eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen

0201
2020
Dennis Huschenhöfer
Joel Wenske
Johannes Mieser
Jann Binder
Für das Gelingen der Energiewende ist es notwendig, dass mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Für den Betrieb der Elektrofahrzeuge ist eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur notwendig. Entsprechend durchgeführter Umfrage vor allem im halböffentlichen und öffentlichen Raum noch ausbaufähig. Zudem hat eine Studie gezeigt, dass die Ladeinfrastruktur im halböffentlichen und öffentlichen Raum notwendig ist, da privates Laden nicht immer nachhaltige umsetzbar ist. Neben der Umstellung privater Fahrzeuge ist auch die Umstellung der Dienstfahrzeuge wichtig. Eine Untersuchung dazu hat gezeigt, dass bereits jetzt mehr als 80% der Fahrzeuge umgestellt werden könnten. Da auch diese Fahrzeuge tagsüber in der Regel in Parkhäusern oder Tiefgaragen abgestellt sind, ist hier insbesondere der Ausbau der Ladeinfrastruktur wichtig. Grundsätzlich gibt es für den Aufbau von Ladeinfrastruktur verschiedene Förder- und Forschungsprojekte, wie z.B. LINOx BW und eLISA-BW, die vom ZSW wissenschaftlich begleitet werden. Die Projekte haben die Ziele Hemmnisse bei der Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur und mögliche Netzrückwirkungen durch Ladevorgänge zu untersuchen sowie Algorithmen für ein intelligentes Lademanagement zu entwickeln. Erste Ergebnisse den Arbeiten an diesen Projekten werden in diesem Manuskript ebenso vorgestellt, wie die zuvor durchgeführten Umfragen und Untersuchungen.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 125 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Dennis Huschenhöfer Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland Joel Wenske Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland Johannes Mieser Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland Jann Binder Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Für das Gelingen der Energiewende ist es notwendig, dass mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Für den Betrieb der Elektrofahrzeuge ist eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur notwendig. Entsprechend durchgeführter Umfrage vor allem im halböffentlichen und öffentlichen Raum noch ausbaufähig. Zudem hat eine Studie gezeigt, dass die Ladeinfrastruktur im halböffentlichen und öffentlichen Raum notwendig ist, da privates Laden nicht immer nachhaltige umsetzbar ist. Neben der Umstellung privater Fahrzeuge ist auch die Umstellung der Dienstfahrzeuge wichtig. Eine Untersuchung dazu hat gezeigt, dass bereits jetzt mehr als 80% der Fahrzeuge umgestellt werden könnten. Da auch diese Fahrzeuge tagsüber in der Regel in Parkhäusern oder Tiefgaragen abgestellt sind, ist hier insbesondere der Ausbau der Ladeinfrastruktur wichtig. Grundsätzlich gibt es für den Aufbau von Ladeinfrastruktur verschiedene Förder- und Forschungsprojekte, wie z.B. LINOx BW und eLISA-BW, die vom ZSW wissenschaftlich begleitet werden. Die Projekte haben die Ziele Hemmnisse bei der Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur und mögliche Netzrückwirkungen durch Ladevorgänge zu untersuchen sowie Algorithmen für ein intelligentes Lademanagement zu entwickeln. Erste Ergebnisse den Arbeiten an diesen Projekten werden in diesem Manuskript ebenso vorgestellt, wie die zuvor durchgeführten Umfragen und Untersuchungen. 1. Einführung Von denen im Januar 2019 in Deutschland zugelassenen 47,1 Millionen Personenkraftwagen werden fast alle (99,7%) entweder mit Benzin, Diesel, Flüssig- oder Erdgas betrieben. Im Gegensatz dazu sind nur rund 83.000 batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und rund 67.000 Plug-in-Hybrid Fahrzeuge (PHEV) zugelassen. Damit der CO2-Fussabdruck im Verkehrssektor reduziert werden kann, ist der Umstieg von fossilen Energieträgern auf regenerative erforderlich. Für diese Umstellung existieren verschiedene Konzepte bei denen die Energiespeicherung entweder chemisch in Form von H2, LPG oder synthetischen Treibstoffen oder elektrochemisch in Batterien erfolgt. Letzteres ist die effizienteste Variante, die aktuell vorrangig entwickelt wird. Die Ladung der der Fahrzeuge erfolgt idealer Weise während der Parkzeit an Orten, wo die BEVs lange stehen, und nur in Ausnahmefällen kurzzeitig, wie zum Beispiel an Tankstellen. In der Regel bietet sich deswegen an, ein BEV entweder zu Hause (privat), beim Arbeitgeber oder öffentlich auf Parkplätzen bzw. in Parkbauten zu laden. Das Laden daheim bedeutet zwar einen hohen Komfort, jedoch ist zu beachten, dass ein möglicher Mehrwert durch die Steigerung des Eigenverbrauchs lokal erzeugter PV-Leistung begrenzt ist. Deswegen ist das Laden an den anderen Orten, beim Arbeitgeber und öffentlich, sehr relevant. Dies wurde auch bei einer Befragung von Elektrofahrzeugnutzer festgestellt. Um Betreibern von öffentlicher Parkbauten und Arbeitgebern zum Aufbau von Ladeinfrastruktur zu bewegen, wurde in Baden-Württemberg das Projekt LINOx-BW im Jahr 2018 gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gestartet. Das Hauptziel des Projektes ist Hemmnisse, die der Verbreitung der Elektromobilität entgegen sprechen, abzubauen buch2.indb 125 13.01.20 15: 39 126 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen und durch den vermehrten Einsatz von BEVs in den im Projekt teilnehmenden 26 Kommunen die NOx-Belastung zu reduzieren. In dem Projekt werden neben der Ladeinfrastruktur für BEVs und PHEVs auch die für den Betrieb notwendigen elektrotechnischen Anlagen, wie notwendige Leitungen, Verteilerkästen und ggf. größere Netzanschlüssen, als auch die Erweiterung der Backends (Hintergundsoftware zur Verarbeitung von Daten), in denen neben der Abrechnung von Parkvorgängen Steuerungsalgorithmen umgesetzt werden müssen, gefördert. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt unteranderem durch das ZSW. Dazu gehören sowohl Netzberechnungen als auch bei Bedarf die Entwicklung von Lademanagementlösungen. Eine solche Lademanagement Lösung wird aktuelle auch im Projekt eLISA-BW, das vom Landesumweltministerium gefördert wird, speziell für eine Tiefgarage entwickelt und dort real umgesetzt. 2. Nutzersicht - „Köpfchen statt nur Kupfer“ Befragung von Elektromobilisten In vielen Untersuchungen zur Netz Elektroautos wird angenommen, dass das Nutzungsverhalten von heutigen Nutzern von konventionellen Fahrzeugen übertragen werden kann. Um dies Annahme zu überprüfen, hat das ZSW im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft BW (SDA) eine Online-Befragung unter Elektromobilisten zu deren Nutzer- und Ladeverhalten Anfang 2019 durchgeführt. Die Umfrage „Ihr Beitrag zur Mobilitätswende - Köpfchen statt nur Kupfer“ entstand in Kooperation mit dem Verein Electrify BW e.V.. Dadurch konnten trotz der noch geringen Anzahl an Elektromobilisten, über 340 sogenannter First Mover aus der DACH-Region erreicht werden konnten. Die Umfrage kann dadurch einen Trend auf das Nutzerverhalten aufzeigen. Abbildung 1: Lade- und Standzeit von Elektromobilisten (N =229) Einige ausgewählte Ergebnisse zu den Elektromobilisten sind im Folgenden zusammengefasst. - Wohnregion: Entgegen vieler Annahmen wohnen über 2/ 3 nicht in der Stadt - Grünstrom: fast alle Teilnehmer - Jährliche Fahrleistung: Insgesamt 20% mehr Fahrleistung, wobei über die 50% der Teilnehmer weniger fahren - Parkzeiten und Ladezeiten: - Parkzeit übersteigt Ladezeiten - Arbeitgeber-Laden: Mo-Fr vormittags, wobei Trend auf Mo& Fr - Privates Laden: nachts oder am Wochenende - Öffentlich Laden: verteilt über den Tag mit deutlicher Spitze abends und am Wochenende 3. Netzintegration der Elektromobilität im Verteilnetz Die Besonderheit der Elektromobilität ist die Option dezentral, also „zuhause“ oder beim Arbeitgeber, laden zu können, und nicht nur an einer öffentlichen Tankstelle. Zwar besteht eine hohe Gleichzeitigkeit bei der Ankunft beim Arbeitgeber oder zuhause, jedoch ist die Standzeit bis zur Weiterfahrt häufig groß. Diese Flexibilität gilt es zu nutzen. Abbildung 2 zeigt im Fall „all at once“, wie stark die Ladeleistung reduziert werden müsste, wenn alle vorhandenen Fahrzeuge gleichzeitig laden, um einerseits den Transformator nicht zu überlasten (Abbildung 2 oben) und anderseits den zusätzlichen Spannungsabfall am Strang nicht über 5% steigen zu lassen (Abbildung 2 unten). Dies wurde im Beispiel für einen Leitungsstrang mit 62 Haushalten in einem ländlichen Wohngebiet gerechnet. Wenn wenige private Ladestationen sich am Ende des Strangs häufen, wird der Spannungsabfall erhöht und die erlaubte Ladeleistung weiter reduziert. 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0 5 101520 1 6 1116212 7 1217223 8 131823 4 9 14 19 0 5 101520 1 6 111621 Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Uhrzeit [hh] Ladezeit - Privat Ladezeit - Arbeitgeber Ladezeit - Öffentlich Summe der drei Ladeorte Standzeit Gleichzeitigkeit buch2.indb 126 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 127 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Berücksichtigt man jedoch die Wahrscheinlichkeiten der Ankunftszeiten und die Verteilung der gefahrenen Wegstrecke mit dem in Deutschland beobachteten Durchschnittswert von nur 50 km, so ergibt das mit „statistics“ gekennzeichnete Ergebnis mit einer rund doppelt so hohen erlaubten Ladeleistung bei hoher Konfidenz (99,7%). Wird zusätzlich jeder Ladepunkt mit einer stationären Batterie ausgerüstet, sodass zunächst die ersten 5 kWh Ladebedarf aus der Batterie gedeckt werden, so kann die erlaubte Ladeleistung weiter deutlich steigen, bevor die Leistungs- und Spannungsgrenzen im Netz verletzt werden. Dieselbe Erhöhung der erlaubten Ladeleistung entsteht, wenn der Kunde bereit ist, 5 kWh seines Ladebedarfs auf einen Zeitraum zu verschieben, in dem das Netz weniger ausgelastet ist („5 kWh Flex“). Abbildung 2: Limitierte Ladeleistung anhand eines 630kVA Niederspannungstransformator (oben) sowie durch den Spannungsabfall (unten) in Abhängigkeit vom Anteil und Verortung elektrischer Fahrzeuge am Strang Elektromobilität bietet also ein hohes Potential, um mit intelligentem Lastmanagement nicht nur das Netz zu entlasten, sondern auch den Bedarf entsprechend dem Angebot an Strom aus Wind und Sonne zu decken. 4. Deckung des Ladebedarfs eines BEV mittels PV-Eigenverbrauchs Wie die zuvor beschriebene Umfrage gezeigt hat, gibt es noch Engpässe bei der Verfügbarkeit von öffentlichen oder halb-öffentlichen Lademöglichkeiten. Deswegen laden viele BEV-Besitzer ihr Fahrzeug daheim an ihrem Ein- oder Zweifamilienhaus. Auf der einen Seite bietet dies mehr Komfort. Auf der anderen Seite besteht aber immer auch der Wunsch an einer Kostensenkung bzgl. des Ladens. Hierfür bietet sich der Eigenverbrauch von selbst erzeugten Strom von der eigenen PV-Anlage inkl. Speicher an. Die voraussichtlichen Steigerungsmöglichkeiten wurden im Rahmen einer Studie mittels Simulationen untersucht. 4.1 Ausgangsdaten der simulierten Haushalte Es wurden für die Untersuchung zwei Haushaltslastprofile gewählt, die mit Hilfe eines verhaltensbasierten Simulators für ein gesamtes Jahr erstellt wurden. Die simulierten Haushalte unterscheiden sich sehr stark in ihren Verbrauchsverhalten und bilden zwei extreme Varianten ab. Ihre Lastschwerpunkte liegen beim ersten abends zwischen 20 Uhr und 0 Uhr und beim zweiten zur Mittagszeit (siehe Abbildung 3). Der Jahresverbrauch von 4.000 kWh entspricht einem deutschen 4-Personen-Haushalt [1]. Abbildung 3: Gegenüberstellung der ausgewählten Verbrauchsprofile an einem exemplarischen Tag Die simulierten Haushalte wurden mit einer nach Süden ausgerichteten PV-Anlage mit zwei verschiedenen Größen (4 kW p und 10 kW p ) erweitert. Da in Deutschland mehr als 50% aller neuinstallierten PV-Anlagen mit Speichern installiert werden [2], wurden DC-gekoppelte Batterien mit installierten Kapazitäten von bis zu 14 kWh entsprechend dem Batteriemodell in [4] untersucht. 4.2 Annahmen zum Energiebedarf des BEV Der nachzuladende Energiebedarf der BEV wurde auf Grund von statistische Daten zu den gefahrenen Kilometern und den Ankunftszeiten der Autofahrer in Deutschbuch2.indb 127 13.01.20 15: 39 128 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen land entsprechend [5] und [6] ermittelt, da belastbare Studien zu dem Nutzungsverhalten von BEV-Nutzer*innen bisher nicht vorliegen. Die durchschnittliche gefahrene Strecke pro Tag liegt für die restlichen Haushalte bei 50,1 km [5]. Dem durchschnittlichen Verhalten entspricht das 1. BEV in Abbildung 4. Die Ankunftszeit stellt den Zeitpunkt dar, an dem der PKW nach dem letzten Trip daheim abgestellt wird, und an dem die Ladung beginnt. Abbildung 4: Statistische Verteilung der zur Simulation verwendeten Ankunftszeiten Abbildung 5: Statistische Verteilung der zur Simulation verwendeten Fahrdistanzen Mit den beschriebenen Ausgangsdaten wurden die Ladeprofile mit Hilfe der Monte Carlo Methode erstellt. Die dafür verwendeten Auftrittswahrscheinlichkeit der gefahrenen Strecken, die zur Erstellung des Ladeprofils genutzt wurden, sind in Abbildung 5 dargestellt. Für die Ladung des BEVs wurden Ladeleistungen 3,7 kW und 11 kW getrennt untersucht. 4.3 Simulierte Szenarien Wegen der hohen Diversität der Nutzungsverhalten wurden die fünf Szenarien unterschieden. Beim ersten Szenario („ohne BEV“) handelt es sich um das Referenzszenario, bei dem der Haushalt kein BEV besitzt. Beim zweiten („BEV (Monte Carlo)“) wurde das Nutzungsprofil und die Ankunftszeiten des BEVs mit der Monte-Carlo-Methode entsprechend den für Deutschland veröffentlichten Statistiken „gewürfelt“ und es erfolgte eine direkte Nachladung der verbrauchten Energie (20 kWh/ 100 km) ab jeweiliger Ankunftszeit. Abbildung 6: Batterievollzyklen und Eigenverbrauch eines Haushaltes (10 kW p PV-System, Lastschwerpunkt abends) abhängig von der Ladeleistung buch2.indb 128 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 129 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Das dritte Szenario („Pendler*in (18 Uhr)“) entspricht einer Person, die jeden Arbeitstag die gleiche Strecke (50 km) fährt und zur gleichen Zeit (18 Uhr) nach Hause kommt. Die Wochenendnutzung entsprach dem zweiten Szenario. Das vierte Szenario unterschied sich vom dritten dadurch, dass die Nachladung nur am Wochenende ab 9 Uhr erfolgte. Im fünften Szenario wurde ein zweites BEV mit einer kürzeren mittleren Fahrtstrecke, das tagsüber geladen wird, zusätzlich zum vierten Szenario eingeführt. Mit den BEV steigt der jährlicher Gesamtstromverbrauch im Vergleich zum Referenzszenario von 4 MWh je nach Szenario (2) bis (5) auf 6,7 bis 8,1 MWh. Die Simulationen der fünf verschiedenen Szenarien wurden für die beiden Haushalte mit den zuvor beschriebenen Last- und Erzeugungsprofile für ein Jahr mit einer Auflösung von 15 min durchgeführt. Es wurden sowohl die Vollzyklen der Batterie als auch der Eigenverbrauch pro Jahr berechnet. 4.4 Untersuchungsergebnisse In Abbildung 6 werden als erstes Simulationsergebnisse eines Haushalts mit Lastschwerpunkt abends und einer 10 kW p PV-Anlage in Bezug auf die Ladeleistung dargestellt. Bei der Betrachtung der Ergebnisse für eine Ladeleistung von 3,7 kW ergibt sich für das Ausgangsszenario „ohne BEV“, dass nur Batterien von bis zu 6 kWh sinnvoll sind, basierend auf der Annahme, dass entsprechend [3] Batterien mindestens 250 Vollzyklen pro Jahr für eine gute Wirtschaftlichkeit erreichen sollten. Bei größere Kapazitäten steigt der Eigenverbrauch nur unwesentlich. Dafür fällt die Anzahl der Vollzyklen sehr schnell. Beim Betrachten des Szenarios „BEV (Monte Carlo)“ wird deutlich, dass in dem Fall das Laden eines Elektroautos sich nur für Batterien mit großen Kapazitäten positiv auf die Vollzyklen und den Eigenverbrauch auswirkt. Etwas besser wird der Eigenverbrauch für das Szenario „Pendler*in (18 Uhr)“. Die Vollzyklen sind in diesen Fall für einen Haushalt mit nur einem BEV am höchsten. Entsprechend dem Szenario „zwei BEVs“ senkt ein zweites BEV die Vollzyklen marginal. Dafür erhöht es den Eigenverbrauch. Grund hierfür ist, dass das zweite BEV in der Regel zur Mittagszeit geladen wird. Die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass das Verhalten entsprechend dem vierten Szenario „Pendler*in (WE-laden)“ im Hinblick auf den Eigenverbrauch am besten ist. Das liegt vor allem an der vermehrten direkten Nutzung von selbst erzeugten Strom. Dies führt aber auch dazu, dass die Vollzyklen in diesem Szenario gegenüber den anderen Szenarien mit BEV in der Regel niedriger sind. Teilweise sind sie sogar niedriger als die Vollzyklen des Szenarios „ohne BEV“. Der zusätzliche Strombedarf durch ein BEV steigert den Eigenverbrauch ohne Batterie nur dann signifikant, wenn das BEV über Tag geladen wird, wie im Fall des „Pendler*in (WE-laden)“. Eine kleine Batterie bis etwa 8 kWh erhöht zunächst den Eigenverbrauch des Haushalts - auch ohne BEV. Abbildung 7: Batterievollzyklen und Eigenverbrauch eines Haushaltes (4 kWp PV-System, Lastschwerpunkt abends & 3,7 kW Ladeleistung) Abbildung 8: Batterievollzyklen und Eigenverbrauch eines Haushaltes (10 kWp PV-System, Lastschwerpunkt mittags & 3,7 kW Ladeleistung) buch2.indb 129 13.01.20 15: 39 130 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Erst darüber trägt die Batterie zu einer Erhöhung des Eigenverbrauchs aufgrund des BEV bei. Allerdings sinkt die Nutzung der Batterie (gemessen in Zahl der Vollzyklen) mit der Batteriegröße; insbesondere wenn auch über Tag geladen wird, wie im Fall „Pendler*in (WE-laden)“. Die Ergebnisse der Simulationen im Hinblick auf die Ladeleistungen 3,7 kW (Abbildung 6 links & rechts oben) und 11 kW (Abbildung 6 links & rechts unten) betrachtet, zeigen, dass eine höheren Ladeleistung zu einem verringerten Eigenverbrauch und dem entsprechend zu einem höheren Netzbezug führt. Eine Steigerung der Vollzyklen ist nur im Szenario „Pendler*in (WE-laden)“ vorhanden. Diese entsteht durch die signifikant verringerte Ladezeit am Wochenende, wodurch die Batterie öfter zyklisiert werden kann. Diese positive Wirkung ist bei allen Batteriegrößen ersichtlich. Grundlegend sei zu bedenken, dass die PV-Anlage oder der Speicher in keinen Fall alleine den hohen Leistungsbedarf von 11 kW liefern kann. Bei der Betrachtung der Simulationsergebnisse der Szenarien bzgl. eines Haushalts mit Lastschwerpunkt abends, einer 4 kW p Anlage und einer Ladeleistung von 3,7 kW (Abbildung 7) zeigt sich, dass die Ladung des BEVs nur geringfügig den Eigenverbrauch steigert. Eine Erhöhung der Batterienutzung, gemessen in Anzahl der Vollzyklen, entsteht durch die Ladung des BEV erst ab 8 kWh Energieinhalt der Batterie. Im Fall des Szenarios „Pendler*in (WE-laden)“ wird die Batterie sogar weniger zyklisiert als bei dem Szenario „ohne BEV“. Grund dafür ist, dass das BEV am Tag geladen wird und somit weniger Energie zum Zwischenspeichern in der Batterie zur Verfügung steht. Für einen Haushalt bei dem der Lastschwerpunkt mittags liegt die Anzahl der Vollzyklen niedriger als bei dem Haushalt mit dem Lastschwerpunkt abends (Abbildung 8). Die Batterie wird in diesem Fall seltener zyklisiert, da die meiste elektrische Energie bereits in den Mittagsstunden direkt von der PV-Anlage bezogen wird. Der Eigenverbrauch steigt durch die Ladung des BEV vor allem durch den Einsatz von Batterien mit Kapazitäten von mindestens 6 kWh. Die geringen Steigerungen der Eigenverbrauchskurven korrespondieren mit den niedrigen Vollzyklen. Auch hier zeigt sich, dass der Eigenverbrauch im Szenario „Pendler*in WE-laden“ in der Regel am höchsten ist. Nur durch den Einsatz von großen Speichern (min. 12 kWh) kann ein vergleichbares Ergebnis bei den Szenarien „Pendler*in (18 Uhr)“ und „zwei BEVs“ erreicht werden. Bei der Betrachtung der Ergebnisse zeigt sich, dass eine relevante Menge an Solarstrom für die E-Mobilität nur dann „übrig“ ist, wenn die PV-Anlage hinreichend groß ist (hier 10 kW p ). Ansonsten ergibt sich durch E-Mobilität mit und ohne PV-Speichersystem nur eine geringe Eigenverbrauchserhöhung. Für eine weitere Steigerung des Anteils von direkt geladenen erneuerbar generierten Strom ist der Ausbau der Lademöglichkeiten im öffentlichen und im halb-öffentlich Raum notwendig. 5. Elektrische Dienstfahrzeuge in den Wirtschaftszweigen Den Hochlauf der Elektromobilität wird maßgeblich von der Anzahl an Neuzulassungen bestimmt. 2/ 3 aller Neuzulassungen in Deutschland finden im Gewerbe als Dienstfahrzeuge statt [8]. Eine Metastudie „Netzintegration Elektromobilität [7] sieht hier noch erhöhten Forschungsbedarf. Deshalb haben wir analysiert, inwiefern die Fahrstrecken in den Wirtschaftszweigen mit heute auf dem Markt erhältlichen, rein elektrischen Fahrzeugen durchgeführt werden können (siehe auch Abbildung 9). Neben der Reichweite der Fahrzeuge, lag der Fokus auf möglichen Laderestriktionen, also ob diese rechtzeitig für den nächsten Trip nachgeladen werden können. Die Vorgehensweise und Ergebnisse sind veröffentlicht [13] und werden im Folgenden zusammengefasst aufgeführt. Abbildung 9: Zusammenfassung einzelner Fahrstrecken zu Rundfahrten (round trips) mit Start- und Endpunkt innerhalb des Unternehmens (company yard). Parkzeiten zwischen Rundfahrten ermöglichen Nachladevorgänge für batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs). Für die Analyse wurden einzelne Fahrstrecken zu Rundfahrten (round trips) mit Start und Ende am Unternehmen (company yard) zusammengefasst (vgl. Abbildung 9). Da die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur an Zielort nicht gewährleistet werden kann, wurde angenommen, dass ausschließlich am Unternehmen nachgeladen wird. Ein Ladevorgang findet immer innerhalb der Parkzeit (parking time) statt (vgl. Abbildung 10) . Er kann direkt nach der Fahrt (trip) oder später gestartet werden und in Abhängigkeit der Ladeleistung über die gesamte Parkdauer gestreckt werden. Rundfahrten mit Zwischenhalten am Unternehmen unter 1 Stunde werden zusammengefasst, auch wenn dadurch die Reichweite des Elektroautos für diese oder die nachfolgende Fahrt (längere Ladedauer zum Nachladen benötigt) nicht ausreichen sollte. buch2.indb 130 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 131 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Abbildung 10: Zeitliche Flexibilität beim Ladevorgang (charging event): Ladezeitpunkt und Ladeleistung variieren innerhalb der Parkzeit (parking time) variiert, Ladezeit zeitlich verschiebbar, wenn kürzer als Parkzeit Als Datenbasis dient die Datenbank „Regional Eco Mobility (REM) 2030“ [10]. Aus den über 86.000 mitgeloggte Fahrstrecken von unterschiedlichen Unternehmen und in unterschiedlichen Wirtschaftszweigen (sector) ergeben sich über 6300 Rundfahrten (siehe Abbildung 11). Ferner wurden Klein-, Mittelklasse und Oberklassewagen sowie Transporter betrachtet. Abbildung 11: Anzahl an Rundfahrten (round trips) je Wirtschaftszweig (sector) aufgeteilt nach Fahrzeugklasse. (Indizes nach der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE), REV. 2 [12] Wie in Abbildung 11 dargestellt verteilen sich die Rundfahrten jedoch unterschiedlich auf die Wirtschaftszweige. In den Wirtschaftszeigen „verarbeitendes Gewerbe“ (sector C) und „Gesundheits- und Sozialwesen“ (sector Q) sind am meisten Fahrstrecken aufgenommen worden. Die Wirtschaftszweige unterhalb der schwarzen Linie werden dabei als nicht repräsentativ erachtet und deshalb nicht weiter analysiert. Abbildung 12 zeigt auf, dass Parkzeit in jedem der Wirtschaftszweige im Mittel deutlich die Fahrtzeit übersteigt, Im Gesundheitssektor (sector Q) ist die Parkzeit fast 8x so lang als die Fahrzeit. Abweichend von den anderen Sektoren ist im „Transport und Logistik“ (sector H) die mittlere Fahrzeit höher, wobei die Parkzeit (1,4-fache) dennoch überwiegt. Abbildung 12: Gemessene Fahrprofile verschiedener Wirtschaftszweige (sectors) im Mittel: In alle Sektoren überschreitet die Parkzeit die Fahrzeit (für Rundfahrten/ round trips), vom Gesundheitssektor, (sector Q) über das „produzierende Gewerbe“ (sector C) bis hin „Transport und Logistik“ (sector H). Im Folgenden werden die Ergebnisse werden anhand dem Sektor mit größter Datengrundlage, dem verarbeitenden Gewerbe (sector C) aufgezeigt. Abbildung 13: Mittlere Fahrstrecke (driving distance) und mittlerer Arbeitsradius (working radius) für die Rundfahrten (round trips) in Sektor C Bei Betrachtung der durchschnittlichen Fahrstrecken wird deutlich, dass pro Rundfahrt unter 150 km Reichweite, bei Kleinwagen sogar nur 70 km benötigt werden (vgl. Abbildung 13). Unter Berücksichtigung realer Verbrauchsdaten nach ADAC EcoTest [11] ist die Reichweite von den am Markt verfügbaren Elektrofahrzeuge buch2.indb 131 13.01.20 15: 39 132 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen (BEVs) ausreichend und könnten deshalb für die Dienstzwecke benutzt werden. Weiterhin zeigt die Abbildung 13 auf, dass die durchschnittliche Entfernung vom Unternehmen mit knapp über 30 km gering ist und längere Fahrten ggfs. für Nachladevorgänge am Unternehmen umgeplant werden könnten. In Abbildung 14 werden die einzelnen Rundfahrten für Sektor C betrachtet. Der Anteil an Rundfahrten ist über die jeweils benötigte Reichweite (als Entladetiefe der Batterie/ depth of discarge (DOD)) für jede Fahrzeugklasse aufgetragen. Hierbei wird ersichtlich, dass ein Anteil von 70% aller Fahrten weniger als 30% der verfügbaren Reichweite benötigen. Insgesamt wären die Fahrzeug-Reichweiten für bis zu 89% aller Fahrten ausreichend. Für die restlichen Fahrten wäre ein Zwischenladen an den Zielorten (destination charging) oder aber ein konventionelles Fahrzeug notwendig. Abbildung 14: Entladetiefe (depth of discharge (DOD)) für den Anteil an Rundfahrten (round trip) nach Rückkehr in Sektor C Neben der Fahrstrecke bzw. der notwendigen Reichweite ist auch wichtig, mit welcher Ladeleistung die Fahrzeuge in den Parkzeiten nachgeladen werden müssten um die zuvor zurückgelegte Fahrstrecke wieder nachzuladen. Annahme ist ein vereinfachtes Ladeprofil mit konstanter Ladeleistung. In Abbildung 15 wird zur besseren Veranschaulichung die Parkzeit ins Verhältnis mit der benötigten Ladezeit für verschiedene Ladeleistungen gesetzt. Entspricht die Parkzeit der Ladezeit (mit der gewählten Ladeleistung) ist das Verhältnis gleich 1 (schwarz gestrichelte Linie). Sollte die Ladeleistung für ein Nachladen innerhalb der Parkzeit nicht ausreichend sein, ist das Verhältnis kleiner 1 (Wert unterhalb der Linie) ist, übersteigt die Parkzeit die Ladezeit ist das Verhältnis größer 1. Abbildung 15: Anzahl aller Rundfahrten (insgesamt 1292) in Sektor C, geordnet nach dem Verhältnis zwischen Parkzeit und benötigter Nachladezeit (TF). Die Ladeleistung dient als Parameter. Ein Verhältnis gegeben. Das Verhältnis TF ≥ 1 bedeutet vollständig nachladbar innerhalb der Parkzeit. Im produzierenden Gewerbe übersteigt die Parkzeit die Ladezeit um das 5-fache in 40% aller Fahrten bei einer Ladeleistung von 2,3 kW. Bei gleicher Ladeleistung können alle inklusive der 70%-kürzestes Fahrt nachgeladen werden. Im Durchschnitt wird nur eine Ladeleistung von 0,37 kW benötigt, was auf die vielen kurzen Fahrten (vgl. Abbildung 15) zurückzuführen ist. Weitere Durchschnitts- und Spitzenleistungen für ausgewählte Fahrtenanzahlen können Tabelle 1 entnommen werden. Eine 11 kW Ladeleistung erlaubt es über 85% aller Fahrten nachzuladen. Die restlichen Fahrten benötigen höhere Ladeleistungen, wobei für 10% aller Fahrten außerhalb der verfügbaren Fahrzeug-Reichweiten liegen. Anzahl an Rundfahrten Durschnittliche Ladeleistung in kW Maximale Ladeleistung in kW 40% 0,11 0,45 70% 0,37 2,31 85% 0,71 7,85 89,3% (limit) 0,86 45,36 Tabelle 1. Benötigte Ladeleistung zum Nachladen nach Rückkehr zum Unternehmen für verschiedene Anzahl an Rundfahrten in Wirtschaftszweig „produzierendes Gewerbe“ (Sektor C) 4 von 5 Autos lassen sich innerhalb der Parkzeit über aller Wirtschaftszweige außer Sektor H nachladen (rote StrichPunktLinie), wenn eine kostengünstige Ladeinfrastruktur mit 11 kW Ladeleistung verwendet wird. Dies buch2.indb 132 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 133 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen kann Abbildung 16 entnommen werden, in welcher der Grenzfall, dass die Parkzeit der Ladezeit entspricht (Verhältnis gleich 1) für alle betrachteten Wirtschaftszweige dargestellt ist. Knapp 89 % aller Rundfahrten wären ohne Zwischenladen mit verfügbaren Elektrofahrzeuge durchführbar (91% für alle Sektoren ohne H in Abbildung 16). Abbildung 16: Anteil an vollständig nachladbaren Rundfahrten aller betrachteten Wirtschaftszweige, in Abhängigkeit der Ladeleistung, für den Grenzfall, dass die Parkzeit der benötigten Ladezeit entspricht. Zusammenfassend können 4 von 5 Dienstfahrten in allen Wirtschaftszweigen mit derzeit am Markt verfügbare Elektroautos durchgeführt werden. Ausnahme bildet der Transport und Logistik Sektor, hier ist ein Zwischenladen am Zielort häufiger notwendig. Würden rein elektrische Fahrzeuge für 70% aller Fahrten im produzierenden Gewerbe genutzt, könnte der Nachladevorgang bis zu 4,5x innerhalb der Parkzeit stattfinden. Ein intelligentes Lademanagement könnte somit die Ladevorgänge anpassen, sodass diese betreiber-, nutzer- und netzdienlich erfolgen könnten. 6. Reduktion der NOx-Belastungen in Baden- Württemberg mit dem Projekt „LINOx BW“ Das vom Bund geförderte Projekt LINOx BW- Aufbau von Ladeinfrastruktur zur Reduktion der NOx-Belastungen in Baden-Württemberg - hat zum Ziel, ca. 2.000 Ladepunkte in Baden-Württemberg aufzubauen. Im Sinne des Anreizes zum E-Auto-Kauf sollen die Auswirkungen auf die Reduktion der Stickoxide in den Kommunen für 5 Anwendungsfälle (Parkhäuser, Flottenbetreiber, Low- Cost-Laden privat, halb-öffentlich und im Straßenraum) mit Forschungspartnern analysiert werden. Angesprochen sind private, halböffentliche und öffentliche Partner aus Baden-Württemberg, die in Kommunen mit überhöhtem NOx-Wert (>40μg/ m³) ansässig sind. Unter Federführung des Städtetags Baden-Württemberg (STBW) haben sich im Verbundvorhaben fast alle der in Baden-Württemberg von hoher NOx-Emission betroffenen Kommunen zusammengeschlossen, um durch den Aufbau von Ladeinfrastruktur auch schon kurzfristig eine nachhaltige Verbesserung der Luftqualität zu erreichen. Insgesamt sollen bis zu 2.200 Ladepunkte in ca. 130 Einzelmaßnahmen von etwa 100 Letztzuwendungsempfängern (LZE) installiert werden. Dabei kann die Ladeinfrastruktur im sowohl privaten als auch im halb-öffentlichen Raum ohne keine 24/ 7-Zugänglichkeit errichtet werden. Im Rahmen des Projektes sind Förderquoten je nach Art des Antragstellers von 40%, 50%, 60% oder 100% insbesondere für Sach- und Investitionskosten für den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Das besondere Angebot von LINOx BW besteht darin, ganz unterschiedliche Lösungen für den Aufbau von Ladeinfrastruktur (Wallboxen, Gleichstrom- und Wechselstromladesäulen unterschiedlicher Leistung, in Tiefgaragen, auf privaten Parkplätzen und Firmenhöfen, in Parkhäusern oder am Straßenrand) zu ermöglichen. Die Forschungspartner analysieren diese Lösungen übergreifend und stellen die Auswertungen und Ergebnisse für einen systematischen Know-how Transfer zur Verfügung. Insbesondere plant das ZSW im Rahmen des Projektes die Belastung der im Projekt installierten Ladeinfrastruktur auf das Netz bzw. die Möglichkeiten der Netzentlastung durch Lade- und Lastmanagement für verschiedene Anwendungsfälle exemplarisch zu ermitteln. Die Anwendungsfälle sollen dabei die verschiedenen Ladesituationen (öffentlich / nicht öffentlich, Konzentration von Ladesäulen, notwendige Ladeleistung in Abhängigkeit der Aufenthaltsdauer an der Ladesäule, etc.) abdecken, sodass aufgrund der ebenfalls im Vorhaben ermittelten Statistik der Ladevorgänge und Ladesituationen verallgemeinernde Betrachtungen gemacht werden können. 7. Intelligente Ladeinfrastruktur für Flottenfahrzeuge anhand dem Projekt eLISA-BW In der Karlsruher Parkgarage Waldhornstraße der Parkraumgesellschaft Baden-Württemberg wird aufgrund hoher Auslastung die bestehende Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut. Dies erfolgt obwohl die Netzanschlussleistung für eine gleichzeitige Benutzung der gesamten Ladeleistung zu klein ist und nicht weiter erhöht werden kann. „Gelöst wird dieser scheinbare Widerspruch im Pilotprojekt „eLISA-BW“ durch ein intelligentes Lastmanagement, das Informationen aus verschiedenen Datenquellen verwendet.“ [14]. Das Projekt „E-Ladeinfrastruktur intelligent Steuern und Anbinden in Baden-Württemberg -(eLISA-BW)“ wird im Rahmen des von der Landesregierung initiierten Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA) im Förderprogramm „zur intelligenten Anbuch2.indb 133 13.01.20 15: 39 134 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen bindung von Ladeinfrastruktur in Parkhäusern und Tiefgargagen (INPUT)“ durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gefördert. Projektleiter ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - Institut für Fahrzeugkonzepte. „Mittels eines innovativen intelligenten Lade-, Last-und Nutzungskonzepts unter Berücksichtigung der Charakteristika des Anwendungsfalls der E-Fahrzeug-Flotte des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe in der Parkgarage Waldhornstraße sollen hohe Netzbelastungen, Leistungsnachfragen und Gleichzeitigkeit und damit notwendiger Netzausbau vermieden werden“ [15]. Dazu wird im Projekt eLISA-BW sowohl eine Umfeldanalyse zur Nutzung von Parkgarage durchgeführt, Messequipment zum Monitoring an der Ladeinfrastruktur, am Netzanschlusspunkt sowie am vorgelagerten Trafo implementiert und die Ladepunkte über ein Backend angesteuert (vgl. Abbildung 18). Weiterhin wird ein intelligentes Lademanagement entwickelt. Diese steuert unter Nutzung von Buchungsdaten zur Fahrzeugnutzung der RP-Flotte sowie dem Monitoring die Ladeleistung an den neu installierten Ladepunkten. Hierbei müssen einerseits die Restriktionen durch den Hausanschluss und in der Hausinstallation stets eingehalten werden, andererseits zu den geplanten Nutzungszeitpunkten die Fahrzeuge ausreichend geladen sind. „Kern des Projekts bildet die Entwicklung einer Hard- und Softwarelösung zur Steuerung der Ladeleistung, die über geeignete Schnittstellen an verfügbare Informationsquellen angebunden wird und im Realbetrieb in der Parkgarage Waldhornstraße zum Einsatz kommt.“ -[15] Dies stellt eine grundlegende Verbesserung gegenüber anderen umgesetzten Projekten und verfügbaren Produkten dar. Ein Beispiel ist das System ChargeBig von Mahle (siehe Abbildung 17). Bei dem liegt die Ladeleistung nur bei maximal 7,2 kW (einphasig) und die Ladung der Fahrzeuge erfolgt nicht bedarfsorientiert, sondern gleichverteilt. Es ist zwar möglich mit diesem System in Parkräumen viele Standplätze mit Lademöglichkeiten ausstatten, jedoch sinkt die mögliche Flexibilität bei der Steuerung der Ladevorgänge. Abbildung 17: chargeBIG kostengünstiges Konzept mit begrenzter Ladeleistung (entnommen aus [16]) 8. Entwickelte Algorithmen zur optimierten Steuerung von Ladeinfrastruktur Damit eine Steuerung umgesetzt werden kann, wie sie in den Projekten LINOx BW und eLISA-BW benötigt werden, wurden erste Algorithmen für ein Lademanagementsystem in [17] entwickelt. Es ermöglicht optimierte Ladevorgänge für rein batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) unter Berücksichtigung einer festen Leistungsbeschränkung an einem ausgewählten (Gewerbe-) Standort. Der Fokus der ersten Entwicklung lag nicht vorrangig auf einem netzdienlichen Betrieb, sondern auf einer lokalen Lastoptimierung unter Berücksichtigung der Leistungsbeschränkung an (Gewerbe-) Standorten. Mit den gesteuerten Ladevorgängen soll eine Überschreitung der maximalen Netzanschlussleistung vermieden und zusätzlich die Mobilität der Nutzer möglichst nicht eingeschränkt werden, d.h. dass jedes BEV mindestens so weit zu laden ist (Zielladestand, kurz: Ziel-SOC), dass die nächste Fahrt gewährleistet werden kann. Der Ziel- SOC soll für jedes Elektrofahrzeug am Ende der individuellen Parkzeit erreicht sein. Dabei kann ausschließlich die Leistungsdifferenz zwischen lokaler (Gewerbe-) Last und Leistungsbeschränkung für die Ladevorgänge der BEVs verwendet werden. Weil sich dieselben zeitlichen Lademuster in allen Netzsegmenten wiederfinden, kann dadurch aber gleichzeitig eine überregionale Glättung des Energiebezuges erreicht werden. Das entwickelte Lademanagementsystem nutzt dabei das Lastverschiebungspotenzial (engl. Load Shifting), das sich aus dem Mobilitätsverhalten der Elektrofahrzeughalter ergibt, um neue Spitzenlasten in der lokalen elektrischen Lastkurve zu vermeiden (Spitzenlastkappung, engl. Peak Shaving) und zusätzliche Talfüllungen (engl. Valley Filling) in Zeiten niedriger Stromnachfrage zu ermöglich. Das Lademanagement folgt der Funktionsweise der modellprädiktiven Regelung und bezieht die Vorhersage der lokalen (Gewerbe-) Last sowie des Mobilitätsverhaltens für die gewerblich sowie privat genutzten Fahrzeuge über einen Vorhersagehorizont von 24 Stunden in die Optimierung mit ein. Die Basis des Mobilitätsverhaltens bilden die Erhebungsdaten der Studie »Mobilität in Deutschland 2008« (siehe [6]) und des Projekts »Regional Eco Mobility 2030« (siehe [10]). Es wird primär das Ziel verfolgt, die Summe der fehlenden Energiemengen für die folgende Fahrt aller Autos zu minimieren und bei vollständigem Erreichen des Ziel-SOC aller BEVs sekundär eine Überschreitung des Ziel-SOC zu ermöglichen. Um das prädiktive Lademanagement auf seine Performance zu testen, wurde es an einer fiktiven Fallstudie angewendet und mit den aktuell praxisüblichen Referenzfällen »First Come, First Serve« und »Gleichverteiltes Laden« sowie einer zusätzlich entwickelten Ladestrategie »First Leave, First Serve« verglichen. buch2.indb 134 13.01.20 15: 39 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 135 Intelligente Ladeinfrastruktur (LIS) für Elektrofahrzeuge in Parkhäusern und Tiefgaragen Abbildung 18: Veranschaulichung zum Projekt eLISA-BW: Intelligentes Lademanagement für eine e-Dienstflotte mit Hilfe von Buchungsdaten und Monitoringdaten Der betrachtete (Gewerbe-)Standort im Bestand ist über den Netzanschlusspunkt an das öffentliche, elektrische Stromnetz angeschlossen und die technischen Komponenten des Netzanschlusspunkts sind ohne Elektromobilität geplant und ausgeführt. Es erfolgte eine Ersetzung der konventionellen Firmenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor durch Elektrofahrzeuge. Zusätzlich ermöglicht der (Gewerbe-) Betrieb die Ladung weiterer, privater BEVs. In der Fallstudie wurden so 20 BEVs (16 gewerblich und 4 privat genutzt) aus den Segmenten Klein-, Mittelklasse und Oberklassewagen sowie Transporter betrachtet. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass die MPC-Optimierung für optimale Ladestände der BEVs sorgen kann. Es kommt nur zu wenigen Fahrten, bei denen der Ziel-SOC nicht erreicht wird. Darüber hinaus wird ersichtlich, dass die Ergebnisse der Referenzstrategien »First Come, First Serve« und »Gleichverteiltes Laden«, so wie sie in der Regel heute eingesetzt werden, den Ergebnissen der MPC-Optimierung deutlich in ihrer Performance unterlegen sind. Grundsätzlich ist an dieser Stelle festzuhalten, dass je größer der Informationsaustausch zwischen den Akteuren des Ladevorgangs ist, desto besser kann die gewählte Ladestrategie die benötigte Energiemenge für die nächste Fahrt bereitstellen. Außerdem zeigt sich anhand des Mobilitätsverhaltens und der beim Umstieg erforderlichen Batteriekapazität und Ladezeit, dass ein Großteil von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren durch heute schon verfügbare Elektrofahrzeuge substituiert werden kann. Das zeigt sich zum einen an überwiegend kurzen Distanzen, die je Fahrt am Tag zurückgelegt werden und zum anderen an hohen Parkzeit, die ein erhebliches Lastverschiebungspotenzial für BEVs ermöglichen. Literaturverzeichnus [1] A. Braun, “Stromspiegel für Deutschland 2017“, co- 2online gemeinnützige GmbH, Berlin, 2017 [2] J. Figgener, D. Haberschusz, K.-P. Kairies, O. Wessels, B. Tepe, D. U. Sauer, “Wissenschaftliches Mess- und Evaluierungsprogramm Solarstromspeicher 2.0 - Jahresbericht 2018”, Aachen, Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe RWTH Aachen, Juli 2018 [3] J. Binder, C. Williams, B. Schott, C. Günther, M. 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Follmer et al., “Mobilität in Deutschland 2008“, infas, DLR und Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn, 2010. [7] H. Vennegeerts, J. Tran, F. Rudolph und P. Pfeifer, „Metastudie Forschungsüberblick Netzintegration Elektromobilität“, VDE FNN, bdew, Aachen, 12/ 2018, p. 27 [8] Federal Motor Transport Authority, „Neuzulassungen von Pkw im Jahr 2017 nach privaten und gewerblichen Haltern: Kraftfahrt-Bundesamt“, online available at https: / / www.kba.de/ DE/ Statistik/ Fahrzeuge/ Neuzulassungen/ Halter/ 2017_n_halter_dusl. html? nn=652344, access on 02/ 2019 [9] M. Schmidt, P. Bickel, S. 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