eJournals Kolloquium Parkbauten 9/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0201
2020
91 Technische Akademie Esslingen

Gutachten, Planung und Ausführung bei Parkbauten aus Stahlbeton – Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/Ingenieurvertrags mit Auswirkungen auf Neubauten und Erhaltungsmaßnahmen

0201
2020
Gerd Motzke
Planung und Ausführung von neuen Parkbauten aus Stahlbeton orientieren sich am anderweitig bestimmten Zweck, sind entweder Teil der Planung und Ausführungen eines „Hauptgebäudes“, werden von Ziel und Zweck dieses „Hauptgebäudes“ bestimmt oder dienen dem öffentlichen Nutzen als öffentlicher Parkbau, wobei dieser Nutzungszweck die technische Ausführung und Gestaltung des Parkbaus bestimmt. Die Bedarfsermittlung und die Bedarfsplanung im Vorfeld der eigentlichen Planung erscheinen als Teil der Planungsleistung insgesamt und sind nicht als Gutachterleistungen zu charakterisieren. Die Planung von Erhaltungsmaßnahmen hat mit einem vorhandenen Bestand zu tun. Art und Inhalt der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen werden maßgeblich vom Bestandszustand, der Bestandsbewertung und den Nutzungsvorstellungen des Bestellers bestimmt. Die „Auseinandersetzung“ mit dem Bestandsobjekt liegt „im Vorfeld der Planung“, schafft die Grundlagen für die Planung und ist damit im Sinne des § 650p Abs. 2 BGB die „Planungsgrundlage“. Bestandsaufnahme, technische Substanzerkundung, Bedarfsermittlung und Bedarfsplanung liegen „im Vorfeld der Planung“ und sind qualitativ „Gutachterleistungen“ Bei Planungsaufträgen bzgl. Erhaltungsmaßnahmen ist zu erwägen, zweigeteilte Verträge abzuschließen: Ein Vertrag hat die Gutachterleistung zum Gegenstand, und betrifft folgende Leistungen: (a) Ermittlung des Ist-Zustandes, (b) Festlegung des Mindest-Sollzustandes, (c) Beurteilung des Soll-Ist-Vergleichs, (d) Abschätzung der Restnutzungsdauer. Dabei erweisen sich (b), (c) und (d) als Beurteilung des Ist-Zustandes. Auf der Basis dieses Ist-Zustandes und dessen Bewertung schließen die Parteien dann den Architekten-/Ingenieurvertrag ab, der die „eigentlichen Planungsleistungen“ zum Gegenstand hat. Das Modell des BGB geht bei einem Auftrag über Planungsleistungen für Erhaltungsmaßnahmen nach § 650p Abs. 2 BGB von einem Architektenvertrag aus, auf Grund dessen der Architekt kraft Gesetzes in einem ersten Leistungsschritt „Planungsgrundlagen“ und eine „Kosteneinschätzung“ zu liefern hat. Diesen einen Vertrag können die Parteien nach den sich aus § 650r BGB ergebenden Regeln grundlos kündigen. Die Zustandsfeststellung und -bewertung erweisen sich in Ausrichtung an § 650p Abs. 2 BGB als „Planungsgrundlagen“. Die hier vorgeschlagene Trennung zwischen Zustandsfeststellung und –bewertung als Gutachterleistung mit eigenständigem Vertrag, dem sich erst der Planungsauftrag als eigenständiger Vorgang anschließt, sorgt von vornherein für klare Verhältnisse.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 481 Gutachten, Planung und Ausführung bei Parkbauten aus Stahlbeton - Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags mit Auswirkungen auf Neubauten und Erhaltungsmaßnahmen Prof. Dr. Gerd Motzke Rechtsanwalt, Honorarprofessor für Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg, gerd.motzke@t-online.de Zusammenfassung Planung und Ausführung von neuen Parkbauten aus Stahlbeton orientieren sich am anderweitig bestimmten Zweck, sind entweder Teil der Planung und Ausführungen eines „Hauptgebäudes“, werden von Ziel und Zweck dieses „Hauptgebäudes“ bestimmt oder dienen dem öffentlichen Nutzen als öffentlicher Parkbau, wobei dieser Nutzungszweck die technische Ausführung und Gestaltung des Parkbaus bestimmt. Die Bedarfsermittlung und die Bedarfsplanung im Vorfeld der eigentlichen Planung erscheinen als Teil der Planungsleistung insgesamt und sind nicht als Gutachterleistungen zu charakterisieren. Die Planung von Erhaltungsmaßnahmen hat mit einem vorhandenen Bestand zu tun. Art und Inhalt der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen werden maßgeblich vom Bestandszustand, der Bestandsbewertung und den Nutzungsvorstellungen des Bestellers bestimmt. Die „Auseinandersetzung“ mit dem Bestandsobjekt liegt „im Vorfeld der Planung“, schafft die Grundlagen für die Planung und ist damit im Sinne des § 650p Abs. 2 BGB die „Planungsgrundlage“. Bestandsaufnahme, technische Substanzerkundung, Bedarfsermittlung und Bedarfsplanung liegen „im Vorfeld der Planung“ und sind qualitativ „Gutachterleistungen“ Bei Planungsaufträgen bzgl. Erhaltungsmaßnahmen ist zu erwägen, zweigeteilte Verträge abzuschließen: Ein Vertrag hat die Gutachterleistung zum Gegenstand, und betrifft folgende Leistungen: (a) Ermittlung des Ist-Zustandes, (b) Festlegung des Mindest-Sollzustandes, (c) Beurteilung des Soll-Ist-Vergleichs, (d) Abschätzung der Restnutzungsdauer. Dabei erweisen sich (b), (c) und (d) als Beurteilung des Ist-Zustandes. Auf der Basis dieses Ist-Zustandes und dessen Bewertung schließen die Parteien dann den Architekten-/ Ingenieurvertrag ab, der die „eigentlichen Planungsleistungen“ zum Gegenstand hat. Das Modell des BGB geht bei einem Auftrag über Planungsleistungen für Erhaltungsmaßnahmen nach § 650p Abs. 2 BGB von einem Architektenvertrag aus, auf Grund dessen der Architekt kraft Gesetzes in einem ersten Leistungsschritt „Planungsgrundlagen“ und eine „Kosteneinschätzung“ zu liefern hat. Diesen einen Vertrag können die Parteien nach den sich aus § 650r BGB ergebenden Regeln grundlos kündigen. Die Zustandsfeststellung und -bewertung erweisen sich in Ausrichtung an § 650p Abs. 2 BGB als „Planungsgrundlagen“. Die hier vorgeschlagene Trennung zwischen Zustandsfeststellung und -bewertung als Gutachterleistung mit eigenständigem Vertrag, dem sich erst der Planungsauftrag als eigenständiger Vorgang anschließt, sorgt von vornherein für klare Verhältnisse. 1. Regelwerke Für Parkbauten aus Stahlbeton existieren unterschiedliche technische Regelwerke; diese unterscheiden sich danach, ob es um Neubaumaßnahmen oder Maßnahmen im Bestand geht. Zu ergänzen sind diese technischen Regelwerke um Rechtsregeln; diese bestehen aus Vertragsregeln und aus gesetzlichen Regeln. Insoweit bestehen seit 1.1.2018 Besonderheiten, weil das Werkvertragsrecht des BGB reformiert worden ist. Das ist jedoch bisher ohne Einfluss auf die VOB gewesen, insbesondere nicht auf die VOB/ B. Lediglich in den Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen und sonstigen vorformulierten Bedingungswerken der öffentlichen Hand wurde Wert darauf gelegt, dass keine Abweichungen von den Regeln der VOB/ B enthalten sind, es wurde also darauf geachtet, dass das gesamte Vertragswerk mit den Vorgaben der VOB/ B übereinstimmt. 13.2 Motzke.indd 481 14.01.20 14: 36 482 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags Für die Architekten und Ingenieure ist von entscheidender Bedeutung, dass mit den §§ 650 p bis 650t BGB eine eigenständige Regelung des Architekten- und Ingenieurvertrags vorliegt. Innerhalb dieser Regelungen wird auf Einzelbestimmung aus dem Bauvertragsrecht verwiesen (insbesondere bzgl. Planungsänderungen auf § 650b BGB); auch die Geltung der Allgemeinen Vorschriften wird durch Verweis in § 650q Abs. 1 BGB gesichert. Gerade bei Planungsmaßnahmen im Bestand, also bei Erhaltungsmaßnahmen, erhält § 650p Abs. 2 BGB Gewicht, weil diese Bestimmung den Planer unabhängig vom beauftragten Leistungsumfang im Einzelnen bei einer fehlenden Vereinbarung über wesentliche Planungs- und Überwachungsziele dazu verpflichtet, „Planungsgrundlagen“ und eine „Kosteneinschätzung“ zu erstellen und dem Besteller zu verschaffen. Der Besteller hat dann die Möglichkeit nach § 650r BGB den Vertrags zu kündigen, wenn er mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist. Diese sog. „Zielfindungsphase“ ist gerade bei Maßnahmen im Bestand akut, weil erst eine Bestandsfeststellung und Bestandsbewertung den Besteller die Möglichkeit geben, sich hinsichtlich der mit dem Bestandsobjekt verfolgten Planungsziele, die dann notwendig auch die Überwachungsziele sind, schlüssig zu werden. Deshalb ist die Reform des Werkvertragsrechts bei Erhaltungsmaßnahmen für die Gruppe der Planer von besonderer Bedeutung. 1.1 Technische Regelwerke bei Neubaumaßnahmen Für Neubaumaßnahmen gelten bezüglich der Ausführung bei einem VOB/ B-Bauvertrag die in der ATV-DIN 18331, Fassung September 2019, im Abschnitt 2 und im Abschnitt 3.1.1 und 3.1.2 genannten Stoff- und Ausführungsnormen. Da diese Techniknormen sämtlich Normen aus dem Bereich des DIN oder als EN-Normen in das nationale Normenwerk übernommen worden sind, geben diese nach allgemeinen Praxisregeln deshalb die anerkannten Regeln der Technik für Neubaumaßnahmen wieder, weil die Rechtsprechung nicht veralteten DIN-Normen die Wirkung beimisst, dass sie - freilich im Einzelfall auch widerlegbar - Ausdruck der anerkannten Regeln der Technik sind. Bedeutsam ist, dass der Abschnitt 0.2.2 der ATV-DIN 18331 objektbezogen auch auf die jeweils maßgeblichen DIN-EN-Normen verweist, die deshalb für Architekten, Ingenieure und Tragwerksplaner zu beachten sind. Ob diese in das nationale Normenwerk aufgenommenen EN-Normen gleichfalls im Sinne der Rechtsprechung Ausdruck anerkannter Regeln der Technik sind, ist angesichts der auf europäischer Ebenen gefundenen Kompromisslösung fragwürdig und bedürfte einer eigenständigen Prüfung. 1.2 Technische Regelwerke bei Maßnahmen im Bestand Diesbezüglich existieren unterschiedliche Regelwerke, denen auch ein unterschiedlicher Stellenwert zukommt; solche mit normativer Wirkung unterscheiden sich von solchen mit bloß informativer Wirkung. Solche, denen der Stellenwert einer anerkannten Regel der Technik zukommt, sind von Regeln zu unterscheiden, deren Geltung sich primär auf vertragsrechtlicher Grundlage ableitet. 1.2.1 Normenreihe DIN EN 1504 Primär maßgeblich ist die DIN EN 1504 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken, Definitionen, Anforderungen, Güteüberwachung und Beurteilung der Konformität mit ihren Teilen 1 bis 10. Dabei stammt der Teil 1,Definitionen, aus dem Jahr 2005; ebenso der Teil 2 mit dem Titel Oberflächenschutzsysteme für Beton (diesbezüglich liegt ein Entwurf aus 2015 vor); der Teil 3, Statisch und nicht statisch relevante Instandsetzung, hat das Fassungsdatum 2006, liegt jedoch auch als Entwurf 2018 vor. Teil 4. Kleber für Bauzwecke stammt aus 2005, der Entwurf stammt aus 2016; der Teil 5, Injektionen von Bauteilen trägt das Fassungsdatum aus 2013; der Teil 6, Verankerung von Bewehrungsstäben, liegt noch in der Fassung 2006 vor; ein Entwurf neueren Datums ist nicht existent. Für den Teil 7, Korrosionsschutz der Bewehrung, gibt es einen Entwurf aus 2015, die gültige Fassung stammt aus 2006; für den Teil 8, Qualitätskontrolle und Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit (AVCP) ist die Fassung 2016 einschlägig. Der Teil 9 aus 2008 hat den Titel „ Allgemeine Grundsätze für die Anwendung von Produkten und Systemen und befasst sich mit den Konzepten und Prinzipien, betrifft also die Planungsleistung, was jedoch im normativen Teil im Ergebnis blass bleibt, und im informativen Teil vertieft angelegt ist, aber immer noch der praktischen Umsetzung bedarf, was durch die Instandsetzungs-/ Instandhaltungs-Richtlinie geleistet werden soll. Den Abschluss der Teile der DIN EN 1504 bildet der Teil 10 mit der Bezeichnung „Anwendung von Produkten und Systemen auf der Baustelle und Qualitätsüberwachung der Ausführung; das Fassungsdatum ist Dezember 2017. Dieser Teil betrifft den Verarbeiter, also die Ausführung . Auch insoweit ist der informative Teil weiterführend, aber eben nicht von normativer Bedeutung. Dennoch hat der informative Teil im Ergebnis Bedeutung für die Umsetzung des normativen Teils. Man könnte insofern von einer Scharnierwirkung sprechen. 1.2.2 Die Instandsetzungs-/ Instandhaltungs-Richtlinie des DAfStb Diese Scharnierwirkung kommt in besonderer Weise der DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie) zu. Sie liegt 13.2 Motzke.indd 482 14.01.20 14: 36 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 483 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags - formal noch gültig und auch in der ATV-DIN 18349 Fassung Sept. 2019 in Verweisung genommen in der Fassung von Oktober 2001 vor. Freilich ist die Zeit über diese Fassung hinweg gegangen; schon mehrfache Anläufe einer Neuüberarbeitung sind gescheitert. Der neueste Entwurf der Richtlinie stammt vom Juni 2019. Jedoch weiß niemand genau, was damit geschieht und wie es weiter geht. Es wird auf der Grundlage des Entwurfs vom DIBT eine - wohl abgespeckte - Technische Regel (TR) erarbeitet. Nachfolgend erfolgt unter Ziff. 1.2.3 eine Auseinandersetzung mit dem Teil 1 des Richtlinien-Entwurfs. Die Besonderheit des Teils 1 des Entwurfs dieser Richtlinie liegt darin, dass sich - sogar sprachlich - ausgezeichnete Verbindungslinien zum neuen Architekten- und Ingenieurvertragsrecht herstellen lassen: § 650p Abs. 2 BGB ist bei Maßnahmen im Bestand die Achillesferse des Planervertrags. Die dort genannten „Planungsgrundlagen“, die bei einem entsprechenden Vertrag in einem ersten Schritt zu erbringen sind, liegen „im Vorfeld der Planung“, wie sich der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie im Teil 1 ausdruckt. Das wirft die Frage auf, auf welche Weise diese im „Vorfeld der Planung“ zu erbringenden Leistungen, die im Ergebnis nichts anderes als die „Planungsgrundlagen“ sind, von denen in § 650p Abs. 2 BGB die Rede ist, rechtlich zu qualifizieren sind: Handelt es sich um ein Gutachten, handelt es sich um eine Planung? Wie sollen Verträge im Hinblick auf die technischen Vorgaben im Entwurf der Richtlinie und mit Rücksicht auf das neue Architekten-/ Ingenieurvertragsrecht abgeschlossen werden? Grundsätzlich muss man sich die technische Wirkungsweise dieser Instandhaltungs-Richtlinie des DAfStB als Bindeglied zwischen der DIN EN Normenreihe 1504 und der Praxis vorstellen. Ob eine DIN EN- Norm in der Bunderepublik die Vermutung für sich hat, Ausdruck anerkannter Regeln der Technik, dürfte fraglich sein, weil die EN - Norm so wie sie ist in das nationale Normenwerk übernommen werden muss und nationale Anhänge nur dort und in dem Umfang erarbeitet werden dürfen, als die EN-Norm dies eröffnet. Und das DIN nimmt nach der Grundnorm DIN 820 Teil 1 nicht für sich in Anspruch anerkannte Regeln zu schaffen, sondern die erschienene Norm soll sich nach Abschnitt 8.1 erst in der Praxis „etablieren“, also in der Praxis anerkannt werden. Wörtlich heißt es dort: „Sie sollen sich als „anerkannte Regeln der Technik etablieren.“ Nur für sicherheitsrelevante Normen nimmt das DIN für sich in Anspruch, dass diese Normen fachgerecht, also „anerkannte Regeln der Technik sind.“ (Abschnitt 8.2). Nunmehr besteht zwischen den Aussagen im Teil 1 des Entwurfs und der Neuregelung des Architekten- und Ingenieurvertrags - insbesondere wegen § 650p Abs. 2 BGB die Möglichkeit, eine direkte Verbindungslinie zwischen Technik und Recht herzustellen (vgl. Ziff. 3) 1.2.3 Merkblatt Parkhäuser und Tiefgaragen des Beton-Vereins Zu den einschlägigen technischen Regelwerken zählt auch das Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins E.V., das 2018 neu erschienen ist. Dieses Merkblatt, das für Neubauten wie für Instandhaltungs-Maßnahmen bedeutsam ist, richtet sich primär an die Planer und liefert entscheidende Ansätze für die Bestimmung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele, deren Festlegung im Rahmen der Regelung der Architekten- und Ingenieurverträge nach neuem, ab 1.1.2018 geltenden Recht (§ 650p BGB) von entscheidendem Stellenwert auch für die Abwicklung einer Maßnahme ist. Die im Merkblatt auf S. 13 angeführte Bedarfsplanung korreliert mit § 650p Abs.2 BGB, hat nämlich mit den Planungsgrundlagen zu tun, die in einem ersten Schritt zu erarbeiten sind, wenn der Auftraggeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lediglich vage Vorstellungen von der zu erstellenden Tiefgarage hat. Das Merkblatt ist keine anerkannte Regeln der Technik, sondern eine sehr wertvolle Zusammenstellung der Aspekte, die generell für die Planung von Bedeutung sind. Jedem Planer kann nur geraten werden, die Hinweise in diesem Merkblatt zu beherzigen. 1.2.4 Die ZTV-ING Teil 3 - Abschnitt 4 „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ Diese Regelung - Stand Oktober 2017 - trägt die Bezeichnung „ Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten“, ist für die Öffentliche Hand einschlägig und bedarf für deren Geltung in einem Vertragsverhältnis notwendig der Einbeziehung. Ihr sonstiger Stellenwert liegt in ihrem Informationsgehalt, z.B. hinsichtlich des Richtlinienteils, der sich an den Auftraggeber richtet und dessen Mitwirkungsaufgaben beschreibt. Das hat gerade für die Auseinandersetzung mit der vorhandenen Substanz Bedeutung und nimmt Einfluss auf die Einschaltung von Planern und Ingenieuren. Die Ansätze finden sich im Abschnitt 1.4 Bestandsaufnahme. Im Vergleich dazu geht der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie jedoch wesentlich weiter (vgl. nachfolgend Ziff. 2), was die Schnittstelle zum neuen Architekten- und Ingenieurvertragsrecht berührt (vgl. nachfolgend Ziff. 3) 1.3 Einschlägige Rechtsregeln Auch in diesem Bereich sind mehrere Rechtsregeln einschlägig. Neben dem BGB, das für Verarbeiter und - seit 1.1.2018 reformiert - für Architekten- und Ingenieure gilt, steht der Bereich des VOB/ B-Bauvertrags, womit auch die VOB/ C ins Spiel kommt. Damit wird bei Betonerhaltungsmaßnahmen die ATV-DIN 18349 bedeutsam, die neu in der Fassung von September 2019 vorliegt, je- 13.2 Motzke.indd 483 14.01.20 14: 36 484 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags doch nicht fachlich, sondern lediglich redaktionell überarbeitet worden ist. 1.3.1 Das BGB Das Bürgerliche Gesetzbauch (BGB) hält das Werkvertragsrecht bereit. Seit 1.1.2018 existiert neben dem Werkvertragsrecht im Allgemeinen (§§ 631 bis 650 BGB) eine eigenständige Regelung für den Bauvertrag (§§ 650a bis 650h BGB); zusätzlich gibt es eine eigenständige Regelung des Verbraucherbauvertrags (§§ 650i bis § 650n). Für Architekten und Ingenieure liegen in §§ 650p bis 650t BGB eigenständige Regelungen des Architekten- und Ingenieurvertrags bereit. Bei Bestandsmaßnahmen wird § 650p BGB für Ingenieure und Architekten zur zentralen Vorschrift, die in Absatz 2 mit den dort genannten und primär zu schaffenden Planungsgrundlagen die Anknüpfung an den Teil 1 des Entwurfs der Instandhaltungs-Richtlinie liefert. 1.3.2 Der VOB/ B-Bauvertrag des Verarbeiters und die ATV-DIN 18349 Die Parteien haben die Möglichkeit, sich anstelle eines BGB-Bauvertrags für einen VOB/ B-Bauvertrags zu entscheiden, womit die Geltung der VOB/ C verbunden ist; damit ist die Allgemeine Technische Vertragsbedingung für Bauleistungen Betonerhaltungsarbeiten - DIN 18349 mit Vertragsbestandteil. Diese ATV-DIN liegt in der lediglich redaktionell überarbeiteten Fassung vom September 2019 vor. Sie ist Vertragsrecht mit technischen Inhalten. Sie trägt die Bezeichnung Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) - Bauerhaltungsarbeiten - DIN 18349. Die Bezeichnung lautet also nicht „Allgemeine Technische Vorschriften“, wie das bis 1988 üblich war, sondern es handelt sich um „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen“, die allerdings bei einem VOB/ B-Bauvertrag gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/ B durch diese Regelung als Vertragsbestandteil gelten. Freilich wird dieses Regelwerk in den einzelnen Abschnitten durch technische Aussagen geprägt, weswegen in jedem Einzelfall die Frage auftaucht, ob die Einzelaussagen auch Ausdruck anerkannter Regeln der Technik sind. Ist das der Fall, gelten diese Regeln auch unabhängig von ihrer Einbeziehung in den Vertrag, also auch bei einem BGB-Bauvertrag. Der Stellenwert dieses Regelwerks liegt bei Maßnahmen im Bestand und betrifft maßgeblich auch den Planer. Denn der Abschnitt 0.2 liefert aufgrund der dort enthaltenen Detailaussagen Hinweise dafür, in welcher Weise sich Planungsbeteiligte bei einer Bestandsmaßnahme mit diesem Bestand auseinandersetzen müssen. Der Abschnitt 0.2.1 führt die Ist-Zustandsfeststellung gemäß Instandsetzungs-Richtlinie an, der Abschnitt 0.2.2 nennt als Leistungskategorien das Instandsetzungskonzept, den Instandsetzungsplan und Aussagen hinsichtlich der Standsicherheitsrelevanz. Damit wird im Ergebnis bzgl. der Neuregelung des Architekten- und Ingenieurvertrags die Verknüpfung mit § 650p BGB hergestellt: Denn die Ist-Zustandsfeststellung und das Instandsetzungskonzept erweisen sich als Schnittstelle zur in § 650p Abs. 2 BGB genannten Planungsgrundlage. Wenn auch der Verweis in der DIN 18349 statisch auf die Instandsetzungs-Richtlinie Fassung Oktober 2001 erfolgt, und damit der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie gegenwärtig für die Beurteilung der Rechtslage nicht einschlägig ist, sind dennoch für eine zukunftsgewandte Orientierung die dortigen Aussagen bedeutsam. Denn diese sind geeignet, das Verständnis dessen, was unter einer Ist-Zustandsfeststellung zu verstehen ist, zu prägen, wodurch die Schnittstelle zu § 650p Abs. 2 BGB berührt wird. Sind, wie der Teil 1 Abschnitt 4.2.3.4 des Entwurfs ausführt, die Ist-Zustandsfeststellung und -bewertung nach näherer Beschreibung „eine Leistung im Vorfeld der Planung“, dann sind damit die „Planungsgrundlagen“ des § 650p Abs. 2 BGB angesprochen. Und rechtlich ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen damit Gutachterleistungen oder Planungsleistungen vorliegen. Dem schließt sich weiter an, ob es sinnvoll ist, die Ist-Zustandsfeststellung und -bewertung, also die Erstellung der Planungsgrundlagen einem eigenständigen Vertrag zuzuweisen und davon die Planungsleistungen zu trennen. Das würde für eine strikte Trennung sorgen, was auch mittels eines Stufenvertrags gelingen würde. Auf diese Weise könnte auch gezielt die in § 650r BGB neue geschaffene Kündigungsregelung umgangen und damit von vornherein für klare Verhältnisse geschaffen werden. 2. Planungsrelevante Aussagen in Entwürfen der Instandhaltungs-Richtlinie In den verschiedenen Entwürfen weisen die planungsrelevanten Passagen durchaus unterschiedliche Formulierungen auf, weswegen bezüglich des Teils 1, der sich mit dem Anwendungsbereich und der Planung befasst, zu unterscheiden ist. 2.1 Entwurf Teil 1 vom Juni 2018 Der Teil 1 des Entwurfs trifft durchaus im Kontext vorausgehender Entwurfsfassungen aufschlussreiche Feststellungen hinsichtlich des Planereinsatzes bei Maßnahmen im Bestand. Nach Abschnitt 4.2.1 gehören zur „sachkundigen Planung“ einer Instandhaltung durch den Sachkundigen Planer (1) „Ermittlung, Darstellung und Beurteilung des Ist-Zustandes; als Beispiel werden genannt: Übereinstimmung mit Bestandsplänen, Vorgeschichte, Schädigungsgrad und -ausmaß, dauerhaftigkeitsrelevante Einwirkungen, statische Beanspruchung, Schadensursache, Abschätzung der weiteren Ist-Zustandsentwicklung. Weiter gehört dazu (2) die Festlegung des Mindest-Sollzustands, wie sich dieser aus den Standsicherheitsanforderungen, den Anforderungen an 13.2 Motzke.indd 484 14.01.20 14: 36 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 485 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags die Gebrauchstauglichkeit, die Verkehrssicherheit und den Brandschutz, jeweils in Abstimmung mit dem Auftraggeber; dieser Mindest-Sollzustand darf während der Restnutzungsdauer nicht unterschritten werden. (3) Der Ist- Zustand ist mit dem Mindest-Sollzustand zu vergleichen und die Restnutzungsdauer ist abzuschätzen. (4) Der Sachkundige Planer hat ein Instandhaltungskonzept mit eventuell mehreren Varianten unter Berücksichtigung der Aspekte der Wartung und der Inspektion zu erstellen, wobei wirtschaftlich begründete Lösungen aufzufinden sind. (5) Schließlich hat der Sachkundige Planer einen Instandhaltungsplan zu erstellen, der Aussagen zu Wartung und Inspektion einschließt. Der Bezug zum neuen Architekten- und Ingenieurvertrag wird im Abschnitt 4.2.3.4 (Instandsetzung) deutlich, wonach gem. (2) „im Vorfeld der Planung einer Instandsetzung durch eine Ermittlung und Beurteilung des Bauwerks oder Bauteilzustandes im Sinne von Abschnitt 4.2.3.2(1) der erforderliche Instandsetzungsbedarf / -umfang als Grundlage der Instandsetzungsplanung zu bestimmen ist, um eine ausreichende Planungssicherheit für die Instandsetzung zu erzielen.“ 1 Damit wird im Ergebnis auf die Inspektion und die damit verbundenen Maßnahmen verwiesen: Die Inspektion liegt „im Vorfeld der Planung“ und beinhaltet alle Maßnahmen zur Erfassung des Ist-Zustandes und zur frühzeitigen Erkennung von Veränderungen bzw. Abweichungen zum erwarteten Zustand eines Bauwerks bzw. Bauteils einschließlich der Ursachenfeststellung und der Beurteilung der Relevanz für die weitere Nutzungsdauer. Dabei kann diese Inspektion nach der Anmerkung bei Abschnitt 4.2.3.2 auch eine Begutachtung durch eigene Fachleute erforderlich machen. Damit liegt „im Vorfeld der Planung“ eine Inspektion des Bestands, die die Qualität eines Gutachtens annehmen kann. Denn ein Gutachten machen Feststellungen und Beurteilungen aus. Dieses Gutachten hat den Zweck, den erforderlichen Instandsetzungsbedarf/ -Umfang zu bestimmen, um die erforderliche Planungssicherheit zu erzielen (Abschnitt 4.2.3.4 des Richtlinien-Entwurfs, Stand Juni 2019). Zwischen einer Gutachterleistung und einer Planungsleistung ist zu unterscheiden. Unter Planung ist ein systematischer Prozess zur Festlegung von Zielen und künftigen Handlungen zu verstehen; „Planung bedeutet regelmäßig die Schaffung von etwas Neuem. Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands durch einen Sachverständigen. Ein Gutachten enthält eine allgemeine vertrauenswürdige Beurteilung eines Sachverhalts im Hinblick auf eine Fragestellung oder eine vorgegebenes Ziel und beinhaltet damit regelmäßig die Bewertung des 1 Hinweis: Die Unterzeichnungen stammen vom Verfasser Ist-Zustandes.“(so in der Bundesrats-Drucksache 395/ 09, S. 210, 211 zur HOAI,2009). 2.2 Planungsrelevante Aussagen in der vorausgegangenen Entwurfsfassung des Teils 1 vom November 2014 Die Fassung des Entwurfs des Teils 1 November 2014 hat die im „Vorfeld der Planung“ einer Instandsetzung liegenden Leistungen sprachlich noch deutlicher einer Gutachterleistung zugewiesen. Die Formulierung „Im Vorfeld der Planung“ ist schon 2014 verwendet worden. Aber der Abschnitt 3.2.3.4 (2) hat wie folgt formuliert: „Im Vorfeld der Planung einer Instandsetzung ist durch eine eingehende Begutachtung der erforderliche Instandsetzungsbedarf/ -umfang als Grundlage der Instandsetzungsplanung zu bestimmen, um eine ausreichende Planungssicherheit für die Instandsetzung zu erzielen. Dabei sind die Ergebnisse vorausgegangener Inspektionen zu berücksichtigen.“ In Vergleich zur Fassung vom November 2014 ist aus der dort im Abschnitt 3.2.3.4 (2) enthaltenen Beschreibung „durch eine eingehende Begutachtung“ in der Fassung vom Juni 2018 Abschnitt 4.2.3.4 (2) die Formulierung „durch eine Ermittlung und Beurteilung des Bauwerks- oder Bauteilzustands im Sinne von Abschnitt 4.2.3.2 (1)“ geworden.“ 2 Am Ergebnis, nämlich der rechtlichen Qualifizierung ändert dies nichts: Denn „die Ermittlung und Beurteilung“ eines Sachverhalts sind die klassischen Einordnungsmerkmale und Charakteristika eines Gutachtens. 2.3 Technikaussagen unterscheiden zwischen Gutachten und Planung Nach den einschlägigen Entwürfen des Teils 1 bedingt die Planung einer Instandsetzungsmaßnahme die Auseinandersetzung mit der vom Besteller gestellten Substanz. Dieses Stadium weisen sämtliche Entwürfe dem „Vorfeld der Planung“ zu. Damit wird dieser Abschnitt von der eigentlichen Planung abgesetzt. Die Tätigkeiten im „Vorfeld der Planung“ wurden im Entwurf November 2014 ausdrücklich als „Begutachtung“ bezeichnet, wobei sich an dieser Qualifikation nichts deshalb ändert, weil nunmehr, zuletzt in der Entwurfsfassung vom Juni 2018, die Umschreibung „Ermittlung und Beurteilung“ verwendet wird. Ganz im Gegenteil werden damit die Merkmale gutachterlicher Tätigkeit, nämlich Feststellung und Beurteilung angeführt. 2 Bemerkung: Dabei macht das gegenwärtig nach „Bauteilzustandes“ gesetzte Komma keinen Sinn! ! 13.2 Motzke.indd 485 14.01.20 14: 36 486 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags 2.4 Der Übergang vom Gutachten in die Planung nach Technikaussagen Entscheidend ist das Ende des Stadiums „Vorfeld der Planung“. Das wird nach dem Entwurf des Teils 1 Juni 2018, Abschnitt 4.2.3.4 (3) sehr deutlich: Die Planung beginnt mit der Erstellung eines Instandsetzungskonzepts und setzt sich fort mit der Erarbeitung eines Instandsetzungsplans, dem sich die Ausarbeitung einer Leistungsbeschreibung anschließt. Im Vorfeld der Planung werden die Grundlagen der Instandsetzungsplanung geschaffen. Auf diesen Grundlagen und damit auf den Ergebnissen der Feststellung und der Bewertung setzt die Planung in drei Schrittfolgen auf: Instandsetzungskonzept, Instandsetzungsplan und Erstellung einer Leistungsbeschreibung. 2.5 Rechtsfolgen Das bleibt nicht ohne Rechtsfolgen für die Beauftragung: Dies gerade im Hinblick auf die Reform des Werkvertragsrechts mit der Neuregelung des Architekten- und Ingenieurvertrags in § 650p Abs. 2 BGB. Wenn danach bei Fehlen einer Vereinbarung der Parteien über wesentliche Planungs- und Überwachungsziele der Planer zunächst eine Planungsgrundlage und eine Kosteneinschätzung zu erbringen hat, dann bewegen sich die Vertragsparteien „im Vorfeld der Planung“. Die Parteien befinden sich noch in der Zielfindungsphase. Denn mit der Ermittlung und Beurteilung des Ist-Zustandes will sich der Besteller erst des Bestandes vergewissern, kann der Besteller im Vergleich zum Ist-Zustand Festlegungen zum Mindest-Sollzustand treffen und sich hinsichtlich der Restnutzungsdauer schlüssig werden. Im Ergebnis besteht zwischen Technik und Recht Konkordanz. 3. Der Architekten- und Ingenieurvertrag seit 1.1.2018 Der Architekten- und Ingenieurvertrag ist seit 1.1.2018 ausdrücklich gesetzlich im BGB in §§ 650p ff. geregelt. Dabei macht es einen Unterschied, ob die Parteien unabhängig davon in welchem Umfang sie Planungsleistungen übertragen - in dem Vertrag wesentliche Planungs- und Überwachungsziele vereinbart haben oder es daran fehlt. Fehlt eine solche vereinbarte Festlegung von Planungs- und Überwachungszielen, dann hat der Planer unabhängig vom sonst übertragenen Leistungsumfang kraft gesetzlicher in § 650p Abs.2 BGB die für das Bauwerk erforderlichen Planungsgrundlagen und eine Kosteneinschätzung zu liefern. Dann befinden sich die vertragschließenden Parteien noch im Stadium der Zielfindung: Der Besteller weiß wegen Unkenntnis über den Bestand noch nicht, was er eigentlich will, ob das Budget für die auf ihn zukommende Maßnahme ausreicht; seine Vorstellungen sind jedenfalls noch vage. Die Frage, ob in einer solchen Phase überhaupt rechtswirksam ein Vertrag geschlossen werden kann, löst § 650p Abs. 2 BGB: Danach sind durch Planungsgrundlagen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich der Auftraggeber über die Planungsziele schlüssig werden kann. 3.1 Pflichten der Planer: Planungsgrundlagen, Kosteneinschätzung, Planungsleistungen Der Gesetzgeber unterscheidet damit in diesem Fall deutlich zwischen der eigentlichen Planung und den Planungsgrundlagen. Die Planungsgrundlagen sind von der eigentlichen Planung zu unterscheiden und damit nicht gleichzusetzen. Im Sinne der Ausführungen unter Ziff. 2 werden die Planungsgrundlagen „im Vorfeld der Planung“ erbracht. Die Materialien formulieren: „Der Entwurf verwendet bewusst das Wort „Planungsgrundlage“, um deutlich zu machen, dass es noch nicht um die eigentliche Planung geht.“ 3 Solche Planungsgrundlagen sind damit bei Betonerhaltungsmaßnahmen bei einer im Bestand vorhandenen Tiefgarage die Ermittlung und Beurteilung des Bauwerks zur Bestimmung des erforderlichen Instandsetzungsbedarfs und -umfangs im Vergleich zum festzulegenden Mindest-Sollzustand. Was die Technik als „im Vorfeld der Planung“ zu erbringende Leistungen bezeichnet, sind im Rechtssinne nichts anderes als die in § 650p Abs. 2 BGB genannten Planungsgrundlagen. Dabei erweitert die Bestimmung den Pflichtenumfang auf die Erstellung einer Kosteneinschätzung. Diese Planungsgrundlagen sind bei einer Instandhaltungsmaßnahme/ Instandsetzungsmaßnahme dann zu erbringen, wenn noch keine wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele im Architekten-/ Ingenieurvertrag vereinbart worden sind. Erst wenn der Besteller diesen Planungsgrundlagen und der Kosteneinschätzung zugestimmt hat, entstehen die weiteren Planungspflichten gem. § 650p Abs. 1 BGB. Erst nach dem erteilten Einverständnis des Auftraggebers mit den Planungsgrundlagen und der Kosteneinschätzung hat der Planer die Grundlagenermittlung, die Vorplanung, die Entwurfsplanung und die Ausführungsplanung zu erarbeiten, wenn im Vertrag diesbezüglich auf die Leistungskategorien der HOAI abgestellt wird. Der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie arbeitet mit den Begriffen Instandsetzungskonzept, Instandsetzungsplanung und Leistungsbeschreibung (vgl. Teil 1 Fassung Juni 2018, Abschnitt 4.2.3.4 (3)). 3.2 Wesentliche Planungs- und Überwachungsziele Ob die Parteien wesentliche Planungs- und Überwachungsziele im Architekten-/ Ingenieurvertrag vereinbart haben, wird zum Schlüssel für die Anwendung des § 650p Abs. 2 BGB und ist der Auslöser der Pflicht zur Erstellung der genannten Planungsgrundlagen. Deshalb 3 Bundestags-Drucksache 18/ 8486, S. 67. 13.2 Motzke.indd 486 14.01.20 14: 36 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 487 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags ist abzuklären, was wesentliche Planungs- und Überwachungsziele sind. Den Materialien 4 ist zu entnehmen, dass allein die Vereinbarung des Zwecks der Maßnahme nicht ausreicht. D.h. übertragen auf eine Instandsetzungsmaßnahme, dass die Vereinbarung der Parteien, Instandsetzungsziel sei die Sicherstellung der planmäßigen Nutzung des vorhandenen Bauwerks durch Anwendung von geeigneten Instandsetzungsprinzipien und den zugehörigen Verfahren 5 nicht ausreicht, um die Verpflichtung zur Erstellung der Planungsgrundlagen nicht auszulösen. Das leuchtet unmittelbar ein, weil darauf gestützt eine ausreichende Planungssicherheit in keiner Weise hergestellt ist. Eine Maßnahme im Bestand setzt für das Gelingen notwendig die Auseinandersetzung mit diesem Bestand voraus. Unter wesentlichen Planungs- und Überwachungszielen werden qualitative und quantitative Anforderungen an das Objekt gestellt sowie solche an die hierfür auszuführenden Maßnahmen; dazu kommen auch Kostenkomponenten und die in Betracht kommende Zeit. Die qualitativen Anforderungen können unterteilt werden in technische, funktionale und gestalterische Qualitäten. 6 Der Quantitätsaspekt lässt sich aufteilen in Flächen, Kubatur, Größe und sonstige für den Umfang einer Leistung kennzeichnende Umstände; 7 bezogen auf ein sanierungsbedürftiges Bestandsobjekt Tiefgarage geht es um die geschädigten Bauteile in den einzelnen Stockwerken und den Schadensumfang; das könnten bei Instandsetzungsmaßnahmen Aussagen über den Umfang und die Art von Schadstellen, die Länge der zu sanierenden Risse und die Abtragtiefe sein. Diesbezüglich besteht jedoch die Gefahr, dass insoweit bereits ein Übergang in die eigentliche Planung erfolgt. Die DIN 18205, Bedarfsplanung im Bauwesen, kann für die Ermittlung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele eine Hilfestellung bieten. Gerade die Informativen Anhänge bieten sich hierfür an. Die Kostenseite hat mit den ökonomischen Anforderungen nicht nur im Rahmen der Instandsetzung selbst, sondern auch mit den Betriebskosten in der weiteren Nutzungsphase über die Restnutzungsdauer zu tun, was Wirtschaftlichkeitsüberlegungen herausfordert. 3.3 Der Architekten-/ Ingenieurvertrag bzgl. einer Instandsetzungsplanung - ein Vertrag nach § 650o Abs.2 BGB Ein Architekten-/ Ingenieurvertrag, der die Instandsetzungsplanung einer Bestandstiefgarage zum Gegenstand hat, ist notwendig ein Vertrag, der nach § 650p Abs. 2 BGB abzuwickeln ist. Denn erst die Ist-Zustandsfeststellung und die Zustandsbewertung liefern die Informa- 4 Bundestags-Drucksache 18/ 8486, S. 67. 5 Vgl. Teil 3 des Entwurfs Juni 2018, T 1 - 21 6 Vgl. DIN 18205 -: 2016-11 Abschnitt 4.2. 7 Vgl. DIN 18205 -2016-11 Tabelle A. 3, quantitative Bedarfsangaben tionen, um wesentliche Planungs- und Überwachungsziele vereinbaren zu können: Das sind Risse, Risstiefe, Abplatzungen, Anzahl der Schadstellen, Chloridbelastung, Karbonatisierungstiefe, Korrosion der Bewehrung usw. Die Bewertung setzt sich mit den Ursachen und den Möglichkeiten der Schadensbehebung auseinander. Damit wie auch durch die Festlegung des Mindest-Sollzustands oder sonst zu erreichenden Zustands und die Abschätzung der Restnutzungsdauer werden die Grundlagen für die Planung geschaffen. 3.4 Zustandsfeststellung und Bewertung - Gutachterauftrag im Vorfeld der Planung Da es sich bei diesen Leistungen im Ergebnis um gutachterliche Feststellungen und Bewertungen handelt, ist die Frage aufzuwerfen, ob „im Vorfeld der Planung“ abweichend vom gesetzgeberischen Konzept (§ 650p Abs. 2 BGB) auf der Grundlage der Vertragsfreiheit nicht besser ein Gutachterauftrag erteilt werden sollte. 3.4.1 Gutachterauftrag Der Vorteil einer solchen Beauftragung besteht in der Schaffung klarer Verhältnisse. Die Feststellung und Bewertung sind Gegenstand dieses Auftrags. Die Qualität des Gutachtens und damit auch dessen inhaltliche Aussagen hängen entscheidend von den Vereinbarungen der Parteien ab: Mit welchen Methoden in welchem Umfang wird das Bestandsobjekt geprüft; welche Kosten ist der Besteller bereit auszugeben? Der Besteller kann auf dieser Grundlage über die Genauigkeit der zu erwartenden Ergebnisse selbst befinden. Der Planer als Gutachter hat bei entsprechender Dokumentation die Möglichkeit, sich auf die klar getroffenen Bedingungen und die Hinweise auf die zu erwartenden Ergebnisse berufen. Der Gutachter steht für seine Feststellungen und Bewertungen nach bestem Wissen und Gewissen ein, womit die Haftung entscheidend relativiert wird. Hat eine Planung richtig zu sein und ist sie entweder richtig oder falsch, enthält eine gutachterliche Feststellung bei entsprechenden Hinweisen auf die Rahmenbedingungen, unter denen die Feststellungen und Bewertungen getroffen worden sind, objektive und subjektive Haftungsschranken. Vor allem ist mit Erstellung des Gutachtens der Vertrag erfüllt und es liegt am Auftraggeber, ob er auf dieser Basis in einem zweiten Schritt den Planungsauftrag erteilt. Auf der Grundlage des Gutachtens können in diesem Architekten- oder Ingenieurvertrag die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele genau beschrieben werden. Mit diesem Vorgehen wird im Vergleich zum Abschluss eines Architekten-/ Ingenieurvertrags (vgl. nachfolgend Ziff. 3.5) vor allem die Anwendung von § 650r BGB vermieden, nämlich die Kündigung des Architektenvertrags, was ohne jeglichen Grund möglich ist, wenn die Planungsgrundlagen und die Kosteneinschätzung vorliegen. 13.2 Motzke.indd 487 14.01.20 14: 36 488 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags Die Abgrenzung gutachterlicher Leistung von den Planungsleistungen ist freilich eine Detailfrage und im Ergebnis so zu lösen, dass das Gutachten verlassen wird, wenn der Planer ein Instandsetzungskonzept liefert. Die Praxis unterscheidet zwischen bloß feststellenden Gutachten und Gutachten mit Planungscharakter. Ein Gutachten, dass „Sanierungsvorschläge“ unterbreitet , wird werkvertraglich so behandelt, dass die Planung und nicht das Gutachten das Werk darstellt. 3.4.2 Planung in Abgrenzung zum Gutachten Es wird eine Sache der Parteien sein, wie weit die Feststellung und Bewertung im Rahmen des Gutachtens betrieben wird, ob z.B. hinsichtlich der Risse die Rissart, der Rissverlauf, die Rissbreite, die Risstiefe auch hinsichtlich des jeweiligen Ausmaßes und damit des Umfang Gegenstand des Gutachtens oder erst des Instandsetzungskonzepts und des Instandsetzungsplans sein sollen. Gleiches gilt z.B. bzgl. des Korrosionszustands der Betonstähle und der Bewehrung wie auch des Umfangs und der Art der Schadstellen. 8 Solche detailreichen Feststellungen werden nach hier vertretener Auffassung immer noch im Rahmen eines Gutachtens erbracht. 3.5 Der einheitliche Architekten-/ Ingenieurvertrag bei fehlender Vereinbarung wesentlicher Planungs- und Überwachungsziele Schließen die Parteien einen Architekten-/ Ingenieurvertrag ohne Vereinbarung wesentlicher Planungs- und Überwachungsziele, z.B. durch folgenden Auftrag: „Dem Architektur-/ Ingenieurbüro Müller und Partner, Architekten und Ingenieure Bernd Müller und Hugo Schmidt, werden die Planungs- und Überwachungsleistungen bzgl. der Sanierung der Tiefgarage in Osterwalden, Georgistraße 7, gem, § 34 HOAI und Anlage 10 zur HOAI 2013, Leistungsphasen 1 bis 8, übertragen.“, dann kommt notwendig § 650p Abs.2 BGB zum Tragen. Im Rahmen dieses einen Vertrags hat das Büro zunächst die „Planungsgrundlagen“ und eine Kosteneinschätzung zu liefern. Diese Leistungspflichten entstehen auf der Grundlage des Vertrags durch das Gesetz. Ob diese Leistungen bereits durch die beauftragte Leistungsphase 1, nämlich durch die dort genannten Grundleistungen abgedeckt sind, ist im Streit und wird vom Verfasser verneint (vgl. nachfolgend Ziff. 4.) Das Ergebnis dieses ersten Leistungsschritts, zu dem auch eine Kosteneinschätzung gehört, ist dem Besteller zu überlassen. Praktisch hat das Architekturbüro mit diesen Leistungen „im Vorfeld der Planung“ genau das abzuarbeiten, was der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie im Abschnitt 4.2 2 als „Ermittlung und Beurteilung des Bauwerks- oder Bauteilzustandes“ bezeichnet, jedoch mit der Erweiterung, dass 8 Vgl. Entwurf Teil 1 Juni 2018, Tabelle 4.1. die Einschätzung der Kosten hinzukommt. Diese „Kosteneinschätzung“ darf nicht mit der „Kostenschätzung“ nach der DIN 276: 2018-12 verwechselt werden. Der Begriff „Kosteneinschätzung“ ist bewusst im Hinblick auf den Unterscheidungsbedarf gewählt. Ist die Kostenschätzung nach der genannten DIN 276 bis in die zweite Ebene der Kostengliederung vorzunehmen, kennt die DIN 276 den Begriff „Kosteneinschätzung“ überhaupt nicht; da es bei den Planungsgrundlagen darum geht, den Bedarf des Bestellers zu ermitteln, entspricht der terminus „Kosteneinschätzung“ am ehesten dem Begriff „Kostenrahmen“, den die DIN 276 Fassung 2018 so beschreibt: „Ermittlung der Kosten auf der Grundlage der Bedarfsplanung“. Entscheidend ist bei diesem „einheitlichen Vertragsschluss“, dass die weitere Abwicklung des - einen -Vertrags davon abhängt, ob der Besteller mit den Planungsgrundlagen, also mit dem Ermittlungs- und Beurteilungsergebnis samt Kosteneinschätzung einverstanden ist, denn § 650r BGB ermöglicht dem Auftraggeber die Kündigung des Vertrags ohne jeglichen Grund. Auch der Architekt kann dann, wenn der Besteller die Zustimmung verweigert oder innerhalb eine Frist von zwei Wochen nach Vorlage der Planungsgrundlagen samt Kosteneinschätzung keinerlei Erklärung abgibt, den Vertrag kündigen. Die Planungsgrundlagen samt Kosteneinschätzung dienen dem Besteller zur Zielfindung: Der Besteller soll dann in der Lage sein, mit dem beauftragten Planer Planungs- und Überwachungsziele zu vereinbaren, deren Erreichung Aufgabe der nachfolgenden Leistungen in den Leistungsphasen 1 bis 8 ist. Die Planungsgrundlagen und die Kosteneinschätzung erstellt der Planer nach Maßgabe des „Generalziels“ Sicherstellung der planmäßigen Nutzung des Bauwerks durch Anwendung von Instandsetzungsprinzipien und zugehörigen Instandsetzungsverfahren. Das nennt der Entwurf der Instandhaltungs-Richtlinie in T1 auf der Seite 21 das „Instantsetzungsziel“. Im Kündigungsfall zahlt der Besteller lediglich die bis dahin erbrachten Leistungen des Büros. Der Besteller kann über die Planungsgrundlagen verfügen, denn diese sind ja bezahlt. Die HOAI enthält für die Erstellung von „Planungsgrundlagen“ keine Honorarsätze, was auch damit zu tun hat, wo die Grenze zwischen Planungsleistungen und die Erbringung von Planungsgrundlagen verläuft. Das betrifft insbesondere den Fragenkreis, ob nicht die Grundleistungen in der Leistungsphase 1 der Anlage 10 zur HOAI 2013 im Kern nichts anderes als Planungsgrundlagen sind (vgl. nachfolgend Ziff. 4). 4. Die Aussagen der HOAI Einschlägig ist die Anlage 10. Die Lph 1 beschreibt die erste Grundleistung in a) wie folgt: „Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers.“ D.h.: Der Auftraggeber ist bereits in der Lage „Vorgaben“ zu machen oder eine 13.2 Motzke.indd 488 14.01.20 14: 36 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 489 Technische Regelwerke und die gesetzliche Neuregelung des Architekten-/ Ingenieurvertrags „Bedarfsplanung“ vorzulegen. Wenn dies in der HOAI auch nicht erwähnt wird, ist für diese „Bedarfsplanung“ in technischer Sicht die DIN 18205, Bedarfsplanung im Bauwesen, einschlägig. Diese Bedarfsplanung erweist sich, wenn sie vom Planer erstellt wird, gem. Lph 1, rechte Spalte, als Besondere Leistung. Gleiches gilt für die Bedarfsermittlung, die Bestandsaufnahme und die technische Substanzerkundung. 4.1 Aussagen der HOAI bzgl. Neubau einer Tiefgarage Der Neubau einer Tiefgarage steht regelmäßig in einem größeren Zusammenhang, z.B. mit der Errichtung eines Einkaufszentrums, einer Eigentumswohnungsanlage, eines Verwaltungsgebäudes, eines Krankenhauses oder sonstiger Bauwerke, deren Nutzung es notwendig macht, für Fahrzeuge Abstellmöglichkeiten zu schaffen. Dieses „Hauptgebäude“ definiert hinsichtlich der Tiefgarage/ des Parkhauses den Bedarf nach Art, Inhalt und Umfang. Eine Tiefgarage kann von einem Betreiber aber auch für die öffentliche Nutzung erstellt werden. D.h.: die Planungs- und Überwachungsziele hinsichtlich einer Tiefgarage werden durch das anderweitige „Hauptgebäude“ oder den „Hauptkomplex“ vorgegeben, dessen Bestandteil eine Tiefgarage dann auch regelmäßig ist. Die Bedarfsermittlung und die Bedarfsplanung hinsichtlich der Tiefgarage werden durch dieses „Hauptgebäude“ vorgegeben. Die DIN 18205, Bedarfsermittlung im Bauwesen“ ist einschlägig: wie viele Nutzer kommen in Betracht, welche Flächen werden für die Tiefgarage benötigt, wie viele Etagen sind damit erforderlich, welche Qualitätsanforderungen hinsichtlich der technischen Qualität und der Funktionalität werden gestellt, welche Gestaltungsanforderungen sind zu erfüllen, welche Nutzungsanforderungen sind zu berücksichtigen? Das alles sind aus der Sicht der HOAI in der Leistungsphase 1 Besondere Leistungen - Bedarfsermittlung und Bedarfsplanung - und sind nach den Einordnungsregeln des § 650p BGB Planungsgrundlagen und liegen im „Vorfeld der Planung“. D.h. auch, dass die Beachtung der Anforderungen der einschlägigen Länderverordnungen über den Bau und Betrieb von Garagen sowie über die Zahl der notwendigen Stellplätze (GaStellV) wie auch der Empfehlungen für Anlage des ruhenden Verkehrs (EAR 05) im Rahmen der Planung zu erfolgen hat. Das bedeutet: Planung und Ausführung von Tiefgaragen-Neubauten stehen im Dienste von zugeordneten „Hauptgebäuden“ oder dienen der Öffentlichkeit als Parkmöglichkeit und haben sich danach auszurichten. 4.2 Aussagen der HOAI bzgl. Instandsetzung einer Tiefgarage Der Planer hat sich dem Bestand zuzuwenden. Der Bestand und der Bestandszustand sowie die weiteren Nutzungsvorstellungen des Auftraggebers bestimmen die Bedarfsermittlung und Bestandsplanung. Bei Instandsetzungsmaßnahmen geht es nach der noch gültigen Instandsetzungs-Richtlinie von 2001 und nach sämtlichen Entwurfsfassungen der Instandhaltungs-Richtlinie um die Ermittlung und die Bewertung des Bestandsobjekts. Dieses Bestandsobjekt stellt der Besteller, mit diesem Objekt hat sich ein Planer technisch und gestalterisch auseinanderzusetzen. Das bedingt die Unterscheidung zwischen feststellenden und bewertenden Leistungen einerseits und darauf aufsetzenden Planerleistungen andererseits. Nach hier vertretener Auffassung beginnt die „eigentliche Planung“ mit der Grundlagenermittlung, die jedoch Vorgaben oder eine Bedarfsplanung, bzw. bei Bestandsmaßnahmen eine Bestandsaufnahme sowie eine technische Substanzerkundung voraussetzen. Diese Leistungen, nämlich bei Bestandsmaßnahmen die technische Substanzerkundung, die Bestandsaufnahme, die Bedarfsermittlung und die Bestandsplanung liegen sämtlich im Vorfeld der Planung und sind damit i.S. des § 650p Abs. 2 BGB „Planungsgrundlagen“. Die HOAI charakterisiert diese Leistungen als „Besondere Leistungen“, sie normiert hierfür keine Honorargrundsätze, sondern überlässt den Parteien die Honorarvereinbarungsfreiheit. 5. Vereinbarungsfreiheit der Parteien Es ist die Vertragsfreiheit der Parteien, die „im Vorfeld der Planung“ liegenden Feststellungs- und Beurteilungsleistungen mittels eines eigenständigen Gutachtervertrags zu beauftragen und damit einen Weg zu wählen, der die Anwendung von § 650p BGB und § 6503 BGB vermeidet. Regelmäßig können bei Planungsaufträgen im Bestand - Erhaltungsmaßnahmen - in einem Architekten-/ Ingenieurvertrag wesentliche Planungsziele und Überwachungsziele mangels Bestandskenntnis und Bestandsbewertung nicht vereinbart werden. Das führt notwendig bei einem geschlossenen Architekten-/ Ingenieurvertrag zur Anwendung von § 650p Abs. 2 BGB mit der Kündigungsmöglichkeit nach § 650r BGB. 13.2 Motzke.indd 489 14.01.20 14: 36