Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
0208
2022
101
Technische Akademie EsslingenInstandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens
0208
2022
Till Büttner
Helge-Leander Leitz Mackay
Parkbauten sind seit rd. 120 Jahren fester Bestandteil unserer städtischen Infrastruktur. Seit der Eröffnung des ersten Parkhauses 1901 in der Londoner Denman Street No. 6 hat sich viel in Bezug auf Bautechnik und die Anforderungen der Nutzer und Betreiber entwickelt. In Verbindung mit dem in den 60iger und 70iger Jahren deutlich gestiegene Individualverkehr sind die Themen Umnutzung, Instandsetzung und Lebensdauermanagement von Parkbauten seit über drei Jahrzehnten wichtige Aufgaben zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur und dem Werterhalt von Gebäuden. Sowohl das technische Wissen zur Instandsetzung von Parkbauten, die technologische Veränderung von Materialien sowie die Veränderung von technischen Regeln haben dazu geführt, dass sich auch die Ausführung einer Instandsetzungsmaßnahme über die Zeit gewandelt hat. Insbesondere die Einführung der Technischen Regel „Instandhaltung von Betonbauwerken“ zeigt dies aktuell sehr deutlich. Sowohl die Auswahl von geeigneten Instandsetzungsmaterialien als auch die Instandsetzungsverfahren wurden im Zuge der Erstellung der TR Instandhaltung an den aktuellen Stand des Wissens bzw. geltende europäische Normen, wie die EN 1504, angepasst. Aber auch die Veröffentlichung des GEIG (Gebäude-Elektro-Mobilitätsinfrastrukturgesetz) wird einen Einfluss auf die Instandsetzung von bestehenden Parkbauten haben. Ferner haben sich in den letzten Jahren die in der Instandsetzung verwendeten Materialien, wie Oberflächenschutzsysteme oder KKS-B Anoden, verändert sowie weiterentwickelt, so dass allen am Bau Beteiligten auch neue Möglichkeiten für die Instandsetzung von Parkbauten zur Verfügung stehen. Hier sind exemplarisch sogenannte Polyurea-Oberflächenschutzsysteme sowie Carbon-Anoden-Systeme für den Einsatz bei KKS-B genannt. Ferner kann auch BIM im Rahmen einer Bestandsaufnahme von Bauwerken mittels Laserscanning und dem baubegleitenden Einsatz von digitalen Aufnahmeverfahren zur Schadstellenaufnahme die Instandsetzungsarbeiten unterstützen. Die Veröffentlichung stellt ausgewählte Veränderungen der Instandsetzung von Parkbauten vor dem Hintergrund der Veränderungen von technischen Regeln, von Materialien sowie den Möglichkeiten der Digitalisierung dar.
kpb1010163
10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 163 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Dr.-Ing. Till Büttner, Helge-Leander Leitz Mackay Massenberg GmbH, Essen Zusammenfassung Parkbauten sind seit rd. 120 Jahren fester Bestandteil unserer städtischen Infrastruktur. Seit der Eröffnung des ersten Parkhauses 1901 in der Londoner Denman Street No. 6 hat sich viel in Bezug auf Bautechnik und die Anforderungen der Nutzer und Betreiber entwickelt. In Verbindung mit dem in den 60iger und 70iger Jahren deutlich gestiegene Individualverkehr sind die Themen Umnutzung, Instandsetzung und Lebensdauermanagement von Parkbauten seit über drei Jahrzehnten wichtige Aufgaben zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur und dem Werterhalt von Gebäuden. Sowohl das technische Wissen zur Instandsetzung von Parkbauten, die technologische Veränderung von Materialien sowie die Veränderung von technischen Regeln haben dazu geführt, dass sich auch die Ausführung einer Instandsetzungsmaßnahme über die Zeit gewandelt hat. Insbesondere die Einführung der Technischen Regel „Instandhaltung von Betonbauwerken“ zeigt dies aktuell sehr deutlich. Sowohl die Auswahl von geeigneten Instandsetzungsmaterialien als auch die Instandsetzungsverfahren wurden im Zuge der Erstellung der TR Instandhaltung an den aktuellen Stand des Wissens bzw. geltende europäische Normen, wie die EN 1504, angepasst. Aber auch die Veröffentlichung des GEIG (Gebäude-Elektro-Mobilitätsinfrastrukturgesetz) wird einen Einfluss auf die Instandsetzung von bestehenden Parkbauten haben. Ferner haben sich in den letzten Jahren die in der Instandsetzung verwendeten Materialien, wie Oberflächenschutzsysteme oder KKS-B Anoden, verändert sowie weiterentwickelt, so dass allen am Bau Beteiligten auch neue Möglichkeiten für die Instandsetzung von Parkbauten zur Verfügung stehen. Hier sind exemplarisch sogenannte Polyurea-Oberflächenschutzsysteme sowie Carbon-Anoden-Systeme für den Einsatz bei KKS-B genannt. Ferner kann auch BIM im Rahmen einer Bestandsaufnahme von Bauwerken mittels Laserscanning und dem baubegleitenden Einsatz von digitalen Aufnahmeverfahren zur Schadstellenaufnahme die Instandsetzungsarbeiten unterstützen. Die Veröffentlichung stellt ausgewählte Veränderungen der Instandsetzung von Parkbauten vor dem Hintergrund der Veränderungen von technischen Regeln, von Materialien sowie den Möglichkeiten der Digitalisierung dar. 1. Einleitung Sowohl die technologischen als auch normativen Entwicklungen der letzten 20 Jahre im Bereich der Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen haben für alle am Bau Beteiligten umfangreiche Änderungen zur Folge. Die vorliegende Veröffentlichung stellt zunächst die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Regelwerke vor und beleuchtet danach technologische Veränderungen in Baustoffen und Bauverfahren bis hin zur Digitalisierung - BIM (Building Information Modelling) - in der Instandsetzung. Dabei werden gezielte Schwerpunkte auf einzelne Themen, wie z.B. Polyurea und Carbonbeton gesetzt. 2. Normen und Regelwerke Die Instandsetzung von Stahlbetonbauwerken ist in unterschiedlichen Normen sowie Regelwerken geregelt. Das zentrale Regelwerk für die Instandsetzung von Betonbauwerken war über drei Jahrzehnte die „Richtlinie Schutz- und Instandsetzung“ (RL-SIB) des DAfStb, die unter Nr. A 1.2.3.2 der MVV-TB („Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen) bis Ende 2020 als maßgebliches Regelwerk für den „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ aufgeführt war - siehe MVV-TB 2019, online verfügbar beim DIBt. Infolge der Erarbeitung der europäischen Normenreihe EN 1504 und der darin enthaltenen harmonisierten Produktnormen sowie der technologischen Veränderungen in der Instandsetzung war eine Anpassung dieses Regelwerks erforderlich. Die erforderlichen Veränderungen wurden nicht im Rahmen einer Überarbeitung in die RL SIB eingepflegt, sondern seitens des DIBt wurde die „TR Instandhaltung“ / TR-I20/ erarbeitet, die die RL SIB Teile 1 und 2 ergänzt bzw. ersetzt - siehe hierzu auch die „Hinweise zur technischen Regel (DIBt) „Instandsetzung von Betonbauwerken (Mai 2020)“ / DIBt21a/ . 164 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Teil 3 der RL SIB „Anforderung an die Betriebe und Überwachung der Ausführung“ wurde nicht verändert oder ergänzt. Teil 4 „Prüfverfahren“ der RL SIB wird aufgrund der an EN 1504 angegliederten europäischen Prüfnormen nicht mehr benötigt. Aufgrund des Zusammenwirkens der unterschiedlichen Regelwerke ist seitens des DAfStb eine „Arbeitshilfe“ als verwobenes Dokument aus den zuvor genannten Dokumenten geplant. Die „TR Instandhaltung“ des DIBt, wurde zu Beginn des Jahres 2021 mit Abschluss des europäischen Notifizierungsverfahrens und Zustimmung in den Gremien der Bauministerkonferenz eingeführt und in die MVV-TB 2020/ 1 aufgenommen / DIBT21/ . Die Einführung der länderspezifischen VV-TBs ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt, so dass eine neu eingeführte MVV-TB nicht zwingend unmittelbar bundesweit Anwendung findet. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags (Oktober 2021) ist die MVV TB 2020/ 1 und damit auch die TR Instandhaltung als Ergänzung zur RL SIB wie folgt in insgesamt 11 Bundesländern umgesetzt worden - siehe dazu u.a. „Stand der Umsetzung der MVV-TB in den Ländern“ des DIBt (online verfügbar unter https: / / www.dibt. de/ fileadmin/ dibt-website/ Dokumente/ Referat/ P5/ Technische_Bestimmungen/ Stand_Umsetzung_MVVTB.pdf). Tabelle 1: Stand der Umsetzung der MVV TB in den Ländern und Angabe des für den Schutz und die Instandsetzung von Betonbauteilen gemäß der länderspezifischen VV-TB relevanten Regelwerks - Stand Oktober 2021 - in Anlehnung an DIBt Land MVV TB Regelwerk für „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ (s. 1.2.3.1 MVV-TB) RL SIB RL SIB & TR-I Baden- Württemberg 2017/ 1 x Bayern 2020/ 1 x Berlin 2019/ 1 x Brandenburg 2020/ 1 x Bremen 2020/ 1 x Hamburg 2020/ 1 x Hessen 2017/ 1 x Mecklenburg- Vorpommern 2020/ 1 x Niedersachsen 2020/ 1 x Nordrhein- Westfalen 2020/ 1 x Rheinland-Pfalz 2020/ 1 x Saarland 2020/ 1 x Sachsen 2019/ 1 x Sachsen-Anhalt 2020/ 1 x Schleswig-Holstein 2020/ 1 x Thüringen 2019/ 1 x Aufgrund des aus der aktuellen Regelwerkssituation resultierende „Spannungsfeld zwischen bauordnungsrechtlichen und bauaufsichtlichen Vorgaben (§ 3(1), § 16c MBO sowie Kapitel D3 der MMV TB)“ kommt es zu einer Verunsicherung der am Bau Beteiligten. Zur besseren Einordnung der Situation wurde von den Verbänden - BÜV, BGIB, BVPI, DBV, GÜB, GUEP, HDB, VBI und ZDB - ein gemeinsames Positionspapier zum Thema Betoninstandsetzung veröffentlicht / BÜV21/ . Im Rahmen des Positionspapiers wird der Ausblick formuliert, dass „die beteiligten Verbände sich für eine praxistaugliche Regelwerkssituation in der Betoninstandsetzung einsetzen, bestehend aus harmonisierten europäischen Produktnormen, die sämtliche für die Erfüllung des deutschen Sicherheitsniveaus erforderlichen Merkmale und Leistungen enthalten, sowie aus praxisgerechten Richtlinien und Regeln für die Planung und Bauausführung. (…) Um die praktische Umsetzung der gegenwärtigen Regelwerkssituation kurzfristig zu erleichtern, befürworten die beteiligten Verbände ausdrücklich die Beauftragung und Zugänglichmachung von DIBt-Gutachten durch die Hersteller von Instandsetzungsprodukten (…).“ / BÜV21/ Neben der Berücksichtigung von harmonisierten europäischen Produktnormen für die Instandsetzungsprodukte - kunststoffmodifizierte Mörtel, Oberflächenschutzsysteme und Rissfüllstoffe - erfolgte im Rahmen der Erstellung der TR Instandhaltung auch eine Übernahme der Logik der Normenreihe EN 1504 hinsichtlich der Instandsetzung von Stahlbetonbauwerken sowie eine Integration der Wartung in die Instandsetzung eines Bauwerks. Die Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung einer Instandsetzung eines Bauwerks nach der TR Instandhaltung ist in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Die Vorgehensweise basiert auf der Vorgehensweise nach EN 1504, die u.a. umfangreich in / Rau14/ beschrieben ist. Bild 1: Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung einer Instandsetzungsmaßnahme nach TR Instandhaltung / TR-I20/ 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 165 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Zur Sicherstellung der geplanten Restnutzungsdauer, im Nachgang einer nachhaltigen und werterhaltenden Instandsetzungsmaßnahme, ist ein auf das Bauwerk abgestimmte Wartungskonzept unerlässlich und gehört nach den geltenden Regelwerken zwingend zur Instandsetzungsmaßnahme dazu. Die Verbindung von Wartung und Instandsetzung zur Instandhaltung eines Bauwerks nach der TR Instandhaltung ist in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Daraus wird deutlich, dass die „Inspektion/ Wartung“ ein elementarer Bestandteil eines Instandhaltungskonzepts sowie -plans ist und damit wie die Instandsetzung eines Bauwerks oder Bauteilen zur Instandhaltung über die gesamte Nutzungsdauer eines Bauwerks durchzuführen ist. Gemäß TR Instandhaltung handelt es sich bei der Wartung eines Bauwerks um „Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrates“ (DIN 31051: 2019-06). Wartungsarbeiten dienen lediglich der Aufrechterhaltung der Funktionalität eines Bauteils und beinhalten keine Instandsetzungs- oder Verbesserungsmaßnahmen.“ Die Erstellung eines umfassenden Instandhaltungskonzepts mit Angaben zur Wartung und Inspektionen wird gemäß der technischen Regel vom sachkundigen Planer erstellt. Da auch Wartungsintervalle in Abhängigkeit der Randbedingungen, wie u.a. Exposition, Nutzung und Bauwerkstyp, definiert werden müssen, enthält die TR Instandhaltung bewusst keine vordefinierten Wartungsintervalle. Bild 2: Darstellung des Konzepts der Instandhaltung nach TR Instandhaltung / TR-I20/ Aufbauend auf Teil 9 der EN 1504 wurden die Verfahren für die Instandsetzung von Stahlbetonbauwerken in der TR Instandsetzung gegenüber der RL SIB verändert. Es erfolgt eine klare Trennung zwischen Prinzipien und Verfahren, die bei Schäden des Betons sowie Prinzipien und Verfahren, die bei Korrosion der Bewehrung für eine Instandsetzung als einzelne Verfahren oder Kombination aus unterschiedlichen Verfahren zum Einsatz kommen können. Die nachfolgende Tabelle zeigt die grundlegenden Prinzipien nach TR Instandhaltung. Die Unterscheidung nach Prinzipien und Verfahren bedeutet, dass seitens des sachkundigen Planers in Abhängigkeit des Bauwerkszustands und des zu definierenden Instandsetzungsziel zunächst ein Prinzip oder eine Kombination von Prinzipien, die das Erreichen des Instandsetzungsziels ermöglichen, ausgewählt werden. Aufbauend auf den ausgewählten Prinzipien erfolgt dann die Auswahl von zugeordneten Verfahren zur Realisierung des Prinzips. Diese Vorgehensweise entspricht ebenfalls der EN 1504 Normenreihe. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht alle in EN 1504-9 definierten Verfahren in der TR Instandhaltung berücksichtigt wurden. Auch wurden teilweise etablierte Instandsetzungsverfahren gegenüber EN 1504-9 ergänzt, so dass in der TR Instandhaltung 28 Verfahren von ursprünglich 43 Verfahren enthalten sind. Tabelle 2: Prinzipien für die Instandsetzung von Schäden am Beton sowie Bewehrungskorrosion / TR-I20/ Schadensursache Prinzipien Schäden am Beton Schutz gegen das Eindringen von Stoffen Regulierung des Wasserhaushalts des Betons Reprofilierung oder Querschnittsergänzung Verstärken des Betontragwerks Erhöhung des physikalischen Widerstands Erhöhung des Widerstands gegen chemischen Angriff Bewehrungskorrosion Erhalt oder Wiederherstellung der Passivität Erhöhung des elektrischen Widerstands 10. Kathodischer Schutz Ferner wurden im Rahmen der TR Instandhaltung Altbetonklassen, wie bereits in der Instandsetzung von Wasserbauwerken bekannt, sowie Expositionsklassen mit für die Instandsetzung relevanten Expositionen definiert. Die Einführung von Altbetonklassen ermöglicht eine Abstimmung der Instandsetzungsmörtel auf den Untergrund, die Einführung von Expositionsklassen ermöglicht die Auswahl eines auf den jeweiligen Anwendungsfall geeigneten Materials. Die Abhängigkeit zwischen geeigneten Produkten und Systemen in Abhängigkeit der 166 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens gewählten Instandsetzungsverfahren ist in den Tabellen 5 und 6 der TR Instandhaltung dargestellt. Neben den Entwicklungen in den Regelwerken der Betoninstandsetzung wirkt sich z.B. auch das GEIG - Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz - welches mit Wirkung zum 25.03.2021 in Kraft getreten ist, auf die Ausführung von Instandsetzungsarbeiten bei Parkhäusern und Tiefgaragen aus. Durch das GEIG erfolgt innerhalb Deutschlands die einheitliche Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie. Bei Neubauten oder Instandhaltungssowie Instandsetzungsarbeiten an Wohngebäuden, bei denen mehr als fünf Stellplätze vorhanden oder geplant sind, sieht das GEIG vor, dass künftig jeder Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet werden muss. Für neue Gebäude, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, gilt die Pflicht ab mehr als sechs Stellplätzen. Ab dieser Anzahl muss mindestens jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur ausgestattet und zusätzlich ein Ladepunkt errichtet werden. Zudem muss bei bestehenden Nichtwohngebäuden mit mehr als 20 Stellplätzen ab dem 1.1.2025 ein Ladepunkt errichtet werden. Ferner müssen im Zuge weiterer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme bautechnische Belange durch einen Fachplaner geprüft, untersucht und berücksichtigt werden. Das nachfolgende Bild zeigt schematisch das Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen Regelwerken sowie dem Fachplaner und der Ausführung bei der Instandsetzung von Parkbauten. Bild 3: Zusammenspiel der unterschiedlichen Regelwerke bei der Instandsetzung von Parkbauten 3. Entwicklungen in der Instandsetzung 3.1 Oberflächenschutzsysteme Im Laufe der vergangenen Jahre stand die auch Entwicklung bei Oberflächenschutzsystemen nicht still. Es wurden Systeme entwickelt, die hochverschleißfeste Eigenschaften sowie rissüberückende Eigenschaften in sich verbinden. Das bietet für den Bauherr und das Lifcyclemanagement signifikante Vorteile im dauerhaften und nachhaltigen Schutz gegenüber schädigenden Medien, z.B. durch Taumitteleintrag in den Wintermonaten. Bei den befahrbaren OS-Systemen gibt es drei grundsätzlich unterschiedliche Systeme, die alle nach der aktuell gültigen TR Instandhaltung von Betonbauwerken geprüft werden und damit je nach Anforderung des Bauwerks als Oberflächenschutz eingesetzt werden können. OS 8 Systeme besitzen hervorragende verschleißfeste Eigenschaften. In der Regel werden die Werkstoffe zweilagig oder dreilagig appliziert. Die Verarbeitung in zwei Arbeitsgängen bietet eine Zeitersparnis, was für den Bauherrn kürzere Stellplatzsperrzeiten bedeutet. Da ein OS 8 System keinerlei rissüberbrückende Eigenschaft besitzt, kann es zu Rissbildungen in der Oberfläche kommen. Diese Rissbildung geht zu Lasten der Oberflächenästhetik und dem Schutz des Betons. Hier sind lokal angeordnete Rissbandagen eine Möglichkeit lokal ein OS 8 System rissüberbrückend auszuführen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Lage der sich bewegenden Risse vor Ausführung der Rissbandagen bekannt sein muss, da sonst die Rissbandagen nicht ihre planmäßige Funktion übernehmen können. OS 11 a/ b Systeme besitzen gute rissüberbrückenden sowie verschleißfeste Eigenschaften. Die Applikation erfolgt je nach System mit bis zu vier Arbeitsgängen, im händischen Verfahren. In hochfrequentierten Parkbauten kommen OS 11 Systeme häufig an Ihre Leistungsgrenze und diese können bei mangelnder Wartung in Ihrer Schutzfunktion beeinträchtigt werden. Die neu in der TR Instandhaltung von Betonbauwerken eingeführten OS 14 Systeme kombinieren die rissüberbrückenden Eigenschaften eines OS 10 Systems (welches „nur“ eine Abdichtung nach ZTV-ING ohne eine im System geprüfte Verschleißschicht darstellt) mit hoch verschleißfesten Eigenschaften. Die in den vergangenen Jahren häufig eingesetzten OS 10 Systeme mit einer zusätzlichen polymeren Verschleißschicht werden durch die OS 14 Systeme durch ein im System vollumfänglich geprüftes System nach TR Instandhaltung ersetzt. In Abhängigkeit von der Bindemittelbasis werden die Systeme teils händisch oder maschinell sowie mit und ohne Vlies verarbeitet. Zur Reduktion von Stellplatzsperrzeiten werden schnellreaktive Bindemittel oder Systeme im Overspray-Verfahren eingesetzt. Ein Beispiel dafür sind Oberflächenschutzsysteme auf Basis von Polyurea, die sowohl händisch als auch mittels Spritzapplikation verarbeitet werden können, wie auf den nachfolgenden Bildern dargestellt ist. 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 167 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Bild 4: Applikation eines OS-Systems auf Polyurea- Basis - händische Verarbeitung / Bildquelle: viacor GmbH/ Bild 5: Applikation eines OS-Systems auf Polyurea- Basis -Verarbeitung mittels Spritzapplikation / Bildquelle: viacor GmbH/ Bild 6: Tiefgarageneinfahrt mit fertig appliziertem Oberflächenschutz auf Polyurea-Basis / Bildquelle: viacor GmbH/ Bild 7: Schematische Darstellung der Anwendung der Oberflächenschutzsysteme 1 bis 14 nach TR Instandhaltung Einsatz von nicht-metallischen Bewehrungen 168 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Betonbauteile können auf unterschiedliche Arten bewehrt werden. Bei Stahlbeton wird üblicherweise die Bewehrung als Stab- oder Mattenstahl eingebaut. Eine weitere Möglichkeit ein Betonbauteil zu bewehren ist die Verwendung von Stahl- oder Kunststoff-Kurzfasern, die der Betonmischung während der Herstellung zugegeben werden und über den gesamten Querschnitt verteilt sind. Infolge der Zugabe von Kurzfasern kann die Zugfestigkeit des gesamten Bauteils gegenüber einem unbewehrten Betonbauteil erhöht werden. Alternativ werden auch Bewehrungen aus Glas- oder Carbonfasern als Kurzfaserbewehrung oder als Stabbewehrungen aus Faserverbundwerkstoffen (FRP) für Betonanwendungen verwendet. Zunehmend finden technische Textilien in Form von Matten (siehe Bild 8) aus Glas- oder Carbonfasern im Bauwesen Anwendung. Während unter dem Begriff Textilbeton eine mattenartige Bewehrung aus Endlosfasern zu verstehen ist, spezifiziert der Begriff Carbonbeton diesen Begriff weiter und gilt für Betone, die mit Bewehrungen aus Kohlenstofffasern hergestellt wurden. Letztere schließt stabförmige Bewehrungen, die ebenfalls in Beton eingebettet werden mit ein. Carbonbeton ist daher weder ein Oberbegriff noch eine Untergruppe von Textilbeton. Vielmehr haben beide Verbundwerkstoffe mattenartige Bewehrungen aus Carbonfasern als gemeinsamen Schnittbereich (siehe Bild 9). Die Kombination von textilen Carbonbewehrungen und Beton wird als Textilbeton mit Carbonfaser Textilien bezeichnet Bild 8: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Möglichkeiten mit textilen Bewehrungen Beton zu bewehren - links: Kurzfaserbewehrungen; Mitte: einzelne diskrete Rovings / Bewehrungsstäbe; rechts: Bewehrungstextil / Büt12/ Bild 9: Schematische Darstellung der Begriffe Textilbeton, Carbonbeton, Textilbeton mit Carbonfaser-Textilien und ihrer Schnittstellen / Mor20/ Die Anwendung von Textilbeton erfolgt nicht nur im Neubau - siehe hierzu u.a. / Büt21b/ und / Mor20/ , sondern auch in der Instandsetzung, wie z.B. bei der Instandsetzung von Parkbauten oder Infrastrukturbauwerken. Die Dauerhaftigkeit von befahrenen Bauwerken wird maßgeblich von unterläufigen Abdichtungen und OS- Systemen sowie schadhaften Fugen- oder Übergangsprofilen und dem damit verbundenen Eintrag von Chloriden in die Konstruktion negativ beeinflusst / Nau10/ . Daher kann auch bei Parkbauten eine Instandsetzung mit Textilbzw. Carbonbeton erfolgen. Aufgrund der hohen elektrischen Leitfähigkeit können auch, je nach konstruktiven Randbedingungen, KKS-Systeme mit Carbonanoden ausgeführt werden. Die nachfolgenden Bilder zeigt die Ausführung eines KKS-Systems mit Carbonanoden in einem Parkhaus. Die Herausforderungen bei der Anwendung von Carbonanoden ist u.a. die elektrische Kontaktierung des Textils, die umfangreiches technologisches Wissen erfordert, da anders als Titan Carbon nicht mittels Schweißen verbunden werden kann. Ferner müssen bei der Regelung von KKS-Systemen die Materialeigenschaften des Carbons insofern berücksichtigt werden, dass die eingesetzten Stromdichten nicht zu einer Überlastung des Systems führen. Die Vorteile von Carbon als Anodenmaterial ist allerdings, dass es eine 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 169 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens sehr hohe Zugtragfähigkeit besitzt, die multifunktionale Lösungen, wie im nachfolgenden Kapitel dargestellt, ermöglichen. Bild 10: Carbonanode für KKS-System im Lieferzustand (aufgerollt) / Quelle: Koch GmbH/ Bild 11: Carbonanode für KKS-System vor dem Einbau des KKS-Mörtels / Quelle: Koch GmbH/ Auch bei Infrastrukturbauwerken kommt es zu einer deutlichen Beeinflussung der Dauerhaftigkeit infolge der Exposition mit chloridbelastetem (Tau-)Wasser. Trotz der regelmäßig alle drei bzw. sechs Jahre stattfindenden Bauwerksprüfungen kann die Korrosion der Bewehrung oft erst erkannt werden, wenn bereits ein erhebliches Schädigungsausmaß vorliegt, da die Bauwerksprüfungen nur die sichtbaren Flächen untersuchen können. Ein vollflächiges Monitoring hinsichtlich der Dichtigkeit der Abdichtung von Infrastrukturbauwerken ist aktuell nicht üblich und am Markt nicht verfügbar. Sofern ein Monitoring ausgeführt wird, sind es lokal messende Sensoren, die einen begrenzten Messradius aufweisen. Tritt außerhalb dieses Radius eine Undichtigkeit auf, kann diese nicht detektiert werden / Rau13/ . Das System SMART-DECK bietet erstmals am Markt eine vollflächige Monitoringlösung, die um zwei weitere Funktionalitäten erweitert wird, so dass das Gesamtsystem die folgenden Funktionalitäten aufweist / Büt20/ : • vollflächiges Echtzeit-Feuchtemonitoring ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Undichtigkeiten, • abschnittsweise steuerbaren, präventiven kathodischen Korrosionsschutz (pKKS), der mittels Fremdstrom die Depassivierung der Bewehrung verzögert, sofern Chloride in den Beton infolge von Undichtigkeiten eindringen, sowie • Erhöhung der Tragfähigkeit in Querrichtung (bei Bestandsbauwerken). Das System SMART-DECK wurde für Brückenbauwerke entwickelt, ein Einsatz bei Parkbauten ist aber grundsätzlich auch möglich. wobei das System immer als System unter einer Abdichtung und nicht als direkt befahrenes System entwickelt wurde. Alle drei Funktionalitäten werden mit Hilfe einer textilen Carbonbewehrung in Kombination mit einem Hochleistungsmörtel realisiert. Die textilbewehrte Schicht wird auf der Oberseite der Brückenfahrbahnplatte oder der Betondecke und damit unterhalb der Abdichtung appliziert. Die Bewehrung wird so angeordnet, dass das Bauwerk in einzelne Felder unterteilt wird und damit zum einen abschnittsweise der Zustand der Abdichtung überwacht und zum anderen der pKKS, sofern erforderlich, ebenfalls abschnittsweise aktiviert werden kann (Bild 12). Bild 12: Übersicht der Funktionalität von SMART- DECK und den Zustand der Abdichtung; grün: intakte Abdichtung, gelb: signifikanter Widerstandsabfall; rot: Grenzwert Widerstand unterschritten, Undichtigkeiten vorhanden und pKKS erforderlich / ibac/ In Abhängigkeit der bei einem individuellen Bauwerk erforderlichen Maßnahmen, ist SMART-DECK modular aufgebaut, wie in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Die maximale Ausbaustufe des Systems ist die Kombination aller drei Funktionalitäten, die anderen Möglichkeiten stellen sinnvolle Kombinationen oder Einzelanwendungen einer der möglichen Funktionalitäten dar. 170 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens Bild 13: Übersicht über die modularen Funktionalitäten von SMART-DECK / ibac/ Der grundsätzliche Aufbau des Systems SMART-DECK ist für alle Anwendungsfälle - Instandsetzung oder Neubau - identisch (vgl. Detail A; Bild 12): • 35 mm Hochleistungsmörtel mit • 2 Lagen Carbonbewehrung mit elektrischen Anschlüssen für Monitoring und pKKS, die nach außen geführt werden. Das System SMART-DECK wurde im Rahmen eines Verbundforschungsprogramms innerhalb der Förderlinie HighTechMatBau des BMBF erarbeitet. Innerhalb des Forschungsverbundes waren sowohl Partner aus der Forschung - das ibac sowie dem IMB der RWTH Aachen University - als auch Partner aus der Wirtschaft vertreten. Die beteiligten Unternehmen waren die Eurovia Beton GmbH NL Bauwerksinstandsetzung, Solidian GmbH, Massenberg GmbH, instakorr GmbH sowie die StoCretec GmbH. Ferner war die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die das System aus Sicht des späteren Nutzers beurteilt, beteiligt. Im Rahmen des Verbundforschungsvorhaben wurde das Gesamtsystem erarbeitet und anhand von zwei unterschiedlich großen Demonstratoren die Leistungsfähigkeit des Systems gezeigt. Der erste Demonstrator wurde unter kontrollierten Randbedingungen auf einer speziell für das Projekt hergestellten Bodenplatte auf dem Gelände der BASt realisiert / Büt20/ . Die Fläche auf der SMART-DECK eingebaut wurde, betrug ca. 80 m². Anhand der zur Mitte der Projektlaufzeit gewonnenen Erkenntnisse wurde die Erarbeitung des Systems hinsichtlich der sich aus den Baustellenbedingungen ergebenden Anforderungen weiter von den Forschungspartnern betrieben, um am Ende des Projekts den sog. Großdemonstrator zu realisieren. Der Großdemonstrator diente der abschließenden Verifikation aller erarbeiteten Komponenten und sollte damit auch bei einem realen Bauvorhaben unter realistischen Bedingungen ausgeführt werden. Die Herstellung des Großdemonstrators erfolgte im Rahmen eines realen Bauvorhabens einer nicht am Projekt beteiligen ARGE, wie in / Büt20/ ausführlich dargestellt. Der Großdemonstrator wurde in zwei Bauabschnitten mit einer Gesamtgröße von rd. 180 m² ausgeführt. Die Fertigstellung erfolgte 2019 und wird die kommenden Jahre seitens der Forschungspartner überwacht, um Erkenntnisse hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des Systems SMART-DECK zu erlangen. Die nachfolgenden Bilder zeigen die fertig verlegte textile Bewehrung des zweiten Bauabschnitts vor dem anschließenden Mörteleinbau sowie den fertig eingebauten Mörtel des ersten Bauabschnitts. Bild 14: Vollständig verlegte textile Bewehrung des 2. Bauabschnitts / Büt20/ Bild 15: Fertiggestellter erster Bauabschnitt / Büt20/ Das Forschungsvorhaben hat gezeigt, dass SMART- DECK unter Baustellenbedingungen realisiert werden kann. Ferner konnte festgestellt werden, dass mittels SMART-DECK eine signifikante Steigerung der Biege- und Querkrafttragfähigkeit der Brückenfahrbahnplatte erreicht werden kann. Zudem werden die Durchbiegungen bei Belastung verringert und es stellt sich ein feineres Rissbild ein. Die damit einhergehende Reduzierung der Rissbreiten beeinflusst das Tragwerk in Hinblick auf das mögliche Eindringen von tausalzhaltigem Wasser in positiver Weise. Weiterhin konnte im Zuge der Arbeiten gezeigt werden, dass die Grundlage für das Feuchte-Monitoring, die vollflächige Widerstandsmessung am Kleindemonstrator inklusive der Datenübertragung via Internet erfolgreich umgesetzt werden konnten / Büt20/ , / Dri20/ . 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 171 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens 3.2 Digitalisierung in der Instandsetzung Neben der Entwicklung von neuen Materialien sowie Verfahren zur Instandsetzung von Bauwerken gewinnt die Digitalisierung der Instandsetzung auch immer mehr Bedeutung. Die Digitalisierung im Bauwesen wird häufig mit dem übergeordneten Begriff „BIM“ (Buildung Information Modelling) bezeichnet. BIM bietet viele Vorteile im Vergleich zur bisherigen Arbeitsweise mit unterschiedlichen Plänen, die „nur“ händisch übereinander gelegt werden können. Für die Digitalisierung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsverfahren von befahrenen Bestandsbauwerken, wurde im Zuge eines Forschungsvorhabens die baupraktische Ersterfassung von Parkbauten sowie eine bildhafte Erfassung von Betonschäden mit gleichzeitigem Ortsbezug untersucht und entwickelt. Das Forschungsvorhaben wurde gemeinsam von dem Geodätischen Institut der RWTH und Massenberg sowie dem Institut für Baustoffforschung, der Koch GmbH und der Fa. Zensor bearbeitet / Blu21/ . Eine der im Rahmen des Forschungsvorhabens bearbeitete Fragestellung war die bauteilscharfe und ortsaufgelöste Erfassung von Betonschadstellen mit einem mobilen Endgerät, welches wirtschaftlich auch von einem ausführenden Unternehmen eingesetzt werden kann. Allgemein lässt sich als Ergebnis aus dem Forschungsvorhaben und den durchgeführten Untersuchungen festhalten, dass der Einsatz von BIM im Rahmen der Instandsetzung von Bauwerken sowohl bei der Erstaufnahme von Bauwerken als auch bei der Bauausführung umfangreiche Möglichkeiten bietet die bisher aufwändigen und fehleranfälligen analogen Schritte zu vereinfachen, bei gleichzeitiger Steigerung der Genauigkeit. Die Aufnahme von Schadstellen mit mobilen Endgeräten, wie Smartphones, bietet im Rahmen der Bauausführung ein hohes Potential genau und wirtschaftlich zu arbeiten. Moderne Smartphones stellen bereits alle notwendige Hardware zur Verfügung, speziell die zunehmend höher auflösenden Kameras eignen sich für eine bildhafte Schadenserfassung. Im Vergleich zu beispielsweise Trolleybasierten Systemen, können auch unebene Oberflächen, wie in der Bearbeitung befindliche Bodenflächen oder Stufen, begangen und Schäden an Boden-, Wand- und Deckenoberflächen erfasst werden. Herausforderungen liegen jedoch in der mobilen Prozessierung der Bilddaten und der rechenintensiven Pose-Tracking-Prozesse / Blu21/ . Im vorliegenden Projekt wird eine Natural-Feature- Tracking-Lösung in Form eines visuellen SLAM (V- SLAM)-Verfahrens verwendet. SLAM nutzt Lokalisierungsinformationen, um eine lokale Karte der Umgebung zu erzeugen. Diese wird wiederum zur Lokalisierung verwendet. Ein Bestandteil von SLAM ist die Visuelle Odometrie (VO) in Kombination mit georeferenzierten Markern im Bauwerk. Ein in typisches Anwendungsgebiet der VO ist die Realisierung von autonom navigierenden Robotern. Bekannte Beispiele sind die NASA- Rover Spirit und Opportunity / NAS20/ . Das genaue Vorgehen ist wie folgt: Im ersten Schritt werden markante Merkmale in den Kamerabildern detektiert, digital beschrieben und abgespeichert (Abb. 16). Dies wird als Merkmalsdetektion (Feature Detection) und Merkmalsbeschreibung (Feature Description) bezeichnet. Anhand eines kontinuierlichen Merkmalvergleichs ist es möglich in Echtzeit Schadstellen aufzunehmen und die Position unabhängig von externen Signalen, wie GPS oder Mobilfunkempfang, zu bestimmen und mit den Schadstellen abzuspeichern / Blu21/ . Bild 16: Detektierte Bildmerkmale (Features) - Beispiel aus der Erfassung des Feldtests / Blu21/ Die nachfolgenden Bilder zeigen die Ergebnisse eines Feldtests an einem Parkhaus. Im Rahmen des Feldtests wurde zunächst das Bestandsbauwerk mit unterschiedlichen Laserscan-Systemen erfasst und die Ergebnisse hinsichtlich Genauigkeit und Erfassungszeit miteinander verglichen / Blu21/ . Dabei hat sich gezeigt, dass transportable Laserscanner die erforderliche Erfassungszeit gegenüber stationären Laserscannern um den Faktor 9 bis 10 reduzieren können bei keinem für die gestellte Fragestellungen signifikanten Verlust der Genauigkeit. Basierend auf dem Laserscan wurde das im nachfolgenden Bild dargestellte BIM-Modell entwickelt. Bild 17: BIM-Modell des im Feldtest untersuchten Parkhauses Die Erfassung von Betonschadstellen erfolgte dann basierend auf den zuvor beschriebenen Entwicklungsarbeiten mittels Smartphone. Das nachfolgende Bild zeigt 172 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens exemplarisch ausgewählte Schadstellen, die in Lage und Größe mittels Smartphone erfasst wurden - siehe Bild 18. Bild 19 zeigt einen Auszug aus den Informationen zu einer exemplarisch ausgewählten Schadstelle mit u.a. der Größe der Schadstelle, hier rd. 440 cm². Bild 18: Auszug aus dem BIM-Modell des im Feldtest untersuchten Parkhauses - hier Hervorhebung der Schadstellen Bild 19: Mittels Smartphone aufgenommene Schadstelle mit Größe der Schadstelle hinterlegt im BIM-Modell Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erfassung von Betonschadstellen mit einem mobilen Endgerät, wie Smartphone, eine wirtschaftliche und nach kurzer Eingewöhnung des Benutzers vergleichsweise einfach zu handhabende Aufgabenstellung ist. Die Anwendung der entwickelten Verfahren wird von Massenberg im Rahmen von kommenden Projekten weiter vorangetrieben, so dass die beschriebenen Vorteile Anwendung finden / Blu21/ . Aktuelle Forschung zum Thema BIM in der Instandsetzung von Bauwerken befassen sich u.a. mit der Integration von Diagnosedaten als BIM-Elemente in BIM-Modelle, d.h. die Integration von ortsaufgelösten Messdaten, so dass diese Daten allen am Bau Beteiligten gleichermaßen vorliegen / Büt22/ , / Mor22/ . 4. Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung haben die Autoren ausgewählte Innovationen und Neuerungen bei der Instandsetzung von Parkbauten in den letzten 20 Jahren beleuchtet. Dabei wurde sowohl die Entwicklung relevanten Normen als auch von eingesetzten Materialien und Digitalisierungsverfahren beschrieben. Die wesentlichen Aspekte der vorliegenden Veröffentlichung sind: • Einführung der TR Instandhaltung und damit Ergänzung der bestehenden RL SIB, • Einführung des Oberflächenschutzsystems OS 14 mit Einführung der TR Instandhaltung, • Anwendung von Carbon-Anodensystemen für KKS sowie multifuktionale Systeme, wie SMART-DECK, • Einsatz von Building Information Modelling in der Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen für die georeferenzierte Erfassung von Schadstellen. Alle hier gezeigten Innovationen sind aus Sicht der Autoren eine wertvolle Weiterentwicklung des Bestehenden, wobei bei allen Innovationen der Faktor Mensch in Form der handelnden Personen nicht außer Acht gelassen werden sollte. Nur wenn alle handelnden Personen sich auf Innovationen einlassen und danach ausschreiben, ausführen und Bauwerke warten kann der Mehrwert von Innovationen auch realisiert werden. Literaturverzeichnis / Blu21/ Blut, C.; Büttner, T.; Becker, R.; Wollenberg, R.; Özcan, B.; Stahl, H.; Blankenbach, J.: DigiPark - Digitalisierung in der Bauwerksinstandsetzung; 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken; TAE Esslingen; 2021. / Büt12/ Büttner, T.: Zur Dauerhaftigkeit polymergetränkter AR-Glasbewehrungen in Textilbeton, RWTH Aachen University, Dissertation, 2012 / Büt20/ Büttner, T.: SMART-DECK: Vom Konzept zum Demonstrator, Bautechnik 97 (2020), H.1, S. 48-56, https: / / doi.org/ 10.1002/ bate.201900090 / Büt21/ Büttner, T.: Textilbeton - von der Innovation in die Praxis; 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis; TAE Esslingen; 2021 / Büt22/ Büttner, T.; Morgenstern, H.: DigiPark - BIMbasierte Schadenserfassung und Instandhaltungsplanung am Beispiel eines Parkbaus aus Stahlbeton; Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau, 2022 / BÜV22/ BÜV et al.; Gemeinsames Positionspapier der Verbände zum Thema Betoninstandsetzung, 2021 - online verfügbar unter: https: / / new. bauueberwachungsverein.de/ / DIBT21/ DIBt; Einführung der TR Instandhaltung -https: / / www.dibt.de/ de/ aktuelles/ meldungen/ 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 173 Instandsetzung von Parkbauten im Wandel der anerkannten Regeln der Technik aus Sicht eines ausführenden Unternehmens nachricht-detail/ meldung/ technische-regel-instandhaltung-von-betonbauwerken-neu-ab-januar-2021, online, Zugriff 10.2021 / DIBt21a/ DIBt; Hinweise zur Technischen Regel (DIBt) „Instandhaltung von Betonbauwerken (Mai 2020)“ - online verfügbar / Dri20/ Driessen-Ohlenforst, C.: SMART-DECK: Multifunctional carbon-reinforced concrete interlayer for bridges, Materials and Corrosion, 2020 / Mor20/ Morales Cruz, M.: Crack-distributing carbon textile reinforced concrete protective layers, Dissertation RWTH Aachen University Dezember 2020, online verfügbar / Mor22/ Morgenstern, H.; Raupach, M.: Digitalisierung in der Bauwerkserhaltung. beton 71 (2021) H. 12. / NAS20/ NASA, „Mars Exploration Rovers Overview,“ 2020, online, https: / / mars.nasa.gov/ mer/ mission/ overview/ , Zugriff 11.2020 / Nau10/ Naumann, J.: Brücken und Schwerverkehr - Eine Bestandsaufnahme. In: Bauingenieur 85 (2010), Heft 1, S. 1-9 / Rau13/ Raupach, M.; Gulikers, J.; Reichling, K.: Condition Survey with Embedded Sensors Regarding Reinforcement Corrosion: Bauwerksüberwachung mit eingebetteten Sensoren hinsichtlich der Korrosion von Stahl in Beton. In: Materials and Corrosion 64 (2013), Nr. 2, S. 141-146 ISSN 1521-4176 / Rau14/ M. Raupach und T. Büttner, Concrete Repair to EN 1504: Diagnosis, Design, Principles and Practice, 1. Edition Hrsg., CRC Press, 2014. / TR-I20/ Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerke; DIBt, online verfügbar