eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 2/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Digitalisierung: Wie digital sind und können Prozesse im Straßenbau werden?

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Andreas Dieterle
Die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) forcierte Digitalisierung im Bauwesen schreitet voran. Es ist zu erwarten, dass auf Grund der aktuellen Pandemie-Situation dieser Prozess durch unterschiedliche Einflüsse verstärkt an Fahrt gewinnen wird. Für das Bauwesen bedeutet es die Digitalisierung in die Strukturen der eigenen Firma und in Bauprozesse Schritt für Schritt zu integrieren. Im Vortrag wird aufgezeigt, welche digitalen Daten im Straßenbau entstehen und wie diese genutzt werden können, zum Beispiel Punktwolken oder die fachübergreifende Nutzung von Modelldaten.
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2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 265 Digitalisierung: Wie digital sind und können Prozesse im Straßenbau werden? Andreas Dieterle RIB Deutschland GmbH Zusammenfassung Die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) forcierte Digitalisierung im Bauwesen schreitet voran. Es ist zu erwarten, dass auf Grund der aktuellen Pandemie-Situation dieser Prozess durch unterschiedliche Einflüsse verstärkt an Fahrt gewinnen wird. Für das Bauwesen bedeutet es die Digitalisierung in die Strukturen der eigenen Firma und in Bauprozesse Schritt für Schritt zu integrieren. Im Vortrag wird aufgezeigt, welche digitalen Daten im Straßenbau entstehen und wie diese genutzt werden können, zum Beispiel Punktwolken oder die fachübergreifende Nutzung von Modelldaten. 1. Veränderungen durch Digitalisierung Daten beinhalten Informationen und diese werden über Kommunikationswege ausgetauscht. Neben dem persönlichen Austausch war vor 100 Jahren die Zeitung, Bücher, Papierdokumente und eingeschränkt das Radio ein wesentliches Medium zur Informationsbeschaffung und Austausch von Wissen. Durch Computertechnologie und das daraus hervorgegangene World Wide Web entstanden ganz neue Möglichkeiten zum Austausch von Informationen und Daten. Heutzutage erfolgt häufig die Bereitstellung von Daten über einen Clouddienst und der Abruf der Informationen von unterschiedlichen Endgeräten. In nahezu allen Wirtschaftszweigen hat diese Technologie Einzug erhalten. Die Komplexität der Datenstrukturen steigt, Technologien ändern sich stetig. Das schnelle Suchen und Finden von Informationen wird immer wichtiger. In 2020 werden nach einer Statistik von VisualCapitalist in jeder Minute 500h Videomaterial weltweit hochgeladen. Die Digitalisierung ist längst auch auf den Baustellen in Deutschland angekommen. Unternehmen arbeiten mit BIM-Modellen (Building Information Modelling), die 3D-Geometrie sowie Zeit- und Kosteninformationen durchgängig verbinden. Bauleiter und Poliere nutzen für die Kommunikation vor Ort und mit dem Büro Smartphone und Tablet und erfassen Personal- und Geräteinformationen mit modernen Apps. Mehrwerte durch Vernetzung Damit ein dezentrales Arbeiten ermöglicht werden kann, sind intelligente Vernetzungen und Cloud-Technologien erforderlich. 2. Punktwolken im Straßenbau Das Scannen von Fassaden und Innenbereichen bei Gebäuden aller Kategorien oder auch für Erdbauwerke sind schon lange in der Praxis im Einsatz. Für langgestreckte Objekte, wie beispielsweise im Straßenbau, sind Scanner auf einem Stativ nur begrenzt tauglich. Durch Drohnentechnologie, die sich rasant entwickelt, hat sich das geändert. Es entstehen hochwertige Daten, die in allen Prozessschritten der Bauausführung genutzt werden können. Jeder Vorteil hat auch seine Tücken. Es entstehen gigantische Datenmengen, die genutzt werden können und sollen. Diese Datenmengen können nicht auf die Schnelle als Anhang verschickt werden und können schnell eine Festplatte an die Speicherkapazitätsgrenze bringen. Digitalisierung: Wie digital sind und können Prozesse im Straßenbau werden? 266 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 RIB iTWO civil: Projektarbeit auf Basis einer Punktwolke Daher sind zum Beispiel Lösungen, die Befliegungen von langen Straßenbaukörpern in einer Cloud gekachelt zum Abruf bereitstellen, zielführend. So werden nur die Daten aus den Befliegungen als Punktwolke in ein CAD- System übernommen, die tatsächlich gebraucht werden. 3. BIM-Datenmodelle fachübergreifend nutzen BIM-Modelle (Building Information Modelling) gelten heutzutage in vielen Disziplinen als Grundlage. In Architektur und Tragwerksplanung gewinnen BIM-Prozesse verstärkt an Relevanz, weshalb die Informationen von Gebäuden, Brückenbauwerken oder auch Entwässerungsanlagen aktuell bereits oft im IFC-Format (Industry Foundation Classes) vorliegen. Dennoch werden Architekten- und Ingenieurpläne durchaus auch heute noch als 2D-CAD-Plan, PDF-Dokument oder gar nur in ausgedruckter Form an Projektpartner weitergereicht, die diese Informationen zu weiteren, ergänzenden Berechnungen von zum Beispiel Baugruben oder zur Erschließung eines neuen Baugebiets als Referenz weiterverwenden wollen. Dabei wäre es in Zeiten des digitalen Planens und Bauens einfacher und ginge auch deutlich schneller, die digitalen Modelldaten direkt als Referenz weiterzuverwenden. RIB iTWO civil: IFC-Gebäudemodell in Tiefbau-CAD Nur ein Bruchteil der Informationen aus einem Hoch-, Brücken- oder Grundbauplan sind zum Beispiel für die Berechnung einer Baugrube wirklich von Relevanz. So sind Gebäudemodelle mit kompletten Innenausstattungen versehen - von Türen über Treppen bis hin zu sanitären Anlagen - die für anstehende Prozesse im Straßen- und Tiefbau keine Rolle spielen. Dazu kommt, das Datenvolumen ist riesig und erfordert zur weiteren Bearbeitung sowohl enorme Rechenpower als auch Speicherplatz. Hierfür bedarf es spezifischer Werkzeuge, die dabei helfen, den für Infrastrukturprojekte überflüssigen Ballast schnell und leicht abzuwerfen. Mit einer intelligenten Softwarelösung sollte der Ingenieur zunächst eine Vorqualifizierung vornehmen können, bei der Treppenhäuser und andere irrelevante Elemente entfernt werden, damit er das Modell anschließend optional oberhalb des Erdgeschosses abschneiden kann. Übrig bleiben dabei nur diejenigen Informationen, die als Grundlage für eine zu erstellende Baugrube dienlich sind. 4. Daten für die Bauausführung Ausführungsdaten von Erdbauwerken und Straßenkörpern können auf die Baustelle, die mit GNSS-gesteuerten Baumaschinen, wie zum Beispiel Bagger, Raupen oder Gradern ausgerüstet ist, übertragen werden. Neben den Modellen auf den Baumaschinen sollten auf der Baustelle Ereignisse, die für den Bauprozess relevant sind, erfasst werden können. Werden beispielsweise von einem Mitarbeiter per Smartphone Mängel am Bau fotografiert, so sollten diese für alle Verantwortlichen klar im Plan bzw. Modell ersichtlich sein. Sieht der Bauleiter den Fehler auf seinem mobilen Endgerät, braucht er gleichzeitig die Info, welcher Partner diesen verantwortet und er muss wissen, welche Art von Fehler vorliegt und wie dieser zu beheben ist. RIB iTWO site: mobile Erfassung Ganz wichtig ist auch die Aufgabenverteilung: Wer muss was tun, um einen Mangel zu beseitigen? Optimalerweise stehen ihm dabei die Kontaktdaten der Partnerunternehmen, am besten mit allen Verantwortlichen, zur Verfügung. Nur so kann er schnellstmöglich Kontakt aufnehmen und die Behebung umgehend in die Wege leiten. Für ein dezentrales Arbeiten an immer aktuellen Daten werden Clouddienste und Web-Applikationen alternativlos. Ein weiterer Schritt in die Digitalisierung ist es, AsBuilt Daten von der Baustelle für weitere Prozesse direkt zu nutzen. Alle beteiligten gesteuerten Maschinen über-