Kolloquium Straßenbau in der Praxis
kstr
expert Verlag Tübingen
91
2021
21
Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE)
91
2021
Stefan Adam
Die Südtangente Koblenz überführt die B 327 mit der Südbrücke, der linksrheinischen Hochstraße Oberwerth sowie der rechtsrheinischen Hochstraße Horchheim über den Rhein. Die Hochstraße Oberwerth sowie die Hochstraße Horchheim stellen die Vorlandbrücken der Südbrücke dar. Die im weiteren linksrheinischen Verlauf Richtung Hunsrück vorhandene Hangbrücke Laubachtal überführt die B 327 über das Tal des Laubachs. [1]
Aufgrund des Alters des Bauwerkes und der zunehmenden Verkehrsbelastung ist es erforderlich, das Brückenbauwerk umfangreich instand zu setzen.
Drei bestehende Teilbauwerke der Hochstraße Koblenz-Oberwerth (Teilbauwerke G1 und G2/J) und die Hangbrücke Laubachtal aus dem Jahre 1974 müssen grundhaft instandgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um die Brückenbauwerke oberhalb der Parkplatzflächen der Sportstätten in Koblenz Oberwerth, welche die B 327 Richtung Hunsrück führen. Die jetzt anstehenden Arbeiten umfassen ausschließlich die Bauwerke beginnend an der Südbrücke bis Koblenz-Karthause. [1]
Auf Basis umfangreicher Voruntersuchungen und Probeinstandsetzungen, die an den unterschiedlichen Bauteilen anliefen, konnte eine in mehreren Bauphasen gegliederte Instandsetzung der Bauwerke geplant werden. Aufgrund der verkehrlichen Bedeutung für die Stadt Koblenz waren und werden sämtliche Arbeiten unter Teilsperrungen durchgeführt. Im ersten Bauabschnitt war es erforderlich, die bestehende Rollverschlusskonstruktion der großen Rheinbrücke B 327 (Südbrücke Seite Oberwerth TBW G1/G2 linksrheinisch) komplett zu überarbeiten und die Verschleißteile auszutauschen. Im Zuge der Bauwerksinstandsetzung wurden die bestehenden Rollverschlusskonstruktionen an der Hochstraße
Oberwerth SHR 7; SHR 23; HRS 26 ausgebaut und durch neue Nachbauten ersetzt.
kstr210601
2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 601 Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE) Dipl. Ing. (FH) Stefan Adam Geschäftsführer mageba GmbH, Im Rinschenrott 3A 37079 Göttingen, Deutschland Zusammenfassung Die Südtangente Koblenz überführt die B 327 mit der Südbrücke, der linksrheinischen Hochstraße Oberwerth sowie der rechtsrheinischen Hochstraße Horchheim über den Rhein. Die Hochstraße Oberwerth sowie die Hochstraße Horchheim stellen die Vorlandbrücken der Südbrücke dar. Die im weiteren linksrheinischen Verlauf Richtung Hunsrück vorhandene Hangbrücke Laubachtal überführt die B 327 über das Tal des Laubachs. [1] Aufgrund des Alters des Bauwerkes und der zunehmenden Verkehrsbelastung ist es erforderlich, das Brückenbauwerk umfangreich instand zu setzen. Drei bestehende Teilbauwerke der Hochstraße Koblenz-Oberwerth (Teilbauwerke G1 und G2/ J) und die Hangbrücke Laubachtal aus dem Jahre 1974 müssen grundhaft instandgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um die Brückenbauwerke oberhalb der Parkplatzflächen der Sportstätten in Koblenz Oberwerth, welche die B 327 Richtung Hunsrück führen. Die jetzt anstehenden Arbeiten umfassen ausschließlich die Bauwerke beginnend an der Südbrücke bis Koblenz-Karthause. [1] Auf Basis umfangreicher Voruntersuchungen und Probeinstandsetzungen, die an den unterschiedlichen Bauteilen anliefen, konnte eine in mehreren Bauphasen gegliederte Instandsetzung der Bauwerke geplant werden. Aufgrund der verkehrlichen Bedeutung für die Stadt Koblenz waren und werden sämtliche Arbeiten unter Teilsperrungen durchgeführt. Im ersten Bauabschnitt war es erforderlich, die bestehende Rollverschlusskonstruktion der großen Rheinbrücke B 327 (Südbrücke Seite Oberwerth TBW G1/ G2 linksrheinisch) komplett zu überarbeiten und die Verschleißteile auszutauschen. Im Zuge der Bauwerksinstandsetzung wurden die bestehenden Rollverschlusskonstruktionen an der Hochstraße Oberwerth SHR 7; SHR 23; HRS 26 ausgebaut und durch neue Nachbauten ersetzt. 1. Einleitung Die Südbrücke ist insgesamt 442 m lang. Die Voutenträger Balkenbrücke aus Stahl überspannt mit einer längsten Spannweite von 236 m den Rhein. Auf beiden Brückenseiten sind Rollverschlusskonstruktionen mit einer Bewegungskapazität von 500 mm verbaut. An die Strombrücke schließt auf der linksrheinischen Seite die ca. 1.500 m lange Hochstraße Oberwerth an. [2] Südtangente Koblenz mit Strombrücke Diese Rampenbrücke ist durch zwei Bewegungsfugen in Achse 0 und Achse 130 unterbrochen. Die Fugen in Achse 130 sind für eine Bewegungskapazität von bis zu 650 mm ausgelegt. In den Auf- und Abfahrtsrampen sind kleinere Rollverschlusskonstruktionen mit einer Bewegungskapazität von bis zu 300 mm verbaut. Die Gesamtmaßnahme wurde in der Zeit 1969 bis 1975 in 3 Bauabschnitten realisiert. Die Baukosten beliefen sich auf 104 Millionen DM. Im Jahr 2019 begann eine umfassende Grundinstandsetzung des Brückenzuges [3a]. Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE) 602 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 2. Aufgabenstellung und Besonderheiten Aufgrund erheblicher Schäden an der Bauwerkssubstanz muss der über 45 Jahre alte Brückenzug umfassend saniert werden. Im Folgenden werden die an den Bauwerken auszuführenden Instandsetzungsmaßnahmen bzw. die für diese Aufgabenstellungen erforderlichen Anforderungen an den Nachbau der Fahrbahnübergangskonstruktionen vorgestellt. Die zum Zeitpunkt der Errichtung der Bauwerke eingebauten Rollverschlusskonstruktionen waren Aufgrund der hohen Belastung, verbunden mit Feuchtigkeitstritt, sehr stark verschlissen. [3] Südbrücke Seite Oberwerth TBW G1 Südbrücke: Die Rollverschlüsse an der Südbrücke sind im Jahr 2008 komplett umgebaut und überarbeitet worden. Im Zuge einer in den folgenden Jahren geplanten grundhaften Instandsetzung des Bauwerks ist vorgesehen die Rollverschlussübergänge gegen moderne lärmgeminderte Lamellenübergänge auszutauschen. Aus dem Grund sollte ursprünglich nur der Korrosionsschutz an den Plattensätzen erneuert werden und die Dichtlippen getauscht werden. [4] Hochstraße Oberwerth SHR 7 Hochstraße Oberwerth: Nach umfangreicher Voruntersuchung hat sich der Brückenlastträger dazu entschlossen die alten Konstruktionen komplett auszubauen und durch neue baugleiche Rollverschlusskonstruktionen zu ersetzen. Grund für diese Entscheidung war die Robustheit und die geringen Unterhaltskosten der bis dato ca. 45 Jahre alten Konstruktionen. 3.0 Funktion u. Konstruktion von Rollverschlüssen Abb. 1 Komponenten des Fahrbahnübergangs Rollverschlüsse sind Mehrplattensysteme, bestehend aus 3.0.1 Platten • Pendelplatte, i.d.R. auf der Überbauseite angeordnet, wird vor allem auf Biegung beansprucht. Diese sind am einbetonierten Querträger mittels Auflagernocken gelenkig gelagert und werden durch eine Niederhalterung bestehend aus einem Federtopf mit Elastomerlager und entsprechender Spannschraube gegen den Unterbau vorgespannt. • Gleitplatte(n) sind als Vierpunktplatten berechnet Die Krümmung der Platten wird durch Kaltverformung mittels Walzen oder durch mechanische Bearbeitung erzeugt. Blechdicken zwischen 50-60 mm Die Gleitplatten sind untereinander und mit der Pendelplatte gelenkig verbunden und durch Gleitelemente auf den Gleitböcken gestützt, auf denen sie bei Bauwerksverschiebungen entsprechend gleiten. • Zungenplatte, i.d.R. auf der Widerlagerseite angeordnet, liegt mit der spitzen Seite („Zunge“) auf der Gleitplatte. Die Lagerung auf dem einbetonierten Querträger sowie die Niederhalterung erfolgt in gleicher Weise, wie bei den Pendelplatten 3.0.2 Verbindung • Plattenverbindungen durch zweischnittige Bolzen. (Abb. 2) • Übertragung der horizontalen Kräfte aus Bremsen/ Beschleunigen über die Haltenocken in die einbetonierten Querträger 3.0.3 Gleit- und Stützelemente • Funktion „Vertikale Unterstützung der Platten auf den Gleitböcken“ und • „Gleiten auf dem oberen Flansch der Gleitböcke“ Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE) 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 603 3.0.4 Gleitböcke • Gleitböcke sind geschweißte Blechkonstruktionen mit I- Querschnitt. • Auf dem gekrümmten Oberflächengurt, welcher mit einem poliertem Edelstahlblech belegt ist, gleiten die Gleitelemente. • Am Untergurt sind die Gleitböcke mittels Ankern am Widerlager befestigt Abb. 2 Schnitt durch die Gelenkverbindung Gleitelemente, Gelenkverbindung 3.1 Instandsetzung der Bestandsfahrbahnübergänge Südbrücke: Nach dem Abheben der ersten Plattensätze konnte eine genauere Analyse der Bestandskonstruktionen durchgeführt werden. Aufgrund von erhöhten Verschleißerscheinungen an den Gleitnocken, -blechen, -böcken und den Gelenkverbindungen wurden die 28 Stück Plattensätze umfangreich überarbeitet. [5] Plattensatz von der Unterseite [6] Plattensatz in der Seitenansicht Hierfür war es erforderlich die Plattensätze und die Bestandskonstruktion am Bauwerk komplett zu demontieren und sandzustrahlen. [7] Plattensätze nach dem Strahlen Im Anschluss wurde festgelegt, welche Lagertöpfe aufgrund von Deformationen und Abnutzungserscheinungen durch neue ersetzt werden müssen. Sämtliche alten Messing Gleitstücke wurden aufgrund des Abriebs ausgebaut und durch neue, deutliche verschleißärmere UHMWPE Gleitstücke ersetzt. [8] Gleitstücke alt und zum Vergleich neu aus Messing Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE) 604 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 [9] Gleitelement UHMWPE, Lagergehäuse; Dichtring Die alten Gelenkbuchsen und -bolzen waren abgängig. Die Gelenkverbindungen wurden komplett erneuert. [10] Neue Buchsen und Gleiteinheit [11] Zusammengebauter Plattensatz Als rutschfeste Oberfläche ist eine grobkörnige Epoxidharzbeschichtug aufgebracht worden. Die Unterbauten am Bauwerk sind sandgestrahlt und anschließend mit einem neuen Korrosionsschutzsystem ausgestattet worden. Ebenso sind einige Horizontalaussteifungen (Hohlträger) der Gleitböcke ausgetauscht worden. [12] Südbrücke Seite Oberwerth TBW G1 Die Montage der fertigen Plattensätze erfolgte in umgekehrter Reihenfolge zum Ausbau. Hierbei war es wichtig, dass alle 4 Lagerpunkte der jeweiligen Platten gleichmäßig und vollflächig aufliegen. [13] Südbrücke Seite Oberwerth TBW G1 Südtangente Koblenz: Rollverschlüsse in der Sanierung und im Neubau (DE) 2. Kolloquium Straßenbau - September 2021 605 3.2 Austausch der Bestandsfahrbahnübergänge Hochstraße Oberwerth: Die Rollverschlüsse an den Bauwerken SHR 7; SHR 23; HRS 26 waren noch im Originalzustand. Hier war von Beginn an der Austausch dieser Konstruktionen geplant. Aufgrund der noch vorhandenen Bestandszeichnungen war es möglich, eine exakte CAD Zeichnung in Anlehnung an den Bestand zu erstellen. Da diese Konstruktionen nicht nach TLTP/ FÜ regelgeprüft sind, musste eine statische Berechnung erstellt werden. Die Gelenkverbindung wurde entsprechend dem System „Lange“ verbessert. Aufgrund der Verkehrsführung während der Bauarbeiten wurden die neuen Rollverschlüsse in 2 Bauabschnitten eingebaut. [14] Hochstraße Oberwerth SHR 7 Die Betonage erfolgte in 2 Abschnitten. Zuerst wurden die Gleitböcke mit einem fließfähigen Betonersatzsystem ausbetoniert. Im Anschluss wurde der Gefällebeton zwischen den Böcken und die Rückverankerung zum Bauwerk mit Transportbeton ausbetoniert. [15] neue Plattensätze in der Farbgebung [16] Betonage der neuen Übergangskonstruktion Zum Abschluss wurde die neue Abdichtungsbahn welche das Oberflächenwasser abführt eingebaut. [17] Neue Übergangskonstruktion mit Asphaltanschluss Je nach Wunsch und Notwendigkeit kann der während der Reparatur freiliegende Bauwerksspalt, mit einem sogenannten Fly-over-System überbrückt werden, der eine weitgehend uneingeschränkte Befahrbarkeit des Brückenbauwerks erlaubt. [18] Fly-over im Einsatz