eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 2/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
kstr
expert Verlag Tübingen
91
2021
21

BIM in der Straßenerhaltung

91
2021
Gerhard Seifert
Bei BIM SE, einer kooperativen Entwicklung der STRABAG GmbH und des Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Referat 23, handelt es sich um ein auf BIM-Prinzipien aufbauendes Straßenerhaltungsmanagement für den Abruf von Straßenerhaltungsmaßnahmen aus einem Rahmenvertrag, der Kosten-, aber auch Zeitsicherheit bei Fahrbahndeckenerneuerungen gewährleisten soll. Die Entwicklung wurde anhand von Pilotstrecken evaluiert und getestet und somit im Zeitraum von 2018-2020 stetig weiterentwickelt. Rechtzeitige Einbindung von externem Knowhow und umfangreiche Voruntersuchungen gepaart mit Variantenuntersuchungen und klaren Baufestlegungen sollen das Miteinander während der Ausführungsphase unterstützen und erleichtern. Durch Modellbasierte Darstellung und Nutzung von neuen Erfassungsmethoden wird auch die vermeintlich kleine Baustelle digital und vorgeplant.
kstr210295
294 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Entwicklungen im Straßenbau - Maximalrecycling und Qualitäts-Straßenbau Baden-Württemberg Ferner wird der Verladezeitpunkt erfasst und die aktuelle Position der Fahrzeuge kontinuierlich bestimmt. In der Folge können der Zeitpunkt und die Temperatur für die Anlieferung des Mischgutes auf der Baustelle prognostiziert werden. Hierbei werden auch Umwelteinflüsse wie beispielsweise ein erhöhtes Verkehrsaufkommen berücksichtigt. Schlüsselparameter des Einbauprozesses sind die Einbautemperatur, Fertigergeschwindigkeit und Schichtdicke. Diese Werte werden baubegleitend dokumentiert und sollen konstant gehalten werden. Letzter entscheidender Faktor ist die Verdichtung des heißen Asphaltmischgutes. Diese soll angemessen und homogen sein und wird deshalb ebenfalls baubegleitend dokumentiert. 4. Zusammenführung Durch die Wiederverwendung großer Mengen an Asphaltgranulat und die Schonung materieller Ressourcen stehen bei Maximalrecycling ökologische Aspekte klar im Vordergrund. Durch den Einsatz großer Zugabemengen an Asphaltgranulat kann zudem kostengünstigeres Mischgut hergestellt werden, sodass Maximalrecycling auch eine wirtschaftliche Komponente hat. Demgegenüber adressiert QSBW 4.0 eine Effizienzsteigerung des Asphalteinbauprozesses. Über eine längere Straßennutzungsdauer kann QSBW 4.0 zu einem ökologischeren Straßenbau beitragen. Beide Bauweisen tragen auf unterschiedliche Weise zu einem effizienteren und ökologischeren Straßenbau bei. Die Zusammenführung beider Bauweisen kann darüber hinaus zu einer wechselseitigen Ergänzung der jeweils anderen Bauweisen führen. Literaturangaben [1] Hollatz, A., Zweschper, Y.: Erhaltungskonzepte für Asphaltstraßen in Baden-Württemberg - Pilotstrecken mit Maximalrecycling, asphalt 08/ 2012. [2] Hollatz A, Uhlmann, I.: Erhaltungskonzepte für Asphaltstraßen in Baden-Württemberg - Maximalrecycling in der Praxis, asphalt 08/ 2013. [3] Oberth, E., Beeh, J., Zimmermann, R., Murgul, B.: Maximalrecycling, Asphalt & Bitumen 02/ 2017. [4] Seizer, B., Groß, M., Enghardt, L.: SmartSite - Prozesssicherheit durch Vernetzung und Automatisierung, Straße und Autobahn 01/ 2016. [5] Schmidt, V., Zimmermann, R.: Qualitäts-Straßenbau Baden-Württemberg 4.0, VSVI aktuell 01/ 2019. 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 295 BIM in der Straßenerhaltung Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Seifert STRABAG GmbH Direktion Baden-Württemberg Albstadtweg 12 70567 Stuttgart Deutschland Zusammenfassung Bei BIM SE, einer kooperativen Entwicklung der STRABAG GmbH und des Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Referat 23, handelt es sich um ein auf BIM-Prinzipien aufbauendes Straßenerhaltungsmanagement für den Abruf von Straßenerhaltungsmaßnahmen aus einem Rahmenvertrag, der Kosten-, aber auch Zeitsicherheit bei Fahrbahndeckenerneuerungen gewährleisten soll. Die Entwicklung wurde anhand von Pilotstrecken evaluiert und getestet und somit im Zeitraum von 2018-2020 stetig weiterentwickelt. Rechtzeitige Einbindung von externem Knowhow und umfangreiche Voruntersuchungen gepaart mit Variantenuntersuchungen und klaren Baufestlegungen sollen das Miteinander während der Ausführungsphase unterstützen und erleichtern. Durch Modellbasierte Darstellung und Nutzung von neuen Erfassungsmethoden wird auch die vermeintlich kleine Baustelle digital und vorgeplant. 1. Entwicklung Um ein Pilotvorhaben über mehrere Jahre vom Startgespräch bis hin zu einer eventuellen Einführung des Verfahrens in einer Testphase zu ermöglichen sind viele gemeinsame Entwicklungsschritte und Abstimmungsgespräche sowie viele Festlegungen zu treffen. 1.1 Auftraggeber Information Anforderung AIA) Die AIA stehen am Anfang eines jeden BIM-Projektes, da dort der geforderte Input des Projektes für den Auftraggeber festgelegt wird. Somit muss sich der Auftraggeber erst einmal im Klaren sein, wann er welche Informationen in welcher Qualität und welchem Format während der Projektabwicklung. 1.2 BIM-Abwicklungs-Plan (BAP) Im weiteren Entwicklungsverlauf wurde die geforderten Informationen seitens der STRABAG auf Machbarkeit und Dokumentierbarkeit geprüft und in einem BIM-Abwicklungsplan aufgeführt. 1.3 Standard LV Im derzeitigen Entwicklungsstadium ist noch keine automatisierte Erzeugung von völlig freien LV ausschließlich über Volumenkörpermerkmalen möglich. Daher wurde gemeinsam ein BIM-geeignetes Rahmenvertrags-LV für gängige Jahresbaumaßnahmen entwickelt, die mögliche Bauweisen für ganz Baden-Württemberg ermöglichen sollen. 1.4 Attributkatalog Für dieses Rahmenvertrags-LV mussten nun die passenden Merkmalattribute für die Modellierungskörper (auch Volumenkörper genannt) definiert werden, die bei der Modellierung den Körpern mitgegeben werden müssen. Dies ist eine der wichtigsten Tätigkeiten, damit später im AVA-System (hier RIB-ITwo) die Verbindungen gefunden werden. 1.5 Ausstattungskatalog ITwo Damit wie oben erwähnt die Modellierungselemente den richtigen LV-Ordnungszahlen des Rahmenvertrags-LV automatisiert zugewiesen werden muss ein für alle Beteiligten geltender Ausstattungskatalog entwickelt werden, der kurz gesagt wie eine Suchmaschine alle importierten Volumenkörper untersucht und den zugehörigen LV- OZ´s zuweist. Wichtig dabei ist, dass alle möglichen Bieter und der Auftraggeber die gleichen Attribute sowie den gleichen Ausstattungskatalog benutzen. 296 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 BIM in der Straßenerhaltung 1.6 Entwicklung Prozessketten Um für alle Projektbeteiligten die einzelnen notwendigen Schritte als auch die zeitlichen Zusammenhänge und Handlungszeitpunkte aufzuzeigen wurde für 8 Projektphasen eine EPK (Ereignisgesteuerte Prozesskette) aufgesetzt. Bild 1: EPK-Übersicht BIM SE Dies erleichtert für neue Projekt und Techniken auch die Schulung und Fortbildung der Beteiligten. Bild 2: EPK am Beispiel Bestandsaufnahme 2. Bestandserfassung BIM SE versucht den ganzen Rahmen von Ausschreibung bis hin zum AS-Built-Modell abzudecken. Daher sind umfassende Erkenntnisse zum Bestand existentiell, um über das Bestandsmodell wichtige Info´s für die Ausführungsvariante bereit zustellen. 2.1 Oberfläche Für jede Planung ist die 3D-Information der bestehenden Fahrbahn die Grundlage. Für BIM-SE wurden jede derzeit wirtschaftliche Möglichkeit der Datenerfassung untersucht. Diese waren tachymetrische Aufnahme, Drohnenvermessung sowie Scangestütztes Mobile Mapping. Bild 3: Bestandserfassungsmethoden 2.2 Zustand und Belastung Bestandsschichten Um unliebsame Überraschungen im Untergrund und daraus resultierende Probleme im Budget und Bauzeit zu vermeiden, wird sehr viel Wert auf die Flächenhafte Untersuchung des Untergrundes in Bezug auf Aufbau und Belastung gelegt. Dafür wurde flächenhafte Georadaruntersuchungen sowie umfangreiche Kontrollbohrungen durchgeführt. Bild 4: Abdeckung des Bestandes durch die Georadarbefahrung 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 297 BIM in der Straßenerhaltung Bild 5: Flächenhaftes Georadar-Messfahrzeug 2.3 Bestandsmodell Auf Basis der ermittelten Daten wird danach das Bestandsmodell modelliert und attributiert, damit Entscheidungsträger den Bestand analysieren können. Dabei können Visualisierung behilflich sein. Bild 6: Beispiel Bestandsmodell in 3D-Ansicht 3. Ausführungsvarianten / Festlegung Für die Ausführungsmodellierung können sofort eine Variante oder evtl. auch mehrere mögliche Varianten sinnvoll und interessant sein. Manchmal kann zur Zeit-, und Kostenoptimierung auch die Modellierung mehrerer Varianten am Ende die richtige Lösung sein. Auch die Einbindung von externem Knowhow kann in dieser Phase sinnvoll sein. 3.1 Ausführungsmodell Nach den Vorgaben der Entscheidungsträger werden gemäß den gemeinsamen Merkmalkataloge (Attribute) optimierte Ausführungsplanungen (oft gepaart mit Ausgleichsplanungen mit Fahrdynamik und Entwässerungsoptimierung) aufgestellt und modelliert. Diese können dann mittels der Austattungskataloge und des Standard-LV umgehend in Bezug auf Kosten und Bauzeit in ITwo ausgewertet werden und somit verlässlich in die Planungen des Budget der ausschreibenden Behörde einfließen. 4. Abrechnungsmodell Wir das Projekt tatsächlich vergeben kann nun die Ausführungsphase gestartet werden. Sollten keine Änderungen in der Bauzeit mehr auftreten, wäre das Abrechnungsmodell und das Ausführungsmodell identisch. Ansonsten müssen die Veränderungen fortlaufend in das Abrechnungsmodell eingepflegt werden. 4.1 Erfassung Veränderungen Änderungen, die eine Aktualisierung des Modells erforderlich machen (z.B. Schadstellen, die nicht geplant werden konnten.) müssen georeferenziert eingemessen werden. Dies kann durch GNSS-Rover, Drohnen, Scanner oder auch manuelle Einmessungen mit Lageangaben, die ein referenziertes Modellieren ermöglichen, durchgeführt werden. Bild 7: Aufnahmen Schadstellen