Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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Mobilitätspakte
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Nathalie Bednarek
Mobilitätspakte sind als neues Instrument der Mobilitätspolitik seit 2017 in Baden-Württemberg etabliert. Die Arbeiten an einem Mobilitätspakt konzentrieren sich auf die Umsetzung von Maßnahmen, die in definierten Räumen spürbare Verbesserungen der Verkehrssituation für Bevölkerung, Umwelt und Wirtschaft bringen. Dem Leitbild der nachhaltigen Mobilität folgend wird der Fokus auf die Vielfalt und Vernetzung der Verkehrsangebote gelegt. Mobilitätspakte sind eine
geeignete, innovative Möglichkeit, um die Verkehrsprobleme eines Raumes zielführend zu analysieren und gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln, die den Bedürfnissen der jeweiligen Region gerecht werden. Gemeinsam bedeutet, dass dies im Zusammenspiel der Verantwortlichen aus Land, Kommunen, Wirtschaft und Verkehrsbetrieben geschieht. Auch der Bevölkerung kommt dabei eine wichtige Rolle zu.
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2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 47 Mobilitätspakte Ein neues Instrument der Mobilitätspolitik Dipl.-Geogr. Nathalie Bednarek Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Stuttgart Zusammenfassung Mobilitätspakte sind als neues Instrument der Mobilitätspolitik seit 2017 in Baden-Württemberg etabliert. Die Arbeiten an einem Mobilitätspakt konzentrieren sich auf die Umsetzung von Maßnahmen, die in definierten Räumen spürbare Verbesserungen der Verkehrssituation für Bevölkerung, Umwelt und Wirtschaft bringen. Dem Leitbild der nachhaltigen Mobilität folgend wird der Fokus auf die Vielfalt und Vernetzung der Verkehrsangebote gelegt. Mobilitätspakte sind eine geeignete, innovative Möglichkeit, um die Verkehrsprobleme eines Raumes zielführend zu analysieren und gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln, die den Bedürfnissen der jeweiligen Region gerecht werden. Gemeinsam bedeutet, dass dies im Zusammenspiel der Verantwortlichen aus Land, Kommunen, Wirtschaft und Verkehrsbetrieben geschieht. Auch der Bevölkerung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. 1. Nachhaltige Mobilität in Baden-Württemberg Baden-Württemberg möchte Wegbereiter einer modernen und nachhaltigen Mobilität der Zukunft sein. Dafür hat die grün-schwarze Landesregierung im Koalitionsvertrag 1 formuliert, dass - die Mobilität bis Mitte des Jahrhunderts weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt sein soll, - neue Mobilitätsformen gefördert werden sollen, die einen Beitrag zu einer neuen multimodalen Mobilitätskultur leisten und - diese neue Mobilität umwelt- und klimaverträglich, sozial, bezahlbar, wirtschaftlich effizient sein und die Lebensqualität sichern soll. Um die Klimaschutzziele der Landesregierung zu erreichen und die Verkehrswende einzuläuten, muss der Ausstoß von klimaschädlichem CO 2 um 40% verringert werden. Dafür wurden konkrete und messbare Zahlen definiert, die es zu erreichen gilt: - Ein Drittel weniger KfZ-Verkehr in den Städten - Verdopplung des Öffentlichen Verkehrs 1 Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/ Die Grünen und der CDU Baden-Württemberg 2016 - 2021 abrufbar unter https: / / www.baden-wuertte berg.de/ fileadmin/ redak tion/ dateien/ PDF/ 160509_Koalitionsvertrag_B-W_2016-2021_ final.PDF - Jedes dritte Auto und jede dritte Tonne fährt klimaneutral - Jeder zweite Weg soll selbstaktiv mit Rad, Tretroller, E-Scooter oder zu Fuß zurückgelegt werden. Zentrales Ziel ist die Schaffung einer verlässlichen, nachhaltigen und gleichwertigen Mobilität in allen Regionen, die die Bedürfnisse der Menschen und der Wirtschaft dauerhaft befriedigt - auf eine sozial und ökologisch verträgliche Weise. Dies soll erreicht werden durch die Stärkung des Umweltverbundes (Rad- und Fußverkehr sowie Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)). Baden-Württemberg steht vor großen Herausforderungen: Wirtschaftlich starke Räume und Wachstumsregionen haben mit den Auswirkungen ihres eigenen Erfolgs zu kämpfen: Prosperierende Wirtschaftsräume leiden besonders unter hohen Pendler- und Wirtschaftsverkehren, besonders auf der Straße. Die hohe Verkehrsbelastung bringt die Straßeninfrastruktur dort regelmäßig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Bei Störungen wie Unfällen oder Baustellen scheint dieses System regelrecht vor dem Kollaps zu stehen. Peripher gelegene oder ländlich geprägte Räume haben nicht weniger mit schwierigen Voraussetzungen zu kämpfen: Die Anbindung an den ÖPNV ist bestenfalls befriedigend, mit langen Reisezeiten oder schlechten Anschlussverbindungen verbunden, Carsharing-Angebote sind noch selten vorhanden, ondemand-Verkehre erst im Aufbau. In diesen Räumen ist die Nutzung des eigenen Pkw Notwendigkeit und führt wiederrum zu Pendelverkehren in die Städte hinein. 48 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Mobilitätspakte Die kurze Gegenüberstellung zeigt, welche Anstrengungen erforderlich sind, um allen Bedürfnissen gleichermaßen gerecht zu werden. 2. Warum neue Instrumente? Die bisherigen Antworten auf die Fragen der Umsetzung für eine gleichwertige Mobilität für unterschiedlichste Räume waren für sich genommen gut: Der bedarfsgerechte Ausbau der Straßeninfrastruktur folgt dem Paradigmenwechsel „Erhalt vor Neubau“ und der Ausbau und die Förderung des Angebots im Öffentlichen Verkehr mit weitreichenden Verbesserungen der Tarifstrukturen (vgl. bwtarif 2 ) mit dem Ziel vermehrt Wege mit Bus und Bahn zurückzulegen, sind auf bestem Wege. Diese Maßnahmen folgen den politischen Zielen des Klimaschutzes, der Luftreinhaltung, des Lärmschutzes oder der Förderung von Elektromobilität. Von außen betrachtet stehen sich hier konkurrierende Maßnahmen und Ziele gegenüber. Während der Neubau einer Umgehungsstraße den Verkehr aus der Ortsmitte heraushalten soll und damit vermeintlich das Bild vermittelt, es würde allein für das Auto gebaut werden, versucht man mit großen Anstrengungen die Bevölkerung von Bus und Bahn zu überzeugen. Jedoch muss das übergeordnete Ziel sein, die Bevölkerung mit einem vielfältigen Mobilitätsangebot zu einem veränderten Mobilitätsverhalten zu motivieren. Dies bedeutet, den modal split dahingehend zu verändern, dass entsprechend der Ziele der Landesregierung mehr Wege im Umweltverbund zurückgelegt werden. Das funktioniert aber nur, wenn auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen gesetzt wird. Einen Zwang zum Umstieg darf es nicht geben. 3. Mobilitätspakte „Das Konzept [der Mobilitätspakte] mit seinem verkehrsträgerübergreifenden Ansatz bietet eine ideale Grundlage für die Vernetzung verschiedener Verkehrsträger. Solchen wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig ausgerichteten Lösungen gehört die Zukunft. Politik, Wirtschaft und jeder einzelne kann und muss einen Beitrag dazu leisten! “Verkehrsminister Winfried Hermann MdL 3 Das Nebeneinander von Maßnahmen hat also dazu geführt, dass es zwar punktuelle Verbesserungen im Bereich der einzelnen Verkehrsträger gab, seien es Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung von Straßen oder im Schienenverkehr. In der Gesamtschau haben diese 2 bwegt abrufbar unter: https: / / www.bwegt.de/ 3 Pressemitteilung des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg vom 25.10.2018. Abrufbar unter: https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ service/ pres se/ pressemitteilung/ pid/ mobilitaetskonzept-fuer-den-raum-wall dorf-wiesloch-vereinbart/ Maßnahmen aber nicht dazu geführt, den modal split in einer Region nachhaltig zu verändern. Mobilitätspakte verfolgen deshalb einen ganzheitlichen Ansatz. Um einen wesentlichen Beitrag zur zukunftsorientierten Mobilitätssicherung zu leisten, müssen verstärkt verkehrsträgerübergreifende und vernetzte Lösungsansätze zum Tragen kommen. Das funktioniert nur, wenn die jeweiligen Aufgabenträger gemeinsam darüber beraten, wie die einzelnen Maßnahmen zusammen dazu beitragen können, die Verkehrssituation in einer Region zu verbessern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Mobilitätspaktes verstehen sich als Partner, die gleichberechtigt ihre Interessen einbringen. Das Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und Wirtschaft bietet großes Potenzial für eine zielgerichtete Diskussion und die zügige Umsetzung von Maßnahmen. Dies betrifft insbesondere die Gremienarbeit auf Ebene der Aufgabenträger aus der Verwaltung. Grundlage der Zusammenarbeit ist die Gründungserklärung, die alle Partner unterzeichnen. Damit wird die Verpflichtung der Partner nach außen sichtbar. Die Gründungserklärung enthält die Leitlinien des Mobilitätspaktes. Da jeder Pakt auf die Bedürfnisse und Herausforderungen einer Region zugeschnitten ist, hängen die Inhalte der Erklärung maßgeblich von den regional spezifischen Bedürfnissen der Bevölkerung und Wirtschaft vor Ort ab. Wichtig ist das gemeinsame Verständnis aller Partner, dass alle Maßnahmen der Verbesserung der angespannten oder unbefriedigenden Verkehrssituation dienen sollen. Die Gründungserklärung liefert mit einer Festlegung auf Handlungsfelder einen Rahmen für die weitere Erarbeitung eines Maßnahmenpakets. 3.1 Ablauf und Organisationsstruktur Mobilitätspakte zeichnen sich durch eine effiziente Organisationsform aus, bestehend aus Steuerungskreis, einer Koordinierungsebene sowie einer Arbeitsebene. Grundsätzlich sind in allen Projektebenen alle Partner im Pakt vertreten. Die politische Leitung obliegt bislang regelmäßig dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg. Dem Steuerungskreis sitzt das Verkehrsministerium vor, vertreten durch Verkehrsminister Hermann oder Ministerialdirektor Prof. Dr. Lahl. Mitglieder im Steuerungskreis sind Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der jeweiligen Partner ((Ober)Bürgermeisterin/ -Bürgermeister, Landrat, CEO, Geschäftsführung). Dieses Gremium fällt Grundlagenentscheidungen, die von der Projektebene vorbereitet und in der Tiefe weiter ausgearbeitet werden. Die Projektleitung obliegt dem zuständigen Regierungspräsidium. Sie bündelt Entscheidungen und Arbeitsschritte fachlich und organisatorisch und leitet hierzu Workshops und Besprechungen. In diesen Runden werden die verkehrlichen Herausforderungen identifiziert und mit ersten Lösungsansätzen hinterlegt. Sie folgen 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 49 Mobilitätspakte den Leitlinien der Gründungserklärung. Die Koordinierungsgruppe ist das Scharnier zwischen Arbeits- und Entscheidungsebene. Auf der Ebene der Arbeitskreise werden die konkreten Maßnahmen vertieft bearbeitet, so zum Beispiel Fragen von Umsetzbarkeit, Finanzierung oder Förderfähigkeit. Die Arbeitsgruppen können auch Zeitpläne zur Umsetzung ausarbeiten. Dadurch entsteht eine Verpflichtung zur Umsetzung der konkreten Maßnahmen. Je nach Ausrichtung und Zielrichtung eines Mobilitätspaktes können die Arbeitsgruppen verschiedenste Themen behandeln, zumeist in den Handlungsfeldern Öffentlicher Verkehr (ÖV), Motorisierter Individualverkehr (MIV), Fuß- und Radverkehr sowie Betriebliches und Behördliches Mobilitätsmanagement. Maßgabe ist jedoch immer ein stimmiges Gesamtkonzept, das die weitere Vernetzung der Verkehrsträger zum Ziel hat. 3.2 Maßnahmen Die Maßnahmen sollen umsetzbar sein, die Potenziale aller Verkehrsträger stärken und einen spürbaren Mehrwert für die Bevölkerung, die Wirtschaft vor Ort sowie die Umwelt bieten. Echtes Umdenken findet statt, wenn die Angebote dem individuellen Mobilitätsbedürfnis entsprechen, intuitiv umsetzbar sind und attraktiver erscheinen als der MIV. Dazu gehören attraktive Preise, einfache Tarifgestaltung, eine verbesserte Taktung und effiziente Umsteigezeiten. Für Pendlerinnen und Pendler ist eine gute Erreichbarkeit an den Arbeitsplatz wichtig, zum Beispiel Werksbusse, die passend zu den Arbeitszeiten an nahe gelegene Bahnhöfe fahren. Diejenigen, die mit dem Rad fahren, wünschen sich sichere und zugleich leicht zugängliche Abstellmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zu den Bahnhöfen. Neben Unternehmen, die womöglich ihren Fuhrpark elektrifizieren wollen, induzieren auch Bildungseinrichtungen wie Schulen oder Universitäten große Pendlerströme mit voraussagbaren Spitzenzeiten. Sie können in Form von Beratung zu Mobilitätsfragen, Roadshows und Workshops oder ähnlichem unterstützt werden. Die oben genannten Beispiele geben einen Einblick in die vielfältigen Fördertatbestände des Betrieblichen und Behördlichen Mobilitätsmanagements (B 2 MM) 4 . Über allem steht derzeit die Corona-Pandemie, die das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung vielfältig beeinflusst. Das Auto hat wieder an Bedeutung gewonnen, ebenso wird mehr Fahrrad gefahren und zu Fuß gegangen. Als großer Verlierer gilt aktuell der ÖPNV, der nach Jahren der Förderung und des Ausbaus insgesamt hohe Zuwachszahlen verzeichnen konnte. Das persönliche Schutzbedürfnis vor einer Infektion und die geringere 4 B 2 MM - Betriebliches und Behördliches Mobilitätsmanagement abrufbar unter: https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ politik-zu kunft/ nachhaltige-mobilitaet/ mobilitaetsmanagement/ foerderpro gramm-betriebliches-und-behoerdliches-mobilitaetsmanagement/ berufliche Mobilität infolge ortsflexiblen Arbeitens haben jedoch dazu geführt, dass nach der Rückkehr aus dem lockdown im Frühsommer 2020 die Fahrgastzahlen nicht wieder an die Zahlen vor der Pandemie anknüpfen konnten. Bisher gibt es noch keine belastbaren Zahlen zu langfristigen Entwicklungen, was die Zahl der Beschäftigten im Homeoffice angeht. Viele Beschäftigte, insbesondere im Bereich wissensbasierter Tätigkeiten, arbeiten seit März von zuhause. Dies wirkt sich massiv auf die Verkehrsbelastungen zu Spitzenzeiten aus. All diese neuen Entwicklungen gilt es auch in Mobilitätspakten zu beleuchten und geeignete Maßnahmen zu identifizieren, um tragfähige Lösungen zu finden. 3.3 Öffentlichkeitsarbeit Ein wichtiger Baustein ist das Einbeziehen der Bevölkerung in den Prozess eines Mobilitätspaktes. Die Motivation der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer zur Nutzung eines Verkehrsträgers muss bekannt sein, um daraus ableiten zu können, welche Anreize nötig sind, um zum Beispiel zum Umstieg vom Auto auf den ÖPNV zu motivieren. Sind es alleine die Preise, komplizierte Verkehrsverbundstrukturen oder unpassende Umsteigezeiten und somit wesentlich längere Fahrtzeiten? Wo gibt es im Verkehrssystem womöglich Ampelschaltungen, die zu bestimmten Zeiten unnötig Rückstau verursachen und den Verkehrsfluss beeinträchtigen? Fehlen ausreichend sichre Fahrradabstellmöglichkeiten an Bahnhöfen? Diese Gründe lassen sich nur über die direkte Beteiligung der Bevölkerung in der Region erfahren. Dabei gilt es geeignete Formate zu finden, die Interessierte zum Mitmachen und Diskutieren anregen. Die Öffentlichkeitsarbeit kann dabei ganz unterschiedlich ausgestaltet sein, beginnend bei der Pressearbeit, die regelmäßig über Meilensteine oder Termine berichtet, über eine eigene Internetpräsenz hin zu Beteiligungsprozessen, bei denen die Öffentlichkeit eigene Verbesserungsvorschläge einbringen kann. Die bisherigen Erfahrungen der Öffentlichkeitsbeteiligung zeigen, dass die Bevölkerung ein großes Interesse an Mobilitätsthemen hat und die Chance gerne wahrnimmt, konstruktive Vorschläge einzureichen. Die Prüfung der eingegangenen Ideen und die Einarbeitung in eine bestehende Maßnahmenliste kann zu neuen Lösungen beitragen. Zur besseren Sichtbarkeit von Fortschritten vereinbaren die Partner eine gemeinsame Kommunikation. Die Umsetzung von Maßnahmen und erreichten Ziele sollen in Verbindung mit dem Mobilitätspakt kommuniziert werden. 4. Beispiele 2017 wurde mit der Unterzeichnung des Mobilitätspaktes Heilbronn-Neckarsulm der Grundstein für weitere Pakte gelegt. Es folgten Walldorf-Wiesloch im Oktober 2018, Rastatt im Januar 2020 sowie Aalen/ Heidenheim im Oktober 2020. 50 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Mobilitätspakte 4.1 Heilbronn-Neckarsulm „Das bisherige Verkehrssystem stößt vielfach an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Tägliche Staus sind nur die Auswirkung dessen, aber nicht die Ursache. Daher geht es bei den Lösungsansätzen darum, Engpässe zu identifizieren und zu beseitigen, aber insbesondere auch darum, die Potentiale aller Verkehrsträger zu stärken.“ Andreas Hollatz, zum damaligen Zeitpunkt Abteilungspräsident, Regierungspräsidium Stuttgart 5 Der Mobilitätspakt Heilbronn - Neckarsulm ist der erste gegründete Pakt. Die Unterzeichnung fand im Juli 2017 mit folgenden Partnern statt: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Stuttgart, Landkreis Heilbronn, Stadt Heilbronn, Stadt Neckarsulm, Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW), Albtal-Verkehrs-Gesellschaft Karlsruhe, AUDI AG und der Schwarz Gruppe. Die Gruppe der beteiligten Partner wächst derzeit. Im November 2020 wollen sich die Städte Bad Friedrichshall und Bad Wimpfen dem Pakt anschließen. Vereinbart wurden dabei unter anderem bessere Takte im Schienenverkehr, zusätzliche Spät- und Frühverbindungen, der Ausbau des betrieblichen Mobilitätsmanagements bei den großen Betrieben in der Region, Verbesserungen an der Bahn- und an der Straßeninfrastruktur sowie eine möglichst rasche Realisierung der geplanten Radschnellverbindung zwischen Bad Wimpfen und Heilbronn. Außerdem sollte eine großräumige Verkehrsuntersuchung als Datenbasis für die weitere Arbeit im Mobilitätspakt fertiggestellt werden. Maßnahmen Schon im Dezember 2017 konnte der Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm erste Erfolge verzeichnen: Mit dem Fahrplanwechsel konnte eine Verbesserung im Regionalverkehr mit zusätzlichen Halten in Neckarsulm sowie weiteren Zugpaaren der S 42 für die Audi-Schichtarbeiterinnen und -schichtarbeiter erreicht werden. Die beteiligten Firmen AUDI AG und Schwarz Gruppe konnten bereits erfolgreich Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements umsetzen und so ihre Beschäftigten zu einem Umdenken animieren: Das angebotene JobTicket als auch die Nutzung eine Mitfahr-App werden gut angenommen. Die gute Resonanz resultiert aus Erhebungen und Befragungen der Beschäftigten, die vorab durchgeführt wurden, um die Belange und Bedürfnisse der Beschäftigten zu kennen. 5 Pressemitteilung des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg vom 26.07.2020 abrufbar unter: https: / / vm.baden-wuerttemberg. de/ de/ service/ presse/ pressemitteilung/ pid/ mobilitaetspakt-fuer-denwirtschaftsraum-heilbronn-neckarsulm/ 4.2 Walldorf/ Wiesloch „Die Stadt Walldorf begrüßt es sehr, dass in einer gemeinsamen Erklärung unterschiedlicher Verantwortlicher eine sach- und zielorientierte Mobilitätsplanung betrieben werden soll. Es ist wichtig, den dringend notwendigen Ausbau der Straßeninfrastruktur zu betreiben. Gleichzeitig müssen wir aber auch den Blick weiten für alternative Mobilitätskonzepte. In der Metropolregion und direkt auch am Standort Walldorf haben wir Firmen, die wegweisend in die mobile Zukunft gehen können. Wir haben aber auch eine Bevölkerung, die gegenüber neuen Technologien und Ideen im Bereich der Mobilität aufgeschlossen ist. Wenn wir die Offenheit der Menschen mit dem Know How der Unternehmen zusammenbringen, dann bekommen wir das Verkehrsproblem gelöst.“ Bürgermeisterin von Walldorf, Christiane Saab 6 Die Unterzeichnung des Mobilitätspaktes Walldorf/ Wiesloch im Oktober 2018 war der Startschuss für den zweiten Mobilitätpakt in Baden-Württemberg. Das Mobilitätskonzept benennt Ziele und Eckpunkte für die weitere Entwicklung des Verkehrs im Wirtschaftsraum. Es listet eine Reihe von Themenfeldern unter Berücksichtigung der Verkehrsträger Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Schiene und Straße auf und umfasst neben wichtigen Akzenten im betrieblichen Mobilitätsmanagement auch die Verbesserung des Radverkehrs in der Region. Öffentlichkeitsbeteiligung Im Juli 2019 wurde die Bevölkerung vor Ort zur Teilnahme an einem Online-Portal eingeladen. Dort wurden die vorgesehenen Maßnahmen des Mobilitätspaktes vorgestellt. Zeitgleich konnte die Bevölkerung einen Monat lang ihre eigenen Ideen in den Pakt einbringen. Insgesamt gingen über 1.700 Vorschläge ein. Die meisten Hinweise aus der Bevölkerung wurden zum Thema Radverkehr aufgenommen. Hier kamen insgesamt mehr als 550 Ideen zusammen, die eine wertvolle Grundlage für die Weiterentwicklung der Radinfrastruktur bieten. Anhand der eingegangenen Hinweise sowie der bereits bestehenden Maßnahmen soll erarbeitet werden, welche Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen im Rahmen des Mobilitätspakts in den nächsten Jahren verfolgt werden. Im Januar 2020 ist eine Halbzeitbilanz geplant. 5. Ausblick Zu den aktuell vier unterzeichneten Mobilitätpakten werden in naher Zukunft noch einige weitere Pakte hinzukommen. Diese sind u.a. die Mobilitätspakte Region Rhein-Neckar und Böblingen/ Sindelfingen. Der Mobi- 6 Pressemitteilung des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg vom 25.10.2018.