eJournals Kolloquium Parkbauten 11/1

Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
21
2024
111 Technische Akademie Esslingen

Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden

21
2024
Ilja Irmscher
Sascha Kukulka
Die ESWE Versorgungs AG Wiesbaden lässt als Bauherrin auf ihrem Betriebsgelände ein Parkhaus mit 7 Vollgeschossen als sog. ESWE Charge Center (ECC) errichten, das im I. Quartal 2024 in Betrieb geht. Es handelt sich um ein Parkhaus mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen, vorrangig für Mitarbeiter der ESWE Versorgungs AG. Es soll sukzessive als ESWE Charge Center zu 100 % mit Elektro-Ladestationen ausgerüstet werden. Das Parkhaus wurde in der Vor- und Entwurfsplanung entsprechend den Ansprüchen der Bauherrin über die EAR 05 hinausgehend geplant. Als Generalunternehmerin wurde im Ergebnis eines Wettbewerbs die dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH beauftragt, die das Parkhaus auf Grundlage der vorliegenden Entwurfsplanung betriebsfertig errichtet. Die Architektur einschließlich der Kubatur, das Stellplatzlayout, die fahrgeometrischen Strukturen und die Parkabfertigungsanlagen sowie einige Leitdetails wurden vorgegeben, die bauliche Umsetzung führt die dip mit ihrem bewährten Deckensystem aus. Dabei wird auch auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wartungsarmut Wert gelegt. Das architektonisch-städtebaulich Erscheinungsbild wird wesentlich durch die Fassaden in einer Kombination von PV-Modulen, Rankhilfen für eine leichte Begrünung in den unteren Bereichen sowie einfachen Gitterrostfassaden mit farbigen Elementen an den architektonisch weniger anspruchsvollen Seiten im Westen und Norden gestaltet. Die für eine offene Großgarage erforderlichen offenen Flächenanteile werden ebenenweise realisiert.
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11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 199 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Ilja Irmscher GIVT Gesellschaft für Innovative VerkehrsTechnologien mbH, Berlin Sascha Kukulka dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH, Bad Honnef Zusammenfassung Die ESWE Versorgungs AG Wiesbaden lässt als Bauherrin auf ihrem Betriebsgelände ein Parkhaus mit 7 Vollgeschossen als sog. ESWE Charge Center (ECC) errichten, das im I.-Quartal 2024 in Betrieb geht. Es handelt sich um ein Parkhaus mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen, vorrangig für Mitarbeiter der ESWE Versorgungs AG. Es soll sukzessive als ESWE Charge Center zu 100 % mit Elektro-Ladestationen ausgerüstet werden. Das Parkhaus wurde in der Vor- und Entwurfsplanung entsprechend den Ansprüchen der Bauherrin über die EAR-05 hinausgehend geplant. Als Generalunternehmerin wurde im Ergebnis eines Wettbewerbs die dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH beauftragt, die das Parkhaus auf Grundlage der vorliegenden Entwurfsplanung betriebsfertig errichtet. Die Architektur einschließlich der Kubatur, das Stellplatzlayout, die fahrgeometrischen Strukturen und die Parkabfertigungsanlagen sowie einige Leitdetails wurden vorgegeben, die bauliche Umsetzung führt die dip mit ihrem bewährten Deckensystem aus. Dabei wird auch auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wartungsarmut Wert gelegt. Das architektonisch-städtebaulich Erscheinungsbild wird wesentlich durch die Fassaden in einer Kombination von PV-Modulen, Rankhilfen für eine leichte Begrünung in den unteren Bereichen sowie einfachen Gitterrostfassaden mit farbigen Elementen an den architektonisch weniger anspruchsvollen Seiten im Westen und Norden gestaltet. Die für eine offene Großgarage erforderlichen offenen Flächenanteile werden ebenenweise realisiert. 1. Vorbemerkungen 1.1 Standort Die ESWE Versorgungs AG beabsichtigt als Bauherrin auf ihrem Betriebsgelände in der Konradinerallee in Wiesbaden ein Parkhaus mit 7 Vollgeschossen als sog. ESWE Charge Center (ECC) zu errichten (Bild 1). Es wird im Norden durch die ESWE-Technik, im Osten von dem dort befindlichen Umspannwerk sowie der Fahrzeug-Unterstellhalle A0 und im Westen von dem Freizeitbad Mainzer Straße, das zukünftig lt. B-Plan durch ein 24,00-m hohes Bürogebäude ersetzt werden soll, umgeben. Die Pkw-Erschließung des neu zu errichtenden Parkhauses erfolgt über den im Süden direkt angrenzenden Siegfriedring. Es handelt sich um ein Parkhaus mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen, vorrangig für Mitarbeiter der ESWE Versorgungs AG. Es soll sukzessive als ESWE Charge Center zu 100-% mit Elektro-Ladestationen ausgerüstet werden. Das für einen beschränkten Nutzerkreis konzipierte Parkhaus soll in den Randzeiten eventuell auch als Park & Ride Anlage oder für Besucher geöffnet werden und muss daher auch als öffentliches Parkhaus ausgestattet werden. Bild 1: Standort aus der Vogelperspektive; Foto: Google Earth, nicht lizensiert 1.2 Vorbemerkungen zum Neubauvorhaben und zur funktionalen Leistungsbeschreibung Der Bau dieses Parkhauses wurde von der GIVT mbH bis zur HOAI-Leistungsphase 3 vorgeplant und über eine funktionale Leistungsbeschreibung durch die ESWE ausgeschrieben und an die dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH als Generalunternehmer (GU) vergeben. Wesentliche Eignungskriterien bei der Vergabe bestanden in einer Spezialisierung auf Parkhäuser in einer wirtschaftlichen Systembauweise und diesbezüglichen Referenzen für vergleichbare Objekte. 200 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Das Parkhaus wurde in einer Vor- und Entwurfsplanung entsprechend den Ansprüchen der Bauherrin geplant. Es wurde durchgehend nach den Empfehlungen für die Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR-05) und teilweise darüberhinausgehend geplant. Die Bauherrin hat im Vorfeld ein umfassendes Baugrundgutachten durchführen lassen. Der Generalunternehmer erhielt den Auftrag, das Parkhaus auf Grundlage der vorliegenden Entwurfsplanung betriebsfertig zu errichten. Die Architektur einschließlich der Kubatur, das Stellplatzlayout, die fahrgeometrischen Strukturen und die Parkabfertigungsanlagen sowie einige Leitdetails (wie z.-B. die Beschilderungs- und Markierungsplanung) wurden vorgegeben, die bauliche Umsetzung war funktional dem GU freigestellt. Dabei wurde auch auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wartungsarmut Wert gelegt. Die Fassaden sollten in einer Kombination von PV-Modulen an der Süd- und an der Ostfassade, Rankhilfen für eine leichte Begrünung in den unteren Bereichen sowie einfachen Gitterrostfassaden an den architektonisch weniger anspruchsvollen Seiten im Westen und Norden gestaltet werden. Die für eine offene Großgarage erforderlichen offenen Flächenanteile sollen sowohl ebenenweise als auch ganzheitlich mit Reserven realisiert werden. Großer Wert wurde auf das architektonisch-städtebaulich angestrebte Erscheinungsbild gelegt, das als Quader auszuführen ist. Die Bepflanzung und Begrünung des Umfelds waren nicht Gegenstand der GU-Leistung. Weiterhin wurde ein Teilüberdachung optioniert, die im Zuge der Abstimmungen mit den Baubehörden mit dem Ziel einer Vergrößerung der PV-Flächen in Betracht kam. Die Ausschreibung der Gesamtleistung zur schlüsselfertigen Errichtung des Parkhauses an einen Generalunternehmer (GU), der die komplette Ausführungsplanung sowie die Ausführung übernimmt, wurde vordergründig im Interesse eines zügigen und wirtschaftlichen Projektablaufes getroffen. Sie bot die Möglichkeit zur naheliegenden Anpassung an die bewährte dip-Bautechnologie im Sinne eines ganzheitlichen Optimums. Außerdem übernahm dip als GU die Gesamtverantwortung für das Werk einschließlich der Erlangung aller gesetzlich erforderlichen Genehmigungen und Abnahmen. Das Parkhaus sollte entsprechend den Regeln der Technik und den aktuell anzuwendenden Gesetzen und Regelwerken errichtet werden und einen wirtschaftlichen Betrieb bei geringem Wartungsaufwand ermöglichen. Es wurde dabei von einer Lebensdauer von mindestens 30 Jahren ohne Grundsanierung ausgegangen. In den Ausstattungsmerkmalen werden auch die Qualitätskriterien des ADAC für benutzerfreundliche Parkhäuser erfüllt und es wird eine Zertifizierung mit dem European Standard Parking Award in Gold angestrebt. Während der Genehmigungsplanung und der gesamten Bauphase, die in der Verantwortung von dip erfolgreich durchgeführt wurden, fand seitens ESWE, der Stadtbauplan GmbH Darmstadt als Projektsteuerer und der GIVT mbH als Fachplaner eine entsprechende sachliche und fachliche Begleitung statt. 2. Beschreibung des Parkhauses im Überblick Auf dem Betriebsgelände der ESWE wird ein oberirdisches Parkhaus mit 7-Parkebenen und insgesamt ca. 225 Pkw-Stellplätzen errichtet. Oberste Prämisse sollte ein hohes Maß an Benutzer- und Betreiberfreundlichkeit, Wartungsarmut, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit sein. Im Genehmigungsplanungsprozess fanden einige Ergänzungen statt, so in Bezug auf einen zweiten Aufzug, ein barrierefreies WC und das Zugangskontrollsystem. 2.1 Einstufung des Gebäudes Nach der GaV Hessen wird das geplante Parkhaus wie folgt klassifiziert: • Großgarage >1.000 m² mit ca. 225 Pkw-Stellplätzen • oberirdische Garage • offene Garage (Anforderungen bei der Ausführung des Bauwerks und der Fassade beachten). Gemäß §-2 (4) HBO (Hessische Bauordnung) ist das Gebäude der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen und nach §-2 (9) als Sonderbau einzustufen. 2.2 Verkehrsführung Die vertikale Erschließung erfolgt über zwei einspurige im Lichten (zwischen den Stützen) 4,90 m breite gerade Rampen, die hinsichtlich ihrer vertikalen Entwicklung konsequent nach EAR 05 sowie in der Breite darüberhinausgehend geplant wurden und eine Neigung von nominell 15-% bei einer Geschosshöhe von 2,80 m und den Ausrundungen der Wannen und Kuppen nach EAR 05 aufweisen. Die Breite der Rampen und die Stützenstellung wurden im Interesse der fahrgeometrischen Funktionalität nach der Schleppkurve eines Maximalfahrzeugs VW T6 mit langem Radstand in Fahrweise-1 mit beiderseitig 0,50 m Sicherheitsabstand ausgelegt (Bild-2). 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 201 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 2: Regelebene mit Schleppkurven für das Maximalfahrzeug VW T6 mit langem Radstand, Fahrweise-1; Entwurf: GIVT Die Verkehrsrichtung innerhalb der Parkebenen und der Rampenverkehre (aufwärts- und abwärtsführend) erfolgt entgegen dem Uhrzeigersinn im Einrichtungsverkehr und unterstützt zudem den Fahrer durch die Sitzposition am inneren Rampenfahrbahnrand intuitiv bei der Befahrung der Rampen. Aufgrund der Rampenpositionierungen, des in der Ebene E0 befindlichen Ein- und Ausfahrtbereiches, sowie der grundstücksbedingten möglichen Realisierung nur einer Parkstraße, ist die Ebene E0 im Zweirichtungsverkehr geplant. Die Parkstraßen wurden an den Fahrgassen stützenfrei mit einer 900-Aufstellung und einer Regelstellplatzbreite von 2,60 m geplant. Neben aufragenden Bauwerksteilen wurden die Stellplätze sinngemäß den EAR- 05 folgend auf mindestens 2,85 m verbreitert. Im Zuge der Realisierung der streng quaderförmigen Struktur entstand in den Ebenen E0 bis E6 sinngemäß jeweils eine Parkstraße. Die Verkehrsführung ist in Verbindung mit einem vorwiegend vorzufindenden Einrichtungsverkehrssystem und dem kompakten und rechteckigen Baukörper in hohem Maß intuitiv. Die Positionierung der Stützen außerhalb des Stellplatzrasters erlaubt über den Aufstellwinkel und die Stellplatzbreiten eine Anpassung an andere Stellplatzlayouts, ggf. auch für einzelne Parkebenen oder Parkbereiche - für das Parken größerer Fahrzeuge, Komfort-Parkbereiche oder auch im Kontext zum soziodemografischen Wandel. Ein exemplarischer Längsschnitt des Parkhauses sowie eine bespielhafte Ansicht aus westlicher Richtung (ohne Darstellung der Fassadenbegrünung) sind in den Bildern 3 und 4 zu sehen. Bild 3: Längsschnitt A-A; Entwurf: GIVT 202 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 4: Ansicht West ohne Fassadenbegrünung; Entwurf: GIVT Bild 5: Grundriss Ebene E0 in der ursprünglichen Planung; ergänzt wurden ein zweiter Aufzug und eine barrierefreies WC, wofür das Stellplatzlayout angepasst werden musste; Entwurf: GIVT Der ein- und der ausfahrende Verkehr werden im Erdgeschoss gesammelt (Bild-5). Die Schrankenbereiche für die Ein- und Ausfahrt wurden homogen in die bestehende Verkehrsführung innerhalb der Parkebene eingegliedert. Die Ein- und die Ausfahrt befinden sich in direkter Anbindung zu dem angrenzenden Siegfriedring. Die Verkehrsführung soll zudem über ein internes dynamisches Parkleitsystem mit Etagenzählung unterstützt werden. 2.3 Fußläufige Erschließung Das Parkhaus verfügt über zwei Treppenhäuser mit jeweils einem barrierefreien Aufzug. Die fußläufige Erschließung erfolgt sowohl über das an der südöstlichen Ecke befindliche Haupttreppenhaus (TRH 1), das direkt an den Siegfriedring angrenzt, als auch das nordöstliche gelegene Treppenhaus TRH 2 mit direktem Zugang zum ESWE-Gelände. Das TRH 2 wurde als Wartungszugang für die PV-Installationen mit einem Ausstieg auf das Dach ausgestattet. Innerhalb der Parkebenen werden die Nutzer neben der angedachten Beschilderung zusätzlich über dafür vorgesehene auf dem Fußboden durch dauerhafte und leicht erkennbare aufmarkierte Fußwege im Sinne der GaV zu den Ausgängen geführt. 2.4 Barrierefreiheit und Sonderstellplätze Für das Parkhaus ist die Barrierefreiheit gemäß DIN 18040-1 für alle Laufwege, Treppen und sonstigen begehbaren Bereiche zu gewährleisten. Dies betrifft insbesondere die Ausgänge am Haupttreppenhaus, die Kassenautomaten und den Rollstuhlfahrer-Bereich. Im Parkhaus wurden insgesamt 7 Stellplätze für Gehbehinderte (Rollstuhlfahrer) mit einer Breite von mindestens 3,50 m markiert, die sich in der Ebene E0 in der Nähe des Haupttreppenhauses befinden. Diese Anzahl entspricht mit einem Anteil von ca.-3-% von der Gesamtstellplatzanzahl den Mindestanforderungen der GaV. Diese Sonderstellplätze werden dementsprechend für diese Nutzergruppen durch eine geeignete Markierung in Verbindung mit einer Beschilderung gekennzeichnet und in den Hauptbetriebszeiten mit einer erhöhten Beleuchtungsstärke hervorgehoben. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 203 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden 2.5 Hauptabmessungen des Gebäudes Die Gebäudeabmessungen des Parkhauses sind: • Länge: ca. 60,80 m (inkl. Fassade) • Breite: ca. 22,00 m (inkl. Fassade) • Gesamthöhe: ca. 17,90 m (ohne Berücksichtigung der Entwässerung und ohne Dach) • Geschosshöhe: 2,80 m (Ebene E6 teilüberdacht, an den beiden Stirnseiten frei bewittert) 2.6 Beschreibung der Baukonstruktion Das Haupttragwerk des Parkhauses wurde mit einem Stahltragwerk mit einer Spannweite von ca. 16,30-m-x-5,00 m errichtet. An den Zu- und Abfahrten der Rampen war das Längsraster gemäß der vorliegenden Entwurfsplanung umzusetzen, um deren sichere Befahrbarkeit gewährleisten zu können. Für die Funktionalität des Parkhauses wichtige in der Entwurfsplanung vorzufindende Abmessungen, wie z. B. eine lichte Rampenbreite von mindestens 4,90 m waren einzuhalten. Die Einhaltung der lichten Höhe innerhalb der Parkebenen von mindestens 2,10 m, bei Neigungsdifferenzen > 8 % 2,30 m, wurde konsequent umgesetzt. Das Parkhaus wurde in der dip-typischen Deckenbauweise als Verbunddecken mit vorgefertigten Deckenplatten als verlorenen Schalungen, der Bewehrung und Ortbeton ausgeführt (Bilder 6 bis 9). Die Decken werden nicht beschichtet. Bild 6: Vorgefertigte Deckenplatten als verlorene Schalung vor dem Einlegen der Bewehrung; Foto: Irmscher Bild 7: Vorgefertigte Deckenplatten mit der Bewehrung vor der Betonage; Foto: Irmscher Bild 8: Abstützung der vorgefertigte Deckenplatten mit einer Hilfskonstruktion auf der Unterseite einer Decke; alle gelb markierten Bauteile und die Hölzer werden nach dem Aushärten des Betons wieder ausgebaut; Foto: Irmscher Bild 9: Fertig betonierte Decke mit dem dip-typischen Besenstrich, der eine hohe Rauhigkeit garantiert, sowie ausgegossene Dehnfugen; Foto: Irmscher Alle in der Entwurfsplanung dargestellten Schrammborde waren entsprechend der Funktionalität des Parkhauses und dessen Verkehrssicherheit zwingend umzusetzen. Diese wurden 8 cm hoch ausgeführt und werden ganzflächig in Gelb markiert. Die Kanten werden gebrochen. 2.7 Entwässerung Das Parkhaus wurde in allen Parkebenen in Längsrichtung mit einem Quergefälle von 2,5 % gemäß dem DBV- Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ ausgeführt. Die Entwässerung der Parkebenen erfolgt über Fallleitungen an den Stützen der Tragkonstruktion hinter den Längsfassaden. Alle Entwässerungsleitungen und Einläufe wurden wartungsfreundlich angeordnet. Die Ein- und die Ausfahrt sowie ggf. weitere relevante Tiefpunkte, z. B. an den Rampenfußpunkten, sind mit Entwässerungsrinnen auszustatten. 204 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden 2.8 Parkabfertigungsanlage einschließlich Parkleitsystem Die Parkabfertigungsanlage einschließlich eines internen dynamischen Parkleitsystems gehörte zum Liefer- und Leistungsumfang des GU. Die Parkabfertigungsanlage wird von bebarmatic geliefert, das dynamische Parkleitsystem von Multiguide. Es erfolgten spezifische Abstimmungen zur betrieblichen Ankopplung in Bezug auf das betriebliche Sicherheits- und Zugangsregime der ESWE. 2.9 Brandschutz Da es sich um eine oberirdische offene Großgarage handelt, waren keine besonderen Anforderungen zum anlagentechnischen Brandschutz zu berücksichtigen. Die grundsätzlichen Anforderungen des Brandschutzes, so auch bezüglich der einzuhaltenden Rettungswege, wurden mit der Entwurfsplanung eingehalten. Als Besonderheiten waren eine Brandwand zum unmittelbar angrenzenden Umspannwerk zu erstellen und spezifische Anforderungen bezüglich der PV-Anlage zu beachten. 2.10 Schallschutz Da sich das Parkhaus selbst in einem Umfeld befindet, in dem sich nach BImSchG keine in den Nachtstunden besonders schutzwürdigen Räume befinden, ergaben sich keine besonderen Anforderungen bezüglich des Schallschutzes. 2.11 Bauantrag und Ausführungsplanung Die dip hat als GU für ihre spezifische Bauweise die Genehmigungs- und Ausführungsplanung durchgeführt. 3. Ausgewählte Aspekte bei der Ausführung 3.1 Fahrbahnmarkierungen mit Stellplatzteppichen Die Markierungs- und Beschilderungsplanung war Bestandteil der Leitdetailplanung der GIVT mbH. Es wurden verkehrsblaue 2 m breite Stellplatzteppiche markiert (Bilder 10 und 11). Die Fahrtrichtungen werden mit 5,00-m langen Markierungspfeilen gemäß den RMS gekennzeichnet. Bild 10: Entwurf Markierung der Regelebene mit Stellplatzteppichen und Fußgängerleitsystem; Entwurf: GIVT Bild 11: Markierung der Stellplätze mit 2-m breiten Stellplatzteppichen; das Fußgängerleitsystem und die Schrammborde waren im Bild noch nicht markiert; Foto: Irmscher 3.2 Beschilderungssystem Im Zuge der Leitdetailplanung wurden Beschilderungspläne erstellt, die dip als GU umsetzt (exemplarisch Bild-12). Die Verkehrsbeschilderung wird nach der StVO und dem VzKat mit Verkehrszeichen für das gesamte Parkhaus mit Ein und Ausfahrt in Größe 1 ausgeführt. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 205 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 12: Entwurf Verkehrsbeschilderung der Regelebene; Entwurf: GIVT 3.3 Parkhausname und Parkhaussymbol Im Bereich der Einfahrt ist zusätzlich zur Verkehrsbeschilderung der Name des Parkhauses „ESWE Charge Center“ mit einem beleuchteten, witterungsbeständigen Schild in einer Größe von ca. 840 mm x 4.300 mm anzubringen (Bild 13). Die Farbangaben des Corporate Design der ESWE sind dabei zu berücksichtigen. Im Bereich vor der Einfahrt ist weiterhin das beleuchtete Parkhaustransparent der Parkabfertigungsanlage mit der Restplatzanzeige zu installieren. Bild 13: Detail Ein- und Ausfahrt; Entwurf: GIVT 3.4 Kennzeichnung der Parkebenen Es erfolgt eine Kennzeichnung der Parkebenen durch folgende Maßnahmen: - Die Treppenhäuser, die Betriebsräume und die Brandwand werden auf den Seiten innerhalb der Parkebenen mit der jeweiligen Kennfarbe der Ebene vollflächig beschichtet. Dabei war ein nachhaltiges und abwaschbares System einzusetzen. - An den Treppenhäusern werden jeweils an den beiden zu den Parkebenen zugewandten Seiten 1,00-m große Ziffern zur Kennzeichnung der Parkebene in einer serifenfreien Schrift (Verkehrsschrift DIN 1451 Teil-2) angebracht. - Innerhalb der Treppenhäuser sind jeweils an geeigneter Stelle jeweils ca. 0,50 m große Ziffern zur Kennzeichnung der jeweiligen Parkebene in derselben Schriftart wie auf der Seite der Parkebenen anzubringen. 206 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Folgende Farben wurden für die Parkebenen in Korrespondenz zum CI der ESWE abgestimmt (Tab. 1): Tab. 1: Zuordnung der Farben zur Kennzeichnung der Parkebenen Ebene Muster RAL-Farbe Kommentar 0 RAL 5002 ultramarinblau Hauptfarbe aus dem ESWE-Logo 1 RAL 1028 melonengelb 2. Farbe aus dem ESWE-Logo 2 RAL 3020 verkehrsrot 3 RAL 6024 verkehrsgrün 4 RAL 5012 lichtblau 5 RAL 8001 ockerbraun 6 RAL 9016 verkehrsweiß Geringe Wärmeaufnahme 3.5 Fassadengestaltung Im Zuge des Planungsprozesses wurde die detaillierte Gestaltung der im Sinne einer offenen Garage auszuführenden Fassaden abgestimmt. Entsprechend dem Innovationsgedanken als Energieversorger sollen möglichst viele Flächen für PV-Module genutzt werden. So wurde eine PV-Anlage sowohl an den Parkhausseiten (Ost und Süd) als auch auf dem Dach montiert. Dazu werden Module von SOLARWATT ® mit einer Leistung von jeweils 310-Wp installiert. Die PV-Module dienen dabei als funktionale Fassadenelemente (Bilder 14 bis 15). Die genau installierte Gesamtleistung der PV-Anlage ergibt sich erst im Zuge der Installation der tatsächlich verfügbaren Module und wird etwa 125 kWp betragen. Bild 14: Ansicht Ost mit PV-Modulen; Entwurf: GIVT Bild 15: Ansicht Süd mit PV-Modulen; Entwurf: GIVT Im Interesse der Einhaltung der Anforderungen an ein offenes und oberirdisches Parkhaus im Sinne der GaV waren die PV-Module so zu montieren, dass eine ausreichende Luftdurchströmung gewährleistet wird. Beispielhaft ist die Anordnung der PV-Module in den Bildern 16 und 17 zu sehen. Bild 16: Rückseite der vormontierten, jedoch noch nicht verkabelten PV-Module an der Südseite; Foto: Irmscher Bild 17: Unterkonstruktion der PV-Module an der Südseite; Foto: Irmscher 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 207 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Eine Speicherung von PV-Strom ist aus Kostengründen gegenwärtig nicht vorgesehen, weil angesichts des großen Strombedarfs für die Elektromobilität in der Regel tagsüber immer ein deutlich höherer Strombedarf erwartet wird. Eine Ausnahme hiervon könnten Sonn- und Feiertage bilden. An der verschatteten Westseite sowie an der Nordseite werden Fassaden mit Integra-Matten als Absturzsicherung und mit in den ESWE-Farben farblich gestalteten Blechelementen analog zum Bestandsparkhaus im nördlichen Bereich eingesetzt (Bilder 18 bis 20). Die Farbgebung der beiden Treppenhäuser erfolgt ebenfalls in der ESWE-Farbe melonengelb, wodurch diese zwei markante Punkte setzen. Bild 18: Parkhausfassade West; Entwurf: dip Bild 19: Stand der Montage der Fassadenelemente am 23.11.2023; das nördliche Treppenhaus ist bereits in der ESWE-Farbe melonengelb gestrichen; Foto: Irmscher Bild 20: Innenansicht der Fassadenelemente an der Parkhausfassade West; Foto: Irmscher Ein weiteres Gestaltungselement bei der Fassadengestaltung bildet eine partielle Fassadenbegrünung. Im Leistungsspektrum von dip sind die erforderlichen Rankhilfen für die Fassadenbegrünung sowie technische Anschlüsse enthalten (Bilder 21 und 22). Um möglichst große Reserven für die erforderlichen offenen Fassadenanteile trotz der sukzessiven anwachsenden und hochrankenden Begrünung vorzuhalten, mussten die Fassaden zunächst insgesamt mit größerem freiem Querschnitt realisiert werden. dip wird dazu geschossweise ausweisen, wie groß die Flächen sein dürfen, die durch die heranwachsende Begrünung geschlossen werden darf. Die Einhaltung dieser Flächen ist betrieblich durch erforderliche Rückschnitte der Pflanzen zu sichern. 208 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Bild 21: Beispiel für Rankhilfen mit Edelstahlseilen beim MFO-Park in Zürich; Foto: Irmscher Bild 22: Beispiel für Rankhilfen mit Edelstahlseilen am Parkhaus in der Bauphase; Foto: Irmscher Umlaufend an allen Fassaden sind 0,7 m breite Pflanzbeete für die Aufnahme der Pflanzen einschließlich Bewässerungssystem geplant. Der Bau der Pflanzbeete mit der Begrünung und der Ausstattung mit den Bewässerungskomponenten in den Beeten einschließlich deren Steuerung selbst erfolgt im Rahmen der Anpassung der Freiflächen und gehört nicht zu den Leistungen des GU. 3.6 Elektromobilitätsinfrastruktur Die Elektromobilitätsinfrastruktur ist das Hauptspezifikum dieses Parkhauses in seiner namensgebenden Funktion als ESWE Charge Center (ECC). Im Unterschied zu vielen anderen Standorten von Parkbauten ist hier die Energieversorgung nachhaltig durch die Positionierung neben dem Umspannwerk gesichert, das direkt vom Überland-Hochspannungsnetz aus gespeist wird (Bild 23) Bild 23: Einspeisung aus dem Hochspannungsnetzt in das Umspannwerk, das sich direkt neben dem ECC befindet, hier noch in der Bauphase am 27.06.2023; Foto: Irmscher In der Endausbaustufe soll das ESWE Charge Center zu 100-% mit AC-Elektro-Normalladestationen ausgerüstet werden. Das wird einer Gesamtleistung von nahezu 2.500 VA entsprechen, wozu unter Nutzung eines Lademanagements eine Leistung von etwa 1.000 kVA erforderlich sein wird. Die dip realisiert in ihrem Leistungsumfang zunächst die Ausstattung mit der Elektromobilitätsinfrastruktur für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des ESWE Charge Center in folgendem Umfang (exemplarisch Bilder 24 bis 26): 1. Zur Inbetriebnahme sind zunächst die unteren zwei Parkebenen komplett mit insgesamt 56 AC-Ladepunkten mit je 11 kW auszurüsten. Dies entspricht nominell einer installierten Leistung von 616-kW, wobei mit einem dynamischen Lastmanagement eine Begrenzung auf z. B. 350 kW sinnvoll erscheint. 2. In den weiteren Parkebenen ist eine Vorbereitung zur Ausrüstung sämtlicher Stellplätze mit Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vorzusehen. Im Leistungsumfang von dip als GU wird die weitere erforderliche Leitungsinfrastruktur in folgender Weise vorinstalliert, jedoch noch nicht elektrisch angeschlossen: - Installation von Kabelschächten und Kabeltrassen, die die Heranführung der elektrischen Anschlusskabel für 400 V AC für jeweils 33 (im 6. OG 35) Ladepunkte (in der Regel für Wallboxen oder Standsäulen mit je 2 Anschlüssen) mit maximal 11-kW ermöglichen- - dies entspricht nominell je 363 kW (für das 6.- OG 385- kW). Diese Kabelschächte können zum Beispiel an der Rückseite des TRH 1 innerhalb des Parkhauses hochgeführt werden. - Vorhalten von Anbaupositionen für Lademanagement- Einheiten zentral im Steuerungsraum. - Freihalten eines ausreichend dimensionierten Luftraumes für die spätere Installation ausreichend dimensionierter Kabeltrassen von dem Kabelschacht zu den Ladepunkten mit in der Regel einer Säule mit 2 Ladepunkten zwischen zwei Stellplätzen im Wandbereich. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 209 Neubauprojekt ESWE Elektro Charge Center (ECC) in Wiesbaden Im benachbarten Umspannwerk wird durch ESWE bis zur Inbetriebnahme des ECC ein zusätzlicher Trafo mit einer Leistung von 1.000 kVA bereitgestellt. Bild 24: Während der Montage der Elektroverteilung in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Bild 25: Während der Montage der Elektroverteilung zu den einzelnen Ladepunkten in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Bild 26: Vorverkabelung zu den einzelnen Ladepunkten in der Parkebene P1 am 23.11.2023; Foto: Irmscher Aus der Sicht des Brandschutzes sind besonders folgende zusätzliche Maßnahmen umzusetzen: - Zusatzschilder zunächst an den Zugangstüren aus den Treppenhäusern in den Parkebenen 0 und 1 „Ladeeinrichtungen Elektroparker“ nach DIN 4066; - Zentrale Abschaltmöglichkeit aller Ladeeinrichtungen mit Ausschilderung „Abschaltung Ladeeinrichtungen Elektroparker Parkhaus“ nach DIN 4066; - Anordnung einer „erhöhten Anzahl“ von Schaumlöschern. 4. Fazit Mit dem ECC wird durch den Wiesbadener Energieversorger ESWE Versorgungs AG ein zukunftsweisendes Projekt sowohl für das Pkw-Parken als auch für die Elektromobilität initiiert, das von der GIVT mbH geplant, vom Projektsteuerer Stadtbauplan GmbH Darmstadt betreut und von der dip Deutsche Industrie- und Parkhausbau GmbH qualitätsgerecht gebaut wurde. Literaturverzeichnis [1] Hessische Bauordnung (HBO) vom 28. Mai 2018. [2] Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen (Garagenverordnung- GaV) des Landes Hessen vom 15. November 2022. [3] RBSV Richtlinien für Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.- V., Köln Ausgabe 2020. [4] Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05/ EAR 23 - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln 2005/ 2023. [5] ADAC e.V., Ressort Verkehr: Benutzerfreundliche Parkhäuser. Ein Leitfaden für die Praxis, München 2013. [6] European Parking Association: EUROPEAN STANDARD PARKING AWARD - ESPA, Prüfliste ESPA, Köln 2020. [7] StVG Straßenverkehrsgesetz, StVO Straßenverkehrs-Ordnung und die dazugehörige Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO). [8] HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen. - FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln 2015. [9] DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“.- - Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., 3.- Überarbeitete Ausgabe Janaur 2018/ aktualisierter Nachdruck September 2022. [10] Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur- Gesetz - GEIG) nach aktueller gültiger Fassung. [11] VDI 2166 Blatt 2 „Planung elektrischer Anlagen im Gebäude - Hinweise für die Elektromobilität“ vom September 2020.