Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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2020
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Technische Akademie EsslingenInspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers
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Diana Holzwarth
Volker Buchholz
Während die Grundmaßnahmen der Instandhaltung, die Inspektion und die Wartung, bei allen Gewerken der Technischen Gebäudeausrüstung lange üblich und etabliert sind, ist dies beim eigentlichen Bauwerk noch keine weit verbreitete Routine. Nach der Errichtung oder Instandsetzung von Parkbauten gewinnt die Instandhaltung in Regelwerken und Merkblättern immer mehr an Bedeutung. Wie die Instandhaltung eines Bauwerks in der Praxis funktionieren kann und soll, lassen die Regelwerke und Merkblätter offen.
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9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 493 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers Dr. rer. nat. Diana Holzwarth KuA-Consult Ingenieurgesellschaft für das Bauwesen mbH, Darmstadt Volker Buchholz Fraport AG, Frankfurt Airport Services Worldwide Zusammenfassung Während die Grundmaßnahmen der Instandhaltung, die Inspektion und die Wartung, bei allen Gewerken der Technischen Gebäudeausrüstung lange üblich und etabliert sind, ist dies beim eigentlichen Bauwerk noch keine weit verbreitete Routine. Nach der Errichtung oder Instandsetzung von Parkbauten gewinnt die Instandhaltung in Regelwerken und Merkblättern immer mehr an Bedeutung. Wie die Instandhaltung eines Bauwerks in der Praxis funktionieren kann und soll, lassen die Regelwerke und Merkblätter offen. 1. Instandhaltungsmanagement bei Parkbauten Die vergleichsweise lange Nutzungsdauer von Park-bauten macht - im Kontext sich verändernder Rahmen-bedingungen, Eigentums- und Auftragsverhältnisse - eine Planung und das Management der Instandhaltung erforderlich. Die Entwicklung einer auf das jeweilige Objekt abge-stimmten Instandhaltungssystematik liegt in der Verant-wortung des Gebäudeeigentümers, Betreibers, Auftrag-gebers oder Bauherrn. Vereinfachend wird nachfolgend gleichbedeutend für alle gebräuchlichen Rollenbezeich-nungen der Begriff Eigentümer verwendet. 1.1 Die geplante Lebensdauer Der maßgebliche Lebenszyklus einer Tiefgarage, eines Parkhauses, beginnt nach der Errichtung mit der Nutzung. Mit einer mängelfreien Planung und Aus-führung werden im Idealfall solide Grundlagen für die Nutzungsphase geschaffen. Selbstverständlich ist dies nicht. Die Praxis zeigt nach wie vor, dass die Planung und Ausführung eines dauerhaften und robusten Parkhauses oder einer Tiefgarage planerisch anspruchs-voller ist, als dies zunächst erscheinen mag. In der Planungs- und in der Errichtungsphase gibt es viel-fältige Fehlerquellen. Die Weichenstellung für die Dauerhaftigkeit erfolgt dann mit einer bedarfsgerechten und regelmäßigen Instandhaltung. Abhängig von der Konstruktion, den verwendeten Baustoffen/ Materialien, der Ausführungsqualität und der Intensität der Beanspruchung unterliegen die Bauteile von Parkbauten, zusammen mit den zuge-hörigen Oberflächenschutzsystemen, unterschiedlichen Lebensdauern. Allen Ausführungen gemein ist die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Bauwerk als Ganzes, ohne die notwendigen Maßnahmen der Instandhaltung, die planmäßige Nutzungsdauer von in der Regel mindestens 50 Jahren nicht uneingeschränkt erreichen wird. Entscheidend ist es, dass mit einer bedarfsgerechten Instandhaltung des Gebäudes am ersten Tag der Nutzung begonnen wird. In den ersten Jahren, in der Gewährleistungsphase des Errichters des jeweiligen Gewerks, wird zumeist noch gehandelt, um einen möglichen Gewährleistungsan-spruch nicht zu gefährden. Danach hängt es von der Einstellung des Eigentümers ab, wie intensiv die Instandhaltung betrieben wird. 1.2 Grundmaßnahmen der Instandhaltung Grundlage der nachfolgenden Begriffserläuterungen bildet DIN 31051 [1] bzw. DIN EN 13306 [2]. Die Instandhaltung wird als Gesamtheit der Maßnahmen definiert, die während des Lebenszyklus einer Einheit, hier eines Parkbauwerks, durchgeführt werden, um dessen Funktionsfähigkeit zu erhalten oder wiederher-zustellen. Nach DIN 31051 sind Grundmaßnahmen der Instand-haltung Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung. Der Fokus liegt im Folgenden auf der Inspektion und der Wartung. buch2.indb 493 13.01.20 15: 41 494 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers 1.2.1 Inspektion Zur Inspektion zählen Maßnahmen, die dazu dienen, den Ist-Zustand festzustellen und zu beurteilen, die Ursachen von Sollabweichungen (Alterung, Verschleiß, Schäden, usw.) zu bestimmen, sowie die notwendigen Konsequenzen für die Wiederherstellung des Soll-Zustandes abzuleiten. Inspektionen können visuell und/ oder durch technologische Untersuchungen erfolgen. Jede ortskundige mit einem Bauwerk vertraute - Person kann eine Inspektion durchführen, um Ab-weichungen vom Istzum Soll-Zustand zu erfassen. Um festgestellte Abweichungen ingenieurmäßig bewerten zu können, bedarf es jedoch eines Sachkundigen, im Idealfall eines Sachkundigen Planers für Betoninstand-setzung. Ein Sachkundiger Planer kann aufgrund seiner Expertise aus den Inspektionsergebnissen den Hand-lungsbedarf ermitteln und die Dringlichkeit und die Art der Maßnahmen zur Wiederherstellung des Soll-Zustandes ableiten. Die Erfahrung und besondere Sachkunde bringt mit sich, dass die Inspektion zielgerichteter vorgenommen wird, als dies durch einen lediglich Ortskundigen der Fall wäre. Inspektionsintervalle sind ausgehend von den während des Errichtens eines Neubaus oder einer Instandsetzung vorgegebenen Planungen festzulegen. Wie häufig Gebäude bzw. Gebäude- oder Bauteile zu inspizieren sind, hängt von den individuellen örtlichen und gebäudespezifischen Rahmenbedingungen ab. Ein ziel-gerichteter und bedarfsabhängiger Instandhaltungsplan sollte unter Berücksichtigung der Richtlinien und individueller betrieblicher bzw. gebäudetypischer Gegebenheiten entwickelt und mit dem Eigentümer abgestimmt werden. Treten zwischen definierten Inspektionszyklen besondere Ereignisse (Erdbeben, Unfälle, Wassereinbrüche, sonstige Schadensfälle) auf, können in Abstimmung mit dem Eigentümer weitere Inspektionen notwendig werden. Eine Inspektion mit Ableitung einer Handlungsempfehlung an den Eigen-tümer wie sie hier verstanden werden soll, ist nicht mit der Planung einer Instandsetzung gleichzusetzen. 1.2.2 Wartung Zur Wartung zählen Maßnahmen, die, durch frühzei-tiges Beseitigen von alterungs- oder nutzungsbedingten Schädigungen, die Gebrauchstauglichkeit eines Bau-teils, eines Oberflächenschutz- oder Instandsetzungs-systems sicherstellen. Die Wartung von Parkbauten erfolgt nach den vertraglichen Vorgaben und, so denn vorhanden, dem vom Eigentümer überlassenen Instand-haltungsplan. Bei der Wartung ist die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung des Soll-Zustandes Ziel der Planung und Ausführung. Bei Parkbauten können zum Beispiel der Austausch von Fugendichtstoffen und die wieder-kehrende regelmäßige Erneuerung eines Oberflächenschutzsystems als Wartungsleistungen angesehen werden. Maßnahmen zur Verbesserung des Ist-Zustandes können ergänzend in den Instandhaltungsbzw. Wartungsplan mit aufgenommen werden und so Aus-führungsbestandteil für das Wartungsunternehmen sein. 1.2.3 Instandsetzung Instandsetzungsmaßnahmen werden erforderlich, wenn die Gebrauchstauglichkeit und/ oder die Tragfähigkeit eines Bauwerks oder Bauteils ohne verbessernden Charakter wiederherzustellen ist. Die Instandsetzung erfolgt nach einem Instandsetzungskonzept, das in der Regel mehrere Instandsetzungsvarianten enthält, und dem anschließend erstellten detaillierten Instand-setzungsplan zur gewählten Ausführungsvariante. Instandsetzungen sind nach den Erfahrungen der Verfasser häufig das Ergebnis nicht erfolgter Inspektionen und Wartungen. 1.3 Dokumentation Für eine zielorientierte Instandhaltung bedarf es einer geeigneten Dokumentation alles Geschehenen. Auch Unterlagen aus der Planungs- und Errichtungsphase sind wichtige Bestandteile einer Dokumentation als Grundlage für Instandhaltungsmaßnahmen. Darunter fallen z.B. Bauantrag und Baugenehmigung, Bestandspläne, Vergabeunterlagen, statische Berech-nungen, Leistungsverzeichnisse oder Änderungspla-nungen noch während der Bauausführung. Diese Informationen, ob technischer, wirtschaftlicher, orga-nisatorischer, rechtlicher, steuerlicher oder allgemeiner Art, sind unerlässlich für das Management der Instandhaltung. Diese Form der Dokumentation, beispielsweise in Form eines Bauwerksbuches, beinhaltet alle relevanten Informationen dazu, wann das Betonbauwerk unter Verwendung von welchen Materialien erstellt wurde, wann es inspiziert, wann es gewartet wurde, welche Instandsetzungsmaßnahmen oder sonstige Maßnahmen durchgeführt wurden. Auch heute noch liegt in der mangelnden Doku-mentation des Geschehenen, sowohl in der Planungs- und Errichtungsals auch in der Nutzungsphase, ein großes Problem. Durch mangelndes Verständnis, unzu-reichende Prozesse, Eigentümerwechsel, Wechsel der handelnden Personen und andere Gründe gehen viele Informationen, Unterlagen und Pläne zu einem Objekt verloren oder werden erst gar nicht verwahrt. Das Problem liegt im Wesentlichen auf Seiten des Eigentümers. Er muss oftmals für die vorgenannten Veränderungen deutlich mehr Zeit und Geld auf-wenden, als dies der Fall wäre, wenn es zum Objekt eine ausreichend lückenlose Dokumentation der in der Vergangenheit durchgeführten Maßnahmen gäbe. Dabei helfen kann die Erstellung und Pflege eines Bauwerksbuches, vergleichbar mit einer Mischung aus Fahrzeugbrief und Servicescheckheft beim eigenen Auto. Wie buch2.indb 494 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 495 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers so etwas in der Praxis aussehen kann, zeigt beispielsweise das Merkblatt „Bauwerksbuch“ des DBV [3]. Die Herausforderung liegt erfahrungsgemäß weniger in der Erstellung, sondern vielmehr in der kontinuier-lichen Pflege eines Bauwerksbuches oder einer ähnlich gearteten Dokumentationssammlung. In dem 50 und mehr Jahre andauernden Zeitraum der Nutzung ergeben sich naturgemäß immer Wechsel in der Betreuung von Gebäuden. Je besser die Vergangen-heit dokumentiert wurde, desto leichter fällt es neuen Akteuren nahtlos an das Geschehene anzuknüpfen bzw. neue Maßnahmen darauf aufzusetzen. 1.4 Besonderheiten aus Sicht des Eigentümers Die Verpflichtung des Garageneigentümers zur Instand-haltung seines Parkhauses bzw. seiner Tiefgarage ergibt sich zunächst bauordnungsrechtlich aus der jeweiligen Landesbauordnung bzw. in der Frage der Haftung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Der § 3 der Musterbauordnung besagt: „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“ Wird dem zuwider gehandelt, kann der Betreiber, genauer der zur Instandhaltung Verpflichtete (in erster Instanz der Eigentümer), in Haftung geraten. Dazu sagt der Gesetzgeber in den §§ 836ff BGB: „Wird … durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes … die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ Der Fokus der rechtlichen Anforderungen liegt im Kontext der Betreiberhaftung und der Verkehrs-sicherungspflicht. Hier geht es primär um die Vermeidung von Schäden und Folgen für Dritte. Wenn Folgeschäden für Dritte bevorstehen, bspw. durch Betonabplatzungen oder aggressives Tropfwasser aus Trennrissen, ist bereits wertvolle Zeit für die Instandhaltung verstrichen. Die Vermeidung von Schädigungen Dritter und damit einhergehend die Vermeidung von Haftungsrisiken ist sicherlich eine mögliche Motivation zur Instandhaltung der Gebäudesubstanz. Die wirtschaftlich sinnvollere Motivation ist der Werterhalt der Immobilie. Während der Objektplaner bei anderen üblichen Bauwerken ein großes Augenmerk auf das Fernhalten von Wasser vom Gebäude legen muss, werden bei der planmäßigen Nutzung von Parkbauten große Mengen an Schleppwasser oder Schlagregen ins Gebäude einge-tragen. Dies macht die Planung und Instandhaltung von Parkbauten so besonders und anspruchsvoll. Die Belas-tungen aus mechanischer, dynamischer und chemischer Beanspruchung sind vergleichbar mit denen von Verkehrsbauwerken. Diesem Umstand muss in der Planung, der Errichtung, dem Betrieb und der Instand-haltung Rechnung getragen werden. Bis es allerdings zu einer Gefährdung durch Ausbrüche oder Ablösungen kommt, können viele Jahre vergehen. Dass notwendige Instandhaltungs- und Instandsetzungs-maßnahmen häufig verschleppt werden, liegt auch daran, dass die in Parkbauten typischen und nutzungs-bedingten Schäden (Karbonatisierung, chloridinduzierte Korrosion) überwiegend im Verborgenen, im Beton, stattfinden. Treten erste Anzeichen in Form von Korrosionsspuren auf, behilft man sich auch gern mit einem neuen Anstrich. Nach dem Motto: „Das geht ja noch“, verstreicht dann weitere kostbare Zeit. Mit Durchführung einer regelmäßigen Instandhaltungs-routine aus Inspektion und daran, bei Bedarf, anschließender Wartung bzw. Instandsetzung, würden umfangreiche und meist sehr kostenintensive Instand-setzungsmaßnahmen verhindert. Neben den Kosten ließen sich auch die mit einer großen Instandsetzung meist einhergehenden betrieblichen und kapazitativen Einschränkungen vermeiden. Die Inspektionen sollten idealerweise durch einen mit Schadensbildern in Parkbauten und deren Beseitigung vertrauten Sachkundigen Planer durchgeführt werden. Der Sachkundige Planer kann, abgeleitet aus den Inspektionsergebnissen, Wartungsbzw. Instand-setzungsmaßnahmen festlegen und deren fachgerechte Durchführung auf Wunsch des Auftraggebers begleiten. Für den Eigentümer entstehen dadurch regelmäßige Kosten für die Inspektionen, die dafür notwendige Ingenieurleistung und die Durchführungsbegleitung. Dafür hat er aber auch die Gewissheit, dass der Mangel, der Schaden, die Sollabweichung fachgerecht beseitigt wird. In der Regel ist ein Sachkundiger Planer, anders als viele nicht sachkundige Eigentümer, auch in der Lage, Gewährleistungsmängel als solche zu identi-fizieren. Die den Inspektionen ggf. nachfolgenden Wartungs- und Instandsetzungskosten sind Sowieso-Kosten die im Zuge einer regelmäßigen Instandhaltung ohnehin an-fallen würden. Eine vorgenannte Systematik aus Inspektion durch einen Sachkundigen Planer und einem Wartungsunternehmen für die Mängelbeseitigung wird sich über die Nutzungsdauer immer rechnen. Nicht nur auf Seiten des Eigentümers häufig nicht bekannt, schuldet die Planung sowohl bei Neubauten als auch im Zuge von Instandsetzungsmaßnahmen einen Instandhaltungsbzw. Wartungsplan. (s. hierzu bspw. EC2 mit Nationalem Anhang A1 [4]). Diese Planungsleistung ist keine Regelleistung und muss gesondert vergütet werden (bspw. Besondere Leistung der Leistungsphase 9 gem. HOAI 2013). Ein regelmäßig wiederkehrender Ablauf aus Inspektion und Wartung muss, bspw. in einem Instandhaltungs-plan, auf das jeweilige Objekt und die dort gegebenen betrieblichen Rahmenbedingungen abgestimmt sein. Da im Idealfall alle relevanten Flächen begutachtet werden buch2.indb 495 13.01.20 15: 41 496 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers sollten, bieten sich in Parkbauten die Betriebs-ruhezeiten, i. d. R. in den Nachtstunden, an. Stehen Betriebsruhezeiten nicht zur Verfügung, kann die Koordination und Durchführung von Inspektionen eine logistische Herausforderung werden. Gleiches gilt, je nach notwendigem Umfang, für die nachlaufenden Wartungsleistungen. Hier ist eine intensive Befassung mit dem Objekt und eine enge Abstimmung mit dem Eigentümer enorm wichtig. 1.5 Besonderheiten aus Sicht des Sachkundigen Planers Sachkundige Planer für die Instandsetzung von Betonbauwerken sind durch die Überarbeitung der RiLi SIB 2001 [5] und die Definition vielfältiger Aufgaben in Bezug auf die Bewertung und Erhaltung von Betonbauwerken in der Pflicht, den Eigentümer über die Risiken einer mangelnden Pflege und Wartung seiner Gebäude aufzuklären. Sofern ein Gebäude noch keinen offensichtlichen Schaden und somit Handlungsbedarf aufweist, ist der Sachkundige Planer gehalten den Eigentümer im Rahmen der Aufklärungspflicht von Inspektionen zu überzeugen. Hier besteht allerdings der Zwiespalt zwischen Aufklärungspflicht und Akquisetätigkeit. Viele Auftraggeber werden in der Empfehlung lediglich Akquise sehen, da die Inspektionen sinnvoller Weise von einem Sachkundigen Planer überwacht und bewertet werden sollten. Hier zu überzeugen, dass ein regelmäßiges Monitoring, verbunden mit Empfeh-lungen, zum Werterhalt und zur Dauerhaftigkeit von Immobilien beiträgt, ist ohne entsprechende Aufklärung über Schadensmechanismen und deren Auswirkungen nur schwer zu erreichen. Es bedarf des Dialoges mit dem Eigentümer. Abb. 01: Durch Inspektion und Wartung vermeidbares Schadensbild Im Rückblick auf die Entwicklung der Betoninstand-setzung war es noch vor zwei bis drei Jahrzenten verpönt die uneingeschränkte Dauerhaftigkeit von Stahlbeton anzuzweifeln. Daher gab es per Definition auch keine Betonschäden. Dauerhaft konnte man die Augen jedoch nicht mehr vor den Schäden verschließen, sodass sich einige Personen zusammenfanden, um ein Merkblatt zu erstellen, mit dem Ziel, in Anlehnung an die Wartung von technischen Anlagen und Kraftfahrzeugen, Inspektion und Wartung auch für Betonbauwerke zu definieren. Durch den Bezug zu technischen Verschleißteilen in der Vorlage sind einige Definitionen vorgegeben und übernommen worden, die sich bei der Bewertung von Betonbauteilen als missverständlich herausstellen. Ist in technischen Bereichen wie KFZ und TGA mit der Wartung auch immer der Austausch von Stoffen oder Teilen verbunden, kann diese bei Stahlbetonbauteilen nur zweifelsfrei auf wenige Teile (z. B. Fugen, Versiegelungen etc.) in dieser eng gefassten Form übertragen werden. Daher sollte inner-halb des Wartungsbegriffes für Betonbauteile auch immer ein gewisser Rahmen für kleinere Instand-setzungsmaßnahmen von Schadstellen berücksichtigt werden. Letztendlich ist die Definition wo die Instandsetzung beginnt und wo die Wartung endet nicht das aus-schlaggebende Kriterium, sofern, unter Berück-sichtigung der Normen und Richtlinien, fallspezifische Festlegungen der zu betrachtenden und zu bewertenden Parameter zwischen den Vertragspartnern getroffen werden. Diese Festlegung beginnt bereits mit dem Umfang und den Anforderungen der Inspektion. Auch hier gibt es mannigfache Möglichkeiten den Umfang festzulegen. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt der Beauftragung und das Alter des Bauwerks. So kann es je nach Zustand des Gebäudes oder Bauteils notwendig sein einer „klassischen Inspektion“ eine Zustands-erfassung vorausgehen zu lassen, die aufwendigere Untersuchungen und Recherchen beinhaltet als eine turnusmäßige Inspektion basierend auf einem bereits festgestellten, definierten Ausgangszustand. Bei Errichtung eines Gebäudes und bei der Instand-setzung ist ein Instandhaltungsplan zu erstellen, der auf Grundlage festgestellter, gebäudespezifischer Parameter die Inspektions- und Wartungsintervalle und deren Leistung festhält. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll jeder Wartung eine Inspektion vorausgehen zu lassen, die die Inhalte der Wartungsleistung definiert oder darauf hinweist, dass teilweise bereits größere Maßnahmen für einen Werterhalt oder die Verkehrssicherheit notwendig sind. Im Vorfeld kann es sinnvoll sein, ein exem-plarisches LV für diverse Wartungs- und Reparatur-leistungen unterschiedlicher Größe zu erstellen und bepreisen zu lassen, auf das der Eigentümer im Bedarfs-fall, innerhalb seines hierfür zurückgestellten Budgets, zurückgreifen kann. Das LV dient der Wartungsfirma als Grundlage für die Abrechnung kleinerer Instandsetzungen und dem Auftraggeber zur Preissicherheit und zur Einhaltung eines begrenzten Limits. Je nach Bauwerk können hierbei insbesondere die gängigen Verschleißteile berücksichtigt werden ebenso wie unterschiedlich große Schadstellen. buch2.indb 496 13.01.20 15: 41 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 497 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers 1.5.1 Wie sollte die Inspektion aussehen? Je nach Vorbedingungen ist es empfehlenswert den Umfang zusammen mit dem Eigentümer festzulegen. Ausgehend von den Vorstellungen des Eigentümers können die Maßnahmen im Zuge der Inspektion, von zerstörungsfreier Zustandserfassung bis hin zu Bepro-bungen reichen. Auch die Zugänglichkeit der Bauteile und die Erfassung der nicht zugänglichen Bereiche ist notwendig für einen lückenlose Dokumentation. Wie bereits zuvor erwähnt ist evtl. auch eine um-fassende Untersuchung des Bauwerks als Grundlage eines noch zu erstellenden Instandhaltungsplans und der Festlegung weiterer Inspektionen notwendig. Die Bereitstellung von Planunterlagen und bereits vorhan-denen Dokumentationen ist vom Auftraggeber zu erbringen oder entsprechend zu vergüten, sollte der Sachkundige Planer mit den Recherchen beauftragt werden. Im Rahmen der Pflichten ist der Sachkundige Planer an die Vorgaben aus Normen, Richtlinien und Merkblättern gebunden. So kann es sein, dass ein Inspektions-rhythmus vorgegeben ist. Sollte dieser Rhythmus nicht mit den betrieblichen Begebenheiten wie Sperrungen und Reinigungszyklen der Parkierungsanlagen verein-bar sein, sind die Abweichung von den Vorgaben zu dokumentieren und eine sowohl betriebliche als auch sicherheitsrelevante Lösung zu vereinbaren. Häufig ergeben sich auch Inspektionsrhythmen, die mehrmals pro Jahr durchzuführen sind. Dies geschieht dann, wenn die Restlaufzeit eines Gebäudes bereits überschritten ist, der Rückbau oder die Instandsetzung jedoch erst in einigen Jahren erfolgen soll. Wird das Gebäude in diesem Zeitraum noch genutzt, ist eine engmaschige Überprüfung der Gebrauchstaug-lichkeit und der Verkehrssicherheit unbedingt einzu-halten. Hierbei ist es unbedingt notwendig im Bedarfs-fall auch Bereiche zu sperren, sollten keine Verbesse-rungsmaßnahmen erfolgen. Hier ist darauf zu achten, dass die Inspektion nicht missbraucht wird, um Instand-setzungsmaßnahmen generell zu umgehen. Die Frage bleibt inwieweit man hier aufeinander zugehen kann ohne die Bedürfnisse, Rechte und Pflichten des Vertragspartners zu untergraben. Hierbei ist der Sachkundige Planer gut beraten, das Risiko im Vorfeld in Zusammenarbeit mit einem Tragwerksplaner genau zu bewerten. 1.5.2 Dokumentation der Inspektion Der Bericht des Sachkundigen Planers sollte mindestens nachfolgende Informationen enthalten. Gebäudedaten: - Auftraggeber, Ansprechpartner - Lage, Adresse - Art des Gebäudes (z.B. Parkhaus) - Gebäudeteil (z.B. Freideck). Verwendete, genutzte Unterlagen: - Instandhaltungsplan - Planunterlagen (Art und Datum) - Vorhandene Dokumentationen zu Bau, Instand-setzung etc. oder alternativ Verweis auf Bauwerks-buch, falls vorhanden - Darstellung der Bestandsaufnahme - Zuordnung der Abweichungen über Planunterlagen oder Skizzen - Fotodokumentation mit Zuordnungsmöglichkeit (Übersichtsbild mit charakteristischem Ausschnitt wie Parkplatz Nr. im Bild markiert Position der zugehörigen Detailaufnahme). - Beschreibung der benannten Abweichungen evtl. mit zusätzlichen Kennwerten (Cl, Betondeckung), falls im vertragsumfang enthalten - Benennung der nicht zugänglichen Bereiche. Die Zusammenfassung mit Empfehlungen für Wartungen oder Instandsetzungen sollte gegliedert sein z. B.: - Kurzfristig auszuführende Maßnahmen - Mittelfristig auszuführende Maßnahmen - Langfristig auszuführende Maßnahmen - Erster grober Kostenrahmen Diese Gliederung, in Verbindung mit einem Muster-LV für gängige Wartungs- und Instandsetzungleistungen, erleichtert dem Eigentümer die Bildung von Rücklagen. Die Erstellung eines solchen LVs ist Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen und eine zusätzliche Leistung zur Inspektion an sich. Neben den genannten Punkten sollten auch Hinweise auf Abweichungen der Technischen Anlagen vom Soll-Zustand dokumentiert werden, insbesondere der Entwässerung. Schadhafte Entwässerungseinrichtungen sind häufig die Ursache für Betonschäden. Abb. 02 Beispiel für eine nicht gewartete Entwässerung Aus den geschilderten Anforderungen wird unseres Erachtens klar, dass die Bewertung durch Personen mit ausreichender Sachkunde, Erfahrung und Kenntnis der Vielzahl an Bestimmungen und Regeln erfolgen muss. buch2.indb 497 13.01.20 15: 41 498 9. Kolloquium Parkbauten - Februar 2020 Inspektion und Wartung von Parkbauten aus Sicht des Eigentümers und des Sachkundigen Planers Literaturverzeichnis [1] DIN 31051 - Grundlagen der Instandhaltung Fassung 2012 [2] DIN EN 13306 - Instandhaltung - Begriffe der Instandhaltung - Fassung 2010 [3] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) Merkblatt „Bauwerksbuch“ Fassung 2007 [4] DIN EN 1992-1-1-NA-A1 - 2015-12 - Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken (EC2) [5] DAfStb - Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Rili SIB). Ausgabe 2001 buch2.indb 498 13.01.20 15: 41
