Kolloquium Parkbauten
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2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenRenaissance der Spritzabdichtung
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Christoph Helf
Mit der sogenannten „Spritzabdichtung“ wird üblicher Weise das Aufbringen einer Abdichtungsschicht aus Flüssigkunststoff im 2-Komponenten-Heißspritzverfahren bezeichnet. Dieses Verfahren wurde in Deutschland Anfang der 80er Jahre entwickelt und wurde unter anderem als Regelbauweise für die Abdichtung von Brückenbauwerken unter Gussasphalt etabliert (ZTV-Bel Teil 3). Später wurden – aufbauend auf den Erfahrungen und den Prüfkriterien im Bereich der Brückenabdichtung – diese Abdichtungssysteme zunehmend auch in anderen Bereichen, insbesondere im Bereich von Parkflächen als sogenannte OS10-Systeme mit kunstharzgebundenen Verschleißschichten und Deckversiegelungen eingesetzt. Nachfolgend werden die Besonderheiten der 2-Komponenten-Spritztechnik sowie aktuelle Entwicklungen wie zum Beispiel der Einsatz von Systemen mit Dichtungsschicht aus Polyurea oder die Kombination von hoch-rissüberbrückenden und -verschleißfesten Dichtungs- und Deckschichten mit leitfähigen Beschichtungen als KKS-System (kathodischer Korrosionsschutz) aufgezeigt.
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+49 6431 98160 | info@chemicon.de | www.chemicon.de Der Verkehr rollt und rollt - Parkbauten sind im Dauerbetrieb. Auf lange Sicht bringen Tausalze, mechanische Beanspruchung und der Zahn der Zeit Parkbauten aus Beton an ihre Grenzen. Mit unseren Instandsetzungsleistungen und einem ansprechenden Oberflächenschutz bleiben Parkhäuser und Tiefgaragen eine sichere Anlaufstelle für die städtische Mobilität. Chemicon ist Ihr Partner für die fachgerechte und effiziente Instandsetzung und Instandhaltung von Parkbauten. Unsere erfahrenen Mitarbeiter beheben mit innovativen Arbeitsverfahren vorhandene Schäden zeit- und kosteneffizient falls erforderlich mit ausgeklügelten Bauabläufen auch unter laufendem Betrieb. 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 239 Renaissance der Spritzabdichtung Dipl.-Ing. Christoph Helf Chemicon GmbH, Limburg, Deutschland Zusammenfassung Mit der sogenannten „Spritzabdichtung“ wird üblicher Weise das Aufbringen einer Abdichtungsschicht aus Flüssigkunststoff im 2-Komponenten-Heißspritzverfahren bezeichnet. Dieses Verfahren wurde in Deutschland Anfang der 80er Jahre entwickelt und wurde unter anderem als Regelbauweise für die Abdichtung von Brückenbauwerken unter Gussasphalt etabliert (ZTV-Bel Teil 3). Später wurden - aufbauend auf den Erfahrungen und den Prüfkriterien im Bereich der Brückenabdichtung - diese Abdichtungssysteme zunehmend auch in anderen Bereichen, insbesondere im Bereich von Parkflächen als sogenannte OS10-Systeme mit kunstharzgebundenen Verschleißschichten und Deckversiegelungen eingesetzt. Nachfolgend werden die Besonderheiten der 2-Komponenten-Spritztechnik sowie aktuelle Entwicklungen wie zum Beispiel der Einsatz von Systemen mit Dichtungsschicht aus Polyurea oder die Kombination von hoch-rissüberbrückenden und -verschleißfesten Dichtungs- und Deckschichten mit leitfähigen Beschichtungen als KKS-System (kathodischer Korrosionsschutz) aufgezeigt. 1. Rückblick Das Verfahren der Spritzapplikation von Flüssigkunststoffen mit 2-Komponenten-Heißspritzanlagen wurde in Deutschland Anfang der 80er Jahre entwickelt und unter anderem als Regelbauweise für die Abdichtung von Brückenbauwerken im Bereich des Bundesverkehrsministers sowie des Berliner Senats etabliert (ZTV-Bel Teil 3 [1]). Es wurden hierfür Abdichtungssysteme bestehend aus Epoxidharzgrundierung und -Egalisierschichten, Dichtungsschichten aus Polyurethan und Verbindungsschichten zum nachfolgenden Gussasphalt konzipiert. Später wurden - aufbauend auf den Erfahrungen und den Prüfkriterien im Bereich der Brückenabdichtung - diese Abdichtungssysteme zunehmend auch in anderen Bereichen, insbesondere im Bereich von Parkflächen als sogenannte OS10-Systeme mit kunstharzgebundenen Verschleißschichten und Deckversiegelungen eingesetzt. Abb. 1: Auftrag Spritzabdichtung auf einer Brücken- Fahrbahntafel in den 90er Jahren Abb. 2: Detailausbildung im Spritzverfahren 240 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Renaissance der Spritzabdichtung 2. 2-Komponenten-Spritztechnik Bei dem 2-Komponenten-Spritzverfahren werden die Materialkomponenten getrennt in den Liefergebinden (Fässern, IBCs) oder Vorratstanks vorgehalten, dort von der Spritzanlagen über Pumpen entnommen und getrennt über ein Schlauchpaket bis zur Spritzdüse gefördert, in der Spritzdüse durchmischt und unmittelbar aufgesprüht. Abb. 3: Funktionsweise 2-Komponenten-Spritzanlage Bei der Spritzanlagentechnik gibt es verschiedene Merkmale, die Einfluss auf die Qualität der applizierten Dichtungsschicht haben. Die besser ausgestatteten Spritzanlagen verfügen über ein einstellbares Mischungsverhältnis und eine Durchflussüberwachung sowie -Steuerung der einzelnen Komponenten. Die einfachen Anlagen besitzen lediglich ein starres Mischungsverhältnis (meist 1: 1 Volumen-Teile) ohne Durchflussüberwachung. Auch bei den Misch-Sprühköpfen gibt es verschiedene Bauarten, zum Beispiel mit und ohne Sprühluftunterstützung beim Materialaustrag (sog. Airless-Verfahren). Abb. 4: 2-Komponenten-Spritzanlage (einfache Ausführung) im Baustelleneinsatz Für den Einsatz unter baupraktischen Bedingungen können solche Mehrkomponenten-Heißspritzanlagen auch relativ kompakt auf 2-Achsen-Anhängern aufgebaut werden. Somit können diese Anlagen nahe an die Einbaustelle, zum Beispiel in Parkhäusern, platziert werden (siehe Abbildung 5). Abb. 5: Mehrkomponenten-Heißspritzanlage auf 2-Achs-Anhänger Abb. 6: Computersteuerung einer Spritzanlage mit grafischer Bedienoberfläche Eine neue Entwicklung im Bereich der Applikation von Oberflächenschutzsystemen stellt die 3-Komponenten- Spritztechnik dar. Bei diesem Verfahren kann der Düsenführer die Farbe der aufgespritzten Dichtungsschicht in der Praxis während dem Spritzvorgang „auf Knopfdruck“ durch die Zudosierung einer weiteren Komponente ohne Zeitverzögerung oder Arbeitsunterbrechung ändern. Hierdurch ist ein Auftrag der Dichtungsschicht im Wechselfarbton, also in mehreren dünnen Lagen mit verschiedenen Farben möglich. In Abbildung 7 ist die Funktionsweise einer 3-Komponenten-Spritzanlage schematisch dargestellt. 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 241 Renaissance der Spritzabdichtung Abb. 7: Funktionsweise 3-Komponenten-heißspritzanlage Abb. 8: Spritzapplikation im Wechselfarbtonverfahren Abb. 9: Einsatz der Wechselfarbtontechnik bei der Abdichtung einer Tiefgaragendecke mit aufwendigen Detaillausbildungen Abb. 10: Schnittbild durch ein Oberflächenschutzsystem in Wechselfarbtontechnik 3. Rissüberbrückende Oberflächenschutzsysteme Rissüberbrückende Oberflächenschutzsysteme für befahrene Flächen müssen vielfältige Anforderungen erfüllen: Zum einen sollen sie eine möglichst hohe Rissüberbrückung aufweisen, müssen also entsprechend dehnfähig und elastisch beschaffen sein, zum anderen sollen sie eine sehr hohe Verschleißfestigkeit sowie Witterungsbeständigkeit aufweisen, und all dies über einen möglichst langen Zeitraum. Bei rissüberbrückenden Oberflächenschutzsystemen für befahrene Flächen hatte der Planer gemäß der bisher gültigen Instandsetzungs-Richtlinie des DAfStb [3] die Auswahl zwischen Systemen des Typs OS 11a und OS 11b sowie den wesentlich leistungsfähigeren Systemen des Typs OS 10. Ursprünglich wurden die Systemaufbauten und Prüfvorschriften der OS 10-Systeme von 242 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 Renaissance der Spritzabdichtung den Brückenabdichtungen nach ZTV-Bel T3 abgeleitet [1]. Im Laufe der Zeit kamen neben den Deckschichten aus Gussasphalt auch vermehrt verschiedene Arten von kunstharzgebundenen Deckschichten zum Einsatz. Kennzeichnend für die OS 10-Systeme sind eine hohe Verschleißfestigkeit, eine hohe Rissüberbrückung der Klasse IV T+V (oder höher), sowie eine sehr gute Witterungsbeständigkeit. Hierdurch sind die OS 10-Systeme besonders für den dauerhaften Einsatz auf stark rissgefährdeten, ggf. freibewitterten Park-decks geeignet. Dem gegenüber wird bei den OS 11-Systemen nur eine geringere Rissüberbrückung der Klasse II T+V gefordert. Die jeweiligen Systemaufbauten und geforderten Merkmale der OS 11- und OS 10-Systeme sind in der Tabelle 5.1. der Instandsetzungs-Richtlinie, Teil 2 aufgeführt. Die Prüfbedingungen für die unterschiedlichen Rissüberbrückungsklassen findet man für die Klasse II T+V in Tabelle 15 der Instandsetzungsrichtlinie Teil 4, für die Klasse IV T+V in der TL-BEL-B Teil 3, Tabelle 1, Blatt 6; Zeile 1.2 [1], bzw. in der TL-Bel-B Teil 3, Abschnitt 3.2.11 [2]. (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Prüfbedingungen für Rissüberbrückungsklasse IV T+V nach TP-Bel- T3 Prüfbedingungen für Rissüberbrückungsklasse IV T+V nach TP-Bel- T3 T p - 20 °C W T,O 0,4 mm W T,U 0,1 mm R W,T 1.000 DW T 0,3 mm f 0,03 Hz D W V ± 0,05 mm R W,V 100.000 F 5 Hz W STAT 1 mm In der Anfang 2021 neu eingeführten TR Instandhaltung [4], [5] wurde das bisherige System OS 10 durch ein neues System mit der Bezeichnung OS 14 ersetzt. Die Systemaufbauten und geforderten Merkmale sind in der Tabelle 12 der TR Instandhaltung, Teil 1 aufgelistet. Die zugehörigen Klassen und Prüfbedingungen der Rissüberbrückungsfähigkeit sind nun in Tabelle A.10 des neuen Regelwerkes zusammengefasst. Die neuen Prüfbedingungen wurden gegenüber den bisherigen etwas modifiziert und die Klassen mit einer neuen Bezeichnung versehen. So mussten OS 11-Systeme nach der Instandsetzungsrichtlinie bei der Rissüberbrückungsprüfung gemäß Klasse II T+V bisher 100.000 Lastwechsel mit einer Frequenz von 5 Hz überstehen, nach der neuen TR Instandhaltung werden in der neuen Prüfklasse B3.2 nur noch 20.000 Lastwechsel mit einer Frequenz von 1 Hz geprüft. Bei der für die neuen OS 14-Systeme geforderten Prüfklasse B4.2 wurde die obere Rissaufweitung im Gegensatz zu der bisherigen Anforderung für OS 10-Systeme gemäß TP-Bel- T3 mit W T,O = 0,40 mm auf w O = 0,50 mm erhöht. Allerdings wurde die Anzahl der Risswechsel von n = 100.000 / 5 Hz für OS 10-Systeme auf n = 20.000 / 1 Hz für OS 14-Systeme reduziert. Durch die Reduzierung der Risswechsel mit gleichzeitiger Verlangsamung der Wechsel-Frequenz wurden die Anforderungen an die Rissüberbrückungsfähigkeit bzw. Ermüdungsresistenz deutlich herabgesetzt. Zudem wurde bei der Prüfung der OS 10-Systeme nach Abschluss der dynamischen Prüfung noch eine „statische“ Rissaufweitung auf 1 mm geprüft. Weitere Regelungen zu dem Einsatz von Oberflächenschutzsystemen auf befahrbaren Verkehrsflächen sind in der Norm DIN 18532 Teil 6 - Abdichtung mit flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen [7] zu finden. Diese Norm ist Teil der 2017 neu erschienenen Normenreihe zur Abdichtung von Bauwerken. In der zugehörigen DIN 18532 Teil 1 [6] sind zunächst Anforderungen sowie Planungs- und Ausführungsgrund-sätze für die Abdichtung von befahrenen Verkehrsflächen aus Beton definiert. In Abschnitt 5.3.2. der DIN 18532-1 sind verschiedene Nutzungsklassen beschrieben, die sich anhand der zu erwartenden Belastung wie z.B. Nutzung durch Fußgänger, PKW und LKW mit leichten, mittleren und schweren Gesamtgewichten, Neigung, Bewitterung usw. unterscheiden. In Abschnitt 8 der DIN 18532-1 sind die verschiedenen, grundsätzlich möglichen Abdichtungsbauweisen dargestellt. Die Ausführung mit Oberflächenschutzsystemen entspricht der Bauweise 1b, bei der sich die Abdichtungsschicht und -Nutzschicht direkt auf dem Konstruktionsbeton befindet. In Tabelle 2 der DIN 18532 Teil 6 sind die verschiedenen, in Frage kommenden Oberflächenschutzsysteme (Beschichtungen) den verschiedenen Nutzungsklassen und Verkehrsflächen zugeordnet. Hier sind mit Bezug auf die Regelungen der RL SIB (= Instandsetzungsrichtlinie des DAfStb) bei der Bauweise 1b die Systeme OS 8, OS 10 und OS 11a/ b aufgeführt. Die in den vorgenannten Regelwerken und Prüfvorschriften vorgegebenen Leistungsmerkmale werden von einer Reihe von Oberflächenschutzsystemen mit unterschiedlichen Bindemitteln und Systemaufbauten erfüllt. Leider ist festzustellen, dass über diese Anforderungskataloge und Prüfbedingungen die Beanspruchungen in der Praxis nur bedingt abgebildet werden können, sodass sich die verschiedenen Systeme hinsichtlich Funktion und Dauerhaftigkeit im praktischen Einsatz deutlich unterscheiden. Natürlich spiegelt sich die unterschiedliche Leistungsfähigkeit, die unter anderem auf der Wahl der Bindemittel und dem Systemaufbau mit entsprechenden Materialverbrauchsmengen beruht, meist auch im Preis des Oberflächenschutzsystems wider. 10. Kolloquium Parkbauten - Februar 2022 243 Renaissance der Spritzabdichtung Hinsichtlich Dauerhaftigkeit, Rissüberbrückungsfähigkeit und Verschleißverhalten haben sich die OS 10-Systeme über viele Jahre bewährt. Ausgehend von der Brückenabdichtung mit Flüssigkunststoffen nach ZTV-Bel-B T3 werden für die hauptwirksame Oberflächenschutzschicht (hwO) Abdichtungen auf Polyurethanharzbasis eingesetzt, die in der Regel mit 2-Komponenten-Heißspritzanlagen aufgebracht werden. Durch die Verarbeitung im Spritzverfahren können auch komplizierte Details, Anschlüsse an aufgehende Bauteile und Einbauteile usw. sehr flexibel ausgebildet werden. Auf diese rissüberbrückende Schicht werden kunstharzgebundene Verschleiß-schichten mit Polyurethanharzbindemitteln oder Epoxi-Polyurethan-Kombinationen (EP-PU) und Quarzsandeinstreuung sowie anschließender Deckversiegelung aufgebracht. Ausschlaggebend für die Dauerhaftigkeit des Systemaufbaus ist, dass hwO und Verschleißschicht hinsichtlich Festigkeit und Dehnungsverhalten gut aufeinander abgestimmt sind. Die hwO auf Polyurethanharzbasis besitzt trotz ihrer hohen Eigenfestigkeit eine hohe Reißfestigkeit und Reißdehnung von 200 - 300% und mehr. Als Maß für die Eigenfestigkeit des Materials kann zum Beispiel die Shore-Härte herangezogen werden. Diese kann auch unter Baustellenbedingungen relativ einfach mit einem kleinen Härteprüfgerät mit Messuhr bestimmt werden. Das Messprinzip funktioniert so, dass eine Messnadel mit definierter Spitze über eine Feder oder ein Gewicht in die Oberfläche des Probestücks eingedrückt wird und die Verformung bzw. Eindringtiefe auf der Messuhr angezeigt wird. Dieses Prüfverfahren wird auch als Eigenüberwachungsprüfung bei der Ausführung der Flüssigkunststoffabdichtung nach ZTV-Bel-T 3 eingesetzt. Je nach Härte des Prüfkörpers kommen verschiedene Prüfnadeln mit verschiedenen Härteskalen zur Anwendung. Für die Beurteilung von Oberflächenschutzsystemen werden in der Regel die Shore-Härten „A“ und „D“ herangezogen. In Abbildung 11 sind die Härte-Skalen im Vergleich gegenübergestellt sowie mit verschiedenen Alltagsgegenständen veranschaulicht. Zur Orientierung sind zudem die Shore-Härten üblicher Oberflächenschutzsysteme in die Skalen eingeordnet. Abb. 11: Vergleich Shore-Härte-Skalen mit Einordnung der HWO-Typen Die Systeme mit hoher Shore-Härte können wesentlich höhere Schubkräfte aus rollendem Verkehr aufnehmen und weisen einen wesentlich höheren Verschleißwiderstand als solche mit einer geringeren Shore-Härte auf. Die zugehörigen Verschleißschichten sollten zudem eine etwas höhere Shore-Härte als die hwO aufweisen, jedoch sollten diese wiederum nicht zu weit voneinander abweichen, da es ansonsten schneller zu Verbundstörungen und Rissbildungen in der Verschleißschicht kommen kann. Vor dem Hintergrund der oben beschrieben Zusammenhänge und dem Ein-fluss der Bindemittelbeschaffenheit auf die Dauerhaftigkeit der Oberflächenschutzsysteme sollten bei anspruchsvollen Anwendungen die Eigenschaften der rissüberbrückenden OS-Systeme durch die Planer und Anwender kritisch hinterfragt werden. So ist in letzter Zeit festzustellen, dass nach dem neuen Regelwerk geprüfte „OS 14-Systeme“ auf den Markt gebracht werden, die sich von den herkömmlichen OS 11-Systemen lediglich durch höhere Materialauftragsmengen unterscheiden. Durch die höheren Schichtdicken wird natürlich eine höhere Rissüberbrückungsfähigkeit erzielt, jedoch wird die Verschleißfestigkeit und Dauerhaftigkeit durch die ansonsten meist unveränderten Materialeigenschaften wie zum Beispiel relativ geringe Härtegrade nicht wesentlich verbessert. In den letzten Jahren kommen nun auch vermehrt OS 10-Systeme auf der Basis von Polyurea-Bindemitteln (PEA) zum Einsatz. Diese hochreaktiven Bindemittel können in der Regel nur mit 2-Komponenten-Heißspritzanlagen verarbeitet werden und weisen sehr gute mechanische Eigenschaften wie zum Beispiel Shore-A-Härte > 90, Reißdehnung > 500 %, Rissüberbrückung von mehreren Millimetern sowie zudem eine sehr gute Chemikalienbeständigkeit auf. Hieraus resultieren ein sehr gutes Verbundverhalten sowie eine sehr hohe Schub- und Verschleißfestigkeit, sodass diese Systeme ausgezeichnet für den Einsatz als hochwertiges Oberflächenschutzsystem für Verkehrsflächen geeignet sind. Neben den üblichen Verschleißschichten mit Quarzsandeinstreuung kann bei diesen Systemen die Verschleißschicht durch Aufspritzen einer zusätzlichen Lage, die in einem speziellen Sprühverfahren strukturiert wird, hergestellt werden. Diese Strukturschicht wird in der Praxis häufig als „Overspray“ bezeichnet. Diese Overspray-Systeme bestehen also nur aus wenigen Lagen, die bis auf die Grundierung durchgängig im Spritzverfahren aufgetragen werden. Daher sind diese bezogen auf das Preis-/ Leistungsverhältnis sehr wirtschaftlich und können auch großflächig in relativ kurzer Zeit eingebaut werden. Durch die extrem schnelle Reaktions- / Aushärtezeit der Polyurea-Systeme in Verbindung mit der kurzen Einbauzeit können die Sperrzeiten auf ein Minimum reduziert werden. Da die rissüberrückende Schicht und die Verschleißschicht homogen, sozusagen in einem „Guss“ aus dem gleichen Material mit der gleichen Härte und Elastizität hergestellt werden, ist die Gefahr von Anrissen in der Verschleißschicht bzw. von Ablösungen im Schichtaufbau aufgrund