eJournals Kolloquium Parkbauten 11/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
21
2024
111 Technische Akademie Esslingen

Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels

21
2024
Ralf Hofmeister
kpb1110097
11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 97 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Ralf Hofmeister HOFMEISTER Gussasphalt GmbH & Co.KG, Herford und Unterschleißheim 1. Warum halten wir heute diesen Vortrag? Wir alle können uns dem Klimawandel nicht verschließen. Aber welche Auswirkungen kann das für die Abdichtung von Parkflächen mit Schweißbahn und Gussasphalt haben? Damit in diesem Umfeld Fehler vermieden werden und sich ggf. auf Anpassungserfordernisse eingestellt werden kann, halten wir diesen Vortrag. Die sehr gute, wirtschaftliche und nachhaltige Bauweise soll dadurch weiter gestärkt werden. Wir wollen aber auch in eine Diskussion eintreten, um Meinungen auszutauschen und eben auch damit sich gegenseitig zu befruchten. 2. Historie Ein kurzer Abriss, woher wir technisch kommen: - Früher Standardbindemittel: B 30/ 45 - Oft instabile Beläge - Änderung auf B 20/ 30 als Standardbindemittel für Parkflächen - Das hat zu sehr guten Ergebnissen geführt - Freibewitterte Oberflächen: wurden in der Regel mit Diabas, besser Moräne oder anderen, regionalen Splittsorten abgesplittet - Im Jahr 2017 wurde die Normenreihe DIN 18531 - 18534 eingeführt, hier betrifft uns insbesondere die DIN 18532. Hier wird eine helle Absplittung gefordert. Das ist der aktuelle Stand. Wir sind technisch auf einem sehr guten Level. Gegenwart: Und jetzt kommt der Klimawandel. Hier gibt es Gründe, noch einmal genau nachzudenken. 3. Äußere Einflussfaktoren Klima Bild 1: Temperaturverlauf in Deutschland. Grafik: dwd.de 98 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Veränderungen, auf die wir uns einstellen müssen, sind - erhöhte Durchschnittstemperaturen - höhere Spitzentemperaturen - längere Sonnenscheindauern - heftigere Wetterkapriolen, d. h. Starkregenereignisse, Stürme etc. Folgen: höhere Oberflächentemperaturen an der Belagsoberfläche. Schnellere Temperaturwechsel durch kurzfristige Abkühlungen, z. B. bei Starkregenereignissen. Gussasphalt ist ein Thermoplast. D. h. mit zunehmender Wärmeeinwirkung wird er wieder zunehmend weicher. Dann besteht die Gefahr von Eindrücken. 4. Technische Einflussfaktoren aus Fahrzeugen Diese Punkte haben nicht direkt mit dem Klimawandel zu tun, entwickeln sich aber parallel und sind nicht außer Acht zu lassen. 4.1 Die Fahrzeuggewichte sind tendenziell zunehmend. Bild 2: Die Motorabwärme ist bei Verbrennungsmotoren ein Faktor für die Oberflächentemperatur. Was sich hier positiv auswirkt ist die geringe Abwärmelast bei Elektromotoren. Und die Elektroautos werden mehr werden. So ist bei einem Elektroauto das heißeste Bauteil die Batterie, die eine optimale Wohlfühltemperatur von 20-40 °C hat. Dieser Fakt kommt also der Auf heizung entgegen und wirkt sich positiv aus. 5. Technische Einflussfaktoren aus Nutzung 5.1 Häufigkeit der Parkwechsel Die Häufigkeit der Parkwechsel hat durch die Abwärme der Verbrennungsmotoren einen hohen Einfluss auf die Oberflächentemperatur des Belages. So ist z. B. bei Verbrauchermärkten in Parkbereichen in Eingangsnähe die Parkfrequenz am höchsten. Daraus folgend auch die Gefahr von Verdrückungen. Langzeitparken ist dagegen unkritisch. Beispiel Mitarbeiterparkhaus, Einbzw. Ausfahrt nur morgens und abends. 5.2 bei Freidecks an Ein- und Ausfahrten vor Schrankenanlagen Die Erfahrung zeigt, dass diese Bereiche besonders gefährdet sind. Die kurzfristigen Brems- und Anfahrmanö- 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 99 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels ver und Haltevorgänge in Verbindung mit einem aufgeheizten Belag können zu Verdrückungen führen. 5.3 eingekesselte Lage des Bauwerks Die Luftbewegung, die das komplette Bauwerk bestreicht, hat Einfluss auf die Temperatur an der Oberfläche des Belagsauf baus. Es kann in Extremfällen dazu kommen, dass diese signifikant höher ist als auf frei im Luftzug liegenden Flächen. Bild 3: Beispiel: eingekesselte Parkpalette. Foto: Google Earth 5.4 Wärmeableitung nach unten in der Konstruktion Je nach Konstruktion des tragenden Bauwerks kann sich eine unterschiedliche Wärmeableitung nach unten ergeben. Zwei völlig gegensätzliche Beispiele sind: Eine sehr dicke Massivbetonkonstruktion, beispielsweise eine 25 cm dicke Betondecke, die die Wärme gut nach unten ableitet. Alternativ dazu eine Spannbetonhohldielen-Decke, die durch Ihre Luftkammern eine vergleichsweise „dämmende“ Wirkung hat. Einen Einfluss kann auch die Nutzung im Geschoß unter der Parkfläche haben, wenn vorhanden. Dies in dem Fall, wenn sie sehr wärmeintensiv ist und damit die Wärmeableitung der Decke nach unten/ innen vermindert. 6. Technische Einflussfaktoren aus Planung und Ausführung 6.1 Gefälle im Untergrund Planerisch ist darauf zu achten, dass das notwendige Gefälle in der Unterkonstruktion vorhanden ist, oder vor Herstellung der Abdichtung z. B. mit einem Betonersatzmaterial fachgerecht im Verbund aufgebracht wird. Dies ist auch in der DIN 18532-1 u. a. unter Punkt 6.4 und 8.4.2 so festgelegt. Keinesfalls kann das Gefälle mit Gussasphalt hergestellt werden. Das muss vermieden werden. 6.2 Eindringtiefe, Kennwerte des Gussasphaltes Hier kommt es darauf an, dass die Zusammensetzung des Gussasphaltes den Anforderungen angepasst wird. Entscheidend wichtig ist dies bei einem Freideck. Die Eindringtiefe soll hier bei max. 1,8 mm liegen. Die Zusammensetzung ist mit dem Mischwerk abzustimmen. Das Basisbitumen ist in jedem Fall ein B 20/ 30. Tabelle 1: Beispiel Auszug: Eignungsprüfung für einen AS 8 IC40 Bindemittel/ Zusaätze Mischgutzusammensetzung Sollwert min max Gesamt-Bindemittelgehalt M.-% 7,3 Statistische Eindringtiefe bei 40-°C, 500 mm 2 , nach 30 min mm 1,8 4,0 Raumdichte g/ cm 3 2,470 Spannungsfelder: Verarbeitbarkeit: härtere Beläge sind deutlich anstrengender einzubauen, Rissbildung: Gratwanderung: zu harte Beläge können im Winter reißen. 6.3 Schichtdicken des Gussasphaltes Bei diesem Punkt ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass die Eigenschaften des Stoffes nicht überstrapaziert werden. Die Vorgaben der DIN 18532-2 unter 8.2.2.3 a), Anforderungen an die Abdichtungslage aus Gussasphaltestrich (AS) in Abhängigkeit vom Größtkorn im Mischgut, muss beachtet werden. 100 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Tabelle 2: Anforderungen an die Abdichtungslage aus Gussasphaltestrich (AS) in Abhängigkeit vom Größtkorn im Mischgut. DIN 18532-2, 8.2.2.3 Nr. 1 2 3 4 Größtkorn mm Nenndicke cm Mindestdicke cm Höchstdicke cm 1 11,2 3,5 bis 4,0 3,0 4,5 2 8,0 3,0 2,5 3,5 3 5,6 2,5 2,0 3,0 6.4 Helle Oberfläche Nachgewiesenermaßen senkt die Ausbildung einer hellen Oberfläche, z. B. mit einem speziellen Abstreusplitt, die Oberflächentemperatur um bis zu 8 °C. Diesen Effekt darf man nicht ungenutzt lassen. Ebenso fordert die DIN 18532-2 unter 8.2.2.6 a): Die Nutzschichten aus Gussasphalt sollten bei freibewitterten Flächen mit einem hellen Splitt abgestreut werden. An dieser Stelle muss die Vorgabe „sollten“ u.E. durch „müssen“ ersetzt werden. Auch die DIN 18532 ist schon 6- Jahre alt. Der Stand der Technik eilt der Anpassung einer DIN immer um einige Zeit voraus. Bild 4: Einsatz heller Abstreusplitt: hier Hofmeister CLARA ® . Foto: Hofmeister. 6.5 Gewicht der Fahrzeuge: Bsp. Krankenwagenvorfahrten, Feuerwehrgerätehäuser Es gibt Fälle, in denen die Bauweise an ihre Grenzen stößt. Nach N3-V sind LKW bis 16 t zulässig. Das ist auch in Ordnung, solange sie fahren. Sobald die Fahrzeuge aber dauerhaft stehen, können sie Probleme verursachen. Nach unserer Erfahrung kann das im Bereich von Standplätzen von RTW vorkommen. Ebenso bei Feuerwehrgerätehäusern. Bild 5: RTW auf abgedichteter Vorfahrt. Foto: Hofmeister. Bild 6: dauerhafter Stellplatz links, für Bereitschaftsfahrzeuge. Foto: Hofmeister. Hier muss tatsächlich überlegt werden, was im Einzelfall zu tun ist, um spätere Probleme zu vermeiden. 7. Wo gibt’s überhaupt Probleme? Wir finden, der Sinn eines Vortrages soll nicht darin liegen, Probleme aufzuzeigen. Der Sinn liegt eher darin, Lösungen zu geben und im Weiteren Hilfestellung zur Fehlervermeidung. Da steht am Anfang die Analyse: wo gibt’s überhaupt Probleme? Welche Bereiche sind unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels überhaupt relevant? Völlig unbeeinträchtigt liegt die Abdichtung aus Schweißbahn und Gussasphalt in Fahrgassen, auf Rampen und Spindeln, in Tiefgaragen und bei überdachten Flächen. Besonderes Augenmerk ist daher erforderlich bei - Stellplätzen auf Freidecks - Parkplätzen mit häufig wechselnden Parkvorgängen (Hohe Wechselfrequenz) - Auf Freidecks vor Schrankenautomaten an Ein- und Ausfahrten - Bei erwarteten Grenzbelastungen durch Gewicht 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 101 Gussasphalt planen in Zeiten des Klimawandels Tabelle 6: Achtsamkeitsmatrix. Quelle: Hofmeister. häufig wechselnde Parkfrequenz vor Schrankenanlage Ein/ Ausfahrt Fahrz. >-3,5 to, Bsp. RTW besonderes Augenmerk Kennwerte GA helle Oberfläche überdachte Fahrgasse überdachte Stellfläche ! überdachte Rampe/ Spindel freibewitterte Fahrgasse ! ! freibewitterte Stellfläche ! ! ! ! freibewitterte Rampe/ Spindel ! Tiefgarage Fahrgasse Tiefgarage Stellfläche ! Tiefgarage Rampe/ Spindel 8. Konsequenzen 1. richtige und optimierte Mischgutzusammensetzung. Die Eindringtiefe aus der Erstprüfung soll bei max. 1,8 mm liegen. 2. Beim Einbau beachten der Vorgaben hinsichtlich der max. Schichtdicke des ausgewählten Mischgutes. 3. Herstellen einer hellen Oberfläche, damit die Aufheizung vermindert wird. 4. Dies bedingt ein Zusammenspiel zwischen Planer und Ausführendem, damit gemeinsam der Werkerfolg erreicht wird. Bei Beachtung dieser Punkte, kann eine Abdichtung mit Schweißbahn und Gussasphalt auch in Zeiten des Klimawandels mit gutem Gewissen empfohlen werden. Aus Kostengesichtspunkten bezogen auf die Lebensdauer eines Bauwerks sowieso.