Kolloquium Parkbauten
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2510-7763
expert verlag Tübingen
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2020
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Technische Akademie EsslingenDie Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen für Bauherr, Planer und Ausführende
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Christoph Köchling
Das Ergebnis der Planung einer Tiefgarageninstandsetzung muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, dauerhaft funktionstüchtig sein und wirtschaftlichen Gesichtspunkten genügen. In dem Beitrag werden die wesentlichen Instandsetzungsprinzipien R, KKS und W-Cl im Hinblick auf ihre Wirkungsweisen, Risiken und wirtschaftlichen Aspekte analysiert. Dazu wird die Situation der anerkannten Regeln der Technik für jedes Prinzip dezidiert herausgearbeitet und mit der aktuellen Fachdiskussion sowie dem Stand der Forschung zusammengefasst. Im Besonderen wird den Aspekten des „korrosionsauslösenden Chloridgehaltes“ und der Bemessung der „Restnutzungsdauer“ für die jeweiligen Prinzipien nachgegangen und die baurechtlichen Folgen dargestellt. Unter Bezug auf eigene Erfahrungen des Verfassers aus langjähriger Baustellenpraxis ermittelt das Fazit daraus konkrete Handlungsempfehlungen für Bauherr, Planer und Ausführende.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 71 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen für Bauherr, Planer und Ausführende Dipl.-Ing. (FH) Christoph Köchling Caspar Köchling GmbH, Dortmund, Deutschland Zusammenfassung Das Ergebnis der Planung einer Tiefgarageninstandsetzung muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, dauerhaft funktionstüchtig sein und wirtschaftlichen Gesichtspunkten genügen. In dem Beitrag werden die wesentlichen Instandsetzungsprinzipien R, KKS und W-Cl im Hinblick auf ihre Wirkungsweisen, Risiken und wirtschaftlichen Aspekte analysiert. Dazu wird die Situation der anerkannten Regeln der Technik für jedes Prinzip dezidiert herausgearbeitet und mit der aktuellen Fachdiskussion sowie dem Stand der Forschung zusammengefasst. Im Besonderen wird den Aspekten des „korrosionsauslösenden Chloridgehaltes“ und der Bemessung der „Restnutzungsdauer“ für die jeweiligen Prinzipien nachgegangen und die baurechtlichen Folgen dargestellt. Unter Bezug auf eigene Erfahrungen des Verfassers aus langjähriger Baustellenpraxis ermittelt das Fazit daraus konkrete Handlungsempfehlungen für Bauherr, Planer und Ausführende. 1. Das Problem: Die Hindernisse auf dem Weg vom Schaden zur Instandsetzung Die Veranlassung für den Bauherrn, die Instandsetzung einer Tiefgarage oder eines Parkhauses zu planen, ist in den meisten Fällen ein offensichtlicher, an ihn herangetragener Mangel am Bauwerk, der die wirtschaftliche Nutzung des angebotenen Parkraums beeinträchtigt. Die Bandbreite wahrnehmbarer Mängel ist vielfältig: Optische, altersbedingte Beeinträchtigungen, die zu einer abnehmenden Zahl von Nutzern führen, Brandschutzmängel, die als Ergebnis regelmäßiger Begehungen der Feuerwehr bauordnungsrechtliche Forderungen hervorrufen, Risse, Schäden am Beton und Durchfeuchtungen die zu Einschränkungen der Nutzung führen oder bei Bestandsaufnahmen im Rahmen von Betreiberpflichten ermittelt werden. Abbildung 1: Nutzungseinschränkender Bauteilzustand, Foto: Caspar Köchling GmbH Selbst für in der Parkrauminstandsetzung erfahrene Bauherren ist es jedoch schwer, die Kosten und Konsequenzen einer Instandsetzung bei Bekanntwerden ihrer Erfordernis abzuschätzen. Wer sich aber dazu entschließt, sein Bauwerk einer Untersuchung zu unterziehen löst einen Prozess aus, der unumkehrbar ist. In der Regel stehen am Schluss der Bauwerksuntersuchungen Ergebnisse, die aufgrund ihrer Relevanz für die Standsicherheit zu der Verpflichtung führen, eine Instandsetzung einzuleiten. Zum Vergleich: die Instandsetzung von Fassaden und Innenräumen kann aus Budgetgründen nach Gutdünken des Bauherrn verschoben werden. Die Erneuerung eines Daches kann mit mehr oder weniger aufwendigen Reparaturmaßnahmen - wenn auch wirtschaftlich nicht immer sinnvoll - um viele Jahre verschoben werden und beeinträchtigt damit zwar den wirtschaftlichen Wert der Immobilie, nicht jedoch die Standsicherheit. Der Eigentümer einer Tiefgarage oder eines Parkhauses, der, veranlasst durch einen nicht länger hinnehmbaren Schaden am Gebäude, als ersten Schritt eine Bauwerksuntersuchung beauftragt, erhält als Ergebnis eine Reihe von technischen Kennwerten, die einzuordnen ihm ohne fachliche Hilfe unmöglich sein wird. Fachbegriffe wie Chloridwerte, Karbonatisierungstiefen, Abnutzungsreserve, Restnutzungsdauer u.v.a.m. führen nur in Verbindung mit einer sachkundigen Planung zu greifbaren Ergebnissen wie Kosten, Instandsetzungsdringlichkeit und Ausführungsdauer. An dieser Stelle ist der sachkundige Planer gefordert, seine technische Expertise mit drei in ständiger Recht- 1.6 Köchling.indd 71 14.01.20 17: 17 72 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen sprechung festgelegten vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinem Bauherrn zu verbinden: - Seine Planung ist nur mangelfrei, wenn sie ein auf Dauer funktionstaugliches Bauwerk entstehen lässt [1] - Es ist seine Aufgabe, die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Bauherrn mit herauszuarbeiten und zu berücksichtigen [2] - Er muss seinen Auftraggeber/ Bauherrn unmissverständlich auf bestehende Unsicherheiten und Risiken hinweisen [1] Diesen juristisch begründeten Kosten-Dauerhaftigkeits-Konflikt hat die bisherige „Instandsetzungsrichtlinie“ nur unzureichend durch die Formulierung „Festlegung des Sollzustandes“ [3] gelöst. Die in Vorbereitung befindliche neue „Instandhaltungsrichtlinie“ definiert klarer die Forderung an den sachkundigen Planer, die „Restnutzungsdauer“ in Abstimmung mit dem Bauherrn festzulegen [4]. Doch steht der Begriff der „Restnutzungsdauer“ in unmittelbarem Zusammenhang mit der Definition des Kostenrahmens. In jedem Fall sind hier aber Bauherr und Planer gefordert, sich intensiv mit den Gegebenheiten des Bauwerks, den technischen und finanziellen Möglichkeiten und den daraus resultierenden Varianten der Instandsetzung auseinanderzusetzen und zum Abschluss der Planung und vor Ausführungsbeginn Konsens über Dauerhaftigkeit, Kosten und Risiken zu erzielen. Flohrer erläutert dazu: „Der Werkerfolg einer Instandsetzung definiert sich als das Erreichen der gemeinsam mit dem Bauherrn vereinbarten Ziele im Rahmen der technischen Regelwerke“ [26]. 2. Die Regelwerke Die Grundlagen für diesen Konsens sind neben den Parametern der Bauwerksuntersuchung auch die Kenntnis der anerkannten Regeln der Technik sowie des Standes der Technik. Die anerkannten Regeln der Technik für die Instandsetzung von Parkbauten setzen sich wie in kaum einem anderen Bereich der Bauwerksinstandsetzung neben den bauordnungsrechtlich eingeführten Regelwerken auch aus aktuellen Merkblättern sowie in Fachartikeln niedergelegten Fachdiskussionen zusammen. Die anerkannten Regeln der Technik bestehen eben nicht nur aus bauordnungsrechtlich eingeführten Normen und Richtlinien, sondern sie müssen - Eingeführt und bekannt gemacht sein - Sich in der praktischen Anwendung bewährt haben - Von der Mehrheit der Fachwelt als richtig erkannt werden. Der BGH weist in seinem Urteil vom 14.11.2017 (VII ZR 65/ 14) darauf hin, dass „der Auftragnehmer grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme“ schuldet. Bei der Planung einer Instandsetzung sollten im Hinblick auf die anstehende Einführung der Instandhaltungsrichtlinie daher auch Aspekte des Gelbdrucks der Instandhaltungsrichtlinie Berücksichtigung finden sofern sie inhaltliche Konkretisierungen innerhalb des Rahmens der aktuell anerkannten Regeln der Technik darstellen. In Abbildung 2) ist dargestellt, woraus sich für den Bereich Parkhausinstandsetzung die anerkannten Regeln der Technik zusammensetzen. Abbildung 2: Die Säulen der anerkannten Regeln der Technik für den Bereich der Parkhausinstandsetzung. Grafik: Caspar Köchling GmbH Für den Bereich der „Regelwerke“ bleiben zwei wesentliche Konfliktpunkte festzustellen: die Umsetzung der Europäischen Bauproduktenrichtlinie und die Unklarheit hinsichtlich des Nationalen Regelwerks Instandsetzungsrichtlinie/ Gelbdruck Instandhaltungsrichtlinie. Für die Regelung der Bauprodukte haben die regelsetzenden Stellen mit den aktuell in der Erstellung befindlichen „DIBT-Gutachten“ einen Weg gefunden, die eigenen Qualitätsmaßstäbe mit den Forderungen der Europäischen Bauproduktenverordnung in Einklang zu bringen. In der aktuellen Übergangsphase ist es gängige Praxis, dort die offiziell nicht mehr gültigen Bauregellisten mit den abP und abZ sowie die BAST-Listungen anzuerkennen, wo noch keine Gutachten vorliegen. Im Übrigen fehlt die Erfahrung im Umgang mit den Gutachten. Für die Planung und Durchführung der Instandsetzung ist einzig die seit 2001 neu gefasste Instandsetzungsrichtlinie [3] eingeführtes Regelwerk. Doch liegt das Nachfolgeregelwerk, die „Instandhaltungsrichtlinie“ [4], seit 2016 im Gelbdruck vor. In ihr werden die seit der Veröffentlichung der Neufassung der Instandsetzungsrichtlinie in 2001 gewonnenen Erkenntnisse für die Planung und Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen sowie die Neuordnung der Bauprodukte entsprechend der Umsetzung der Bauproduktenverordnung zusammengefasst. Der Bereich „Merkblätter“ und „Fachwelt“ gibt unter anderem Aufschluss darüber, warum die Veröffentlichung des neuen Regelwerkes auch drei Jahre nach Drucklegung des Gelbdrucks noch immer nicht erfolgt ist. Die konkreten elektrochemischen Prozesse die in einem individuellen Bauteil die Korrosion mit welchen Ge- 1.6 Köchling.indd 72 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 73 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen schwindigkeiten und unter welchen Bedingungen antreiben, sind bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig und vollständig erforscht und nachgewiesen. Insofern besteht in der Fachwelt Uneinigkeit darüber, welches Instandsetzungsprinzip unter welchen Voraussetzungen als anerkannte Regel der Technik gilt. Insbesondere sei hier die Höhe des im Bauwerk vorhandenen Chloridgehaltes als korrosionsauslösendem Faktor genannt: an den Verbleib von Chloriden im Beton knüpft sich die Wahl der Instandsetzungskonzepte und damit die Höhe der Instandsetzungskosten. Da die anerkannten Regeln der Technik in letzter Instanz von Gerichten entschieden werden, die wiederum ihr Urteil auf die Expertise einer - im Zweifel gegensätzlich urteilenden - Gutachterschaft stützen, spiegelt sich hier die Bedeutung des Konsenses wieder, den es über die Wahl des Instandsetzungsprinzips bereits vor Ausführung zwischen Bauherr, Planer und - bestenfalls - auch ausführendem Unternehmen herzustellen gilt. Abschließend noch eine Abgrenzung zum Stand der Technik. Produkte für die Instandsetzung von Beton und noch mehr für die Instandsetzung von Parkbauten sind im eingebauten Zustand in der Regel durch Fahrverkehr hoch dynamisch oder rissüberbrückend beansprucht oder haben statisch relevante Funktion. Die herstellende bauchemische Industrie ist daher forschend und entwickelnd tätig und die Produkte sind in der Ausprägung ihrer Eigenschaften bei gleicher Zulassung - oftmals sehr spezifisch. So wird man bei bauaufsichtlich zugelassenen Produkten für die kraftschlüssige Risstränkung ausgeprägt feuchteunempfindliche Epoxidharze, solche mit ausgeprägt geringer Viskosität oder solche mit geringer Oberflächenspannung finden. Im Bereich der Untergrundverfestigung bieten unterschiedliche - bauaufsichtlich zugelassene - Produkte Eigenschaften an, die je nach Untergrund voneinander abweichende Ergebnisse erzielen. Hier ist es Aufgabe des sachkundigen Planers, anhand von Bauteilversuchen die Auswahl für das geeignete Produkt zu treffen. Er sollte dabei darauf achten, dass er sich bei der Wahl entsprechend dem Stand der Technik (also den technisch erforschten Möglichkeiten der Industrie) ausschließlich im Rahmen der anerkannten Regeln der Technik bewegen muss. Die Festlegung der Leistungsmerkmale von Bauprodukten anhand von Bauwerksanforderungen durch den sachkundigen Planer ist im Übrigen das Grundprinzip der Umsetzung der europäischen Bauproduktenverordnung in den nationalen „Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (VVTB)“ innerhalb der Landesbauordnungen [18]. 3. Die relevanten Prinzipien der Instandsetzung Die in der Praxis relevanten Prinzipien der Instandsetzung lassen sich im Wesentlichen zusammenfassen auf: 1.) Repassivierung durch Auftragen zementgebundener Instandsetzungsstoffe Das Prinzip beschreibt den Ausbau von chloridbelastetem und karbonatisiertem Beton, das Entrosten und den Wiedereinbau von Betonersatz oder Frischbeton zur Erneuerung des alkalischen Milieus. (Prinzip R gemäß Instandsetzungsrichtlinie) 2.) Kathodischer Korrosionsschutz Das Prinzip beschreibt das Herstellen von Korrosionsschutz des Bewehrungsstahles durch Anlegen eines elektrischen Potenzials. (Prinzip K gemäß Instandsetzungsrichtlinie (nachfolgend KKS genannt)) 3.) Absenkung des Wassergehaltes im Beton durch Beschichtung Das Prinzip beschreibt das Belassen von Chloriden im Beton und die Absenkung und Vergleichmäßigung des Wassergehaltes und damit verbunden die weitgehende Unterdrückung des elektrolytischen Teilprozesses bei der Korrosion der Bewehrung. (Prinzip W-Cl gemäß Instandsetzungsrichtlinie) Die Prinzipien finden sich in Ihren wesentlichen Merkmalen der Wirksamkeit ebenfalls in dem Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie. Das geringste Risiko für die Dauerhaftigkeit der Instandsetzung birgt das Prinzip R. Allerdings wird es in der Regel auch die aufwendigste Lösung darstellen und fallweise nicht oder nur unter unverhältnismäßig großem finanziellem und zeitlichem Aufwand umzusetzen sein. Langzeiterfahrungen liegen mittlerweile auch mit dem Prinzip KKS vor. Es ist nicht in allen Fällen umsetzbar, und bedarf immer einer bauordnungsrechtlichen Zustimmung im Einzelfall (ZiE). Der entscheidende Vorzug des Prinzips besteht darin, dass im Beton vorhandene Chloride dort verbleiben können. Die Risiken sind in [5] ausführlich erläutert. Das aktuelle Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins [13] erläutert dazu: “ KKS ist ein Expertensystem. (…) Die Ausführung von KKS darf nur durch geschultes und entsprechend qualifiziertes Fach- und Führungspersonal mit Nachweis einer Zertifizierung nach Grad 2 bzw. Grad 3 nach DIN EN ISO 15257 oder vergleichbar erfolgen (…)“. Bei Parkbauten mit hohen Chloridgehalten kann es eine konstruktiv sinnvolle und wirtschaftlich sinnvolle Lösung darstellen. Trotz Langzeiterfahrung in der Fachwelt sehr gegensätzlich diskutiert ist das Verfahren W-Cl. Bei entsprechender Umsetzbarkeit kann es - ggf. in Kombination mit den Verfahren R und KKS - ein für den Bauherrn attraktives wirtschaftliches Instandsetzungsprinzip darstellen. Doch birgt der Verbleib von Chloriden im Bereich des nicht wie bei dem Verfahren KKS zusätzlich geschützten Bewehrungsstahles weitreichende und differenziert zu untersuchende Risiken. Seit den 1970er Jahren wird an dem Verhalten von Chloriden sowie an dem Fortschreiten der Stahlkorrosion im chloridbelasteten Beton nach Aufbringen eines Oberflächenschutzsystemes geforscht. 1.6 Köchling.indd 73 14.01.20 17: 17 74 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Abbildung 3: Korrosionsgrößen von CEM-III-31 nach Beschichtungsapplikation, Quelle: S.Keßler, F.Hiemer, C. Gehlen: „Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton“, In: Beton und Stahlbau 112, Heft 4. Hrsg.: Ernst u. Sohn Verlag, 2017. Abbildung 4: Umverteilung der Restchloride in einem Beton mit geringem Chloriddiffusionswiderstand, Quelle: A.Rahimi: „Semiprobabilistisches Nachweiskonzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauteilen unter Chlorideinwirkung“. In: Heft 626, Hrsg.: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2017 Zuletzt haben Gehlen et al. im Rahmen eines vom DAfStb geförderten Forschungsvorhabens, u.a. veröffentlicht in [6], bei Laborversuchen nachgewiesen, dass die Korrosionstätigkeit nach dem Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems deutlich nachlässt. Weiterhin hat Rahimi im Rahmen von Laborversuch-gestützten Wahrscheinlichkeitsberechnungen ermittelt, dass die Chloride im Beton unmittelbar nach Auftragen eines Oberflächenschutzsystemes einer Umverteilung unterliegen [7]. Beide Untersuchungen konnten jedoch die elektrochemischen Prozesse, die zu ihren jeweiligen Ergebnissen führten, nicht abschließend klären. Gemeinsam ist beiden die Feststellung, dass insbesondere die Höhe des korrosionsauslösenden Chloridgehaltes nicht allgemeingültig festgelegt werden kann. Flohrer kommt in seinem Erfahrungsbericht [8] zu der Erkenntnis, dass das Prinzip W-Cl bei entsprechender Wartung funktioniert. Auch der Verfasser hat erfolgreich dauerhaft funktionstüchtige Tiefgarageninstandsetzungen nach dem Prinzip W-Cl mit Chloridwerten bis 2,4 M% v. Zementgehalt, mit einem OS 10 als direkt befahrbares PMMA durchgeführt. Die instandgesetzten Bauteile sind auch zum jetzigen Zeitpunkt nach knapp zehnjähriger Nutzung noch unverändert dauerhaft erhalten. 1.6 Köchling.indd 74 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 75 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Abbildung 5: Instandsetzung einer Tiefgaragenrampe nach dem Prinzip W-Cl in Dortmund, Juli 2010, Foto: Caspar Köchling GmbH Die im Gegensatz zu den Verfahren R und KKS nicht mögliche flächige Nachweisbarkeit des vorhandenen Korrosionsschutzes sowie die fehlende eindeutige wissenschaftliche Kenntnis der Parameter „Korrosionsauslösender Chloridgehalt“ und „Verringerung der Korrosion nach Beschichtung“ haben dazu geführt, dass die Instandsetzungsrichtlinie die Ausführung des Prinzips W-Cl an die ausdrückliche Untersuchung im Einzelfall und Beurteilung durch den sachkundigen Planer knüpft. Einer häufigen Fehlinterpretation unterliegt die in Teil 1, Abschn. 6.5.4.1 [3] der Instandsetzungsrichtlinie dargestellte Empfehlung: „ Das Verfahren sollte nur angewendet werden, wenn durch Probeinstandsetzungen (…) die Auswirkung der Maßnahme auf den Korrosionsfortschritt der Bewehrung z.B. durch den Einbau geeigneter Korrosionsstrommessvorrichtungen von einem sachkundigen Planer überprüft worden ist.“ [3]. Das modale Hilfsverb „sollte“ stellt in der Begrifflichkeit der Richtlinienarbeit nur eine Empfehlung dar, kein Gebot („muss“) oder Verbot („darf nicht“) [19]. Die Instandsetzung nach dem Prinzip W-Cl ist also nicht zwingend an eine „Referenzinstandsetzung“ gebunden, wohl aber an eine entsprechende Beurteilung durch den sachkundigen Planer. Der Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie knüpft vor diesem Hintergrund die Rahmenbedingungen für das korrespondierende „Verfahren 8.3 Erhöhung des elektrischen Widerstandes durch Beschichtung“ an eine Überwachung der Korrosionsentwicklung nach dem Abschluss der Instandsetzung. Es handelt sich dabei um ein ausdrückliches Gebot: “Daher darf dieses Verfahren bei chloridkontaminiertem Beton nur angewendet werden, wenn nach der Ausführung der Instandsetzungsmaßnahme die Auswirkung (…) auf den Korrosionsfortschritt der Bewehrung, z.B. durch Einbau geeigneter Sensoren, von einem sachkundigen Planer über die Restnutzungsdauer überprüft wird.“ [4]. Auch hier ist Fehlinterpretationen vorzubeugen: die Überprüfung mittels Sensoren ist eine von zahlreichen Möglichkeiten. Denkbar wäre z.B. aber auch die Überprüfung des Korrosionsfortschrittes mittels Bauteilproben. Über die Wahl der Überwachungsmethode hat der sachkundige Planer in Abstimmung mit dem Bauherrn im Rahmen seines Instandhaltungskonzeptes zu entscheiden. Dennoch bleibt das Prinzip W-Cl eine Variante der Instandsetzung, deren Erfolg auf einer hohen Fachkunde, langjähriger Erfahrung und präziser Bauteiluntersuchung durch den sachkundigen Planer basiert. Der Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie weist mehrfach und ausdrücklich auf die Unsicherheiten bei dem Verbleib von Chloriden im Beton hin: „Bei Chloridgehalten über 1 M.-%/ Zementgehalt an der Bewehrung tritt unter Umständen keine ausreichende Austrocknung im Beton ein.“ [4] Gemäß VOB/ B § 4 hat der bauausführende Unternehmer bei der Ausführung die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Hat er Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, so ist es seine Pflicht, diese schriftlich und unverzüglich zu äußern [20]. Das Werkvertragsrecht des BGB sieht im § 650t („Architektenvertrag und Ingenieurvertrag“) eine gesamtschuldnerische Haftung von Planer und bauausführendem Unternehmer vor: „Nimmt der Besteller den Unternehmer (hier: Planer, Anm. d. Verfassers) wegen eines Überwachungsfehlers in Anspruch, der zu einem Mangel an dem Bauwerk (…) geführt hat, kann der Unternehmer die Leistung verweigern, wenn auch der ausführende Unternehmer für den Mangel haftet (…).“ [21]. Der bauausführende Unternehmer ist im Hinblick auf diese Zusammenhänge verpflichtet, die Lückenlosigkeit und Schlüssigkeit der Vorleistung „sachkundige Planung“ zu hinterfragen und im Zweifel Bedenken gegen diese anzumelden, um einer eigenen Inhaftungsnahme vorzubeugen. Die Bauwerksuntersuchung und die Entwicklung des Instandsetzungskonzeptes durch den sachkundigen Planer sollte daher vor diesem haftungsrechtlichen Hintergrund umfassend, zielorientiert, präzise und vor allem transparent dokumentiert sein. Ebenfalls ausführlich dokumentiert sein muss die Aufklärung, die Entscheidungsfindung und die Entscheidungserklärung des Bauherrn. Das gilt insbesondere für das Prinzip W-Cl, aber gleichermaßen für das Prinzip KKS, wenn die Instandhaltungsziele von der Planung bis zur Durchführung erreicht werden sollen. 1.6 Köchling.indd 75 14.01.20 17: 17 76 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass das Erreichen der Instandhaltungsziele in einem engen Zusammenhang mit dem Verbleib von Chloriden im Beton steht. Die im Gelbdruck vorliegende Instandhaltungsrichtlinie hat als die „übergeordneten Instandsetzungsziele (…) die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit von Betonbauteilen für einen bestimmten Zeitraum …“ definiert. Für den Begriff des „bestimmten Zeitraums“ führt der Gelbdruck den in der Fachwelt inzwischen etablierten Begriff der „Restnutzungsdauer“ ein. Welche Bedeutung hat diese offensichtliche zeitliche Begrenztheit einer Instandsetzung für Bauherrn und Planer? Und welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Chloridgehalt, dem Instandsetzungsprinzip und der Restnutzungsdauer? Der Beantwortung dieser Fragen soll im folgenden Kap. 4 nachgegangen werden. 4. Die rechtlich-wirtschaftlichen und technischen Kernprobleme: die „Restnutzungsdauer“ und der „korrosionsauslösende Chloridgehalt“ 4.1 Die Restnutzungsdauer Der Eigentümer eines Gebäudes bewertet die Lebensdauer seiner Immobilie in der Regel nach ihrem wirtschaftlichen Wert. Dieser ermittelt sich aus Parametern wie Erstellungs- oder Kaufpreis, jährlichen Mieterträgen, Investitionen für den Erhalt sowie die regionale Lage. Das bei der Errichtung der Immobilie - im Falle eines Stahlbetonbaus - die Dauerhaftigkeit nach bauaufsichtlich eingeführter technischer Norm (seit 01.07.2012 Eurocode 2, vorher DIN 1045) auf 50 Jahre ausgelegt worden ist ([16] Anhang E Tab. 2.1), wird ihm in der Regel nicht bekannt sein. Was aber bedeutet das für sein Eigentum? Wo liegt hier der Zusammenhang mit seiner betriebswirtschaftlichen Kalkulation? Noch komplizierter wird es, wenn der Planer im Zusammenhang mit einer anstehenden Instandsetzungsmaßnahme den Begriff der „Restnutzungsdauer“ in die Diskussion einbringt. Was geschieht danach? Ist das Bauwerk dann nicht mehr standsicher? Muss es dann abgebrochen werden? Der Kaufmann kennt den Begriff der „Abschreibung für Abnutzung“. Mit diesem Begriff gelingt der Brückenschlag: die kaufmännisch/ steuerliche Abschreibung stellt den (durch den Gesetzgeber festgelegten) Betrag dar, den der Eigentümer einer Immobilie jährlich als Wertminderung durch die Abnutzung der Immobilie in der kaufmännischen Vermögensbilanz ansetzen muss. Der Begriff der „geplanten Nutzungsdauer“ hat einen vergleichbaren Inhalt: nach Ablauf der geplanten Nutzungsdauer endet die „Dauerhaftigkeit“ [16] für die eine tragwerksplanerische Bemessung erfolgt ist. Mit ihrem Ende kann z.B. Bewehrungskorrosion einsetzen. Im Gegensatz zur kaufmännischen Abnutzung, die ja fiktiv einmalig angesetzt wird, können in der technischen Definition jedoch Maßnahmen ergriffen werden, um die Dauer der Abnutzung zu verlängern. Die regelsetzenden Werke haben dazu „Grenzzustände“ als Parameter der Dauerhaftigkeit definiert, die in Kap. 4.3 näher erläutert werden. Der bauaufsichtlich eingeführte nationale Anhang des Eurocodes 2 NA/ A1: 2015-12 [9] greift diese Thematik insofern auf, als er die technische Dauerhaftigkeit eines Bauteiles aus Stahlbeton neben statischer Bemessung und Zusammensetzung der Baustoffe ausdrücklich an die Verpflichtung der Wartung knüpft. Dieser Regelung liegt die Erfahrung zugrunde, dass die Dauerhaftigkeit insbesondere von Stahlbetonbauwerken, die regelmäßig der Exposition von Feuchtigkeit ausgesetzt sind, ohne Wartung vielfach nicht erreicht wurde: die Korrosion hat bereits vor Erreichen des Endes der Nutzungsdauer eingesetzt. Abbildung 6 verdeutlicht diesen Zusammenhang: Bei einer Inspektion des Gebäudes werden Einschränkungen der Dauerhaftigkeit vor Erreichen der planmäßigen Nutzungsdauer festgestellt. Um sie wieder herzustellen, müssen für die Differenz-Zeit, also die Rest-„Nutzugsdauer“, Maßnahmen in Form einer Instandsetzung ergriffen werden. Es können jedoch auch, wie unten erläutert wird, Verbesserungen erzielt und damit eine über die ursprüngliche Nutzungsdauer hinausgehende Dauerhaftigkeit erreicht werden (Abbildung 7). Hier setzt die Planung und Beratung des sachkundigen Planers an. Dabei sind einige Aspekte zu berücksichtigen. Theoretisch ermöglicht das Instandsetzungsprinzip R das Erreichen einer erneuten Restnutzungsdauer von 50 Jahren. Dennoch gilt diese Restnutzungsdauer nur für das geschützte Bauteil. Die umgebenden sowie die nicht nach diesem Prinzip instandgesetzten Bauteile - beispielsweise die Außenwände eines über einer Tiefgarage aufstehenden Wohn- und Geschäftshauses haben ihre geplante Nutzungsdauer ja ebenfalls nach 50 Jahren erreicht und werden in der Regel nicht zeitgleich - wenn überhaupt - mit der Tiefgarage instandgesetzt. Hier kann die Korrosion jedoch z.B. aufgrund von Karbonatisierung ebenso einsetzen. Weiterhin ist das einmal instandgesetzte Bauteil „Tiefgarage“ nicht für 50 Jahre instandsetzungsfrei: sollten Oberflächenschutzsysteme eingebaut worden sein, ist deren Erneuerung - je nach System - nach 10 - 20 Jahren erforderlich. Auch ist eine Erhöhung der Betondeckung auf das aktuell geforderte Maß - i.d.R. 4,0 cm - aufgrund statischer oder konstruktiver Gegebenheiten in vielen Fällen nicht möglich und somit auch eine Bemessung der Dauerhaftigkeit nach Eurocode unzulässig. Bei der Anwendung des Prinzips R wäre es zudem praxisfern, sämtliche Bauteile einer Tiefgarage zu erneuern - eine solche Maßnahme käme ja einem Komplettabriss und -neubau gleich. Man wird also das Prinzip stets auf geschädigte Bauteile beschränken. Daher wird man bei diesem - sehr kostenintensiven - Prinzip nur in Ausnahmefällen eine planmäßige Dauerhaftigkeit von weiteren 50 Jahren für das gesamte Bauwerk Tiefgarage erzielen. 1.6 Köchling.indd 76 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 77 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Abbildung 6: Möglicher Ist-Zustandsverlauf der Nutzungsdauer nach Instandsetzung bei Wiederherstellung der planmäßigen Nutzungsdauer, Grafik: Caspar Köchling GmbH Jenseits aller technischen Möglichkeiten muss auch der Bauherr seine Absichten für die Nutzung des Gebäudes und ihre geplante Dauer in Abhängigkeit von wirtschaftlichen Überlegungen ermitteln und in die Planung einbringen. In der Praxis wird man unter Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren in der Regel eine sinnvolle Kombination von Instandsetzungsprinzipien finden. Im Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie wird dieser Zusammenhang in der Definition des Instandhaltungskonzeptes wie folgt erläutert: „Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen während der geplanten Nutzungsdauer eines Bauwerks bzw. Bauteils, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung seines funktionsfähigen Zustandes dienen, ggf. in mehreren Varianten mit dem Ziel, eine technisch und wirtschaftlich begründete Instandhaltung zu ermöglichen.“ Das eine Instandsetzung keinen Neubauzustand herzustellen vermag, wird in der inzwischen zum Standard gewordenen Grafik des Gelbdrucks in Teil 1, Abschn. 4.2.1 [4] dargestellt. In diesem Zusammenhang findet der Gelbdruck den Begriff der „Verbesserung“ ([4] Abschn. 4.2.3.5): “Die Verbesserung unterscheidet sich von der Instandsetzung insofern, als der planmäßige Sollzustand zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Nutzungsdauer nicht nur wiederhergestellt, sondern überschritten wird, um die Standsicherheit oder die Gebrauchstauglichkeit gegenüber den bisherigen Vorgaben zu steigern. Eine Verbesserung kann auch den Zweck verfolgen, die Restnutzungsdauer über den geplanten Zeitraum hinaus zu verlängern.“ In den Abbildungen 6 und 7 wird der Unterschied zwischen einer Wiederherstellung und einer Verbesserung der Restnutzungsdauer zum Zeitpunkt der Inspektion verdeutlicht. Grundlage ist die entsprechende Grafik aus dem Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie. Als Planungshilfe findet sich dazu sowohl in der Instandsetzungsrichtlinie, aber auch im Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie die Festlegung des „Mindest-Sollzustandes“: „Der Mindest-Sollzustand ergibt sich aus den Anforderungen an Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Verkehrssicherheit und Brandschutz in Abstimmung mit dem Auftraggeber und ist während der Restnutzungsdauer nicht zu unterschreiten“ ([4] Abschn. 4.2.1 - 3). Die Kriterien des „Mindest-Sollzustandes“ sind optisch wahrnehmbare oder technisch messbare - und auch für den Bauherrn erkennbare - Aspekte: so kann z.B. festgelegt werden, dass über die Restnutzungsdauer keine Risse in tragenden Bauteilen dauerhaft verbleiben dürfen, keine Fehlstellen in der Oberfläche, kein Wasserdurchtritt im Bereich von Dehnfugen oder - als messbare Aspekte - keine Korrosion oder keine Feuchtigkeit an zuvor eingebauten Sensorstellen oder Bauteilöffnungen feststellbar sein soll. Die Instandhaltungsrichtlinie führt dazu weiter aus (Abschn. 4.2.3.4 - 1): “Die Instandsetzung umfasst alle Maßnahmen, die dazu führen, dass eine Unterschreitung des Mindest-Sollzustandes während der geplanten Restnutzungsdauer mit ausreichender 1.6 Köchling.indd 77 14.01.20 17: 17 78 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Abbildung 7: Möglicher Ist-Zustandsverlauf der Nutzungsdauer nach Instandsetzung bei Verbesserung der planmäßigen Nutzungsdauer, Grafik: Caspar Köchling GmbH Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. (…) In besonderen Fällen können zum Erreichen der geplanten Restnutzungsdauer mehrfache Instandsetzungen im Zeitablauf erforderlich sein.“ Zu der Frage der Haftung des Planers nimmt der Gelbdruck ebenfalls Stellung ([4] Abschn. 4.2.3.1): „Die Angaben über die Nutzungsdauer von Instandsetzungsprodukten und -systemen sind nicht als Gewährleistungszeitraum auszulegen, sondern dienen lediglich als Hilfsmittel zur Auswahl geeigneter Produkte und Systeme im Hinblick auf die angestrebte Nutzungsdauer des Bauwerks. (…) Starke mechanische oder chemische Beanspruchungen können beispielsweise bei Oberflächenschutzsystemen zu einer deutlichen Verkürzung der Nutzbarkeitsdauer führen. (…) Ist die im Rahmen der Inspektion festgestellte Restnutzungsdauer kleiner als erwartet, können von einem sachkundigen Planer folgende Optionen in Betracht gezogen werden: a) (…) intensivierte Überwachung (…) b) Neueinstufung des Betonbauteils aufgrund reduzierter Funktionstüchtigkeit c) Instandsetzung (…)“ . Im Teil 5 des Gelbdruckes der Instandhaltungsrichtlinie finden sich zwei Nachweisverfahren zur Ermittlung der Restnutzungsdauer von Betonbauteilen. Verfahren 1 beschreibt die Ermittlung der Restnutzungsdauer anhand der im Rahmen einer Inspektion gemessenen Karbonatisierungstiefe in Abhängigkeit zu der minimalen vorhandenen Betondeckung. Weitere Einflussgrößen sind die Umgebungsbedingungen (Expositionsklasse), Sicherheitsfaktoren sowie Bauteilalter. Verfahren 2 ist ein vollprobabilistisches Verfahren zur Ermittlung der Restnutzungsdauer unter Chloridbeaufschlagung. Für die praktische Anwendung ist dieses Verfahren jedoch nur begrenzt verwendbar. Seine Anwendung setzt eine sich über mehrere Jahre erstreckende Messung (z.B. im Rahmen von Inspektionen) am Objekt oder an Referenzobjekten voraus. Weiterhin handelt es sich um Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen. Hinsichtlich der Chloridbeaufschlagung ist zu berücksichtigen, dass es „den“ korrosionsauslösenden Chloridgehalt nicht gibt, wie Rahimi in [7] festhält. Auch ist relevant, ob sich das betrachtete Chloridprofil im Bereich tragender Bewehrung befindet, wie in Kap. 4.2 noch erläutert wird. In der Praxis wird es eher der Fall sein, dass, wie in Kap. 1 dargelegt, die mangelnde Gebrauchstauglichkeit (Risse, Fehlstellen, „Schlaglöcher“, Undichtigkeiten) eine Instandsetzung jenseits aller Nachweisverfahren erforderlich macht. Für die Instandsetzung von Tiefgaragen und Parkhäusern ist also im Hinblick auf die Restnutzungsdauer zusammenzufassen: Die Restnutzungsdauer ist zunächst einmal die Dauer vom Zeitpunkt der Instandsetzung bis zum Ende der (gem. DIN 1045/ Eurocode 2 vorgesehenen) planmäßigen fünfzigjährigen Nutzungsdauer. Vom sachkundigen Planer muss anhand von Bauteiluntersuchungen der Ist-Zustand festgestellt und in Abstimmung mit dem Bauherrn ein wirtschaftlich und technisch begründetes Instandhaltungskonzept entwickelt werden. 1.6 Köchling.indd 78 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 79 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Dabei ist mit dem Bauherrn zu klären, ob die Restnutzungsdauer oder eine Verbesserung erreicht werden soll. Das eine Verbesserung eine erneute Dauerhaftigkeit über 50 Jahre erreicht, ist unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer der nicht „verbesserten“ umgebenden Bauteile sowie der begrenzten Dauerhaftigkeit von Oberflächenschutzsystemen nur in Ausnahmefällen erzielbar. Weiterhin sind wirtschaftliche Aspekte einzubeziehen: es ist zu klären über welche wirtschaftlichen Möglichkeiten und Nutzungsabsichten der Bauherr verfügt. Die Dokumentation dieser Aspekte ist neben einer ausführlichen Ist-Zustandsermittlung die Grundlage für die Entwicklung eines ausgewogenen Instandsetzungsplanes. 4.2 Der korrosionsauslösende Chloridgehalt Die Problematik der chloridbedingten Korrosion liegt in ihrer lokalen und zunächst von außen nicht wahrnehmbaren Schädigung. Prinzipiell besteht das Wirkprinzip daraus, dass in den Beton bis zur Bewehrung eingedrungene Chloridionen den Stahl depassivieren und es bei Zutritt von Feuchtigkeit und Sauerstoff zu lokaler Korrosion kommt. Die einmal eingesetzte Korrosion wird beschleunigt durch den sich beständig durch ihr Fortschreiten erhöhenden Potenzialunterschied zwischen großer Kathode (angrenzendem alkalischem und damit geschütztem Bereich) und kleiner Anode (depassiviertem, korrodierendem Bereich). Dauberschmidt erläutert in [5]: „Wird eine kritische Konzentration an freien Chloridionen am Stahl überschritten, versagt der Passivfilm des Stahls und Korrosion kann einsetzen.“ Abbildung 8: Schematische Darstellung der Korrosion von Betonstahl, links und durch chloridinduzierte Korrosion geschädigter Stahl, rechts, Quelle: Prof. Dr. Ing. Ch. Dauberschmidt: „Chloridbelasteter Beton - immer ein Entsorgungsfall? “, Regionaltagung des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins, München 2010. Neben dem Chloridgehalt nennt Raupach in [22] folgende Faktoren, die den Korrosionsfortschritt beeinflussen können: - Hydratationsgrad - Hüttensandgehalt - Gehalt an Steinkohleflugasche - C3A-Gehalt des Zementsteins - w/ z - Wert - Größe des Zuschlagkorns - Temperatur - Rel. Luftfeuchtigkeit - Austrocknungsgrad des Betons Um den der Korrosion zugrunde liegenden elektrolytischen Prozess am chlorid-, aber ebenso auch am karbonatisierungsbedingt depassivierten Stahl zu ermöglichen ist Wasser in Form des Feuchtegehalts im Beton eine entscheidende Voraussetzung. Ein über die Poren des Betons zusammenhängender Wasserfilm ist das Trägermedium für den in Abbildung 8 dargestellten Ionentransport, der zu der Korrosion am Stahl führt. Weydert hat dazu für die karbonatisierungsbedingte Korrosion in [23] zahlreiche Untersuchungen an Probekörpern durchgeführt. Je nach Zementart kam der Korrosionsprozess an den Probekörpern bei einem Feuchtegehalt zwischen ca. 2 Vol% und ca. 4 Vol% vollständig zum Erliegen. Bislang nicht erforscht ist u.a., wie sich die hygroskopische Eigenschaft der Chloride auf die Verteilung der Ausgleichsfeuchte im Beton und seine Austrocknung auswirkt. Auch sind die Zusammenhänge, die Weydert für die karbonatisierungsindizierte Korrosion ermittelt hat, für die chloridbedingte Korrosion noch nicht vollständig wissenschaftlich nachgewiesen. Zu dem Thema des korrosionsauslösenden Chloridgehalts haben unter anderem Dauberschmidt [5], Rahimi [7] und Gehlen [6] in den vergangenen zehn Jahren Forschungen vorgenommen. Alle drei Untersuchungen kommen - wie in Kap. 3 und Kap.4.3 näher erläutert unter anderem zu dem Ergebnis, dass: - Die kritische depassivierende Chloridkonzentration am Stahl - Der kritische Korrosionsauslösende Feuchtegehalt am depassivierten Stahl nicht allgemeingültig zu ermitteln ist. Diese ungeklärte wissenschaftliche Lage hat den Deutschen Ausschuss für Stahlbeton im Jahr 2015 veranlasst, ein Positionspapier [10] dazu herauszugeben. Darin wird erläutert: „Sowohl Forschungsergebnisse als auch praktische Erfahrungswerte deuten gleichermaßen darauf hin, dass die Festlegung des Schwellenwertes auf 0,5 M.-% deutlich auf der sicheren Seite liegt. 1.6 Köchling.indd 79 14.01.20 17: 17 80 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Abbildung 9) Elektrolytwiderstände und Korrosionsstrom, unbeschichteter Versuchskörper mit karbonatisierter Randschicht (CEM III A), Wasserbeaufschlagung mit zwischenzeitlicher Trockenlagerung. Quelle: Romain Weydert: „Randbedingungen bei Instandsetzung nach dem Schutzprinzip W bei Bewehrungskorrosion im karbonatisierten Beton“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 552, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2005 Es ist erwiesen, dass in vielen Bauwerken, wie auch bei Prüfkörpern in Forschungsreihen, Chloridgehalte von z.T. deutlich über 1,0 M.-%, bezogen auf die Zementmasse, keine aktive Korrosion am Betonstahl auslösen.“ Der Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie greift diese Unsicherheit insofern auf, dass er das dem Prinzip W-Cl entsprechende Verfahren 8.3 unter den in Kap. 3 erläuterten Vorbehalt stellt, den Korrosionsfortschritt an der Bewehrung nach Abschluss der Instandsetzung fortwährend zu überprüfen. Jenseits von allgemein anerkannten Grenzwerten für korrosionsauslösenden Chlorid- und Feuchtegehalt hat der sachkundige Planer die Wahl seiner Messpunkte für den Chloridgehalt vor allem nach den Auswirkungen auf das Tragwerk auszulegen. Entscheidend sind z.B. die Chloridgehalte im Bereich von aufgehenden Stützen, im Bereich von Unterzügen und Stützbewehrungen in Randbereichen von Zwischendecken sowie tragenden Bodenplatten und Fundamenten. Für die Umsetzung einer wirtschaftlichen Planung ist es notwendig die Chloridkonzentrationen im Bauwerk immer bauteilbezogen zu betrachten und unter Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen zu bewerten. Eine über dem Schwellenwert befindliche Chloridkonzentration rechtfertigt also nicht unmittelbar den Ausbau des betroffenen Bauteils. Bei einer bauteilbezogenen Betrachtung sollten unter anderem folgende Aspekte Berücksichtigung finden: - Statische Funktion des Bauteils Hohe Chloridbelastung bei nichttragenden Bauteilen stellen keine Gefährdung der Tragsicherheit dar. Hier gilt es u.a. zu bewerten, inwiefern eine mögliche Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit eine Instandsetzung erforderlich macht. - Lage der Bewehrung / Betondeckungsmessungen Bei tragenden Bauteilen sollte neben dem Chloridwert auch die Lage der Bewehrung betrachtet werden. So kommt es häufig vor, dass sich die erhöhten Chloridkonzentrationen nur im oberflächennahen Bereich des Bauteils nachweisen lassen und z.B. durch eine hohe Betondeckung keine Depassivierung des Bewehrungsstahls stattgefunden hat. - Vorhandene Tragreserven Auch bei vorangeschrittener Korrosion muss die Standsicherheit des Bauteils nicht gänzlich in Frage gestellt werden. Krause/ Horstmann erläutern dazu in [11], inwiefern im Rahmen einer statisch-konstruktiven Planung Möglichkeiten bestehen, Tragreserven zu identifizieren und für die Instandsetzungsplanung nutzbar zu machen. Neben der über die Jahre verminderten Nutzlast für Verkehr- und Parkflächen, differenzierter Betrachtung der Lasteinzugsfläche und der häufig ausgeprägten Nacherhärtung des Betons kann durch aktuelle Berechnungsmodelle eine deutliche Reduzierung des erforderlichen Bewehrungsquer- 1.6 Köchling.indd 80 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 81 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen schnitts erzielt werden (s. Abbildung 10), sodass auch bei einer Querschnittsschwächung durch z.B. Chlorideinwirkung ausreichend Tragreserven vorhanden sein können. Abbildung 10: Beispiel einer mehrfeldrigen Decke mit möglichen Reduktionen des Stützmomentes durch Abschnittsbemessung und Umlagerung, Quelle: Dr. Ing. Krause/ Prof. Dr.-Ing.Horstmann: „Statische Aspekte beim Neubau und bei der Instandsetzung von Tiefgaragen“. In: Tagungsband - 3. Dortmunder Bauforum. Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann, Dortmund 2019. Unter juristischen Aspekten bietet - wie in Kap. 3 dargelegt die Behandlung des korrosionsauslösenden Chloridgehaltes in dem Instandsetzungskonzept die größte Angriffsfläche für den sachkundigen Planer. Die sich widersprechenden Schlüsse der Fachwelt aus den Untersuchungen zu den Auswirkungen der Chlorideinwirkung fordern nicht nur eine gewissenhafte und strukturierte Aufarbeitung von Bauteiluntersuchung und Bestandstragwerk, sondern auch eine umfassende Aufklärung des Bauherrn sowie eine entsprechende Dokumentation in der Instandsetzungsplanung. 4.3 Die Auswirkung des korrosionsauslösenden Chloridgehaltes auf die Restnutzungsdauer Dem Zusammenhang zwischen der Nutzungsdauer eines Bauwerks und seiner Beeinflussung durch Einwirkungen wie Karbonatisierung und Chloridbeaufschlagung insbesondere bei Neubauten ist Gehlen in [12] nachgegangen: „Ein Bauwerk gilt dann als zuverlässig gegenüber einer bestimmten Einwirkung, wenn zum Ende der angestrebten Lebensdauer sowohl Gebrauchsgrenzzustände als auch Bruchgrenzzustände mit einer zuvor festgelegten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten werden.“ Dabei definieren sich Gebrauchsgrenzzustände z.B. durch zu große Durchbiegungen oder Schwingungen und ästhetische Gesichtspunkte wie Risse oder Abplatzungen. Bruchgrenzzustände verstehen sich als Versagen der Tragstruktur z.B. durch korrosionsbedingten Querschnittsverlust der Hauptbewehrung. Für Tragwerke, die nach den z.Zt. gültigen Bemessungsregeln des Eurocodes 2 erstellt werden, lässt sich mit Material- und Umgebungskennwerten die Auswirkung der Karbonatisierung sehr genau vorhersagen. Für die Einwirkung von Chloriden ist dieses jedoch nur bedingt möglich: Gehlen erläutert: „In der Literatur wird (…) das 2.Fick’sche Diffusionsgesetz zur Beschreibung des Chlorideindringvorgangs verwendet (…). Ausgabewert ist ein sogenannter effektiver Diffusionskoeffizient DEff,C und eine dazugehörige extrapolierte Chloridoberflächenkonzentration CS zum Beobachtungszeitpunkt tInspektion.“. Dieser Ansatz funktioniert, solange das Bauteil kontinuierlich mit chloridkontaminierten Lösungen beaufschlagt wird (vgl. [12] Kap. 4.1.1., S.37). In der Praxis treten in Parkbauten Chloridbeaufschlagungen allerdings selten dauerhaft, sondern viel häufiger nur zeitweise auf. Dazu erklärt Gehlen: “Darüber hinaus ist insbesondere bei intermittierender Chloridbeaufschlagung (...) zusätzlich davon auszugehen, dass der Ansatz des 2. Fick´schen Diffusionsgesetzes nicht ohne Einschränkungen dazu geeignet ist, analysierte Chloridprofile über den gesamten Tiefenbereich x zufriedenstellend abzubilden“ ([12], Kap. 4.1.2). „Vornehmlich in Abhängigkeit der Verkehrsdichte D und der zulässigen Verkehrsgeschwindigkeit v werden chloridhaltige Tauwässer mit einem Chloridgehalt C0,R unterschiedlich weit von der Straße auf davon entfernt liegende Bauteiloberflächen transportiert.“ ([12], Kap. 4.2.4, S. 61).“ „Bis in welche Tiefe Kapillaraktivität und damit ein rascher Kapillartransport von Chloriden ins Bauteilinnere stattfinden kann, hängt vornehmlich vom Feuchtezustand des Bauteils vor Wiederbenetzung ab.“ ([12], S. 60). Kapteina hat weiterhin dazu in [24] im Rahmen Ihrer Untersuchung festgestellt, dass der Chloridtransport im nicht karbonatisierten Beton mit zunehmendem Hydratationsgrad, abnehmender Feuchte und in Abhängigkeit von der Zementart erkennbar abnimmt. Gehlen unterteilt in [12] die Forschungsergebnisse an chloridbelasteten Bauteilen im Hinblick auf die Auswirkung der Korrosion in die Modellansätze der Einleitungsphase und der Schädigungsphase: “Dementsprechend befinden sich die mit der Schädigungsphase verknüpften Modellierungsansätze im Vergleich zu den bereits fortgeschrittenen Modellformulierungen zur Einleitungsphase noch in den Anfängen. Oft wurde Korrosionsforschung lediglich empirisch ausgewertet und allgemeine Abhängigkeiten herausgestellt.“ ([12], Kap. 1.6 Köchling.indd 81 14.01.20 17: 17 82 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen 5.1, S. 64). Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass als Voraussetzung für korrosionsbedingten Bewehrungsabtrag neben verschiedenen anderen Voraussetzungen auch „ausreichende Mengen an Sauerstoff“ ([12], Kap. 5.2, S. 64) im elektrolytisch leitenden Beton vorhanden sein müssen. In der Untersuchung wird dann in der Folge nachgewiesen, dass zumindest die Einwirkung von Karbonatisierung bei Einhaltung der gemäß Eurocode 2 vorgegeben Betondeckung mit ausreichender Sicherheit nicht dazu führen, dass die Grenzzustände während der Lebensdauer von 50 Jahren erreicht werden. Im Bereich der Instandsetzung von Tiefgaragen sind die Einwirkungsprozesse, die Gehlen für neu zu erstellende Betonbauteile beschreibt, bereits zu einem großen Teil abgeschlossen. Die Nutzungsdauer ist in der Regel nahezu erreicht und Bauherr und Planer stehen vor der Entscheidung, wie das Bauwerk für die Restnutzungsdauer oder für eine zu definierende neue Nutzungsdauer (=Verbesserung) zu ertüchtigen ist. Das zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung für eine Instandsetzungsmaßnahme zumindest Gebrauchsgrenzzustände erreicht wurden, liegt insbesondere vor dem Hintergrund auf der Hand, dass die Betondeckung der instand zu setzenden Bauteile in der Regel planmäßig bei 2,0 cm liegen. Für die Auswirkung der Karbonatisierung lassen sich mit den in der Instandsetzungs- und Instandhaltungsrichtlinie festgelegten Instandsetzungsprinzipien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Lösungen zu einer planmäßigen Entwicklung für die weitere vorgesehene Lebensdauer finden. Hinsichtlich der Einwirkung von Chloridpenetration und ihrer Auswirkung bleibt für die Instandsetzung festzuhalten, dass es „das“ Chloridprofil für ein Bauwerk nicht gibt. Für den Grenzzustand der Einwirkungsphase ist nicht zu definieren, wann die Chloridsättigung erreicht ist. Für den Grenzzustand der Schädigungsphase ist nicht zu definieren, wann die korrosionsauslösenden Umgebungsparameter, die ausreichende Menge an Feuchtigkeit und Sauerstoff, erreicht sind. Diese noch nicht vollständig erforschte Situation hat den DAfStb im Jahr 2008 veranlasst, dazu ein Positionspapier zu verfassen [14]: „ Die Modellierung der Zerstörungsphase inklusive einer statistischen Quantifizierung der am Korrosionsprozess beteiligten Variablen befindet sich nach wie vor in der Entwicklung und ist noch nicht so weit entwickelt dass Zustandsbetrachtungen auf damit verknüpfte Grenzzustände abgestützt werden könnten“. Weiterhin wird klargestellt: „Bei diesen bislang definierten Grenzzuständen (carbonatisierungs- und chloridinduzierter Depassivierung der Bewehrung) handelt es sich aber nicht um klassische Grenzzustände, bei deren Überschreitung die Gebrauchstauglichkeit unmittelbar eingeschränkt wird. Vielmehr bilden diese Ersatzgrenzzustände ab, die echten, die Gebrauchstauglichkeit einschränkenden Grenzzuständen (z.B. korrosionsinduzierte Rissbildung, Betonabplatzungen, Anm. d. Verfassers) vorgeschaltet sind“. Das Positionspapier erläutert in diesem Zusammenhang, dass die in der DIN 1045 und DIN EN 206 festgelegten und eine 50jährige Nutzungsdauer sicherstellenden Dauerhaftigkeitskriterien hinsichtlich Mindestbetondeckung, maximal zulässigem Wasserzementwert, Mindestzementgehalt und Mindestdruckfestigkeit nicht „auf der Grundlage von validierten Dauerhaftigkeitsbemessungsmodellen“ beruhen. „Vielmehr bilden diese den unter den beteiligten Kreisen allgemein anerkannten Stand der Technik ab, der auf den Erfahrungen beruht, die in der Praxis über Jahrzehnte hinweg gesammelt wurden. Dabei können keinerlei projektspezifische Parameter wie differenzierte Einwirkungen oder spezielle Randbedingungen der Widerstandsseite berücksichtigt werden, so dass die deskriptiven Anforderungsprofile auf der sicheren Seite liegend sehr weite Bereiche der Spektren sowohl auf der Einwirkungsseite als auch auf der Materialseite abdecken müssen“. [14]. Neben häufigen Ausführungsmängeln haben auch die bei der Entstehung des Bauwerks geltenden technischen Regeln zur Bemessung der Betondeckung eine - gegenüber heutigem Standard - zu geringe Betondeckung zur Folge. Für die Instandsetzung von Tiefgaragen und Parkhäusern ist insofern entscheidend, dass die Depassivierung des Betonstahls keinen Grenzzustand darstellt, der unmittelbar die Gebrauchstauglichkeit einschränkt. Ohne diese Voraussetzung wäre ein Erhalt des karbonatisierten und/ oder chloridbelasteten Betons gar nicht möglich: an dieser Definition als „Ersatz-Grenzzustand“ setzen die betonerhaltenden Instandsetzungsverfahren KKS und W-Cl an. Umso entscheidender für die Wahl des Instandsetzungsprinzips und für den Erfolg der Instandsetzung ist, wie in Kap. 3 dargestellt, die gewissenhafte Ermittlung des bauteilbezogenen Ersatz-Grenzzustandes. Als Hinweise zu einem bauteilbezogenen Grenzzustand helfen Bauteilproben in chloridbelasteten Bereichen: wie ist die Lage und der Zustand der Bewehrung im Bereich hoher gemessener Chloridwerte. Zur Ermittlung eines differenzierten Chloridprofils sind weitere Betrachtungen zu berücksichtigen: nutzungsbedingt wird man in der Fahrspur eines Parkbauwerks (Freidecks ausgenommen) weniger Chloridanteile finden als in den Parkzonen. Im einfahrtsnahen Bereich einer Parkgarage wird die Konzentration der Chloride höher sein als im untersten Tiefgeschoss. Für die Beurteilung des Chloridgehaltes wird darüber hinaus - wie in Kap. 3 dargestellt - entscheidend sein, in welcher Höhe die Chloridkonzentration z.B. in der tragenden Bügelbewehrung eines Unterzuges oder in der konstruktiven Oberbewehrung einer Boden- oder Deckenplatte gemessen werden. Weiterhin ist durch ausreichende Bauteilproben festzustellen, wie sich das Verhältnis von Korrosion und Chloridwerten im Bereich von Rissen darstellt. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine gewissenhafte Planung aus einer Reihe von Voruntersuchungen besteht, die u.a. in [25] ausführlich dargelegt 1.6 Köchling.indd 82 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 83 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen werden. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung einer wirtschaftlichen Planung hat der sachkundige Planer dem Bauherrn alternative Instandsetzungsverfahren und Kombinationen von Verfahren unter Berücksichtigung der Wartung und Instandsetzung für die vom Bauherrn gewünschte Nutzungsdauer transparent darzulegen. Gehlen hat in [12] zu der Thematik „wirtschaftliche Instandsetzung“ den „Zuverlässigkeitsindex“ definiert und graphisch dargestellt (Abbildung 11). Abbildung 11: Kosten- Nutzen- Kurve zur Bestimmung der wirtschaftlichen optimalen Zuverlässigkeit, Quelle: Dr.-Ing. Christoph Gehlen: „Probabilistische Lebensdauerbemessung von Stahlbetonbauwerken, Zuverlässigkeitsbetrachtungen zur wirksamen Vermeidung von Bewehrungskorrosion“. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2000. Das Positionspapier [14] hat dazu erläutert: „Zuverlässigkeiten gegenüber bestimmten ungewollten Grenzzuständen zur Gebrauchstauglichkeit werden in der Praxis häufig vor dem Hintergrund von Kosten-Nutzen-Analysen festgelegt (…), da bei Gebrauchstauglichkeitsfragen ökonomische Gesichtspunkte dominieren. (…) Die Höhe des Instandsetzungsaufwands ist aber auch immer davon abhängig, wie früh ein sich anbahnender Korrosionsschaden entdeckt und instand gesetzt wird“. Zusammenfassend ist festzuhalten: soll die Instandsetzung von Parkbauten wirtschaftlich geplant werden, dann wird man den Anteil der nach dem Prinzip R instandgesetzten Bauteile auf ein Mindestmaß reduzieren und für einen möglichst großen Anteil des Bauwerks die Verfahren KKS oder W-Cl oder alle drei Verfahren in Kombination anwenden. Es ist Aufgabe des sachkundigen Planers, dem Bauherrn zu verdeutlichen, dass die Prinzipien KKS und W-CL Sonderverfahren sind, deren Gelingen ohne die Mitwirkung des Auftraggebers durch regelmäßige Wartung nicht möglich ist. Weiterhin ist es Sache des durch den sachkundigen Planer umfassend aufgeklärten Auftraggebers, sich für das Prinzip der Instandsetzung zu entscheiden. Wie eine solche Aufklärung erfolgen kann, ist anhand von einem fiktiven Fallbeispiel in den folgenden Abbildungen dargestellt. 4.3.1 Fiktives Fallbeispiel - Chloridbelastete Tiefgarage Abbildung 13: Vergleich von Instandsetzungsprinzipien zum Fallbeispiel, Grafik: Caspar Köchling GmbH 5. Die Instandsetzungsprinzipien KKS und W-Cl und die erzielbare Restnutzungsdauer In dem in Abbildung 13 dargestellten Fallbeispiel wird auch verdeutlicht, dass die Wirtschaftlichkeit einer Instandsetzung ohne die Betrachtung der vorgesehenen Nutzungsdauer nicht möglich ist. Dabei ist die „vorgesehene Nutzungsdauer“ immer das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der vom Bauherrn gewünschten und vom Planer als technisch möglich erachteten Nutzungsdauer. In Kap. 4.1 wurde dargestellt, dass es hier von Seiten des Planers zunächst einer Aufklärung des kaufmännisch orientierten Bauherrn hinsichtlich der „Dauerhaftigkeit“ von Betonbauwerken gemäß Regelwerk bedarf. Weiterhin ist es Aufgabe des Planers, den Bauherrn darüber aufzuklären, dass die Instandsetzung eines sich im (Ersatz-)Grenzzustand befindlichen Bauwerks niemals die erneute Dauerhaftigkeit eines neuen Bauwerks ermöglichen kann. Konkret sollte der sachkundige Planer in Bezug auf das Prinzip KKS erläutern, dass die möglicherweise zur Anwendung kommenden Titan-Mischoxid-Anoden zwar für eine Lebensdauer von 1.6 Köchling.indd 83 14.01.20 17: 17 84 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen 50 Jahren ausgelegt sind. Nach dem jetzigen Stand der Technik wird jedoch im Laufe der Nutzung die Alkalität und damit die Pufferkapazität des die Anoden einlagernden (PCC-) Mörtels aufgebraucht und dieser durch die charakteristischen Teilreaktionen in den Bereichen um die Anoden angesäuert [15]. Göppel erläutert dazu: „Im Hinblick auf die geplante Nutzungsdauer erlaubt dieser Prozess nach jetzigem Stand der Technik einen realistischen Zeitraum von 25 Jahren und länger.“ [27] In Bezug auf das Prinzip W-Cl ist entscheidend, inwieweit die Austrocknung des Betons - idealerweise bereits vor dem Aufbringen des Oberflächenschutzsystemes - und damit das Abklingen der Korrosion gelingt. Weiterhin ist die Höhe des Chloridgehaltes in Abhängigkeit von der Zusammensetzung, dem Hydratationsgrad und der Qualität des Betons, den statisch relevanten Bereichen und der Eindringtiefe der Chloride zu berücksichtigen. Über regelmäßige Inspektion und Wartungsmaßnahmen muss das dauerhafte Erreichen der Instandsetzungsziele sichergestellt sein. Es ist unerlässlich, dass der Bauherr über mögliche Risiken - wie z.B. eine erneute Instandsetzung bei Versagen - aufgeklärt wird. Die juristischen Hintergründe wurden in Kap. 4.1 erläutert. Insbesondere ist hier die aufklärende Definition in dem Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie hervorzuheben, dass es sich bei der Nutzungsdauer nicht um eine Gewährleistung handelt und dass bei entsprechendem Ergebnis der Wartung auch eine Anpassung der Nutzungsdauer oder eine weitere Instandsetzung erforderlich sein kann. Unter diesen Voraussetzungen ist auch für das Prinzip W-Cl eine Nutzungsdauer von 25 Jahren planbar. Beide Prinzipien setzen aber eine begleitende, lebenslange Wartung voraus. 6. Fazit und Ausblick Planer und Ausführende haften für den Werkerfolg gesamtschuldnerisch. Mängelfrei ist das Werk nur dann, wenn es nach den anerkannten Regeln der Technik geplant und gebaut wurde. Aus den vorangegangenen Ausführungen ist deutlich geworden, wie kompliziert sich die Situation der anerkannten Regeln der Technik für die Instandsetzung von Tiefgaragen und Parkhäusern darstellt. Die aktuell gültige Instandsetzungsrichtlinie wurde zuletzt im Jahr 2001 herausgegeben und danach mehrfach - zuletzt im September 2014 - lediglich berichtigt. Prinzipiell ist der Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie weder bauordnungsrechtlich noch fachtechnisch eingeführt. Er erfüllt daher nicht die Anforderung an den juristischen Begriff der anerkannten Regel der Technik. Ausschließlich Teile seines Inhaltes haben inzwischen Eingang in das DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [13] gefunden. Die 3. überarbeitete Ausgabe Fassung Jan. 2018 stellt im Hinblick auf ihre Entstehung im Rahmen einer Ausschussarbeit die zum jetzigen Zeitpunkt aktuellste Veröffentlichung einer anerkannten Regel der Technik für die Erstellung, aber auch für die Instandsetzung von Parkbauten dar. In vielen Aspekten konkretisiert der Gelbdruck der Instandhaltungsrichtlinie die Inhalte einer Planung. Seine (bauordnungsrechtliche) Einführung würde daher die haftungsrechtliche Situation des sachkundigen Planers verbessern. Dennoch weisen auch die Inhalte des Gelbdruckes - wie für den Bereich „korrosionsauslösender Chloridgehalt“ oben dargelegt - noch offene Fragen auf, die bei einer baldigen Veröffentlichung als Weissdruck weiterhin ungeklärt blieben. Bauherr, Planer und Ausführende sollten daher umso mehr Wert darauf legen, den Werkerfolg im Konsens zu erzielen. Das dieses Ziel in der Praxis nur allzu oft nicht erreicht wird, ist die ständige Erfahrung aller am Baugeschehen beteiligten. Das Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV [13] verdeutlicht dazu: „ Gegenüber dem Bauherrn sind die Abweichungen (z.B. der vom Merkblatt festgelegten Ausführungsvarianten für die aktuellen Expositionsklassen, die von Bestandsbauten insbes. Im Hinblick auf die Betondeckung nicht immer erreicht werden, Anm. d. Verfassers) detailliert und nachvollziehbar zu erläutern und eventuell damit verbundene Risiken deutlich darzustellen und zu dokumentieren. Dies ermöglicht dem Bauherrn, sich bewusst für die Vorteile von abweichenden Konzepten zu entscheiden und die daraus ggf. entstehenden Risiken zu tragen. (…) Die gewählte Ausführungsvariante ist vertraglich zu vereinbaren.“ [13]. Gute Erfahrungen hat der Verfasser mit einem Konzept erzielt, welches die Begleitung der Instandsetzung einschließlich Instandhaltung durch einen zweiten Gutachter vorsieht. Ähnlich der Institution eines Prüfstatikers kann hier eine zweite, prüfende Instanz dazu führen, die Akzeptanz des Konzeptes bei allen Beteiligten zu erhöhen. Die Wahl des Gutachters sollte im Konsens zwischen Bauherr und Planer erfolgen. Bei der Instandsetzung nach dem Prinzip KKS ist die Beteiligung eines zugelassenen Fachplaners zwingend vorgeschrieben. Nach dem gleichen Grundsatz lässt sich auch für das Prinzip W-Cl ein „Fachplaner W-Cl“ etablieren. Unerlässlich ist weiterhin die Einbindung eines in der Betoninstandsetzung erfahrenen Tragwerksplaners. Auch hier sollte die Auswahl im Konsens zwischen Bauherr und sachkundigem Planer erfolgen. Bei der Ausschreibung für die Ausführung der Instandsetzungsarbeiten hat der Verfasser letztlich gute Erfahrungen damit gesammelt, dem reinen Preiswettbewerb einen Teilnahmewettbewerb vorzuschalten. Das Ergebnis dieses Teilnahmewettbewerbs sollte es sein, einen Kreis von Unternehmen zu ermitteln, die über die erforderliche Erfahrung, die ausreichende Kompetenz sowie über die organisatorische, personelle und maschinelle Ausstattung für die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme verfügen und die mit der Teilnahme die Anerkenntnis des Instandsetzungskonzeptes bestätigen. So wird vermieden, dass ausführende Unternehmen Bedenken gegen die Planung des Instandsetzungskonzeptes anmelden. Grundlage für die Ausführung sollte ein vom Bauherrn und Planer ge- 1.6 Köchling.indd 84 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 85 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen meinsam unterzeichnetes Instandhaltungskonzept sein. Ebenfalls sollte eine Erklärung des Bauherrn über seine umfassende Aufklärung durch den sachkundigen Planer Bestandteil des Instandsetzungskonzeptes sein. Für den Bauherrn ist es bei der Beauftragung der Planung empfehlenswert, diese stufenweise vorzunehmen. Die Phase der Voruntersuchungen bis zur Darstellung von projektbezogenen alternativen Instandsetzungsvarianten mit der Ermittlung eines Kostenrahmens sollte von der Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 abgekoppelt werden. Am Ende dieser ersten „Projektfindungsphase“ sollte die Entscheidung des Bauherrn für das Instandsetzungsprinzip sowie für die Auswahl des sachkundigen Planers stehen. Ist beim Bauherrn die Entscheidung für einen Planer der Leistungsphasen 5-8 gefallen, dann sollte dieser auch mit der Wartung nach Abschluss der Instandsetzung beauftragt werden. Abschließend und zusammenfassend sollte Auftraggebern, Planern und Ausführenden immer wieder bewusst werden: jenseits aller baupraktischen und juristischen Lösungswege bleibt die Instandsetzung von Tiefgaragen und Parkhäusern eine der anspruchsvollsten ingenieurmäßig-konstruktiven Bauaufgaben, die es mit umsichtiger Voruntersuchung, handwerklicher Präzision, sorgfältiger Bauüberwachung und nachhaltiger Wartung zu lösen gilt. Literatur [1] RA Dr. Günther Bauer: „Verantwortlichkeiten von Fachplanern und Allgemein-Planern bei Betoninstandsetzungsarbeiten“. In: Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Aktuelle Regelwerke und Hinweise zum Stand der Technik, DBV Heft 19. Hrsg.: Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin, 2012, S.139-149. [2] RA Frank Meier: „Haftungsfragen bei der Planung und Ausführung von Betoninstandsetzungen“. In: Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Aktuelle Regelwerke und Hinweise zum Stand der Technik, DBV Heft 19. Hrsg.: Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin, 2012, S.135-138. [3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: „DafStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie), Ausgabe Oktober 2001“. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2001. [4] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Richtlinie „Instandhaltung von Betonbauteilen“, Gelbdruckentwurf, Stand: 2016-06-04, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2016. [5] Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt: „Chloridbelasteter Beton - immer ein Entsorgungsfall? “, Regionaltagung des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins am 23. Februar 2010, München. [6] S. Keßler, F. Hiemer, Ch. Gehlen: „Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton“. In: Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 4. Hrsg.: Ernst & Sohn Verlag, Berlin 2017. S. 198-206. [7] Dr.-Ing. Amir Rahimi: „Semiprobabilistisches Nachweiskonzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauteilen unter Chlorideinwirkung“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 626, Berlin 2017. [8] Prof. Dipl.-Ing. Claus Flohrer: „Erfahrungen bei der Instandsetzung eines vor zehn Jahren sanierten Parkhauses“. In: Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Aktuelle Regelwerke und Hinweise zum Stand der Technik, DBV Heft 19. Hrsg.: Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin, 2012, S.119-124. [9] Deutsches Institut für Normung: DIN EN 1992-1-2/ NA/ A1: 2015-09, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2015 [10] Prof. Dr.-Ing. J. Schnell, Prof. Dr.-Ing. M. Raupach: „Kritischer korrosionsauslösender Chloridgehalt - Positionspapier des DAfStb zum aktuellen Stand der Technik“. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2015 [11] Dr.-Ing. H.-J. Krause, Prof. Dr.-Ing. M. Horstmann: „Statische Aspekte beim Neubau und bei der Instandsetzung von Tiefgaragen“. In: Tagungsband - 3. Dortmunder Bauforum. Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann, Dortmund 2019. [12] Prof. Dr.-Ing. Christoph Gehlen: „Probabilistische Lebensdauerbemessung von Stahlbetonbauwerken, Zuverlässigkeitsbetrachtungen zur wirksamen Vermeidung von Bewehrungskorrosion“. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 510 Berlin 2000. [13] Deutscher Beton- und Bautechnikverein E.V.: „Merkblatt - Parkhäuser und Tiefgaragen, Ausgabe 2018“. Deutscher Beton- und Bautechnikverein E.V., Berlin 2018. [14] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: „Positionspapier des DAfStb zur Umsetzung des Konzepts von leistungsbezogenen Entwurfsverfahren unter Berücksichtigung von DIN EN 206-1, Anhang J“. In: Beton- und Stahlbetonbau 103, Heft 12. Hrsg.: Ernst & Sohn Verlag, Berlin 2008. S.837-839. [15] Dipl.-Ing. Stefan Göppel: „Präsentation zum Wirkungsmechanismus von KKS“, Stuttgart 2019 [16] Deutsches Institut für Normung: DIN EN 1992-1-2, Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2010 [17] Deutsches Institut für Normung: DIN 1045-1: 2008- 08, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2008 [18] Dipl.-Ing. (FH) Christoph Köchling: „Entwicklung und Umsetzung eines Instandhaltungskonzeptes am Fallbeispiel einer Großgarage in Dortmund die Instandsetzung der Tiefgarage Westentor im Spannungsfeld zwischen nationalem Gelbdruckverfahren und europäischem Bauproduktenrecht“. In: Ta- 1.6 Köchling.indd 85 14.01.20 17: 17 86 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen gungsband - 3. Dortmunder Bauforum. Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann, Dortmund 2019. [19] Arno Forsbach: „Der Gelbdruck“, Vortrag im Rahmen des Vedag-Planerseminars, Dortmund 2016 [20] Deutsches Institut für Normung: VOB, Ausgabe 2019, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2019 [21] Bürgerliches Gesetzbuch, Ausgabe 2019, Hrsg.: Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2019 [22] Michael Raupach: „Zur chloridinduzierten Makroelementkorrosion von Stahl in Beton“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 433, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 1992 [23] Romain Weydert: „Randbedingungen bei Instandsetzung nach dem Schutzprinzip W bei Bewehrungskorrosion im karbonatisierten Beton“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 552, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2005 [24] Gesa Kapteina: „Modell zur Beschreibung des Eindringens von Chlorid in Beton von Verkehrsbauten“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 607, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2013 [25] Deutscher Beton- und Bautechnikverein E.V.: „Ist-Zustandserfassung von Parkbauten in Betonbauweise“. Deutscher Beton- und Bautechnikverein E.V., Heft 39, Berlin 2018. [26] Prof. Dipl.-Ing. Claus Flohrer: Diskussionsrunde, Dortmund Oktober 2019 [27] Dipl.-Ing. Stefan Göppel: Diskussionsrunde, Dortmund Oktober 2019 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Nutzungseinschränkender Bauteilzustand, Foto: Caspar Köchling GmbH 1 Abbildung 2: Die Säulen der anerkannten Regeln der Technik für den Bereich der Parkhausinstandsetzung. Grafik: Caspar Köchling GmbH 3 Abbildung 3: Korrosionsgrößen von CEM-III-31 nach Beschichtungsapplikation, Quelle: S.Keßler, F.Hiemer, C. Gehlen: „Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton“, In: Beton und Stahlbau 112, Heft 4. Hrsg.: Ernst u. Sohn Verlag, 2017. 5 Abbildung 4: Umverteilung der Restchloride in einem Beton mit geringem Chloriddiffusionswiderstand, Quelle: A.Rahimi: „Semiprobabilistisches Nachweiskonzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauteilen unter Chlorideinwirkung“. In: Heft 626, Hrsg.: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2017 6 Abbildung 5: Instandsetzung einer Tiefgaragenrampe nach dem Prinzip W-Cl in Dortmund, Juli 2010, Foto: Caspar Köchling GmbH 6 Abbildung 6: Möglicher Ist-Zustandsverlauf der Nutzungsdauer nach Instandsetzung bei Wiederherstellung der planmäßigen Nutzungsdauer, Grafik: Caspar Köchling GmbH 9 Abbildung 7: Möglicher Ist-Zustandsverlauf der Nutzungsdauer nach Instandsetzung bei Verbesserung der planmäßigen Nutzungsdauer, Grafik: Caspar Köchling GmbH 9 Abbildung 8: Schematische Darstellung der Korrosion von Betonstahl, links und durch chloridinduzierte Korrosion geschädigter Stahl, rechts, Quelle: Prof. Dr. Ing. Ch. Dauberschmidt: „Chloridbelasteter Beton - immer ein Entsorgungsfall? “, Regionaltagung des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins, München 2010. 11 Abbildung 9: Elektrolytwiderstände und Korrosionsstrom, unbeschichteter Versuchskörper mit karbonatisierter Randschicht (CEM III A), Wasserbeaufschlagung mit zwischenzeitlicher Trockenlagerung. Quelle: Romain Weydert: „Randbedingungen bei Instandsetzung nach dem Schutzprinzip W bei Bewehrungskorrosion im karbonatisierten Beton“, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 552, Hrsg.: Beuth Verlag, Berlin 2005 12 Abbildung 10: Beispiel einer mehrfeldrigen Decke mit möglichen Reduktionen des Stützmomentes durch Abschnittsbemessung und Umlagerung, Quelle: Dr. Ing. Krause/ Prof. Dr.-Ing.Horstmann: „Statische Aspekte beim Neubau und bei der Instandsetzung von Tiefgaragen“. In: Tagungsband - 3. Dortmunder Bauforum. Hrsg.: Prof. Dr.- Ing. Rainer Hohmann, Dortmund 2019. 13 Abbildung 11: Kosten- Nutzen- Kurve zur Bestimmung der wirtschaftlichen optimalen Zuverlässigkeit, Quelle: Dr.-Ing. Christoph Gehlen: „Probabilistische Lebensdauerbemessung von Stahlbetonbauwerken, Zuverlässigkeitsbetrachtungen zur wirksamen Vermeidung von Bewehrungskorrosion“. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin 2000. 16 Abbildung 12: Planausschnitt Fallbeispiel, Flachdecke, mehrachsiger Lastabtrag 17 Abbildung 13: Vergleich von Instandsetzungsprinzipien zum Fallbeispiel, Grafik: Caspar Köchling GmbH 17 1.6 Köchling.indd 86 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 87 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen Anlage: Berechnung zum Fallbeispiel 1.6 Köchling.indd 87 14.01.20 17: 17 88 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen 1.6 Köchling.indd 88 14.01.20 17: 17 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 89 Die Instandsetzung von Tiefgaragen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und aktueller Regelwerksdiskussion - Risiken und Chancen 1.6 Köchling.indd 89 14.01.20 17: 17