Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen
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2023
Thomas Leopoldseder
Marcel Pilger
Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Schlagwort, sondern nachhaltiges Handeln wird immer stärker von Menschen und Organisationen, aber auch durch Regulative auf nationaler und/oder internationaler Ebene gefordert. Heutzutage existiert eine Vielzahl von ausgereiften Technologien, mit denen sich die Wertschöpfungskette des Asphalt-Straßenbaus ökologischer und nachhaltiger gestaltet lässt. Digitalisierung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Mithilfe von digitalen Lösungen lassen sich Einzelprozesse effizienter gestalten und auch prozessübergreifende Optimierungsmöglichkeiten nutzen. Ein geringerer Ressourceneinsatz, höhere Qualität und eine Dokumentation für die Nutzungs- und Entsorgungsphase sind die Folge. Neben den Rahmenbedingungen wird insbesondere auch auf die Chancen durch den Einsatz der Digitalisierung im Asphalt-Straßenbau eingegangen.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 63 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Wie können digitale Technologien einen Beitrag für einen nachhaltigen Straßenbau leisten! Dr. Thomas Leopoldseder CEO Q Point Group, Q Point GmbH, Wien, Österreich Marcel Pilger CTO Q Point Group, Q Point AG, Langenthal, Schweiz Zusammenfassung Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Schlagwort, sondern nachhaltiges Handeln wird immer stärker von Menschen und Organisationen, aber auch durch Regulative auf nationaler und/ oder internationaler Ebene gefordert. Heutzutage existiert eine Vielzahl von ausgereiften Technologien, mit denen sich die Wertschöpfungskette des Asphalt-Straßenbaus ökologischer und nachhaltiger gestaltet lässt. Digitalisierung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Mithilfe von digitalen Lösungen lassen sich Einzelprozesse effizienter gestalten und auch prozessübergreifende Optimierungsmöglichkeiten nutzen. Ein geringerer Ressourceneinsatz, höhere Qualität und eine Dokumentation für die Nutzungs- und Entsorgungsphase sind die Folge. Neben den Rahmenbedingungen wird insbesondere auch auf die Chancen durch den Einsatz der Digitalisierung im Asphalt-Straßenbau eingegangen. 1. Einführung Nachhaltigkeit ist in allen Lebens- und Arbeitsbereichen mittlerweile vom Trend zu einer ernsthaften und wichtigen Anforderung geworden. Auch immer mehr Regulative in den unterschiedlichsten Ländern fordern nachhaltiges Handeln. Auf europäischer Ebene existiert eine Vielzahl von Normen und Richtlinien. Im Februar 2022 hat die Europäische Kommission unter dem Titel „Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDD Richtlinie“ einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen angenommen. In dieser Richtlinie werden EU-Großunternehmen in die Pflicht genommen, ein nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten in allen globalen Wertschöpfungsketten zu fördern. Unternehmen spielen beim Auf bau einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft eine Schlüsselrolle [1]. Im November 2022 haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat diese Richtlinie angenommen [2]. Diese Regelung ist auch Teil des „Green Deals“, mit dem die Europäische Union bis 2050 Klimaneutralität erreichen will. Betroffene Unternehmen müssen daher zukünftig in ihrem Lagebericht Informationen gemäß Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bereitstellen. Die CSRD betrifft zunächst alle Unternehmen und Konzerne - unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung -, die im Regelfall an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllen: • Mitarbeiteranzahl ist größer als 250 Personen • Bilanzsumme ist größer als 20 Millionen Euro • Nettoumsatzerlös ist größer als 40 Millionen Euro Damit sind auch viele Straßenbauunternehmen und Betreiber von Mischanlagen betroffen. Letztendlich wird diese aber auch dazu führen, dass sich viele Unternehmen im Wettbewerb stärker mit den Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf die Umwelt auseinandersetzen müssen. Nachfolgend wird nun das Thema „Nachhaltigkeit“ mit dem speziellen Fokus auf den Asphalt-Straßenbau beleuchtet. 2. Wertschöpfungskette Die Wertschöpfungskette bis zur Errichtung im Asphalt- Straßenbau umfasst im Wesentlichen folgende Phasen [3]: Tab. 1: Die Asphalt Wertschöpfungskette und deren Einfluss auf die CO 2 Emissionen [4] Phase A1 A2 A3 A4 A5 Erzeugung und Bereitstellung der Rohstoffe für Asphalt Transport der Rohstoffe zur Mischanlage Produktion von Asphalt in der Mischanlage Transport von Asphalt zur Baustelle Einbau und Verdichtung des Asphalts Anteil CO 2 Emissionen 40 % 14 % 33 % 10 % 3 % 64 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Danach folgen noch die Nutzungsphase (B) und die Entsorgungsphase (C), die ebenfalls Einfluss auf die Nachhaltigkeit des gesamten Straßenbauvorhabens haben. A1) Erzeugung und Bereitstellung der Rohstoffe für Asphalt Immer wieder wird versucht, Rohstoffe wie z. B. Ausbauasphalt, Kunststoff oder sogar Holzkohle [5] zur Erzeugung von Asphalt mitzuverwenden oder herkömmliche Rohstoffe zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Während die Zugabe von Kunststoffen und Holzkohle noch nicht weit verbreitet ist, ist die Wiederverwendung von Ausbauasphalt eine mittlerweile technisch etablierte Lösung, die auch von den Anbietern von Mischanlagen breitflächig unterstützt wird und auch immer mehr in der Praxis ihre Anwendung findet. Der Abbau des Gesteins, die Erzeugung von Bitumen und anderen chemischen Hilfsstoffen sowie der Prozess des Abfräsens benötigen einen entsprechenden Ressourceneinsatz, der sich negativ auf die gesamte Wertschöpfungskette auswirkt und gemäß Tab. 1 auch einen sehr hohen Anteil an den CO 2 Emissionen des Gesamtprozesses verursacht. Die Verwendung von Ausbauasphalt hat allerdings den Vorteil, dass dieser nicht deponiert wird, sondern wieder dem Produktionsprozess zugeführt wird, was sich positiv auf die Ökobilanz auswirkt. Für den Abbau von Gestein werden in der Regel Großmaschinen eingesetzt, die derzeit noch nicht elektrisch betrieben werden. Obwohl es bereits einige Hersteller gibt, die Maschinen mit Strom- oder Wasserstoffantrieb anbieten, sind diese Antriebsarten noch nicht weit verbreitet und stellen die Unternehmen auch vor neue Herausforderungen (z. B. Lagerung von Wasserstoff, Elektrische Stromversorgung). A2) Transport der Rohstoffe zur Mischanlage Der Einsatz elektrisch betriebener LKWs in dieser Phase der Wertschöpfungskette spielt derzeit keine Rolle. Umso näher das Kieswerk jedoch zur Mischanlage ist, umso nachhaltiger ist der Transport. Auch der Schiff- oder Bahntransport, sofern logistisch möglich, stellt eine ökologische Alternative dar, insbesondere dann, wenn diese auch umweltfreundlich angetrieben werden (z. B. Strom aus erneuerbarer Energie, Wasserstoff). In dieser Prozessphase bedarf es noch vieler technischer und vor allem praxistauglicher Innovationen, um massive Änderungen in Richtung einer besseren Nachhaltigkeit zu bewirken. Abb. 1: Betankung eines LKWs mit Wasserstoff [6] A3) Produktion von Asphalt in der Mischanlage Neben dem Einsatz von Recyclingasphalt steht in der Mischanlage eine Vielzahl an technischen Möglichkeiten zur Verfügung, um eine nachhaltigere Produktion zu ermöglichen. Diese reichen von trockenen Lagerräumen für Rohstoffe, dem Einbau von Filtern, optimierten Brennern, Isolationen gegen Wärmeverlust, Einhausungen zur Lärmreduktion bis zur Herstellung von Niedertemperaturasphalt, wo, im Vergleich zu Normalasphalt, eine wesentlich geringere Energiemenge im Zuge des Produktionsprozesses erforderlich ist. Auch alternative Treibstoffe für den Brennvorgang, wie zum Beispiel Flüssiggas (LPG, LNG), Holzpellets, verflüssigtes Biomethan (LBG) oder auch Wasserstoff können helfen, den Produktionsprozess nachhaltiger zu gestalten. Moderne Brenner sind in der Lage, unterschiedliche Arten von Brennmaterialien zu verwenden bzw. diese sogar während des Brennvorgangs zu mischen. Die gewünschte Asphalttemperatur nimmt entscheidend Einfluss auf den Energieverbrauch während der Herstellung. Niedertemperaturasphalt (Warm Mix Asphalt (WMA)) stellt hier eine optimale Alternative dar. Dieser Asphalt hat nicht nur bei der Produktion, sondern auch beim Transport und Einbau Vorteile, da auch weniger Schadstoffe emittiert werden [7]. A4) Transport von Asphalt zur Baustelle Thermisch isolierte LKWs verringern den Temperaturabfall während des Transports. Entscheidend für den Einbau ist die Temperatur des Asphalts bei der Beladung des Fertigers sowie die Information über die Ankunftszeit des LKWs. Obwohl viele LKWs bereits mit Positionssendern ausgestattet sind, ist es bei der Verwendung unterschiedlicher Frächter für die verantwortlichen Mitarbeiter auf der Baustelle nicht einfach, eine exakte Information über den Ankunftszeitpunkt zu erhalten. Gerade diese Information innerhalb der Logistikkette stellt aber eine wichtige Voraussetzung für einen effizienten Einbau dar. In der Praxis wird dieser Information jedoch vor allem dazu verwendet, um allfällige Zusatzkosten aufgrund von Stehzeiten zu erkennen und dem jeweiligen Verursacher zuzuordnen und nicht um daraus eine Optimierung des Einbaus abzuleiten. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 65 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Beim Entladevorgang weisen Abschiebewagen Vorteile gegenüber Kippfahrzeugen auf, weil durch das Abschieben neben der verzögerungsfreien Abgabe des Mischgutes auch eine Entmischung verhindert und daher das Mischgut mit hoher Wärmestabilität abgeben wird [8]. Dies wirkt sich positiv auf den Einbauprozess aus. A5) Einbau und Verdichtung des Asphalts Eine gleichbleibende Asphalttemperatur während des Einbaus und die Kontinuität des Einbauprozesses beeinflussen wesentlich die Qualität des Asphaltbelags. Die Temperaturüberwachung während des Einbaus und der Verdichtung, aber auch die Überwachung der Anzahl der Überfahrten helfen mit, eine optimale und damit nachhaltige Asphaltoberfläche zu schaffen. In vielen Fällen erfolgt dies aber entweder manuell (und daher aufwendig) oder maschinenbezogen, da nur wenige Systeme in der Lage sind, maschinenübergreifende Temperatur- und Verdichtungsinformationen von Fertiger und Walzen zu liefern. 3. Digitalisierung als Beitrag zur Nachhaltigkeit 3.1 Grundlagen Digitalisierungslösungen tragen dazu bei, den Prozess, von der Rohstoffbeschaffung über den Transport und die Produktion bis zum Einbau optimal und mit möglichst geringem Ressourceneinsatz zu gestalten. Sie sind auch in der Lage, Informationen zu verteilen und Qualitätskriterien automatisch zu messen, um Mitarbeiter auf der Baustelle zu informieren, welche Tätigkeiten notwendig sind, um einen qualitativ hochwertigen und damit langlebigen Asphaltbelag zu erhalten. Jede Stunde, die eingespart wird, um den Asphaltbelag einzubauen, jeder LKW, der aufgrund eines optimierten Einsatzes nicht fahren muss, jede Charge, die auf der Mischanlage weniger notwendig ist und jeder Tag, den ein Asphaltbelag länger hält, reduziert die Belastungen der Umwelt und wirkt sich damit positiv auf die Nachhaltigkeit des Straßenbaus aus. Die ideale digitale Wertschöpfungskette stellt unterbrechungsfrei konsistente digitale Informationen für die nachfolgenden Prozessschritte zur Verfügung. Abb. 2: Digitale Wertschöpfungskette 3.2 Just-in-Time („Bedarfssynchrone Produktion“) Während in anderen Branchen die Just-In-Time Fertigung schon lange zum Einsatz kommt, ist der Asphalt-Straßenbau noch zum Großteil weit davon entfernt. Letztendlich könnten aber die zugrundeliegenden Konzepte auch im Straßenbau eingesetzt werden, um eine prozessoptimale, ressourcenoptimale und damit eine nachhaltige Wertschöpfungskette zu realisieren. Digitale Lösungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Grundlage für die Just-In-Time Fertigung ist das Wissen über den Bedarf. In der Automobilindustrie ergibt sich der Bedarf aus den Autokäufen in den verschiedenen Ländern. Aufgrund der standardisierten Bestellvorgänge und den minimalen Möglichkeiten zur Änderung von Bestellungen kann der Bedarf daher sehr genau prognostiziert und die Fertigung darauf optimiert werden. Anders stellt sich die Situation im Asphalt-Straßenbau dar. Der Bedarf ist nicht nur von den geometrischen und baulichen Anforderungen und der zeitlichen Einplanung der Bauausführung abhängig, sondern wird auch von externen Faktoren, wie zum Beispiel dem Wetter, Verfügbarkeit von Maschinen und Personal, beeinflusst. Umso wichtiger ist daher neben einer mittelfristigen Planbarkeit auch eine größtmögliche Flexibilität im Bestellprozess. 3.3 Digitalisierung in der Praxis Die von Q Point entwickelte Lösung Q Site stellt beispielsweise die Möglichkeit zur Verfügung, mittels App oder Webbrowserlösung unverbindliche Anfragen zeitgerecht an das Mischwerk zu senden, um damit einen vorläufigen Bedarf beim Mischwerk anzumelden. 66 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Abb. 3: Digitale Bestellungen am Beispiel der Weblösung Q Site für die Baustelle Abb. 4: Digitales Bestellmanagement am Beispiel der Weblösung Q Plant für die Mischanlage 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 67 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Diese Bedarfsmeldungen werden in Q Plant, der spezialisierten Weblösung für Mischanlagen, gesammelt. Der Bedarf kann, je nach Baufortschritt, jederzeit von der Baustelle aktualisiert werden. Somit erhält die Mischanlage, wenn alle Kunden der Mischanlage Q Site nutzen, immer ein aktuelles Bild der Nachfrage aller Baustellen. Da auch die Kommunikation zwischen Baustelle und Mischanlage mittels Q Plant und Q Site erfolgt, sind alle Vorgänge, Änderungen und Kommentare zentral protokolliert und für alle Beteiligten einsehbar und nachvollziehbar. Mit diesen Informationen ist das Mischwerk daher in der Lage, seinen Rohstoffbedarf bestmöglich abzuschätzen und seine Lieferkette entsprechend darauf abzustimmen. Das ermöglicht eine exakte Rohstoffbeschaffung und trägt daher zu einem nachhaltigen Produktionsprozess bei. Wenn dann der effektive Einbauzeitpunkt fixiert ist und der tatschliche Bedarf feststeht, kann die unverbindliche Bestellung einfach in eine verbindliche Bestellung geändert werden. Da das Mischwerk mittels Q Plant jederzeit online mit allen Baustellen verbunden ist, kann es nun auch auf kurzfristige Änderungen reagieren, identische Rezepte zu einer Produktionscharge zusammenfassen und so optimal und energiesparend produzieren. Durch die Integration mit der Mischanlagensteuerung können zusätzlich Fehler vermieden und Fehlproduktionen ausgeschlossen werden. Auch eine moderne Mischanlagensteuerung wie z. B die as1 von Ammann leistet durch vielfältige Möglichkeiten zur Produktionssteuerung und Optimierung einen Beitrag zu einer möglichst energieeffizienten und emissionsarmen Produktion. Beispielsweise lässt sich durch die dynamische Recyclingzugabe auch während der Produktion der Recyclinganteil verändern, um einerseits einen optimalen Produktionsprozess zu erhalten und andererseits Rezepte mit unterschiedlichen Recyclinganteile einfacher zu produzieren. Abb. 5: Dynamische Veränderung des Recyclinganteils am Beispiel der as1 Steuerungsvisualisierung Ein langlebiger, qualitativ hochwertiger und damit nachhaltiger Asphaltbelag erfordert viel Know-how beim Einbau. Entscheidend dabei sind aber verschiedene Informationen über die Lieferkette und den Fortschritt des Einbauprozesses. Die Digitalisierung kann dabei wesentlich unterstützen. Ein entscheidender Qualitätsfaktor beim Einbau ist der kontinuierliche Einbau. Um diesen sicherzustellen, sind eine möglichst exakte Information über den Lieferzeitpunkt und eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Lieferleistung entscheidend. Dabei hilft beispielsweise die TruckBuddy App, eine mobile Anwendung von Q Point, mit deren Hilfe der LKW-Fahrer nicht nur seinen digitalen Fahrauftrag erhält, sondern es wird auch die Position des LKWs an die Baustelle und an das liefernde Mischwerk übermittelt. Abb. 6: Digitale Fahraufträge am Beispiel der Truck- Buddy App Die Position wird auch auf einer Karte grafisch dargestellt und die aktuelle erwartete Ankunftszeit wird aufgrund des Verkehrsaufkommens live in Q Site angezeigt. Mit diesen digitalen Informationen wird die Grundlage für einen exakten und kontinuierlichen Einbau geschaffen. 68 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen Abb. 7: Darstellung der LKWs im Zulauf (grün) und auf dem Weg zurück zur Mischanlage (grau) am Beispiel von Q Site Fährt der LKW im Auftrag des Mischwerks, erhält auch dieses die Positionsdaten übermittelt, um weitere Fuhren mit dem LKW einplanen zu können. Mischanlage, LKW- Fahrer und Baustelle sind somit zu 100% digital vernetzt und können so optimal arbeiten. Gerade bei einer derartigen Lösung sind Datenschutz und Datensicherheit von entscheidender Bedeutung. Daher kann der Fahrer jederzeit von sich aus die Positionsübermittlung beenden, sobald eine Fahrt abgeschlossen ist. Auch Informationen über die Asphalttemperatur während des Einbaus aber auch während des Verdichtungsprozesses helfen dem Einbauteam, einen langlebigen Asphaltbelag zu schaffen. Digitale automatisierte Mess- und Visualisierungssysteme wie z. B. Q Machines ermöglichen eine positionsgenaue und kontinuierliche Überwachung und Dokumentation der Temperatur, der Überfahrten und der Verdichtung, automatisch und unabhängig vom Maschinenhersteller. Abb. 8: Positionsgenaue Farbkennzeichnung der Anzahl der Überfahrten aller Walzen auf der Baustelle am Beispiel von Q Machines Nur so ist sichergestellt, dass alle Maschinen auf der Baustelle in ein derartiges Visualisierungs- und Dokumentationssystem eingebunden werden können. Dies ist auch vor allem auch bei Arbeitsgemeinschaften von wesentlicher Bedeutung. Auch die Anzahl der Überfahrten der Walzen kann mit Hilfe von Vorgabewerten definiert und mit Q Machines überwacht werden. Jede verdichtungsrelevante Überfahrt wird mittels GPS-Information gezählt und von Q Machines an alle Walzenfahrer verteilt. Damit ist es möglich, genau die optimale Anzahl an Überfahrten durchzuführen. Betriebsstunden und damit Betriebskosten werden minimiert und Emissionen auf der Baustelle reduziert. Bereits eine durchschnittliche Reduktion der Überfahrten von 7 auf 6 führt zu einer Verringerung der Einsatzzeiten und damit des Einsatzes von Betriebsmitteln um 14%, bei einer Reduktion von 7 auf 5 Überfahrten sind es bereits 29%. Nur digitale Lösungen können den Fahrern von Fertigern und Walzen diese Informationen zur Verfügung stellen, um ressourcenminimal einzubauen. Da das System sowohl auf dem Fertiger als auch auf den Walzen eingesetzt werden kann, ist der Schulungsaufwand gering und die Flexibilität maximal. Mit der durchgängigen digitalen Dokumentation entlang der gesamten Wertschöpfungskette liegen fundierte Informationen vor, die bei allfälligen Reparaturen und im Zuge des Rückbaus und der Wiederverwertung verwendet werden können, um diese Aufgaben möglichst umweltfreundlich durchzuführen. 4. Grenzen der Nachhaltigkeit Ein komplexer Prozess, wie der des Asphalt-Straßenbaus, an dem unterschiedliche Unternehmen beteiligt sind, erfordert nicht nur individuelle Lösungen innerhalb des 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 69 Nachhaltiger Straßenbau - Möglichkeiten und Grenzen eigenen Unternehmens, sondern auch unternehmensübergreifende Lösungen. Nur bei der Beachtung der gesamten Wertschöpfungskette können durch Maßnahmen in einem Prozessabschnitt Vorteile in einem anderen Prozessabschnitt erzielt werden, die zu geringeren Emissionen, besserer Qualität und einem rascheren Bauablauf führen. Weniger Sanierungen und kürzere Bauzeiten führen auch zu weniger durch Baustellen verursachte Staus, was sich ebenfalls positiv auf die Nachhaltigkeit des Straßenbaus auswirkt. Investitionen, die sich positiv auf die Nachhaltigkeit der Wertschöpfungskette auswirken sind jedoch teilweise kostenintensiv. Umso mehr ist daher vor allem von den öffentlichen Auftraggebern zu verlangen, nachhaltigen Straßenbau zu fordern aber auch zu fördern. Bei der Vergabe müssen explizit neben den wirtschaftlichen und technischen Anforderungen auch die ökologischen Auswirkungen des Bauvorhabens in den Entscheidungsprozess einfließen, um Unternehmen zu belohnen, die nachhaltig und ressourceneffizient einbauen. Beispielsweise werden in Norwegen Angebote im Straßenbau mittels eines standardisierten Verfahrens (EPD) hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die CO 2 Bilanz bewertet [9]. Dem Anbieter mit der geringsten CO 2 Belastung werden keine fiktiven Kosten zur Angebotssumme addiert. Bei allen anderen Anbietern wird der Angebotspreis fiktiv um 5 NOK je kg CO 2 erhöht. Somit erhalten Anbieter mit besonders niedrigen CO 2 Emissionen im Gesamtprozess eine wesentlich bessere Chance, den Zuschlag zu erhalten. 5. Zusammenfassung Es existiert bereits jetzt eine Vielzahl von Technologien und Lösungen, um den Straßenbau nachhaltiger zu gestalten. Auch Digitalisierungslösungen leisten Ihren Beitrag dazu, den Prozess besser, fehlerfreier und ressourcenschonender abzuwickeln. Während einige Lösungen auch innerhalb eines Unternehmens realisiert werden können (z. B. Digitale Temperatur- und Überfahrtenmessung,) erfordern andere Lösungen die Bereitschaft zur technischen unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit (Digitaler Bestell- und Lieferprozess zwischen Baustelle und Mischanlage). Nicht nur die Bereitschaft der Auftraggeber, nachhaltigen Straßenbau auch entsprechend zu belohnen, sondern auch das Verantwortungsbewusstsein jedes Unternehmens nachhaltig zu arbeiten, so wie es die CSDD Richtlinie vorsieht, sind entscheidende Bausteine für einen zukunftssicheren und nachhaltigen Straßenbau. Literatur [1] Europäischen Kommission - Pressemitteilung vom 23. Februar 2022, Gerechte und nachhaltige Wirtschaft: Kommission legt Unternehmensregeln für Achtung der Menschenrechte und der Umwelt in globalen Wertschöpfungsketten fest, 2022 [2] Rat der EU - Pressemitteilung vom 28. November 2022, Rat gibt endgültiges grünes Licht für die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, 2022 [3] EN 15643-5: 2018, Nachhaltigkeit von Bauwerken - Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden und Ingenieurbauwerken, 2018 [4] Vortrag von Geir Lange auf dem E & E Kongress, November 2022, Wien [5] www.punkt4.info, Grüner Asphalt holt CO 2 dauerhaft aus der Luft, 8. Oktober 2020, abgerufen am 5.12.2022 [6] www.volvotrucks.com, abgerufen am 5.12.2022, © Volvo [7] www.energate.de: Straßenbau: Geringere Asphalttemperaturen schonen das Klima, 25. September 2019, abgerufen am 5.12.2022 [8] www.baunetzwerk.biz/ der-fliegl-asphaltprofi-thermo, 13. November 2014, abgerufen am 5.12.2022 [9] www.epd-norge.no, abgerufen am 5.12.202