Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91
Technische Akademie EsslingenGanzheitliche Instandhaltungsplanung für Parkhäuser/Tiefgaragen
0201
2020
Bernd Blohm
Die einschlägigen Regelwerke, Hinweise und Leitlinien für Bau und Instandsetzung von Parkhäusern/Tiefgaragen fordern seit langem einen Instandhaltungsplan für die statisch relevanten Bauteile. Der Instandhaltungsplan soll einerseits dafür sorgen, dass Schädigungen aus dem alltäglichen Betrieb, Abnutzung/Verschleiß erkannt und im Anfangsstadium instandgesetzt werden. Damit reduzieren sich Folgeschäden und mithin hohe Instandsetzungskosten. Wenn ein Instandhaltungsplan für die statisch relevanten Bauteile erstellt wird, bietet es sich an die daneben laufenden, notwendigen Maßnahmen bezüglich der technischen Gebäudeausstattung zu integrieren. Damit erhält der Bauherr nach jeder Inspektion eine komplette Dokumentation über seine Anlage, sowie eine Auflistung der daraus resultierenden notwendigen Wartungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Zudem ist eine verlässliche Budgetplanung über den Nutzungszeitraum möglich.
kpb910091
9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 91 Ganzheitliche Instandhaltungsplanung für Parkhäuser/ Tiefgaragen Bernd Blohm Albers-Parken Consulting, Bünde Zusammenfassung Die einschlägigen Regelwerke, Hinweise und Leitlinien für Bau und Instandsetzung von Parkhäusern/ Tiefgaragen fordern seit langem einen Instandhaltungsplan für die statisch relevanten Bauteile. Der Instandhaltungsplan soll einerseits dafür sorgen, dass Schädigungen aus dem alltäglichen Betrieb, Abnutzung/ Verschleiß erkannt und im Anfangsstadium instandgesetzt werden. Damit reduzieren sich Folgeschäden und mithin hohe Instandsetzungskosten. Wenn ein Instandhaltungsplan für die statisch relevanten Bauteile erstellt wird, bietet es sich an die daneben laufenden, notwendigen Maßnahmen bezüglich der technischen Gebäudeausstattung zu integrieren. Damit erhält der Bauherr nach jeder Inspektion eine komplette Dokumentation über seine Anlage, sowie eine Auflistung der daraus resultierenden notwendigen Wartungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Zudem ist eine verlässliche Budgetplanung über den Nutzungszeitraum möglich. 1. Einführung Schon in den Beispielen für die Zuordnung von Expo-sitionsklassen für Betonbauteile wird bei der Exposition “Bewehrungskorrosion durch Chloride, ausgenommen Meeerwasser” auf die Notwendigkeit eines Instandhaltungsplans im Sinne der Richtlinie des DAfStb hingewiesen [1] Auch das DBV Merkblatt “Parkhäuser und Tiefgaragen” widmet dem Thema Instandhaltung große Aufmerksamkeit [2]. Hier wird neben dem Instandhaltungsplan für die Betonbauteile auch die Wartung und Instandhaltung der technischen Gebäudeausstattung gefordert. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, ganzheitliche Instandhaltungskonzepte für Parkhäuser zu entwickeln. Der Mehrwert für den Bauherrn besteht neben einer übersichtlichen Zusammenfassung aller notwendigen Maßnahmen und Beteiligten auch in einer umfänglichen Gesamtbudgetplanung für den Nutzungszeitraum. 2. Einordnung der Begriffe In der Praxis werden häufig die Begriffe nicht richtig interpretiert. Daher ist es wichtig, die Begrifflichkeiten in einem Instandhaltungsprozess zu klären. Hierbei hilft die DIN EN 13 306 [3]. Im Bereich der Bauwerksinstandhaltung unterscheiden wir zwischen Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung. Alle diese Punkte sind Bestandteile der Instandhaltung, die letztendlich die Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit über den Lebenszyklus eines Gebäudes sicherstellen soll. Während die Inspektion lediglich eine Bestandsaufnahme des IST-Zustandes durch einen Sachkundigen darstellt, bezeichnen wir die daraus resultierenden Maßnahmen am Baukörper als Instandsetzung. Hierbei werden Schäden aus Abnutzung, Beschädigungen und Verwitterung beseitigt. Die Wartung umfasst lediglich Einbauteile, wie Leuchtmittel, Fahrstühle, Schranken, Türen etc. Bild 1: Ordnung der Begriffe Aufgrund der bei einer Inspektion festgestellten Gegebenheiten können dann auch Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden, die der Gebrauchstauglichkeit und der Dauerhaftigkeit zugutekommen. buch2.indb 91 13.01.20 15: 39 92 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Ganzheitliche Instandhaltungsplanung für Parkhäuser/ Tiefgaragen 3. Das Projekt Die Stadt Lehrte betrieb seit Anfang der 1980er Jahre ein Parkhaus aus Ortbetonbauweise. In der Zeit der Nutzung wurde das Objekt nur rudimentär instandgehalten. Chloridinduzierte Korrosion des Bewehrungsstahls in Decken und Rampen führte im Jahre 2014 dazu, dass eine fachgerechte Instandsetzung der Anlage die Kosten eines Neubaus bei weitem überstiegen hätte. So wurde ein Neubau mit 9.240m² Nutzfläche auf 6 Ebenen und 345 Stellplätzen ebenfalls in Ortbeton geplant, da das Grundstück aufgrund seiner trapezförmigen Geometrie keinen adäquaten Systembau zugelassen hätte. Der Auftraggeber forderte aufgrund seiner negativen Erfahrungen eine dauerhafte Lösung ohne unübersichtliche, finanzielle Spätfolgen. Um dem Bauherrn Sicherheit und Kontrolle über sein Projekt zu geben wurde ein Instandhaltungskonzept für das gesamte Bauwerk entwickelt. 4. Das Instandhaltungskonzept Um die Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit über den gesamten Nutzungszeitraum sicherzustellen muss das Konzept neben den regelmäßigen Inspektionen des Baukörpers durch einen Sachkundigen auch alle Wartungs- und Reinigungspläne anderer Gewerke übersichtlich zusammenfassen und darüber hinaus dem Bauherrn eine umfassende Budgetplanung ermöglichen. Unerlässlich hierfür ist eine saubere Dokumentation, angefangen bei einer detaillierten Baubeschreibung über Listen der beteiligten Personen und Firmen zu Informationen über Wartungs- und Reinigungspläne. Der Ansatz des Instandhaltungskonzeptes besteht darin, im Hinblick auf das Zustand-Zeit-Diagramm [4] durch Erkennen von Schäden im Anfangsstadium und kleine kostengünstige Instandsetzungsmaßnahmen den Zustand des Bauwerks dauerhaft im oberen Viertel zu halten. Bild 2: AP-Zustand-Zeit-Diagramm 4.1 Dauerhaftigkeit Hier gilt es, durch die Inspektionsbegehungen die „Gegner der Dauerhaftigkeit“ aufzuspüren und diese im Nachgang durch angeordnete Instandsetzungen unschädlich zu machen. Hierbei handelt es sich i.d.R. um vielfältige Arten von Schadstellen. Angefangen im Baukörper durch Risse / Abplatzungen bis hin zu Verletzungen der Oberflächenschutzsysteme durch Beschädigung oder üblichen Verschleiß. Alle Schadstellen müssen dokumentiert und verortet werden. So sind Veränderungen schnell erkennbar und der Zeitpunkt der Instandsetzung kann bestimmt werden. 4.2 Gebrauchstauglichkeit Auch hier fördert eine aufmerksame Inspektion verschiedene Punkte zu Tage, die wir als „Gegner der Gebrauchstauglichkeit“ bezeichnen. Das geht von verstopften Rinnen, verschmutzen Oberflächen über Undichtigkeiten bis hin zu fehlenden Fluchtwegmarkierungen oder defekten Lichtanlagen. 4.3 Kostensicherheit Da letztlich alle notwendigen Inspektionen, Wartungsverträge, Mengen und Flächen von zu unterhaltenden Bauteilen bekannt sind, besteht die Möglichkeit mit hinterlegten Kosten einen Budgetplan zu erstellen. Die anfallenden Kosten werden über die Laufzeit zu den voraussichtlichen Fälligkeiten aufgelistet und können so die Kostenindikation für die komplette Unterhaltung und Instandsetzung aufzeigen. Dabei sind in einer Matrix die Zeitpunkte der anfallenden Kosten sichtbar. Hier können im Nutzungszyklus zu erwartenden Erneuerungen z.B. von Oberflächenschutzsystemen oder auch der planmäßige Austausch von Beleuchtung etc. eingepreist werden. Da die Kostenindikation von aktuell bekannten Werten ausgeht, wird sie naturgemäß ungenauer je länger der Vorhersagezeitraum gewählt ist. Dies lässt sich durch jährliche Aktualisierung kompensieren. 4.4 benötigte Angaben / Gebäudepass Um das Instandhaltungskonzept zu erstellen sind sämtliche Unterlagen und Objektdaten über Bauart, eingesetzte Systeme und Produkte, Baubeteiligte notwendig. Dazu gehört ein zum Zeitpunkt der Erstellung des Konzeptes aktueller IST-Zustand. Hier muss z.B. bei Bestandsobjekten eine Inspektion und Bauwerksuntersuchung erfolgen. Der Mindest-Soll-Zustand ist zu klären. Hierbei geht es neben dem technisch, bauphysikalischem Mindest-Soll-Zustand auch um den Anspruch des Bauherrn an sein Objekt. Der Bauherr muss sein Nutzungsziel beschreiben, damit der Instandhaltungsplan die gestellten Erwartungen erfüllen kann. buch2.indb 92 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 93 Ganzheitliche Instandhaltungsplanung für Parkhäuser/ Tiefgaragen Alle Erkenntnisse aus den vorgenannten Punkten münden in einem Gebäudepass in dem sämtliche Beschreibungen, Listen und Dokumentationen zusammengeführt werden. 4.5 Instandhaltungsplanung Mit den Angaben und Erkenntnissen aus dem Gebäudepass entsteht die Instandhaltungsplanung. Hier werden nun Ablaufpläne für Inspektionen, Wartungen und Reinigungen erstellt. Dabei wird jedes Gewerk betrachtet und Parameter für Zeitpunkt, Zuständigkeit und Umfang der Maßnahmen festgelegt. In der Prüfliste werden alle Prüfungen, Prüffristen und Zuständigkeiten aufgeführt. Die Instandsetzungspläne für einzelne Bauteile geben Aufschluss über Art um Umfang der Maßnahmen. Im Budgetplan werden alle Einzelgewerke kostentechnisch dargestellt und ausgewertet. 4.6 Dokumentation Nach jedem Inspektions- oder Wartungsdurchgang werden allen durchgeführten und beobachteten Punkte dokumentiert. Die Instandhaltungsplanung wird wiederum angepasst und aktualisiert. Es entsteht ein kontinuierlicher Prozess, der aktuelle Instandsetzungsvorgaben und Kostenstrukturen hervorbringt. 5. Umsetzung in der Praxis Der Erfolg eines Instandhaltungsplans im beschriebenen Umfang steht und fällt mit der Unterstützung des Bauherrn. Die ausgearbeiteten Kosten- und Maßnahmenpläne werden vorgelegt. Die Beauftragung der einzelnen Prüfungen, Wartungen oder Inspektionen obliegt natürlich weiterhin dem Bauherrn. Wichtig ist dabei, dass die nötigen Aufträge mit Priorität vergeben werden. Dazu bedarf es der Identifizierung mit dem Objekt und der Erkenntnis, das Vorsorge und angemessene Unterhaltung die Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit über den Nutzungszeitraum positiv beeinflussen. Im Bereich der Parkhäuser/ Tiefgaragen stehen solche Prozesse allerdings noch am Anfang. 6. Wirtschaftlichkeit Zur Beantwortung der Frage der Wirtschaftlichkeit muss man sich detailliert mit der ausgeworfenen Kostenstruktur auseinandersetzen. Oftmals werden dabei die für den Nutzungszyklus ausgeworfenen, kumulierten Kosten als Kosten des Instandhaltungskonzeptes gesehen. Dabei wird gern vergessen, dass der überwiegende Teil der Kosten sowieso im Laufe der Nutzung anfällt. Vorgeschriebene Wartungen technischer Anlagen etc. fallen auch ohne ein Instandhaltungskonzept an. Sie werden jedoch möglicherweise nicht sauber in einer Budgetplanung erfasst. Entscheidend für die Erfassung der Wirtschaftlichkeit ist die Gegenüberstellung der Kosten für das Instandhaltungskonzept zusammen mit z.B. geplanter Erneuerungen von Oberflächenschutzsystemen sowie Rissbehandlungen gegen eine umfassende Instandsetzung von kontaminierten und nicht mehr standsicheren Bereichen nach entsprechenden Zeiträumen ohne Bearbeitung. Die Erfahrungen zeigen für komplette Instandsetzungen von Garagen mit standsicherheitsgefährdeten Bereichen Kosten in Größenordnungen von 500 - 3.000 € auf den Quadratmeter. Das bedeutet ca. 14T€ bis 84T€ je Stellplatz. Für das hier vorgestellte Objekt belaufen sich die prognostizierten Kosten des Instandhaltungsplans incl. aller Inspektionen und einer kompletten Auswechselung des Oberflächenschutzsystems im gesamten Nutzungszyklus auf ca. 48€ je m² oder ca. 1.290€ je Stellplatz. Natürlich sind die dargestellten zahlen eine Momentaufnahme des speziellen Projektes. Grundsätzlich kann sich abhängig von der Größe und Zustand eines Objektes die Zahlenwelt etwas verändern. Die Wirtschaftlichkeit eines Instandhaltungskonzeptes steht allerdings außer Frage. 7. Fazit Ein Instandhaltungskonzept muss grundsätzlich explizit auf ein Projekt zugeschnitten werden. Es muss die Wünsche und Erwartungen des Bauherrn aufnehmen und daraus die notwendigen Maßnahmen ableiten. Ein ganzheitlicher Ansatz bietet dem Bauherrn neben der Sicherstellung der Dauerhaftigkeit auch eine Möglichkeit, die durchgehende Gebrauchstauglichkeit für die vorgesehene Nutzungsdauer zu erreichen. Zudem werden die Kostenstrukturen transparent und es lassen sich belastbare Budgetpläne erstellen. Über den Nutzungszyklus gesehen wird ein Instandhaltungskonzept die Kosten deutlich reduzieren können. Quellennachweis [1] DIN 1045-2: Beton - Festlegungen, Eigenschaften Herstellung u. Konformität und DIN EN 1992-1-1 Eurocode 2 [2] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ Fassung Januar 2018 [3] DIN EN 13 306 Instandhaltung - Begriffe der Instandhaltung [4] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Gelbdruck „Instandhaltungsrichtlinie“ Teil 1, Pkt. 4 Instandhaltung; Zustands-Zeit-Diagramm buch2.indb 93 13.01.20 15: 39