eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter

0201
2020
Sebastian Lücke
Ergiebiger Schneefall, gefrierender Regen oder rasche Temperaturabfälle in den Frostbereich bei gleichzeitig nassen Oberflächen: Diese Arten von Winterwetter gehören zu den sehr gefährlichen Niederschlagsarten die bei uns vorkommen. Binnen kürzester Zeit kann eine unkalkulierbare Glätte auf diesen Oberflächen entstehen, die für dessen Nutzer häufig mit heiklen Situationen verbunden sind. Ein zusätzliches Gefahrenpotenzial entsteht dabei in geneigten Bereichen, wie sie z.B. in Parkhäusern bei Rampen oder Spindeln zu finden sind. Dies gilt ebenso für schmale und enge Fußgängerwege, z.B. auf Treppen oder Durchgängen. Der vorliegende Beitrag behandelt in diesem Zusammenhang die Vermeidung solcher Szenarien. Grundlage dafür bilden Oberflächenschutzsysteme auf PMMA-Basis, in deren Aufbau eine komplette Freiflächenheizung integriert wird. Die Besonderheit dabei ist, dass alle aufgezeigten Lösungen dank der minimalen Aufbauhöhen sowohl im Neubau als auch nachträglich im Zuge einer geplanten Sanierungsmaßnahme umsetzbar sind. Ausgeführte Beispiele aus der Praxis zeigen dabei die unterschiedlichsten Anwendungsfälle und veranschaulichen schrittweise die Realisierung.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 195 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter Sebastian Lücke M.Eng. WestWood Kunststofftechnik GmbH, Petershagen, Deutschland Zusammenfassung Ergiebiger Schneefall, gefrierender Regen oder rasche Temperaturabfälle in den Frostbereich bei gleichzeitig nassen Oberflächen: Diese Arten von Winterwetter gehören zu den sehr gefährlichen Niederschlagsarten die bei uns vorkommen. Binnen kürzester Zeit kann eine unkalkulierbare Glätte auf diesen Oberflächen entstehen, die für dessen Nutzer häufig mit heiklen Situationen verbunden sind. Ein zusätzliches Gefahrenpotenzial entsteht dabei in geneigten Bereichen, wie sie z.B. in Parkhäusern bei Rampen oder Spindeln zu finden sind. Dies gilt ebenso für schmale und enge Fußgängerwege, z.B. auf Treppen oder Durchgängen. Der vorliegende Beitrag behandelt in diesem Zusammenhang die Vermeidung solcher Szenarien. Grundlage dafür bilden Oberflächenschutzsysteme auf PMMA-Basis, in deren Aufbau eine komplette Freiflächenheizung integriert wird. Die Besonderheit dabei ist, dass alle aufgezeigten Lösungen dank der minimalen Aufbauhöhen sowohl im Neubau als auch nachträglich im Zuge einer geplanten Sanierungsmaßnahme umsetzbar sind. Ausgeführte Beispiele aus der Praxis zeigen dabei die unterschiedlichsten Anwendungsfälle und veranschaulichen schrittweise die Realisierung. 1. Einleitung Wenn der Winter richtig zuschlägt, sind Räum- und Streudienste im Dauereinsatz. Insbesondere in öffentlichen Bereichen gilt es, das Unfallrisiko schnellstmöglich zu minimieren. Als privater Anlieger greift man in solchen Situationen selbst zum Räumwerkzeug oder ist auf einen zuverlässigen Räumdienst angewiesen. Räumdienste verwenden üblicherweise nach der Schneeräumung Auftausalze oder Sande bzw. Splitte. Maßnahmen, die heute in vielen Kommunen nicht erlaubt sind (striktes Verbot der Verwendung von Auftausalzen z.B. in München & Berlin) oder die die vorhandene Oberfläche sehr stark beanspruchen (eintretender Mahleffekt bei Befahrung auf der Oberfläche mit Sand oder Splitt). Freiflächenheizungen bieten ein hervorragendes Mittel dem entgegenzuwirken und solche Situationen erst gar nicht entstehen zu lassen. Dabei gibt es im Neubau mittlerweile eine Vielzahl an Varianten, die den Bauherren aus einem breit gefächerten Angebot wählen lassen. Ein Großteil der Gebäude wird mittlerweile jedoch im Bestand saniert. In diesem Fall reduzieren sich die technisch und wirtschaftlich sinnvollen Angebote rapide, da sich die Anforderungen hier drastisch zum Neubau unterscheiden. Auch sind Fragestellungen hinsichtlich des Energieeinsatzes im Zuge der Nutzung zu berücksichtigen. Pauschal das eine „richtige“ System für alle Anwendungsbereiche zu definieren ist nicht zielführend und bewirkt häufig exakt das Gegenteil. Maßgebend sind stets viele objektspezifische Faktoren, die es gilt, bestmöglich zu berücksichtigen. 2. Übersicht Ob es um Zufahrten zu Parkhäusern und Tiefgaragen geht, um Laderampen, Fußgängerwege, Fluchtwege, Außentreppen oder gar Hubschrauberlandeplätze: Heizsystem kommen überall da zum Einsatz, wo begeh- oder befahrbare Oberflächen eis- und schneefrei gehalten werden sollen. Sie finden häufig Verwendung, wenn andere Wahlmöglichkeiten zur Eis- und Schneefreihaltung nicht darstellbar sind. Beispielsweise genannt seien hier ein unzureichend zuverlässiger bzw. nicht verfügbarer Räum- und Streudienst oder die fehlende Möglichkeit der Anordnung einer Überdachung aus technischen, wirtschaftlichen oder architektonischen Gründen. Der Räum- und Streupflicht nicht nachzukommen ist keine Bagatelle und wird von den Kommunen häufig streng überwacht. Im Falle eines entstandenen Personenschadens der nachweislich auf eine unzureichende Räum- und Streupflicht zurück zu führen ist, muss der Beklagte mit erheblichen Kosten rechnen. In den vergangenen Jahren ist eine steigende Nachfrage zu begeh- und befahrbaren Heizsystemen am Markt spürbar. Beispielsweise nutzen vermehrt Parkhausbetreiber von Shopping-Centern in exponierten Bereichen diese Systeme, um den Servicegedanken ggü. ihrer Kundschaft buch2.indb 195 13.01.20 15: 40 196 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter zu erhöhen und dem Nutzer auch bei widriger Witterung schon bei der Einfahrt ein entspanntes Ankommen zu bieten. Bezogen auf Parkbauten werden gem. den Vorschlägen und Hinweisen des DBV-Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ [1] Freiflächenheizungen explizit empfohlen, sofern eine vollumfängliche Sicherstellung der Eis- und Schneefreiheit nicht gegeben ist. Frei bewitterte Rampen oder Spindeln mit einer Neigung > 15 % sollten beheizt ausgeführt werden. Zufahrten, Abfahrten sowie Rettungswege sind bis zur öffentlichen Verkehrsfläche jederzeit verkehrssicher freizuhalten. Dabei gilt es zunächst zwischen den gängigen Anlagentypen zu unterscheiden: Den Großteil am Markt stellen elektrisch betriebene Heizungen dar, die über Strom und dessen Umwandlung in Wärme eine Schmelzwirkung an der Oberfläche erzielen. Weit geringer ist der Anteil von geschlossenen Rohrleitungen mit einem Flüssigkeitsmedium (z.B. Wasser-Glykol-Gemisch). Bei solchen Systemen wird die Flüssigkeit im Rohr erwärmt, zirkuliert in einem Kreislauf und erzielt so eine Abtauwirkung. Auch die Anordnung der Heizebene bzw. die Bauweise unterscheidet sich. So wird unterschieden in: a. Einbau der Heizebene in den Konstruktionsbeton b. Einbau der Heizebene in die Nutzschicht/ Asphalt c. Einbau der Heizebene in ein reaktionsharzgebundenes Oberflächenschutzsystem Weiter gibt es ebenso die Möglichkeit Pflasterbeläge zu beheizen. Hierbei wird die Heizebene in das Pflasterbett bestehend aus Sand oder Kies eingebracht. Da diese Variante häufig nur bei begehbaren Oberflächen Anwendung findet, wird nachfolgend nicht weiter darauf eingegangen. Hinsichtlich Ausführungsvarianten für dauerhafte Bauteile in Parkbauten wurde vom Deutschen Beton- und Bautechnikverein mit dem Heft 42 eine Beispielsammlung für verschiedenste Ausführungssituationen veröffentlicht. Das Heft 42 ergänzt das DBV Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ und stellt Planern wesentliche Hinweise und Empfehlungen bezüglich langlebiger Konstruktionen zur Verfügung. In dem Heft wird u.a. auch auf Ausführungsvarianten von beheizten Rampen eingegangen. Diese Beispiele gleichen sich prinzipiell mit den o.g. Bauweisen a, b & c. Die verschiedenen Systeme und Varianten im Detail zu vertiefen würde den Rahmen dieser Ausarbeitung überschreiten, daher wird in den folgenden Abschnitten der Fokus auf das reaktionsharzgebundene Oberflächenschutzsystem mit integrierter Heizebene sowie Nutz- und Verschleißschicht aus dem Hause WestWood Kunststofftechnik GmbH gelegt (entspricht Bauweise c). Abbildung 1: Rampe mit Freiflächenheizung im reaktionsharzgebundenen Oberflächenschutzsystem gem. [2] Das WestWood-Heizsystem kommt überall da zum Einsatz, wo begeh- oder befahrbare Oberflächen eis- und schneefrei gehalten werden sollen. Dafür werden Netzheizmatten in den Systemaufbau integriert, wahlweise vollflächig oder bei Bedarf nur in vorher definierten Bereichen. Bei den üblichen Heizsystemen am Markt werden die Heizleiter in einem dicken Aufbau integriert. Dieser besteht in der Regel aus Gussasphalt oder Estrich / Beton. Dabei liegen die Heizleitungen aufbaubedingt stets mehrere Zentimeter unter der eigentlich zu beheizenden Oberfläche, mit entscheidenden Nachteilen in puncto Heizwirkung. Eine Vorlaufzeit von bis zu 30 Minuten ist dabei keine Seltenheit, da der Heizleiter zunächst die unmittelbare Umgebung aufheizen muss, ehe eine entsprechende Temperatur an der eigentlichen Oberfläche erzeugt wird. Insbesondere bei Eisregen, der binnen Sekunden glatte Oberflächen herbeiführt, eine nicht zufriedenstellende Lösung. Eine längere Vorlaufzeit bedeutet dabei auch stets einen deutlich größeren Energieaufwand und ist wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden. Je tiefer die Heizleitungen eingebettet sind, desto länger ist die Anheizzeit bis zur Erreichung der Abtau- Oberflächentemperatur von ca. +3 °C. Dabei kann folgende Faustformel zu Rate gezogen werden: Die Anheizzeit verlängert sich mit dem Quadrat der Einbautiefe. Dies bedeutet in der Praxis bei einer doppelten Einbautiefe = 4-fache Anheizzeit, 3-fache Einbautiefe = 9-fache Anheizzeit. Die nachstehende Grafik verdeutlicht diesen Zusammenhang. buch2.indb 196 13.01.20 15: 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 197 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter Abbildung 2: Verhältnis zwischen der Einbautiefe der Heizleitung und der daraus resultierenden Schmelzwirkung an der Oberfläche Das WestWood Freiflächenheizsystem hat eine Gesamtaufbauhöhe von ca. 12 mm. Es ist auf den ersten Blick erkennbar, dass bei solch geringen Aufbauhöhen nahezu keine Vorlaufzeiten benötigt werden und Betriebskosten somit im Laufe der Nutzung optimiert werden. 3. Aufbau Das Herz des Heizsystems sind die integrierten Heizmatten, die für eine bestmögliche Wärmezufuhr an der Oberfläche sorgen. Die für die Wärmezufuhr verantwortlichen Heizschlaufen werden bereits im Werk gemäß den jeweiligen Vorgaben hergestellt. Dabei werden die Heizleiter auf ein Trägernetz genäht. Durch das Aufnähen ist die Lage jedes einzelnen Heizleiters exakt definiert und es wird eine einfache Verlegung auf der Baustelle sichergestellt. Die Einbettung der Netzheizmatten erfolgt in einen Klebe- und Armierungsmörtel, welcher ebenfalls wie das Oberflächenschutzsystem auf PMMA-Harzen basiert und in dieses integriert wird. Durch die minimale Aufbaustärke der einzelnen Komponenten, befindet sich die Heizebene im fertigen Aufbau in unmittelbarer Nähe zur späteren Oberfläche. Dadurch werden sehr kurze Vorwärmzeiten realisiert sowie ein minimaler Energieverbrauch bestätigt. Zwei Messfühler gleichen ständig Temperatur sowie Feuchtigkeit ab, sodass ausschließlich bei tatsächlicher Frostgefahr die Anlage in den Heizmodus übergeht. Über die im Schaltschrank befindliche zentrale Steuereinheit werden ständig die ermittelten Daten der beiden Sensoren abgeglichen. Über einfache Schaltersteuerung kann die Freiflächenheizung neben dem Automatikbetrieb darüber hinaus komplett ausgeschaltet oder in den Dauerbetrieb versetzt werden. Abbildung 3: Freiflächenheizung vollflächig beheizt Abbildung 4: Freiflächenheizung nur Fahrspuren beheizt Die Heizebene wird üblicherweise auf einer rissüberbrückenden Beschichtung bzw. Abdichtung aufgebracht (z.B. OS 10). Diese ist Grundlage und garantiert die sichere Aufnahme von neu entstehenden oder vorhandenen sich bewegenden Rissen aus dem Untergrund. Direkt darauf erfolgt die eigentliche Heizebene mit den Netzheizmatten, diese werden in einen eigens konfektionierten Klebe- und Armierungsmörtel eingebracht. Abschließend wird je nach Anforderung und Kundenwunsch die Nutzschicht aufgebracht. Diese lässt sich frei nach den Anforderungen sowie individuellen Wünschen des Bauherren gestalten und reicht von einer üblichen Quarzsandeinstreuung über einen Strukturbelag bis hin zu einer extrem griffigen Hartkorneinstreuung. In Bezug auf die farblichen Wünsche sind dabei keine Grenzen gesetzt. Sämtliche Komponenten des Oberflächenschutzsystems, insbesondere auch der Klebe- und Armierungsmörtel für die Heizmatten, basieren dabei auf Polymethylmethacrylaten (PMMA). Der Anwender bzw. Bauherr kann sich somit auf die bekannten Eigenschaften bei der Verarbeitung sowie im Zuge der Nutzung verlassen: - Kurze Reaktionszeiten: überarbeitbar nach 30 - 45 Minuten - Schnelle Ausreaktion: voll belastbar nach spätestens 3 Stunden - Verarbeitungstemperatur von -5 °C bis + 35 °C - Keine Abstreulagen oder Haftvermittler notwendig - Schub- und scherfester Gesamtaufbau - Sehr hohe Verschleißbeständigkeit buch2.indb 197 13.01.20 15: 40 198 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter - Freie Wahl der Nutzschicht (z.B. Farbe, Griffigkeit) Das finale Ergebnis ist ein ca. 10 - 12 mm starker Gesamtaufbau, welcher für sämtliche begeh- oder befahrbare Oberflächen unabhängig von deren Geometrien die perfekte Lösung darstellt. Auch auf rissgefährdeten Untergründen werden Bewegungen aus dem Untergrund sicher durch die flexible Abdichtungslage aufgenommen und garantieren eine lange und wirtschaftliche Lebenszeit des Gesamtsystems. 4. Eigenschaften Die elektrischen Komponenten der Freiflächenheizung stammen aus dem Hause des Marktführers im Bereich Heiz- & Wärmelösungen und werden stets individuell auf das jeweilige Objekt sowie deren Randparameter angepasst. Hierzu werden Anlagen inkl. aller zugehöriger Bestandteile im eigenen Hause bemessen und dimensioniert. Wesentliche Randparameter, die in die Bemessung mit einfließen sind z.B.: - Höhe über NN - Lage (besondere Exposition, Windeinflüsse) - Ausrichtung (Himmelsrichtung, Schattenschlag) - Flächenneigung - Konstruktion freitragend oder nicht Durch die langjährigen Erfahrungen im Bereich Heizlösungen kann sich der Bauherr darauf verlassen, eine bestmöglich konfektionierte Gesamtanlage zu erhalten. Die Netzheizmatte als Hauptbestandteil der Freiflächenheizung weist dabei nachstehende Produkteigenschaften auf: - Spezifische Flächenleistung 250 W/ m² - Spannung 230 oder 400 V - Dicke der Netzheizmatte 3,3 mm - Breite 500 mm (Standard, weitere Maße verfügbar) - Länge bis ca. 2300 mm - alle Geometrien & Formen am Projekt können abgedeckt werden - Zur Lagesicherung und einfachen Verlegung sind die Heizleiter auf einem Trägernetz aufgenäht - nur ein Kaltleiteranschluss je Netzheizmatte - kein Ausstemmen von Kabelkanälen im Untergrund - resistent gegen sphärische Säuren & Laugen - alle zugehörigen Komponenten werden aufeinander abgestimmt (u.a. Sensoren, Schaltkasten) Abbildung 5: Netzheizmatte (Heizleiter aufgenäht auf Trägernetz) Die Netzheizmatte ist für den Einsatz im Außenbereich mit einer besonderen Teflon Innen- und Außenisolierung versehen. Sie ist dank ihres Außenmantels hoch resistent und eignet sich dadurch hervorragend für den Einbau in chemisch aggressiver Umgebung. Die Netzheizmatten werden in der angegeben Ausführung nach Normen gefertigt sowie nach den Richtlinien des Herstellers verlegt und angeschlossen. Die Auswahl der spezifischen Heizleistung pro m² Fläche erfolgt unter Berücksichtigung von Temperatur, Seehöhe und örtlichen Windeinflüssen. Bei besonderen Bedingungen wie exponierten Windlagen, Brücken, freien Rampen oder unterlüfteten Freiflächen werden die spezifischen Heizleistungen entsprechend angepasst. Grundlage für die Bemessung und Dimensionierung der Freiflächenheizung mit sämtlichen Komponenten ist ein exaktes Aufmaß der zu beheizenden Fläche. Darauf basierend wird der Verlegeplan erstellt. Es gilt: Je genauer die Angaben im Aufmaß benannt werden, desto effektiver wird später die Freiflächenheizung im Betrieb sein. Neben den Verwendbarkeitsnachweisen für die Systeme der Oberflächenschutzbeschichtung (z.B. abP gem. OS 10), besitzen die Heizsysteme eine CE-Kennzeichnung sowie das VDE-Prüfzeichen für Elektrogeräte. Dieses Prüfzeichen wird vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) vergeben und bescheinigt die Einhaltung hoher Sicherheitsstandards bei Elektrogeräten, unter anderem in elektrischer, mechanischer und toxischer Hinsicht. Abbildung 6: VDE-Prüfsiegel sowie CE Kennzeichnung als wesentlicher Faktor hochwertiger Elektrokomponenten buch2.indb 198 13.01.20 15: 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 199 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter 5. Beispiele aus der Praxis Die Anwendungsbereiche von Freiflächenheizungen sind vielschichtig. Die Realisierung seitens Bauherren, Planern oder Architekten bezüglich der Anwendung solcher Systeme hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert und wird weiter zunehmen. Vor allem für den in der Pflicht zur Räumung stehenden Verantwortlichen ergeben sich durch diese Systeme wesentliche Vorteile: Unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit sowie der Auslastung des zuständigen Räumdienstes kann sich dieser darauf verlassen, dass Oberflächen eisfrei gehalten werden. Abbildung 7: Heizbild einer Garagenzufahrt Abbildung 8: Aufnahme mit Wärmebildkamera Die nachstehenden Beispiele aus der Praxis sollen eine Übersicht der Arbeitsschritte sowie unterschiedlichen Anwendungsfelder aufzeigen. Hauptanwendungsbereich sind zweifelsohne befahrene Oberflächen, wie z.B. Rampen, Spindeln, Ein- oder Ausfahrten. Jedoch sind mittlerweile viele weitere interessante Projekte ausgeführt worden, welche als nicht alltäglich bezeichnet werden dürfen. Hierauf wird nachstehend auch der Fokus gelegt. Die ersten ausgeführten Projekte reichen bis ins Jahr 2012 zurück und verrichten bis dato tadellos ihre Funktion. Aktuell (Stand: November 2019) wurden mehr als 70 Projekte in Deutschland, Österreich & der Schweiz realisiert und umgesetzt. buch2.indb 199 13.01.20 15: 40 200 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter 5.1 Treppensanierung am Flughafen Hamburg Projekt: Sanierung Treppentürme Ort: Flughafen Hamburg Umfang: ca. 110 m² Bauteil: Treppen und zugehörige Podeste Untergrund: Beton Ausführung: April 2017 System: WestWood Weproof Bauwerksabdichtungssystem inkl. Freiflächenheizung Tabelle 1: Bautafel Treppensanierung Flughafen HH Wie passgenau sich die Heizmatten bei den verschiedensten Anforderungen einbetten lassen, zeigt das Projekt am Flughafen Hamburg: Hier wurden zwei Treppentürme saniert, die sich unmittelbar vor dem Terminaleingang befinden und als Verbindungsweg zu den Parkebenen im Untergeschoss führen. Die vorhandene Oberfläche der Treppen zeigte eine vermindert Rutschsicherheit und somit für die Nutzer eine unzureichende Griffigkeit auf. Weiter war eine Betoninstandsetzung in Teilbereichen notwendig. Der Flughafen als Bauherr möchte die Sicherheit seiner Gäste nicht gefährden und entschied sich daher für ein neues Oberflächenschutzsystem mit entsprechender Griffigkeit in der Oberfläche, welches zudem bei Frostgefahr eine Eisbildung ausschließt. Der Flächenumfang dieses Projektes betrug lediglich 55 m² je Treppenturm. Die besondere Herausforderung bestand in den vielen kleinen Einzelflächen der Stufen, die jede für sich in den späteren Verlegeplan der Heizung aufgenommen werden mussten. Dafür wurden nicht nur die einzelnen Heizmatten passgenau im Werk nach den verschiedenen Bauteilgeometrien angefertigt, auch die Anlage selbst wurde in Bezug auf die elektronische Steuerung und der Leistung individuell bemessen. Auch wurde das Bauzeitfenster im Frühjahr bei vorherrschenden kühlen Temperaturen bewusst gewählt, um zwischen den Ferien die Arbeiten auszuführen. Unterm Strich wurden die sehr komplexen Arbeiten binnen kürzester Zeit ausgeführt, sodass sich der Bauherr für die weitere Sanierung von zwei Treppentürmen im Nachgang entschieden hat. Abbildung 9: Der Untergrund wurde vorbereitet, kleinere Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt Abbildung 10: Die Grundierung wurde aufgetragen sowie die Detail- und Flächenabdichtung ausgeführt Abbildung 11: Auf die Abdichtung werden die Heizmatten gemäß Verlegeplan verlegt buch2.indb 200 13.01.20 15: 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 201 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter Abbildung 12: Die Heizmatten für die Treppenstufen wurden individuell bereits im Werk hergestellt Abbildung 13: Die beiden Sensoren werden gesetzt Abbildung 14: Einbetten der Heizmatten in den Klebe- und Armierungsmörtel Abbildung 15: Der Klebe- und Armierungsmörtel wird direkt auf die ausgelegten Heizmatten aufgetragen Abbildung 16: Die Nutzschicht besteht aus einem mit Quarzsand im Überschuss abgestreuten Verlaufmörtel Abbildung 17: Abschließend wird eine farbige Kopfversiegelung aufgetragen Abbildung 18: fertige Oberfläche, abgeschlossen binnen kürzester Zeit buch2.indb 201 13.01.20 15: 40 202 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter 5.2 Beheizung Hubschrauberlandeplatz UKSH Lübeck Projekt: Heliport UKSH Lübeck Ort: Universitätsklinikum Lübeck Umfang: ca. 700 m² Bauteil: Hubschrauberlandeplatz Untergrund: Asphalt Ausführung: Juli 2019 System: WestWood System Freiflächenheizung Tabelle 2: Bautafel Hubschrauberlandeplatz UKSH Lübeck Im Zuge der Erweiterung des UKSH durch ein neues Zentralklinikum wird ein Hubschrauberlandeplatz auf dem neuen Gebäudetrakt installiert. Dieser wurde mit einem klassischen Aufbau bestehend aus einer Nutzschicht aus Gussasphalt inkl. zugehöriger Abdichtung aus einer Bitumenschweißbahn auf der Tragkonstruktion erstellt. Die Toleranzen hinsichtlich Gefälle und Ebenheit der Oberfläche für Heliports sind sehr hoch und nicht vergleichbar z.B. mit Parkbauten. Um den Heliport sowohl im Sommer als auch im Winter uneingeschränkt nutzen zu können war die Vorgabe ein Freiflächenheizsystem zu installieren. Aufgrund des Umfanges der zu beheizenden Fläche musste dies im Hinblick auf die Betriebskosten eine hohe Effizienz aufweisen. Bei diesem Projekt lag ein neu erstellter Aufbau bestehend aus Schweißbahn & Gussasphalt vor. Ziel war die Installation der Heizebene sowie die Einhaltung der Ebenheitsanforderungen. Aus diesem Grunde wurde auf die üblicherweise stets mit zur Anwendung kommende Abdichtung aus Flüssigkunststoff verzichtet, die Heizebene wird hier lediglich als „Nutzschicht“ verstanden. Die Freiflächenheizung hat eine Nennleistung von ca. 175 KW und wurde mit in die Zentralsteuerung des Gebäudekomplexes integriert. Somit ist stets eine exakte Überwachung der einzelnen Heizkreise sowie ein Überblick der aktuellen Oberflächentemperaturen des Heliports möglich. Abbildung 19: Der Asphalt-Untergrund wurde geschliffen, grundiert und reprofiliert Abbildung 20: Die Heizmatten wurden gem. Verlegeplan direkt auf die Grundierung ausgelegt Abbildung 21: Aufgrund des Umfanges erfolgte die Einteilung in einzelne Etappen Abbildung 22: Zur Lagesicherung wurden die Matten punktuell gesichert buch2.indb 202 13.01.20 15: 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 203 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter Abbildung 23: Nach dem finalen Ausrichten werden zunächst die Ränder der Heizmatten eingebettet Abbildung 24: Anschließend erfolgte die vollflächige Einbettung mit Klebe- und Armierungsmörtel Abbildung 25: Als Schutzlage für die Heizebene sowie zur Erzielung einer sehr ebenen Oberfläche wurde ein selbstnivellierender Verlaufmörtel aufgebracht Abbildung 26: Aufgrund der sehr strengen Anforderungen wurde der Verlaufmörtel nochmals geschliffen Abbildung 27: Auf den Verlaufmörtel ist die Nutzebene aus Strukturbelag Wecryl 410 aufgebracht Abbildung 28: linke Seite Verlaufmörtel, rechte Seite fertige Oberfläche mit Strukturbelag Abbildung 29: Farblich frei gestaltbar, Rutschhemmung R12 Abbildung 30: fertige Oberfläche für den sicheren Betrieb inkl. Markierung und Beschriftung buch2.indb 203 13.01.20 15: 40 204 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter 5.3 - Hafenpontons Landungsbrücken St. Pauli Hamburg Projekt: Hafenpontons Hamburg Hafen Ort: Landungsbrücken St. Pauli Bauteil: Pontons, Treppen und Rampen Umfang: ca. 1.200 m² davon ca. ca. 600 m² beheizt Untergrund: Beton und Metall Ausführung: 2017 - 2018 (mehrere Bauabschnitte) System: WestWood System Freiflächenheizung Tabelle 3: Bautafel Hafenpontons Landungsbrücken Der Hamburger Hafen ist bei Touristen und Hanseaten gleichermaßen ein beliebter Anlaufpunkt, insbesondere an den St. Pauli Landungsbrücken herrscht ein sehr munteres treiben. Die dortigen Schwimmpontons dienen als Startpunkt z.B. für Hafenrundfahrten und laden zu entspannten Spaziergängen an der Elbe ein. Die Pontons schwimmen direkt im Wasser und sind aufgrund dieser sehr exponierten Lage (Wind, Regen & Schnee) an der Oberfläche sehr anfällig gegenüber Eis- und Glättebildung in der kalten Jahreszeit. Da es sich um einen öffentlich zugänglichen Bereich mit sehr hohen Besucherzahlen handelt, steht der Bauherr hier besonders in der Pflicht zu jeder Tages- und Nachtzeit das gefahrlose Begehen zu ermöglichen. Um den Anforderungen gerecht zu werden, ist eine erhöhte Rutschhemmung und Griffigkeit der Oberfläche erforderlich sowie die dauerhafte Vermeidung einer Eis- und Schneebildung. Die HPA (Hamburg Port Authority) als Bauherr möchte die Sicherheit der Nutzer nicht gefährden und entschied sich im Zuge einer planmäßigen Instandsetzung daher für das WestWood Oberflächenschutzsystem mit integrierter Heizebene, welches die gestellten Anforderungen in Gänze erfüllt. Die Anwendung erfolgte u.a. auf den Treppen, Treppenpodesten sowie Rampen. Durch die geringe Aufbauhöhe des Systems kann der Anschluss an angrenzende Bauteile problemlos erfolgen. Abbildung 31: Der Untergrund wurde geschliffen und lokale Ausbesserungen durchgeführt Abbildung 32: Nach dem Grundieren der Fläche wurden nur die Details (z.B. Fugen) abgedichtet Abbildung 33: Die Heizmatten werden gem. Verlegeplan ausgelegt, auf der Rampe… Abbildung 34: … als auch auf den Treppen buch2.indb 204 13.01.20 15: 40 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 205 Begeh- und befahrbare Freiflächenheizungen: sicher und eisfrei durch den Winter Abbildung 35: Einbau der beiden Sensoren Abbildung 36: das Einbetten der Heizmatten erfolgte zunächst auf der Treppe Abbildung 37: Anschließend auf dem Treppenpodest sowie der Rampe Abbildung 38: Die Nutzschicht aus Strukturbelag stellt den Abschluss der Arbeiten dar 6. Fazit Eine Freiflächenheizung bietet in vielerlei Hinsicht Vorteile für den Bauherren oder deren Nutzer. Für die Auswahl geeigneter Produkte und Systeme ist eine Vielzahl von Parametern zu beachten. PMMA-Werkstoffe bieten hierbei innovative Lösungen, die entscheidende Vorteile insbesondere im Zuge einer Instandsetzung für eine erfolgreiche und langlebige Baumaßnahme darstellen. Die elektrischen Komponenten der Freiflächenheizung sind dabei ebenso maßgebend und müssen mit dem Oberflächenschutzsystem perfekt harmonieren. Qualitätssiegel wie ein VDE-Zeichen sowie die CE Kennzeichnung sind dabei wesentliche Qualitätsmerkmale. Die aufgezeigten Heizsysteme lassen sich auf jedes Projekt individuell zuschneiden: Auf Rampen und Fahrwegen können sie vollflächig oder nur in den Fahrspuren verlegt werden - auf Treppen passen sie sich dem jeweiligen Verlauf an: Ein flexibles, dauerhaftes, wirtschaftliches und energieeffizientes System - für den Neubau als auch für die Sanierung geeignet. Literaturverzeichnis DBV-Merkblatt: Parkhäuser und Tiefgaragen. Deutscher Beton und Bautechnik Verein, 3. Überarbeitete Ausgabe, Fassung Januar 2018. DBV-Heft 42: Ausführungsvarianten für dauerhafte Bauteile in Parkbauten - Beispielsammlung. Deutscher Beton- und Bautechnik Verein, Fassung Januar 2019. buch2.indb 205 13.01.20 15: 40