Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91
Technische Akademie EsslingenKorrosionsschutz für das City Parking, Zürich
0201
2020
Daniel Oberhänsli
Das 2004 fertig gestellte Parkhaus „City Parking“ befindet sich im Herzen der Stadt Zürich und ist in unmittelbarer Nähe zur Zürcher Altstadt (Fussgängerzone). Bei der Erstellung des Parkhauses applizierte der beauftragte Totalunternehmer ein rissüberbrückendes Oberflächenschutzsystem OS11b. Bereits nach wenigen Jahren zeigten sich viele Risse im Parkdecksystem. Eine Zustandsuntersuchung im Jahr 2014 wies auf einen hohen Chlorideintrag im Rissbereich hin. Jedoch war die Chloridaufkonzentration nur bei Einzelstellen derart hoch, dass es bei diesen zu Korrosionserscheinungen gekommen war. Nach einer intensiven Phase des Variantenstudiums entschied sich der Bauherr für einen nachträglich eingebauten meist präventiven kathodischen Schutz. Dieser wird seit Sommer 2018 eingebaut.
kpb910095
9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 95 Korrosionsschutz für das City Parking, Zürich Daniel Oberhänsli suicorr AG; Dietikon, Schweiz Zusammenfassung Das 2004 fertig gestellte Parkhaus „City Parking“ befindet sich im Herzen der Stadt Zürich und ist in unmittelbarer Nähe zur Zürcher Altstadt (Fussgängerzone). Bei der Erstellung des Parkhauses applizierte der beauftragte Totalunternehmer ein rissüberbrückendes Oberflächenschutzsystem OS11b. Bereits nach wenigen Jahren zeigten sich viele Risse im Parkdecksystem. Eine Zustandsuntersuchung im Jahr 2014 wies auf einen hohen Chlorideintrag im Rissbereich hin. Jedoch war die Chloridaufkonzentration nur bei Einzelstellen derart hoch, dass es bei diesen zu Korrosionserscheinungen gekommen war. Nach einer intensiven Phase des Variantenstudiums entschied sich der Bauherr für einen nachträglich eingebauten meist präventiven kathodischen Schutz. Dieser wird seit Sommer 2018 eingebaut. 1. Einleitung Seit einigen Jahren wird im deutschsprachigen Raum der kathodische Korrosionsschutz (KKS) für die Instandsetzung von chloridbelasteten Bauwerken eingesetzt. Obwohl dieser bei den ältesten Referenzobjekten seit 1988 erfolgreich eine weitere Korrosion (ohne Entfernung der vorhandenen Chloride verhindert, entstand die breite Akzeptanz dieses alternativen Instandsetzungsverfahrens erst in den letzten Jahren. Abb. 1: Seit 1988 KKS-geschützter Brückenpfeiler der Kantonsstrasse über die SBB-Gotthardlinie bei Rodi-Fiesso (Kanton Tessin) (Quelle: suicorr AG) Neben der Instandsetzung ist auch der präventive Korrosionsschutz (kathodischer Schutz) in den aktuellen Normen, insbesondere in der ISO 12696: 2017, geregelt. Jedoch wird der kathodische Schutz (welcher auch kathodische Vorbeugung/ Prävention genannt wird) nur selten angewandt. Das nachstehend präsentierte Projekt ist zumindest für die Schweiz einzigartig. Obwohl bei diesem Projekt visuell bzw. messtechnisch nur sehr vereinzelt konkrete Schäden erkennbar sind hat sich der Bauherr für eine vorbeugende „Instandsetzung“ entschieden. Durch den nachträglichen Einbau eines kathodischen Schutzes soll die Bewehrung vor den bereits in den Beton eingedrungenen Chloriden bewahrt werden. 2. Objekt 2.1 Das Providurium 1972 wurde in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof Zürich über der Sihl ein provisorisches Parkdeck „Gessnerallee“ in Betrieb genommen. Die Aktionäre der dafür gegründeten City Parkhaus AG sind lokale Ladengeschäfte der nahgelegenen Altstadt als auch die Stadt Zürich. Abb. 2: Das Parkdeck „Gessnerallee“ (1972-2004) (Quelle: http: / / www.hydrologischeratlas.ch) buch2.indb 95 13.01.20 15: 39 96 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Korrosionsschutz für das City Parking, Zürich Die ursprünglich erteilte Konzession von fünf Jahren wurde x-fach erneuert und aus der provisorischen Baute wurde eine längerfristig genutzte Parkmöglichkeit. Bis ins Jahr 2004 wurde die im Volksmund „Providurium“ genannte Infrastruktur als öffentlicher Parkplatz genutzt. 2.2 Das Parkhaus ab 2004 Auf politischen Druck hin wurde ein neues Parkhaus geplant beziehungsweise anschliessend realisiert. Nur ein paar wenige Meter vom „Providurium“ entfernt wurde ein neues Parkhaus mit total 620 Parkplätzen erstellt. Das neue Parkhaus erstellte ein Totalunternehmer für total ca. 47 Mio CHF. Abb. 3: Querschnitt durch das Parkhaus City Parking (Quelle: City Parkhaus AG) Das in deckelbauweise erstellt Parkhaus verfügt über vier Untergeschosse an jeweils 3.315 m² Oberfläche. Als grosse Herausforderung während der Bauphase zeigte sich der sehr hohe Grundwasserspiegel. Bereits während der Erstellung des Objekts wurde die befahrenen Oberflächen mit einem Oberflächenschutzsystem (OS) ausgerüstet. Zur Anwendung kam ein OS11b. Abb. 4: Aushubarbeiten in Deckelbauweise (Quelle: City Parkhaus AG) 2.3 Zustandsanalyse Eine im Jahr 2014 durchgeführte Zustandsuntersuchung zeigte auf, dass sich im Oberflächenschutzsystem der Zwischendecken ca. 1.300 Meter Risse befinden. Es ist festzuhalten, dass die Risse insbesondere in den Stützenachsen aufgetreten sind und bis zu 0.8 mm breit sind. Eine Überprüfung der Rissbreitenänderung ergab zudem, dass die Risse eine Breitenänderung zwischen Sommer und Winter von bis zu 0.6 mm erfahren. Abb. 5: Auszug des Rissplans (Quelle: Bericht der Tecnotest AG) Erwartungsgemäss musste ein starker Chlorideintrag im Bereich der Risse festgehalten werden. Bei sämtlichen Zwischendecken war der übliche Richtwert von 0.4 Zementmasseprozent Chlorid bis in einer Tiefe von 40 bis 50 mm überschritten. Die Bewehrung hat eine Betonüberdeckung im Mittel von ca. 50 bis 55 mm. Die Folge davon war, dass, obwohl visuell ausser den Rissen nichts zu erkennen war, die Bewehrung an Einzelstellen einen Querschnittverlust von bis zu 10% erlitten hatte. Abb. 6: Querschnittsverminderung im Rissbereich (Quelle: Bericht der Tecnotest AG) 2.4 Instandsetzungsvarianten Nach Abschluss der Zustandsuntersuchungsarbeiten überprüfte die Baukommission des Bauherrn die verschiedenen Instandsetzungsmöglichkeiten bzw. der buch2.indb 96 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 97 Korrosionsschutz für das City Parking, Zürich grundsätzliche Zeitpunkt der allfälligen Massnahmen. Dabei standen folgende Kriterien im Zentrum: - Dauerhaftigkeit der Massnahme - Restnutzungszeit des Parkhauses - Realisierungszeit der Massnahme - Nutzungseinschränkungen - Instandsetzungskosten Als konventionelle Instandsetzungslösung wurde eine Öffnung und Ausinjektion der Risse mit anschliessender Ergänzung des OS diskutiert. Bei dieser Lösung wären die Chloride in der Konstruktion verblieben. Der Bauherr liess sich von diesem Lösungansatz nicht überzeugen und interessierte sich für den kathodischen Schutz, welcher lokal teilweise als kathodischer Korrosionsschutz wirken soll. 3. KKS-Projekt 3.1 Musterfläche Um die Wirksamkeit als auch den Einbau des kathdischen Schutzes zeigen zu können wurde eine Musterfläche im ersten Untergeschoss angelegt. Auf ca. 27.5 m² Bodenfläche wurde der kathodische Korrosionsschutz eingebaut und mit einem Monitoringsystem ausgerüstet. Da der Bauherr die Aufgabenstellung so ausformulierte, dass auch die untere Bewehrungslage vor Korrosion präventiv geschützt werden soll, wurden Messsensoren auf den entsprechenden Bewehrungslagen angeordnet und anschliessend ausgewertet. Abb. 7: Musterfläche vor den Verlegearbeiten der Anode. (Quelle: Bericht der Tecnotest AG) Bereits nach kurzer Einwirkungsphase des kathodischen Schutzes konnten sämtliche Bewehrungslagen der Zwischendecke ausreichend vor Korrosion geschützt werden. 3.2 Hauptprojekt Nach dem erfolgreichen Abschluss der Bemusterung entschied sich der Bauherr, vollflächig alle Zwischendecken mit einem kathodischen Schutz auszurüsten. Die zwischenzeitlich diskutierte Lösung, nur in den Stützenbereichen den präventiven Schutz einzubauen, wurde aufgrund von Restnutzungsdauerüberlegungen verworfen. Seit 2018 wird jährlich ein Geschoss vollflächig mit einem kathodischen Korrosionsschutz versehen. Ein Geschoss umfasst 3320 m2. In jeweils nur sieben Wochen konnten bisher alle Arbeiten pro Geschoss abgeschlossen und dem Betrieb wieder übergeben werden. Für die Ausführung unterteilten wir ein Geschoss in drei Abschnitte und führten eine Linienbaustelle ein. Als erster Arbeitsschritt wurden im Abstand von 23cm 20mm tiefe Schlitze in die Oberfläche erstellt. Die Schlitze wurden in der zweiten Bauphase mit dem Titanband (Anode) ausgerüstet und mit einem vergussfähigen KKS-tauglichen Mörtel aufgefüllt. Zusätzlich bauten die Mitarbeiter der suicorr die benötigten Überwachungssensoren ein und verdrahteten das gesamte System. In der dritten Phase wurde die Oberfläche komplett kugelgestrahlt und das bestehende Oberflächensystem überarbeitet. Abb. 8: Erstellen der Schlitze und Entstaubungsvorrichtungen (Quelle: suicorr AG) Abb. 9: fertiggestellt Geschossebene (Quelle: suicorr AG) Mit dem Entscheid den kathodischen Korrosionsschutz einzusetzen hat der weitsichtige Bauherr künftige Instandsetzungskosten als auch Speerzeiten massiv reduziert, obwohl zum heutigen Zeitpunkt noch keine Schäden visuell offensichtlich sind! 4. Danksagung Für die bisher äusserst angenehme und gute Zusammenarbeit bedanken wir uns bei: - City Parkhaus AG, Zürich (Bauherr) - Hochschule Rapperswil (Bauherrenberater) - Tecnotest AG, Rüschlikon (Untersuchungslabor) buch2.indb 97 13.01.20 15: 39
