eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Automatisierte Erfassung von Rissen in Betonflächen

0201
2020
Hans-Joachim Ebers
Cher Sze Tan
Parkhäuser und Tiefgaragen sind überwiegend Stahlbetonkonstruktionen, die bei angemessenem Wartungs- und Instandhaltungsaufwand eine Lebensdauer von 50 Jahren + erreichen sollten. Gefährdet wird dieses Ziel durch Chlorid belastete Risse im Beton. Im Ergebnis können nicht rechtzeitig erkannte und geschlossene Risse zu einer extrem hohen Korrosionsgeschwindigkeit und in der Folge zu sehr hohen Sanierungskosten und Mietausfällen führen. Bisher werden Risse im Beton in der Regel per Hand aufgenommen, mit Fotos dokumentiert und in Baupläne übertragen. Die Zustandserfassung per Hand ist sehr zeitaufwendig und unterliegt der subjektiven Genauigkeit der Ermittelnden. Die aufgenommenen Daten sind daher wenig reproduzierbar. Eine Langzeitüberwachung der Schadensentwicklung (Rissmonitoring) ist aus diesem Grund nur bedingt möglich. Zusammen mit Fachleuten verschiedener Kompetenzbereiche aus dem Bausektor (Bauinstandhaltung, -Sanierung und Ingenieurbau) wurde ein innovatives, interdisziplinäres 3D Bauwerksaufnahmeverfahren zur Erzeugung und Erhebung von umfangreichen Bauwerksinformationen entwickelt. Basierend auf den erhobenen Daten und Informationen können nachhaltige digitale Planunterlagen erstellt werden und somit fundiertere Einzelfallentscheidungen im Bereich IST-Zustandsfeststellung und Schadensbewertung unterstützt werden. Die digitale Bauwerks- und Schadensaufnahme besteht aus einem mehrdimensionalen 3D Aufnahmeverfahren. Kernstück des Aufnahmeverfahrens ist das ACD-Verfahren zur automatisierten Erfassung von Betonrissen in Bodenflächen. Dieses Verfahren zur digitalen Rissanalyse liefert eine hohe Analysegenauigkeit und macht ein exaktes und zuverlässiges Monitoring zu Abschätzung des künftigen Schadensverlaufes möglich, wodurch Präventivmaßnahmen zur Vermeidung größerer Schäden rechtzeitig veranlasst werden können.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 277 Automatisierte Erfassung von Rissen in Betonflächen Dipl.- Ing. Hans-Joachim Ebers IFSB Institut für Schadensbewertung GmbH, Barleben, Sachsen-Anhalt Cher Sze Tan, M.Eng. IFSB Institut für Schadensbewertung GmbH, Barleben, Sachsen-Anhalt Zusammenfassung Parkhäuser und Tiefgaragen sind überwiegend Stahlbetonkonstruktionen die bei angemessenem Wartungs- und Instandhaltungsaufwand eine Lebensdauer von 50 Jahren + erreichen sollten. Gefährdet wird dieses Ziel durch Chlorid belastete Risse im Beton. Im Ergebnis können nicht rechtzeitig erkannte und geschlossene Risse zu einer extrem hohen Korrosionsgeschwindigkeit und in der Folge zu sehr hohen Sanierungskosten und Mietausfällen führen. Bisher werden Risse im Beton in der Regel per Hand aufgenommen, mit Fotos dokumentiert und in Baupläne übertragen. Die Zustandserfassung per Hand ist sehr zeitaufwendig und unterliegt der subjektiven Genauigkeit der Ermittelnden. Die aufgenommenen Daten sind daher wenig reproduzierbar. Eine Langzeitüberwachung der Schadensentwicklung (Rissmonitoring) ist aus diesem Grund nur bedingt möglich. Zusammen mit Fachleuten verschiedener Kompetenzbereiche aus dem Bausektor (Bauinstandhaltung, -Sanierung und Ingenieurbau) wurde ein innovatives, interdisziplinäres 3D Bauwerksaufnahmeverfahren zur Erzeugung und Erhebung von umfangreichen Bauwerksinformationen entwickelt. Basierend auf den erhobenen Daten und Informationen können nachhaltige digitale Planunterlagen erstellt werden und somit fundiertere Einzelfallentscheidungen im Bereich IST-Zustandsfeststellung und Schadensbewertung unterstützt werden. Die digitale Bauwerks- und Schadensaufnahme besteht aus einem mehrdimensionalen 3D Aufnahmeverfahren. Kernstück des Aufnahmeverfahrens ist das ACD-Verfahren zur automatisierten Erfassung von Betonrissen in Bodenflächen. Dieses Verfahren zur digitalen Rissanalyse liefert eine hohe Analysegenauigkeit und macht ein exaktes und zuverlässiges Monitoring zu Abschätzung des künftigen Schadensverlaufes möglich, wodurch Präventivmaßnahmen zur Vermeidung größerer Schäden rechtzeitig veranlasst werden können. Abbildung 1: Schadenskartierung (Bodenrisse) buch2.indb 277 13.01.20 15: 41 278 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Automatisierte Erfassung von Rissen in Betonflächen Die aufgenommenen und verarbeitenden Ergebnisdaten (Risskonturen und -Eigenschaften) werden in neue Bestandspläne (AS-BUILT) übertragen, wodurch eine eindeutige Schadenslokalisierung (vor Ort) gewährleistet werden kann. Ergänzt durch ein weiteres 3D Aufnahmeverfahren durch das die Gebäudekubatur dreidimensional kartografiert und mit hochauflösenden Fotos dokumentiert wird, werden exakte Grundrisse erzeugt. Aus dem 3D Gebäudeaufmaß lassen sich zudem noch weitere Übersichtspläne ableiten, die zur weiteren Steigerung der Planungssicherheit führen können. Die Kombination aus automatisierter Rissdetektion in Bodenflächen und einer begleitenden 3D Foto Dokumentation des Bestandsobjektes bietet eine neue digitale Planungsgrundlage für das Sachverständigenwesen. Dieses neuartige Verfahren ist ein technisches Werkzeug, entwickelt zur Ergänzung der klassischen Bauwerksdiagnostik. Die ortsbezogenen Schadensdaten eignen sich u.a. zur Beweissicherung und zur Dokumentation. Die eigentliche Schadensbewertung und Ableitung der zu ergreifenden Maßnahmen erfolgt weiterhin ausschließlich durch die sachkundigen Planer. 1. ACD-Verfahren zur automatisierten Rissdetektion IFSB hat sich auf die Aufnahme, Speicherung und Verarbeitung von digitalen Bauwerksinformationen im Bestandswesen spezialisiert. Der Schwerpunkt liegt aktuell in der IST-Zustandsfeststellung und Dokumentation von Gebäudeschäden. Zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung in Magdeburg und in Kooperation mit der Flughafen Düsseldorf GmbH wurde das ACD-Verfahren zur digitalen Erfassung, Segmentierung und Visualisierung von Rissen in Gebäuden und Bauteilen entwickelt. Das ACD-Verfahren umfasst eine reproduzierbare Kartierung dieser Risse sowie die automatische Risserkennung und -auswertung. Das ACD Verfahren ist ein automatisches, bildgebendes Risserkennungs- und Messverfahren. Es handelt sich um ein zerstörungsfreies Betonprüfverfahren mit folgenden Leistungsmerkmalen: - Risslänge: Keine Begrenzung - Rissbreite: ≥0,2 Millimeter - Aufnahmeleistung: ≥5.000 qm / Arbeitstag - Einsatzbereich: Zunächst Bodenflächen - Objekte: Parkhäuser, Tiefgaragen, Industriehallen - Verfahren: Kartierung der Risse mit Bezug zu umliegenden Wänden (Lokalisierung im Gebäude-Koordinatensystem), Monitoring der Risse über die Zeit (Verlaufskontrolle) - Konformität zu allen CAD Standards. - Statistik - Aufgenommene Fläche: ca. 120.000 qm - Anzahl detektierte Risse: ca. 115.000 Stk - Gesamtlänge Risse: ca. 3.500 lfm Für den Auftraggeber bietet eine vollständig ausgeführte digitale Risserfassung eine neue Perspektive, um in der Sanierung nachhaltig aktiv zu werden und die Bausubstanz des Parkhauses dauerhaft gegen Feuchtigkeit und Chloride zu schützen. Nur ein langanhaltender Schutz des Gebäudes kann den Betrieb über viele Jahre sicherstellen und so dauerhafte Mieteinnahmen garantieren. 2. Digitale Bauwerksdiagnose Basierend auf dem ACD-Verfahren wurde von IFSB ein Gesamtverfahren für die digitale Bauwerksdiagnose im CAD Umfeld entwickelt. Abbildung 2: Ebenen Modell digitale Bauwerksdiagnose Bestandteile: 1. Floor Plan - Bestandsplan (AS-BUILT) 2. Concrete Crack Plan - Rissschadenskataster (Bodenflächen) 3. Ground Leveling - Höhennivellement der Bodenflächen 4. Concrete Reinforcement and Oxidation Hotspots - Bewehrungslage und Korrosionsmessung* 5. Building Service Equipment - Technische Gebäudeausrüstung (TGA) etc.* *Leistungserbringung durch Fremdleister Die digitale Gebäudefachmodellierung unterstützt mittels Visualisierung der erfassten Schadensdaten die eindeutige Identifizierung und Lokalisierung von Schadens HotSpots. Abbildung 3: Schadens „HotSpots“ buch2.indb 278 13.01.20 15: 41