Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Instandhaltung von Verkehrswegeflächen
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Karl-Heinz Lindenbauer
Götz Tintelnot
Bundesfernstraßen müssen aufgrund der steigenden Verkehrsbelastung, die insbesondere durch Zunahme des Schwerlastverkehrs sowie durch höhere Achslasten verursacht werden, steigenden Belastungen standhalten. Sich bewegende, vertikal versetzte, gerissene oder hohlliegende Fahrbahnplatten sind häufig, vor allem beim Eindringen von Oberflächenwasser, die Folge. Die Entfernung geschädigter und die Herstellung neuer Betonfahrbahnplatten ist aufwendig und
kostenintensiv. Länger andauernde Verkehrsbehinderungen, sind die Folge. Für das Erreichen der geplanten Nutzungsdauer gewinnt daher die Instandhaltung der Betonfahrbahn mit Hilfe spezieller Instandsetzungsbaustoffe und wirtschaftlicher Instandsetzungsmethoden zunehmend an Bedeutung. Bei dem vorgestellten Instandhaltungsverfahren werden nach Feststellung von Hohllagen, Rissbildung oder vertikalen Plattenversatz, Flüssigkunststoffe mit speziellen Injektionsmaschinen unter die Fahrbahnplatten injiziert. Je nach Instandsetzungsziel, Platten Heben oder Festlegen, kommen dabei spezielle und geprüfte Polyurethan- bzw. Silikatharze zum Einsatz. Aufgrund der sehr schnellen Festigkeitsentwicklung dieser Flüssigkunststoffe kann eine Verkehrsfreigabe, bereits nach etwa einer Stunde erfolgen. Die durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen stellen die ursprünglichen Gebrauchseigenschaften effektiv und wirtschaftlich wieder her und tragen entscheidend zur Verlängerung der Lebensdauer der Bundesfernstraße bei.
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2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 515 Instandhaltung von Verkehrswegeflächen Der Einsatz von schnell erhärtenden Injektionsharzen im Verkehrswegebau zum Anheben und Festlegen loser oder abgesackter Betonfahrbahnplatten Karl-Heinz Lindenbauer TPH Bausysteme GmbH, Norderstedt Götz Tintelnot TPH Bausysteme GmbH, Norderstedt Zusammenfassung Bundesfernstraßen müssen aufgrund der steigenden Verkehrsbelastung, die insbesondere durch Zunahme des Schwerlastverkehrs sowie durch höhere Achslasten verursacht werden, steigenden Belastungen standhalten. Sich bewegende, vertikal versetzte, gerissene oder hohlliegende Fahrbahnplatten sind häufig, vor allem beim Eindringen von Oberflächenwasser, die Folge. Die Entfernung geschädigter und die Herstellung neuer Betonfahrbahnplatten ist aufwendig und kostenintensiv. Länger andauernde Verkehrsbehinderungen, sind die Folge. Für das Erreichen der geplanten Nutzungsdauer gewinnt daher die Instandhaltung der Betonfahrbahn mit Hilfe spezieller Instandsetzungsbaustoffe und wirtschaftlicher Instandsetzungsmethoden zunehmend an Bedeutung. Bei dem vorgestellten Instandhaltungsverfahren werden nach Feststellung von Hohllagen, Rissbildung oder vertikalen Plattenversatz, Flüssigkunststoffe mit speziellen Injektionsmaschinen unter die Fahrbahnplatten injiziert. Je nach Instandsetzungsziel, Platten Heben oder Festlegen, kommen dabei spezielle und geprüfte Polyurethanbzw. Silikatharze zum Einsatz. Aufgrund der sehr schnellen Festigkeitsentwicklung dieser Flüssigkunststoffe kann eine Verkehrsfreigabe, bereits nach etwa einer Stunde erfolgen. Die durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen stellen die ursprünglichen Gebrauchseigenschaften effektiv und wirtschaftlich wieder her und tragen entscheidend zur Verlängerung der Lebensdauer der Bundesfernstraße bei. 1. Einführung Der Einsatz von Injektionsharzen im Bauwesen ist allgemein bekannt. Kunstharze finden Verwendung • beim Einkleben von Ankern • zur Abdichtung gegen Wasser oder Gas • zum Verfüllen von Hohlräumen • oder zum Verfestigen von Boden und Gestein. Ein anderes interessantes Einsatzgebiet ist die Verwendung von Flüssigkunststoffen bei der Instandsetzung von Verkehrswegeflächen. Verkehrswegeflächen sind Flächen auf denen Fahrzeuge aller Art z.B. Personen- und Lastkraftwagen, Busse, militärische Fahrzeuge wie Panzer, Gabelstapler, Schienenfahrzeuge oder auch Flugzeuge bewegt werden. Das im Folgenden beschriebene Verfahren geht ausschließlich auf befestigte Flächen, welche in Betonbauweise erstellt wurden ein. Wir finden solche Verkehrswegeflächen bei Sonderbauwerken wie Kraftfahrzeugteststrecken, in Kreisverkehren, auf Tankstellen, in Lagerhallen und Lagerfreiflächen, vor allem aber im Luft-, Bahn- und Straßenverkehr. Im Folgenden wird ausschließlich auf die Instandsetzung von Verkehrswegeflächen auf Autobahnen eingegangen. Dabei ist unter dem Begriff Instandsetzung oder Instandhaltung von Verkehrswegeflächen, das Heben und/ oder Festlegen von losen Betonfahrbahnplatten zu verstehen. Deutschland hat eines der dichtesten Autobahnnetze der Welt. Mit etwa 13.100 Autobahnkilometern hat Deutschland hinter China (150 TSD), den USA (78 TSD) und Spanien (17 TSD) das viertlängste Autobahnnetz der Welt [1]. Aufgrund des stetig steigenden Verkehrsaufkommens sowie steigender Achslasten, müssen Verkehrswege immer höheren Belastungen standhalten. Instandhaltung von Verkehrswegeflächen 516 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 2. Schadensbilder Die Folgen dieser Belastungen sind häufig einhergehend mit einer Vernachlässigung der Fugenpflege, klappernde, abgesackte oder gerissene Fahrbahnplatten. Dabei gelangt zunächst Oberflächenwasser über die offene Fuge unter die Platte. Bei bereits losen Platten führt das Klappern oder Wippen unter Belastung zu Pumpbewegungen der Fahrbahnplatte und infolge dessen, zu Kornumlagerungen, Auflockerungen bis hin zum Ausspülen von Feinanteilen des Unterbaus. Die Folge ist, die Pumpbewegungen nehmen mit der Zeit zu, die Platte sackt immer weiter ab, es kommt zu einer Stufenbildung oder zu einem vertikalen Plattenversatz. Ein solcher Versatz stellt eine Gefahr im Straßenverkehr dar und muss rechtzeitig Instandgesetzt werden. Bild 1: vertikaler Plattenversatz Im Bereich der Bundesautobahnen gilt für die bauliche Erhaltung das Regelwerk der ZTV-BEB-StB. Das Regelwerk schreibt eine Instandsetzung vor, sobald wahrnehmbare Vertikalbewegungen beim Überrollen festgestellt werden. Spätestens ab einer Stufe von mehr als 10 mm ist gemäß ZTV-BEB-StB zu handeln und die Platte anzuheben [2]. Je nach Verkehrsbelastung, Fahrbahnaufbau und erfolgter Fugenpflege können solche Schäden bereits nach 10-20 Jahren Nutzungsdauer auftreten. Um eine erwartete Nutzungsdauer von Betonfahrbahnen von mehr als 25-30 Jahre erreichen zu können, bekommt die Fahrbahninstandhaltung mit Hilfe effizienter und wirtschaftlicher Instandsetzungsmethoden eine immer größere Bedeutung. 3. Instandsetzungsverfahren Nach Festlegung der Instandsetzungsbereiche, des Instandsetzungskonzeptes und Einrichtung der Baustellensicherung werden zunächst die Hammerbohrungen erstellt, um das Injektionsgut unter die Betonplatten zu bringen. Hierfür kommen hand- oder auch lafettengeführte Bohrhämmer auf mobilen Trägergeräten zum Einsatz. Bild 2: mobiles, lafettengeführtes Bohrgerät Das Bohrschema ist abhängig vom gewählten Instandsetzungsverfahren und dem gewählten Injektionsmaterial. Je nach Material sind min. 0,3 min. 0,7 Bohrlöcher je m² Betonfahrbahnplatte erforderlich. Der Bohrdurchmesser variiert je nach Injektionsmaterial bis 22 mm bei Kunstharzen und bis 40 mm bei mineralischen Produkten. Die Bohrung wird bis 5 cm unter die geplante Injektionstiefe geführt. Die Abstände zu den Längs- und Querfugen der Platten betragen 0,5-1,0 m [3]. Injektionsmaterial Bohrlöcher je m² Bohrlochdurchmesser Hydraulische Bindemittel min.0,3 6-9 Loch in 2/ 3 Längsreihen bis 40 mm Expandierende Polyurethanharze min.0,7 16-20 Loch in 4 Längsreihen bis 22 mm Silikatharze min.0,4 9-12 Loch in 3 Längsreihen bis 22 mm Bild 3. Bohrlochanzahl je m² in Abhängigkeit vom Injektionsgut In die erstellten Bohrkanäle werden nun entsprechende Bohrlochverschlüsse, bei der Verarbeitung von Kunstharzen, sogenannte Lamellenschlagpacker, mittels Einschlaghilfe eingeschlagen. Die Packer stellen dabei die Verbindung zwischen Bohrkanal und Injektionsmaschine her. Instandhaltung von Verkehrswegeflächen 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 517 Bild 4: Bohrschema und Lamellenschlagpacker Zur späteren einfacheren Reinigung des überschüssigen Injektionsmaterials wird im Bereich des Packers ein Trennmittel auf die Fahrbahn aufgebracht. Bild 5: Bohrraster für die Injektion mit Silikatharz und sichtbares Trennmittel am Bohrloch Anschließend wird das Injektionsgut, ein niedrig-viskoser, zweikomponentiger Flüssigkunststoff auf Polyurethan- oder Silikatbasis mittels spezieller, druckluftbetriebener Injektionsmaschinen zur Injektionsstelle gefördert. Dabei gelangen die einzelnen Komponenten aus den 1000 l IBC Liefergebinden über die Injektionsmaschine zum Mischkopf. Bild 6: Mobile Injektionseinheit mit Kunstharzliefergebinden Dort werden die beiden Komponenten im Volumenverhältnis 1: 1 mittels Statikmischer vermischt und über die Lamellenschlagpacker unter die Fahrbahnplatte gepumpt. Durch die Injektion werden die Hohlräume unter der Platte gefüllt und eine gleichmäßige und flächendeckende Auflage der Platte erreicht und/ oder die Betonplatte angehoben. Dabei wird die vertikale Verformung der gesamten Platte bei Belastung reduziert und der Fugenversatz ausgeglichen. Bild 7: Injektion des Flüssigkunststoffes unter die Betonfahrbahn Instandhaltung von Verkehrswegeflächen 518 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Expandierende Polyurethanharze werden vor allem bei Betonautobahnen auf ungebundenen Tragschichten eingesetzt. Aufgrund der Volumenvergrößerung und der kurzen Reaktionszeit des Injektionsmaterials werden Hohlräume schnell gefüllt und ein unkontrolliertes Abfließen des Materials in den Untergrund verhindert. Diese Methode ist deutlich kostengünstiger als der Einsatz von nicht expandierenden Silikatharzen. Das speziell für die Sanierung von Verkehrswegeflächen hergestellte Produkt, erreicht einen Schaumfaktor von 2 ohne Wasserzugabe bis max. 3 bei Wasserkontakt. Die erreichten Druckspannungen liegen bei etwa 8 N/ mm² bei 10 % Stauchung nach etwa 1 Stunde [4]. Das System ist ein sehr reaktives System, Schäumbeginn und Schäumende liegen unter 80 sec. bei 23° C. Das Endprodukt ist ein feinzelliger Hartschaum mit überwiegend geschlossenen Zellen. Bild 8: aus dem Bohrloch ausgetretenes Polyurethanharz Silikatharze werden vorrangig dort eingesetzt, wo Fahrbahnplatten nicht gehoben, sondern festgelegt werden müssen. Der Einsatz bietet sich aus wirtschaftlichen Gründen besonders im Bereich von Betonfahrbahnen auf gebundenen Tragschichten an. Das Produkt ist eine Emulsion die kein Wasser aufnimmt und auch nicht mit Wasser durch Aufschäumen reagiert. Silikatharze zeichnen sich durch eine besonders schnelle Festigkeitsentwicklung aus. Die Druckfestigkeiten liegen bei über 40 N/ mm² nach etwa 2 h [5]. Bei rechtzeitiger Sanierung und intakten Untergrundverhältnissen kann aufgrund der guten Materialeigenschaften, die Nutzungsdauer der Fahrbahn erheblich verlängert werden. Bild 9: aus dem Bohrloch ausgetretenes Silikatharz Eine wirtschaftliche Fahrbahninstandsetzung erfordert jedoch den Einsatz verschiedener Injektionstechniken und verschiedener Injektionsprodukte je nach Plattenzustand, Fahrbahnaufbau und Restnutzungsdauer. Die folgende Tabelle bewertet die Injektionsgüter hinsichtlich Ihrer Einsatzmöglichkeiten, Platten Festlegen oder Platten Heben und Festlegen nach Bauart der Tragschicht (gebunden/ ungebunden) einer hohen Nutzungsdauer einer kurzen Verkehrssperrzeit ++ gut geeignet, + geeignet, O bedingt geeignet Bild 10. Kriterien zur Auswahl des Baustoffes für die Unterpressung [6] Ein entscheidender Vorteil bei den Kunstharzsystemen liegt in der sehr kurzen Aushärtezeit und der damit verbundenen schnellen Verkehrsfreigabe. Auch die lange Nutzungsdauer nach einer Instandsetzung spricht für die Verwendung von Kunstharzen vor allem auf Silikatharzbasis. Zusammenfassend lässt sich sagen, Silikatharze werden bevorzugt zum Festlegen auf gebundenen Tragschichten, Polyurethanharze zum Anheben und Festle-