eJournals Kolloquium Parkbauten 10/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0208
2022
101 Technische Akademie Esslingen

Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Fugensystemen in Parkbauten

0208
2022
Stephan Sinz
Fugen sind Schwachstellen eines Bauwerks, in der Bauausführung aber unumgänglich. Fehler in der Planung oder Ausführung von Fugen führen jedoch zu beträchtlichen Schäden. Deshalb ist bei Einsatz von Fugen-Profilsystemen in Parkbauten größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt geboten. Bei Fugensystemen in Parkbauten ist insbesondere darauf zu achten, dass das Fugenprofil dauerhaft wasserdicht an die angrenzende Oberflächenabdichtung, sei es ein OS-System oder eine bituminöse Bauweise, angeschlossen wird. In diesem Beitrag werden neben Hinweisen zur Planung von Fugen wichtige Hinweise zur Ausführung, insbesondere dem Anschluss an die verschiedenen Abdichtungsarten, gegeben.
kpb1010033
10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 33 Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Fugensystemen in Parkbauten Grundlagen, Bemessung, Auswahl Stephan Sinz, Dipl.-Ing. Leiter Produktmanagement, Migua Fugensysteme GmbH, Wülfrath Zusammenfassung Fugen sind Schwachstellen eines Bauwerks, in der Bauausführung aber unumgänglich. Fehler in der Planung oder Ausführung von Fugen führen jedoch zu beträchtlichen Schäden. Deshalb ist bei Einsatz von Fugen-Profilsystemen in Parkbauten größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt geboten. Bei Fugensystemen in Parkbauten ist insbesondere darauf zu achten, dass das Fugenprofil dauerhaft wasserdicht an die angrenzende Oberflächenabdichtung, sei es ein OS-System oder eine bituminöse Bauweise, angeschlossen wird. In diesem Beitrag werden neben Hinweisen zur Planung von Fugen wichtige Hinweise zur Ausführung, insbesondere dem Anschluss an die verschiedenen Abdichtungsarten, gegeben. 1. Planung Eine Bewegungsfuge ist eine geplante Unterbrechung einer Konstruktion zur Vermeidung von Rissen. Eine Fuge hat zahlreiche wesentliche Aufgaben im Bauwerk zu übernehmen, wird aber im laufenden Baubetrieb oft wenig beachtet. So kommt es teils zu verheerenden Fehlern, die mit der richtigen Vorgehensweise zu verhindern sind. Die Bewegungsfugen des Rohbaus sind für den Gebrauch bis in die Oberkante des Fußbodens mit Hilfe von Fugenprofilsystemen so zu übernehmen, dass die Gebrauchstauglichkeit dauerhaft gegeben ist. Basis ist die richtige Planung. Dazu gehört zu allererst die Aufnahme der wesentlichen Anforderungen an ein zu passendes Fugensystem. Bei Parkbauten ist es unabdingbar, dass nur baurechtlich zugelassene wasserdichte Fugensysteme eingeplant werden, um einen Chlorid-eintrag im Bereich der Fuge dauerhaft auszuschließen. Dabei ist es absolut wichtig, wasserdicht an die jeweilige Oberflächenabdichtung anzuschließen, sei es ein OS- System oder eine bituminöse Bauweise. Eine sogenannte dauerelastische Verfüllung mit Fugenmassen ist für Parkbauten absolut ungeeignet. Im Folgenden sind eine Reihe von Merkmalen für die Auslegung eines Fugensystems festzulegen. Dies ergibt sich aus der geplanten Nutzung sowie der Tragkonstruktion. Bild 1: Einflussfaktoren auf die Profilbemessung 2. Bemesssung Zu den festzulegenden Bemessungsdaten gehören zunächst die Fugenbreite sowie die Fugenbewegung in allen drei Dimensionen, also Öffnung, Scherung und Setzung. Für die Bewegungsaufnahme im Profil ist die vektorielle Addition der drei Kennwerte entscheidend. Für diese Bewegungsdaten ist ein Profil passgenau zu dimensio- 34 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Fugensystemen in Parkbauten nieren. Dabei sind alle Lastzustände einzuplanen und zu berücksichtigen, dass die Bewegungen nicht immer symmetrisch ablaufen. Bild 2: Bemessungsdaten für Fugenprofilsysteme Selbst wenn z.B. keine Scherung rechnerisch zu erwarten ist, kann durch die vorhandene Geometrie -z.B. bei einem z-Versatz oder 90°Winkeldie Bewegung quer zur Fuge zu einer Scherung des Profils führen. Die Vielzahl der möglichen Fugenverläufe muss durch passgenaue Formteile des Fugensystems abgebildet werden können. Dabei ist die durch den Baukörper vorgegebene Fugengeometrie mit dem Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, können die Bauteilbewegungen nicht im Profil übernommen werden. Schäden und Abrisse wären die Folge. Bild 3: Beispielhafte Formteile für Fugenprofilsysteme Gleiches gilt für Endstücke, Endaufkantungen. Da ein bewegliches stumpf an eine Wand geführtes Bewegungselement nicht dicht abschließen kann, sind Endstücke für die Dichtigkeit und Bewegungsaufnahme an den Profilenden zwingend notwendig. Die Höhe der Aufkantungen ist individuell festzulegen. Bild 4: Formteil/ Endaufkantung an Türdurchgang Fugenprofile, sollten in der Fugenbreite und Fugenbewegung anpassbar sein, um bei ungeplanten, großen Bewegungen, dennoch Lösungen zu bieten. Dies kann z.B. durch die Austauschmöglichkeit der mittleren Bewegungseinlage sichergestellt werden. Bild 5: verschiedene Bewegungseinlagen Bild 6: Bemessungsdaten für Fugenprofilsysteme 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 35 Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Fugensystemen in Parkbauten Die Profilhöhe ist von Bodenaufbau abhängig und sollte in Abhängigkeit der Ebenheitstoleranzen festgelegt werden. Dabei wird das Profilsystem immer auf einen dünnen, ausgleichenden Fugenglattstrich gesetzt und benötigt einen lastabtragenden Untergrund, meist die Geschossdecke. Besondere Berücksichtigung bedarf die Festlegung der einwirkenden statischen oder dynamischen Lasten. Die Profilbemessung erfordert die Angabe von Linienlasten oder den direkten Bezug auf die DIN 1991. Bei Einsatz von Staplern und Hubwagen mit harten Rollen sind unbedingt Einzelfallbetrachtungen der Radlasten durchzuführen. Bild 7: Wasserdichte Formteilausbildung Ein maschinell gefertigtes Fugenprofil hat eine sehr viel höhere Genauigkeit und Geradheit, als ein handwerklich gefertigter, flächiger Boden mit den erlaubten Ebenheitstoleranzen. Deshalb sind Absprachen zu treffen, damit Höhenversätze zwischen Profil und Belag vermieden werden. Sofern ein Gefälle vorgesehen ist, sind Hoch- und Tiefpunkte beim Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Bild 8: Fugenverlauf mit ausgeprägten Hoch- und Tiefpunkten Auch wenn Fugenprofile nicht zum konstruktiven Brandschutz eingesetzt werden, gibt es Profilsysteme, die nach Brandschutzrichtlinien zertifiziert wurden. So ist eine Klassifizierung mit B fl,s1 inzwischen als Standard anzusehen. 3. Anpassung an die Oberflächenabdichtung Da die Chlorid induzierte Bewehrungskorrosion das größte Schadenspotential in sich trägt, ist zwingend der Einsatz von wasserdichten Fugensystemen mit der Möglichkeit des Anschlusses an Oberflächenschutzsysteme zu planen und auszuführen. Diese Anschlussfolien laufen entlang des eigentlichen Profils und binden in die jeweilige Abdichtung ein. Bild 9: verschiedene Anschlussmöglichkeiten von Fugenprofilen an Abdichtungsarten Für Beschichtungen, bituminöse Abdichtungen, als auch für Anschlüsse an die verschiedenen Flüssigkunststoffabdichtungen sollten angepasste Anschlussfolien zum Fugenprofil existieren. Migua bietet dabei auch die Möglichkeit der Kombination, auf der einen Seite des Profils eine OS-Beschichtung anzudichten und auf der anderen Seite an einen Gussasphalt. Diese Kombination ist oft im Übergang von Rampen zum Freideck zu finden und bedarf einer Lösung. Bild 10: Profilübergang zwischen OS-System und bituminöser Abdichtung 36 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Fugensystemen in Parkbauten 4. Sichtfläche gleich Dichtfläche Migua bietet mit dem System Sichtfläche = Dichtfläche die Besonderheit, dass direkt an der sichtbaren Oberfläche des Profils abgedichtet wird. Im Unterschied zu anderen Herstellern wird die Dichtebene nicht unter dem Fugenprofil durchgeführt. Somit entsteht kein Wasseraufstau im Profil mit den damit verbundenen Nachteilen. Durch die einzigartige Konstruktionsart kann auch bei bituminöser Abdichtung das Wasser komplett außerhalb des Profils gehalten werden und die Dichtigkeit des Profils schon an der Oberfläche erkannt werden. Da für Fugenprofile dieser Anwendung keine Normen existieren, fordert das Baurecht einen Verwendbarkeitsnachweis in Form eines Allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (abP). Dieses sollte zwingend vor der Ausführung vorgelegt werden können. Der Einsatz fachgerecht geplanter und eingebauter Profilsysteme ist in Parkbauten zwingend. Ein auf diese Weise passgenaues, mit Formteilen versehenes Profilsystem, welches mit angepassten Anschlussfolien dauerhaft dicht mit der Oberflächenabdichtung verbunden ist, sichert eine lange Nutzungsdauer.