklassen, Funktionen und auch bei den optischen Bewertungen (Korrosion, Feuchtigkeit, Abplatzung, Risse) vorgefunden - Keine oder kaum Clusterbildungen sind aufgrund fern verteilter Punkte bei der Wasserherkunft, der Druckfestigkeit, der Karbonatisierungstiefe, dem Durchmesser, der Überdeckung, dem Alter, dem Geschossen und dem Chloridgehalt zu erkennen Auf Basis dieser Analysen konnten die maßgeblichen Parameter bestimmt und statistisch untersucht werden (siehe Abschnitt 4). Abb. 2a zeigt beispielhaft dabei den Fall mit eng zusammengehörigen Punkten beim Material und Abb. 2b den Fall mit sehr verteilten Punkten bei den Funktionsbereichen. Abb. 2a und 2b: t-SNE nach Bauteil und Funktion 4. Ausgewählte Ergebnisse 4.1 Mittelwerte, Streuungen und Anteile Im ersten Schritt werden die Anteile und Mittelwerte einiger Parameter angeführt. Abb. 3 zeigt die Anteile der vorgefundenen Schadensklassen für die Bauteile und Funktionsbereiche. Es ist zu erkennen, dass die Bewehrung in den Stützenfüßen und Wandsockel (die praktisch die gleiche Lage bezüglich Spritzwasser aufweisen) etwa einen Anteil von 25 % der Schadensklassen 3 oder 4 aufweisen, die Deckenuntersichten jedoch einen Anteil von etwa 50 %; Bodenplatten sind weniger oft betroffen. 286 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 3: Schadensklassen je nach Bauteil (oben) und Funktionsbereiche (unten) Die Schadensklassen gegliedert nach den Funktionsbereichen lassen erkennen, dass die Fahrbereiche zu etwa 1/ 3 von den Schadensklassen 3 und 4 betroffen sind, die Parkplätze im Fahrbereich nur zu 19 %. Höhere Anteile liegen auch bei den Deckenuntersichten vor, wenn diese direkt unter Außenanlagen bzw. Gebäude liegen, da hier offenbar häufig Wasser von oben eintritt. Die Ein- und Ausfahrten sind mit höheren Anteilen stark korrodierter Bewehrung (SK4) auffallend, wobei jedoch hier der geringere Anteil an Untersuchungsstellen zu beachten ist. Abb. 4: Überdeckung je Bauteil Abb. 4 zeigt die gemessene Überdeckung und Karbonatisierungstiefen für die Bauteile sowie deren Streuung. Die durchschnittliche Überdeckung beträgt 22 mm (Deckenuntersichten) bis 32 mm (Wandsockel), die Bodenplatten weisen an der Oberseite eine deutlich höhere Überdeckung von ca. 46 mm im Mittel auf. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 287 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Die gemessenen Karbonatisierungstiefen, gereiht nach den verschiedenen Bauteilen, sind in Abb. 5 dargestellt und zeigen relativ einheitliche Werte von 19,8 bis 29,9-mm, wobei bei den Bodenplatten rel. Große Streuungen vorliegen. Abb. 5: Karbonatisierungstiefe je Bauteil 4.2 Maßgebende Einflüsse auf das Schadensbild In Abb. 6 sind die Chloridgehalte für die einzelne Geschosse sowie deren Schadensklassen dargestellt. Zu erkennen ist, dass von den Schadensklassen 3 und 4 hauptsächlich die Geschosse vom 3. UG bis zum 3. OG betroffen sind. Die anderen Geschosse sind einerseits seltener untersucht worden, anderseits weisen sie aber auch geringere Chloridgehalte auf. Abb. 6: Chloridgehalt nach Geschoss Die gemessenen Chloridgehalte für die verschiedenen Entnahmehöhen bei den Stützenfüßen und Wandsockeln zeigt Abb. 7. Die nach oben abnehmenden Schadensklassen und Chloridgehalte lassen für die Spritzwasserhöhe einen Grenzwert von etwa 25 cm für die Fahrbereiche der Garagen (und 15 cm für die Parkbereiche) erkennen. Bis zu dieser Höhe sind die Betonteile von unmittelbarem Besprühen bzw. auch kapillare Hochsaugen von salzhaltigem Wasser betroffen. Damit lässt sich eine konstruktive Regel, nämlich die Schutzanstriche bis auf diese Höhe zu ziehen - neben der obligatorischen Hohlkehlenausbildung - ableiten. Ebenso ist daraus zu schließen, die Untersuchung auf diese Bereiche zu beschränken. Abb. 7: Chloridgehalt nach Entnahmehöhe 4.3 Korrosion infolge Karbonatisierung oder Chlorid Zur Untersuchung der Frage, ob eine karbonatisierungsinduzierte Korrosion oder eine Chloridkorrosion vorherrschend ist, wurden die Anteile der Schadensklassen für die Fälle, dass die Karbonatisierung die Bewehrung nicht/ schon erreicht und der gemessene Chloridgehalt an der betreffenden Tiefenstufe die Überdeckung nicht/ schon erreicht hat, berechnet. Abb. 8 zeigt im Violinplot die Häufigkeiten der Schadensklassen für die gemessenen Chloridgehalte. Im zweiten Schritt wurden die Anteile für mehrere Fälle berechnet und in Abb. 9 dargestellt. Für den Fall, dass die Karbonatisierung die Bewehrung nicht erreicht hat und die Entnahmetiefe kleiner als die Überdeckung ist, d. h. „k < ü, t < ü“, weisen nur 6,7 und 5,8 = 12,6 % die Schadensklassen 3 und 4 auf (ohne die normgemäßen Grenzwerte an der Bewehrung zu berücksichtigen). Für den Fall „k < ü, t ≥ ü“, erhöht sich der Anteil auf 14,4 + 13,2 = 27,6 %, im Falle k ≥ ü, t ≥ ü zu 27,3 + 28,2 % = 55,5 % und wenn nur die Karbonatisierung die Bewehrung erreicht (k ≥ ü, t < ü) auf 27,0 + 19,1 = 46,1 %. 288 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 8: Chloridgehalte nach Schadensklasse Abb. 9: Anteile der Schadenklassen für versch. Fälle Anhand dieser und weiterer Berechnungen, auch unter Berücksichtigung des Grenzwertes von 0,6 % CL v.Z, lässt sich ableiten, dass beide Schadensmechanismen etwa zur Hälfte Einfluss auf die Korrosionsbilder SK3 und SK4 haben, ein hoher Chloridgehalt aber für einen höheren Anteil an der Schadensklasse 4 verantwortlich ist. 4.4 Bewertung der Grenzwerte Nach ÖNORM B 4706 [10] ist bezüglich der Bewertung des Chloridgehaltes ab einen Grenzwert von 0,6 % CL v.Z (wenn nicht karbonatisiert) eine regelmäßige Kontrolle notwendig. Ab 1 % CL v.Z ist eine jährliche Kontrolle und eine Instandsetzung, wenn Korrosion auftritt, erforderlich. Im Falle von karbonatisiertem Beton ist letzteres ab einen Grenzwert von 0,2 % CL v.Z vorgesehen, da Chloride bei gleichzeitigem Verlust der Passivierung die Korrosionsgeschwindigkeit bzw. -intensität erhöhen können. Abb. 10 zeigt zeigt dazu in Abhängigkeit vom Verhältnis Tiefenstufe/ Überdeckung den Chloridgehalt mit den vorgefundenen Schadensklassen für jene Stellen, bei der die Karbonatisierung die Bewehrung noch nicht erreicht hat. Die Schadensklassen 1 (blau) und 2 (rot) liegen fast vollständig außerhalb dieser Bereiche. Die höheren Schadenklassen 3 (grün) und 4 (orange) liegen vor allem im Bereich über 1,0 % CLv.Z vor; auch bei niedriger Tiefenstufe und bei sehr hohen Chloridwerten. Es lässt damit ableiten, dass der Grenzwert 0,6 % CLv.Z als durchaus sinnvoll einzustufen ist. Abb. 10: Tiefenstufe/ Überdeckung zu Chloridgehalt, Karbonatisierung hat Bewehrung nicht erreicht 5. Schadensbilder Die Abbildungen 11 bis 14 zeigen beispielhaft einige typische Schadensbilder. Abb. 11: Korrosion im Bereich des Wandsockels Abb. 12: Wassereintritte und Korrosion an Fuge bei Übergang Decke zur Wand 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 289 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 13: Wassereintritte und Korrosion über Riss an der Deckenuntersicht Abb. 14: Freigelegte Bewehrung an der Bauteilfuge im Fahrbereich aufgrund von Korrosion Literatur [1] R. Pamminger, Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen in Österreich, Betonkalender, 2022, S.-287-324. [2] K. Bergmeister, F. Fingerloos, J.-D. Wörner, Bauwerksdiagnose in der Einleitungsphase, Betonkalender, 2022, S. 200-204. [3] K.-U. Voß, Bestimmung der korrosionsauslösenden Chloridgehalte zur Bewertung der chloridinduzierten Stahlkorrosion von Stahlbetonteilen, Der Bausachverständige, 3/ 2019. [4] J. Stark, B. Wicht, Dauerhaftigkeit von Beton: der Baustoff als Werkstoff, Hrsg. F.-A. Finger Institut für Baustoffkunde der Bauhaus-Universität Weimar, Birkhäuser 2001. [5] fib Model Code for Concrete Structures 2010, Chapter 7.8.3 „Chloride induced corrosion - uncracked concrete“. [6] Chloridkorrosion, Mitteilungen aus dem Forschungsinstitut des Vereins der österreichischen Zementfabrikanten, Heft 36, Internationales Kolloquium Wien, 1993. [7] Orange (2023) https: / / orangedatamining.com [Software]. [8] L.v.d Maaten, G. Hinton, Visualizing data using t-SNE, Journal of Machine Learning Research, 2008 , Vol 9, pp. 2579-2605. [9] M. Wattenberg, F. Viégas, I. Johnson, How to use t-SNE effectively, 2016, http: / / doi.org/ 10.23915/ distill.00002 [10] ÖNORM B 4706: Instandsetzung von Betonbauwerken - Nationale Festlegungen für Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betonbauwerken gemäß ÖNORM EN 1504, 07.2015. Anhang 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 293 293 Programmausschuss Der Programmausschuss für das Kolloquium Parkbauten setzt sich aus anerkannten Experten aus Forschung und Entwicklung, Industrie und Praxis zusammen. Zu seinen Aufgaben gehören die Formulierung der Zielsetzung und Festlegung der Themenschwerpunkte der Fachtagung, die Begutachtung und Auswahl der eingereichten Vortragsvorschläge für das Tagungsprogramm und die fachliche Beratung des Veranstalters. Vorsitzende Dipl.-Ing. Susanne Gieler-Breßmer IGF Ingenieurgesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp GmbH, Süßen Mitglieder Bernd Beer AMP Parking Europe GmbH, Karlsruhe Dennis Brettschneider StoCretec GmbH, Kriftel Dipl.-Ing. (FH) Volker Buchholz Fraport AG - Zentrales Infrastrukturmanagement, Frankfurt Dr.-Ing. Thorsten Eichler CORR-LESS Isecke & Eichler Consulting GmbH & Co. KG, Berlin Niko Hebauer Sika Deutschland GmbH, Stuttgart Elisabeth Herles Bundesverband Parken e. V., Köln Alicia Lohasz, M. Eng. IGF Ingenieurgesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp GmbH, Süßen Ansgar Matz Park-Konzepte, Stuttgart Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach ibac Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen University Prof. Dr.-Ing. Christian Sodeikat Ingenieurbüro Schießl - Gehlen - Sodeikat GmbH, München Heiko Steidl bga Beratungsstelle für Gussasphaltanwendung e. V., Bonn Prof. Dr.-Ing. Udo Wiens Deutscher Ausschuss für Stahlbeton im DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 295 295 Autorenverzeichnis A Angst, Ueli 243 Arazli, Susanna 283 B Bauriedl, Hubert 135 Boberg, Niklas 259 Bohnert, Matthias 127 C Criado, Alejandro Uribarri 35 D Dalichow, Dirk 189 Dauberschmidt, Christoph 171 Deix, Karl 283 F Femenias, Yurena Seguí 243 Flohrer, Claus 45 G Gaspers, Lutz 165 Gieler, Hannah 237 Gieler-Breßmer, Susanne 17 Gschwind, Michèle 243 Günther, Tobias 189 Gutermann, Marc 17 Guttenberg, Uwe 17 H Hildebrandt, Dietmar 261 Hofmeister, Ralf 97 I Irmscher, Ilja 141, 199 J Johr, Mathias 93 K Koch, Detlef 229 Köchling, Christoph 45 Kopp, Marcus 171 Kukulka, Sascha 199 M Menges, Daniel 277 Molkenthin, André 189 Motzke, Gerd 137 N Nesensohn, Claus 13 Noebel, Werner 59 O Oberhänsli, Daniel 237 P Poteschkin, Viktor 215 R Reim, Sabine 277 Rückriem, Juliane 111 S Sauter, Sebastian 229 Schäfer, Georg 81 Schulze, Sebastian 183 Schwitalla, Max 109 Shi, Wenchang 215 Stahl, Heiner 269 Stauder, Florian 171 Steidl, Heiko 103, 211 Swoboda, Norbert 25 T Trichlin, Stefan 89 Truffer, Philipp 249 W Walther, Andrei 277 Wilsch, Gerd 189 Wölfel, Matthias 117 Z Ziegler, Birga 277 Zintel, Marc 75 Weitere Informationen und Anmeldung unter www.tae.de/ go/ bauwesen Besuchen Sie unsere Seminare, Lehrgänge und Fachtagungen. Geotechnik Verkehrswegebau und Wasserbau Konstruktiver Ingenieurbau Bautenschutz und Bausanierung Umwelt- und Gesundheitsschutz Energieeffizienz Baubetrieb und Baurecht Facility Management Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. Alle Infos zur Förderfähigkeit unter www.tae.de/ foerdermoeglichkeiten Bauwesen, Energieeffizienz und Umwelt Bis zu 70 % Zuschuss möglich Inmitten zunehmender Urbanisierung und einer weiterhin steigenden Anzahl zugelassener Fahrzeuge wird die Bedeutung von Parkbauten weiter zunehmen. Gleichzeitig streben immer mehr Städte an, autofrei zu werden. Parkbauten können dabei einen bedeutenden Beitrag zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrs und der Infrastruktur leisten. Die Art und Weise, wie sie gestaltet und genutzt werden, wurden in den letzten Jahren bereits an die sich ändernden Mobilitäts- und Nachhaltigkeitstrends angepasst. Dieser Prozess ist intensiv fortzusetzen. Konzeption, Technik und Management von Parkbauten nehmen eine Schlüsselrolle ein, um Mobilität zu gestalten, Innenstädte zu entlasten und gleichzeitig Ressourcen effizienter zu nutzen. Das 11. Kolloquium Parkbauten bietet mit einem breiten Spektrum an planungsorientierten, bautechnischen, baubetrieblichen Vorträgen aus unterschiedlichen Fachbereichen, gehalten von anerkannten Experten, und Austauschmöglichkeiten eine ideale Plattform zur Bewältigung der dabei anstehenden Herausforderungen. Der Inhalt Nachhaltigkeit Gestaltung und Architektur Konstruktion Brandschutz Kathodischer Korrosionsschutz (KKS) Oberflächenschutzsysteme Schutzmaßnahmen Ist-Zustandserfassung Instandhaltung Gussasphalt BIM/ Digitalisierung Rechtsfragen und Regelwerke Das vorliegende Tagungshandbuch enthält die vorab eingereichten Beiträge zu den Vorträgen und gibt einen Überblick über neueste Erkenntnisse. Die Zielgruppe Städte und Gemeinden Bau- und Verkehrsbehörden Betreiber und Investoren von Parkbauten Facility-Management-Firmen öffentliche Einrichtungen wie Kliniken, Bahnhöfe, Flughäfen Sachkundige Planer, Bauingenieure, Architekten, Sachverständige Spezialunternehmen für Parkbauten Bauunternehmen Unternehmen für Bautenschutz, Betoninstandsetzung, Bauwerksabdichtung, Oberflächenbeschichtung Unternehmen im Bereich Bauchemie, Beton, Zement, Zusatzstoffe und Zusatzmittel Gebäudeausrüster Werkstoffwissenschaftler, Chemiker Hochschulen www.tae.de ISBN 978-3-381-11821-2 11. Kolloquium Parkbauten Tagungshandbuch 2024 Herausgegeben von Susanne Gieler-Breßmer 11. Kolloquium Parkbauten Planung, Gestaltung, Bau, Instandhaltung, Betrieb von Parkhäusern und Tiefgaragen Tagungshandbuch 2024