eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Fehlerquellen bei der Abdichtung unter Gussasphalt mit Bitumenbahnen und ihre Vermeidung

0201
2020
Ansgar Tölle
Grundsätzlich hat sich das Abdichtungssystem bestehend aus einem Epoxidharzprimer, einer Bitumenschweißbahn und einer Schutzschicht aus Gussasphalt in der Praxis auf Betonflächen seit mehr als 30 Jahren sehr gut bewährt. Dies betrifft die Anwendung auf Brücken nach den ZTV-ING 7-1 [1] und auch der Einsatz in Parkbauten nach der DIN 18532 Teil 1 und 2 [2], [3]. In der Praxis sind jedoch durch die Planung, Ausführung usw. Fehler möglich. Die nachfolgenden Ausführungen sollen alle Beteiligten sensibilisieren Fehlerquellen im Vorfeld zu erkennen und zu vermeiden.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 475 Fehlerquellen bei der Abdichtung unter Gussasphalt mit Bitumenbahnen und ihre Vermeidung Ansgar Tölle Sika Deutschland GmbH Zusammenfassung Grundsätzlich hat sich das Abdichtungssystem bestehend aus einem Epoxidharzprimer, einer Bitumenschweißbahn und einer Schutzschicht aus Gussasphalt in der Praxis auf Betonflächen seit mehr als 30 Jahren sehr gut bewährt. Dies betrifft die Anwendung auf Brücken nach den ZTV-ING 7-1 [1] und auch der Einsatz in Parkbauten nach der DIN 18532 Teil 1 und 2 [2], [3]. In der Praxis sind jedoch durch die Planung, Ausführung usw. Fehler möglich. Die nachfolgenden Ausführungen sollen alle Beteiligten sensibilisieren Fehlerquellen im Vorfeld zu erkennen und zu vermeiden. 1. Betonuntergrund Die jeweilige Betonoberfläche ist der Untergrund auf welchem das Abdichtungssystem vollflächig unterlaufsicher appliziert wird. Diese Oberfläche muss vorbereitet (Strahlen, Fräsen, etc.) sein und kontrolliert werden. Letztendlich müssen die Anforderungen aus den jeweiligen Regelwerken erfüllt sein damit ein Abdichtungssystem sicher für einen dauerhaften Verbund ausgeführt werden kann. Bereits bei der Herstellung können „Missverständnisse“ zwischen planerischer Vorgabe bezüglich Gefälle, Oberflächenbeschaffenheit, Rautiefe usw. und der Ausführung bestehen. Die beiden nachfolgenden Beispiele (Bild 1 und 2) aus jüngerer Zeit zeigen jeweils eine Betonoberfläche aus einem Parkhausneubau, die ohne größere zusätzliche Maßnahmen nicht für ein Abdichtungssystem geeignet sind. Bild 1: Extreme Rautiefe aus dem Herstellungsprozess Bild 2: Extreme Rissbildung und Zementhaut In den letzten Jahren werden insbesondere im Brückenbau verstärkt „hochfeste“ Betone ( >> C 55/ 67) eingebaut. Diese zeichnen sich häufig durch eine sehr glatte und dichte Oberfläche aus. Auch in diesen Fällen muss die vorbereitete Betonoberfläche so beschaffen sein, dass zwischen ihr und einer Versiegelung / Kratzspachtelung aus Epoxidharz ein dauerhafter Verbund entsteht. In diesen Fällen kann eine intensivere Untergrundvorbereitung, z.B. mehrere Strahlgänge erforderlich werden. Grundsätzlich müssen nach der Untergrundvorbereitung die eingebetteten Gesteinskörnungen sichtbar sein. Diese Forderung wird im Entwurf (noch nicht veröffentlicht) der ZTV-ING 7-1 zukünftig enthalten sein. buch2.indb 475 13.01.20 15: 41 476 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Fehlerquellen bei der Abdichtung unter Gussasphalt mit Bitumenbahnen und ihre Vermeidung 1.1 Prüfung der vorbereiteten Betonoberfläche Das ausführende Unternehmen hat nach den Regelwerken [1], [3] an der vorbereiteten Betonoberfläche Prüfungen durchzuführen und diese zu dokumentieren. Der Umfang und die einzuhaltenden Anforderungen sind hierbei klar vorgegeben. Hierbei handelt es sich um folgende Messungen/ Prüfungen: - Abreißfestigkeitsprüfung - Rautiefenmessung - Bestimmung der Oberflächenfeuchte - Rel. Luftfeuchte - Oberflächentemperatur - Lufttemperatur - Taupunktbestimmung Diese Prüfungen bereiten in der täglichen Praxis keine Probleme. Eine sogfältige Dokumentation der Ergebnisse, hier gibt es entsprechende Formblätter, ist zwingend durchzuführen. Wird jedoch der Ausführungszeitpunkt der Abdichtungsmaßnahme in die Herbst- / Winter- / Frühjahrsperiode verlegt, so wird dann aus Witterungsgründen die Baustelle mit Zeltkonstruktionen gegen Regen usw. geschützt. Fallen die Temperaturen unter die vorgegeben Mindesttemperaturen (Epoxidharzverarbeitung mind. +8°C Bauteiltemperatur) werden die Zelte beheizt. Grundsätzlich muss eine solche Beheizung ganztägig durchlaufen und es dauert einen langen Zeitraum bis durch die warme Luft der Beton des Untergrundes ausreichend erwärmt ist. Ebenfalls besteht gerade bei einer solchen Maßnahme die große Gefahr einer Taupunktunterschreitung. Der Taupunktbestimmung ist in diesen Fällen große Aufmerksamkeit zu widmen. Ein weiterer Gesichtspunkt ist Kondenswasserbildung mit abtropfenden Wasser von den Metallgestängen des Zeltes. 2. Ausführung Üblicherweise wird diese Art der Abdichtung auf Brücken und Parkbauten ausgeführt, wobei keine witterungsbedingten Schutzeinrichtungen (z.B. Einhausung) vorgenommen wird. 2.1 Verarbeitung Reaktionsharzprimer In den Regelwerken sind Vorgaben bzgl. der Mindest- und Maximaltemperaturen der Betonoberfläche bei der Verarbeitung des Epoxidharzprimers verankert. Ebenfalls dürfen Arbeiten mit Reaktionsharzen bei schnell steigenden Objekttemperaturen z.B. bei direkter Sonneneinstrahlung, nicht ausgeführt werden. Im Betonkalender 1999 [5] sind Messkurven enthalten die verdeutlichen wie die Temperatur einer Betonoberfläche unter verschiedenen „Sonneneinstrahlungen“ ansteigen können. Bild 3: Betontemperaturen Bei solch steigenden Temperaturen (Bild 3 Rote Kurve) erwärmt sich auch die Luft im Porengefüge des Betons und dehnt sich aus. Diese expandierende Luft nimmt den Weg des geringsten Widerstandes und durchstößt das im Reaktionsprozess befindliche Epoxidharz. Je nach Reaktionsgrad führt dies zu einer fingernagelgroßen Blasenbildung (Bild 4). Eine solche Epoxidharzversiegelung erfüllt dann nicht mehr die Forderung augenscheinlich porendicht zu sein. Bild 4: Steigende Temperatur - Blasenbildung 2.2 Verarbeitung Bitumen-Schweißbahn Grundsätzlich müssen die Rollen der Bitumen-Schweißbahnen stehend transportiert und gelagert werden. Gerade bei der Verlegung der „Kleinrollen“ mit 7,5/ 8 m Bahnelänge führt eine liegende Lagerung zu einem Zusammendrücken des Bahnenquerschnitts. buch2.indb 476 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 477 Fehlerquellen bei der Abdichtung unter Gussasphalt mit Bitumenbahnen und ihre Vermeidung Bild 5: Liegend gelagerte Rollen - Verdrückung Diese Quetschung der Bahn kann beim Verlegen zu Problemen und Hohlstellen führen. Bild 6: Verlegung mit Hohlstellen einer verquetschten bahn Nach der Verarbeitung des Epoxidharzes in Form einer Grundierung, Versiegelung oder Kratzspachtelung wird die Dichtungsschicht aus einer Bitumen-Schweißbahn aufgeschweißt. Diese Bitumen-Schweißbahn muss die Anforderungen nach den ZTV-ING 7-1 und/ oder DIN EN 14695 [5] erfüllen. In den Regelwerken ist exakt beschrieben wie die Bahnen aufzuschweißen sind, dies kann sowohl händisch als auch maschinell erfolgen. Die nachfolgenden Gesichtspunkte spielen dabei die wichtigste Rolle: - Gleichmäßige Wärmequelle über die gesamte Bahnenbreite - Mindesttemperaturen einhalten - Erwärmung des Untergrundes (Epoxidharzoberfläche) - Abschmelzen des Bitumens auf der Bahnenunterseite - Andrückeinheit Übersetzt bedeuten diese Vorgaben, dass die Brennerdüsen eine über die Rollenbreite gleichmäßige Erwärmung und Verflüssigung der Unterseite erzeugen müssen. Die Oberfläche des Epoxidharzes ist dabei mit dem Brenner zu erwärmen, d.h. die Flammen müssen auch auf das Harz gerichtet sein. Brückenharze nach den TL/ TP-BEL- EP werden so geprüft und halten der Brennerbelastung problemlos stand. Bild 7: Prinzip Bahnenverchweißung Die verlegten Bahnen dürfen nicht direkt befahren werden. Häufig ist es jedoch unvermeidlich, dass benzinbetriebene Arbeitsgeräte wie Kompressoren etc. auf der bahn abgestellt werden. In diesen Fällen muss die Bitumen-Schweißbahn vor Verunreinigungen unbedingt geschützt werden. Ölverschmutzungen (Bild 8) führen garantiert zu Blasenbildungen bei der Verlegung des Gussasphaltes. Bild 8: Ölflecken auf der Bitumen-Schweißbahn 2.3 Prüfungen an der verlegten Bitumen-Schweißbahn Die verschweißten Bahnen sind auf Hohllagigkeit durch Abklopfen und auf Haftung zum Untergrund zu prüfen. Die Prüfung der Haftung zum Untergrund erfolgt durch zwei unterschiedliche Prüfverfahren: - Prüfung durch Abziehen eines Streifens von Hand - Prüfung mit einem Prüfgerät Bei der Prüfung durch Abziehen eines Streifens wird die Bahn bis auf die Epoxidharzoberfläche in 3 cm breite Streifen eingeschnitten. Anschließend werden diese abgezogen und das Bruchbild beurteilt. Es müssen Bitumenreste der Bahn auf dem Epoxidharz verbleiben. buch2.indb 477 13.01.20 15: 41 478 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Fehlerquellen bei der Abdichtung unter Gussasphalt mit Bitumenbahnen und ihre Vermeidung Bild 9: Abziehen eines Streifens, Bruchbild A Bei der Prüfung mit einem Prüfgerät wird ein Prüfstempel auf die Bahn geklebt und nach Erhärtung des Klebers ebenfalls bis auf das Epoxidharz eingeschnitten. Anschließend wird der Stempel mit 300 N/ Sec. mit einem zugelassenen Prüfgerät abgerissen und nur die Abreißfestigkeit in N/ mm² gemessen. Beispielhaft müssen bei 23°C 0,4 N/ mm² erreicht werden. Bild 10: ) Aufgeklebter Prüfstempel Beide Prüfungen - Abziehen eines Streifens und Prüfung mit einem Prüfgerät - sind an Temperaturgrenzen gebunden. Sie liegen bei der Prüfung - Abziehen - bei mind. 0°C und maximal +25°C. Hierbei erfolgt dann die Beurteilung des Bruchbildes. Die Prüfung mit Prüfgerät ist auf die Temperaturgrenzen zwischen +8°C und +30°C eingeschränkt wobei hier die gemessenen N/ mm² relevant sind. Eine Beurteilung des Bruchbildes entfällt. Für beide Prüfungen sind Temperaturunter-/ -obergrenzen festgelegt. Dies ist erfolgte, da Bitumen als Baustoff auf veränderte Temperaturen spezifisch reagiert. Hierzu hat der Arbeitsausschuss 7.10 eine Beschreibung der genauen Vorgehensweise sowie temperaturabhängige Grenzwerte definiert [7]. 3. Weiterbildungsmöglichkeiten Nach den ZTV-ING ist gefordert, dass der Kolonnenführer eine vorgegebene Qualifikation vorweisen und ständig auf der Baustelle anwesend sein muss. Ab 2019 wurde ein Lehrgang [4] - AB-BA Schein-Lehrgang speziell zur Aus- und Weiterbildung dieser sachkundigen Fachkräfte ins Leben gerufen. Dieser Lehrgang beinhaltet die Theorie und Praxis von Brückenabdichtungen nach den ZTV-ING Teil 7 Abschnitte 1 bis 4. Das sind die Betonbrücken, als auch die Stahlbrückenabdichtungen. Zielgruppe des Lehrgangs sind Facharbeiter (Asphaltbauer, Bauwerksabdichter, Straßenbauer, Tiefbaufacharbeiter), Meister, Poliere, Bautechniker und Bauingenieure sowie Fachpersonal mit einschlägiger praktischer Berufserfahrung auf dem Gebiet der Abdichtungsarbeiten auf befahrenen Flächen von Ingenieurbauwerken. Literaturangaben [1] ZTV-ING 7-1: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten, Teil 7 Brückenbeläge [2] DIN 18532-1: Abdichtung von befahrbaren Verkehrsflächen aus Beton - Teil 1: Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze [3] DIN 18532-2: Abdichtung von befahrbaren Verkehrsflächen aus Beton - Teil 2: Abdichtung mit einer Lage Polymerbitumen-Schweißbahn und einer Lage Gussasphalt [4] Bauakademie Hessen-Thüringen e. V., Emil-von-Behring-Straße 5, 60439 Frankfurt/ Main Ansprechpartner: Herr Hartmut Schwieger Sekretariat: Frau Ulrike Gartmann Telefon (0 69) 9 58 09-181 www.bauhut.de [5] Betonkalender 1999 [6] DIN EN 14695 Abdichtungsbahnen - Bitumenbahnen mit Trägereinlage für Abdichtungen von Betonbrücken und anderen Verkehrsflächen aus Beton [7] Straße und Autobahn, Verbundverhalten von Polymerbitumen-Schweißbahnen mit hochliegender Trägereinlage bei hohen Temperaturen, Ausgabe 8 2006, Arbeitsausschuss 7.10 Beläge auf Ingenieurbauwerken buch2.indb 478 13.01.20 15: 41