eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen?

0201
2020
Rolf-Rainer Schulz
Werden Tiefgaragen als Weiße Wannen ausgeführt, kommen als Wandkonstruktion Betonfertigteile mit Ortbetonergänzung, sogenannte Elementwände, Doppelwände oder Dreifachwände, in Betracht. Um einen ausreichenden Verbund des nachträglich eingebrachten Kernbetons mit dem Halbfertigteil sicherzustellen, fordert die aktuelle Ausgabe der WU-Richtlinie Ausg. 2017-12 [1] vollflächig kornraue Elementwandinnenflächen. Statt bisher 0,9 mm müssen nun mittlere Rautiefen von 1,5 mm an der Innenseite beider Schalen nachgewiesen werden. In der laufenden Produktion und auf der Baustelle genügt normalerweise eine Sichtprüfung und der Vergleich mit einer Referenzoberfläche. In Zweifelsfällen ist jedoch mit dem Sandflächenverfahren oder mit lasergebundenen Verfahren zu prüfen. Das Sandverfahren kann aber aus naheliegenden Gründen nicht im Inneren von Bauteilen angewandt werden, erst recht nicht an stehend gelagerten oder bereits eingebauten Wandelementen. Hier müssten lasergebundene Verfahren zum Einsatz kommen. Allerdings gibt die Richtlinie keinerlei Hinweise, wie diese Messungen durchzuführen sind. Diese Lücke möchte dieser Beitrag schließen und in diesem Zusammenhang einige generelle Aspekte der Rauheitsmessung erörtern.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 281 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Rolf-Rainer Schulz FFin Frankfurter Forschungsinstitut für Architektur · Bauingenieurwesen · Geomatik Frankfurt University of Applied Sciences Frankfurt am Main, Deutschland Zusammenfassung Werden Tiefgaragen als Weiße Wannen ausgeführt, kommen als Wandkonstruktion Betonfertigteile mit Ortbetonergänzung, sogenannte Elementwände, Doppelwände oder Dreifachwände, in Betracht. Um einen ausreichenden Verbund des nachträglich eingebrachten Kernbetons mit dem Halbfertigteil sicherzustellen, fordert die aktuelle Ausgabe der WU-Richtlinie Ausg. 2017-12 [1] vollflächig kornraue Elementwandinnenflächen. Statt bisher 0,9 mm müssen nun mittlere Rautiefen von 1,5 mm an der Innenseite beider Schalen nachgewiesen werden. In der laufenden Produktion und auf der Baustelle genügt normalerweise eine Sichtprüfung und der Vergleich mit einer Referenzoberfläche. In Zweifelsfällen ist jedoch mit dem Sandflächenverfahren oder mit lasergebundenen Verfahren zu prüfen. Das Sandverfahren kann aber aus naheliegenden Gründen nicht im Inneren von Bauteilen angewandt werden, erst recht nicht an stehend gelagerten oder bereits eingebauten Wandelementen. Hier müssten lasergebundene Verfahren zum Einsatz kommen. Allerdings gibt die Richtlinie keinerlei Hinweise, wie diese Messungen durchzuführen sind. Diese Lücke möchte dieser Beitrag schließen und in diesem Zusammenhang einige generelle Aspekte der Rauheitsmessung erörtern. 1. 1. Einleitung Beim Bau von Untergeschossen einschließlich Tiefgaragen hat sich Elementwandbauweise inzwischen zu einer beliebten Alternative zur klassischen Ortbetonbauweise entwickelt (Bild 1). Dabei bilden zwei Betonfertigteilschalen, die mittels Gitterträgern auf Abstand gehalten werden, einen Hohlraum, der erst auf der Baustelle mit Ortbeton verfüllt wird (Bild 2). Durch die Gewichtseinsparung lassen sich relativ große Wandelemente im Werk vorfertigen und zur Baustelle transportieren. Bild 1: Elementwände für die Tiefgarage eines Wohngebäudekomplexes Dort ergeben sich vor allem Zeit- und Kostenvorteile dadurch, dass Schalarbeiten entfallen. Außerdem sind auf diese Weise qualitativ hochwertige Sichtbetonflächen zielsicherer herstellbar als mit Ortbeton, und die Rissproblematik ist bei dickeren Wänden besser beherrschbar als bei herkömmlich hergestellten Wänden. Bei fachgerechter Ausführung erfüllen solche Bauteile sicher die Anforderungen an Weiße Wannen. Dazu müssen nicht nur die eingesetzten Betone wasserundurch lässig sein, sondern insbesondere auch die Fugen. Bild 2: Bereits mit Ortbeton verfüllte Elementwände im Bereich einer Tiefgaragenzufahrt buch2.indb 281 13.01.20 15: 41 282 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Dies betrifft sowohl alle Anschlussfugen zwischen benachbarten Elementen und angrenzenden Bauteilen als auch den Verbund zwischen den Fertigteilschalen und dem nachträglich eingebrachten Ortbeton. Weil zwischen zwischen dem bereits ausgehärteten und dem frischen Beton keine nennenswerten chemischen Rektionen zu erwarten sind, muss die Verbindung im Wesentlichen durch mechanische Verklammerung zustande kommen. Dies setzt eine gewisse Rauheit der Elementinnenoberflächen voraus. Da dieser Aspekt im Hinblick auf die Wasserundurchlässigkeit verstärkt im Fokus steht, gelten seit Erscheinen der neuen WU-Richtlinie die obengenannten erhöhten Anforderungen, die damit nun auch konform mit dem EC2 [2] sind. Zwar wurde auch in der vorherigen Ausgabe der WU-Richtlinie [3] eine vollflächig kornraue Oberfläche gefordert, doch wird erst jetzt im Nachgang zur Neuausgabe der Richtlinie deutlich darauf hingewiesen, dass diese Forderung auch für die schwer zugänglichen Bereiche unter den Gitterträgern gilt [4]. Dies ist nicht nur herstellungstechnisch schwer umzusetzen, sondern mit den bisherigen Methoden auch kaum objektiv nachzuprüfen. Ersteres liegt vor allem daran, dass es von der nicht sehr genau und zuverlässig einstellbaren Frischbetonkonsistenz abhängt, wie tief das grobe Korn beim Verdichten einsinkt. Während es bei der zuerst hergestellten Schale nach dem Verdichten noch möglich ist, mittels Rechen zusätzlich aufzurauen, ist die zweite Schale nach dem Verdichten und dem Einwenden der ersten Schale nur noch in den Randbereichen begrenzt zugänglich. Zudem besteht beim Einsatz eines Rechens und zu steifer Konsistenz die Gefahr, dass Körner herausgerissen werden und anschließend lose aufliegen. Deshalb bemüht sich die Industrie zurzeit intensiv um die Entwicklung neuer Technologien für das Aufrauen. Eine davon ist der Einsatz eines Teleskoprechens, mit dem man auch in die Zonen innerhalb der Gitterträger gelangt. Ob das Ziel erreicht wird, lässt sich am fertigen Bauteil bisher kaum überprüfen. Bild 3: Blick ins Innere einer Elementwand mit aufgerauten Innenoberflächen Die beengten Platzverhältnisse und die begrenzte Zugänglichkeit stehen dem Einsatz des nach WU-Richtlinie [1] priorisierten Sandflächenverfahrens bei der Überprüfung der Rauheit entgegen, insbesondere dann, wenn die Wände bereits aufgestellt sind. Eine Lösungsmöglichkeit ergibt sich dadurch, dass die WU-Richtlinie für die Rauheitsmessung auch lasergebundene Verfahren zulässt. Völlig offen bleibt jedoch, nach welchen Regeln diese Messungen durchzuführen und auszuwerten sind. Die geforderte Rautiefe R t von 1,5 mm entspricht der Kategorie „rau“ nach EC2 [2] und Heft 600 DAfStb [5]. Darin geht es in erster Linie um den Schubverbund, der sich mit der nächsthöheren Kategorie „verzahnt“ noch steigern ließe. Zum Erreichen dieser Kategorie sind u.a. auch trapezförmige Aussparungen möglich, die jedoch hinsichtlich der Wasserundurchlässigkeit unvorteilhaft sind, weil sie wenig Kontaktfläche bieten und die Umlaufwege für eventuell eindringendes Wasser kaum verlängern. Dies gilt ganz besonders dann, wenn diese Textur mit Hilfe von glatten Kunststoffprofilen erzeugt wird. Deshalb sind im Sinne der WU-Richtlinie Verbesserungen des Verbundes nur durch eine Steigerung der Kornrauheit oder damit vergleichbare Texturen (z.B. mittels Rechen erzeugte Rillen) möglich. 2. Prüfverfahren 2.1 Sandflächenverfahren Wie schon im nationalen Anhang des EC2 [2] bzw. im Heft 600 DAfStb [5] wird auch in der WU-Richtlinie [1] der Begriff Rauheit wie selbstverständlich mit der Rautiefe nach dem Sandflächenverfahren verknüpft. Die folgenden Ausführungen zeigen jedoch, dass dies für den angestrebten Zweck zu kurz gegriffen und nicht gerechtfertigt ist. Zwar hat das altbekannte und wegen seiner Einfachheit und seines geringen materiellen Aufwandes unter Praktikern beliebte Sandflächenerfahren seine Berechtigung für die Bestimmung des Materialbedarfs bei der Reprofilierung von Oberflächen sowie für die Bestimmung des Verdrängungsraums von gleitmittelbelasteten Böden, doch für die Beschreibung der Rauheit im Hinblick auf die Verbundeigenschaften ist es eher untauglich. Als volumetrisches Verfahren (Bezeichnung gemäß DIN EN 13036-1 [6]) liefert es nur einen pauschalen Kennwert, der weder den Charakter der Oberflächentopografie noch die Größe und Verteilung der Texturelemente zu beschreiben vermag. Die erzielbaren Aussagen sind viel zu pauschal, z.T. sogar irreführend, und außerdem sind die Ergebnisse von vielen Einflüssen abhängig und mit sehr großen Streuungen behaftet. Bild 4 verdeutlicht, warum volumetrische Methoden daran scheitern, die unterschiedlichen Eigenschaften von Oberflächen hinsichtlich Verklammerung und Verzahnung zu erfassen. So wurden auf einer mit PE-Folie geschalten, aber leicht welligen Oberfläche bereits nennenwerte Rautiefen von R t = 0,25 mm gemessen, obwohl eigentlich eine Einstufung in die Kategorie sehr glatt gerechtfertigt gewesen wäre (Bild 5). buch2.indb 282 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 283 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Bild 4: Gleiche Rautiefenkennwerte Rt für die Fälle a) und b) trotz offensichtlicher Texturunterschiede [7] Bild 5: Diese auf PE-Folie geschalte sehr glatte, aber leicht wellige Oberfläche ergab mit dem Sandflächenverfahren eine scheinbare Rautiefe von R t = 0,25 mm. Bild 6: Modellversuch zur Erläuterung des Einflusses nichtneutraler Texturen: Trotz gleicher Noppenhöhe (3,2 mm) bei unterschiedlicher Anzahl von Noppen stark differierende mittlere Rautiefen (links R t = 1,95 mm, rechts R t = 2,7 mm) Der in Bild 6 dargestellte Modellversuch demonstriert, wie fragwürdig die Ergebnisse sind, wenn es sich nicht um neutrale Texturen handelt, d.h. wenn die Anzahl der Erhebungen und Vertiefungen nicht in einem annähernd ausgewogenen Verhältnis steht. Es ist also möglich, bei Betonen, bei denen nur vereinzelte grobe Körner aus der Oberfläche herausragen, wie das bei der Sieblinie C der Fall ist, bei gleicher Kornspitzenhöhe bessere Rautiefen R t zu erzielen als bei einer Sieblinie mit höherem Grobkornanteil. Die auf diese Weise gemessene Rautiefe ist also im hohen Maße manipulierbar und kann nicht im Sinne des angestrebten Verbundverhaltens sein. Im Gegensatz dazu schneiden plateauförmige Oberflächen mit tiefen Poren oder Rillen bei der Bewertung tendenziell ungünstig ab, obwohl sich eine Rillentextur, wie sie beim Einsatz des Rechens entsteht, in der Praxis bewährt hat und hinsichtlich der gewünschten Verklammerung und Verzahnung sehr zweckdienlich ist. Hinzu kommt, dass die WU-Richtlinie eine besonders problematische Variante des Sandflächenverfahrens vorschreibt. Das Verfahren nach DIN EN 1766 [8] erfordert nämlich als Prüfmedium Quarzmehl im Korngrößenbereich zwischen 0,05 mm bis 0,1 mm. Eine solche Korngruppe ist in Deutschland nicht oder nur schwer zu beschaffen. Außerdem sind die entsprechenden Siebe selten und in den meisten Laboren nicht vorhanden, sodass das Absieben aus benachbarten Korngruppen kaum in Betracht kommt, zumal bei Quarzmehlen dieser Feinheit mit einem erhöhten lungengängigen Anteil zu rechnen ist und entsprechend aufwendige Staubschutzmaßnahmen erforderlich wären. Es steht zu daher zu vermuten, dass die meisten Anwender als Notlösung auf gängige Korngruppen ausweichen und somit nur in Anlehnung an diese Norm prüfen. Bild 7a: Sandfleck mit nicht eindeutig zu bestimmendem Rand Bild 7b: Vergrößerter Ausschnitt aus Bild 7a Bild 7c: Grafische Darstellung zur Verdeutlichung der Problematik buch2.indb 283 13.01.20 15: 41 284 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Da es sich um ein rein manuelles Verfahren handelt, hängen die Ergebnisse entscheidend von der Vorgehensweise und Sorgfalt der prüfenden Person ab. Das Abmessen des Prüfsandes, mögliche Verdichtung des Sandes beim Befüllen des Gefäßes, der Andruck der Verteilerscheibe und die Intensität beim Verteilen des Sandes werden sehr individuell gehandhabt. Ein besonders großer subjektiver Einflussfaktor ist jedoch die Bestimmung des Sandfleckdurchmessers. Nicht nur dass bei Abweichungen von der Kreisform die Zahl der Durchmesserbestimmungen angemessen erhöht werden müsste, es wird auch mit größer werdenden Rautiefen zunehmend schwieriger, den Rand des Sandflecks zu definieren (Bilder 7a bis 7c). Entsprechend nehmen ab Rautiefen von etwa R t = 1,5 mm die Abweichungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Prüfer stark zu und können nicht selten sogar mehr als 25 % betragen. Dieses Problem lässt sich dadurch etwas reduzieren, dass man bei größeren Rauheiten ein möglichst großes Sandvolumen einsetzt - also besser 50 ml als 25 ml - weil sich die Ableseunsicherheiten bei größerem Sandfleckdurchmesser weniger stark auf das Ergebnis auswirken (Bilder 8 und 9). Daher wird empfohlen, das Sandvolumen grundsätzlich so zu wählen, dass der Sandfleckdurchmesser mindestens 150 mm beträgt. Bild 8: Abnahme der Messunsicherheiten mit zunehmendem Sandfleckdurchmesser bei einer angenommenen Saumbreite von 5 mm (vgl. Bilder 7a bis 7c) Bild 9: Abnahme der Messunsicherheiten mit zunehmendem Sandvolumen bei einer angenommenen Saumbreite von 5 mm Da in der WU-Richtlinie Angaben zur Prüfhäufigkeit fehlen, empfiehlt sich, die Rautiefe in Anlehnung an Heft 600 DAfStb [5] als Mittelwert von mindestens drei Messungen nachzuweisen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass beide Elementschalen unterschiedliche Herstellprozesse durchlaufen und daher separat geprüft werden müssen. 2.2 Laser-Profilmessverfahren Die WU-Richtlinie lässt alternativ zum Sandflächenverfahren auch lasergebunde Verfahren zu, jedoch ohne Details zu nennen. Hier wäre der Hinweis auf DIN EN ISO 13473-1 [9] hilfreich, eine Norm, die zwar aus dem Straßenbau stammt, doch recht gut auch auf die vorliegenden Verhältnisse anwendbar ist. Darin wird sowohl die Prüfungsdurchführung als auch die Auswertung ausführlich beschrieben. In der mitgeltenden Norm DIN ISO 13473-3 [10] finden sich Anforderungen an die einzusetzenden Geräte. Damit sind die Voraussetzungen für reproduzierbare und vergleichbare Prüfergebnisse gegeben, zumal die Versuche weitgehend automatisiert ablaufen. Beschrieben werden Laser-Profilmessungen, bei denen ein Laserpunkt mit Hilfe eines Linearantriebs die Oberfläche linienförmig abtastet [11], [12]. In Betracht kommen auch Linienlaser, die die gesamte Messstrecke in einem Arbeitsgang erfassen, ohne dass der Laser bewegt werden muss [11], [12], [13]. Die Messstrecken sollen mindestens 100 mm lang sein und je Prüfabschnitt sind mindestens 10 Messungen erforderlich. Bild 10: Ermittlung von Rauheitsparametern aus gemessenen Oberflächenprofilen nach verschiedenen Vorschriften Die Auswerteprozedur soll sicherstellen, dass Profilneigungen ebenso wie die nicht zur Rauheit gehörende Welligkeit eliminiert werden. Die einzusetzenden Filtermethoden helfen dabei, etwaige Unstetigkeiten im Messprofil zu eliminieren und Differenzen zwischen Lasern mit unterschiedlicher Auflösung zu egalisieren. Solche Unstetigkeiten und Messfehler können an scharfen Kanten und bei stark reflektierenden Partikeln wie Glimmer in der Oberfläche auftreten. Auch starke Fremdlichteinwirkungen und Nässe sind zu vermeiden. Die auf diese buch2.indb 284 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 285 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Weise bestimmte mittlere Profiltiefe MPD (mean profile depth) entspricht dem Rauheitsparameter Rp (siehe Bild 10) gemäß DIN EN ISO 4287 [10] und korreliert, wie Bild 11 zeigt, recht gut mit der Rautiefe nach dem Sandflächenverfahren. Bild 11: Korrelation zwischen Rp (Laser) und Rt (Sandfleck), eigene Messwerte (vgl. [11], [12]) ergänzt durch Daten aus [15] Die Umrechnung kann demnach ebenso wie nach den neuesten Erkenntnissen in [16] mit R t = 1,1 * Rp vorgenommen werden. Dieser Umrechnungsfaktor ist deutlich kleiner als derjenige, der sich aus Tabelle H6.1 in Heft 600 DAfStb [5] ergibt. Dazu ist zu anzumerken, dass die Angaben in [5] auf einer sehr geringen Anzahl von Versuchen basieren und mit Mess- und Auswertemethoden gewonnen wurden, die schon mehr als 20 Jahre zurückliegen. Dieses Umrechnungsverhältnis gilt deshalb als überholt und sollte nicht mehr angewandt werden, zumal es deutlich auf der unsicheren Seite liegt. Solange es allerdings nur darum geht, Ergebnisse zu erhalten, die mit der Rautiefe R t des Sandflächenverfahrens vergleichbar sind, bleibt das zuvor beschriebene Problem bestehen, dass Abweichungen von einer neutralen Textur zu Fehlinterpretationen führen können. Mit Hilfe weiterer Parameter wie Rz und Rv zusätzlich zu Rp (s. Bild 10) lässt sich jedoch erkennen, ob eine extrem positive (Rp/ Rv >> 1 ) oder negative Textur (Rp/ Rv<<1) vorliegt und die Ergebnisse mit entsprechendem Vorbehalt gewertet werden müssen. Bild 12: SL-Laser-Profilometer, das neue mobile Messsystem Der Anwendung des Laserverfahrens für die vorliegende Aufgabenstellung stand bisher neben den relativ hohen Kosten auch entgegen, dass die verfügbaren Geräte zu schwer und zu sperrig waren. Außerdem musste eine Lösung für Messungen tiefer im Inneren der Elementwände gefunden werden. Vor diesem Hintergrund wurde ein kostengünstiges, mobiles und universell einsetzbares Gerät entwickelt und bereits sowohl im Labor als auch bei verschiedenen Einsätzen auf Baustellen erfolgreich getestet (Bild 12). Der in die Steuereinheit integrierte Mikrocomputer ermöglicht Einzel- und Gesamtauswertungen nach jeder Messung. Die Ergebnisse korrelieren sehr gut mit denen anderer Laser-Geräte sowie mit dem Sandflächenverfahren (Bilder 13 und 14). Bild 13: Korrelation zwischen den Messergebnissen des ELAtextur ® -Gerätes und des SL-Profilometers Bild 14: Korrelation zwischen den Rautiefen Rp (SL-Profilometer) und Rt (Sandfleck) Für Messungen im Inneren von Elementwänden wurde der Linearantrieb im vorderen Teil eines 2 m langen Aluprofils untergebracht, welches durch eine spezielle Haltevorrichtung geführt und in verschiedenen Höhen fixiert werden kann (Bild 15). Bei Schrägstellung des Lasers reicht der Laserpunkt sogar bis in den Bereich des Gitterträgers hinein. Die Gitterstäbe werden von der Software als Unstetigkeiten erkannt und ebenso wie die Neigung des Lasers bei der Ermittlung der Rauheitsparameter rechnerisch eliminiert. Derzeit wird das Messsystem einer ausgiebigen Praxiserprobung unterzogen. buch2.indb 285 13.01.20 15: 41 286 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Wie lässt sich die Rautiefe gemäß WU-Richtlinie an Elementwandinnenoberflächen überprüfen? Bild 15: Laser-Profilmessungen im Inneren einer Elementwand 3. Fazit Die erhöhten Rauheitsanforderungen der neuen WU-Richtlinie an die Innenoberflächen von Elementwänden sollen den Verbund zwischen den Fertigteilschalen und dem nachträglich eingebrachten Beton fördern und außerdem die Umlaufwege für evtl. in die Verbundzonen eindringendes Wassers verlängern. Die Erzeugung der geforderten Rautiefe stellt die Industrie vor große Probleme sowohl was die Ausführung als auch was den Nachweis der tatsächlich erzielten Rauheit betrifft. Die Kornrauheit kann über die Betonzusammensetzung, die Frischbetonkonsistenz und Verdichtung nur mit einer verhältnismäßig großen Streubreite eingestellt werden, zumal die Konsistenz kein verlässlich steuerbarer Parameter ist. Der bei Halbfertigdecken gebräuchliche maschinelle Rechen lässt sich bei Elementwänden geometriebedingt nur sehr begrenzt einsetzen. Die Industrie ist daher gezwungen neue bzw. modifizierte Aufraumethoden zu entwickeln. Geometriebedingte Einschränkungen betreffen auch das Sandflächenverfahren, welches gemäß WU-Richtlinie die vorrangige Prüfmethode zum Nachweis der Rautiefe ist. Wie dieser Beitrag zeigt, weist dieses Prüfverfahren noch weitere Schwächen auf. Immerhin lässt die WU-Richtlinie auch lasergebundene Verfahren zu. Auf dieser Basis wurde ein mobiles, komfortabel einsetzbares Prüfsystem entwickelt, welches die Rauheit auch im Inneren der Elementwände messen kann. Sogar die Bereiche innerhalb der Gitterträger lassen sich damit erfassen. Über den integrierten Mikrocomputer kann die Auswertung gemäß DIN EN ISO 13473-1 [8] vor Ort wahlweise nach jeder Einzelmessung oder nach einer Messreihe einschließlich statistischer Auswertung erfolgen. Es werden neben einem der Rautiefe R t vergleichbaren Parameter noch weitere Kenngrößen bestimmt, die die Aussagesicherheit und Interpretationsmöglichkeiten verbessern. In umfangreichen Untersuchungen wurde die Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit nachgewiesen. Zurzeit werden mit diesem Gerät Praxiserfahrungen im Dauerbetrieb gesammelt. Literatur [1] DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauteile aus Beton (WU-Richtlinie). Hrsg.: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb). Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2017. [2] DIN EN 1992-1-1/ NA: 2013-04: Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2. [3] DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauteile aus Beton (WU-Richtlinie). Hrsg.: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb). Berlin: Beuth Verlag, November 2003. [4] Kiltz, D.; Schwabach, E.; Lindorf, A.; Fingerloos, F.: Elementwände nach neuer WU-Richtlinie - erste Erfahrungen. In: Betonwerk und Fertigteiltechnik 85 (2019), Nr. 7, S. 34-39. [5] DAfStb-Heft 600: Erläuterungen zu DIN EN 1992- 1-1 und DIN EN 1992-1-1/ NA (Eurocode 2), Berlin: Beuth Verlag, 2012. [6] DIN EN 13036-1: 2010-10: Oberflächeneigenschaften von Straßen und Flugplätzen - Teil 1: Messung der Makrotextur-tiefe der Fahrbahnoberfläche mit Hilfe eines volumetrischen Verfahrens. [7] Feix, J.; Andreatta, A.: Vortrag „Verstärkung von Brückentragwerken mittels Aufbeton ohne Verdübelung“. Brückenmanagementtagung Innsbruck 8.5.2008. [8] DIN EN 1766: 2000-03: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Prüfverfahren - Referenzbetone für Prüfungen. [9] DIN EN ISO 13473-1: 2004-07: Charakterisierung der Textur von Fahrbahnbelägen unter Verwendung von Oberflächenprofilen, Teil 1: Bestimmung der mittleren Profiltiefe. [10] DIN ISO 13473-3: 2004-07: Charakterisierung der Textur von Fahrbahnbelägen unter Verwendung von Oberflächen-profilen. Teil 3: Anforderungen an und Einteilung von Profilo-metern. [11] Schulz, R.-R.: Fortschritte bei der Rauheitsbewertung von Betonoberflächen. In: beton, 66 (2016), Nr. 12, S. 502-510. [12] Schulz, R.-R.: Laser schlägt Sand. In: B+B Bautenschutz und Bausanierung, 40 (2017), Nr. 4, S. 44-48. [13] Wieneke, K.; Herbrand, M.; Vogler, N.; Schwermann, R.; Blankenbach, J.: Messverfahren zur Bestimmung der Rautiefe von Betonoberflächen. In: Bauingenieur 83 (2018), Nr. 9, S. 365-372. [14] DIN EN ISO 4287: 2010-07: Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Oberflächenbeschaffenheit: Tastschnitt-verfahren - Benennungen, Definitionen und Kenngrößen der Oberflächenbeschaffenheit. [15] Persönliche Mitteilung von Prof. C. Sodeikat vom 22.03.2017. Ingenieurbüro Schiessl, Gehlen, Sodeikat. [16] DIN EN ISO 13473-1: 2017-08: (Entwurf) Charakterisierung der Textur von Fahrbahnbelägen unter Verwendung von Oberflächenprofilen, Teil 1: Bestimmung der mittleren Profiltiefe. buch2.indb 286 13.01.20 15: 41