Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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Betonsanierung in der Praxis
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Tim Alte-Teigeler
Ein großer Vorteil von Betondecken im Vergleich zu Asphaltdecken im Verkehrsflächenbau ist die lange Nutzungsdauer bei geringem Erhaltungsbedarf. Dennoch kommt es im Laufe des Lebenszyklus einer Betondecke zu Defekten, die saniert werden müssen, um die geplante Dauerhaftigkeit sicherzustellen.
Für die Instandhaltung und -setzung gibt es zahlreiche Methoden, die im Regelwerk „ZTV BEB-StB“ aufgeführt sind. Es gibt allerdings auch darüber hinausgehende Innovationen, die es wegen fehlender langjähriger Erfahrungen noch nicht in das Regelwerk geschafft haben. Der Beitrag gibt anhand von Beispielen aus der Praxis einen Einblick in die genormten Verfahren, zeigt aber auch Weiterentwicklungen sowie Innovationen zur Sanierung von Betonfahrbahndecken. Es gibt für die verschiedensten Schadensfälle geeignete Verfahren, um die Nutzungsdauer und Wirtschaftlichkeit der Betondecke zu erhöhen. Es kommt jedoch darauf an, mit gesundem Ingenieursverstand das richtige Verfahren auszuwählen.
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2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 521 Betonsanierung in der Praxis Innovativ oder Standard nach Regelwerk Dipl.-Ing. Tim Alte-Teigeler Otto Alte-Teigeler GmbH Aich 19, 85667 Oberpframmern Tel.: +49 8106 24290 E-Mail: tim.alte-teigeler@oat.de Zusammenfassung Ein großer Vorteil von Betondecken im Vergleich zu Asphaltdecken im Verkehrsflächenbau ist die lange Nutzungsdauer bei geringem Erhaltungsbedarf. Dennoch kommt es im Laufe des Lebenszyklus einer Betondecke zu Defekten, die saniert werden müssen, um die geplante Dauerhaftigkeit sicherzustellen. Für die Instandhaltung und -setzung gibt es zahlreiche Methoden, die im Regelwerk „ZTV BEB-StB“ aufgeführt sind. Es gibt allerdings auch darüber hinausgehende Innovationen, die es wegen fehlender langjähriger Erfahrungen noch nicht in das Regelwerk geschafft haben. Der Beitrag gibt anhand von Beispielen aus der Praxis einen Einblick in die genormten Verfahren, zeigt aber auch Weiterentwicklungen sowie Innovationen zur Sanierung von Betonfahrbahndecken. Es gibt für die verschiedensten Schadensfälle geeignete Verfahren, um die Nutzungsdauer und Wirtschaftlichkeit der Betondecke zu erhöhen. Es kommt jedoch darauf an, mit gesundem Ingenieursverstand das richtige Verfahren auszuwählen. 1. Einführung Straßen sind einer der wichtigsten Bestandteile der Infrastruktur eines jeden Landes. Sowohl Warentransporte als auch die Mobilität der einzelnen Individualnutzer erfordern eine sichere und zuverlässige Verbindung zwischen Ausgangs- und Zielort. Die Verkehrswege sollten möglichst uneingeschränkt mit hoher Qualität zur Verfügung stehen. Sämtliche Ausfälle und Störungen beeinträchtigen den Verkehr und somit jeden Nutzer, was zu enormen volkswirtschaftlichen Schäden führt. Im Jahr 2018 gab es allein in Deutschland rund 745.000 Staus mit einer Gesamtlänge von etwa 1,5 Mio. Kilometern. Die Verkehrsteilnehmer verloren ca. 459.000 Stunden durch Stillstand. Die Anzahl der Staus ist um 3 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, was unter anderem auf die 3 % mehr Baustellen zurückzuführen ist [1]. Diese Zahlen zeigen wie wichtig es ist, dauerhafte Verkehrsflächen herzustellen, um Verkehrsbehinderungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Hier ist die Betonfahrbahndecke durch ihre lange Nutzungsdauer und ihren geringen Erhaltungsbedarf im Vorteil gegenüber Asphaltdecken. Dennoch kommt es auch bei dieser Oberbauvariante gelegentlich zu Schäden infolge von Ausführungsimperfektionen, Unterdimensionierung, gewöhnlicher Alterung usw., die behoben werden müssen. Grundlage für die Sanierungsarbeiten an Betondecken in Deutschland sind die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für die bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen - Betonbauweisen“ (ZTV BEB-StB). Die neueste Version wurde im Jahre 2015 [2] veröffentlicht und wird somit seit fünf Jahren angewandt. In ihr wurden sämtliche Verfahren, die im Rahmen der Betondeckenerhaltung regelmäßig zum Einsatz kommen, sowie Neuerungen und Erfahrungen, die seit Erstellung der Vorgängerversion (Ausgabe 2002) entwickelt wurden, aufgenommen. Dieser Beitrag wird auf die Anwendung der ZTV in der Praxis eingehen und aufzeigen, welche Hilfe das Regelwerk darstellt, um eine qualitativ hochwertige Ausführung der Instandhaltung und -setzung und dadurch eine hohe Dauerhaftigkeit der Verkehrsfläche zu gewährleisten. Darüber hinaus werden aber auch Verfahren angesprochen, die aufgrund der Aktualität noch nicht über langjährige Erfahrungen verfügen und somit noch nicht in das Regelwerk für Standardverfahren aufgenommen wurden. 2. Inhalt und Neuerungen der ZTV BEB-StB 15 Die ZTV BEB-StB 15 gliedern sich in die fünf Hauptpunkte „Allgemeines“, „Ausführung“, „Prüfungen“, „Mängelansprüche“ und „Aufmaße und Abrechnung“. 522 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Betonsanierung in der Praxis Im Vergleich zur Vorgängerversion sind die letzten drei genannten Gliederungspunkte somit zu separaten Kapiteln aus dem „Allgemeinen“ herausgelöst worden. In den Hauptpunkt „Ausführung“ ist der Unterpunkt „Vorbereitende Maßnahmen“ aufgenommen worden, der bisher nicht existierte. Hier werden die Vorgehensweisen beschrieben, die beim Ausbau im Rahmen des Ersatzes von Betonplatten bzw. Plattenteilen, einem streifenweisen Ersatz oder einer Erneuerung auf ganzer Fahrbahnbreite zur Anwendung kommen. Ebenso ist hier die Vorbereitung von Betondecken zur späteren Überbauung (Hocheinbau) erläutert. Zusätzlich werden in diesem Kapitel die Unterpunkte „Instandhaltung“, „Instandsetzung“ und „Erneuerung“ aufgeführt, die bisher eigenständige Kapitel darstellten. In diesen Abschnitten werden sämtliche Maßnahmen einzeln aufgeführt und nach einheitlicher Gliederung genauer beschrieben. Unter anderem wird in den Unterkapiteln auch auf die verfahrensspezifischen Aspekte der Prüfungen, Anforderungen an die fertige Leistung und der Abrechnung eingegangen. Neben der Beschreibung der einzelnen Sanierungsmethoden gehen die ZTV ebenso auf erforderliche Prüfungen, Mängelansprüche inkl. der entsprechenden Verjährungsfristen sowie auf spezifische Abrechnungsmodalitäten ein. Weitere grundlegende Änderungen im Vergleich zur ZTV BEB-StB 02 sind die Aufnahme der zusätzlichen Baustoffe Silikatharz und Polyurethanschaum beim Instandsetzungsverfahren „Festlegen und Heben von Betonplatten“ sowie eine tiefergehende Beschreibung der verschiedenen Systeme zum Plattenersatz mit schnell aushärtenden Betonen. Einige bauliche Maßnahmen, die in der Vergangenheit Anwendung fanden, heutzutage aber nicht mehr genutzt werden, sind nicht aus der Ausgabe von 2002 in die Neufassung übernommen worden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die ZTV ein hervorragendes Nachschlagewerk darstellen, das sowohl Planern, Ausschreibenden, Bauüberwachenden als auch ausführenden Firmen einen umfassenden Überblick über die verschiedensten Verfahren zur Erhaltung von Verkehrsflächen aus Beton bietet. Hierdurch wird die Kommunikation für sämtliche Beteiligte vereinfacht und Missverständnisse können verhindert werden. Die aktuelle Ausgabe, die ZTV BEB-StB 15, kann daher als gelungenes Hilfsmittel angesehen werden, das sich in der Praxis erfolgreich einsetzen lässt. Sie können jedoch nicht das Fachwissen von Personen mit entsprechenden Qualifikationen bei allen beteiligten Gruppen ersetzen. Im Folgenden wird auf einige Kapitel der neuen ZTV BEB-StB 15 exemplarisch genauer eingegangen. 3. Allgemeines Zur Erhaltung zählen solche Maßnahmen, die dem Fortbestand von Gebrauchseigenschaften und Substanz dienen. Die Erhaltung setzt sich zusammen aus „Betrieblicher Erhaltung“, die Kontrollen und kleine Maßnahmen der betrieblichen Instandhaltung umfasst, und der „Baulichen Erhaltung“. Die ZTV BEB-StB behandeln nur den Teil der „Baulichen Erhaltung“ von Betonfahrbahndecken. Hierzu gehören Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung (Tabelle 1). Als Instandhaltung werden bauliche Maßnahmen kleineren Umfanges zur Substanzerhaltung genannt, die mit geringem Aufwand meist umgehend ausgeführt werden, um einen lokalen Schaden zu beseitigen. Dies sind beispielsweise das Ausbessern von Fugenfüllungen, die Sanierung von Rissen, die nachträgliche Verdübelung und Verankerung, Kantensanierungen und das Abtragen von Beton. Die Instandsetzung umfasst bauliche Maßnahmen zur Substanzerhaltung oder zur Wiederherstellung ausreichender Oberflächeneigenschaften der Betonfahrbahndecke, die auf größeren zusammenhängenden Flächen ausgeführt werden. Hierzu gehören beispielsweise die Verfahren der Fugensanierung, das Festlegen und Heben von Platten, der Ersatz von Platten und Plattenteilen oder der streifenweise Ersatz. Sollten die Instandhaltung oder Instandsetzung nicht mehr ausreichen kommt es zur Erneuerung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zur vollständigen Wiederherstellung der Oberflächeneigenschaften und der Substanz zu verstehen. Dies erfolgt beispielsweise im Hoch- oder Tiefeinbau bzw. durch Kombinationen hiervon. Die ZTV BEB-StB 15 sind in Verbindung mit den „Technischen Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen - Betonbauweisen“, Ausgabe 2015 (TL BEB-StB) [3] anzuwenden. In den ZTV BEB-StB 15 sind tatsächliche Vertragsbedingungen (dicker Randbalken) enthalten, die verpflichtend einzuhalten sind, wenn die Anwendung der ZTV BEB- StB vereinbart wurde. Weiterhin sind aber auch Richtlinien (kursiv) aufgeführt, die vom Auftraggeber bei der Erarbeitung der Ausschreibung, der Bauüberwachung, der Abnahme usw. zu beachten sind. 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 523 Betonsanierung in der Praxis Tabelle 1: Begriff Erhaltung, Quelle: ZTV BEB-StB 15 Erhaltung Betriebliche Erhaltung Kontrolle Betriebliche Instandhaltung Bauliche Erhaltung Instandhaltung Instandsetzung Erneuerung Zustandsmerkmale/ Schadensmerkmale Erscheinungsbild Ursache bauliche Erhaltung - Instandhaltung - Instandsetzung - Erneuerung Ebenheit Rauheit Ebenheit im Längsprofil Ebenheit im Querprofil Griffigkeit Substanzmerkmale Schadensmerkmale Längs- und Querrisse Kantenschäden, Eckausbrüche und Eckabbrüche schadhafte Fugenfüllung sonstige Oberflächenschäden Plattenversatz veränderte Auflagerungsbedingungen Plattenversatz veränderte Auflagerungsbedingungen polierte Oberfläche Verschleiß Bild 1: Merkmale für Betonbauweisen, Quelle: ZTV BEB-StB 15 Um festzulegen, welche Maßnahmen zielführend sind, um einen vorhandenen Schaden zu beheben, ist es wichtig, die Zusammenhänge zwischen Schadensbild und -ursache zu kennen. Hierzu geben die ZTV BEB-StB 15 den Verantwortlichen eine Übersicht (Bild 1) zur Hand. Nach Ermittlung der Schadensursache kann ein passendes Bauverfahren festgelegt werden. Bei der Auswahl sind sowohl technische als auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu beachten. Dies bedeutet, dass insbesondere auch die Restnutzungsdauer im Verhältnis zu den durch die Maßnahme entstehenden Kosten stehen muss. In den nächsten Abschnitten dieses Artikels werden einzelne Verfahren aus den verschiedenen Maßnahmengruppen auszugsweise aufgegriffen, um die Vorgehensweise in den ZTV BEB-StB 15 und die Anwendung in der Praxis zu veranschaulichen. 4. Ausführung 4.1 Vorbereitende Arbeiten In diesem neu aufgenommenen Kapitel sind die verschiedenen Ausbauvarianten für die geschädigte Betonfahrbahndecke bei Ersatz von Platten bzw. Plattenteilen und dem streifenweisen Ersatz sowie die Vorbereitung der Betonfahrbahndecke für einen Hocheinbau beschrieben. Der Ausbau für den Ersatz von Platten bzw. Plattenteilen und für den streifenweisen Ersatz soll hier kurz aufgegriffen werden. Die Vorarbeiten ähneln sich in beiden Fällen sehr. Der geschädigte Bereich soll jeweils durch Trennschnitte in voller Stärke von der ungeschädigten, verbleibenden Betonfahrbahndecke getrennt werden. Hierbei müssen auch eventuell vorhandene Dübel und Anker durchtrennt werden. Im Abstand von 10 bis 30 cm 524 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Betonsanierung in der Praxis parallel dazu verlaufend sind, ebenfalls in voller Tiefe, Ausbauhilfsschnitte herzustellen. Diese sollen das Risiko reduzieren, benachbarte Platten beim Ausbau zu beschädigen. Ein eventuell vorhandener Vliesstoff sowie ggf. auszubauende gebundene Tragschicht müssen ebenfalls durchtrennt werden. Überschnitte in die zu erhaltenden angrenzenden Platten sind nicht erlaubt und dürfen somit nur in den Fugen erfolgen. Die kürzeste Seitenlänge einer Teilplatte muss mindestens 1,50 m betragen. In die andere Richtung ist dann die gesamte Plattenbreite bzw. -länge auszubauen. Diese Trennschnittleistungen sind gesondert auszuschreiben. Das betrifft nicht eventuell erforderliche weitere Zerkleinerungsschnitte, die der Auftragnehmer zur Erleichterung des Ausbaus ausführt und die im Leistungsumfang des Ausbaus enthalten sind. Im Nachgang muss die Betonfahrbahndecke so schonend ausgebaut werden, dass eine Schädigung der angrenzenden Flächen und des Untergrundes weitestgehend vermieden wird. Dies bedeutet, dass das Zerkleinern mit Meißelbagger oder Fallschwert nicht (Plattenersatz) bzw. nur bei ungebundener Tragschicht (streifenweiser Ersatz) zulässig ist. Zum Einsatz kommen somit vorzugsweise Schneiden und Herausheben bzw. Fräsen. Gesondert ausgeschrieben werden müssen verbessernde Maßnahmen am Untergrund wie z.B. Reprofilieren und Nachverdichten von ungebundenen Tragschichten bzw. Reinigen und Ausbessern von Schadstellen in gebundenen Tragschichten. 4.2 Instandhaltung Im Abschnitt zur Instandhaltung werden unter dem Punkt „Anwendung“ zuerst sämtliche Bauverfahren diesbezüglich aufgeführt. Als Hilfestellung zur Auswahl des geeigneten Verfahrens stellen die ZTV BEB-StB 15 eine Tabelle zur Verfügung, in der die Eignung ermittelt werden kann (Tabelle 2). Dies erleichtert Planung und Ausschreibung, da den auf der Strecke vorgefundenen Schadensbildern direkt die möglichen Sanierungsverfahren zugeordnet werden können. • Bearbeiten der Betonoberfläche Als Beispiel für die Instandhaltung wird hier das Verfahren „Bearbeiten der Betonoberfläche“ aufgegriffen. Im Unterpunkt „Allgemeines“ werden zuerst die Anwendungsgebiete aufgeführt. Wenn die Oberfläche Griffigkeitsmängel, Oberflächenschäden, zu geringes Drainagevermögen, Unebenheiten, Stufenbildung oder erhöhte Schallemissionen aufweist, gibt es zwei Möglichkeiten der Bearbeitung: das Grinding und das Grooving. Tabelle 2: Instandhaltungsverfahren, Quelle: ZTV BEB-StB 15 Erscheinungsbild Instandhaltungsverfahren nach Abschnitt 2.3.3.1 Ausbessern von Fugenfüllungen 2.3.3.2 Aufweiten und Verfüllen von Rissen 2.3.3.3 Verdübeln und Verankern 2.3.3.4 Ausbessern von Kantenschäden und Eckausbrüchen 2.3.3.5 Bearbeiten der Betonoberfläche polierte Oberfläche - - - - + schadhafte Fugenfüllung + - - - - vertikale Plattenbewegungen - - + 1) - - Längs- und Querrisse - + + - - Kantenschäden und Eckausbrüche - - - + - Oberflächenschäden - - - - + unzureichende Oberflächenentwässerung - - - - + Stufenbildung an Fugen und Rissen - - - - + 2) laute Oberfläche - - - O + 3) + geeignet O bedingt geeignet - nicht geeignet 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 525 Betonsanierung in der Praxis In den ZTV BEB-StB 15 wird das Grinding noch als „Schleifen“ bezeichnet. Derzeit wird von der BASt und dem „FGSV Arbeitsausschuss 8.4 Betonbauweisen - Oberflächen“ jedoch eine Änderung in der Begrifflichkeit angestrebt. Ähnlich wie beim Fugenschnitt werden bei diesem Verfahren Rillen mit Diamantscheiben in engem Abstand in die Oberfläche geschnitten (Bild 2). Es soll hier daher zukünftig vom „Schneiden“ gesprochen werden. Das Verfahren kann eingesetzt werden, um Griffigkeitsmängel, Unebenheiten, Stufenbildung, Oberflächenschäden und hohe Lärmemissionen zu beseitigen. Das Grooving dient der Verbesserung der Drainagefähigkeit und unterscheidet sich vom Grinding lediglich in der Rillentiefe und dem Abstand zwischen den einzelnen Rillen. Auch in den einzelnen Bauverfahren gibt es jeweils den Unterpunkt „Ausführung“. Hier werden in diesem Fall die beiden Verfahren näher beschrieben. Für das Grinding werden einige Anforderungen an die Oberflächentextur gestellt, wie beispielsweise die maximalen Höhenversätze zwischen zwei benachbarten Bahnen und die unmittelbare Absaugung des Schneidschlammes. Weiterhin werden Richtwerte zu Segmentbreite und -abstand an die Hand gegeben. Für das Grooving werden ebenfalls Richtwerte für den Wellenbesatz gemacht. In den folgenden Unterpunkten werden Informationen zu „Art und Umfang der Prüfungen“, „Anforderungen an die fertige Leistung“ bzgl. Griffigkeit und Ebenheit, zur erforderlichen Reinigung vor der „Verkehrsfreigabe“ und der „Abrechnung“ nach bearbeiteter Fläche gegeben. Sämtliche Kapitel bezüglich der Ausführung von Maßnahmen sind analog aufgebaut. Bild 2: Oberflächenstruktur mit feinen Rillen durch Grinding 4.3 Instandsetzung Auch für die Instandsetzung gibt es unter „Anwendung“ eine Übersichtstabelle, die sämtliche Schadensbilder den anwendbaren Bauverfahren zuordnet (Tabelle 3) und somit bei der Auswahl geeigneter Verfahren unterstützt. Es handelt sich um Baumaßnahmen größeren Umfangs auf zusammenhängenden Flächen, die vorwiegend maschinell erfolgen und der Verbesserung der Oberflächeneigenschaften dienen. In den „Baugrundsätzen“ wird erklärt, dass man die regelmäßigen Zustandserfassungen zur Auswahl der Instandsetzung heranziehen kann und dass zu prüfen ist, ob verschiedene erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen parallel innerhalb von gesperrten Streckenabschnitten durchgeführt werden können. Dies dient letztendlich dazu, Art und Umfang der Maßnahmen festzulegen und entsprechend ausschreiben zu können. 526 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Betonsanierung in der Praxis Als Beispiele für die Beschreibung der „Ausführung“ sollen die Verfahren „Festlegen und Heben von Platten“ sowie der „Ersatz von Platten und Plattenteilen“ dienen. • Festlegen und Heben von Platten Unter „Allgemeines“ sind die Schadensbilder noch einmal genauer definiert, bei denen das Festlegen und/ oder Heben von Platten erfolgen soll. Für das Festlegen sind dies wahrnehmbare Vertikalbewegungen bei Überrollung, die ggf. zusätzlich durch Tragfähigkeitsmessungen (z.B. Falling-Weight-Deflectometer) genauer ermittelt werden können. Bei Plattenversätzen bzw. Stufenbildung sollten die Platten zusätzlich zum Festlegen auch gehoben werden. Tabelle 3: Instandsetzungsverfahren, Quelle: ZTV BEB-StB 15 Erscheinungsbild Instandsetzungsverfahren nach Abschnitt 2.4.3.1 Ersatz von Fugenfüllungen 2.4.3.2 Oberflächenbehandlung mit Reaktionsharz 2.4.3.3 Oberflächenbeschichtung mit Reaktionsharzmörtel 2.4.3.4 Festlegen und Heben von Platten 2.4.3.5 Ersatz von Platten und Plattenteilen 2.4.3.6 Streifenweiser Ersatz schadhafte Fugenfüllungen + - - - - - vertikale Plattenbewegungen/ Plattenversatz - - - + + + Längs- und Querrisse - - - - + + Eckabbrüche - - - - + - örtlich begrenzte Oberflächenschäden (z.B. Brandschäden) - - + - - - Überlastungsrisse (unterdimensionierte Betondecke) - - - - - + polierte Oberfläche oder Kornausbrüche - + + - - - Oberflächentextur mit hoher Lärmemission - + + - - - + geeignet - nicht geeignet Im Vergleich zur Ausführungsbeschreibung der „Bearbeitung der Betonoberfläche“ kommt aufgrund des Materialeinsatzes bei diesem Verfahren der Unterpunkt „Baustoffe“ hinzu. Als mögliche Baustoffe sind Silikatharz, Polyurethan-Hartschaum und hydraulisch gebundener Unterpressmörtel mit den zugehörigen Anwendungsfällen tabellarisch aufgelistet. Bei der Auswahl des Materials soll neben der Eignung und den Anforderungen bezüglich Sperrfristen ebenfalls darauf geachtet werden, dass die Dauerhaftigkeit der verbleibenden Restnutzungsdauer entspricht. Bezüglich Materialanforderungen und Eignungsnachweisen wird auf die TL BEB-StB 15 verwiesen. Es ist darauf hinzuweisen, dass hydraulisch gebundene Unterpressmörtel so gut wie nicht mehr zum Einsatz kommen. Es werden fast ausschließlich die qualitativ wesentlich besseren Materialien Silikatharz und Polyurethanschaum genutzt. Im Weiteren wird die Ausführung der Verfahren beschrieben, wobei insbesondere auf die verschiedenen Aspekte bei unterschiedlicher Materialwahl eingegangen wird. Hier sind unter anderem das Bohrmuster, die Überwachung der Lage der bearbeiteten und benachbarten Platten (Bild 3), das ggf. erforderliche Ablösen der Platten und die mögliche Behandlung von Fugen beschrieben. Die wichtigen Grundlagen der Verfahren, die bei der Umsetzung zu beachten sind, werden somit vermittelt. Des Weiteren werden die erforderlichen Prüfungen, Anforderungen an das Endergebnis, die Sperrzeiten bis 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 527 Betonsanierung in der Praxis zur ausreichenden Erhärtung der Materialien sowie die Abrechnung nach bearbeiteter Fläche und Materialverbrauch erläutert. • Ersatz von Platten und Plattenteilen Sehr stark überarbeitet bzw. ergänzt wurde im Vergleich zur Version von 2002 das Kapitel zum Ersatz von Platten und Plattenteilen. Allein der Umfang hat sich von etwas mehr als einer Seite auf knapp acht Seiten erhöht. Im allgemeinen Teil wird zuerst auf die Geltung der ZTV Beton-StB und ZTV Fug-StB verwiesen, bevor auf die Notwendigkeit von Referenzen bzw. Zertifikaten (z.B. B-StB-Schein) zur Sicherstellung der Eignung von ausführenden Unternehmen hingewiesen wird. Hierdurch soll den erhöhten Anforderungen an Personal und Maschinen infolge der komplexen Materialeigenschaften Rechnung getragen und eine qualitativ hochwertige Ausführung sichergestellt werden. Anschließend folgen die Ausführungen zu den Anwendungsfällen, wie sie auch schon in der Vorgängerversion vorhanden waren. Ergänzt werden diese durch Hinweise, dass das Verfahren auch bei Hitzeschäden anzuwenden ist und dass auf die Fugenanordnung nach der Sanierung ein besonderes Augenmerk zu legen ist. Insbesondere sind die Längspressfugen außerhalb von Rollspuren anzulegen und bei den Querfugen die entstehenden Längsdruckspannungen zu berücksichtigen. Ggf. sind zum Abbau letzterer, um Hitzeschäden zu verhindern, Raumfugen auf gesamter Fahrbahnbreite anzuordnen. Zur Orientierung sind, abhängig von den Betontemperaturen zum Zeitpunkt des Ausbaus, verschiedene Fugenraster vorgeschlagen. Hier wird aber auf die Annahme hingewiesen, dass die Nullspannungstemperatur im Beton ca. 20 °C beträgt. Diese Nullspannungstemperatur variiert jedoch je nach Randbedingungen bei der Herstellung der ursprünglichen Betondecke. Um das Risiko gerade von älteren und dünneren Betondecken zu reduzieren, sollte, wenn bekannt, die tatsächliche Nullspannungstemperatur zugrunde gelegt werden. Aufgrund der Gefahr von Hitzeschäden durch mangelhafte Druckspannungsübertragung wird auch erläutert, dass die Sanierung von Platten oder Plattenteilen mit Asphalt keine dauerhafte Lösung ist. Insbesondere wenn durch fehlende Raumfugen keine Entspannungsmöglichkeit auf ganzer Fahrbahnbreite gegeben ist, ist dringend geboten, die Asphaltstelle vor der nächsten Hitzeperiode durch Beton zu ersetzen, um eine gleichmäßige und ausreichende Druckverteilung in Längsrichtung zu gewährleisten. Hieran ist zu sehen, dass in den überarbeiteten ZTV akuten Themen, wie den in den letzten Jahren vermehrt öffentlich gewordenen Hitzeschäden, ebenfalls Rechnung getragen wird. Bild 3: Lageüberwachung mit Lasermesstechnik und Stufenmessgerät 528 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 Betonsanierung in der Praxis Aufgelistet werden weiterhin die zum Einsatz kommenden Materialien Straßenbeton, frühfester Straßenbeton oder Schnellbeton, je nach Anforderungen durch die möglichen Sperrzeiten. Die ersten beiden Betone sind in den TL Beton-StB geregelt. Letzterer wird in den TL BEB-StB geregelt und ist nochmals unterteilt in die drei Typen A (Transportbeton), B (vorgemischtes Trockenmörtelcompound, dem in situ die grobe Gesteinskörnung zugegeben wird) und C (komplett vorgemischter Trockenbeton, dem nur noch Wasser zugegeben wird). Im Kapitel „Baustoffe“ werden alle erforderlichen Eignungsnachweise für sämtliche im Zusammenhang mit diesem Sanierungsverfahren zum Einsatz kommenden Materialien aufgeführt, vom Beton bis zum Unterfüllstoff für die Fugen. Die „Ausführung“ wird sehr umfassend beschrieben. Beginnend wird der Ausbau durch Verweis auf das oben bereits erwähnte separate Kapitel „vorbereitende Arbeiten“ behandelt. Durch Skizzen in der Anlage A werden die verschiedensten möglichen Fugen-, Anker- und Dübelanordnungen je nach Randbedingungen hilfreich dargestellt. Im Folgenden wird auf die Herstellung der in situ gemischten Betone (Typ B und C), die Behandlung der Unterlage und ggf. erforderlichen Trennlagen, die Einbaustärken und die Anarbeitung an angrenzende Platten (Vorarbeiten an diesen, zulässiger Plattenversatz und Verschluss der Fugen gegen eindringenden Beton) sowie die zulässigen Unebenheiten eingegangen. Den Abschluss dieses Unterpunktes bildet die Oberflächenbehandlung bzw. -texturierung, womit der gesamte Ablauf erfasst ist. Abgeschlossen wird auch dieses Kapitel mit den Hinweisen zu „Art und Umfang der Prüfungen“, „Anforderungen an die fertige Leistung“, Angaben zur „Verkehrsfreigabe“ sowie zur „Abrechnung“. 5. Innovative Erhaltungsmethoden Neben den bewährten Sanierungsverfahren, die im Regelwerk aufgeführt sind, gibt es aber auch immer wieder neue Methoden, die aufgrund fehlender Langzeiterfahrungen nicht den Weg in die ZTV gefunden haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Methoden nicht optimal geeignet sein können. Durch die langen Zeiträume zwischen den Aktualisierungen solcher Regelwerke, bei den ZTV BEB-StB betrug der Abstand zwischen den beiden letzten Versionen immerhin 13 Jahre, lohnt es sich daher, die Augen auf dem Markt aufzuhalten, um neue Möglichkeiten nicht zu übersehen. Bild 4: Unterpressen eines unabhängig vom Bestand aufgelagerten Betonfertigteils
