Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenWassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung
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Stephan Sinz
In Parkbauten ist, auch in den Zwischengeschossen, allein durch den fahrzeugbedingten Eintrag stets mit Wasser zu rechnen. Da dieses im Winter immer chloridbelastet ist, müssen Vorkehrungen zum Schutz des Bauwerks getroffen werden. Deshalb ist sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung von Fugen-Profilsystemen und Rinnen in Parkbauten mit äußerster Sorgfalt vorzugehen. In diesem Beitrag werden die notwendigen Planungsaspekte aufgeführt und Hinweise für die Ausführung gegeben.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 433 Wassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung Dipl.-Ing. Stephan Sinz Migua Fugensysteme GmbH, Wülfrath Zusammenfassung In Parkbauten ist, auch in den Zwischengeschossen, allein durch den fahrzeugbedingten Eintrag stets mit Wasser zu rechnen. Da dieses im Winter immer chloridbelastet ist, müssen Vorkehrungen zum Schutz des Bauwerks getroffen werden. Deshalb ist sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung von Fugen-Profilsystemen und Rinnen in Parkbauten mit äußerster Sorgfalt vorzugehen. In diesem Beitrag werden die notwendigen Planungsaspekte aufgeführt und Hinweise für die Ausführung gegeben. 1. Planung Eine Bewegungsfuge ist eine geplante Unterbrechung einer Konstruktion zur Vermeidung von Rissen. Wenn die erforderlichen Fugensysteme nicht sorgfältig geplant und gewissenhaft ausgeführt werden, sind weitreichende Schäden zu erwarten. Fugen, die richtig in einen Baukörper gesetzt sind, bieten viele Vorteile: Spannungen werden gefahrlos abgebaut, entstehende Bewegungen übernommen, einfachere und segmentierte Bauweisen sind möglich. Diese Bauteilbzw. Bewegungsfugen sind für den Gebrauch bis in die Oberkante des Fußbodens mit Hilfe von Fugenprofilsystemen so zu übernehmen, dass die Gebrauchstauglichkeit dauerhaft gegeben ist. Rinnen haben die Aufgabe, das angefallene Wasser kontrolliert und schadlos abzuleiten. Bild 1: Schäden durch Chlorid-induzierte Korrosion Der Planer hat die Aufgabe, die wesentlichen Bemessungsdaten für Fugensysteme und Rinnen festzulegen und Produkte auszuschreiben, die ein aktuelles allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) als Verwendbarkeitsnachweis nach deutschem Baurecht haben. Die Geometrie der Fugen und Rinnen ist festzulegen und die wesentlichen Anforderungen an das Profils- und Rinnensystem zu beschreiben. Dazu gehören neben der Festlegung der technischen Daten der Fugen insbesondere die Besonderheiten der Nutzung sowie die Erarbeitung von Anschlussdetails. Die vom Planer festgelegte Bemessungswassermenge wird in Rinnen, die in verschiedenen Breiten und Höhen hergestellt werden, abgeleitet. Das für die Rinnen notwendige Gefälle, die Abläufe und geeignete Anschlüsse an das Oberflächenschutzsystem sind ebenfalls vorab zu planen. Untersuchungen zeigen, dass gerade unsachgemäß geplante und ausgeführte Fugen- und Entwässerungssysteme zu den typischen Mängeln gehören. buch2.indb 433 13.01.20 15: 41 434 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Wassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung Bild 2: Typische Mängel bei Parkbauten Immer noch sieht man Parkbauten, in denen Fugen dauerelastisch mit Weichmaterialien versiegelt sind. Dabei ist bekannt, dass diese weder die in Parkbauten auftretenden Bewegungen, noch den erforderlichen Kantenschutz der Fugenflanke gewährleisten können. Auch ist die Wasserdichtigkeit nur bedingt herstellbar und die Dauerhaftigkeit nur begrenzt. Gleiches gilt für Füllungen aus Polyurethan oder vergleichbaren Massen, die zwar schleifbar, aber nur begrenzt einsetzbar sind und zwingend einer regelmäßigen Wartung bzw. Austausch bedürfen. Sinusförmig ineinandergreifende Faserplatten sind zwar eben überfahrbar, bergen aber das Risiko von zunächst unerkannten Schäden. Da die Zähne jeweils auf der Gegenseite der Fuge aufliegen, sind bei Setzungen oder bereits bei einfachen Schwingungen der Decke Risse oder Brüche des Systems zu erwarten. Bei diesen Profilen führt eine Bewegung der Fuge oft zu unlösbaren Problemen, wenn die Fuge im weiteren Verlauf verspringt und Formteile erforderlich werden. Die zwingend geforderte Wasserdichtigkeit ist mit den oben genannten Verfahren insbesondere an Formteilen und Endstücken oft nicht herstellbar. Bild 3: Bemessungsdaten für Fugenprofilsysteme 2. Bemessungsdaten Zu den festzulegenden Bemessungsdaten eines Fugensystems gehören zunächst die Fugenbreite sowie die Fugenbewegung in allen drei Dimensionen. Für die Bewegungsaufnahme im Profil ist die vektorielle Addition aller drei Kennwerte entscheidend. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Bewegung quer zur Fuge bei einem Fugenverlauf, der um 90° verspringt, zu einer Verschiebung/ Scherung des Profils führt. Bild 4: Berücksichtigung aller Bewegungen Als nächstes ist die Einbauhöhe festzulegen. Diese ist vom Bodenaufbau abhängig und sollte in Abhängigkeit der Ebenheitstoleranzen festgelegt werden. Dabei wird das Profil/ Rinne immer auf einen ausgleichenden Fugenglattstrich gesetzt und benötigt einen lastabtragenden Untergrund, meist die Geschossdecke. Besondere Berücksichtigung bedarf der Festlegung der einwirkenden Lasten. Die Profilbemessung erfordert die Angabe von Linienlasten oder den direkten Bezug auf die DIN 1991- 1. Bei Befahrung durch Stapler, die oft nicht mit der DIN-geregelten Luftbereifung betrieben werden, sind unbedingt Einzelfallbetrachtungen der Radlasten durchzuführen. Rinnen sind nach DIN EN 1433 in Lastklassen eingeteilt. Gitterroste sollten die vorgesehenen Lasten gefahrlos abtragen. Bild 5: Anschlussdetails an Türdurchgang mit Fugen und vorgelagerter Rinne Wie bereits erwähnt, ist die durch den Baukörper vorgegebene Fugengeometrie in dem einzusetzenden Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, können die Bauteilbewegungen nicht im Profil übernommen werden. Schäden und Abrisse sind die Folge. Bild 6: Ausgeführte Formteile - Kreuzung von Fugen buch2.indb 434 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 435 Wassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung Die notwendige Passgenauigkeit wird mit Formteilen erreicht. Das Fugenbzw. Rinnensystem muss die Vielzahl der möglichen Formteilvarianten abbilden können. Endaufkantungen sind für die Dichtigkeit und Bewegungsaufnahme an den Profilenden zwingend notwendig. Bild 7: Beispielhafte Formteilgeometrien Der Verzicht auf Formteile und Endstücke ist unweigerlich mit Undichtigkeiten verbunden. Bei unterschiedlichen Fußbodenaufbauten auf beiden Seiten der Fuge können gute Profilsysteme an die Höhe angepasst werden. Fugenprofile sollten in der Fugenbreite und -bewegung anpassbar sein, um bei ungeplant großen Bewegungen eine Anpassung zu ermöglichen. Bild 8: Rinne mit Sonderformteil Schrammbord Da die Chlorid-induzierte Bewehrungskorrosion das größte Schadenspotential in sich trägt, ist zwingend der Einsatz von wasserdichten Fugensystemen mit der Möglichkeit des Anschlusses an ein Oberflächenschutzsystem zu planen und auszuführen. Dabei muss die Kompatibilität der eingesetzten Materialien vorab abgestimmt werden. Sowohl für Beschichtungen, bituminöse Abdichtungen als auch für Anschlüsse an Flüssigkunststoffabdichtungen sollten wasser-dichte Anschlüsse zum Fugenprofil vorliegen. Bei Rinnen ist darauf zu achten, dass diese absolut wasserdicht über Anschlussfolien mit der Oberflächenabdichtung verbunden werden können. Bild 9: Anschluss Fugensystem an verschiedene Oberflächenschutzsysteme Hoch- und Tiefpunkte sind beim Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Kreuzungen zu Abläufen und Rinnen sind unbedingt zu beachten. Bei Sanierungen ist zu berücksichtigen, dass die Statik oftmals keine großen Gefällemodellierungen erlaubt und deshalb mit zahlreichen Abläufen zu planen ist. Bilder 10+11: Wasserdichter Anschluss einer Rinne an eine bituminöse Abdichtung Eine fachgerechte Planung wird Baukörperfugen möglichst an Hochpunkten und Entwässerungs-rinnen an Tiefpunkten der Baukonstruktion vorsehen. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer umsetzbar, so dass die Entwässerung von Parkbauten manchmal neben einem Fugenprofil oder in Extremfällen über ein Fugenprofil erfolgt. Für diese parallellaufenden Rinnen und Fugen gibt es spezielle Kombinationen in verschiedenen Varianten. buch2.indb 435 13.01.20 15: 41 436 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Wassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung Bild 12: Beispiel einer Fugen-Rinnen-Kombination Sofern sich jedoch Fuge und Rinne kreuzen, entstand bisher das Problem, dass der Rinnenkörper vor der Fuge enden und ein eigenständiger, zusätzlicher Ablauf angeordnet werden musste. Teilweise war sogar eine Umkehr der Fließrichtung mit allen seinen Folgen erforderlich. Mit der Entwicklung dieser einzigartigen Fugen-Rinnen-Kreuzung kann nun direkt der Rinnenkörper an das Fugenprofil angeschlossen und über dieses entwässert werden. Dieses zum Patent angemeldete System kann mit allen bekannten Abdichtungssystemen kombiniert werden. Bild 13: Neu entwickelte Fugen-Rinnen-Kreuzung 3. Sichtfläche gleich Dichtfläche Migua bietet mit dem System Sichtfläche = Dichtfläche die Besonderheit für Fugenprofile wie auch Rinnen an, dass direkt an der sichtbaren Oberfläche des Profils abgedichtet wird. Im Unterschied zu anderen Herstellern wird die Dichtebene nicht unter dem Fugenprofil durchgeführt. Somit entsteht kein Wasseraufstau im Profil mit den damit verbundenen Nachteilen. Durch die einzigartige Konstruktionsart kann auch bei bituminöser Abdichtung das Wasser komplett außerhalb des Profils gehalten und die Dichtigkeit des Profils schon an der Oberfläche erkannt werden. Bild 14: Einflussfaktoren auf die Profilbemessung Sofern optische Aspekte wichtig sind, stehen für die Profile ansprechende Abdecksysteme in verschiedenen Varianten zur Verfügung. Mit diesen ist in Bereichen vor Aufzügen oder Eingängen zu Treppenhäusern auch die geforderte Rutschhemmung gewährleistet, die aus Arbeitsschutzgründen einzuhalten ist. Für Rinnen gibt es als Alternative zu Gitterrosten hochwertige Abdeckungen aus Edelstahl in unterschiedlichen Rutschhemmklassen. Bild 15: Rinne mit Designabdeckung, Klasse R10 V10 Auch wenn Fugenprofile nicht zum konstruktiven Brandschutz eingesetzt werden, gibt es Profilsysteme, die nach Brandschutzrichtlinien zertifiziert wurden. Bild 16: Freideck mit Gefälle buch2.indb 436 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 437 Wassermanagement in Parkbauten - Fugensysteme und Rinnen - Planung und Ausführung 4. Materialien Oft werden für Profilsysteme verschiedene Materialien gemeinsam verwendet. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Materialien oder Materialkombinationen verwendet werden, die für den Anwendungsfall nicht geeignet sind. Die die Fugenbewegung aufnehmende Bewegungseinlage ist meistens aus einem öl- und säurebeständigen, UV-stabilem Kunststoff. Die nicht medienberührten Bauteile des Profils sind vorzugsweise aus einer hochwertigen Aluminiumlegierung, da diese optimale Gestaltungsmöglichkeiten und Geometrien der Form erlauben. Alle medienberührten Teile oberhalb der Abdichtung sind zwingend aus Edelstahl mit mindestens V2A oder höherwertigerer Qualität auszuführen, um Korrosion auszuschließen. Damit ergibt sich ein Gesamtkonzept, welches in der Praxis bewährt und Jahrzehnte erfolgreich nutzbar ist. Bild 17: Rinne mit Anschluss an Gussasphalt 5. Montage Wenn das Profil gut geplant und ausgeschrieben wurde, gilt es fachgerecht einzubauen. Dieses sollte unbedingt von geschulten Fachunter-nehmen durchgeführt werden. Bei der Ausführung sind die tatsächlichen Fugendaten mit der Planung zu vergleichen, die notwendigen Einbautemperaturen einzuhalten und für die notwendige Baufreiheit zu sorgen. Die Auswahl des Fugenglattstrichs sowie des Verfüllmaterials sollte vorab in Abhängigkeit der Einbausituation und der Nutzung festgelegt werden. Der höhengleiche Einbau der Profilsysteme zum angrenzenden Belag ist eine wesentliche Notwendigkeit für eine lange und störungsfreie Nutzung. Eine aufmerksame Bauleitung stimmt die handwerklichen und technischen Anforderungen mit den Beteiligten im Vorfeld ab. Oft hängen Mängel direkt mit der handwerklichen Qualität der Montage zusammen. So führt eine Hohllagigkeit oder die Verwendung falscher Mörtel und Verankerungen schnell zu einer vermeidbaren Reklamation. Da es bei evtl. auftretenden Mängeln meistens einen Zusammenhang zu einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten oder abgestimmten Montage gibt, ist dem Aufmaß sowie der fachgerechten Montage der Profilsysteme hohe Beachtung zu schenken. Wie auch bei anderen Gewerken sollte für Fugensysteme und Rinnen ein Wartungs- und Instandhaltungsplan erstellt werden. Eine zweimal im Jahr durchgeführte Untersuchung mit Behebung evtl. Mängel sorgt für eine lange Nutzungsdauer. Kontakt zum Autor: Dipl.-Ing. Stephan Sinz Leiter Produktmanagement MIGUA Fugensysteme GmbH, Wülfrath Sinz@migua.de buch2.indb 437 13.01.20 15: 41
