Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenKorrosionsinhibitoren – Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen
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Christoph Dauberschmidt
Florian Stauder
Marcus Kopp
Die Tiefgarage P10 in Heidelberg weist auf den Zwischendecken und der Bodenplatte zahlreiche Risse auf, in die durch die Nutzung Chloride eingedrungen sind. Die derzeitige Chloridbelastung ist noch moderat (max. 0,85 M.-%/z. auf Höhe der Bewehrung), weshalb auch keine Korrosionserscheinungen an Sondierungsstellen festgestellt wurden. Um die Dauerhaftigkeit der befahrenen Bauteile sicherzustellen, wurden mögliche Verfahren nach TR-IH intensiv diskutiert. Dabei hat sich die Bauherrenschaft für einen innovativen Ansatz entschieden: in die Risse wird ein Inhibitor eingebracht, der nach Herstellerangaben bifunktional wirkt: zum einen sollen die im Riss vorhandenen Chloride „deaktiviert“ werden und zum anderen weist das Produkt hydrophobierende Eigenschaften auf. Inhibitoren sind im europäischen Normenwerk DIN EN 1504-9 als Verfahren 11.3 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ beschrieben, aber nicht in der bauaufsichtlich eingeführten TR-IH geregelt. Daher wurde das technische Risiko durch Betrachtung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 für den Rissbereich bewertet – der Inhibitor soll dabei das technische Risiko gegenüber einer alleinigen Anwendung des Verfahren 8.3 reduzieren. Die Wirksamkeit des Inhibitors im Rissbereich wurde an der Hochschule München im Rahmen einer Voruntersuchung nachgewiesen. Um den Erfolg der Maßnahme am Projekt kontrollieren zu können, wurde ein Korrosionsmonitoring-System installiert, das die permanente Online-Erfassung des Korrosionszustandes der Bewehrung erlaubt. Um die Wirksamkeit des Inhibitors auch bei höheren Chloridwerten überprüfen zu können, wurde bei ausgewählten Monitoringbereichen durch eine gezielte Beaufschlagung mit chloridhaltiger Lösung Korrosion vor Applikation des Inhibitors bewusst initiiert. Derzeit wird die Maßnahme vor Ort durchgeführt.
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11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 171 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt Institut für Material- und Bauforschung (IMB), Hochschule München Dr.-Ing. Florian Stauder Ingenieurgruppe Bauen, Mannheim Marcus Kopp MBCC Investments GmbH, Mannheim Zusammenfassung Die Tiefgarage P10 in Heidelberg weist auf den Zwischendecken und der Bodenplatte zahlreiche Risse auf, in die durch die Nutzung Chloride eingedrungen sind. Die derzeitige Chloridbelastung ist noch moderat (max. 0,85 M.-%/ z. auf Höhe der Bewehrung), weshalb auch keine Korrosionserscheinungen an Sondierungsstellen festgestellt wurden. Um die Dauerhaftigkeit der befahrenen Bauteile sicherzustellen, wurden mögliche Verfahren nach TR-IH intensiv diskutiert. Dabei hat sich die Bauherrenschaft für einen innovativen Ansatz entschieden: in die Risse wird ein Inhibitor eingebracht, der nach Herstellerangaben bifunktional wirkt: zum einen sollen die im Riss vorhandenen Chloride „deaktiviert“ werden und zum anderen weist das Produkt hydrophobierende Eigenschaften auf. Inhibitoren sind im europäischen Normenwerk DIN EN 1504-9 als Verfahren 11.3 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ beschrieben, aber nicht in der bauaufsichtlich eingeführten TR-IH geregelt. Daher wurde das technische Risiko durch Betrachtung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 für den Rissbereich bewertet - der Inhibitor soll dabei das technische Risiko gegenüber einer alleinigen Anwendung des Verfahren 8.3 reduzieren. Die Wirksamkeit des Inhibitors im Rissbereich wurde an der Hochschule München im Rahmen einer Voruntersuchung nachgewiesen. Um den Erfolg der Maßnahme am Projekt kontrollieren zu können, wurde ein Korrosionsmonitoring-System installiert, das die permanente Online-Erfassung des Korrosionszustandes der Bewehrung erlaubt. Um die Wirksamkeit des Inhibitors auch bei höheren Chloridwerten überprüfen zu können, wurde bei ausgewählten Monitoringbereichen durch eine gezielte Beaufschlagung mit chloridhaltiger Lösung Korrosion vor Applikation des Inhibitors bewusst initiiert. Derzeit wird die Maßnahme vor Ort durchgeführt. 1. Einführung Eine Gefährdung der Dauerhaftigkeit von Parkbauwerken aus Stahlbeton entsteht primär durch Korrosion der Betonstahlbewehrung. In den Wintermonaten wird mit den einfahrenden PKW tausalzhaltiges Wasser eingeschleppt. Die im Wasser gelösten Chloride dringen infolge unterschiedlicher Transportprozesse - vor allem Konvektion und Diffusion - in den Beton ein. Überschreitet der Chloridgehalt auf der Höhe der Bewehrungslage einen kritischen Grenzwert, führt dies zu einer lokalen Zerstörung der Passivschicht, was eine Lochkorrosion der Bewehrung zur Folge haben kann. Nach der TR-IH [1] ist bei der Instandhaltungsplanung festzulegen, ob Maßnahmen zur Abwehr von Korrosionsschäden erforderlich sind, wenn bei Stahlbetonbauteilen in der äußeren Betonrandzone Chloridgehalte über 0,5 % Cl - , bezogen auf die Zementmasse, ermittelt werden. Im Bereich von Rissen können Chloride verständlicherweise wesentlich rascher ins Bauteilinnere eindringen als im ungerissenen Beton. So zeigen Auswertungen von Literaturergebnissen, dass die Zeitdauer bis zur Depassivierung der Bewehrung bei Rissbreiten von 0,4 mm deutlich unter einem Jahr liegen kann. Die Zeit bis zur Depassivierung nimmt zwar mit abnehmender Rissbreite zu, sie bleibt aber im Bereich der im Stahlbetonbau üblichen Betondeckungen immer wesentlich kleiner als die üblicherweise erwartete Lebensdauer von Bauteilen aus Stahlbeton. Das bedeutet, dass mit der Depassivierung der Bewehrung im Bereich von Rissen bei Chloridexposition innerhalb einer kurzen Beaufschlagungsdauer gerechnet werden muss. Problematisch im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit von Stahlbeton erscheint bei diesem Korrosionsmechanismus die Tatsache, dass sich im ausbildenden Makrozellkorrosionselement sehr kleine Bereiche aktiver Eisenauflösung (Bewehrung im Rissbereich) großen passiven Bewehrungsbereichen gegenüberstehen, siehe Abb. 1. Dies kann bei entsprechenden Randbedingungen zu sehr hohen Korrosionsraten und damit Querschnittsverlusten an der Bewehrung im Rissbereich führen. Die Tragfähigkeit des betroffenen Bauteils kann innerhalb kurzer Zeit gefährdet sein. 172 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 1: Korrosionsproblematik im Bereich von Rissen der Stahlbetonkonstruktion 2. Tiefgarage P10 in Heidelberg 2.1 Angaben zum Bauwerk Die im Jahr 2009 errichtete Tiefgarage P10 weist im Grundriss eine Fläche von rd. 83 x 30 m² auf und befindet sich unterhalb des Friedrich-Ebert-Platzes in unmittelbarer Nähe zur Heidelberger Altstadt. Die Tiefgarage besitzt 256 Stellplätze, die sich auf drei Parkebenen UG- 01 (obere Parkebene), UG 02 (mittlere Parkebene) und UG 03 (untere Parkebene) verteilen. Die Tragstruktur des Gebäudes besteht im Wesentlichen aus Stahlbetonbauteilen in Form von Flachdecken, einer im Grundriss mittig in Gebäudelängsrichtung angeordneten Stützenreihe und der Gebäudeumfassung. Während die befahrbaren Zwischendecken (UG 01 und UG 02) im Feldbereich mit einer Plattendicke von 35 cm hergestellt wurden, erfolgte im Auflagerbereich eine Erhöhung der Plattendicke auf 65 cm. Die Aussteifung des Tragwerks wird über Innenwände im Rampenbereich und die zwei Treppenhauskerne sichergestellt. Gegründet wurde das Bauwerk auf einer elastisch gebetteten Bodenplatte, die unterhalb der Stützenreihe eine erhöhte Bauteildicke aufweist. Die Bodenplatte wurde planmäßig mit einer Dicke von 60 cm und einer Querschnittserhöhung auf 114-cm im Stützenbereich hergestellt. Darüber hinaus ist erkennbar, dass die Bodenflächen mit einem Gefälle betoniert wurden, da sich die Hochpunkte rd. 20 cm über den jeweiligen Tiefpunkten befinden. Aufgrund von temporär anstehendem Schichtbzw. Grundwasser wurde die Konstruktion in WU-Bauweise als wasserundurchlässigen Bauteil ausgebildet, siehe Abb. 2. Abb. 2: Querschnitt Tiefgarage (Auszug aus Bestandsplan) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 173 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 3: Grundriss Parkebene 01 (mit Schadenskartierung) Auf den befahrbaren Bodenflächen befindet sich eine starre OS 8-Beschichtung, die vor der Inbetriebnahme des Bauwerks appliziert wurde. In der Vergangenheit haben sich in den Decken (UG 01 und 02) und der Bodenplatte (UG 03) Risse eingestellt, die insbesondere bei den Zwischendecken aufgrund ihrer Lage und Orientierung mehrheitlich auf Zwangsspannungen infolge von Schwinden und Temperatureinflüssen zurückzuführen sind, dargestellt in Abb. 3. 2.2 Ist-Zustand der Zwischendecken Im Rahmen einer im Jahr 2017 durchgeführten Bauwerksuntersuchung wurden die augenscheinlich erkennbaren Risse aufgenommen und innerhalb einer geschossweisen Risskartierung dargestellt. Darüber hinaus wurden im Bereich der Risse Bohrmehlproben entnommen und hinsichtlich ihres Chloridgehaltes untersucht. Mit Ausnahme eines Risses mit einer Breite von 0,4-mm an der Oberseite des Parkdecks UG 01 und etwa 9 Rissen im Bereich des Treppenhauses mit Breiten von 0,4-mm bis 0,5 mm, wurden dabei ausschließlich Risse mit Rissbreiten zwischen 0,1 mm bis 0,3 mm an der Bauteiloberfläche festgestellt. Die chemische Analyse der im Rissbereich im UG 01 und UG 02 entnommenen Bohrmehlproben ergab einen maximalen Chloridgehalt von 0,63 M.-%, bezogen auf das Zementgewicht in der ersten Entnahmetiefe von 0-15 mm. Die im Bereich der intakten Beschichtung entnommene Referenzprobe wies keinen erhöhten Chloridgehalt auf. Die Analyse von aus der Bodenplatte im Rissbereich entnommenen Materialproben ergab einen maximalen Chloridgehalt von 0,49 M.-%, bezogen auf das Zementgewicht in der ersten Entnahmetiefe (0-15 mm). Im Jahr 2019 wurde eine ergänzende Zustandsbewertung von der Ingenieurgruppe Bauen erstellt. Die maßgebenden Erkenntnisse aus dieser Zustandsbewertung sind: • Exemplarisch durchgeführte Betondeckungsmessungen zeigen, dass die zum Zeitpunkt der Erstellung erforderliche Mindestbetondeckung von 30 mm (bei zweimal jährlicher Wartung) an keiner Messstelle unterschritten wurde. Die Vorgabe der Mindestbetondeckung ergibt sich entsprechend der zum Zeitpunkt der Bemessung maßgebenden Anforderungen aus den Stahlbeton-Bemessungsnormen und dem damals gültigen DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Fassung Januar 2005. • In den ungerissenen und beschichteten Bereichen wurden erwartungsgemäß nur minimale Carbonatisierungstiefen ermittelt. Im Bereich von Rissen wurden deutlich höhere Carbonatisierungstiefen festgestellt, ohne dass diese eine kritische Tiefe (Betondeckung) erreicht hätten. • Es wurden Chloridgehalte bis zu 1,75- M.-%/ z. im Rissbereich ermittelt. Im Vergleich zu den 2017 durchgeführten Bohrmehlanalysen wurde 2019 erwartungsgemäß insbesondere im 1. UG ein Anstieg der Chloridbelastung festgestellt. Ursächlich hierfür ist, dass mit jeder Winterperiode zusätzlich Taumittel in Form von Chloriden in die Tiefgarage und damit in die Rissbereiche eingetragen wird. Da der Chlorideintrag mit der Nutzung/ Frequentierung der Parkflächen korrespondiert, wurden im 1. UG die höchsten und auf der Bodenplatte die geringsten Chloridkonzentrationen nachgewiesen. • Bei Sondierungsöffnungen wurde der Korrosionszustand der Betonstahlbewehrung an neun Stellen ermittelt. Dabei zeigten sich an keiner Untersuchungsstelle Spuren sichtbarer Korrosionsschädigung, obwohl fünf der Sondierungsstellen im Bereich mit erhöhten Chloridkonzentrationen erstellt wurden. 174 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Tab.-1: im Rissbereich ermittelte Chloridgehalte in M.-%, bezogen auf die Zementmasse Zusammenfassend wurde festgestellt, dass bei den untersuchten Bereichen des Parkhauses ein Instandsetzungsbedarf für die befahrbaren Decken und Bodenplatte im Bereich der Risse besteht. Hier sind über einen Zeitraum von rd. 10 Jahren Chloride in den (vermutlich Trenn-) Rissbereich eingedrungen, sodass eine für eine mögliche Korrosionsinitiierung kritische Chloridkonzentration im Rissbereich auf Höhe der Bewehrung vorliegt. Eine Schädigung durch chloridinduzierte Korrosion konnte an den durchgeführten Sondierungsöffnungen nicht festgestellt werden. 2.3 Diskussion der möglichen Instandsetzungsvarianten nach TR-IH Zum Zeitpunkt der Planung der Instandsetzungsmaßnahmen war in Baden-Württemberg die RL-SIB [2] noch alleinig bauaufsichtlich eingeführt. Die Planung fußt deshalb auf den Grundsätzen der RL-SIB. Dennoch werden nachfolgend die möglichen Instandsetzungsvarianten anhand der Vorgaben der TR-IH erläutert, welche seit 01/ 23 in BW bauaufsichtlich eingeführt ist. Für die Instandsetzung von chloridbelasteten Rissen mit vermutlich korrosionsinitiierender Chloridkonzentration im Rissbereich, aber ohne detektierbare Korrosionsschäden, sind folgende Instandsetzungsvarianten nach TR-IH denkbar: • Verfahren 7.2: bei diesem Verfahren wird nach dem Abtrag des chloridbelasteten Betons im Rissbereich durch z. B. HDW-Strahlen zementgebundener Betonersatz zur Bauteilreprofilierung aufgetragen. Anschließend wird die Applikation eines rissüberbrückenden Beschichtungssystems zur Vermeidung eines erneuten Chlorideintrags empfohlen. Dieses Verfahren stellt eine bewährte Vorgehensweise zur Instandsetzung chloridbelasteter Bauteile dar, ist aber mit einer ausgeprägten Lärmbelastung der Umgebung verbunden und führt zu erheblichen Verschmutzungen im Bauwerk. Des Weiteren kann diese Maßnahme nicht ohne langwierige Absperrungen von Teilbereichen des Parkhauses durchgeführt werden. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit sind während der Bauphase Abstützungsmaßnahmen erforderlich. Zusammengefasst muss bei diesem Verfahren mit hohen Kosten und einem erheblichen Aufwand gerechnet werden. Durch den Eingriff in die Tragstruktur kann mit Änderungen der Bauordnungen ein Genehmigungsverfahren für die Baumaßnahme erforderlich werden, sodass eine Baugenehmigung eingeholt und ein Prüfingenieur beauftragt werden muss. • Verfahren 10.1: Das Prinzip des Kathodischen Korrosionsschutzes für Stahlbetonbauteile beruht darauf, dass die anodische Teilreaktion des Korrosionsprozesses, nämlich die Eisenauflösung, durch einen entgegengesetzt gerichteten Gleichstrom unterbunden wird. Hierzu wird auf die Betonoberfläche im Bereich der Risse eine dauerhafte Anode (z. B. Titanband) aufgebracht. Die an einer Stelle freigelegte Bewehrung (Kathode) wird an den Minuspol und die Anode an den Pluspol eines als Stromquelle dienenden Gleichrichters angeschlossen. Nach Einschalten der Stromquelle wird durch den Elektronenfluss die Bewehrung kathodisch polarisiert, so dass eine anodische Metallauflösung weitgehend unterdrückt wird. Durch den hohen Verkabelungsaufwand an der Tiefgarage P10 bei der Installation eines KKS-Systems erscheint diese Instandsetzungsvariante eher unwirtschaftlich. • Verfahren 8.3: Das Prinzip beruht auf einer Absenkung des Wassergehaltes im Beton, was die elektrolytische Leitfähigkeit so stark reduziert, dass die 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 175 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Korrosionsgeschwindigkeit auf praktisch vernachlässigbare Werte gesenkt wird. Bei hohen Chloridgehalten ist eine ausreichende Austrocknung des Bauteils in der Regel nicht mehr zu erwarten. Daher darf dieses Verfahren bei chloridkontaminiertem Beton nach [1] nur angewendet werden, wenn nach der Ausführung der Instandsetzungsmaßnahme die Auswirkung auf den Korrosionsfortschritt der Bewehrung, z. B. durch Einbau geeigneter Sensoren, von einem Sachkundigen Planer über die Restnutzungs-dauer überprüft wird. Dieses Verfahren sollte ab einem Chloridgehalt von 1,5 M.-% bezogen auf die Zementmasse an der Bewehrung nicht angewendet werden. Die oben gemachten Ausführungen beziehen sich aber maßgeblich auf die Anwendung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 im ungerissenen, chloridbelasteten Beton. Der Rissbereich stellt allerdings einen Sonderfall dar. Hier kann eine Chloridumverteilung weg vom Rissbereich stattfinden, was sich positiv hinsichtlich einer möglichen Repassivierung des Betonstahls auswirkt. Untersuchungen zum Verfahren 8.3. im Rissbereich [3] zeigen, dass das Auf bringen einer Beschichtung im Rissbereich von Stahlbetonprüfkörpern, welche einen Chloridgehalt auf Höhe der Bewehrung von im Mittel 1,04 M.-%/ z. (CEM I) bzw. 0,66 M.-%/ z. (CEM III) und damit aktive Korrosion aufweisen, zu einer signifikanten Reduzierung der Korrosionsaktivität bis hin zur vollständigen Repassivierung der Makrokorrosionselemente führen. Somit ist davon auszugehen, dass das Verfahren 8.3 bei einem Großteil der vorhandenen Risse erfolgreich sein wird, da an keinem der untersuchten Risse ein Chloridgehalt auf Höhe der Bewehrung von 0,85 M.-%/ z. überschritten ist. • Verfahren 11.3: gemäß Norm DIN EN 1504-9 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ [6]: dieses Verfahren ist in der TR-IH nicht geregelt. Im nachfolgenden Kapitel wird aufgezeigt, welche Untersuchungsergebnisse zu Inhibitoren vorliegen. Nach intensiver Diskussion und Darlegung aller Vor- und Nachteile und aller technischen Risiken hat die Bauherrenschaft entschieden, eine innovative Instandsetzung der Rissbereiche unter Ansatz der Verfahren 8.3 i.V.m. Verfahren 11.3 durchzuführen: auf allen Rissen wird ein Inhibitor appliziert und die Decken und Bodenplatte wird anschließend mit einer rissüberbrückenden, robusten Beschichtung versehen. Der Erfolg der Maßnahme wird gemäß den Vorgaben der TR-IH durch ein Korrosionsmonitoring-System überwacht und nachgewiesen. 3. Korrosionsinhibitoren 3.1 Allgemeines zur Wirkungsweise Die Korrosion der Bewehrung, ausgelöst durch die Carbonatisierung des Betons und/ oder durch die in den Beton eingedrungenen Chloride, ist heute die häufigste Ursache für Schäden an Stahlbetonbauteilen, deren Beseitigung erhebliche Kosten verursachen. Zum Schutz und zur Instandsetzung von korrosionsgeschädigten Stahlbetonbauteilen können neben anderen Maßnahmen auch Korrosionsinhibitoren (hier kurz Inhibitoren genannt) eingesetzt werden [4] bis [8]. Hierbei handelt es sich um organische oder anorganische Substanzen, welche die kathodische (Reduktion von Sauerstoff) und/ oder die anodische Reaktion (Eisenauflösung) hemmen und so die Geschwindigkeit der Korrosion von Metallen reduzieren. Sie können bei Stahlbetonbauteilen entweder vorbeugend (präventiv) oder nachträglich (kurativ) eingesetzt werden, um einerseits den Beginn von Zerstörungsprozessen zu verhindern bzw. hinauszuzögern, oder um andererseits bereits ablaufende Korrosionsvorgänge zu unterbinden bzw. stark zu verlangsamen. Der Einsatz von Inhibitoren kann - die Wirksamkeit vorausgesetzt - in vielen Fällen eine sehr wirtschaftliche Maßnahme sein, da der in der Regel zur Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen erforderliche, aufwändige Betonersatz minimiert werden oder sogar ganz wegfallen kann. Inhibitoren sind im europäischen Normenwerk für den Schutz und die Instandsetzung als Verfahren 11.3 gemäß Norm DIN EN 1504-9 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ [9] beschrieben. Unter der Abkürzung MCI (Migrating Corrosion Inhibitor) werden alle Arten von migrierenden (wandernden) Inhibitoren verstanden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Substanzen von der Oberfläche durch Diffusion, Konvektion („Huckepack“) oder Migration (Anziehung durch den Betonstahl) in der Gas- oder Wasserphase in den Poren des Betons in größere Bauteiltiefen gelangen. Ende der 1980er Jahre wurde das Strategic Highway Research Program (SHRP C-103, [10]) gestartet. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde auch die Anwendbarkeit von Inhibitoren zur Instandsetzung von korrodierenden Stahlbetonbauteilen untersucht. In einem Folgeprogramm wurden Pilotversuche wie auch Feldstudien durchgeführt. Diese Arbeiten lösten weltweit eine rege Forschungstätigkeit aus. Trotz der großen Vielzahl von Untersuchungen zur Wirkung von Inhibitoren ist weder bei der präventiven noch bei der kurativen Anwendung ein Konsens bei der Beurteilung der langfristigen Wirkung und damit des Nutzens vorhanden. Viele Resultate und Folgerungen widersprechen sich. Einige davon können auf die unterschiedliche Versuchsdurchführung und Messtechnik zurückgeführt werden. In der umfassenden Feldstudie von Mott McDonald [11] über die Wirksamkeit von Instandsetzungsverfahren kam man zum Schluss, dass zur Beurteilung von Inhibitoren weitere Untersuchungen nötig sind. In einer Publikation der European Federation of Corrosion wurde der aktuelle Stand der Kenntnisse zum Einsatz von Inhibitoren zusammengefasst [12]. Daraus wird gefolgert, dass Inhibitoren eine starke präventive Wirkung haben können, d. h. den Korrosionsbeginn stark hinauszögern. Demgegenüber konnte mit der nachträglichen, oberflächlichen Applikation von Inhibitoren (kurative Behandlung) bei bereits laufender Korrosion keine signifikante Reduktion der Korrosionsgeschwindigkeit nachgewiesen werden. Söylev und Richardson [13] haben in einer kürzlich publizierten Arbeit 176 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen ebenfalls den Stand der Kenntnisse zur Anwendung von Inhibitoren zusammengefasst. Die Autoren kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass es einfacher ist, mit Inhibitoren den Korrosionsbeginn hinauszuzögern als einen laufenden Korrosionsprozess zu bremsen. Sie weisen weiterhin auf die sehr geringe Datenmenge aus Langzeituntersuchungen an realen Strukturen hin. Ein Schweizer Forschungsvorhaben führten Hunkeler, Mühlan und Ungricht [14] zur Erkenntnis, dass keine der untersuchten Inhibitorarten, laufende chloridinduzierte Korrosion an der Bewehrung zu reduzieren vermochten. Bei der Anwendung des Inhibitors an der Tiefgarage P10 unterscheidet sich der Schutzmechanismus für den Betonstahl von den zuvor genannten Untersuchungen zu migrierenden Inhibitoren: am P10 wird der Inhibitor auf offene Risse appliziert, während bei den üblichen Anwendungen von migrierenden Inhibitoren der Wirkstoff durch den ungerissenen Beton migrieren muss. In [13] wird anhand einer Literaturrecherche festgestellt, dass bei einer Untersuchung organische Inhibitoren auf Basis von Amino-Estern nicht wirksam im Rissbereich sind, während bei einer anderen Untersuchung die Korrosionsströme durch den Einsatz von Inhibitoren halbiert werden konnten. Auch die Untersuchungsergebnisse in [15] sind uneinheitlich: bei einigen Inhibitoren konnte eine signifikante Reduktion der Korrosionsströme festgestellt werden, bei anderen hingegen nicht. 3.2 Laboruntersuchungen zum verwendeten Korrosionsinhibitor Bei dem Parkhaus P10 wird der Korrosionsinhibitor MasterProtect 8500 Cl der MBS eingesetzt. MasterProtect 8500 CI ist nach Herstellerangaben ein bifunktioneller, oberflächenapplizierter Korrosionsinhibitor auf Silanbasis zum Korrosionsschutz und zur Korrosionshemmung. Der Korrosionsinhibitor soll durch eine „chemische Deaktivierung“ der im Riss vorhandenen Chloride die Passivierung der Bewehrung fördern. Darüber hinaus weist das Produkt hydrophobierende Eigenschaften auf, was sich sehr vorteilhaft auf den elektrolytischen Teilprozess der Bewehrungskorrosion auswirkt. In [16] wurden Korrosionsuntersuchungen an gerissenen Stahlbetonprüfkörpern in chloridhaltiger Exposition durchgeführt. Bei Prüfkörpern, die mit dem Inhibitor MP 8500 Cl behandelt waren, wurden verglichen zu unbehandelten und mit einem reinen silan-basierten Inhibitor behandelten Probekörper signifikant reduzierte Korrosionsströme gemessen. Eine weitere Vorversuchsreihe wurde am Institut für Material- und Bauforschung an gerissenen Probekörpern mit chloridhaltigem Beton durchgeführt. Dabei wurden zwei Stahlbetonbalken mit einer Länge von 66 cm, 10 cm Höhe und 11 cm Breite hergestellt. Darin enthalten sind zwei Bewehrungsstäbe (Anoden) mit einer Betondeckung von 20 mm bzw. 40 mm (Abb. 4, Schnitt Seite A und B). Die auf 50 mm abgelängten Anoden wurden in Anlehnung an Beck [17] zur Vermeidung von Spaltkorrosion beidseitig an einen Edelstahldraht angeschweißt und übereinander längs in der Schalung und senkrecht zum späteren Rissbereich platziert. Als Kathode dient ein Band aus Titanmischoxid. Für die Herstellung der Prismen mit CEM II wurde ein gewöhnlicher, eher offenporiger Beton verwendet (w/ z = 0,65; Z = 260 kg/ m³ CEM II/ A-LL; C20/ 25; Größtkorn 8-mm). Der Chloridgehalt des Betons wurde auf 4 M.-%/ z. für beide Probekörper in der oberen Anodenschicht (oberen 60 mm) eingestellt. Die Chloride wurden dem Anmachwasser zugegeben, um die Initiierungsphase der Korrosion abzukürzen. Beide Prüfkörper wurden zur Initiierung einer signifikanten Korrosion zunächst für einen Monat im Rissbereich mit Wasser beaufschlagt. Nach dieser Vorlagerung wurde die Beaufschlagung mit Wasser von oben zwei Wochen vor der Applikation des Inhibitors gestoppt. Die Applikation des Inhibitors wurde durch einen Anwendungstechniker des Herstellers an der Hochschule München durchgeführt. Abb. 4: Probekörperauf bau/ Vorversuche an gerissenen Probekörpern Zur Klärung des Korrosionsverhaltens von Bauteilen, bei denen sich nach Aufbringen eines Korrosionsinhibitors Trennrisse einstellen, wurden Risse im Prüfkörper mit folgenden Parametern erzeugt: • Erzeugung eines Biegerisses (w = 0,30 mm) nach der Applikation des Inhibitors bei beiden PK. Dabei wurden die Prüfkörper in einer Universalprüfmaschine auf Biegung beansprucht, bis sich ein Riss der angestrebten Rissbreite eingestellt hat. • Nach einer Messdauer von 4 Wochen wurden die Risse auf 0,4 mm und nach einer weiteren Woche auf 0,5-mm aufgeweitet. • Nach erfolgter Rissinitiierung wurden die PK in eine Biegevorrichtung eingespannt, damit der Riss dauerhaft offenbleibt (Abb. 5) und im Rissbereich mit einer chloridhaltigen Lösung beaufschlagt. Mit dem eingebauten Korrosionssystem konnten Korrosionspotentiale, Elementströme und Elektrolytwiderstände kontinuierlich erfasst und aufgezeichnet werden. Abb. 6 zeigt die Ergebnisse der Elementstrom-Messungen über die Zeit. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 177 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Abb. 5: Einspannung der Probekörper Bei den Elementströmen zeigen die oberflächennahen Anoden nach Chloridbeaufschlagung im Rissbereich die höchsten Werte. Bei dem Prüfkörper, bei dem vor Rissinitiierung ein Inhibitor appliziert wurde, betragen die gemessenen Elementströme rd. 1/ 10 der Elementströme des Referenzkörpers ohne Inhibitor, siehe Abb. 6. Abb. 6: zeitliche Entwicklung der Elementströme Die wenigen Untersuchungsergebnisse mit dem Inhibitor MasterProtect 8500 Cl der MBS deuten darauf hin, dass die Korrosionsaktivitäten im Rissbereich durch Applikation des Inhibitors im Vergleich zu Referenzprobekörpern deutlich reduziert sind. Dies gilt auch für den Fall, dass der Inhibitor vor der Rissinitiierung appliziert wird. 4. Sicherstellung der Dauerhaftigkeit der Decken und der Bodenplatte des P10 4.1 Durchgeführte Maßnahmen Der Sollzustand des Bauwerks, der durch die Instandsetzungsmaßnahmen erreicht werden soll, besteht in der Wiederherstellung der Dauerhaftigkeit der Konstruktion und damit einer Sicherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrungseinlagen innerhalb der verbleibenden Restnutzungsdauer. Aufgrund der geringen Korrosionsaktivität bzw. nicht sichtbaren Korrosionsschäden an den untersuchten Sondierungsstellen und damit einer vorausgesetzten Schadensfreiheit der Konstruktion basiert der Instandsetzungsentwurf der Ingenieurgruppe Bauen auf einer anodischen Kontrolle des Bewehrungsstabs im Rissbereich. Diese soll durch das Einbringen des Korrosionsinhibitors MasterProtect 8500 Cl der MBS erreicht werden. Beim P10 wird das Produkt direkt in vorhandene Risse eingebracht. Infolge der hydrophobierenden Wirkung wird der weitere Wasserzutritt im Riss reduziert und durch die geplante Beschichtung anschließend vollständig verhindert. Weiterhin sollen Chloride durch den Inhibitor „gebunden“ werden, sodass der Korrosionsprozess unterdrückt bzw. sehr stark verlangsamt wird (anodische Kontrolle). Im Detail werden im 1. und 2. UG die 178 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Risse zunächst oberflächig durch Einschneiden aufgeweitet und anschließend mit dem Korrosionsinhibitor MasterProtect 8500 Cl in mehreren Arbeitsgängen getränkt. Aufgrund der Vielzahl an gerichteten, sehr feinen Rissen im Bereich der Fahrbahn im 3. UG ist in diesem Geschoss der flächige Abtrag der vorhandenen Beschichtung und eine flächige Applikation des Korrosionsinhibitors vorgesehen. Da sich durch das für das Auf bringen der Beschichtung erforderliche Kugelstrahlen die vorhandenen Risse aufweiten, kann auf das Einschneiden der Risse verzichtet werden. Nach der „Rissbehandlung“ mit dem Korrosionsschutzinhibitor beinhaltet das Instandsetzungskonzept weiterhin die flächige Neubeschichtung der Verkehrsflächen mit einem entsprechenden rissüberbrückenden Oberflächenschutzsystem, was auch bei der Durchführung von klassischen Instandsetzungsmaßnahmen (z. B. Betonaustausch) erforderlich wäre. Da es sich bei der Tiefgarage P10 um eine stark frequentierte, öffentliche Parkfläche handelt, ist grundsätzlich von einer sehr hohen Verschleißbeanspruchung auszugehen. Deshalb hat der Bauherr entschieden, ein sehr robustes Beschichtungssystem mit hoher Rissüberbrückungsfähigkeit auf Basis von Polyurea zu applizieren, um eine möglichst lange Lebensdauer des Gesamtsystems sicherzustellen. 4.2 Nachweis der Wirksamkeit des Inhibitors am Bauwerk Um den Erfolg der Maßnahme nachweisen zu können, wurden am Bauwerk insgesamt an neun Stellen Sensoren zur Bestimmung der Korrosionsraten im Rissbereich installiert. Dieses Korrosionsmonitoring-System wurde nach den Vorgaben des DGZf P-Merkblatts B12 [18] geplant und installiert. Es erlaubt neben der Messung des Elementstroms des Betonstahls im Rissbereich auch die Messung von Elektrolytwiderstand, Korrosionspotentialen und von Polarisationswiderständen. Da nicht gesichert angenommen werden kann, dass durch die Bauwerksdiagnose auch wirklich die Bereiche höchster Chloridkonzentration im Rissbereich beprobt/ getroffen wurden, erfolgte an einigen der Monitoring-Stellen eine gezielte Beaufschlagung der Rissoberfläche mit chloridhaltiger Lösung über mehrere Wochen. Hierdurch wurde lokal chloridinduzierte Korrosion initiiert - was durch das Monitoring-System auch erfasst werden konnte. Somit kann an diesen Stellen nun die Wirksamkeit des Inhibitors (in Kombination mit dem Verfahren 8.3) auch bei hohen Chloridwerten überprüft und damit die Wirksamkeit der Maßnahme auf der sicheren Seite nachgewiesen und darüber hinaus auch Anwendungsgrenzen des Verfahrens verifiziert werden. 4.3 Diskussion des technischen Risikos Dem Bauherren wurde das technische Risiko der Maßnahme eingehend erläutert. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Einschätzung des technischen Risikos: • Vorhandene Schädigung: die vorhandene Chloridbelastung auf Höhe der Bewehrung ist mit max. ermittelten Werten von 0,85 M.-%/ z. deutlich erhöht, aber nach Vorgaben RL-SIB bzw. TR-IH noch in moderaten Bereichen, für die ein Instandsetzungserfolg rein über Anwendung des Prinzips W-Cl bzw., Verfahren 8.3 nicht ausgeschlossen wird. Derzeit sind keine sichtbaren Querschnittsverluste oder Korrosionsspuren vorhanden. • Risiko eines Prinzips W-Cl/ Verfahren 8.3: im Labor ergaben sich bei Chloridgehalten im Riss in der gleichen Größenordnung wie am Parkhaus P10 nach kurzer Zeit Korrosionsströme, die auf einen Erfolg des Instandsetz-ungsverfahrens 8.3 schließen lassen. Dies ist auf maßgebende anodische Kontrolle der Korrosionsprozesse zurückzuführen. • Anwendung des Korrosionsinhibitors: im Labor konnte in [15] nachgewiesen werden, dass sich durch Einsatz des Korrosionsinhibitors MP 8500 Cl bei gerissenen Prüfkörpern die Korrosionsströme signifikant reduzieren lassen. Der Inhibitor wird als anodisch kontrollierend eingeschätzt, wodurch bei Wirksamkeit das Verfahren 8.3 unterstützt wird. • Elektrolytische Widerstände: die Zwischendecken sind in der Fläche derzeit mit einem OS8-System beschichtet. Dies bedeutet, dass der Konstruktionsbeton außerhalb der Risse vermutlich trocken ist und damit hohe Elektrolytwiderstände aufweist. Im Rissbereich kann der Beton der Zwischendecken nach unten austrocknen. Damit ist zu erwarten, dass mittelfristig der Elektrolytwiderstand des Betons im Rissbereich ansteigt und damit evtl. vorhandene Korrosionsprozesse weiter verlangsamt werden. • Abdichten der vorhandenen Risse: durch „Abdichten“ der vorhandenen Risse durch eine rissüberbrückende Beschichtung können keine neuen Chloride in den Beton eindringen. Vorhandene Chloride können sich im Rissinneren weiter in den Konstruktionsbeton umverteilen. Dadurch ist mit einer Abnahme der Chloridkonzentration am Betonstahl über die Zeit zu rechnen. • Musterfläche: im Juli 2019 wurde an einer Musterfläche die Wirksamkeit des Inhibitors bereits getestet. Dabei wurden Potentiale gemessen, die sich innerhalb von rd. 7 Wochen hin zu „edleren“ Werten verschoben haben. Die mit GECOR 10 von der Oberfläche aus gemessenen Korrosionsströme nahmen für eine Stelle mit hoher Korrosionsaktivität von 0,837-µA/ cm² innerhalb von 7 Wochen auf 0,040 µA/ cm² ab. Ein letztendlicher Nachweis der Wirksamkeit konnte aber noch nicht erbracht werden. All diese Punkte sprechen dafür, dass - obwohl das Instandsetzungskonzept nicht den Anerkannten Regeln der Technik nach [19] entspricht und deswegen ein erhöhtes technisches Risiko gegenüber einer herkömmlichen Instandsetzung vorhanden ist - das Risiko des Nichterreichens des Werkerfolgs (der Erfolg ist hier als Sicherstellung der Dauerhaftigkeit definiert) als gering bis moderat zu bewerten ist. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 179 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Mögliche weitere Risiken bestehen in folgenden Punkten - auch wenn es bisher in der Literatur keine Hinweise auf derartige Schädigungsprozesse gibt: • Mögliche Unverträglichkeit Inhibitor zu Beton, • Mögliche Unverträglichkeit Inhibitor zu Beschichtung/ Rissbandage, • Mögliche Umweltunverträglichkeit. Diese Risiken könnten theoretisch dazu führen, dass die Beschichtung auf dem Beton nicht mit dem erforderlichen Verbund aufliegt, sodass sich Blasen bilden oder dass Auswaschungen aus dem Beton stattfinden. Auch diese Risiken können zu einem Nichterreichen des Werkerfolgs führen, wenn erneute Instandsetzungsarbeiten erforderlich werden. Diese Risiken werden - da keine Hinweise in der Literatur zu finden sind - als gering bewertet. 5. Zusammenfassung und Ausblick Die bisher mit einem starren OS8-System beschichteten Zwischendecken und die Bodenplatte der Tiefgarage P10 in Heidelberg weisen zahlreiche Risse auf, in die durch die Nutzung Chloride eingedrungen sind. Die derzeitige Chloridbelastung ist noch moderat (max. 0,85 M.-%/ z. auf Höhe der Bewehrung), weshalb auch keine Korrosionserscheinungen an Sondierungsstellen festgestellt wurden. Um die Dauerhaftigkeit der befahrenen Bauteile sicherzustellen, wurden mögliche Instandsetzungsverfahren nach TR-IH intensiv diskutiert. Dabei hat sich die Bauherrenschaft für die Anwendung eines Inhibitors zur Korrosionshemmung im Rissbereich entschieden. Diese Instandsetzungsvariante ist in der TR-IH nicht geregelt, aber im europäischen Normenwerk DIN EN 1504-9 als Verfahren 11.3 „Anwendung von Korrosionsinhibitoren auf den oder zum Beton“ enthalten. Daher wurde das technische Risiko durch Betrachtung des Instandsetzungsverfahrens 8.3 für den Rissbereich bewertet - der Inhibitor soll dabei das technische Risiko gegenüber einer alleinigen Anwendung des Verfahren 8.3 reduzieren. Die Wirksamkeit des Inhibitors im Rissbereich wurde an der Hochschule München im Rahmen einer Voruntersuchung nachgewiesen. Um den Erfolg der Maßnahme bewerten zu können, wurde ein Korrosionsmonitoring- System installiert, das die permanente Online-Erfassung des Korrosionszustandes der Bewehrung erlaubt. Um die Wirksamkeit des Inhibitors auch bei höheren Chloridgehalten bestätigen zu können, wurde bei einigen Monitoringbereichen durch lokale Beaufschlagung mit chloridhaltiger Lösung Korrosion vor Applikation des Inhibitors gezielt initiiert. Die Maßnahme wurde im Herbst 2023 durchgeführt. Durch weitere Messung und Auswertung der Korrosionsaktivitäten der Sensoren des Korrosionsmonitorings erwarten die Autoren wertvolle Erkenntnisse zur Wirksamkeit und evtl. auch zu den Anwendungsgrenzen dieses innovativen Verfahrens zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit bei gerissenen Stahlbetonbauteilen mit einer Chloridbeaufschlagung. 6. Danksagung Die Autoren bedanken sich bei der Bauherrenschaft, den Stadtwerken Heidelberg Garagen GmbH, für die hohe Innovationsfreude und die sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie bei den Projektpartnern. Die Planung und Betreuung des von der Fa. instakorr errichteten Korrosionsmonitoringsystems erfolgte durch ZT- Büro Pruckner, Herrn Dr. Dr. Franz Pruckner, während die Baumaßnahme selbst von der Fa. Massenberg, Niederlassung Bürstadt, ausgeführt wurde. 7. Literatur [1] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Richtlinie, Mai 2020, Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung), Teil 1 - Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung. [2] RL SIB: 2001-10: DAfStb-Richtlinie - Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen: Instandsetzungsrichtlinie, Deutscher Ausschuss für Stahlbetonbau im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin 2001. [3] Keßler, S., Hiemer, F. and Gehlen, C. (2017): Einfluss einer Betonbeschichtung auf die Mechanismen der Bewehrungskorrosion in gerissenem Stahlbeton. Beton- und Stahlbetonbau, 112: 198-206. doi: 10.1002/ best.201700002. [4] Nürnberger, U.: Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen, Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 1995. [5] Hunkeler, F., Ungricht, H. und Schiegg, Y.: Eignung zweier Inhibitoren (MFP und Sika Ferro-Gard-903) zur Instandsetzung von chloridbelasteten Stahlbetonbauten, Objektbezogener Forschungsauftrag der Arbeitsgruppe Brückenforschung, UVEK/ ASTRA, Bericht VSS Nr. 554, 2001. Zusammenfassung. [6] Hunkeler, F.: Corrosion in reinforced concrete: processes and mechanisms, in: Corrosion in reinforced concrete structures, Editor: H. Böhni, Woodhead Publishing Ltd, Abington Cambridge UK, 2005, p.-1-45. [7] Corrosion of reinforcement in concrete - Mechanisms, monitoring, inhibitors and rehabilitati-on techniques, Editors: M. Raupach, B. Elsener; R. Polder and J. Mietz, European Federation of Corrosion, Publications Number 38, Woodhead Publishing Ltd, Abington Cambridge UK, 2007. [8] SAMARIS - Sustainable and Advanced MAterials for Road InfraStructure (CD), Competitive and Sustainable Growth (GROWTH) Programme, Final Reports, July 2006: Deliverable D21, Test of effectiveness of corrosion inhibitors in field trials; Deliverable D25a, Specification for the use of corrosion inhibitors for the rehabilitation of concrete highway structures. [9] DIN EN 1504-9: 2008: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität - 180 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Korrosionsinhibitoren - Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Parkflächen mit chloridhaltigen Rissen Teil 9: Allgemeine Grundsätze für die Anwendung von Produkten und Systemen. [10] Islam M., Sohanghpurwala, A. A. and Scannell, W. T.: Long-term performance of corrosion in-hibitors used in repair of reinforced concrete bridge components, U.S. Department of Transportation, Federal Highway Administration, Publication No. FHWA-RD-01-097, 2002. [11] Baldwin, N. J. R. and King, E. S.: Field studies of the effectiveness of concrete repair, Phase 4 Report: Analysis of the effectiveness of concrete repairs and project findings, Mott MacDonald Ltd., Research report 186, 2003. [12] Elsener, B.: Corrosion inhibitors for reinforced concrete - an EFC state of the art report, in [4], p. 170-184. [13] Söylev, T. A. and Richardson, M. G.: Corrosion inhibitors for steel in concrete: State-of-the-art report, Construction and Building Materials, Volume-22, Issue 4, April 2008, p. 609-622. [14] Hunkeler, F., Mühlan, B. und Ungricht, H.: Korrosionsinhibitoren für die Instandsetzung chloridverseuchter Stahlbetonbauten, TFB, Techn. Forschung und Beratung für Zement und Beton, Wildegg, Forschungsauftrag, August 2010. [15] K.haled A. Alawi Al-Sodani, Mohammed Maslehuddin, Omar S. Baghabra Al-Amoudi, Tawfik A. Saleh & Mohammed Shameem: Performance of corrosion inhibitors in cracked and uncracked silica fume cement concrete beams, European Journal of Environmental and Civil Engineering, 2018, DOI: 10.1080/ 19648189.2018.1475306. [16] Nelson Testing Laboratories: Corrosion Study for BASF MasterProtect 8500 CI. February 3, 2019. [17] Beck, M.: Zur Entwicklung der Eigenkorrosion von Stahl in Beton, Dissertation, RWTH Aachen, 2010. [18] Merkblatt B12 (2018) Korrosionsmonitoring von Stahl- und Spannbetonbauwerken. Berlin: Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung DGZfP. [19] Mayer, T. F., Dauberschmidt, C., Bruns, M., Eichler, T., Wiens, U., Mietz, J., Gehlen, C., E-bell, G., Gerhard, G. and Osterminski, K.: Das Instandsetzungsprinzip W-Cl. Bautechnik, 2020, doi: 10.1002/ bate.201900083.
