Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenAußergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus
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Susanne Gieler-Breßmer
Björn Krocker
Unterhalb eines in den Jahren 1974/75 erbauten Wohn- und Geschäftshauses im Zentrum von Ahrensburg liegt eine Tiefgarage mit insgesamt 54 Stellplätzen. Neben zahlreichen Wohneinheiten befinden sich in dem oberirdischen Gebäude diverse gewerbliche Einrichtungen wie z.B. Praxen von Ärzten und Physiotherapeuten sowie ein Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss. Die Stellplätze in der Garage sind fest vermietet, d.h. sie sind für den öffentlichen Kundenverkehr nicht zugänglich. Ein Teil des Keller- und Erdgeschosses wurde im Jahr 1970 gebaut. Laut Hauptstatik und Bodengutachten aus Dezember 1973 bzw. Januar 1974 wurde dieser älteste Teil des Bauwerks als Schlachterei genutzt. Das Tragwerk der ehemaligen Schlachterei ist im Jahr 1970 bereits für die Aufstockung bzw. den Anbau des in den Jahren 1974/75 realisierten Wohn- und Geschäftshauses bemessen worden und konnte dann nach entsprechender Ergänzung weniger Bauteile im Erdgeschoss mehrgeschossig überbaut werden. Die Tiefgarage wurde in Stahlbetonbauweise gemeinsam mit dem Wohn- und Geschäftshaus in den Jahren 1974/75 errichtet. Damals war es noch nicht üblich und auch noch nicht allgemein anerkannte Regel der Technik, die Bodenplatte oder die Sockel der aufgehenden Stützen und Wände gegen den Eintrag von Tausalz zu schützen. Die Stellplätze wurden seit der Erbauung genutzt, ohne dem Schutz der Stahlbetonbauteile gegen Tausalzeintrag und daraus resultierender Korrosion der Bewehrung Beachtung zu schenken. Als Folge davon traten massive Schäden in Form von Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung an den Stützensockeln sowie an der Schubbewehrung der Einzelfundamente der Stützen auf. Nachdem der heutige Besitzer, die Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft eG (in der Folge kurz NL genannt) das Gebäude übernommen hatte, wurden Maßnahmen zur Instandhaltung des Gebäudekomplexes eingeleitet. So fand im Jahr 2017 eine umfangreiche IST-Zustandserhebung in der Tiefgarage statt. Aufgrund der ausgeprägten Schäden infolge chloridinduzierter Korrosion der Bewehrung war eine umgehende Instandsetzung angezeigt, die in den Jahren 2018/2019 umgesetzt wurde. Dabei stellte die Instandsetzung der Stützen und zugehörigen Einzelfundamente die Planer vor große Herausforderungen. Die Stützen in der Tiefgarage sind zum Teil durch die Überbauung sehr hoch belastet. Aufgrund der hohen Chloridbelastungen bei gleichzeitig ausgeprägtem Querschnittsverlust an der tragenden Bewehrung konnte nur das Instandsetzungsprinzip R-Cl1 nach der Instandsetzungsrichtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton [1] realisiert werden. Dabei wurden tiefgreifende Betonabträge erforderlich, bei denen der Querschnitt der Stützensockel und auch Einzelfundamente stark reduziert werden musste. Ohne Abstützungskonstruktionen wäre dies nicht möglich gewesen. Bei einigen Stützen mussten bis zu 240 Tonnen Last aus der Überbauung abgefangen werden. Diese Abstützung war mit handelsüblichen Systemen nicht zu bewerkstelligen. Auch die Fundamente waren sehr stark geschädigt, sodass ein Betonabtrag von 10 cm auf den Draufsichten notwendig wurde. Bei diesem hohen Betonabtrag reichten die Restquerschnitte der Fundamente im Bauzustand statisch nicht mehr aus. Aus diesem Grund musste die Aufstandsfläche der Stützen im Bauzustand vergrößert werden. Letztendlich wurde ein außergewöhnliches statisches Konzept mit zuvor zu betonierenden Hilfsstützen entwickelt, um eine Instandsetzung der chloridbelasteten Bauteile zu realisieren. Diese umfangreichen, statisch notwendigen Sicherungsmaßnahmen wurden vor Ort in mehreren Bauabschnitten umgesetzt, bevor die eigentliche Instandsetzung erfolgen konnte. Im vorliegenden Beitrag wird das Instandsetzungskonzept mit dem Fokus auf die statisch außergewöhnlichen Vorarbeiten erläutert und die Umsetzung vor Ort dargestellt.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 33 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Susanne Gieler-Breßmer Ingenieurgesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp GmbH Tobelstraße 8, 73079 Süßen Björn Krocker Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft eG Falkenstraße 9, 23564 Lübeck Zusammenfassung Unterhalb eines in den Jahren 1974/ 75 erbauten Wohn- und Geschäftshauses im Zentrum von Ahrensburg liegt eine Tiefgarage mit insgesamt 54 Stellplätzen. Neben zahlreichen Wohneinheiten befinden sich in dem oberirdischen Gebäude diverse gewerbliche Einrichtungen wie z.B. Praxen von Ärzten und Physiotherapeuten sowie ein Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss. Die Stellplätze in der Garage sind fest vermietet, d.h. sie sind für den öffentlichen Kundenverkehr nicht zugänglich. Ein Teil des Keller- und Erdgeschosses wurde im Jahr 1970 gebaut. Laut Hauptstatik und Bodengutachten aus Dezember 1973 bzw. Januar 1974 wurde dieser älteste Teil des Bauwerks als Schlachterei genutzt. Das Tragwerk der ehemaligen Schlachterei ist im Jahr 1970 bereits für die Aufstockung bzw. den Anbau des in den Jahren 1974/ 75 realisierten Wohn- und Geschäftshauses bemessen worden und konnte dann nach entsprechender Ergänzung weniger Bauteile im Erdgeschoss mehrgeschossig überbaut werden. Die Tiefgarage wurde in Stahlbetonbauweise gemeinsam mit dem Wohn- und Geschäftshaus in den Jahren 1974/ 75 errichtet. Damals war es noch nicht üblich und auch noch nicht allgemein anerkannte Regel der Technik, die Bodenplatte oder die Sockel der aufgehenden Stützen und Wände gegen den Eintrag von Tausalz zu schützen. Die Stellplätze wurden seit der Erbauung genutzt, ohne dem Schutz der Stahlbetonbauteile gegen Tausalzeintrag und daraus resultierender Korrosion der Bewehrung Beachtung zu schenken. Als Folge davon traten massive Schäden in Form von Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung an den Stützensockeln sowie an der Schubbewehrung der Einzelfundamente der Stützen auf. Nachdem der heutige Besitzer, die Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft eG (in der Folge kurz NL genannt) das Gebäude übernommen hatte, wurden Maßnahmen zur Instandhaltung des Gebäudekomplexes eingeleitet. So fand im Jahr 2017 eine umfangreiche IST-Zustandserhebung in der Tiefgarage statt. Aufgrund der ausgeprägten Schäden infolge chloridinduzierter Korrosion der Bewehrung war eine umgehende Instandsetzung angezeigt, die in den Jahren 2018/ 2019 umgesetzt wurde. Dabei stellte die Instandsetzung der Stützen und zugehörigen Einzelfundamente die Planer vor große Herausforderungen. Die Stützen in der Tiefgarage sind zum Teil durch die Überbauung sehr hoch belastet. Aufgrund der hohen Chloridbelastungen bei gleichzeitig ausgeprägtem Querschnittsverlust an der tragenden Bewehrung konnte nur das Instandsetzungsprinzip R-Cl 1 nach der Instandsetzungsrichtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton [1] realisiert werden. Dabei wurden tiefgreifende Betonabträge erforderlich, bei denen der Querschnitt der Stützensockel und auch Einzelfundamente stark reduziert werden musste. Ohne Abstützungskonstruktionen wäre dies nicht möglich gewesen. Bei einigen Stützen mussten bis zu 240 Tonnen Last aus der Überbauung abgefangen werden. Diese Abstützung war mit handelsüblichen Systemen nicht zu bewerkstelligen. Auch die Fundamente waren sehr stark geschädigt, sodass ein Betonabtrag von 10 cm auf den Draufsichten notwendig wurde. Bei diesem hohen Betonabtrag reichten die Restquerschnitte der Fundamente im Bauzustand statisch nicht mehr aus. Aus diesem Grund musste die Aufstandsfläche der Stützen im Bauzustand vergrößert werden. Letztendlich wurde ein außergewöhnliches statisches Konzept mit zuvor zu betonierenden Hilfsstützen entwickelt, um eine Instandsetzung der chloridbelasteten Bauteile zu realisieren. Diese umfangreichen, statisch notwendigen Sicherungs- 1 Instandsetzungsprinzip R-Cl: Korrosionsschutz durch Wiederherstellung des alkalischen Milieus. Dabei ist der Beton mit einem korrosionsauslösenden Chloridgehalt unabhängig von Korrosionserscheinungen an der Bewehrung abzutragen und durch neuen alkalischen Beton bzw. Reprofilierungsmaterialien zu ersetzen. buch2.indb 33 13.01.20 15: 39 34 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus maßnahmen wurden vor Ort in mehreren Bauabschnitten umgesetzt, bevor die eigentliche Instandsetzung erfolgen konnte. Im vorliegenden Beitrag wird das Instandsetzungskonzept mit dem Fokus auf die statisch außergewöhnlichen Vorarbeiten erläutert und die Umsetzung vor Ort dargestellt. 1. Einleitung Der Gebäudekomplex, zu dem die Tiefgarage gehört, ist als Eckbebauung errichtet worden; er liegt direkt im Zentrum von Ahrensburg. Die Tiefgarage wird über eine Stichstraße erschlossen. Um auf den Vorhof der Tiefgarage zu gelangen, muss eine Durchfahrt unter einem Gebäude durchfahren werden. Diese Tatsache erschwerte später die Logistik des Geräte- und Materialtransports während der Baumaßnahme. Die Mehrzahl der Bauteile im Inneren der Tiefgarage bestehen aus Stahlbeton, nur einige Wände zwischen der alten Schlachterei und der 4 Jahre später erstellten Tiefgarage sowie Trennwände zu Nebenräumen sind als Mauerwerkswände errichtet worden. Die Stützen, Wände und die Deckenuntersicht wiesen zum Zeitpunkt der Begutachtung im Jahr 2017 einen einfachen Farbanstrich auf. Die Tiefgarage hat keinen regelmäßigen Grundriss, sondern ist mehreckig errichtet worden - siehe Abbildung 1 im Anhang. Die Bestandspläne wurden im Rahmen der IST-Zustandserfassung neu im dwg-Format erfasst und die alten Achseinteilungen übernommen. Alle Stützen wurden durchnummeriert. In Abb. 1 sind die Einzelfundamente der einzelnen Stützen dargestellt, die bei der weiteren Instandsetzung eine große Rolle spielten. Um den Umfang der Instandsetzung nachvollziehen zu können, wird nachfolgend zunächst auf die baulichen Besonderheiten eingegangen. 2. Bauliche Besonderheiten Zum besseren Verständnis der Gebäudestruktur wird an dieser Stelle die Gesamtkonstruktion des Wohn- und Geschäftshauses beschrieben werden, da die Einwirkungen aus den oberen Geschossen wesentlichen Einfluss auf die Dimensionen und die Instandsetzungsverfahren der meisten Tragwerkselemente der Tiefgarage haben. Die Aufarbeitung der Altstatik erfolgte durch das Ingenieurbüro Wiemer aus Hamburg, die nachfolgenden Beschreibungen zur Konstruktion des Bauwerks entstammen dem dort erarbeiteten Bericht [2] zur Gesamtstatik. 2.1 Allgemeine Konstruktionsbeschreibung Die Abb. 2 im Anhang zeigt einen Schnitt durch das Gebäude in Achse 11. Direkt neben dem grau hinterlegten alten Gebäudeteil aus dem Jahr 1970 liegt ein 2geschossiger Gebäudeteil bestehend aus Einkaufsmarkt im EG und darunterliegender Tiefgarage. Daran schließt ein 3geschossiger Gebäudekomplex an. Abb. 3 zeigt den Querschnitt durch diesen Teil. Die Dachkonstruktion über dem Dachgeschoss besteht aus einem Mansarddach, wobei der Mittelteil als Flachdach ausgeführt wurde. Die hölzernen Sparren und Pfetten sind auf Stahlrahmen und Mauerwerkswänden abgesetzt. Der Dachaufbau besteht aus einer Bekiesung auf Dachabdichtung auf Holzschalung. In den Jahren 1973/ 74 war für das Dachgeschoss eine eher untergeordnete Nutzung (Abstellräume, Trockenraum und dergleichen) geplant. Die Dachkonstruktion über dem Erdgeschoss im nicht überbauten Bereich der Tiefgarage (etwa Achse I bis A/ 8 bis 12 in Abb. 1) besteht aus einem Trapezblech auf Stahlträgerlage, welches mit einer Dachabdichtung auf Wärmedämmung belegt ist. Diese Dachkonstruktion ist mit einer abgehängten Decke nebst Installationsebene ausgestattet. Sämtliche Geschossdecken bestehen aus Stahlbeton und sind mit einem der Nutzung entsprechenden Belag ausgestattet. Die Stahlbetondecken über dem 3. Obergeschoss, dem 2. Obergeschoss und dem 1. Obergeschoss verfügen in Achse 9 über eine Deckenfuge. Sämtliche Wohnungen im 2. und 3. Obergeschoss sowie auch der größte Teil der Büros im 1. Obergeschoss haben einen Balkon oder eine Dachterrasse. Soweit nicht oberhalb der darunterliegenden Dachdecke angeordnet, wurden diese als Stahlbeton-Fertigteilplatten auf monolithisch an das Haupttragwerk anbindenden Stahlbetonkonsolen oder als monolithisch mit dem Haupttragwerk verbundene Stahlbetonkragplatten ausgeführt. Im 3. Obergeschoss und im 2. Obergeschoss sind die Geschossdecken auf Mauerwerkswänden abgesetzt, welche durch Stahlbetonstützen an den Wandenden eingefasst sind. Die Wohngeschosse (Dachgeschoss bis 2. Obergeschoss) sind durchgehend grundfest geplant und auch grundfest auf der Konstruktion des 1. Obergeschosses abgesetzt. Da der Einkaufsmarkt im Erdgeschoss jedoch die Möglichkeit einer flexiblen Regalstellung benötigte, ist der Innenbereich des Erdgeschosses nahezu frei von durchgehenden Wänden. Hier wurde vielmehr über Abfangkonstruktionen bestehend aus wandartigen Trägern aus Stahlbeton im 1. Obergeschoss und Stahlbetonunterzügen über dem Erdgeschoss sämtliche Wandlasten aus den Obergeschossen abgefangen und auf Stahlbetonstützen im Erdgeschoss abgesetzt. So bestehen denn auch etwa 60 Prozent der Wände im 1. Obergeschoss aus Stahlbeton. Da zum 1. Obergeschoss kein Positionsplan vorlag, musste das Ingenieurbüro Wiemer das 1. Obergeschoss aus den Bewehrungsplänen und der Statik rekonstruieren. Durch farbige Eintragungen in einen Architektenplan des 1. Obergeschosses werden an Abb. 4 im Anhang die verschiedenen Wandmaterialien im 1. Obergeschoss buch2.indb 34 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 35 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus (Stahlbeton blau; Mauerwerk orange) aufgezeigt, um die Vielzahl der die oberen Geschosse abfangenden wandartigen Träger zu veranschaulichen. Die Deckenkonstruktion über dem Erdgeschoss besteht aus einer auf Stützen und Wänden abgesetzten Decken-/ Unterzugskonstruktion, wobei diese teilweise in die vorbeschriebenen wandartigen Träger im 1. Obergeschoss hochgehängt sind. Die Außenwände, die Trennwand in Achse I und die Treppenhauswände im Erdgeschoss bestehen aus Mauerwerk, sonstige Wände wie auch die Stützen im Erdgeschoss bestehen aus Stahlbeton. Ab dem Erdgeschoss laufen mit Ausnahme eines wandartigen Trägers in Achse B‘/ 7 bis 12 alle Vertikalbauteile, d.h. Stützen und Wände unversetzt bis in die Tiefgarage hinunter und sind dort über Streifen- und Einzelfundamente auf gut tragfähigem Baugrund flach gegründet. Bei der Tiefgaragenkonstruktion handelt es sich mit Ausnahme der Wand in Achse I im Übergangsbereich zur ehemaligen Schlachterei um eine reine Stahlbetonkonstruktion. Die Deckenkonstruktion über der Tiefgarage besteht aus einer auf Stützen und Wänden abgesetzten Decken-/ Unterzugskonstruktion. Mit Ausnahme der Aufzugsschachtwände und der Treppen-hauswände ruhen die oberen Geschosse wie auch die Tiefgaragendecke/ -unterzüge im Innenbereich auf Stützen. Die Außenwände bestehen aus Stahlbeton. Bei der Bodenplatte handelt es sich um eine 15 cm dicke Stahlbetonbodenplatte die stumpf gegen die bis OK Bodenplatte hergestellten Einzelfundamente der Stützen stößt. 2.2 Gebäudeaussteifung Zur Gebäudeaussteifung wurden folgende Sachverhalte in [2] zusammengetragen: 2.2.1 Dachgeschoss Obwohl in der Hauptstatik nicht ausdrücklich angeführt, wurde eine horizontale Aussteifung durch die Dachschalung angenommen, was zum Zeitpunkt der Erbauung einer üblichen Vorgehensweise entsprach. Die vertikale Aussteifung ist in Längs- und Querrichtung durch eine Vielzahl an Mauerwerkswandscheiben und Stahlrahmen gewährleistet. 2.2.2 3. und 2. Obergeschoss Die horizontale Aussteifung erfolgt über die Stahlbetondeckenscheibe, die vertikale Aussteifung in Längs- und Querrichtung über eine Vielzahl an Mauerwerkswandscheiben. 2.2.3 1. Obergeschoss Die horizontale Aussteifung wird über die Stahlbetondeckenscheibe realisiert. Die vertikale Aussteifung in Längs- und Querrichtung sowohl über eine Vielzahl an wandartigen Trägern aus Stahlbeton, die auch als Wandscheibe herangezogen wurden, als auch über eine Vielzahl an Mauerwerkswandscheiben. 2.2.4 Erdgeschoss Die horizontale Aussteifung ist im Wesentlichen über die Stahlbetondeckenscheibe gewährleistet. Die inneren Vertikalglieder des Erdgeschosstragwerks bestehen im Wesentlichen aus Pendelstützen. Zudem besteht die Außenwand in Achse D aus einer Lochfassade, die nur über unwesentliche Aussteifungseigenschaften verfügt. Zur vertikalen Aussteifung wurden in Richtung der Großbuchstabenachsen deshalb der eingezogen angeordnete wandartige Träger aus Stahlbeton in Achse B‘ sowie die „Altwand“ aus 1970 in Achse I aus Mauerwerk herangezogen. Orthogonal hierzu bzw. unter 60° hierzu wurden die beiden Mauerwerkswandscheiben in Achse 12/ I bis D (ca. 32 m lang) und in Achse D/ 2 bis 4‘ (ca. 14 m lang) herangezogen. Eben-so sind die Längswände des Treppenhauses in Achse 4 und Achse 4‘‘ (Mauerwerk; je ca. 5 m lang) sowie der Aufzugsschacht (Stahlbeton) zur Vertikalaussteifung heranzuziehen. Der nicht überbaute Bereich zwischen Achse I und A/ 8 und 12 (Dachkonstruktion aus Trapezblech auf Stahlträgern) ist horizontal an die vorbeschriebene Deckenscheibe angebunden. 2.2.5 Tiefgarage Die horizontale Aussteifung erfolgt über Stahlbetondeckenscheiben. Durch Deckenfugen in Achse A und 8‘‘ ist der Deckenbereich Achse I-A/ 8‘‘-12 vom Rest der Deckenscheibe getrennt. Die Unterzüge in Achse A und in Achse III sind jedoch monolithisch mit dem Resttragwerk verbunden. Den verfügbaren Unterlagen konnte keine Wandfuge in der Stahlbetonaußenwand in Achse 12 entnommen werden. Es ist möglich, dass zumindest ein Teil der Horizontalbeanspruchung über einen unplanmäßigen Formschluss in der Deckenfuge in das Resttragwerk weitergeleitet wird. Da dieser Teilbereich isoliert betrachtet jedoch nur über 2 Wandscheiben verfügt (Achse I und 12), die sich in Achse I/ 12 schneiden, ist nicht auszuschließen, dass die Stahlbetonstützen in diesem Bereich eine - wenn auch geringe - Horizontalbeanspruchung (Wind-/ Stabilisierungs-/ Erddruck) erfahren. Bei der Wahl der Instandsetzungsverfahren war dieser Sachverhalt abschließend zu klären und angemessen zu berücksichtigen. Der größere Deckenabschnitt (vorstehend Rest der Deckenscheibe genannt) ist sowohl horizontal (Stahlbetondeckenscheibe) als auch vertikal (Stahlbetonwandscheiben) ausreichend ausgesteift. buch2.indb 35 13.01.20 15: 39 36 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus 2.3 Konstruktion der Einzelbauteile Zu den Einzelbauteilen der Tiefgarage war zum Zeitpunkt der Planung der Instandsetzung folgendes bekannt: 2.3.1 Decke über Tiefgarage Die Decke über der Tiefgarage wurde als einachsig gespannte Durchlaufplatte bemessen. Die Deckenstärken dieser Massivplatten variieren je nach statischen Erfordernissen zwischen 17 und 20 cm. In den Achsen I, A und 8‘‘ wurden Deckenfugen angeordnet. Bei diesen Fugen handelt es sich aber nicht um konsequent durchgehende Gebäudefugen. Die Decken sind in der oberen und der unteren Lage matten- und stabstahlbewehrt. Den Bestandsunterlagen konnten folgende Eigenschaften entnommen werden: Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 250 (B300) Betonstahlgüte: BSt III K; BSt IV R (BSTG) Betondeckung: 1 cm 2.3.2 Unterzüge über Tiefgarage Die Unterzüge über der Tiefgarage wurden als Plattenbalken bemessen. Sie verfügen je nach statisch-konstruktiver Erfordernis über Unterzugshöhen von 60 cm, 65 cm (Regelhöhe) und 100 cm sowie Unterzugsbreiten zwischen 30 und 45 cm. Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 250 (B300) Betonstahlgüte: BSt III K Betondeckung: 2 cm 2.3.3 Stützen Tiefgarage Die Stützen der Tiefgarage wurden in verschiedensten Querschnitten mit den Abmessungen 25/ 25 cm, 24/ 30 cm, 30/ 30 cm, 30/ 35 cm, 35/ 35 cm, 35/ 40 cm, 40/ 40 cm und 45/ 45 cm erstellt und je nach statischer Erfordernis verschieden bewehrt (Abb. 5 Regelquerschnitt), sodass die Stützen im Gebrauchszustand überwiegend hoch ausgenutzt sind. Sie wurden als Pendelstützen bemessen. Einige Stützen verfügen über eine Stützenkopfverstärkung (Abb. 6). Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 250 (B300) Betonstahlgüte: BSt III K Betondeckung: 2 cm 2.3.4 Wände Tiefgarage Die Außenwände der Tiefgarage sind neben der Vertikalbeanspruchung auch auf orthogonal zur Wandebene einwirkender Horizontalbeanspruchung infolge Erddruck aus wandhoher Anschüttung nebst Bodenauflast (10 kN/ m²) sowie Horizontalbeanspruchungen in Wandebene infolge Wind, Stabilisierung und Erddruck bemessen. Die Innenwände der Tiefgarage wurden im Wesentlichen zum vertikalen Lastabtrag und für Horizontalbeanspruchungen in Wandebene infolge Wind, Stabilisierung und Erddruck bemessen. Über die Abdichtungsart der Außenwände waren den Bestandsunterlagen keine Informationen zu entnehmen. Die Außenwände sind 25 cm bis 30 cm stark, die Innenwände sind 24 cm stark. Den Bestandsunterlagen konnten folgende Eigenschaften entnommen werden: 2.3.5 Außenwände: Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 150 (B225) Betonstahlgüte: BSt III K; BSt IV R (BSTG) Betondeckung: 2 cm Innenwände: Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 250 (B300) Betonstahlgüte: BSt III K; BSt IV R (BSTG) Betondeckung: 2 cm 2.3.6 Bodenplatte Zur Bodenplatte konnten den Bestandsunterlagen keine detaillierten Informationen entnommen werden. Den Ausführungsplänen zu einigen angrenzenden Bauteilen konnte lediglich entnommen werden, dass die Sohle 15 cm stark ist. Vor Ort war festzustellen, dass die Sohle im Bereich der 80 cm hohen Einzelfundamente der Stützen losgelöst gegen diese betoniert wurde. Im Bereich der 40 cm hohen Einzel- und Streifenfundamente wurde die Sohle über die Fundamentkörper hinweg -jedoch losgelöst von den Stützenhergestellt. Ob es sich hier jeweils um eine Pressfuge handelt, ist den Bestandsunterlagen nicht zu entnehmen gewesen. Weitere Einzelheiten waren nicht bekannt. 2.3.7 Einzelfundamente und Streifenfundamente Die Einzelfundamente wurden überwiegend als zentrisch belastete Gründungskörper mit 80 cm Einbindetiefe bemessen. Die hochbelasteten Fundamente unterhalb des mehrgeschossig überbauten Bereiches wurden entsprechend der Einbindetiefe 80 cm hoch ausgeführt und schließen mit ihrer Oberkante in Oberkante Sohle ab (Abb. 7). Die geringer belasteten Einzelfundamente unterhalb des nur erdgeschossig überbauten Bereiches verfügen über eine Bauhöhe von lediglich 40 cm bei einer Einbindetiefe von 80 cm, sodass diese Fundamente von der Sohle überbaut sind (Abb. 8). Die Abmessungen der Einzelfundamente betragen je nach Einwirkung 65/ 65 cm bis 275/ 275 cm. Die Bemessung erfolgte in der Regel unter Ausnutzung der zulässigen Bodenpressung von 350 kN/ m² (Einzelfundamente; charakteristisch) bzw. 300 kN/ m² (Streifenfundamente; charakteristisch). Die Streifenfundamente -bereichsweise biegebewehrt als Fundamentbalken ausgebildetsind in Achse 0 und Achse D zentrisch belastet und verfügen über Abmessunbuch2.indb 36 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 37 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus gen von b/ h = 40/ 40 cm. Diese Streifenfundamente sind durch die Sohle überbaut. In Achse 12/ I bis III ist ein zentrisch belasteter Fundamentbalken mit Abmessungen von b/ h = 35/ 90 cm oberkantengleich mit der Sohle ausgeführt worden. In Achse 12/ III bis D wurde ein exzentrisch belasteter Fundamentbalken als Stiefelfundament mit den Abmessungen b/ d = 80/ 40 cm ausgeführt. Dieser Fundamentbalken ist durch die Sohle überbaut. Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 150 (B225) Betonstahlgüte: St III K Betondeckung: 2 cm 2.3.8 Zufahrtsrampe Die Überdachung der Tiefgaragenzufahrt wurde als eigenständiger Baukörper losgelöst von der Tiefgarage in Stahlbetonbauweise hergestellt. Dieser Baukörper besteht aus einer auf Unterzügen abgesetzten Dachdecke (planmäßige Nutzung als Spielplatz). Die Unterzüge ruhen in Achse der seitlichen Begrenzung der Zufahrt auf kurzen Stützen, die wiederum in eine Winkelstützwand übergehen, welche die Geländesprungsicherung gewährleistet. Die maximalen Außenabmessungen des Tiefgaragendaches betragen 9,20 m/ 14,00 m. Die Zufahrtsrampe verfügt über eine lichte Breite von 7,20 m. Betondruckfestigkeitsklasse: Bn 150 (B225) Betonstahlgüte: BSt III K; BSt IV R (BSTG) Betondeckung: 2 cm 3. IST-Zustandserfassung im Jahr 2017 Die Tiefgarage wurde im Jahr 2017 von der ö.b.u.v. Sachverständigen Gieler-Breßmer umfangreich betontechnologisch untersucht und der IST-Zustand ganzheitlich erfasst. Im Zuge des Gutachtens wurde ein Instandsetzungskonzept in Zusammenarbeit mit Herrn Guttenberg vom Ingenieurbüro Wiemer erarbeitet. Die Ergebnisse der Begutachtung sind in dem Gutachten [3] aus dem Jahr 2017 dargestellt; sie werden nachfolgend zusammengefasst 3.1 Ergebnisse visuelle Schadensaufnahme Die nachfolgenden Bilder zeigten die Zufahrt zur Tiefgarage und im Hintergrund die 3geschossige Überbauung mit Wohnungen und Praxen sowie im Vordergrund die 1geschossige Überbauung mit dem Lebensmittelmarkt. Bild 1: Zufahrt zur Tiefgarage vom Vorplatz aus Von der Straße „Neue Straße“ erfolgt die Zufahrt in die Tiefgarage über eine Durchfahrt unter dem parallel zur Straße liegenden Gebäude. Bild 2: Durchfahrt von der Stichstraße zum Vorplatz der Tiefgarage In einem 1ten Schritt wurden alle visuell erkennbaren Schäden in der Tiefgarage in einem Schadenskartierungsplan aufgenommen und fotografisch dokumentiert. Bild 3: Tiefgarage im Inneren buch2.indb 37 13.01.20 15: 39 38 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus 3.1.1 Stützen-/ Wandsockel An nahezu sämtlichen Stützensockeln waren sehr ausgeprägte Schäden mit tiefgehenden Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung fest zu stellen. Dabei ist der Querschnittsverlust an der Bewehrung örtlich sehr hoch gewesen. Überall dort, wo die Bodenplatte Mulden vor den Wandsockeln zeigte, waren auch an den Wandsockeln deutliche Schäden in Form von Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung wahrzunehmen. Die Betondeckung der Bewehrung war bei beiden Bauteilen am Sockel überwiegend sehr gering. Bild 4: Korrodierende Bewehrung am Stützensockel Bild 5: Korrodierende Bewehrung am Wandsockel 3.1.2 Einzelfundamente An der Schubbewehrung der bis OK Bodenplatte reichenden Einzelfundamente wurden sehr hohe Querschnittsverluste bis hin zum Bruch vorgefunden. Die Betondeckung ging örtlich gegen Null. Bild 6: Einzelfundament mit erheblicher Korrosion an der Schubbewehrung 3.1.3 Bodenplatte Die Bodenplatte war übersäht mit weißlichen Ablagerungen und zeigte sehr deutlichen Verschleiß nach einer Nutzungszeit von nahezu 43 Jahren. Bild 7: Calciumcarbonatablagerungen auf der Bodenplatte Die weißlichen Ablagerungen waren verursacht durch eine nicht funktionstüchtige Dränage, so dass Schichtenwasser bis Unterkante Bodenplatte anstand und durch den Beton in das Innere der Tiefgarage diffundierte. Dabei wurde Calciumhydroxid aus dem Beton ausgewaschen, welches sich als Calciumcarbonat auf der Oberfläche der Bodenplatte ablagerte. 3.1.4 Rampe und Überdachung Die Rampenzufahrt ist mit Betonverbundsteinen belegt. Diese weisen unregelmäßige Setzungen in den Fahrspuren auf. buch2.indb 38 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 39 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Bild 8: Rampe in Tiefgarage An den Stahlbetonbauteilen der Rampenüberdachung wurden örtlich Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung, die < 10 mm überdeckt ist, festgestellt. Die Abdichtung des Daches über der Zufahrt war nicht mehr intakt. Bild 9: geschädigte Abdichtung Rampenüberdachung Bild 10: geschädigte Stirnseite der Überdachung Die Dachkante wies Betonschäden in Form von Abplatzungen über korrodierender Bewehrung und Farbabplatzungen auf (Bild 10). 3.2 Ergebnisse der betontechnologischen Untersuchungen Im Zuge der betontechnologischen Untersuchung wurden die Karbonatsierungstiefe des Betons, die Betondeckung der Bewehrung, die Oberflächenzugfestigkeit des Betons sowie die Druckfestigkeit bestimmt. Außerdem fand eine Potentialfeldmessung an den tausalzbeaufschlagten Bauteilen statt. Die Ergebnisse lassen sich bauteilbezogen wie folgt darstellen: 3.2.1 Außenbauteile aus Stahlbeton, Bauteile außerhalb der mit Tausalz beaufschlagten Bereiche Aufgrund einer geringen planmässigen Betondeckung (10 - 20 mm laut Statik) und gleichzeitig dem Alter von 43 Jahren entsprechenden Karbonatisierungstiefe ist es an diesen Bauteilen zu karbonatisierungsinduzierter Korrosion gekommen. An den Deckenunterseiten ebenso wie an den Unterzügen sowohl im Inneren der Garage als auch bei der Rampenüberdachung wurde in weiten Bereichen eine Betondeckung < 10 mm ermittelt. Diese erforderte bei der Instandsetzung eine Betondeckungserhöhung durch den Auftrag von spritzbaren kunststoffmodifizierten Mörteln (im Folgenden abgekürzt: SPCC`s). 3.2.2 Stützen- und Wandsockel Die Sockel der aufgehenden Bauteile wiesen sehr hohe Chloridgehalte bei einer örtlich sehr geringen Betondeckung der Bewehrung < 10 mm auf. Nachfolgende Diagramme zeigen die vorgefundenen Chloridgehalte in den unterschiedlichen Tiefenstufen: Bild 11: Chloridgehalte bei den Messstellen MS 1-15 buch2.indb 39 13.01.20 15: 39 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Bild 12: Chloridgehalte bei den Messstellen MS 16-24 Da die Bodenplatte der Tiefgarage kein Gefälle aufwies, lagen die meisten Stützensockel im Bereich eines Tiefpunktes, so dass bei der Nutzung Wasserpfützen um diese herum auftraten. Im Winter eintransportiertes Tausalz konnte somit in die Sockel eindringen. Das zeigt sich in den Chloridprofilen: die Bewehrung lag überwiegend in einem Beton mit hohem, korrosionsauslösendem Chloridgehalt. Bei den Wandsockeln ergab sich ein ähnliches Bild: Bild 13: Chloridgehalte an den Wandsockeln Die stark erhöhten Choridwerte in Höhe der Bewehrung zeigten sich auch dort in Bereichen mit Pfützen vor den Wänden. Karbonatisierungsinduzierte Korrosion spielte dort keine Rolle. 3.2.3 Einzelfundamente, die oberflächenbündig mit der Bodenplatte endeten, sowie Bodenplatte Die Schubbewehrung der Einzelfundamente zeigte örtliche eine Betondeckung unter 10 mm. Gleichzeitig war der Chloridgehalt hoch: Bild 14: Chloridgehalte Boden und Fundamente Die Querschnittsverluste an der Bewehrung waren zum Teil sehr hoch, Schubbewehrung war gebrochen. Aus einigen Fundamenten wurden Bohrkerne entnommen. Der Beton der Fundamente wurde mit einem 16 mm Größtkorn und einem Sandsplittkies hergestellt. Die Verdichtung ist gut. Es gibt eine geringe Anzahl an Verdichtungsporen mit bis zu 2 mm Ø auf der Mantelfläche des Bohrkerns. Die Druckfestigkeit entsprach im Mittel einem Beton C 25/ 30 gemäß DIN EN 13791. Im Zuge der Entnahme der Bohrkerne wurde gleichzeitig überprüft, ob die Einzelfundamente der Stützen 34 bis 38 (nur 1gschossig überbaute Bereich der Tiefgarage) tatsächlich 80 cm tief einbinden. Da die Oberkante Fundament und Oberkante Bodenplatte gleich waren, musste angenommen werden, dass ggf. die Einbindetiefe nicht ausreicht. Laut Statik sollten diese Fundamente bei einer Höhe von 40 cm mindestens 80 cm tief einbinden. Die Probebohrungen zeigten jedoch, dass man bei der Herstellung entgegen der Planung diese Fundamente 80 cm hoch eingebaut hat, sodass die Oberkanten deckungsgleich mit der Bodenplatte liegen. 3.3 Bewertung der Erhebungen Die Tiefgarage in der Manhagener Allee 7 wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung seit 43 Jahren umfassend genutzt. Im Jahr 1974/ 75 war es noch nicht Stand der Technik, die Bauteile, die mit Tausalzen in Berührung kommen, abzudichten und vor chloridinduzierter Korrosion zu schützen. Weder die Bodenplatte noch die Fundamentoberseiten noch die Stützen- und Wandsockel waren gegen den Eintrag von Tausalzen, die im Winter durch die einfahrenden Fahrzeuge in die Tiefgarage transportiert werden, geschützt. Diesem Umstand war es zu verdanken, dass an den standsi-cherheitsrelevanten Bauteilen, wie Stützen- und Wandsockeln sowie Fundamentoberseiten, sehr umfangreiche Schäden in Form von Betonabplatzungen korrodierender Bewehrung vorlagen. 3.3.1 Zufahrt und Überdachung Bei der Zufahrt in die Tiefgarage hat man zum Zeitpunkt der Errichtung einen Verbundsteinpflasterbelag verlegt. Dies stellte sich aus heutiger Sicht als sehr vorteilhaft heraus, da dieser Belag nahezu unbeschädigt war. Die Stützwände der Rampe hat man dabei mit vorgesetzten Schrammborden vor dem direkten Einfluss von Tausalzen geschützt. Insofern sind bei den Bauteilen des Rampenbauwerks keine Schäden infolge chloridinduzierter Korrosion entstanden. Zum Zeitpunkt der Planung hat man bei den Bauteilen eine Betondeckung von 20 mm angesetzt. Bei der Errichtung wurde diese Betondeckung örtlich unterschritten, sodass es zu örtlichen Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung infolge Karbonatisierung gekommen ist. buch2.indb 40 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 41 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Bei der Decke oberhalb der Rampe hat es sich ursprünglich um einen Kinderspielplatz gehandelt. Dieser wurde nicht mehr genutzt. Die als Abdichtung eingesetzte rissüberbrückende Beschichtung war am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. 3.3.2 Bodenplatte im Inneren der Tiefgarage Die Bodenplatte im Inneren der Tiefgarage sollte 15 cm dick sein. Es gibt von der Bodenplatte keine detaillierten Informationen aus den Bestandsunterlagen. Die Bodenplatte war an der Draufsicht sehr starkem Verschleiß unterworfen und wies örtlich erhebliche Hohllagen auf. Außerdem war auf der gesamten Fläche ein weißlicher Belag festzustellen, der darauf hinwies, dass von unten Wasser durch die Bodenplatte transportiert wird, dort Calciumhydroxid auswäscht und an der Oberseite Calciumkarbonat als Ausblühung liegen bleibt. Aus diesem Grund wurde dem Auftraggeber geraten, die Drainagen zu befahren und deren Zustand zu begutachten. Dabei zeigte sich, dass die gesamten Drainagen nicht mehr funktionsfähig sind. Es stellte sich heraus, dass sich Wasser unter der Bodenplatte aufstaute und es somit zu diesen Ablagerungen gekommen war. Die Bodenplatte war am Ende ihrer Lebensdauer angekommen. Eine Instandsetzung der Bodenplatte wurde als nicht mehr zielführend beurteilt. 3.3.3 Einzelfundamente Bei den Einzelfundamenten war der Schadensgrad aufgrund der sehr geringen Betondeckung der Bewehrung und der hohen Chloridgehalte außerordentlich hoch. Die Schubbewehrung war durch chloridinduzierte Korrosion sehr stark geschädigt worden. 3.3.4 Stützen Sämtliche Stützensockel, die im Bereich von Pfützen und Gefälletiefpunkten lagen, waren sehr stark geschädigt und hoch chloridkontaminiert. Chloridinduzierte Korrosion hat zu erheblichen Querschnittsverlusten an der Stützenbewehrung geführt. Auf diesen Umstand war es zurückzuführen, dass es zahlreiche großflächige Betonabplatzungen über korrodierender Bewehrung gab, die zum Teil an allen 4 Seiten der einzelnen Stützen aufgetreten sind. Der IST-Zustand der Stützen wurde aus statischer Sicht in Zusammenhang mit dem Zustand der Fundamente als außerordentlich kritisch beurteilt. 3.3.5 Wandsockel Überall dort, wo die Wände im Bereich der Gefälletiefpunkte lagen, galt für diese Sockel das Gleiche, wie für die Stützensockel. Durch chloridinduzierte Korrosion waren hier örtlich erhebliche Schäden an der Bewehrung aufgetreten, die relativ nah an der Oberfläche lag. 3.3.6 Wände und Stützen oberhalb der Sockelbereiche sowie Decke Alle Stahlbetonbauteile, die außerhalb der Tausalzbelastung liegen, wiesen eine dem Bauwerksalter geschuldete, sehr geringe Betondeckung auf. Örtlich gab es hier kleinere Betonabplatzungen über zu gering überdeckter Bewehrung. Hier war der bauliche Brandschutz durch einen Brandschutzgutachter zu klären. 4. Instandsetzungskonzept Die Instandsetzung der Tiefgarage war aufgrund der Untersuchungsergebnisse dringend erforderlich, um die Standsicherheit und dauerhafte Gebrauchstauglichkeit der Tiefgarage wiederherzustellen. Gemeinsam mit dem Tragwerksplaner wurde ein Konzept entwickelt, dass sowohl den statischen als auch den korrosionsschutztechnischen Gegebenheiten Rechnung trug. 4.1 Instandsetzung der Stützen Die Stützen in der Tiefgarage sind zum Teil durch die Überbauung hoch belastet. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse wäre bei zahlreichen Stützen umlaufend ein Betonabtrag zwischen 60 und 80 mm bis auf eine Höhe von 40 cm über Oberkante Fundament notwendig. Da der Betonabtrag bis ca. 2 cm hinter die Bewehrung erfolgen muss, um den einzubringenden Beton ordnungsgemäß verdichten zu können, wurde im Zuge der Überlegungen zum Instandsetzungskonzept festgelegt, dass es sinnvoll ist, mindestens 100 mm Beton umlaufend abzutragen. Diese Vorgabe wurde vom Tragwerksplaner, Herrn Dipl.- Ing. Guttenberg vom Ingenieurbüro Wiemer, überprüft. Er stellte fest, dass dieser tiefe Betonabtrag aufgrund des Ausnutzungsgrades der Stützen aus standsicherheitsrelevanten Gründen nicht möglich ist. Bei einigen Stützen müssen bis zu 240 Tonnen Last von der Überbauung abgefangen werden. Dies ist nicht mit üblichen Baustützen möglich. Aus diesem Grund wurde folgendes Instandsetzungskonzept beschlossen: im Bauzustand mussten im Folgenden als Hilfsstützen bezeichnete Stahlbetonstützen achssymmetrisch auf dem Fundament abgesetzt werden. Diese werden jeweils rechts und links an die bestehenden Stützen anbetoniert (siehe Abb. 9 des Anhangs mit dem Grundrissplan mit eingetragenen Orten der Hilfsstützen). Einige dieser Hilfsstützen mussten zur Ermöglichung der Nutzung später wieder ausgebaut werden, andere konnten stehen bleiben. Aber nicht nur aufgrund der hohen Lasten aus der Überbauung ist diese Art der Abstützung zur Instandsetzung notwendig geworden, sondern auch aufgrund der Fundamentsituation. Die Fundamente waren sehr stark geschädigt, sodass ein Betonabtrag von 10 cm notwendig wurde. Bei dieser notwendigen Abtragstiefe reichten die Fundamente im Bauzustand statisch nicht mehr aus. buch2.indb 41 13.01.20 15: 39 42 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Aus diesem Grund musste die Aufstandsfläche im Bauzustand vergrößert werden und dies ging nur durch die einzubringenden Hilfsstützen. Deshalb mussten im Bereich der Hilfsstützen 10 cm tiefe Taschen für die Vergrößerung der Aufstandsfläche durch die Hilfsstützen in die Fundamente eingebracht werden. Danach wurden auf einer Seite der Bestandsstützen die Hilfsstützen gesetzt. Nach Aushärtung erfolgte das Setzen der 2ten Hilfsstütze auf der anderen Seite. Nach Erhärtung des Betons der Hilfsstützen bis zu 75 % der Betonfestigkeit wurde der Beton der Bestandsstütze auf eine Höhe von 40 cm über Oberkante Fundamente und 10 cm in das Fundament hinein mittels HDW-Strahlen auf voller Breite abgetragen und später neu betoniert. Dieses Konzept wurde in nachfolgend beschriebenen Arbeitsschritten ungesetzt: 4.1.1 Schritt 1: Herstellen der Hilfsstützen: Nach Prüfung durch den Tragwerksplaner war die einseitige Herstellung der Hilfsstützen bei allen Stützen gleichzeitig möglich. Dies konnte im Bauablauf berücksichtigt werden. Ein gleichzeitiges beidseitiges Arbeiten an den Stützen war nicht möglich. Folgende Arbeitsschritte waren umzusetzen: - Herstellen der 10 cm tiefen Taschen für die 20 cm breiten Hilfsstützen auf voller Stützen-breite auf einer Seite der Bestandsstützen. Das Herstellen der Taschen erfolgte mit HDW-Strahlen; hierbei musste der Unternehmer jedoch insbesondere darauf achten, dass die Bestandsstütze beim HDW-Strahlen keinesfalls geschädigt wird. - Die Stützenflanke, an die die Hilfsstütze betoniert werden sollte, musste mittels HDW-Strahlen angeraut werden, um eine Verbundwirkung zu erzielen. - Endverankerungen wurden in die Bestandsstütze gesetzt, um die Verbundwirkung zwischen Hilfsstütze und Bestandsstütze herzustellen. - Der Bewehrungskorb für die Hilfsstütze wurde stumpf auf das Fundament aufgesetzt. Ein Einbohren der Bewehrung in das Fundament war zur Lagestabilisierung nicht notwendig, da dieser Teil der Stütze später durch den Fundamentbeton, der wieder ergänzt wurde, eingespannt war. Der notwendige Bewehrungskorb für die Hilfsstützen wurde eng mit den Endverankerungen verrödelt. - Die Hilfsstützen werden betoniert Als Beton wurde ein C 35/ 45 aufgrund des Bauablaufs gewählt. Da als Abdichtungsmaßnahme am Stützensockel ein Hochzug mit einem OS 10-System realisiert wurde, war als Expositionsklasse XC3 ausreichend. Dies war aus statischen Gründen sinnvoll, da dann die Mindestbetondeckung auf 20 mm reduziert werden konnte. Die so hergestellte Hilfsstütze auf der einen Seite der Stütze musste ca. 7 Tage in der Schalung verbleiben, so dass 75 % der Druckfestigkeit erreicht wurde. Erst dann konnten die Hilfsstützen auf der anderen Seite der Bestandsstützen hergestellt werden. 4.1.2 Schritt 2: Instandsetzung Sockel Bestandsstützen Nach der erforderlichen Aushärtezeit der Hilfsstützen konnte der Beton am Sockel der Bestandsstützen mittels HDW-Strahlen auf eine Höhe von h = 40 cm über Oberkante Fundament und 10 cm in das Fundament hinein abgetragen werden. Dabei war unbedingt auf den Schutz der Hilfsstützen zu achten. Die gerade hergestellten Hilfsstützen durften beim Höchstdruckwasserstrahlen nicht beschädigt werden. Um dies zu verhindern wurde in hinter dem Bewehrungskorb jeder Hilfsstütze ein Stahlblech vor dem Betonieren eingeführt. Bei allen Stützen, bei denen die Hilfsstützen aus Stahlbeton dauerhaft verblieben, war die beschädigte Bewehrung nicht zu ersetzen mit Ausnahme geschädigter Bügel. Der Grund hierfür war, dass die Last über die neuen Stützen abgetragen wird. Bei allen Stützen, bei denen die Stahlbetonstützen als temporäre Stützen später wieder abgebrochen wurden, musste die Bewehrung ergänzt werden. Dies konnte nur über Schweißen geschehen, d. h. die Schweißbarkeit der Bestandsbewehrung musste geprüft werden. Die Stützensockel wurden in Anlehnung an ein Oberflächenschutzsystem 10² bis in eine Höhe von 50 cm über OK Belag der Bodenplatte abgedichtet. Bei der Instandsetzung der Stützen oberhalb des Sockelbereichs wurde wie folgt vorgegangen: - Untergrundvorbereitung zur Entfernung der Altbeschichtung. - Aufbringen einer zementgebundenen, kunststoffmodifizierten Feinspachtelung als Kratz- und Egalisierungsspachtelung. - Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems OS 4² . 4.2 Instandsetzung der Wände Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse war umlaufend ein Betonabtrag von ca. 80 mm mindestens 40 cm hoch am Wandsockel erforderlich. Die Instandsetzung der Wände verlief ansonsten mit der Ausnahme, dass hier keine Hilfsstützen notwendig wurden, wie diejenige der Stützen. 4.3 Instandsetzung der Decke Nach Rücksprache mit dem Tragwerksplaner war für den Brandschutz eine Betondeckung von 35 mm bis zur Bewehrungsachse notwendig. Planmäßig waren jedoch nur 10 mm Betondeckung bei Bewehrungsdurchmessern Ø 10 mm vorhanden. D. h., dass zu keinem Zeitpunkt die Decke die Brandschutzklasse F90 aufgewiesen hat. Es war insofern notwendig, eine Betondeckungserhöhung an der Decke auszuführen. Dieser Umstand war jedoch mit einem einzuschaltenden Brandschutzgutachter im Detail abzustimmen. Dieser berief sich auf den Bestandsschutz und hielt eine Betondeckungserhöhung für nicht angezeigt. Im Zuge der Ausführung wurde jedoch umentschieden und auf buch2.indb 42 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 43 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus alle Flächen eine zusätzliche Betondeckungsschicht aufgebracht. Folgende Einzelmaßnahmen wurden umgesetzt: - Untergrundvorbereitung zur vollständigen Entfernung des Altanstrichs. - Örtliche Betoninstandsetzungsmaßnahmen dort, wo es Betonabplatzungen über korrodie-render Bewehrung gab. - Flächiges Aufbringen einer Betondeckungserhöhung von 30 mm mit einem zementgebun-denen, spritzbaren und zugelassenem Instandsetzungsmaterial. - Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems OS 4 inkl. Feinspachtelung. 4.4 Instandsetzung der Bodenplatte Statisch stützt die Bodenplatte die Außenwände. Ein Ausbau war somit nur abschnittsweise möglich. Außerdem musste an den erdangeschütteten Außenwänden eine massive Stahlprofilabstützung ausgeführt werden. Folgendes Konzept wurde umgesetzt: - Einbau Abstützung entlang der erdangeschütteten Außenwände. - 10 cm Betonabtrag bei den Fundamenten vollflächig durch HDW-Strahlen, was erst nach vollständiger Erhärtung und Instandsetzung der Bestandsstützen und Hilfsstützen möglich war. - Vollflächiger Ausbau der zwischen den Fundamenten liegenden Bodenplatte, abschnitts-weise nach genauer Abschnittsvorgabe des Tragwerksplaners. - Die neue Bodenplatte wurde bewehrt und mit der planmäßigen Rissbreitenbeschränkung w K = 0,2 mm bemessen. - Die Bodenplatte wurde 15 cm dick hergestellt und konnte im Bereich der Fundamente in einer Stärke von 10 + 3 cm über die Fundamente geführt werden. Dadurch konnte eine Betondeckungserhöhung an der Schubbewehrung erzielt werden. - Die Bodenplatten mussten Fugen in Abhängigkeit der Bauabschnitte erhalten. - Die so hergestellte Bodenplatte wurde mit Epoxidharz versiegelt und mit Polymerbitumenschweißbahnen einlagig unterlaufsicher abgedichtet und mit 35 mm Gussasphalt belegt. - In Absprache mit dem Auftraggeber wurde wegen der Durchfahrtshöhen kein Gefälle ausgeführt. Pfützenbildung wurde in Kauf genommen. - Die Fugen in der Bodenplatte mussten in der Abdichtung und dem Gussasphalt übernom-men werden. 4.5 Instandsetzung des Rampenbauwerks Das Rampenbauwerk ist komplett von der Tiefgarage getrennt. Hier wurde eine konventionelle Instandsetzung durchgeführt. Das Dach über der Rampe wurde neu abgedichtet. 4.6 Flankierende Maßnahmen Im Zuge der Instandsetzung musste die Dränage unter der Bodenplatte komplett neu geplant und erneuert werden. Es war sicher zu stellen, dass in Zukunft kein Wasser mehr an der UK der Bodenplatte ansteht. Dies war die Vorbedingung für die gewählte Art der Abdichtung und des Belags der Bodenplatte. Außerdem wurde die gesamte Haustechnik komplett erneuert. Umbaumaßnahmen in den oberirdischen Geschossen führten zusätzlich zu erforderlichen Maßnahmen in der Tiefgarage, so z.B. zu dem Einbau eines zusätzlichen Aufzugs. 5. Ausführung der Instandsetzung Das Instandsetzungskonzept wurde in eine detaillierte Ausführungsplanung umgesetzt. In jeder Phase der Planung war der Tragwerksplaner mit eingeschaltet und die einzelnen Bauabschnitte wurden genau geplant. Dies war aufgrund der Bedeutung der standsicherheitsrelevanten Instandsetzungsschritte unerlässlich. So wurden die Bauabschnitte beim Herstellen der Hilfsstützen im Zuge der Planung in 3 Phasen unterteilt. Die Herstellung der Bodenplatte folgte diesen 3 Phasen. Umfangreiche Abstützungsmaßnahmen sicherten die erdangeschütteten Wände beim Ausbau der Bodenplatte in Abschnitten. Bei der Stadt Ahrensburg wurde aufgrund des umfangreichen Eingriffs in die Statik des Bauwerks ein Bauantrag gestellt und das Projekt durch einen Prüfstatiker begleitet. Bei der Ausführung gab es bei der Herstellung der Hilfsstützen einige zeitliche Verzögerungen, da das Bohren der Endverankerungsbewehrung zur Verbindung der Hilfsstützen mit den Bestandsstützen schwierig war. Vor dem Bohren war die Lage der Bewehrung zu sondieren und an den Stützen zu kennzeichnen. Insbesondere an den Stellen, an denen die Bewehrung 2lagig vorlag und der hintere Stab nicht völlig parallel zum vorderen lag, waren die Bohrungen nur schwer herzustellen und mussten versetzt werden. Da das Einbringen der Bohrungen zu einer Reduzierung der hochbelasteten Stahlbetonquerschnitte führte, war ein Versetzen nicht ohne Einschaltung des Tragwerksplaners möglich. Alle Arbeiten mussten somit in sehr enger Abstimmung der Baubeteiligten erfolgen. Der Ablauf der Stützeninstandsetzung wurde im Detail vom Tragwerksplaner beschrieben (siehe Abb. 10 im Anhang). Ebenso die Bauabschnitte (siehe Abb. 11 im Anhang). Die nachfolgenden Bilder zeigen die eingebrachten Endverankerungen für die Hilfsstützen. buch2.indb 43 13.01.20 15: 39 44 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Bild 15: Endverankerungen für die Hilfsstützen Bild 16: Nahaufnahme Endverankerung Bild 17: Bewehrungskorb der Hilfsstützen wurde mit Endverankerung gut verrödelt. Die Bewehrung der Hilfsstützen wurde vom Prüfstatiker abgenommen. Erst danach konnte betoniert werden. Bild 18: Schalung und Trichter zur Betonage Nach Aushärtung der Hilfsstützen erfolgte dann der Betonabtrag an den Stützensockeln und ggf. erforderliche Bewehrungsergänzung. Bild 19: freigestrahlte Bewehrung am Stützensockel, rechts und links sind die Stahlplatten zum Schutz der Hilfsstützen erkennbar. Das Betonieren der Sockel erfolgte mit dem gleichen Beton wie das Herstellen der Hilfsstützen. buch2.indb 44 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 45 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Nach Fertigstellung der Stützen konnten dann die Fundamentdraufsichten bearbeitet und die Bodenplatte im jeweiligen Bauabschnitt entfernt werden. Bild 20: Abstützung Wände zum Ausbau der Bodenplatte, freigelegte Schubbewehrung auf Fundamenten Die Abstützungsmaßnahmen zur Abstützung der erdangeschütteten Wände waren sehr aufwändig und erschwerten die Arbeiten bei der Herstellung der Bodenplatte nicht unerheblich. Ebenso erschwerten sie vorab die Erd- und Dränagearbeiten. Eine andere Lösung konnte für diese Sicherungsmaßnahmen jedoch nicht entwickelt werden. Bild 21: Eingebrachte Sauberkeitsschicht unter der Abstützung Wände Bild 22: Bewehrung der Bodenplatte - diese wurde über Einzelfundamente geführt Die weiteren Arbeiten zur Instandsetzung der Tiefgarage waren dann Standardaufgaben, die grundsätzlich bei einer Tiefgarageninstandsetzung anfallen. So erfolgte die Instandsetzung an den nicht chloridbelasteten Bauteilen nach konventionellen Methoden. Zusätzlich erhielten die Deckenuntersicht und die Unterzüge eine Betondeckungserhöhung mit einem SPCC. Nach Herstellung der Bodenplattenabschnitte wurden die Hilfsstützen, die die Nutzung einschränkten, wieder ausgebaut. Dies erfolgte unkompliziert im Sägeschnittverfahren. Bild 23: Absägen der zu demontierenden Hilfsstützen Die Wand- und Stützensockel wurden mit einer Abdichtung in Anlehnung an ein OS-10-System angedichtet. Die Abdichtung der Fahr- und Parkflächen wurde mit einer unterlaufsicheren Polymerbitumenschweißbahn nach vorheriger Versiegelung der Betonoberfläche realisiert. Bild 24: Aufbringen Polymerbitumenschweißbahn buch2.indb 45 13.01.20 15: 39 46 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus An den Sockeln der aufgehenden Bauteile wurde eine Abdichtung in Anlehnung an ein OS 10-System appliziert. Da die Parkplatzbreiten sehr gering waren, wäre eine Abdichtung mit Schweißbahn und Verwahrung nicht möglich gewesen, ohne die Parkplatzbuchten nachhaltig und für die Nutzer unbefriedigend zu verengen. Bild 25: Abdichtung der Sockel Der Gussasphalt wurde einlagig aufgebracht und abgesandet. Die Fugen aus den Betonierabschnitten der Bodenplatte wurden im Asphalt übernommen. Bild 26: Einbringen Gussasphalt Da die Tiefgarage durch den Asphaltbelag relativ dunkel wurde, sollte ein Farbkonzept für die Wände, Decke und Stützen Helligkeit bringen. Die Lieferfirma für die Instandsetzungsmaterialien erstellte ein Farbkonzept, das dann vor Ort umgesetzt wurde (siehe Abb. 12 und 13). Bild 27: Fertige Tiefgarage Die starken Leuchtfarben auf den Stützen sollen den Nutzer durch die Tiefgarage in die Parkbuchten leiten und dabei die örtlich durch die Hilfsstützen deutlich verbreiterten Stützen aufmerksam machen. Die Eingänge zum Gebäude wurden mintfarben deutlich abgesetzt. Bild 28: Fertige Tiefgarage mit Farbgestaltung Bild 28: Fertige Tiefgarage: deutlich zu erkennen, die Stützenverbreiterung durch belassene Hilfsstützen Nach einer Sperrung von insgesamt 20 Monaten konnte die Tiefgarage wiedereröffnet werden. Die lange Bauzeit ist auf der einen Seite den komplizierten statischen Erfordernissen geschuldet. Die Herstellung der Hilfsstützen konnte immer nur einseitig und in insgesamt 3 Bauabschnitten erfolgen. Auch die Bodenplatte konnte nur in 2 Bauabschnitten ausgebaut und erneuert werden. Allein die abschnittsweise Bearbeitung erforderte ca. 8 Monate Bauzeit. Die flankierenden Maßnahmen, wie Erdbau, neue Dränage, neue Entwässerung, Umbaumaßnahmen in den oberen Geschossen mit technischen Zusatzmaßnahmen im UG forderten einen weiteren Tribut. Ohne die außergewöhnlichen statischen Maßnahmen wäre eine Instandsetzung der Tiefgarage nicht möglich gewesen. Die enge Abstimmung des Planungsteams und die sehr detaillierte Ausführungsplanung mit genauer Vorgabe der einzelnen Instandsetzungsschritte waren unerlässlich zur Umsetzung der Maßnahme. buch2.indb 46 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 47 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus 6. Schlussbemerkung Die Tiefgarage unter dem Wohn- und Geschäftshaus in der Manhagener Allee 7 in Ahrensburg wurde im Jahr 1974/ 75 errichtet. Zum damaligen Zeitpunkt war es noch nicht allgemein anerkannte Regel der Technik, die mit Tausalz in Berührung kommenden Bauteile vor dem Eintrag des Chlorids zu schützen. So wurden die Sockel der aufgehenden Bauteile, die Bodenplatte und die bis OK Bodenplatte ausgeführten Einzelfundamente jahrelang ungeschützt dem Tausalz ausgesetzt. Als Folge davon traten umfangreiche Schäden durch chloridinduzierte Korrosion der Bewehrung an diesen Bauteilen auf. Nach einer IST-Zustandserhebung im Jahr 2017 wurde aufgrund der Standsicherheitsrelevanz der Schäden eine umgehende Instandsetzung empfohlen und in der Folge auch umgesetzt. Vor besondere Herausforderungen stellte die Planer dabei die notwendige Abstützung der Stützen, bei denen zum Teil 240 Tonnen Last abgefangen werden musste, was mit handelsüblichen Abstützungen nicht möglich ist. Der Tragwerksplaner, Herr Guttenberg vom Ingenieurbüro Wiemer aus Hamburg entwickelte ein Konzept aus zu betonierenden Hilfsstützen. Dieses Konzept wurde dann in Zusammenarbeit mit dem sachkundigen Planungsbüro, der IGF GmbH aus Süßen, in statischer und betontechnologischer Sicht im Detail durchgeplant und vor Ort von der ausführenden Firma BIV Nord aus Hamburg umgesetzt. Im vorliegenden Beitrag wird diese außergewöhnliche statische Maßnahme vorgestellt. Dabei wird im Einzelnen auf den IST-Zustand, das Planungskonzept, die Planung im Detail und die Ausführung eingegangen. Die Instandsetzung der Tiefgarage mit nur 54 Plätzen dauerte bei Vollsperrung 20 Monate. Dies war neben den schwierigen statischen Notwendigkeiten auch den zahlreichen flankierenden Maßnahmen -Erdbau, Dränage, Entwässerung, neuer Aufzug in obere Geschosse - geschuldet. Das Ergebnis der Maßnahme stellt die Eigentümerin ebenso wie die Nutzer zufrieden. Die Tiefgarage ist nun dauerhaft vor dem Eintrag von Tausalz in die Stahlbetonbauteile und die damit verbundenen Risiken geschützt. 7. Danksagung Mein besonderer Dank gilt der Auftraggeberin, der Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft eG aus Lübeck (kurz NL) für die Möglichkeit, dieses interessante Projekt planen und überwachen zu können. Den verantwortlichen Projektleitern der NL vor Ort danke ich für die stets sehr angenehme und konstruktive Zusammenarbeit. 8. Projektbeteiligte: Auftraggeber Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft eG Falkenstraße 9 23564 Lübeck Sachkundiger Planer Ingenieurgesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp GmbH Tobelstraße 8 73079 Süßen Tragwerksplaner Helmut Wiemer Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH Krohnstieg 41-43 22415 Hamburg Ausführendes Unternehmen B.I.V Nord GmbH Bauwerksinstandhaltung und -verstärkung Stenzelring 35 21107 Hamburg Literatur [1] DAfStb: Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, Ausgabe Oktober 2001, (einschließlich 2. Berichtigung vom Dezember 2005) [2] Uwe Guttenberg, Ingenieurbüro Wiemer, Hamburg: Projekt 1703-044: statische Bewertung Gebäudekomplex Manhagener Allee 7 in ahrensburg, Mai 2017 [3] Susanne Gieler-Breßmer, Gutachten S-1702 zum Istzustand der Tiefgarage unter dem Gebäudekomplex der Manhagener Allee 7 in Ahrensburg buch2.indb 47 13.01.20 15: 39 48 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildungen Abbildung 1: Grundrissplan aus dem Gutachten S-1702 der ö.b.u.v Sachverständigen Gieler-Breßmer Abbildung 2: Positionsplan Schnitt c-d (Schnitt etwa in Achse 11; im grau hinterlegten Bereich befindet sich die alte Schlachterei aus 1970) buch2.indb 48 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 49 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildung 3: Positionsplan Schnitt e-f (Schnitt etwa in Achse b; im grau hinterlegten Bereich befindet sich die alte Schlachterei aus 1970) buch2.indb 49 13.01.20 15: 39 50 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildung 4: Grundriss 1. Obergeschoss mit Eintragung der wandartigen Stahlbetonträger (blau) und Mauerwerkswände (orange) Abbildung 5: Stütze Achse B/ 11 (stat. Pos. 215) Abbildung 6: Stütze Achse B‘/ 10‘ (stat. Pos. 220) mit Stützenkopfverstärkung Abbildung 7: Einzelfundament Achse B‘/ 10‘ (stat. Pos. 266) buch2.indb 50 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 51 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildung 8: Einzelfundament Achse III/ 9‘ (stat. Pos. 276) Abbildung 9: Orte der Hilfsstützen für die Instandsetzung buch2.indb 51 13.01.20 15: 39 52 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildung 10: Ablauf Stützeninstandsetzung Abbildung 11: Bauabschnitte buch2.indb 52 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 53 Außergewöhnliche statische Maßnahmen bei der Instandsetzung einer Tiefgarage unter einem Wohn- und Geschäftshaus Abbildung 12: Farbkonzept Sto Designstudio (Frau Kunert) Abbildung 13: Farbkonzept Sto Designstudio (Frau Kunert) buch2.indb 53 13.01.20 15: 39