Kolloquium Parkbauten
kpb
2510-7763
expert verlag Tübingen
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Technische Akademie EsslingenBestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen
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Karl Deix
Susanna Arazli
Anhand von 20 Untersuchungsberichten von Garagen und Parkdecks, die aufgrund von geplanten Sanierungen detailliert untersucht wurden, ist ein umfangreicher Datensatz erstellt worden, der – bezogen auf einzelne Untersuchungsstellen – den Erhaltungszustand in Form der maßgebenden Faktoren (Korrosionszustand, Überdeckung, Karbonatisierungstiefe, Chloridgehalt, etc.) für die verschiedenen Bauteile (Deckenuntersichten, Stützenfüße, Wandsockel etc.) und Funktionsbereiche (Rampen, Fahrbereiche, Parkplätze etc.) beschreibt. Die Untersuchung des Datensatzes erfolgte mit den heute zur Verfügung stehende Machine-Learning Algorithmen. Die dabei gefundenen Korrelationen wurden mittels beschreibender Statistik ausgewertet und visualisiert. Dadurch sind Aussagen über die Anteile und Zusammenhänge der untersuchten Merkmale möglich. Es können dadurch betontechnologische Maßnahmen, konstruktive Regel und normative Grenzwerte evaluiert werden. Auch kann der Untersuchungsaufwand zielgenauer festgelegt bzw. die Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld besser abgeschätzt werden.
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11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 283 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Dipl.-Ing. Dr. techn. Karl Deix Technische Universität Wien, Wien, Österreich Dipl.-Ing. Susanna Arazli Sachverständige für Garagen und Parkhäuser, Alland, Österreich Zusammenfassung Anhand von 20 Untersuchungsberichten von Garagen und Parkdecks, die aufgrund von geplanten Sanierungen detailliert untersucht wurden, ist ein umfangreicher Datensatz erstellt worden, der - bezogen auf einzelne Untersuchungsstellen - den Erhaltungszustand in Form der maßgebenden Faktoren (Korrosionszustand, Überdeckung, Karbonatisierungstiefe, Chloridgehalt, etc.) für die verschiedenen Bauteile (Deckenuntersichten, Stützenfüße, Wandsockel etc.) und Funktionsbereiche (Rampen, Fahrbereiche, Parkplätze etc.) beschreibt. Die Untersuchung des Datensatzes erfolgte mit den heute zur Verfügung stehende Machine-Learning Algorithmen. Die dabei gefundenen Korrelationen wurden mittels beschreibender Statistik ausgewertet und visualisiert. Dadurch sind Aussagen über die Anteile und Zusammenhänge der untersuchten Merkmale möglich. Es können dadurch betontechnologische Maßnahmen, konstruktive Regel und normative Grenzwerte evaluiert werden. Auch kann der Untersuchungsaufwand zielgenauer festgelegt bzw. die Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld besser abgeschätzt werden. 1. Einführung Garagen und Parkdecks sind dem schädlichen Einfluss von Frost, Feuchtigkeit, Salzen etc. ausgesetzt, die auch in kurzen Zeiträumen zu Schäden an der tragenden Stahlbetonkonstruktion führen können. Zur Untersuchung des Erhaltungszustandes werden die bekannten Untersuchungsmethoden [1, 2] eingesetzt, die der Erstellung von Sanierungskonzepten dienen. Die Ergebnisse gelten für das betreffende Objekt, die Schadensmechanismen sind jedoch bei vielen Objekten ähnlich. Ziel ist es daher, eine Systematik zu finden, die - wie es auch der Erfahrung vieler Gutachter entspricht - allgemein gültige Grundsätze angibt. Anhand zahlreicher eigener Untersuchungsberichte wurde ein detaillierter Datensatz erstellt, der, bezogen auf einzelne Untersuchungsstellen, den Erhaltungszustand in Form der maßgebenden Faktoren, wie Korrosionszustand, Bewehrungsüberdeckung, -durchmesser, Karbonatisierungstiefe, Chloridgehalt, Risse, Abplatzungen, Feuchtigkeit, Betonfestigkeit etc. für die verschiedene Bauteile (Decken, Stützenfüße, Wände, etc.) und Funktionsbereiche (Geschosse, Rampen, Fahrbereiche, Parkplätze etc.), beschreibt. Die Untersuchung des Datensatzes erfolgte mit den heute zur Verfügung stehende Machine-Learning Algorithmen, die über die beschreibende Statistik hinausgehen. Dadurch ist es möglich die maßgebenden Zusammenhänge und verschiedenen Einflüsse der einzelnen Merkmale festzustellen. 2. Grundlagen 2.1 Was ist Machine Learning Unter „Machine Learning“ versteht man Algorithmen, die zur Analyse von Daten eingesetzt werden und einen Teilbereich der künstlichen Intelligenz darstellen. Es handelt sich dabei um fortschrittliche Methoden, mit denen beispielsweise Regression berechnet, Dimensionsreduktionen durchgeführt, Cluster ermittelt und auch Vorhersagen anhand von vorhandenen Daten erstellt werden können. Hierbei werden neben numerischen Daten auch sogenannte kategoriale Daten, wie - im vorliegenden Fall - auch Bauteile, Funktionsbereiche, Beschreibungen (wie Risse etc.) verarbeitet. In der Regel werden die Algorithmen auf sehr umfangreiche und höherdimensionale Daten angewendet. Zum “Unsupervised Learning”, bei dem die Daten keinen Zielwert (Label) aufweisen, gehören die dimensionsreduzierenden Algorithmen, wie Principial Component Analysis (PCA), T-distributed stochastic neighbor embedding (t-SNE) und Uniform Manifold Approximation and Projection (UMAP). Dadurch können die Einflüsse der einzelnen Merkmale ermittelt und gereiht werden. Zur Clusterberechnung, d. h. um zusammengehörige Daten zu finden, werden Verfahren, wie k-Means und Hierarchical Clustering Analysis (HCA) eingesetzt. Unter „Supervised Learning“ versteht man Methoden, die einerseits der Klassifikation dienen, wie Decision Tree, Random Forest, Support Vector Machine, als auch neuronale Netzwerke, aber auch zur Regression eingesetzt werden, wie die logistische Regression. 284 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen 2.2 Chlorid im Beton Eine der wichtigsten Punkte bei der Untersuchung von Garagen und Parkdecks ist der Chloridgehalt des Betons. Neben der karbonatisierungsinduzierten Korrosion spielt nämlich die Chloridkorrosion eine wesentliche Rolle für die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauwerken. Chlorid wird durch das Salzstreuen der Straßen über die Fahrzeuge oder direkt durch Streuen in die Garage eingebracht. Die Bindung des Chlorids im Zement, die Chloridgehaltsmessung, der Chloridtransport, der kritischen Chloridgehalt etc. ist Gegenstand umfangreicher Untersuchungen und wird in der Literatur ausführlich behandelt [3, 4, 5 ,6]. 3. Daten 3.1 Datensatz Für die Analyse wurden die eigenen Untersuchungen der Verfasser, die seit dem Jahr 2017 an 20 Garagen und Parkdecks vorwiegend in Österreich (d. h. kein maritimes Klima) durchgeführt worden sind, herangezogen. Um über einzelne Objekte hinausgehende Aussagen zu machen, ist es wesentlich eine Klassifizierung der Vielzahl an Bauteilen und Situationen sowie den Untersuchungsergebnissen vorzunehmen und diese in Kategorien zu einzuordnen. Diese sind folgend beschrieben, wobei sie sich in jene der Bauteile und der Funktionsbereiche sowie in jene der Untersuchungsergebnisse selbst teilen: - Bauteile, wie Bodenplatten, Rampen, Deckenunterseiten, Unterzüge, Stützenfüße, Wände in mittlerer Höhe und am Sockel. Diese implizieren auch die mögliche Wasserbeaufschlagung, wie Spritzwasser bei den Stützenfüßen und Wandsockeln oder über Risse oder Fugen bei den Deckenuntersichten - Funktionsbereiche, wie Aus- und Einfahrt, und andere stark frequentierte Fahrbereiche, um in andere Stockwerke zu gelangen. Weiters in weniger frequentierte Fahrbahnen, wo nur im Geschoß zu den Parkplätzen gefahren wird oder in selten gefahrene Bereiche wie Sackgassen, wo oft nur Dauerparker stehen. Des Weiteren werden in Parkplätze selbst und in die Nebenräume, wie Stiegenhäuser, wo nicht gefahren wird, unterschieden. - Geschoss über oder unter der Einfahrtbzw. Erdgeschossebene (= 0), da eine Einbringung des mit den Streusalzen versehenen Wasser an den Fahrzeugen mit der Fahrlänge abnehmend zu erwarten ist. - Herkunft der Durchfeuchtung, wenn der Zustand optisch als feucht eingestuft wurde; wie Spritzwasser bei den Stützenfüßen und Wandsockeln und Risse und Fugen bei den Deckenuntersichten. - Material der Bauteiloberfläche, meist Beton, auch Schlitzwandbeton, auch Betonbodenplatten unter Asphalt, geglättete Betonoberflächen (bzw. mit Einstreuung) und mit bestehender Beschichtung. Die Untersuchungsergebnisse an den einzelnen Stellen werden folgend klassifiziert: - Zustand der Untersuchungsstelle anhand der in [1] beschriebenen Methoden. Diese werden in Korrosionserscheinungen (Rostfahnen), Feuchtstellen und Betonabplatzung sowie Risse auf als wesentlichste reduziert - Bewehrungsüberdeckung und -durchmesser, festgestellt durch Freistemmen - Korrosionszustand der Bewehrung eingeteilt in die Schadensklassen: SK1: keine Korrosion, SK2: beginnende Korrosion, leichte Flächenkorrosion, SK3: Narbenkorrosion, starke Flächenkorrosion, SK4: Tiefenkorrosion. Die in manchen Berichten verwendete Klasse 5 (Volumenzunahme bzw. Querschnittsschwächung) wurden der SK4 zugeordnet - Betonfestigkeit festgestellt anhand von Bohrkernen oder mit dem Rückprallhammer - Karbonatisierungstiefe bestimmt mittels Phenolphthalein an frischen Stemmstellen - Chloridgehalt mit Angabe der Entnahmetiefe in mm (und Entnahmehöhe in cm bei den Wänden und Stützen, meist 5 cm bis 30 cm) Die Chloridgehalte sind die wesentlichste Größe, die als sogenannte Instanzen bei der Berechnung gehandhabt werden. D. h. jedem gemessenen Chloridgehalt werden alle anderen Merkmale der Untersuchungsstelle zugeordnet. Mittels der vorliegenden Untersuchungsergebnisse konnte anhand von 22 numerischen und kategorialen Merkmalen an 530 Untersuchungsstellen mit 1.607 Chloridgehalten ein Datensatz mit über 35.000 Einträgen erstellt werden. 3.2 Methoden Die Analyse der Daten erfolgte u. a. mit „Orange - Datamining“ [7]. „Orange“ ist ein Open-Source-Toolkit zur Visualisierung von Daten, maschinellem Lernen und Data Mining. Es ist handelt sich um ein knotenbasierendes, visuelles Programmpaket zur explorativen und schnellen Datenanalyse und interaktiven Datenvisualisierung. Die verwendeten Methoden sind folgend kurz beschrieben. Hierarchical Clustering Analysis HCA Bei der „Hierarchical Clustering Analysis “, werden die Abstände der Instanzen, d. h. der Chloridgehalte mit den Daten der Untersuchungsstelle, untereinander verglichen. Gewählt wurde im vorliegenden Fall eine euklidische Distanz und normalisierten Daten sowie 5 Datencluster. Abb. 1 zeigt das Ergebnis in Form eines Dendogramms. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 285 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 1: Dendrogramm nach HCA mit 5 Cluster Der hier als C1 bezeichnete sehr kleine Cluster ist durch eine sehr hohe Betonüberdeckung, da die Proben aus Bohrkernen aus größer Tiefe entnommen wurden, gekennzeichnet. Cluster 2 weist jene Untersuchungsstellen aus, die sehr hohe Chloridgehalte von über 5 % aufweisen und daher bei einigen Abbildungen/ Berechnungen unberücksichtigt blieben. Die restlichen Cluster beinhalten die typischen Untersuchungsstellen. T-distributed stochastic neighbor embedding (t-SNE) Eine der bekanntesten Methode zur Datenanalyse ist die t-disseminierte stochastische Nachbarschaftsimplantation (t-SNE) [8]. Dabei werden höherdimensionale Daten mittels eines probabilistischen Verfahrens auf niedrige dimensionale Punkte abgebildet. Gleichartige Daten werden dabei mit nahen und ungleichartige mit größeren Abständen dargestellt, wobei der Abstand mit einer t-Verteilung berechnet wird. Bezüglich der wählbaren Parameter und Interpretation der Ergebnisse wird auf [9] verwiesen. Die Analyse wurde am Gesamtdatensatz ohne die abgeleiteten Größen durchgeführt. Es wurden globale Parameter, wie die Perplexity, Exaggeration und Anzahl der Hauptkomponenten variiert. Abb. 2a und 2b zeigen beispielhaft die Ergebnisse der Berechnungen. Durch Einfärben mit den verschiedenen Features lassen sich aufgrund der engeren oder weiteren Verteilung erkennen, ob dieses Feature Cluster bilden. Zusammenfassend lassen sich damit folgende Aussagen machen: - Eindeutige Cluster (Zusammengehörigkeit) bildet das „Material“. - „Mittlere“ Clusterbildungen wurden bei Bauteilen, Schadensklassen, Funktionen und auch bei den optischen Bewertungen (Korrosion, Feuchtigkeit, Abplatzung, Risse) vorgefunden - Keine oder kaum Clusterbildungen sind aufgrund fern verteilter Punkte bei der Wasserherkunft, der Druckfestigkeit, der Karbonatisierungstiefe, dem Durchmesser, der Überdeckung, dem Alter, dem Geschossen und dem Chloridgehalt zu erkennen Auf Basis dieser Analysen konnten die maßgeblichen Parameter bestimmt und statistisch untersucht werden (siehe Abschnitt 4). Abb. 2a zeigt beispielhaft dabei den Fall mit eng zusammengehörigen Punkten beim Material und Abb. 2b den Fall mit sehr verteilten Punkten bei den Funktionsbereichen. Abb. 2a und 2b: t-SNE nach Bauteil und Funktion 4. Ausgewählte Ergebnisse 4.1 Mittelwerte, Streuungen und Anteile Im ersten Schritt werden die Anteile und Mittelwerte einiger Parameter angeführt. Abb. 3 zeigt die Anteile der vorgefundenen Schadensklassen für die Bauteile und Funktionsbereiche. Es ist zu erkennen, dass die Bewehrung in den Stützenfüßen und Wandsockel (die praktisch die gleiche Lage bezüglich Spritzwasser aufweisen) etwa einen Anteil von 25 % der Schadensklassen 3 oder 4 aufweisen, die Deckenuntersichten jedoch einen Anteil von etwa 50 %; Bodenplatten sind weniger oft betroffen. 286 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 3: Schadensklassen je nach Bauteil (oben) und Funktionsbereiche (unten) Die Schadensklassen gegliedert nach den Funktionsbereichen lassen erkennen, dass die Fahrbereiche zu etwa 1/ 3 von den Schadensklassen 3 und 4 betroffen sind, die Parkplätze im Fahrbereich nur zu 19 %. Höhere Anteile liegen auch bei den Deckenuntersichten vor, wenn diese direkt unter Außenanlagen bzw. Gebäude liegen, da hier offenbar häufig Wasser von oben eintritt. Die Ein- und Ausfahrten sind mit höheren Anteilen stark korrodierter Bewehrung (SK4) auffallend, wobei jedoch hier der geringere Anteil an Untersuchungsstellen zu beachten ist. Abb. 4: Überdeckung je Bauteil Abb. 4 zeigt die gemessene Überdeckung und Karbonatisierungstiefen für die Bauteile sowie deren Streuung. Die durchschnittliche Überdeckung beträgt 22 mm (Deckenuntersichten) bis 32 mm (Wandsockel), die Bodenplatten weisen an der Oberseite eine deutlich höhere Überdeckung von ca. 46 mm im Mittel auf. 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 287 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Die gemessenen Karbonatisierungstiefen, gereiht nach den verschiedenen Bauteilen, sind in Abb. 5 dargestellt und zeigen relativ einheitliche Werte von 19,8 bis 29,9-mm, wobei bei den Bodenplatten rel. Große Streuungen vorliegen. Abb. 5: Karbonatisierungstiefe je Bauteil 4.2 Maßgebende Einflüsse auf das Schadensbild In Abb. 6 sind die Chloridgehalte für die einzelne Geschosse sowie deren Schadensklassen dargestellt. Zu erkennen ist, dass von den Schadensklassen 3 und 4 hauptsächlich die Geschosse vom 3. UG bis zum 3. OG betroffen sind. Die anderen Geschosse sind einerseits seltener untersucht worden, anderseits weisen sie aber auch geringere Chloridgehalte auf. Abb. 6: Chloridgehalt nach Geschoss Die gemessenen Chloridgehalte für die verschiedenen Entnahmehöhen bei den Stützenfüßen und Wandsockeln zeigt Abb. 7. Die nach oben abnehmenden Schadensklassen und Chloridgehalte lassen für die Spritzwasserhöhe einen Grenzwert von etwa 25 cm für die Fahrbereiche der Garagen (und 15 cm für die Parkbereiche) erkennen. Bis zu dieser Höhe sind die Betonteile von unmittelbarem Besprühen bzw. auch kapillare Hochsaugen von salzhaltigem Wasser betroffen. Damit lässt sich eine konstruktive Regel, nämlich die Schutzanstriche bis auf diese Höhe zu ziehen - neben der obligatorischen Hohlkehlenausbildung - ableiten. Ebenso ist daraus zu schließen, die Untersuchung auf diese Bereiche zu beschränken. Abb. 7: Chloridgehalt nach Entnahmehöhe 4.3 Korrosion infolge Karbonatisierung oder Chlorid Zur Untersuchung der Frage, ob eine karbonatisierungsinduzierte Korrosion oder eine Chloridkorrosion vorherrschend ist, wurden die Anteile der Schadensklassen für die Fälle, dass die Karbonatisierung die Bewehrung nicht/ schon erreicht und der gemessene Chloridgehalt an der betreffenden Tiefenstufe die Überdeckung nicht/ schon erreicht hat, berechnet. Abb. 8 zeigt im Violinplot die Häufigkeiten der Schadensklassen für die gemessenen Chloridgehalte. Im zweiten Schritt wurden die Anteile für mehrere Fälle berechnet und in Abb. 9 dargestellt. Für den Fall, dass die Karbonatisierung die Bewehrung nicht erreicht hat und die Entnahmetiefe kleiner als die Überdeckung ist, d. h. „k < ü, t < ü“, weisen nur 6,7 und 5,8 = 12,6 % die Schadensklassen 3 und 4 auf (ohne die normgemäßen Grenzwerte an der Bewehrung zu berücksichtigen). Für den Fall „k < ü, t ≥ ü“, erhöht sich der Anteil auf 14,4 + 13,2 = 27,6 %, im Falle k ≥ ü, t ≥ ü zu 27,3 + 28,2 % = 55,5 % und wenn nur die Karbonatisierung die Bewehrung erreicht (k ≥ ü, t < ü) auf 27,0 + 19,1 = 46,1 %. 288 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 8: Chloridgehalte nach Schadensklasse Abb. 9: Anteile der Schadenklassen für versch. Fälle Anhand dieser und weiterer Berechnungen, auch unter Berücksichtigung des Grenzwertes von 0,6 % CL v.Z, lässt sich ableiten, dass beide Schadensmechanismen etwa zur Hälfte Einfluss auf die Korrosionsbilder SK3 und SK4 haben, ein hoher Chloridgehalt aber für einen höheren Anteil an der Schadensklasse 4 verantwortlich ist. 4.4 Bewertung der Grenzwerte Nach ÖNORM B 4706 [10] ist bezüglich der Bewertung des Chloridgehaltes ab einen Grenzwert von 0,6 % CL v.Z (wenn nicht karbonatisiert) eine regelmäßige Kontrolle notwendig. Ab 1 % CL v.Z ist eine jährliche Kontrolle und eine Instandsetzung, wenn Korrosion auftritt, erforderlich. Im Falle von karbonatisiertem Beton ist letzteres ab einen Grenzwert von 0,2 % CL v.Z vorgesehen, da Chloride bei gleichzeitigem Verlust der Passivierung die Korrosionsgeschwindigkeit bzw. -intensität erhöhen können. Abb. 10 zeigt zeigt dazu in Abhängigkeit vom Verhältnis Tiefenstufe/ Überdeckung den Chloridgehalt mit den vorgefundenen Schadensklassen für jene Stellen, bei der die Karbonatisierung die Bewehrung noch nicht erreicht hat. Die Schadensklassen 1 (blau) und 2 (rot) liegen fast vollständig außerhalb dieser Bereiche. Die höheren Schadenklassen 3 (grün) und 4 (orange) liegen vor allem im Bereich über 1,0 % CLv.Z vor; auch bei niedriger Tiefenstufe und bei sehr hohen Chloridwerten. Es lässt damit ableiten, dass der Grenzwert 0,6 % CLv.Z als durchaus sinnvoll einzustufen ist. Abb. 10: Tiefenstufe/ Überdeckung zu Chloridgehalt, Karbonatisierung hat Bewehrung nicht erreicht 5. Schadensbilder Die Abbildungen 11 bis 14 zeigen beispielhaft einige typische Schadensbilder. Abb. 11: Korrosion im Bereich des Wandsockels Abb. 12: Wassereintritte und Korrosion an Fuge bei Übergang Decke zur Wand 11. Kolloquium Parkbauten - Februar 2024 289 Bestimmung maßgeblicher Einflussgrößen für den Erhaltungszustand von Garagen und Parkdecks mittels Machine-Learning-Algorithmen Abb. 13: Wassereintritte und Korrosion über Riss an der Deckenuntersicht Abb. 14: Freigelegte Bewehrung an der Bauteilfuge im Fahrbereich aufgrund von Korrosion Literatur [1] R. Pamminger, Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen in Österreich, Betonkalender, 2022, S.-287-324. [2] K. Bergmeister, F. Fingerloos, J.-D. Wörner, Bauwerksdiagnose in der Einleitungsphase, Betonkalender, 2022, S. 200-204. [3] K.-U. Voß, Bestimmung der korrosionsauslösenden Chloridgehalte zur Bewertung der chloridinduzierten Stahlkorrosion von Stahlbetonteilen, Der Bausachverständige, 3/ 2019. [4] J. Stark, B. Wicht, Dauerhaftigkeit von Beton: der Baustoff als Werkstoff, Hrsg. F.-A. Finger Institut für Baustoffkunde der Bauhaus-Universität Weimar, Birkhäuser 2001. [5] fib Model Code for Concrete Structures 2010, Chapter 7.8.3 „Chloride induced corrosion - uncracked concrete“. [6] Chloridkorrosion, Mitteilungen aus dem Forschungsinstitut des Vereins der österreichischen Zementfabrikanten, Heft 36, Internationales Kolloquium Wien, 1993. [7] Orange (2023) https: / / orangedatamining.com [Software]. [8] L.v.d Maaten, G. Hinton, Visualizing data using t-SNE, Journal of Machine Learning Research, 2008 , Vol 9, pp. 2579-2605. [9] M. Wattenberg, F. Viégas, I. Johnson, How to use t-SNE effectively, 2016, http: / / doi.org/ 10.23915/ distill.00002 [10] ÖNORM B 4706: Instandsetzung von Betonbauwerken - Nationale Festlegungen für Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betonbauwerken gemäß ÖNORM EN 1504, 07.2015.
