eJournals Kolloquium Parkbauten 11/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
21
2024
111 Technische Akademie Esslingen

Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten – Stand der Anwendung und aktuelles Merkblatt der DGZfP

21
2024
Dirk Dalichow
Tobias Günther
Gerd Wilsch
André Molkenthin
Seit Mitte der 90er Jahre wird an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (engl. Laser-induced Breakdown Spectroscopy) – kurz LIBS – für die chemische Analyse von Beton stetig weiterentwickelt. Durch das Barg Baustofflabor wird die Methode seit einiger Zeit in der Praxis zur verbesserten Zustandsanalyse u. a. von Parkbauten erfolgreich eingesetzt. Mit dem aktuellen LIBS-System ist es im Labor möglich den Chloridgehalt ortsaufgelöst in wenigen Minuten zu quantifizieren, sogenannte Elementlandkarten zu erstellen und somit die Elementverteilung innerhalb des Betons zu visualisieren. So lassen sich z. B. lokal erhöhte Chlorid-Werte in Rissen erkennen. Durch das Scannen eines Bohrkernquerschnittes sowie der simultanen Erfassung von mehreren Elementen mit einer Messung, ist es möglich die Gesteinskörnung in den Messdaten zu identifizieren und den Chloridgehalt auf den Zement zu beziehen. Fehlerquellen aus der Umrechnung der betonbezogenen Chloridgehalte können dadurch minimiert werden. Mit der Messung lässt sich gleichzeitig der carbonatisierte Randbereich erkennen – in diesem ist der Chloridgehalt im Allgemeinen deutlich geringer – und das Maximum der Chlorid-Konzentration erfassen. Es werden Praxisbeispiele gezeigt, die die aktuellen Möglichkeiten des Verfahrens und dessen Mehrwert veranschaulichen. Auch wird das seit kurzem verfügbare Merkblatt B14 der Deutschen Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP), welches den Einsatz von LIBS zur quantitativen Bestimmung von Chloridgehalten im Beton beschreibt, vorgestellt.
kpb1110189
11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 189 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten - Stand der Anwendung und aktuelles Merkblatt der DGZfP Dirk Dalichow, Tobias Günther, Gerd Wilsch Barg Baustofflabor GmbH & Co. KG, Berlin André Molkenthin SKP SPECHT KALLEJA + PARTNER BERATENDE INGENIEURE GmbH, Berlin Zusammenfassung Seit Mitte der 90er Jahre wird an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (engl. Laser-induced Breakdown Spectroscopy) - kurz LIBS - für die chemische Analyse von Beton stetig weiterentwickelt. Durch das Barg Baustofflabor wird die Methode seit einiger Zeit in der Praxis zur verbesserten Zustandsanalyse u. a. von Parkbauten erfolgreich eingesetzt. Mit dem aktuellen LIBS-System ist es im Labor möglich den Chloridgehalt ortsaufgelöst in wenigen Minuten zu quantifizieren, sogenannte Elementlandkarten zu erstellen und somit die Elementverteilung innerhalb des Betons zu visualisieren. So lassen sich z. B. lokal erhöhte Chlorid-Werte in Rissen erkennen. Durch das Scannen eines Bohrkernquerschnittes sowie der simultanen Erfassung von mehreren Elementen mit einer Messung, ist es möglich die Gesteinskörnung in den Messdaten zu identifizieren und den Chloridgehalt auf den Zement zu beziehen. Fehlerquellen aus der Umrechnung der betonbezogenen Chloridgehalte können dadurch minimiert werden. Mit der Messung lässt sich gleichzeitig der carbonatisierte Randbereich erkennen - in diesem ist der Chloridgehalt im Allgemeinen deutlich geringer - und das Maximum der Chlorid-Konzentration erfassen. Es werden Praxisbeispiele gezeigt, die die aktuellen Möglichkeiten des Verfahrens und dessen Mehrwert veranschaulichen. Auch wird das seit kurzem verfügbare Merkblatt B14 der Deutschen Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung (DGZf P), welches den Einsatz von LIBS zur quantitativen Bestimmung von Chloridgehalten im Beton beschreibt, vorgestellt. 1. Einführung Stahlbetonbauwerke spielen in der heutigen Infrastruktur eine tragende Rolle. Für die Bestimmung des IST- Zustandes von Betonkonstruktionen mit Bewehrung ist eine ausreichende Diagnostik des Bauwerks notwendig. Dazu gehören auch Untersuchungen hinsichtlich des Eintrages von chemischen Substanzen in das Beton Gefüge. So können z. B. durch eine Carbonatisierung oder das Eindringen von Chloriden Korrosion an der Stahlbewehrung verursacht werden. Bei einer Carbonatisierung wird CO 2 aus der Umgebungsluft im Beton gebunden und führt zu einer Senkung des ph-Wertes im Beton. Bei der Diagnostik muss folglich festgestellt werden, welcher Abstand zwischen der Carbonatisierungsfront und der Bewehrungslage existiert. Beim Eintrag von Chloriden, z. B. durch Meerwasser bei Bauwerken in der Nähe einer Küste oder bei Tiefgaragen und Parkhäusern durch Streusalz in der Winterperiode, ist es wichtig die Konzentration und die Eindringtiefe in Bezug auf die Bewehrungslage möglichst exakt zu bestimmen. Ein geeignetes Verfahren für diese Fragestellungen ist die Laser-induzierten Breakdown Spektroskopie (engl.: Laser-induced Breakdown Spectroscopy). Mit diesem Verfahren ist es möglich, das Eindringen von Elementen in die Betonkonstruktion hochaufgelöst zu erfassen. Bereits in den 1990er Jahren wurde in der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) an der Anwendung des Verfahrens für die Betonanalytik geforscht. Am Anfang stand die Erkundung der Anwendungsgrenzen des Verfahrens für die Untersuchung von Schadensprozessen im Beton. Es erfolgte die Entwicklung verschiedener, zum Teil sehr aufwändiger Messsysteme. Mit dem Einzug der Diodenlaser und der Kompaktspektrometer wurden die Geräteausstattungen deutlich leistungsfähiger und zuverlässiger. Heute existieren sowohl Geräte für den mobilen Einsatz direkt vor Ort als auch kommerziell verfügbare Messsysteme für die Untersuchungen im Labor [1-9]. Abb. 1: Schematische Darstellung eines LIBS-Systems 190 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten 2. Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS) 2.1 Verfahrensprinzip Das LIBS-Verfahren erlaubt die direkte Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der zu analysierenden Proben. Durch das zu Grunde liegende Prinzip können alle Elemente des Periodensystems nachgewiesen werden. Bei dem Verfahren wird ein kurzer gepulster Laserstrahl auf die Probenoberfläche fokussiert, um eine ausreichende Leistungsdichte zu erreichen. Der Durchmesser des Laserspots beträgt auf der Oberfläche der Probe ca. 100 µm. Die erreichte Leistungsdichte von einigen GW/ cm² führt dazu, dass sich das Probenmaterial aufheizt, schmilzt, verdampft und sich aus dem abgetragenen Probenmaterial ein Plasma mit Temperaturen von ca. 10.000 -12.000 K bildet. Nach dem Ende des Laserpulses klingt das Plasma ab und sendet dabei eine Strahlung aus den Rückschlüssen, über die im verdampften Material enthaltenen Elemente und deren Konzentration erlaubt. Die Strahlung wird zu einem Spektrometer geleitet, spektral zerlegt und die Intensität in Abhängigkeit von der Wellenlänge detektiert. Ein entscheidender Vorteil des LIBS-Verfahrens ist die Möglichkeit einer 2-dimensionalen, bildgebenden Messung. Dabei wird die Probe in der Ebene senkrecht zum Laserstrahl bewegt. Für eine Messung werden in der Regel Bohrkerne mit einem Durchmesser von 50 mm und einer Länge von ca. 100 mm am Bauwerk entnommen. Anschließend erfolgt ein Sägen (trocken) der Bohrkerne in der Mitte, wobei die Querschnittsfläche der Bohrkerne für die Messung zugänglich wird. Bei einer Auflösung (Abstand der einzelnen Messpunkte) von 0,25 mm x 0,25 mm und einer Messfläche von 50 mm x 100 mm ergeben sich damit 80.000 Messwerte auf der Probe. Für jeden Messpunkt wird ein Spektrum (Intensität der Strahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge) aufgenommen. Die Abbildung 2 zeigt ein typisches, an Zementstein aufgenommenes Spektrum im NIR Wellenlängenbereich. Das Spektrum zeigt Linien mehrerer relevanter Elemente, die mit einer solchen Auswertung erfasst werden. Abb. 2: Typisches Spektrum gemessen an Zementstein im NIR-Wellenlängenbereich. Die Zuordnung der Peaks zu den Elementen ist angegeben. Potenziell schädigende Substanzen lassen sich über die Elemente Chlor, Kohlenstoff oder Schwefel in diesem Spektralbereich detektieren. Für die Analyse von quantitativen Ergebnissen wird das System mit Referenzproben, z. B. mit genau vorbestimmten Chlor-Konzentrationen, kalibriert. Abb. 3: Intensität der Chlor-Spektrallinie mit einer Wellenlänge von 837,59 nm bei Messung an Referenzproben mit steigender Chlorid-Konzentrationen (links). Kalibriergerade (Abhängigkeit des Signals zu Untergrund-Verhältnisses von der Konzentration in der Referenzprobe) für Chlor (rechts). In der Abbildung 3 (links) ist die Intensität der Chlor- Spektrallinie mit einer Wellenlänge von 837,59 nm, wie sie an Referenzproben mit genau abgestuften Chlor-Konzentrationen erfasst wurde, dargestellt. Dabei ist zu erkennen, dass bei steigender Chlor-Konzentration in der Probe die Intensität der Spektrallinie zunimmt. Um mögliche Einflussfaktoren zu minimieren, wird nicht die absolute Intensität für die Kalibrierung genutzt, sondern deren Verhältnis zum Untergrund-Signal (Signal zu Untergrund Verhältnis, SUV). Zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Chlor-Konzentration in den Referenzproben und dem mit LIBS ermitteltem SUV wird eine lineare Kalibierfunktion genutzt (siehe Abbildung 3, rechts). Die Bestimmung der Nachweisgrenze erfolgt entsprechend DIN 32645 und beträgt in diesem Fall 0,03 M.-% [10]. Durch Umstellung der Gleichung kann die Chlor-Konzentration bei einer Messung aus dem ermittelten Signal-Untergrund-Verhältnis (SUV) für Chlor berechnet werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 191 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 4: Zeitliche Geräteentwicklung der LIBS-Analyse im Bauwesen. Vom „ersten“ Laserschuss auf den Beton (1993) bis zu der Veröffentlichung des Merkblattes B14 (2023) 2.2 Entwicklungsprozess des Verfahrens Die zeitliche Entwicklung des Verfahrens ist in der Abbildung 4 dargestellt. An der BAM begann mit dem ersten Laserschuss auf eine Betonoberfläche die Entwicklung eines auf die Anwendungen im Bauwesen optimierten LIBS-Systems. Es wurden anfangs komplexe und aufwändige Laborsysteme aufgebaut, um die Anwendbarkeit des Verfahrens zu erforschen und dessen Möglichkeiten für die Untersuchung der Schädigungsprozesse von Beton auszuloten. Durch das punktweise Abfahren der Proben ließen sich bildgebende Verteilungen unterschiedlicher Elemente darstellen und die Heterogenität der Betonmatrix abbilden. Grundsätzlich konnte zwischen Messungen auf der Gesteinskörnung und der Zementsteinmatrix unterschieden werden und die quantitativen Ergebnisse der Konzentrationen schädigender Bestandteile bezogen auf den Zement angegeben werden. Es ließen sich alle für die Schädigung von Beton relevanten Elemente (Chlor, Kohlenstoff, Schwefel, Stickstoff, Natrium, Kalium, …) bestimmen. Da die Erfassung von Chlor und Schwefel auf Grund ihrer Elektronenkonfiguration schwierig ist, wurden anfangs über Forschungsprojekte komplexe Messeinrichtungen für die Aufgabenstellungen des Bauwesens entwickelt (siehe Abbildung 4, 2009). Mit der Verfügbarkeit von kompakten, langlebigen, durch Dioden gepumpten Lasern und den Einsatz von robusten Kompakt-Spektrometern wurde der Einsatz des Verfahrens mit einem mobilen Gerät direkt vor Ort möglich (siehe Abbildung 4, 2015). Kurz darauf konnte das erste kommerziell verfügbare Laborgerät von der Firma SECOPTA analytics dem Markt zur Verfügung gestellt werden (siehe Abbildung 4, 2016). Die zweite Generation wird von diesem Hersteller seit 2020 angeboten. Ein wichtiges Kriterium für den Einsatz des Verfahrens in der Praxis der Baustoffuntersuchungen ist die Gewährleistung der Richtigkeit und Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2021 ein internationaler Ringversuch zur Bestimmung der quantitativen Chlor-Konzentrationen in zementbasierten Referenzproben durchgeführt [12]. Dessen Ergebnisse bestätigten die Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Laboratorien ermittelten Werte. Für den praktischen Einsatz eines Verfahrens ist es wichtig, dass alle Anwender mögliche Einflussfaktoren auf das Ergebnis kennen und berücksichtigen. Als erstes Regelwerk für die Anwendung des Verfahrens im Bauwesen wurde eine Richtlinie in Form eines DGZf P Merkblattes erarbeitet. Die Veröffentlichung des Merkblattes B14 „Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS)“ erfolgte im August 2023 [11]. In dem Merkblatt B14 sind Grundlagen eines LIBS-Systems und die Anforderungen für die Analyse für die Quantifizierung von Chlor in zementgebundenen Werkstoffen beschrieben. 3. Anwendung in der Praxis Das LIBS-Verfahren bietet die Möglichkeit, alle Elemente des Periodensystems messtechnisch zu erfassen. Dabei ist der notwendige Aufwand und die zu erreichende Nachweisgrenze vom jeweiligen Element abhängig. Die Erfassung unterschiedlicher Elemente erfolgt simultan. Diese Eigenschaft kann sowohl zur Unterscheidung der einzelnen Phasen des heterogenen Betons genutzt werden als auch zur Berücksichtigung der Wechselwirkung unterschiedlicher Schädigungsarten. Im Vergleich zu anderen bildgebenden Messverfahren wie z. B. der Mikro- Röntgen-Fluoreszenz-Analyse lassen sich auch die leich- 192 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten ten Elemente detektieren (einschließlich Wasserstoff) und eine Messfrequenz von mehreren hundert Hertz erzielen. Auch sind die Anforderungen an die Rauigkeit der Oberfläche geringer. Es werden +/ - 1 mm toleriert. So kann direkt an sägerauen Oberflächen gemessen werden. Zu dem verfügen die aktuellen Systeme über eine Autofokus-Option, welche Messungen an gebrochenen Proben (Rauigkeit +/ - 10 mm) erlaubt. Nachfolgend werden Beispiele für die Untersuchung realer Proben beispielhaft vorgestellt welche das Potenzial und den Mehrwert bei dem Einsatz des Verfahrens zur Untersuchung der Schädigungsprozesse von Beton demonstrieren. Die Messungen werden vorzugsweise mit einer örtlichen Auflösung von 0,25 mm x 0,25 mm ausgeführt. Nach einer Kalibrierung mit Referenzproben, entsprechend Merkblatt B14, sind die Werte für die Chlorverteilung in Masseprozent bezogen auf den Zement der jeweiligen Betonprobe angegeben. Die Konzentration wird dabei durch eine farbliche Abstufung abgebildet. Zusätzlich wird das bekannte Tiefenprofil durch Mittelwertbildung der Ergebnisse, die nicht auf der Gesteinskörnung (im Bild schwarz dargestellt) ermittelt wurden, für die einzelnen Messspuren (Tiefen) angegeben. Der Ausschluss der Gesteinskörnung erfolgt über charakteristische Elemente der Gesteinskörnung (siehe auch Merkblatt B14). 3.1 Chlorid-Verteilung Der Hauptanwendungsfall ist die Bestimmung des Chlorid-Eintrages in Beton über die Erfassung des Elementes Chlor. In der Abbildung 5 ist die quantitative Chlorid-Verteilung, die an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes ermittelt wurde, dargestellt. Der Bohrkern wurde aus einem Stützensockel in einer Tiefgarage entnommen. Abb. 5: Quantitative Chlorid-Verteilung über der Querschnittsfläche eines Bohrkerns mit ausgeschlossener Gesteinskörnung (schwarze Flächen). Die örtliche Auflösung beträgt 0,25 mm x 0,25 mm (links). Zugehöriges Chlorid-Eindringprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm (rechts). Die in Abbildung 5 (links) gezeigte Chlorid-Verteilung ist quantitativ bezogen auf den Zement dargestellt. Dies gelingt über den Ausschluss der Gesteinskörnung (schwarze Flächen). Das Ergebnis zeigt eine deutliche und gleichmäßige Eindringfront bis zu einer Tiefe von 20 mm. In Abbildung 5 (rechts) ist das zugehörige Tiefenprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm dargestellt. Mit einem detaillierten Tiefenprofil liegen optimale Eingangsparameter für eine mögliche Bestimmung des Diffusionskoeffizienten vor. 3.2 Chlorid-Eintrag in einem Riss Eine besondere Herausforderung bei Parkhausbauten ist die Detektion des Chlorid-Transports über Risse. Entlang eines Risses können Chloride innerhalb kurzer Zeit die Stahlbewehrung erreichen und dort eine Chlorid-induzierte Korrosion auslösen. Gegenüber herkömmlichen Verfahren zeigt die bildgebende Darstellung der Chlorid- Konzentration mit LIBS präzise die lokal erhöhten Werte an. Ein Beispiel zeigt Abbildung 6. Links ist das Foto der Querschnittsfläche der Probe mit rot markiertem Rissverlauf dargestellt. Rechts ist die quantitative Chlorid-Verteilung bezogen auf den Zement angegeben. Deutlich zeichnen sich erhöhte Chlorid-Werte im Rissverlauf ab. Die Eindringtiefe im Riss ist deutlich erhöht. Die Ermittlung eines Tiefenprofils hat in diesem Fall wenig Sinn, da hohe Chlorid-Konzentrationen nur im Bereich des Risses und seiner unmittelbaren Umgebung auftreten. Bei der Mittelwertbildung entlang einer Messlinie (Tiefe) von 50 mm werden aber auch Werte geringer Chlorid-Konzentration (in einiger Entfernung zum Riss) mit einbezogen und damit im Mittelwert ein zu geringer Wert abgebildet. Abb. 6: Foto der Querschnittsfläche eines Bohrkernes mit Riss und markiertem Rissverlauf (links). 2D-Darstellung der quantitativen Chlorid-Verteilung. Deutlich sind lokale Maxima im Rissverlauf zu erkennen (rechts). 3.3 Carbonatisierung Da bei einer Messung prinzipiell gleichzeitig alle Elemente erfasst werden, ist es möglich, neben dem Chlorid- Eindringen auch die Carbonatisierungstiefe durch Messung der Kohlenstoffverteilung zu bestimmen. Hierfür ist in der Regel keine Kalibrierung des LIBS-Systems notwendig, da sich der carbonatisierte Bereich schon im qualitativen Signal eindeutig identifizierten lässt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 193 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 7: Foto des Querschnittes eines Betonbohrkerns mit aufgesprühtem Indikator (Phenolphthalein) für die Carbonatisierungsprüfung (links). Darstellung der Kohlenstoffverteilung über dem Querschnitt. Der carbonatisierte Bereich lässt sich am erhöhten Signal (gelb) erkennen (rechts). In der Abbildung 7 ist eine Gegenüberstellung der herkömmlichen Bestimmung (links) mit einem Indikatortest (Phenolphthalein) und dem aus dem Kohlenstoff-Signal ermittelten carbonatisiertem Bereich dargestellt (rechts). Die Phenolphthalein Prüfung des Bohrkerns erfolgte nach der LIBS-Messung, um einen möglichen Einfluss des Sprühtests auf die LIBS-Messung zu vermeiden. Im Foto in der Abbildung 7 (links) zeigt sich der nicht carbonatisierte Bereich mit einem Farbumschlag und der carbonatisierte Bereich farblos. Der Indikatortest bestätigt die Richtigkeit des LIBS-Ergebnisses. Durch die Multielementanalyse des Verfahrens ist es zudem möglich, auch andere Einflüsse, die zu einer Erhöhung des Kohlenstoffgehalts in der oberflächennahen Randzone geführt haben können (z. B. Siloxanverbindungen aus Hydrophobierungen), vom Prozess der Cabonatisierung zu unterscheiden. 3.4 Wechselwirkung Chlorid-Eintrag und Carbonatisie rung Ein Vorteil einer LIBS-Messung besteht darin, die Wechselwirkung zwischen Carbonatisierung und Chlorid-Verteilung zu erfassen. Abb. 8: Gegenüberstellung der mittels LIBS erfassten quantitativen Chlorid-Verteilung (links) und der gleichzeitig ermittelten qualitativen Kohlenstoff-Verteilung (Carbonatisierung, rechts) in der Bindemittelmatrix. Das Beispiel in Abbildung 8 zeigt eine Gegenüberstellung der quantitative Chlorid-Verteilung (links) und die qualitative Kohlenstoffverteilung (Carbonatisierung, rechts) im Bereich eines Risses. Es ist eine Carbonatisierungszone im Rissverlauf zu erkennen. Diese bewirkt eine Verringerung der Chlorid-Konzentration. Die Maxima der Chlorid-Konzentration sind dann außerhalb des carbonatisierten Bereichs in daran angrenzenden Zonen zu erkennen. Eine Analyse des Chlorid-Eintrages im Riss durch eine Bohrmehlentnahme im Rissverlauf führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zur falschen Annahme, dass keine Gefährdung vorliegt. 3.5 Schwefel-Eintrag Ein weiteres Anwendungsbeispiel für LIBS im Bauwesen ist die Beurteilung der Gefährdung durch eine biogene Schwefelsäure Korrosion bei Betonbauwerken in Abwasser oder Kläranlagen. Im vorliegenden Beispiel wird die Schwefel Konzentration an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes ermittelt. Die Schwefel-Verteilung ist in Abbildung 9 (links) durch die gelben Punkte zu erkennen. Sie zeigt die Anreicherung von schwefelhaltigen Verbindungen bis zu einer Tiefe von 20 mm durch ein erhöhtes Schwefel-Signal. Die Gesteinskörnung ist ausgeschlossen (schwarze Flächen). 194 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten Abb. 9: Quantitative Schwefelverteilung über der Querschnittsfläche eines Bohrkerns mit ausgeschlossener Gesteinskörnung (schwarze Flächen) (links). Zugehöriges Schwefel-Eindringprofil mit einem Punktabstand von 0,25 mm (rechts). Das zugehörige Tiefenprofil der Schwefel-Konzentration bezogen auf den Zement mit einem Punktabstand von 0,25 mm zeigt die Abbildung 9 (rechts). Deutlich bilden sich die stark erhöhten Schwefel-Konzentrationen bis zu einer Tiefe von 20 mm ab. 4. Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit / Mehrwert bei der Anwendung des Verfahrens Derzeitiger Fokus des Verfahrens liegt auf der Nachweisführung von Chloriden (über das Element Chlor) im Beton. Durch die zeitgleiche Erfassung anderer Elemente mit einer Messung ergeben sich für den sachkundigen Ingenieur und Anwender wichtige zusätzliche Informationen, die bei der Beurteilung von Schadensprozessen zu wesentlichen Vorteilen führen. Als Ergebnis einer LIBS-Messung stehen nicht nur 3 oder 4 Zahlenwerte für die Chlorid-Konzentration in Abhängigkeit von der Tiefe zur Verfügung, sondern typischerweise 80.000 Messwerte, die eine flächige Verteilung der Konzentration in die Tiefe des Bauteils liefern. Durch die Möglichkeit die Gesteinskörnung messtechnisch zu separieren und nur die Messungen auf der Zementsteinmatrix zu berücksichtigen, können die Konzentrationen direkt auf den Gehalt des Bindemittels bezogen werden. Die Umrechnung der Ergebnisse der auf die Gesamtmasse bezogenen Standardmethoden (Nasschemie) auf den Zementgehalt mittels eines Faktors und der damit verbundenen Unsicherheit ist nicht mehr notwendig. Durch die höhere Ortsauflösung ist es möglich auch das Eindringprofil mit einer Auflösung von 0,25 mm (entspricht 400 Werten bei einem Bohrkern von 100 mm Länge) anzugeben und so z. B. bessere Eingangsparameter für eine Modellrechnung zur Abschätzung der Restlebensdauer zu erhalten. So können auch Unstetigkeiten im Tiefenprofil (z. B. Erreichen der maximalen Konzentration erst nach dem carbonatisiertem Randbereich) erkannt und berücksichtigt werden. Durch die präzisere Abbildung der Verteilung und der Angabe quantitativer Chlorid-Konzentration direkt bezogen auf den Zementgehalt ergeben sich deutlich verbesserte Informationen in Vorbereitung einer bedarfsgerechten Betoninstandsetzung. Damit wird der Eingriff auf die tragenden Betonbauteile auf das Erfordernis beschränkt, die Bauzeit verkürzt und mögliche Fehlerquellen (Einfluss der Carbonatisierung und Einfluss der Heterogenität) reduziert. Die Kosten bei der Chlorid-Analyse mittels LIBS im Vergleich zu den Kosten bei der Nutzung der Standardverfahren sind dabei, vergleichsweise gering (< Faktor 2). 5. Zusammenfassung Die mittlerweile vorliegenden Erfahrungen bei der seriellen Anwendung des LIBS-Verfahrens in der Praxis eines Baustofflabors zeigen den Mehrwert und das Potenzial der Methode. Die direkte Messung an der Querschnittsfläche eines Bohrkernes erlaubt die bildgebende Darstellung der quantitativen Chlorid-Verteilung im Baustoff Beton. Mit Hilfe der mit dem LIBS-Verfahren erzielbaren Messergebnisse liegen für den sachkundigen Planer eine Vielzahl von Informationen gegenüber den wenigen Werten bei Standardverfahren vor. Durch den Ausschluss der Gesteinskörnung können die Chloridverteilungen ohne weitere Umrechnung bezogen auf den Zementbzw. Bindemittelgehalt angegeben werden. Die Unsicherheit aus der Umrechnung der Gesamtmasse Beton zum Bindemittelgehalt wie bei den herkömmlichen Standardverfahren entfällt. Bei einer Bohrmehlentnahme oder nach dem Brechen und dem Mahlen der Segmente eines Bohrkernes sind genaue Bestimmungen zum Verhältnis zwischen Gesteinskörnung und Bindemittelmatrix in der Probe nicht möglich. Die Umrechnung mit einem konstanten Faktor führt dann unter Umständen zu einem unrichtigen Verhältnis. Lokal erhöhte oder verminderte Chlorid-Werte können nur mit dem bildgebenden LIBS-Verfahren erfasst werden. Da die Methode ohne zusätzlichen Aufwand auch die Verteilung anderer Elemente analysiert, kann mit der Erfassung der Kohlenstoffverteilung beispielsweise die Carbonatisierung abgebildet und ihr Einfluss auf die Chlorid-Verteilung gewichtet werden. Den Vorteilen, die sich aus der Anwendung des LIBS- Verfahrens ergeben steht ein nur vergleichsweise geringer finanzieller Mehraufwand (< Faktor 2), im Vergleich zur Anwendung der herkömmlichen nasschemischen Verfahren gegenüber. Nachfolgend sind die Vorteile beim Einsatz des Verfahrens zusammengefasst: • Geringe Probenvorbereitung (nur trockensägen der Bohrkerne für einen optischen Zugang zur Probenoberfläche) • Mehrere Elemente können gleichzeitig bei einer Messung erfasst werden • Gesteinskörnung kann identifiziert und messtechnisch separiert werden 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 195 Anwendung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) zur chemischen Zustandsanalyse von Parkbauten • Das Eindringverhalten von mehreren Elementen gleichzeitig, wie Chlor, Kohlenstoff und Schwefel, kann mit einer Messung visualisiert werden (2D- Mapping, Eindringprofil) • Quantitative Angabe der Elementkonzentrationen, z. B. Chlor und Schwefel erfolgen in Echtzeit bezogen auf den Zementgehalt (M.-%/ z) • Hohe Ortsauflösung (Messpunkt Æ 100 µm) Es existiert seit dem Jahr 2023 das Merkblattes B14 „Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS)“ welches die Regeln für die Anwendung des Verfahrens für diese Anwendung festschreibt. In dem Merkblatt B14 sind Grundlagen eines LIBS-Systems, die die Anforderungen für die Analyse und das Vorgehen bei der Quantifizierung von Chlor in zementgebundenen Werkstoffen beschrieben. Literatur [1] G. Wilsch und F. Weritz, “Anwendung der Laserin-duzierten Breakdown Spektroskopie (LIBS) im Bauwesen,” in Bauphysik-Kalender 2004: Schwerpunkt: Zerstörungsfreie Prüfung, vol. 1, E. Cziesielski, Ed.: Ernst & Sohn, 2004, pp. 386-392. [2] C. Gottlieb, S. Millar, T. Günther, and G. Wilsch, “Revealing hidden spectral information of chlorine and sulfur in data of a mobile Laser-induced Breakdown Spectroscopy system using chemometrics,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 132, pp. 43-49, 2017. [3] S. Millar, S. Kruschwitz, and G. Wilsch, “Determination of total chloride content in cement pastes with laser-induced breakdown spectroscopy (LIBS),” Cement and Concrete Research, vol. 117, pp. 16-22, 2019. [4] S. Eto, T. Matsuo, T. Matsumura, T. Fujii, and M. Y. Tanaka, “Quantitative estimation of carbonation and chloride penetration in reinforced concrete by laser-induced breakdown spectroscopy,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 101, pp. 245-253, 2014. [5] S. Millar, C. Gottlieb, T. Günther, N. Sankat, G. Wilsch, and S. Kruschwitz, “Chlorine determination in cement-bound materials with Laser-induced Breakdown Spectroscopy (LIBS) - A review and validation,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 147, pp. 1-8, 2018. [6] C. Gottlieb, T. Günther, and G. Wilsch, “Impact of grain sizes on the quantitative concrete analysis using laser-induced breakdown spectroscopy,” Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy, vol. 142, pp. 74-84, 2018 [7] C. Gottlieb, “Einfluss der Korngröße auf die quantitative Elementanalyse heterogener, mineralischer Werkstoffe mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie,” Fakultät für Natur- und Materialwissenschaften, Technische Universität Clausthal, Clausthal, 2019. [8] N. Omenetto, E. Ewusi-Annan, T. Günther, W. B. Jones, and B. W. Smith, “Research Final Report: Feasibility of atomic and molecular laser induced breakdown spectroscopy (LIBS) to in situ determination of chlorine in concrete,” Florida Department of Transportation, Tallahassee, BDV31-977-32, 2016. [9] D. W. Hahn and N. Omenetto, “Laser-Induced Breakdown Spectroscopy (LIBS), Part II: Review of Instrumental and Methodological Approaches to Material Analysis and Applications to Different Fields”, Applied Spectroscopy, Vol 66, Issue 4, pp 347-419, April 2012. [10] DIN 32645 Chemische Analytik - Nachweis-, Erfassungs- und Bestimmungsgrenze unter Wiederholbedingungen - Begriffe, Verfahren, Auswertung, 2008. [11] DGZfP-Fachausschuss für Zerstörungsfreie Prüfung im Bauwesen | Unterausschuss LIBS im Bauwesen. Merkblatt B14: Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) DGZfP Merkblatt B10 (DGZfP, Berlin, Germany, 2023). [12] Völker, T., Wilsch, G., Gornushkin, I. B., Kratochvilová, L., Pořízka, P., Kaiser, J., Millar, S., Galbács, G., Palásti, D. J., Janovszky, P. M., Eto, S., Langer, C., Kapteina, G., Illguth, M., Götz, J., Licht, M., Raupach, M., Elhamdaoui, I., Sabsabi, M., Bouchard, P., Nagli, L., Gaft, M., Raichlin, Y., Fernández-Menéndez, L. J., Méndez-López, C., Bordel, N., Gottlieb, C., Bohling, C., Finotello, R., L’Hermite, D., Quéré, C. & Lierenfeld, M. B. Interlaboratory comparison for quantitative chlorine analysis in cement pastes with laser induced breakdown spectroscopy. Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy 202, 106632. doi: 10.1016/ j. sab.2023.106632 (2023).