eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Parkhaus P3, Saas Fee – Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks

0201
2020
Philipp Truffer
Das Parkhaus P3 in Saas Fee wurde 1980 erbaut. Es befindet sich im hochalpinen Gebiet auf rund 1.800 Metern über Meer. Das Parkhaus wurde mittels Monolitzen vorgespannt und nur relativ wenig schlaff bewehrt (hoher Vorspanngrad). Auf den Parkdeckflächen war kein Oberflächenschutzsystem vorhanden. Die detaillierten Zustandsuntersuchungen des Parkgebäudes zeigten vollflächig hohe Chloridwerte mit relativ grossen Eindringtiefen. Es sind bereits erste Anzeichen Lochfrasskorrosion vorhanden. In diesem Beitrag wird vertieft auf die Anwendung und Auswertung von Messdaten der Laser-induzierten Breakdown Spektroskopie (LIBS) eingegangen. Es handelt sich dabei um eine moderne Untersuchungsmethode, welche zu einem vertieften Verständnis des Bauwerkszustands und Schädigungsgrads führt.
kpb910055
9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 55 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Philipp Truffer Truffer Ingenieurberatung AG, Lalden Zusammenfassung Das Parkhaus P3 in Saas Fee wurde 1980 erbaut. Es befindet sich im hochalpinen Gebiet auf rund 1.800 Metern über Meer. Das Parkhaus wurde mittels Monolitzen vorgespannt und nur relativ wenig schlaff bewehrt (hoher Vorspanngrad). Auf den Parkdeckflächen war kein Oberflächenschutzsystem vorhanden. Die detaillierten Zustandsuntersuchungen des Parkgebäudes zeigten vollflächig hohe Chloridwerte mit relativ grossen Eindringtiefen. Es sind bereits erste Anzeichen Lochfrasskorrosion vorhanden. In diesem Beitrag wird vertieft auf die Anwendung und Auswertung von Messdaten der Laser-induzierten Breakdown Spektroskopie (LIBS) eingegangen. Es handelt sich dabei um eine moderne Untersuchungsmethode, welche zu einem vertieften Verständnis des Bauwerkszustands und Schädigungsgrads führt. 1. Ausgangslage Parkbauten gehören zu den Bauwerken, welche während ihrer Nutzung stark unterschiedlichen Einwirkungen unterliegen. Saas Fee ist ein Wintersportort in den Walliser Alpen. Das Dorf liegt auf rund 1’800 MüM. Saas Fee selber ist autofrei. Für die Bewohner und die Gäste (ca. 800’000 Logiernächte pro Jahr) stehen am Eingang des Dorfs verschiedene Parkhäuser zur Verfügung. Die Abbildung 1-2 zeigt die beiden Parkhäuser P3 und P5 Abb. 1-1: Parkhaus P3 nach der Fertigstellung (aus [1]) Das Parkhaus P3 wurde in den Jahren 1979 bis 1981 erbaut. Im Rahmen des vorliegenden Vortrags werden das Vorgehen bei der Zustandserfassung, die sich daraus ergebenden Erkenntnisse sowie das darauf abgestützte Instandsetzungskonzept vorgestellt. Abb. 1-2: Parkhaus P3 (links) und Parkhaus P5 (rechts), Saas Fee, Aufnahme Sommer 2019 2. Beschrieb des Bauwerks Beim Parkhaus P3 handelt es sich um eine achtgeschossige Parkhalle mit ursprünglich rund 950 gedeckten Parkplätzen. Die schwach geneigten Parkrampen bilden zwei gegenläufige Spiralen und erlaubten somit einen vollständig richtungsgetrennten Verkehr über alle Geschosse. buch2.indb 55 13.01.20 15: 39 56 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Die Parkrampen sind unter 4.5 % geneigt und nicht beheizt. Die überdeckten Parkflächen sind seitlich offen ohne Wände ausgeführt worden. Als Tragwerk wurde ein offener Skelettbau mit einem mittigen Gebäudekern mit dem Treppenhaus und den Aufzugsschächten gewählt. Abb. 2-1: Grundriss Normalgeschoss mit Parkflächen (aus [1]) Abb. 2-2: Längsschnitt Parkhaus (aus [1]) Das Parkhaus ist 83.3 m lang, 35.5 m breit und 15.5 m hoch. Die lichte Geschosshöhe beträgt 2.50 m. In Längsrichtung wurde ein konstanter Stützenabstand von 7.50 m gewählt. In Querrichtung beträgt der Stützenabstand 4.50 m/ 7.60 m/ 2x4.77 m/ 7.60 m/ 4.50 m. Die Deckenstärken betragen in den sieben Normalgeschossen 200 mm, was einem Verhältnis Spannweite zur Deckenstärke von 38 entspricht. Bei der Dachdecke war aufgrund der erhöhten Schneelasten die Anordnung von Stützenpilzen sowie eine Erhöhung der Deckenstärken erforderlich. Die Deckenstärke beträgt in der Längsachse 400 mm und nimmt bis zu den Längsrändern des Parkhauses auf 250 mm ab. Diese Konstruktionswahl gewährleistete zudem einen verbesserten Wasserabfluss auf der Decke. Auf Trennfugen wurde in allen Decken verzichtet. Das Bewegungszentrum für horizontale Verschiebungen liegt im Bereich des Gebäudekerns. Die Decken wurden mit der damals relativ neuartigen Vorspannung ohne Verbund ausgeführt. Es handelt sich dabei um kunststoffummantelte, gefettete Monolitzen ohne Verbund . Der Nenndurchmesser der verwendeten Monolitzen beträgt 15 mm (0.6"), der Stahlquerschnitt 16 mm² und die Bruchkraft je Litze 257.8 kN. Es wurden insgesamt 82.600 m (95 t) Monolitzen eingebaut. Die Abbildung 2-3 zeigt die plangemässe Spanngliedanordnung in einem Normalgeschoss mit den Spanngliedern in den Stützstreifen (50 %) und im Feld (50 %). Als Schutz gegen progressiven Bruch sind die Spannglieder in Längsrichtung durch eine nichtspannbare Zwischenverankerung in zwei Abschnitte unterteilt. Abb. 2-3: Spanngliedanordnung Normalgeschoss (aus [1]) Neben den Spanngliedern wurde in den Decken nur im Bereich der Stützen eine obere schlaffe Bewehrung eingebaut (siehe Abb. 2-4). Unten wurden die Decken nur im Randbereich mittels Netzen bewehrt. Abb. 2-4: Bewehrungsanordnung Normalgeschoss (aus [1]) 3. Zustandsuntersuchungen 3.1 Vorgehenskonzept Im Rahmen der Zustandsuntersuchungen wurden u. a. folgende Schritte durchgeführt: - visuelle Zustandsuntersuchungen - Bewehrungsdetektion (Lage, Überdeckung) - Detektion der Vorspannung (Lage, geometrischer Verlauf) mittels Radar buch2.indb 56 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 57 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks - Karbonatisierungstiefe (punktuell) am Bohrmehl und am Bohrkern - Chloridgehalt im Beton der Parkdecks mittels Laser-induzierter Breakdown Spektroskopie und nasschemisch (punktuell) - aktive Korrosion mittels Potenzialfeldmessungen - Betondruck- und Spaltzugfestigkeiten an Bohrkernen (stichprobenartig) als Grundlage für statische Überprüfungen - mikroskopische Gefügeanalysen an Dünnschliffen Nachfolgend sollen einige wesentliche Resultate vorgestellt werden. 3.2 Visuelle Zustandserfassung Die visuelle Zustandserfassung ist immer noch ein nicht zu unterschätzendes Analayseinstrument. Es wurden u.a. folgende Feststellungen gemacht: - freibewitterte und ungeschützte Parkdecks ohne Oberflächenschutzsystem - (Trenn)-Risse in den Parkdecks, z.T. wasserführend (siehe Abb. 3-3) - z.T. freiliegende Bewehrung im Bereich der Stützen (siehe Abb. 3-1) - Bewehrungskorrosion an Stützenfüssen (siehe Abb. 3-2) - lokale Bewehrungskorrosion an Deckenuntersichten (siehe Abb. 3-4) - relativ wenige Betonschäden in Form von Abplatzungen - stark korrodierte und z.T. nicht mehr funktionstüchtige Entwässerungsrinnen (siehe Abb. 3-5) Abb. 3-1freiliegende Bewehrung bzw. ungenüngende Bewehrungsüberdeckung Abb. 3-2Bewehrungskorrosion im Stützenfussbereich Abb. 3-3Trennriss in Betondecke Abb. 3-4: lokale Bewehrungskorrosion an Deckenuntersicht Abb. 3-5: Detailansicht korrodierte Entwässerungsrinne buch2.indb 57 13.01.20 15: 39 58 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks 3.3 Bewehrungsüberdeckungen Gemäss Plangrundlagen wurden bei den Decken Bewehrungsüberdeckungen oben von 30 mm und unten von 20 mm eingeplant. Die durchgeführten Messuntersuchungen zeigten aber dann, dass im Bereich der Stützen die obere Bewehrung eine Überdeckung von durchschnittlich 20 mm aufwies. Häufig waren die Bewehrungseisen praktisch an der Oberfläche vorhanden (siehe Abb. 3-1). Abb. 3-6: Beispiel einer ausgewerteten Bewehrungsüberdeckungsmessung. Die rote Linie markiert eine Überdeckung von 55 mm, die pinkfarbene eine von 35 mm. Das Beispiel in Abb. 3-6 zeigt die gemäss Plangrundlagen (siehe Abb. 2-4) zu erwartende Bewehrungsverteilung im Bereich der Stützen. 3.4 Potenzialmessungen Zur Feststellung der aktiven Korrosion wurde jedes Parkdeck zumindest auf einem Viertel der Fläche mit einer Potenzialmessungen ausgemessen. Die Abb. 3-7 zeigt eine entsprechende Auswertung der obersten, frei bewitterten Parkdecke, Abb. 3-8 die Decke im 3. UG. Abb. 3-7: Potenzialmessung oberstes Parkdeck buch2.indb 58 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 59 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Abb. 3-8: Potenzialmessung Decke 3. Untergeschoss Die Potenzialmessungen zeigen aktive Korrosionsherde. Aufgrund der minimalen Bewehrungsanordnung im Bereich der Stützen (siehe Abb. 2-4) beschränken sich die Korrosionsherde lokal auf diese Bereiche. Die punktuell durchgeführten Sondageöffnungen zeigten erste Anzeichen von Lochfrasskorrosion an der schlaffen Bewehrung. 3.5 Mikroskopische Gefügeanalyse Im Rahmen der Untersuchungen wurde an ausgewählten Bohrkernteilen eine mikroskopische Gefügeanalysen an Dünnschliffen durchgeführt. Aus den Bohrkernen wurden 30x50 mm grosse Proben für die Dünnschliffherstellung entnommen. Die Proben wurden dabei mit fluoreszierendem Epoxidharz imprägniert und auf eine Dicke von 20 µm (20/ 1000 mm) herunter geschliffen. Der Dünnschliff wurde anschliessend unter ultraviolettem Durchlicht zur Erkennung von Poren, Rissen und der Porosität sowie der Verteilung der Zuschlagsstoffe und des Bindemittels untersucht. Im polarisierten Durchlicht kann die Bindemittelart und die Gesteinsart der Zuschlagstoffe, bei zementartigen Bindemitteln die Karbonatisierung und der Hydratationsgrad ermittelt werden. Abb. 3-9: Dünnschliffuntersuchung unter UV-Fluoreszenz Die mikroskopischen Gefügeanalysen an Dünnschliffen lieferten folgende Erkenntnisse: - Es wurde ein Portlandzement (heutige Bezeichnung CEM I) eingesetzt. Der Beton weist einen hohen Hydrationsgrad auf. - Beim eingesetzten Beton handelt es sich nicht um einen Luftporenbeton. - Der Beton weist eine mittelere, zum grossen Teil gleichmässige Kapillarporosität auf. Dies lässt auf einen Wasser-Zementwert um 0.50 schliessen. - Die Konsistenz beim Einbau und der Verarbeitung war z.T. nicht ideal. Dies zeigt sich bei den vorhandenen Lunkern und Makroporen. - Es sind häufig, nicht kornbrechende Mikrorisse vorhanden. - Lokal konnten erste Anzeichen von Alkali-Aggregat-Schäden festgestellt werden. 3.6 Chloridprofile Auf der Grundlage der Potenzialmessungen (siehe 3.4.) wurden punktuell ausgewählte Bohrmehlproben auf den Decken entnommen und anschliessend im Labor nasschemisch der Chloridgehalt bestimmt. Abb. 3-10: Chloridprofil aus Bohrmehl aus Parkdecke buch2.indb 59 13.01.20 15: 39 60 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Die entnommenen und ausgewerteten Chloridprofile zeigten erhöhte Chloridwerte mit z.T. Werte über 3.0 M-% bezogen auf den Zementgehalt (Annahme: 300 kg/ m³). 3.7 Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie Bei dem LIBS-Verfahren wird ein Laserpuls hoher Intensität auf einen kleinen Spotdurchmesser fokussiert. Ein kleiner Teil der Probenoberfläche wird dabei ablatiert, verdampft und auf über 10‘000 °K erhitzt. Dabei werden Kristalle und Molekülverbände aufgebrochen und es kommt zur Ionisierung und somit zur Ausbildung eines Plasmas. Diese Anregungsphase dauert entsprechend der Laserpulsdauer nur wenige Nanosekunden. In der anschliessenden Abkühlphase kommt es zur Rekombination der Elektronen und Ionen. Hierbei emittieren die einzelnen Elemente Photonen (Licht) charakteristischer Wellenlänge. Diese Emission wird über eine spektral breitbandige Optik aufgesammelt und über optische Fasern an mehrere Spektrometer geleitet (Abb. 3-11). Als Ergebnis der Messung erhält man ein Spektrogramm mit der entsprechenden Elementverteilung, wobei die Intensität Hinweise auf die Menge der detektierten Elemente gibt. Durch die Verwendung von Cl-Standards kann eine Kalibrierung und somit ist auch eine Quantifizierung der Ergebnisse ermöglich werden. Abb. 3-11: Messprinzip laser-induzierte Breakdown Spektroskopie (LIBS) Es kam folgendes Messystem der Valtest AG zum Einsatz: - Messgerät FiberLIBS Sensorsystem - Laserenergie 3 mJ - Laser-Wellenlänge 1064 nm - Pulsdauer 1.5 ns - Pulsfrequenz 100 Hz - Energiedichte 6.5 GW/ cm 2 - Spektraler Messbereich UV/ NIR - Prozessgas Helium - örtliche Auflösung 0.25 x 0.25 mm* - Sportdurchmesser <100 µm * Es ist eine örtliche Auflösung bis 0.10 x 0.10 mm möglich. Nachfolgend sollen einige typische und spezielle Auswertungen der LIBS-Untersuchungen vorgestellt werden. Die entsprechenden Ergebnisse beruhen auf LIBS-Messungen an gespaltenen Bohrkernen. Hinweis: Aufgrund der vorhandenen Vorspannung wurde in den Auswertungen jeweils ein Grenzwert von 0.2 M-%/ Z für den kritischen Chloridgehalt ausgewiesen. Abb. 3-12: Bohrkern BK.06 Decke Erdgeschoss gespaltener Prüfkörper mit LIBS-Messfeld (rot markiert), links auf dem Bild ist die Parkdeckoberfläche Abb. 3-13: Bohrkern BK.06 Decke Erdgeschoss oben: flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung, unten: Chloridtiefenprofil buch2.indb 60 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 61 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Abb. 3-14: Bohrkern BK.14 Decke 1.UG , oben: flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung, unten: Chloridtiefenprofil Abb. 3-15: Bohrkern BK.08.2 Decke 1. UG, gespaltener Prüfkörper mit LIBS-Messfeld (rot markiert), links auf dem Bild ist die Parkdeckoberfläche Beim vorliegenden Bohrkern Bk.08.2 war auffällig, dass nach der Probenahme ein bestimmter oberflächennaher Bereich nicht austrocknete. Die entsprechende LIBS-Auswertung (siehe Abb. 3-16) zeigte dann in diesem Bereich stark erhöhte Chlorwerte. Abb. 3-16: Bohrkern BK.08.2 Decke 1. UG, oben: flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung, unten: Chloridtiefenprofil Abb. 3-17: Bohrkern BK.6-07 Decke 6. UG, gespaltener Prüfkörper mit LIBS-Messfeld (rot markiert), links auf dem Bild ist die vorhandene Parkdeckbeschichtung erkennbar buch2.indb 61 13.01.20 15: 39 62 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Auf bestimmten Parkdeckflächen wurde vor Jahren (Zeitpunkt unbekannt) versuchsweise ein befahrbares Oberflächenschutzsystem (voraussichtlich OS11) appliziert (siehe Abb. 3-17). Die Auswertung mittels LIBS (siehe Abb. 3-18) zeigt unter der Beschichtung eine erhöhte Chloridkonzentration. Abb. 3-18: Bohrkern BK.6-07 Decke 6. UG, oben: flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung, unten: Chloridtiefenprofil Abb. 3-19: Bohrkern BK.05-12 Decke 5. UG, gespaltener Prüfkörper mit LIBS-Messfeld (rot markiert), links auf dem Bild ist die Parkdeckoberfläche Die Abbildung 3-19 zeigt einen Bohrkern im Bereich eines durchgehenden Trennrisses. Die Auswertung mit LIBS zeigt dann interessanterweise an den Rissflanken keineswegs erhöhte Chloridwerte. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beton bzw. die Zementmatrix im Rissbereich aufgrund der Karbonatisierung eine verminderte Chloridbindekapazität aufweist und es folglich über das eindringende Wasser zu Auswaschungen gekommen ist. Bei den Untersichten im Bereich der Trennrisse konnten hingegen wiederum erhöhte Chloridwerte festgestellt werden. Abb. 3-20: Bohrkern BK.05-12 Decke 5. UG, Flächendarstellung Kohlenstoffverteilung, die Rissflanken sind beidseitig praktisch über die gesamte Länge karbonatisiert. Abb. 3-21: Bohrkern BK.05-12 Decke 5. UG Flächendarstellung Chlorverteilung, entlang der Rissflanken ist ein verminderter Chlorgehalt festzustellen. 4. Fazit Die eingehenden Zustandsuntersuchungen beim Parkhaus P3 in Saas Fee zeigten, dass auf es über die letzten rund 40 Jahre auf den ungeschützten Parkdecks zu einem erhöhten Chlorideintrag bis in grössere Tiefen in den Beton gekommen ist. Mit modernen Untersuchungsmethoden und Analyseverfahren wie z.B. der Laser-induzierten Breakdown Spektroskopie (LIBS) war es möglich, sich ein umfassendes Bild vom Zustand und Schädigungsgrad der Betondecken zu machen. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für ein abgestimmtes Instandsetzungskonzept mit dem Verzicht auf den Abtrag des chloridverseuchten Betons und des Einbaus eines Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB). buch2.indb 62 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 63 Parkhaus P3, Saas Fee - Moderne Untersuchungsmethoden und ein innovativer Ansatz bei der Instandsetzung eines chloridverseuchten Bauwerks Literatur [1] Ritz, P.; Schneller P.; Grob J: Parkhaus Saas-Fee, Schweizer Ingenieur und Architekt 45/ 81 [2] Vorgespannter Beton der Schweiz, Tagungsband zum 93. FIP-Kongress 1982, Technische Forschungs- und Beratungsstelle der Schweizerischen Zementindustrie, Wildegg [2] Dalles précontraintes, Broschüre VSL, Janvier 1981 [2] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA: SIA 2052 - 2016 Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) - Baustoffe, Bemessung und Ausführung [3] Lierenfeld, M. et al.: Wie lange noch? Semiprobabilistische Dauerhaftigkeitsbemessung bei Parkdecks mit Chlorideinwirkun mittels Einbezug von LIBS-Untersuchungen, 9. Kolloquium Parkbauten, 2020, Technische Akademie Esslingen buch2.indb 63 13.01.20 15: 39