eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 2/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Lebenszyklus - und Emissionsbetrachtungen von Gummimodifizieren Asphalten

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2021
Daniel Gogolin
Manuel Hülsbömer
Als Alternative zu Polymermodifizierten Asphalten werden bereits seit vielen Jahren Gummimodifizierte Bitumen bzw. Asphalte angewendet. Diese bestehen zumeist aus einem Straßenbaubitumen, welches mit additiviertem Gummimehl modifiziert wird. Nach derzeitigen Kenntnissen liefert diese Modifizierung verschiedenste Vorteile, wie zum Beispiel in Hinblick auf das Tieftemperaturverhalten oder die Gesamtperformance des Asphaltes, sowie in der verlängerten Nutzungsdauer, wodurch ebenfalls ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird. Derzeit bestehen hierzu bereits Erfahrungen mit hochstandfesten Asphaltkonzepten - jedoch stehen noch allgemeine Langzeitbeobachtungen mit entsprechenden Laboranalysen aus. Anhand von drei Langzeitstudien führt die Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH in diesem Zusammenhang Untersuchungen durch, wobei bereits festgestellt werden konnte, dass Gummimodifizierte Asphalte sehr gute Alterungsraten und eine hohe Verformungsbeständigkeit aufweisen. Darüber hinaus sollen durch umfassende Laborprogramme Eingangsgrößen zur Rechnerischen Dimensionierung entsprechender Verkehrsflächenbefestigungen gemäß den RDO Asphalt gesammelt, um zukünftig adäquate Lebenszyklusanalysen (LCA) durchführen zu können.
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Einsatz fasermodifizierter Asphalte 480 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 [3] Technische Prüfvorschriften für Asphalt - TP Asphalt-StB 2013 Teil 33 Herstellung von Asphalt-Probeplatten im Laboratorium mit dem Walzsektor-Verdichtungsgerät (WSV), FGSV Verlag GmbH, Köln [4] Technische Prüfvorschriften für Asphalt - TP Asphalt-StB Teil 6: Bestimmung der Raumdichte von Asphalt- Probekörpern, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2007 [5] Technische Prüfvorschriften für Asphalt - TP Asphalt-StB 2018 Teil 24 Spaltzug-Schwellversuch - Beständigkeit gegen Ermüdung, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2018 [6] Technische Prüfvorschriften für Asphalt - TP Asphalt-StB 2018 Teil 26 Spaltzug-Schwellversuch - Bestimmung der Steifigkeit, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2018 [7] RDO Asphalt 09 Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen mit Asphaltdeckschicht, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2009 [8] RStO 12 (2012) Richtlinie für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2012 [9] ZTV Asphalt-StB Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt Forschungsgesellschaft für Straßenbau- und Verkehrswesen, FGSV Verlag GmbH, Köln, Ausgabe 2007 / Fassung 2013 [10] Sommer, V. (2018) Auswirkungen eines Zugbandes aus modifzierten Asphalten auf den Spannungs-/ Dehnungszustand und die Nutzungsdauer einer Asphaltbefestigung, Diplomarbeit, Technische Universität Dresden 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 481 Lebenszyklus - und Emissionsbetrachtungen von Gummimodifizierten Asphalten Gummimodifizierter Asphalt - Ein Beitrag zum Klimaschutz? Dr. Daniel Gogolin Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH Dr. Manuel Hülsbömer Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH Zusammenfassung Als Alternative zu Polymermodifizierten Asphalten werden bereits seit vielen Jahren Gummimodifizierte Bitumen bzw. Asphalte angewendet. Diese bestehen zumeist aus einem Straßenbaubitumen, welches mit additiviertem Gummimehl modifiziert wird. Nach derzeitigen Kenntnissen liefert diese Modifizierung verschiedenste Vorteile, wie zum Beispiel in Hinblick auf das Tieftemperaturverhalten oder die Gesamtperformance des Asphaltes, sowie in der verlängerten Nutzungsdauer, wodurch ebenfalls ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird. Derzeit bestehen hierzu bereits Erfahrungen mit hochstandfesten Asphaltkonzepten jedoch stehen noch allgemeine Langzeitbeobachtungen mit entsprechenden Laboranalysen aus. Anhand von drei Langzeitstudien führt die Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH in diesem Zusammenhang Untersuchungen durch, wobei bereits festgestellt werden konnte, dass Gummimodifizierte Asphalte sehr gute Alterungsraten und eine hohe Verformungsbeständigkeit aufweisen. Darüber hinaus sollen durch umfassende Laborprogramme Eingangsgrößen zur Rechnerischen Dimensionierung entsprechender Verkehrsflächenbefestigungen gemäß den RDO Asphalt gesammelt, um zukünftig adäquate Lebenszyklusanalysen (LCA) durchführen zu können. 1. Einleitung Bei der Konzipierung einer Bauweise und der Wahl der einzelnen Baustoffe nehmen die Themengebiete Nachhaltigkeit und Emissionseinsparung im Asphaltstraßenbau einen immer größeren Stellenwert ein. In der Regel werden beim Asphaltstraßenbau für besondere Beanspruchungen Polymermodifizierte Bitumen (PmB) verwendet. Bei den verwendeten Polymeren (zumeist SBS) handelt es sich um weltweit begrenzt vorhandene Primärbaustoffe. Seit vielen Jahren werden alternativ zum PmB im Rahmen unterschiedlicher Projekte Gummimodifizierte Bitumen (GmB) bzw. Asphalte eingesetzt. Gummimodifizierte Bitumen bestehen in der Regel aus Straßenbaubitumen, welche mit additiviertem Gummimehl (aus recycelten Reifen) modifiziert sind. 2. Bisheriger Kenntnisstand zur Gummimodifizierung Die Gummimodifizierung von Bitumen liefert nach bisherigen Erkenntnissen deutliche Vorteile in Hinblick auf das Tieftemperaturverhalten, das Alterungsverhalten und das Verdichtungsverhalten von Asphalt. Es gibt seit Jahren sehr gute Erfahrungen mit der Gummimodifizierung im Bereich hochstandfester Asphaltkonzepte (Containerterminals, Logistikzentren, Busbuchten etc.), im Bereich lärmoptimierter und dünner Asphaltschichten (PA, AC 5 D LOA, SMA 5 S, SMA LA, etc.), im Bereich konventioneller Asphalte (von AC bis SMA) und in Kombination mit Asphaltgranulat. In Hinblick auf immer weiter steigende Anforderungen an den Asphaltstraßenbau kann die Gummimodifizierung deutliche Verbesserungen in der Gesamtperformance erzielen. Nach bisherigen Erkenntnissen wird gleichermaßen ein zusätzlicher Beitrag zum Klimaschutz, durch den gezielten Einsatz von Recyclingprodukten (Upcycling) und durch verlängerte Nutzungsdauern, erreicht. Lebenszyklus - und Emissionsbetrachtungen von Gummimodifizierten Asphalten 482 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 3. Langzeituntersuchungen und Datenlage Die verlängerte Lebensdauer von gummimodifizierten Asphaltbauweisen wird allgemein erwartet und größtenteils auch anerkannt, ist jedoch bisher insgesamt nur schlecht bis gar nicht durch Daten und entsprechende Vergleiche dokumentiert. Teil der bisher durchgeführten Langzeitstudien sind u.a. zwei unter höchster Belastung stehende Industrieflächen. Die erste gummimodifizierte Asphaltfläche wurde von der Ingenieurgesellschaft PTM Dortmund mbH nach ca. 13 Jahren Liegedauer beprobt und hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Performance nach der bisherigen Liege-/ Nutzungsdauer geprüft bzw. bewertet. Aus den in diesem Fall sehr umfangreichen Bauunterlagen ging hervor, dass folgende Asphaltschichten in Anlehnung an die ZTV Asphalt-StB 01 eingebaut wurden: • 4 cm Asphaltdeckschicht aus Splittreichem Asphaltbeton 0/ 8 mit Bitumen 30/ 45 und ROAD+ • 4 cm Asphaltbinderschicht aus Asphaltbinder 0/ 16 S mit Bitumen 30/ 45 und ROAD+ • 12 cm Asphalttragschicht mit Bitumen 30/ 45 Der Zusatz ROAD+ bezeichnet hierbei das additivierte Gummimehl (95,5 % Gummimehl und 4,5 % Additiv Polyoctenamer). Die zum Zeitpunkt der Begutachtung und der Beprobung bereits 13 Jahre unter höchster Beanspruchung (sehr hohe dynamische und statische Lasten) stehende gummimodifizierte Asphaltkonstruktion befand sich nach einer visuellen Begutachtung grundsätzlich noch in einem sehr guten Zustand. Im Rahmen der Untersuchungen wurden entsprechend an den aus der bestehenden Konstruktion entnommenen Asphaltproben (Bohrkerne) u.a. die Bindemitteleigenschaften/ Parameter nach der Extraktion bestimmt. Aus der ursprünglichen Qualitätsüberwachung der Baumaßnahme liegen entsprechende Vergleichsdaten der einzelnen Asphalte u.a. hinsichtlich der verwendeten bitumenhaltigen Bindemittel vor: Splittreichen Asphaltbeton 0/ 8 (ADS) EP RuK: 62,4 °C bis 63,1 °C Lösl. Bindemittelgehalt: 7,4 M.-% bis 7,6 M.-% Asphaltbinder 0/ 16 S (ABS) EP RuK: 68,0 °C bis 74,8 °C Lösl. Bindemittelgehalt: 4,6 M.-% bis 4,7 M.-% Aus den durchgeführten Untersuchungen an den 13 Jahre alten Asphaltschichten haben sich u.a. Erweichungspunkte Ring und Kugel von 67,4 °C für die Asphaltdeckschicht und 74,0 °C für die Asphaltbin-derschicht ergeben. Wird als Ausgangspunkt der Betrachtungen jeweils von dem niedrigeren EP RuK ausgegangen (ungünstiger Fall) ergeben sich folgende Veränderungen infolge der 13 Jahre Liegedauer: Splittreichen Asphaltbeton 0/ 8 • EP RuK: 62,4 °C 67,4 °C • Zunahme nach 13 Jahren: + 5 °C • Zunahme: ≈ 0,4 °C / Jahr Asphaltbinder 0/ 16 S • EP RuK: 68,0 °C 74,0 °C • Zunahme nach 13 Jahren: + 7 °C • Zunahme: ≈ 0,5 °C / Jahr Die Alterungsrate, hier gemessen am Erweichungspunkt Ring und Kugel, liegt deutlich unter den Alterungsraten vergleichbarer Asphalte mit Bitumen nach den TL Bitumen-StB 07/ 13 [1] (Polymodifizierte Bitumen oder Straßenbaubitumen). Aus bisherigen Erfahrungen wird an dieser Stelle konservativ von einem Zuwachs des Erweichungspunkts Ring und Kugel von 1 °C bis 2 °C je Jahr Liegezeit ausgegangen. Untermauert werden diese geringen Alterungsraten zusätzlich noch durch die ermittelten BBR-Ergebnisse. Mit Steifigkeiten von 164 MPa (ADS) bzw. 173 MPa (ABS) und gleichzeitigen m-Werten von 0,319 (ADS) und 0,300 (ABS) liegen diese selbst nach 13 Jahren immer noch im Anforderungsbereich eines frischen Gummimodifizierten Bitumens nach den E GmBA [2]. Im Rahmen der Asphaltuntersuchungen wurden gerade im Tieftemperaturbereich enorm gute Ergebnisse erzielt. Nach dem heutigen Stand des Wissens werden i.d.R. im Rahmen von Ausschreibungen Bruchtemperaturen kleiner -20 °C gefordert. Die hier mit additiviertem Gummimehl modifizierten Asphalte erreichen diesen „Grenzwert“ mit Werten von -27,4 °C (ADS) und -24,2 °C (ABS) nach 13 Jahren Liegezeit immer noch problemlos. Der gute Zustand der bereits 13 Jahre unter Belastung stehenden Asphaltflächen konnte durch die labortechnischen Untersuchungen erklärt werden. Die Untersuchung der beiden gummimodifizierten Asphaltschichten hat deutlich gezeigt, dass diese Asphalte im Vergleich zu Asphaltschichten mit Straßenbaubitumen oder PmB nur geringfügig gealtert sind. Nach 13 Jahren weisen die gummimodifizierten Asphalte beispielsweise Bruchtemperaturen bei Kälte auf, die zum Teil deutlich besser sind als vergleichbare „konventionelle“ Asphalte von heute. Zu vergleichbaren Ergebnisse ist eine weitere Studie im Rahmen einer kommunal umgesetzten Baumaßnahme gekommen. Hier wurde ein gummimodifizierter Asphalt nach 7 Jahren Liegezeit unter konzentrierter Verkehrsbelastung begutachtet. Die Straße wurde in den Jahren 2012/ 2013 erneuert. Die Besonderheit dieser Maßnahme lag zum einen in dem hohen Anteil des verwendeten Asphaltgranulats von 50 % in der Asphaltdeckschicht aus Splittmastixasphalt und zum anderen in der Zugabe von additiviertem Gummimehl [3].