Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenGussasphalt – ein nachhaltiger Baustoff Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise
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Wenchang Shi
Viktor Poteschkin
Die lineare Wirtschaft des ungezügelten Ressourcenverbrauchs muss durch den kontrollierten Ressourcengebrauch im Sinne der Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Diese Umstellung sollte innerhalb planetarer und sozialer Grenzen erfolgen, um die nachhaltige Nutzung und Wiederverwendung sowie Weiterverwertung von Ressourcen zu gewährleisten. Für den weltweit bedeutenden Klimaschädling, den Bausektor, wird der Übergang zur Kreislaufwirtschaft mittelfristig zu einer signifikanten Reduktion der grauen Emissionen und des Ressourcenverbrauchs führen. Wesentliche Anforderungen für alle Neubauten, Umbauten, Aufstockungen und Bestandsanierungen sind die Abfallvermeidung, die Wiederverwendung und die Nutzungsflexibilität. Diese kreislaufeffektiven Maßnahmen können durch Elementierung, Standardisierung und Reversibilität der Bauteile umgesetzt werden. Im vorliegenden Beitrag werden dazu Forschungsergebnisse aufgezeigt, dass zukunftsorientierte, kreislaufeffektive Konstruktionen und Architekturen für mehrgeschossiges Bauen im urbanen Raum möglich sind, und zwar bis zur Hochhausgrenze (Gebäudeklasse 5) mithilfe der Holzbauweise.
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11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 215 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen: Parken, Wohnen und Arbeiten Dipl.-Ing. Wenchang Shi t-lab Holzarchitektur und Holzwerkstoffe, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Dipl.-Ing. Viktor Poteschkin t-lab Holzarchitektur und Holzwerkstoffe, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Zusammenfassung Die lineare Wirtschaft des ungezügelten Ressourcenverbrauchs muss durch den kontrollierten Ressourcengebrauch im Sinne der Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Diese Umstellung sollte innerhalb planetarer und sozialer Grenzen erfolgen, um die nachhaltige Nutzung und Wiederverwendung sowie Weiterverwertung von Ressourcen zu gewährleisten. Für den weltweit bedeutenden Klimaschädling, den Bausektor, wird der Übergang zur Kreislaufwirtschaft mittelfristig zu einer signifikanten Reduktion der grauen Emissionen und des Ressourcenverbrauchs führen. Wesentliche Anforderungen für alle Neubauten, Umbauten, Aufstockungen und Bestandsanierungen sind die Abfallvermeidung, die Wiederverwendung und die Nutzungsflexibilität. Diese kreislaufeffektiven Maßnahmen können durch Elementierung, Standardisierung und Reversibilität der Bauteile umgesetzt werden. Im vorliegenden Beitrag werden dazu Forschungsergebnisse aufgezeigt, dass zukunftsorientierte, kreislaufeffektive Konstruktionen und Architekturen für mehrgeschossiges Bauen im urbanen Raum möglich sind, und zwar bis zur Hochhausgrenze (Gebäudeklasse 5) mithilfe der Holzbauweise. 1. Hintergrund und Motivation In Deutschland werden stetig neue Flächen für Wohnen, Arbeiten und Mobilität beansprucht. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich die Fläche für Siedlung und Verkehr von 1992 bis 2021 von 40.305 auf 51.813-Quadratkilometer (km 2 ) ausgedehnt [1]. Dies bedeutet, dass die Fläche für Siedlung und Verkehr in den letzten 29 Jahren um 11.387 km 2 bzw. 28,6 % angewachsen ist. Wenn die Teilflächen betrachtet werden, hat sich die Siedlungsfläche um 41,3 % und die Verkehrsfläche um 10,1 % vergrößert [2]. Angesichts des begrenzt verfügbaren Lands in den Stadtgebieten und des in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bis 2030 formulierten „30-Hektar-Ziels“ [3] wird es notwendig sein, neben der kreislaufeffektiven Bauweise auch das mehrgeschossige Bauen als dominante Bauform zu fördern. Das Bauen mit hoher Dichte sollte flächigen, niedrigen Strukturen vorgezogen werden, da dies wesentliche Kriterien wie Landverbrauch und Versiegelungsgrad berücksichtigt. Aus diesem Grund wurde ein kreislaufeffektives mehrgeschossiges Holzbauprojekt für Wohn-, Arbeits- und Parknutzung entwickelt. Im Einzelnen wurden die folgenden Rahmenbedingungen festgelegt: - Mehrgeschossiger Holzbau - Innerstädtischer Baustein, erweiterbar - Gebäudeklasse 5 (7-Geschosser), Nutzeinheit ≤-400-m 2 - Ausbaustufen: Parken (P), Arbeiten (A), Wohnen (W) - Exemplarischer Gebäudetyp: 3 (W) + 1 (A) + 3 (P) - Vertikalerschließung Autos: Aufzug - Reale Planungsanforderungen (Regelwerk, Normen, Richtlinien) - Maximale Kreislauffähigkeit Das vorliegende Forschungsprojekt „Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen“ repräsentiert die kollektive Leistung von sieben Professoren aus vier Universitäten: - Jürgen Graf, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (Projektleiter, RPTU) - Stephan Birk, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. (TUK bis 31.03.21/ TUM) - Hamid Sadegh-Azar, Prof. Dr.-Ing. (RPTU) - Hans Joachim Blaß, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (KIT) - Prof. Dr. Stefan Pauliuk (Uni-Freiburg) - Stefan Winter, Univ.-Prof. Dr.-Ing. (TUM) - Thomas Auer, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. (TUM) 216 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 1: Visualisierung des wandelbaren Holzhybrids für die Ausbaustufen Parken, Arbeiten, Wohnen t-lab/ Nicolai Becker Images 2. Kreislauffähigkeit im Bauwesen Nachhaltigkeit im Bauwesen erfordert umweltverträgliche, ressourcenschonende und klimaneutrale Bauvorhaben. Dies beinhaltet: - Bauen in Stoffkreisläufen: Einsatz von Baukomponenten zur Wiederverwendung oder Wiederverwertung nach der Nutzungsdauer. - Nutzungsflexibles Bauen: Gebäude sollten so flexibel gestaltet werden, dass sie problemlos für verschiedene Zwecke umgenutzt werden können, ohne dass eine aufwändige Demontage erforderlich ist. Die beiden Konzepte sind grundlegende Elemente des Kreislaufeffektiven Bauens und unabhängig von den verwendeten Materialien [4, 5]. 2.1 Hierarchieebenen kreislaufeffektiver Neubauten Bei der Wiederverwendung und Weiterverwertung von Baumaterialien ist es wichtig, sowohl den konstruktiven als auch den wirtschaftlichen Aufwand für die Rückbaufähigkeit zu beachten. Dieser Aufwand steigt mit einem ausführlichen Rückbaubarkeitskonzept. Daher wird im kreislaufeffektiven Bauen der Aufwand für die Rückbaubarkeit durch fünf baukonstruktive Hierarchieebenen sinnvoll begrenzt [5]: - Die Materialebene (M) (z. B. Holz, Lehm, Stahl, Fasern etc.): Kreislauffähig sind Materialien wie Holz oder Lehm im biologischen Kreislauf bzw. Stahl und Kupfer im technischen Kreislauf. Die sortenreine Weiterverwertung (Recycling) verstärkt die Kreislaufwirkung. - Die Komponentenebene (K) (z. B. Rähm, Schwelle, Holzwerkstoffplatte, Verbindungsmittel, Elektrodose etc.): Sortenreinheit und reversible Verbindungen garantieren die Rückbaubarkeit aus der Bauelementebene und die anschließende Wieder- und Weiterverwendung der Komponenten. - Die Bauelementebene (BK) (z. B. Tragelement / Konstruktionsschicht, Fenster, Türe, Sonnenschutzelement etc.): Die standardisierte Elementierung gliedert systematisch das Bauteil und steigert die Wiederverwendbarkeit. Die Ausbaufähigkeit aus der Bauteilebene erlaubt in Abhängigkeit der tektonisch lösbaren Elementgruppen (z. B. außen- und raumseitige Bekleidung) die Anpassung an Austauschzyklen. - Die Bauteilebene (BT) (z. B. Außenwand, Geschossdecke, Innenwand etc.): Der zerstörungsfreie Rückbzw. Ausbau des gesamten (standardisierten) Bauteils garantiert die Wiederverwendung an anderer Stelle sowie in anderen Bauwerken. - Die Gebäudeebene (G): Die Nutzungsneutralität ermöglicht Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit und Veränderbarkeit, sie bedeutet damit Langlebigkeit der Grundrissstruktur. Umnutzungs- und Aufstockungspotentiale im Bestand bedeuten Ressourcenerhalt sowie Einsparungen grauer Emissionen. Abb. 2: Die fünf Ebenen der Kreislauffähigkeit von Bauwerken 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 217 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 3. Kreislauffähigkeit: Tragstruktur Im Rahmen der Entwicklung des wandelbaren Holzhybrids wurde eine Holzskelettkonstruktion entworfen, die dem gewählten Bandraster von 1,25 m (Rasterfeld) und 0,40 m (Tragelement) entspricht. Das Primär- und Sekundärtragwerk wurde in verschiedenen Varianten auf Tragfähigkeit, Ressourceneinsatz (einschließlich Verschnitt), Verbindungsmöglichkeiten, Montage- und Demontagefähigkeit, Brandschutz und architektonisch-räumliche Wirkung hin untersucht und entsprechend der genannten Kriterien optimiert. Abb. 3: Tragwerksmodell Primärbauwerk Holzhybrid und Erschließungsbauwerk, t-lab / Bernhard Friese, Pforzheim 3.1 Tragstruktur des Primärgebäudes Die Geschosslasten werden über die Hohlkasten-Deckenelemente auf die Zangenträger übertragen. Diese Zangenträger sind auf Mittelstützen mit Abmessungen von 40-×-40 cm sowie auf Randstützen mit 30 × 40 cm gelagert. Die Zangenträger sind als Dreifeldträger ausgeführt und bestehen aus zwei Rechteckprofilen, die spiegelsymmetrisch zur Stützenachse in seitliche Stützenausnehmungen eingelegt sind (siehe Abb. 4). Abb. 4: Elementierte und standardisierte Grundelemente der Tragstruktur des Primärgebäudes Holzhybrid Die Dreifeldträger (Zangenträger), aus Material mit der Festigkeitsklasse GL75, sind im Abstand von 5,40 m in Gebäudequerrichtung angeordnet, was der Deckenspannweite entspricht. Die Zangenträger haben zwei parallele Querschnitte von je 110 × 640 mm, wobei der statisch wirksame Querschnitt zweimal 110 × 580 mm beträgt (Gesamtquerschnitt: 220 × 580 mm). Sie verfügen über Nuten zur Auflagerung der elementierten und standardisierten Deckenelemente, die am Auflager ausgeklinkt sind und daher einfach in die Zangenträger eingelegt werden können. 218 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 5: Elementierter und standardisierter Deckenauf bau für die Nutzungen Parken, Arbeiten und Wohnen Abb. 6: oben: Grundriss Aussteifung des Primärtragwerks Holzhybrid in Gebäudelängsrichtung über den Lasteinleitungsbalken und die Aussteifungswand im Erschließungsbauwerk, unten: Detail Längsaussteifung Primärgebäude Holzhybrid (Lasteinleitungsbalken) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 219 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Die Deckenelemente werden mithilfe von Konusadaptern (siehe Abb. 8) schubfest und reversibel am Zangenträger befestigt. Dieses Raumgerüst gewährleistet eine äußerst einfache Montage. Die Stützen werden platziert, die Zangenträger in die Stützenausnehmungen eingelegt und mithilfe von Konusadaptern in ihrer Position gesichert. Anschließend werden die Deckenelemente verlegt. Die Gebäudeaussteifung erfolgt durch einen vertikalen Fachwerkverband in Gebäudequerrichtung (vgl. Abb. 3), einen geschossweisen Lasteinleitungsbalken zur Längsaussteifung und reversible Längsschubverbindungen zwischen den Deckenscheiben (siehe Abb. 6). 3.2 Standardisierung des nutzungsflexiblen Tragwerks Das Tragwerk wurde aus standardisierten und elementierten Bauteilen entwickelt und wird durch reversible Verbindungen montiert. Dazu gehören Stützen, Riegel, Deckenelemente, Zangenträger und Bauelemente für die vertikale Aussteifung. In einigen Fällen wurden Standardbauteile angepasst, um Durchdringungen wie TGA- Durchführungen zu ermöglichen. Abb. 7: Übersicht standardisierter Bauelemente: Deckenelement, Stütze, Randriegel, Zangenträger, Aussteifungsverband 3.3 Allzweck-Verbinder im Holzbau: Konusadapter Einfach zu lösende, wiederverwendbare Verbindungen sind essenziell für kreislaufeffektives Bauen. Untereinander verbundene Bauelemente sind rückbaubar, wenn die Verbindungen Kräfte über Formschluss auf Abscheren oder Druck bzw. über Kraftschluss auf Zug übertragen, ohne sich plastisch zu verformen. Der Konusadapter aus Kunstharzpressholz (KP) ist durch die einfache Handhabung universell für die reversible Verbindung von Bauelementen einsetzbar, beispielsweise im Hallenbau zusätzlich zu den Anschlüssen von Wand- und Deckenelementen auch zur Lagesicherung der Dachträger auf den Hallenstützen [4]. KP ist ein unter hoher Temperatur stark verdichtetes Buchen- Furnierschichtholz, das mit Phenolharz imprägniert und verfestigt wird. Die Festigkeiten sowie die Dehnsteifigkeit sind aufgrund der Faserverdichtung höher als bei unverdichtetem Buchen-Furnierschichtholz und damit auch viel höher als bei Nadelholz. Abb. 8: Konusadapter (links) und Mock-Up einer Zwei- Komponentenverbindung mit Konusadapter (rechts). (1: -Konusadapter, 2/ 3: verbundene Holzkomponenten, 4: eine metallische Verbindungsmittel-Kombination: metrische Schraube + Einschraubmuffe + Unterlegscheibe) 4. Nutzungsflexibilität: Gebäudeebene Der Erhalt und die Modernisierung von Bestandsgebäuden sind ressourceneffizienter als Neubauten. Moderne Bauwerke sollten von Anfang an so konzipiert werden, dass sie flexibel genutzt werden können und somit verschiedenen Anforderungen gerecht werden. Trotz einiger gelungener Umnutzungsbeispiele wird immer noch oft der Abriss und Neubau bevorzugt, wenn sich die Nutzungsbedingungen ändern. Durch die Berücksichtigung verschiedener Ausbaustufen in der Planung von mehrgeschossigen Neubauten kann die Langlebigkeit von Einraumsystemen und Skelettbauten gewährleistet werden. Dieser Beitrag erläutert die erfolgreiche flexible Gestaltung der Ausbaustufen Parken, Arbeiten und Wohnen unter Verwendung eines Skelettbaus. Abb. 9: Statische Gebäudegrundformen kreislaufeffektiven Bauens (schematische Darstellung). Links: Freier Grundriss/ Einraumsystem als z. B. Aufstockung eines Gebäudebestandes; rechts: Skelettbau als z. B. mehrgeschossiger Neubau 220 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.1 Grundeinheit Die Dimensionierung des Holzhybrids erfolgte unter Berücksichtigung der einschlägigen Regelwerke und Richtlinien für die einzelnen Ausbaustufen Parken, Wohnen und Arbeiten. Dabei wurden jeweils die strengsten Anforderungen der relevanten Ausbaustufe auf das Gesamtgebäude angewendet. Die Schutzziele des Brandschutzes gemäß § 14 MBO [6] spielen eine bedeutende Rolle. Für Büro- und Verwaltungsnutzungen legt die MBO § 36 (1) [6]eine maximale Nutzfläche von 400,00 m 2 pro Nutzungseinheit fest, um auf einen notwendigen Flur verzichten zu können. Darüber hinaus schreibt die MBO § 36 (1) [6] vor, dass erst bei einer Gebäudelänge von 40 m eine Brandwand erforderlich ist. Um die erforderlichen Brandschutzmaßnahmen zu minimieren (kein notwendiger Flur, keine Brandwand), wurden die Geschossflächen auf maximal 400,00 m 2 pro Nutzungseinheit und die Gesamtlänge des Hauptgebäudes auf 40,00 m begrenzt. Die Tiefe des Gebäudes wird durch die Größe der Parkplätze und die Breite der Fahrgasse gemäß EAR 05 [7] und M-GarVO [8] bestimmt. Basierend auf diesen Vorgaben wurden die Ausbaustufen Wohnen und Arbeiten entwickelt. Die erforderliche Raumhöhe von 2,75 m orientiert sich an den Anforderungen der ASR [9] und erfordert daher eine Erhöhung der Parkgeschosse, um die Nutzungsflexibilität für Wohn- und Arbeitsbereiche zu ermöglichen. Das Gebäude ist gemäß den genannten Parametern ausgelegt und als Grundstruktur festgelegt. Das separate Stahlbeton-Erschließungsbauwerk erfüllt die Anforderungen als Sicherheitstreppenraum für das Hauptgebäude. 4.2 Geometrische Ordnung und Raster In Varianten wurden verschiedene Grundraster für das prototypartige Gebäude untersucht. Das gewählte Bandraster von 1,25 m Rasterfeld und 0,40 m Tragelement erfüllt am besten die Anforderungen, die sich aus dem Holzbau sowie den Ausbaustufen Parken - Arbeiten - Wohnen ergeben. Die erforderliche Fahrgassenbreite beträgt 6,0 m, die Parkplatztiefe beidseitig der Fahrgasse 5,0 m, in Summe 16 m Breite (vgl. Abb. 10, Abb. 11 und Abb. 19). Die Mittelstützen müssen jeweils um 75 cm (Vorderkante Parkplatz zu Vorderkante Stütze) in die Parkreihen eingerückt sein [7], daher 7,50 m (lichtes Maß zwischen den Stützen). Dies entspricht 6 × 1,25 m aufgrund des Bandrasters (Rastermaß 1,25 m). Die seitlichen Achsmaße betragen 4,10 m unter Berücksichtigung der Außenstützentiefe von 30 cm. Zusammenfassend beträgt die Gebäudetiefe (Achsmaß) 16.10 m, wobei die Achsabstände der Stützen (in Querrichtung) auf 4.10 m/ 7.90 m/ 4.10 m festgelegt wurden, um die Anforderungen an die Parkierung zu erfüllen. In Längsrichtung beträgt das Achsraster der Dreifeldträger 5.40 m. Die äußeren Längsachsen der Stützen wurden auf 30/ 40 cm reduziert, aufgrund des geringeren Lasteinzugs der Randstützen. 4.3 Gebäude- und Geschosshöhen In Anlehnung an die Anforderungen des Gesamtvorhabens wurde die Gebäudeklasse 5 festgelegt, wodurch die maximale Höhe des höchsten Geschosses auf 22,00-m gemäß § 2 MBO [6] begrenzt ist. Die Geschosshöhe für die sieben Stockwerke des Gebäudes wurde auf 3,60 m festgesetzt, unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der verschiedenen Ausbaustufen (vgl. Tab.-1). Der Grundrissentwurf wurde an die lichte Raumhöhe von mindestens 2,75 m für Arbeitsräume mit bis zu 100-m 2 angepasst. Tab. 1: Vergleich: min. lichte (Raum-) Höhe nach Ausbaustufe (W steht für Wohnen, A für Arbeiten und P für Parken) Ausbaustufe Lichte (Raum-) Höhe Richtlinie/ Norm W Aufenthaltsräume ≥ 2,40 m § 47 MBO [6] A Grundfläche Arbeitsraum ≤-50-m 2 ≥ 2,50 m ASR 1.2 [9] 50 m 2 ≤ Grundfläche Arbeitsraum ≤-100-m 2 ≥ 2,75 m Grundfläche Arbeitsraum ≥-100-m 2 ≥ 3,00 m P Zum Begehen bestimmte Bereiche von Mittelgaragen (100 m 2 ≤ Nutzfläche ≤ 1000 m 2 ) und Großgaragen (Nutzfläche ≥ 1000 m 2 ) ≥ 2,00 m §-5-M-Gar- VO [8] 4.4 Ausbaustufe Parken Mit Blick auf eine mögliche Garagennutzung fanden im Zuge der Rasteruntersuchungen die M-GarVO [8] und EAR 05 [7] mit ihren Anforderungen an Fahrgassenbreite, Einstellplatztiefe und -breite Beachtung [10]. Abb. 10: Anforderungen an Stellplatzbreite nach EAR 05 [7]: Anforderung an einen Parkplatz, der an eine Stütze angrenzt (wenn für die Stütze gilt: Stütze ≤-40/ 40 cm, eingerückt um ≥ 75 cm bzw. ≤ 60 cm cm): Parkplatzbreite ≥ 2.50 m (Achsmaß) 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 221 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 11: Anforderungen an Stellplatzbreite nach M-GarVO [8]: Anforderung an einen Parkplatz, der einseitig an eine Stütze angrenzt: Parkplatzbreite ≥ 2.40 m (lichtes Maß) Die Anforderungen der Parkstufe an die Parkreihe (5,00- m) und die Fahrgasse (6,00 m) bestimmten die Querrichtung des Gebäudes und beeinflussten aufgrund der angestrebten Nutzungsflexibilität die anderen Ausbaustufen sowie die gesamte Gebäudetypologie. Bei der Konzeption als offene Garage war es erforderlich, „Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände“ [§1 M-GarVO Abs. 1] [8] vorzusehen. Dies wurde durch elementierte, geschosshohe Stahlrahmen mit Stahlnetzen realisiert, die entlang der gesamten Längsseite des Gebäudes eine ständige Querlüftung ermöglichen. Die Erschließung erfolgt über den frei durchlüfteten Steg, der die Parkgeschosse mit dem Erschließungsbauwerk verbindet. Letzteres beherbergt einen Autoaufzug und den Sicherheitstreppenraum. 4.5 Ausbaustufe Arbeiten Um die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung [9], des baulichen Brandschutzes und eines modernen, flexiblen Bürokonzepts zu erfüllen, wurde ein Standardgrundriss für die Arbeitsstufe entwickelt. Dabei wurden verschiedene Varianten untersucht. Pro Geschoss wurde je eine Nutzungseinheit ≤ 400 m 2 vorgesehen. Auf einen notwendigen Flur als Rettungsweg konnte folglich verzichtet werden [6]. Da die notwenige Treppe in einem Sicherheitstreppenraum geplant wurde, konnte überdies ein zweiter unabhängiger Rettungsweg vermieden werden [6]. Die Struktur des Holzhybridgebäudes ermöglicht verschiedene Grundrissvarianten, darunter Großraumbüros mit flexibler Zonierung und Möblierung sowie Kombibüros mit Einzel- oder Gruppenarbeitsräumen. Es ist jedoch zu beachten, dass für Arbeitsräume mit einer Grundfläche von 100 bis 2000 m 2 eine Mindestraumhöhe von 3,00-m gemäß den Vorschriften [9] erforderlich ist, was gegebenenfalls eine Anpassung der abgehängten Decke erfordert. Abb. 12: Ausbaustufe Arbeiten, Grundrisstypologien Die gewählte Grundrissvariante, der sogenannte Dreibund mit Mittelzone, orientiert sich an der Tragwerksstruktur. Die äußeren Spangen des Gebäudes, jeweils bis zur inneren Stützenreihe, beherbergen Einzel- und Gruppenarbeitsplätze und werden über die zentrale Gebäudezone erschlossen. Diese Zone erfüllt einerseits eine Verteilerfunktion und bietet andererseits Service- und Kommunikationsräume mit gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Besprechungs- oder Pausenbereichen, einer Teeküche, Lagermöglichkeiten und Sanitäreinheiten. Wenn in der Ausbaustufe Parken der Autoaufzug in Verlängerung der Fahrgasse positioniert ist, werden nach einem Aus- oder Umbau an seiner Stelle überdachte Terrassen oder Freisitze eingerichtet. Diese Terrassen oder Freisitze dienen in der Ausbaustufe Arbeiten (und Wohnen) als geschossweise Außenbereiche und sind räumlich sowie in Bezug auf die Nutzung der Mittelzone des Hauptgebäudes zugeordnet. Abb. 13: Erschließungsbauwerk, Links: Ausbaustufe Parken, Rechts: Ausbaustufe Wohnen/ Arbeiten Mittelzone wie Bürospangen können durch Trennwände unterteilt werden. Sie unterliegen dabei keinen brandschutztechnischen Anforderungen. 4.6 Ausbaustufe Wohnen Die Analyse verschiedener Wohnformen ergab, dass die Gebäudetiefe und die vertikale Leitungsführung (Technische Gebäudeausrüstung, TGA), die aus der Ausbaustufe Parken resultieren, eine Herausforderung darstellen. Es wurde festgestellt, dass nicht alle Wohnformen sinnvoll in dieser flexiblen Struktur umgesetzt werden können. 222 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 14: Einzelstrang und Deckendurchführung Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die Wohnform des „Cluster-Wohnens“ ausgewählt. Dabei handelt es sich um private Wohneinheiten mit eigenen Badezimmern, die durch Gemeinschaftsflächen ergänzt werden. Diese Wohnform lässt sich gut in die Struktur und das Raster des Gebäudes integrieren und berücksichtigt die aktuellen Diskussionen zum Thema Wohnraum, wie sie in den Quellen [11, 12] dargestellt werden. Abb. 15: Ausbaustufe Wohnen, Gemeinschaftsfläche und private Wohneinheit In der gewählten Variante für die Wohnausbaustufe gibt es insgesamt acht private Wohneinheiten, die jeweils etwa 26,00 m 2 groß sind. Diese Einheiten teilen sich eine gemeinschaftliche Mittelzone, die Küchen, Wohnbereiche, Abstellräume und Hauswirtschaftsräume von insgesamt etwa 50,00 m 2 (ohne Erschließungsfläche) umfasst. Zusätzlich gibt es einen gemeinschaftlichen Freisitz mit etwa 24,00 m 2 . Jede Wohneinheit verfügt über ein eigenes kleines Badezimmer. Im Sinne einer ganzheitlichen Planung wurden Sanitäreinheiten optimal positioniert, sowohl in Bezug auf vertikale als auch horizontale Leitungen. Die Wohnfläche pro Person beträgt ca. 35,25 m 2 , was unter den durchschnittlichen Flächen von 46,5 m 2 im Jahr 2014 und den prognostizierten 50,1 m 2 für 2030 im Eigenheim sowie 48,5-m 2 im Mietbereich liegt [12, 13]. Ohne die Gemeinschaftsflächen können auch vier größere Wohneinheiten mit ca. 71,00 m 2 pro Einheit realisiert werden. In diesem Fall handelt es sich um vier separate Nutzungseinheiten, wobei der Flur entsprechend den erforderlichen brandschutztechnischen Anforderungen gestaltet wird. Abb. 16: Ausbaustufe Wohnen, Gemeinschaftsfläche und private Wohneinheit 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 223 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.7 Hybride Nutzungsszenarien/ Einordnung Wie beabsichtigt wurde der Holzhybrid so gestaltet, dass er flexibel für verschiedene Nutzungsarten, einschließlich Parken (P), Arbeiten (A) und Wohnen (W), verwendet werden kann. Zusätzlich wurden verschiedene hybride Nutzungsszenarien betrachtet und in Varianten analysiert. Im Verlauf des Forschungsprojekts wurde eine beispielhafte Verteilung der Nutzung für das siebengeschossige Gebäude festgelegt, die als Typ 3 (P) + 1 (A) + 3 (P) bezeichnet wird. Abb. 17: Gewähltes hybrides Nutzungsszenario, Typ 3 (P) + 1 (A) + 3 (W) Das Gebäude wurde vertikal in zwei Bereiche unterteilt: einen thermischen und einen nicht-thermischen Bereich. Das Erdgeschoss wurde unabhängig von der Nutzungsverteilung auf den Obergeschossen für alle Nutzungsszenarien als nicht-thermischer Mobility Hub festgelegt. Dieser Bereich beherbergt auch die Technikzentrale des Gebäudes. Zusätzlich zu den verschiedenen Anforderungen für jede Ausbaustufe, wie z. B. spezifische Ausbaukomponenten (Fußboden/ Decke, Innen- und Außenwand/ Fassade), stellten sich auch bauphysikalische und gebäudetechnische Fragen im Zusammenhang mit dem Übergang zwischen den Ausbaustufen. Dies betrafen insbesondere den Feuchteschutz und die vertikale Leitungsführung. Ein Beispiel hierfür ist der Rieselschutz in den Bodenaufbauten der Ausbaustufen Arbeiten und Wohnen, der die Luftdichtheitsebene sowie die dampf bremsende Schicht beim Übergang zum kalten Bereich der darunterliegenden Ausbaustufe Parken herstellt, wie in DIN 68800- 2: 2022-02, Abschnitt 7.9 [14] beschrieben. Abb. 18: Bodenauf bau Arbeiten und Wohnen: Rieselschutz als Luftdichtheitsebene/ dampf bremsende Schicht im Übergang zur Ausbaustufe Parken 224 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 4.8 Erschließungsbauwerk Die vertikale Erschließung des siebengeschossigen Holzhybrids muss sowohl für Fahrzeuge als auch für Personen konzipiert werden. In Bezug auf die Parkstufe wurden verschiedene vertikale Erschließungssysteme geprüft, darunter Rampenanlagen, Geschossvollrampen, Halbgeschossrampen, Spindeln oder Schrägrampen, wie sie in Bauentwurfslehren beschrieben sind [15]. Die zulässigen Neigungen, Breiten der Fahrwege und Längen der Ein- und Ausfahrten für Rampen sind im §3 (5) M-Gar- VO [8] festgelegt. Abb. 19: Ausbaustufe Parken OG, Erschließungsbauwerk Um die Grund- und Geschossflächen für die Erschließung zu minimieren und die Anpassungsfähigkeit der Baustruktur zu berücksichtigen, wurde beschlossen, auf Rampenanlagen zu verzichten. Recherchen haben gezeigt, dass es effiziente Autoaufzüge für Parkgaragen gibt [16-19]. Die Zykluszeit spielt eine wichtige Rolle bei der Verwendung von Aufzügen in Parkgaragen. Ein Zyklus umfasst die folgenden Schritte: Aufzugstür öffnet > Fahrzeug fährt ein > Aufzugstür schließt > Aufzug fährt auf gewählte Ebene > Aufzugstür öffnet > Fahrzeug fährt aus > Aufzugstür schließt > Aufzug fährt auf gewählte Ebene > Aufzug steht für das nächste Fahrzeug bereit. Die Anzahl der PKW-Transporte pro Stunde wird auf Grundlage der Förderhöhe, Geschwindigkeit und Dauer der einzelnen Aktionen berechnet. Dies ermöglicht die Ableitung von Wartezeiten. Um den wirtschaftlichen Einsatz von Autoaufzügen in Parkgaragen zu gewährleisten, ist es entscheidend, Zyklus- und Wartezeiten zu optimieren, insbesondere während Stoßzeiten. Die Autoaufzugsanlage wurde als Bestandteil des Erschließungsbauwerks konzipiert. Aufgrund von brandschutztechnischen Anforderungen wird das Erschließungsbauwerk aus Stahlbeton hergestellt und separat vom Hauptgebäude aus Holz platziert. 5. Nutzungsflexibilität: Bauteil- und Bauelementebene Im Rahmen des Forschungsprojekts [10] wurde das Entwurfskonzept bis ins konstruktive Detail ausgearbeitet. Dabei standen der Brand-, Wärme- und Schallschutz sowie die Kreislauffähigkeit im Fokus. Ziel war ein zerstörungsfreier Rückbzw. Ausbau mit Wiederverwendung auf drei Ebenen: Bauteile (BT), Bauelemente (BE) und Komponenten (K). Standardisierung und Elementierung verbesserten die Wiederverwendungschancen. Dies betrifft Bauteile und Bauelemente, die kreislauffähig gestaltet und leicht montier- und demontierbar sind. So ermöglicht Anpassbarkeit auf Bauteilebene Reversibilität auf Bauelementebene, was die Kreislaufeffektivität steigert und ein nutzungsflexibles Gebäude mit verschiedenen Nutzungszyklen unterstützt. 5.1 Decken- und Dachaufbauten Die vielfältigen Ausbaustufen erfordern diverse Deckenauf bauten. In allen Ausbaustufen bildet das konstruktive Deckenelement die Grundlage für den Fußbodenauf bau, die Unterkonstruktion der Decke und den Dachauf bau (Abb. 20). Dabei muss das brennbare Deckenelement sowohl von oben als auch von unten brandschutztechnisch geschützt werden. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 225 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 20: Deckenauf bauten der Ausbaustufen, Nutzungsflexibilität 5.2 Bodenaufbau Das Ziel der Bodenauf bau-Untersuchung bestand darin, eine Konstruktionsweise zu entwickeln, die sowohl einen weitestgehend sortenreinen als auch zerstörungsfreien Rück- oder Ausbau ermöglicht. In der Parkausbaustufe werden großformatige CPC-Platten an zwei Seiten auf Stahlprofilen mit einem Gefälle von 2,5 % montiert (Abb. 21). Um brandschutztechnisch nicht erlaubte Hohlräume zu vermeiden, wird eine durchgehende Schüttung verwendet. Dies führt zu einer Gesamthöhe des Auf baus, die in den Wohn- und Arbeitsausbaustufen beibehalten werden muss, einschließlich der Hochpunkte und des ebenerdigen Übergangs zum Erschließungsbauwerk. Abb. 21: Querschnitt Ausbaustufe Parken: CPC-Platten mit Hochkanten in den Stützenachsen und Tiefkanten mittig zwischen den Stützenachsen Für die Wohn- und Arbeitsausbaustufen wurden Varianten entwickelt, die hauptsächlich durch die Wahl verschiedener Materialien für die Estrichschicht gekennzeichnet sind. Hierbei wurde besonders der Einsatz alternativer Materialien wie Lehm, Holzfaser und Schilfrohr im Vergleich zu den üblicherweise verwendeten Materialien wie Gipskarton und EPS in Betracht gezogen. Die Ökobilanz hinsichtlich Umweltauswirkungen und Zirkularität wurde dafür bewertet, wobei keiner der Bodenauf bauten in beiden Kategorien eine gute Bewertung erzielt [10]. Die derzeitige Recycling-Infrastruktur begrenzt die Zirkularitätsbewertung von Gips und Lehm. In Bezug auf den sommerlichen Wärmeschutz wurden die Bodenauf bauten auf ihre Speicherkapazität hin bewertet, wobei eine geringe Speicherkapazität im Boden durch Speichermasse in den Wänden ausgeglichen werden kann. Der gewählte Bodenauf bau für die Wohn- und Arbeitsausbaustufen erweist sich als die überlegene Wahl in Bezug auf den zerstörungsfreien Rück- und Ausbau, da die Komponenten nicht verklebt und leicht demontierbar sind (vgl. Abb. 18). 5.3 Abnehmbare Außenwände Die abnehmbaren Außenwände wurden unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte untersucht, darunter die Lage (vorgesetzt vs. eingestellt) [20] und die Elementierung, wobei Bauteilgrößen von 1,25 m und 5,00 m in Betracht gezogen wurden. Die Überlegungen zu den Anschlussvarianten der Fassadenelemente wurden in einer Bewertungsmatrix zusammengefasst, wobei Faktoren wie Statik (Belastungsart, Bauteilanschluss), Bauphysik (Wärme-, Feuchte-, Sonnenschutz), Brandschutz, Planung (Vorfertigung, Standardisierung), Ausführung (Montage, Reversibilität), Nutzfläche und die Anpassungsfähigkeit an verschiedene Ausbaustufen von Bedeutung waren [10]. 226 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise 5.3.1 Außenwände: Wohnen und Arbeiten Die vorgefertigten Holzfassadenbauteile in den Ausbaustufen Wohnen und Arbeiten basieren auf einem strukturierten, auf bauenden System von Bauteilen, Bauelementen und Komponenten, um die Kreislaufeffizienz zu gewährleisten. Gemäß §28 (2) MBO [6] sind abnehmbare Außenwände aus brennbaren Baustoffen zulässig, solange sie den Feuerwiderstand von 30 Minuten (F30) aufweisen und als raumabschließende Bauteile dienen. Die M-HolzBauRL [21] ermöglicht die Verwendung von Holzverkleidungen in Gebäuden der Gebäudeklasse 5, wenn nachgewiesen wird, dass geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Brandausbreitung ergriffen wurden. Das Kernelement des Fassadenbauteils wurde in beiden Ausbaustufen in Holzrahmenbauweise konstruiert. Die Holzkonstruktion wurde hohlraumfrei mit Holzfaser ausgedämmt geplant und nach außen hin mit der geforderten 15 mm starken Gipsfaserplatte abgeschlossen. Um den sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten, wurde für jedes Feld eines von vier 1.25 m-Elementen als geschlossenes Wandelement verwendet. In diesem Bereich wurde, wie auch an den Brüstungen, eine horizontale, formschlüssige Nut-Feder-Schalung für die äußere Verkleidung vorgesehen. Diese Schalung dient als effektiver Wetterschutz für das tragende Kernstück. Zudem sorgt eine zusätzliche Fassadenbahn auf der nicht brennbaren Trägerplatte für die Winddichtheit der Konstruktion. Durch die Erhöhung des Randriegels können die Belastungen von Fenstern, geschlossenen Wandelementen und der gesamten Fassadenstruktur in die Tragstruktur übertragen werden. Dies führt dazu, dass die Fenster nicht bündig mit der äußeren Fassadenfläche abschließen, sondern sich zentral auf dem Randriegel befinden. Dies verleiht der Fassade eine plastische Gestaltung. 5.3.2 Außenwände: Parken Nach § 7 M-GarVO [8] muss die Fassade aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Entsprechend der Ausbaustufe Wohnen und Arbeiten, sind die abnehmbaren Fassadenfelder zwischen den Hauptstützen in je vier Elemente unterteilt. Diese Elemente bestehen aus geschosshohen Stahlrahmen mit einem Edelstahlnetz als Füllung. Dies erfüllt die Anforderungen an die ständige Querlüftung entlang der gesamten Längsseite des Gebäudes. Abb. 22: Ausbaustufe Arbeiten, Fassade Abb. 23: Ausbaustufe Parken, Fassade 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 227 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise Abb. 24: Ausführung des Abdichtungs- und Entwässerungskonzept an Tief- und Hochlagerung der CPC-Platten. Die Sekundärabdichtung mit beschichteten Holzwerkstoff-platten ist unter den Stahlelementen dargestellt (braun). Die Rahmen stehen auf einem horizontalen Stahlprofil, das ähnlich wie das Auflager der CPC-Bodenplatten entwickelt wurde und den unteren Abschluss der Fassade bildet. Oberseitig sind die Rahmen an einem Querholz befestigt, und sie bieten Schutz vor Schlagregen für die Holzstützen. Zusätzlich wird ein separater Anprallschutz auf den CPC-Platten angebracht. Abb. 25: links: Notüberlauf am Flachrinnenende, rechts: Abdichtungsprinzip gemäß IVD Merkblatt Nr.-1 der Primärabdichtung zwischen den CPC-Platten und zwischen CPC-Platten und Entwässerungsrinne. b F -=-Fugenbreite, t D -=-Tiefe des Dichtstoffes 6. Zusammenfassung Kreislaufeffektives und nutzungsflexibles Entwerfen und Konstruieren mit Holz haben das Potenzial, erheblich zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Bauabfällen beizutragen. Der Holzhybrid zeigt exemplarisch konkrete Handlungsfelder und Strategien zur Integration des Kreislaufwirtschaftsprinzips im Bauwesen auf. Dies ist nicht nur auf Neubauprojekte anwendbar, sondern auch auf die Bewirtschaftung und Sanierung bestehender Gebäude. Durch die Umsetzung dieser Prinzipien kann eine nachhaltige und ressourceneffiziente Bauweise gefördert werden, die langfristig positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft hat. Literatur [1] Statistisches Bundesamt (2022) Bodenfläche insgesamt nach Nutzungsarten in Deutschland. Bodenfläche insgesamt nach Nutzungsarten in Deutschland am 31.12.2022. Statistisches Bundesamt. https: / / www.destatis.de/ DE/ Themen/ Branchen- Unternehmen/ Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/ Flaechennutzung/ Tabellen/ bodenflaecheinsgesamt.html [2] Umwelt Bundesamt (2023) Siedlungs- und Verkehrsfläche. Umwelt Bundesamt. https: / / www. umweltbundesamt.de/ daten/ flaeche-boden-land-oekosysteme/ flaeche/ siedlungs-verkehrsflaeche#umstellung-der-erhebungsmethodik-im-jahr-2016 [3] Die Bundesregierung (2020) Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Weiterentwicklung 2021. https: / / www.bmuv.de/ themen/ nachhaltigkeit/ strategieund-umsetzung/ nachhaltigkeitsstrategie [4] Graf, J.; Shi, W.; Birk, S. (2022) Kreislaufeffektives Potential von Holz im Hallenbau. Bautechnik. doi: 10.1002/ bate.202100105 [5] Graf, J.; Birk, S.; Poteschkin, V. et al., (2022) Kreislaufeffektive Bauwende - Auf dem Weg zu einer neuen Tektonik. Bautechnik Volume 99: Holzbau (0932-8351): S. 76-84. [6] Bauministerkonferenz (2020) Musterbauordnung. MBO, Bauministerkonferenz. [7] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (2005) Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. [8] Bauministerkonferenz Muster-Garagenverordnung. M-GarVO, Bauministerkonferenz. [9] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Technische Regeln für Arbeitsstätten. ASR A1.2, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. 228 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Nutzungsflexibilität und Umnutzungsmöglichkeiten von Parkhäusern in Holzbauweise [10] Technische Universität Kaiserslautern, Karlsruher Institut für Technologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,Technische Universität München (2022) Wandelbarer Holzhybrid für differenzierte Ausbaustufen, Technische Universität Kaiserslautern, Karlsruher Institut für Technologie, Albert- Ludwigs-Universität Freiburg,Technische Universität München, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR). [11] Prytula, M.; Rexroth, S.; Lutz, M. et al., (2020) Clusterwohnungen. Eine neue Wohnungstypologie für eine anpassungsfähige Stadtentwicklung. Zukunft Bauen: Forschung für die Praxis (Band 22). [12] Bahner, O; Böttger, M Neue Standards: Zehn Thesen zum Wohnen. JOVIS Verlag. [13] Statistisches Bundesamt (2023) Seit 1950 wurden in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 405- 000 neue Wohnungen pro Jahr fertiggestellt. Pressemitteilung Nr. N041 vom 29. Juni 2023. Springer Fachmedien Wiesbaden. [14] Deutsches Institut für Normung Holzschutz -Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau (DIN 68800-2). [15] Neufert, E (2022) Bauentwurfslehre. Grundlagen, Normen, Vorschriften über Anlage, Bau, Gestaltung, Raumbedarf, Raumbeziehungen, Maße für Gebäude, Räume, Einrichtungen, Geräte mit dem Menschen als Maß und Ziel : Handbuch für den Baufachmann, Bauherrn, Lehrenden und Lernenden, 43.- Aufl, Springer Fachmedien Wiesbaden, Neufert-Stiftung. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer Vieweg, Wiesbaden. [16] Lödige Industries GmbH Neuer Planungsleitfaden: Autoaufzüge sicher planen. Mit dem neuen Planungsleitfaden unterstützt Lödige Industries Architekten und Planer in der Planung von Autoaufzügen. https: / / www.lodige.com/ de-de/ news-events/ newsdetail/ mit-dem-loedige-planungsleitfadenautoaufzuege-sicher-planen/ [17] WÖHR Autoparksysteme GmbH Einer der international führenden Hersteller von Platzsparenden Autoparksystemen. https: / / woehr.de/ de/ [18] Wöhr + Bauer GmbH HOCHGARAGE SINDLFIN- GEN. Das Glashaus - Das vollautomatische Parkregal. https: / / woehrbauer.de/ projekte/ hochgaragesindlfingen [19] Baumann Aufzüge GmbH PKW-AUFZÜGE - IN- DIVIDUELLE PARKMÖGLICHKEITEN. https: / / www.baumann-aufzuege.de/ pkw-aufzuege.html [20] Fischer, O.; Lang, W.; Winter, S. (2019) Hybridbau - Holzaußenwände, Institut für Internationale Architektur-Dokumentation. DETAIL, München. [21] Deutsches Institut für Bautechnik (2020) Muster- Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise. MHolzBauRL, Deutsches Institut für Bautechnik.