eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 3/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2023
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BIM in der Straßenbauverwaltung BW

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2023
Tanja Jakovljevic
Das Thema Digitalisierung ist kaum mehr aus dem Bauwesen wegzudenken. Dabei bilden die drei Wörter „Building Information Modeling“ (BIM) ein Synonym für das digitale Planen, Bauen und Betreiben. Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg (SBV BW) wird den Infrastrukturbau durch den Einsatz von BIM effizienter und zukunftsfähig gestalten. Mit der Veröffentlichung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen in 2021 gibt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) neue Ziele für den Bundesfernstraßenbau vor. Mit der veröffentlichen Zeitschiene stellt das BMDV viele Organisationen vor großen Herausforderungen, bietet damit aber auch Chancen für die Methodik. Die SBV BW hat das Ziel, ab dem Jahr 2025 alle neu zu planenden Bundesmaßnahmen und ab 2027 alle Landesmaßnahmen mit der digitalen Arbeitsmethodik umzusetzen.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 73 BIM in der Straßenbauverwaltung BW Chancen und Herausforderungen bei der Umsetzung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen Tanja Jakovljevic, MBA Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Stuttgart Zusammenfassung Das Thema Digitalisierung ist kaum mehr aus dem Bauwesen wegzudenken. Dabei bilden die drei Wörter „Building Information Modeling“ (BIM) ein Synonym für das digitale Planen, Bauen und Betreiben. Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg (SBV BW) wird den Infrastrukturbau durch den Einsatz von BIM effizienter und zukunftsfähig gestalten. Mit der Veröffentlichung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen in 2021 gibt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) neue Ziele für den Bundesfernstraßenbau vor. Mit der veröffentlichen Zeitschiene stellt das BMDV viele Organisationen vor großen Herausforderungen, bietet damit aber auch Chancen für die Methodik. Die SBV BW hat das Ziel, ab dem Jahr 2025 alle neu zu planenden Bundesmaßnahmen und ab 2027 alle Landesmaßnahmen mit der digitalen Arbeitsmethodik umzusetzen. 1. Einführung BIM steht für eine umfassende digitale Arbeitsmethode beim Planen, Bauen und Betreiben von Infrastrukturmaßnahmen. Auf Grundlage von Modellen werden relevante Informationen und Daten zur geplanten Baumaßnahme erfasst und zentral verwaltet. Ein wesentlicher Bestandteil von BIM-Projekten ist demzufolge die Nutzung einer gemeinsamen Datenumgebung für alle am Prozess beteiligten Partner. Damit wird eine kollaborative und digitale Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten gefördert und relevante Informationen zentral in Echtzeit und transparent bereitgestellt. Das ermöglicht in Zukunft eine transparente Planung, ein kosten- und termingerechtes Bauen sowie eine nachhaltige Instandhaltung der Straßeninfrastruktur in Baden-Württemberg. 2. Masterplan BIM Bundesfernstraßen Die Strategie der BIM-Einführung im Land Baden-Württemberg wird maßgeblich von der Strategie des Bundes beeinflusst. Das BMDV hat am 12.10.2021 einen Masterplan BIM für den Bundesfernstraßenbau veröffentlicht und damit der Digitalisierung im Infrastrukturbau einen weiteren Schub gegeben. Mit der Veröffentlichung des Masterplans verfolgt das BMDV das Ziel, BIM flächendeckend und bundeseinheitlich für die Bundesfernstraßen spätestens ab 2025 einzusetzen [1]. Dabei steht in dem Dokument vor allem das gemeinsame Verständnis von BIM als kooperative, digitale Arbeitsmethode im Fokus und sieht ein dreistufiges Phasenmodell zur Einführung vor (Abb. 1). In der ersten Phase ab 2021 werden die Grundlagen geschaffen, damit BIM nach einheitlichen Standards eingeführt werden kann. In der zweiten Phase wird BIM nach und nach in allen Niederlassungen und Standorten der Autobahn GmbH sowie in den Ländern eingesetzt. In der dritten Phase soll BIM als neuer Regelprozess bei allen Projekten angewendet werden. Für den Implementierungsprozess hat das BMDV bundesweit einheitliche Rahmendokumente für die Projektbearbeitung mit BIM erarbeitet. Die Rahmendokumente sollen in den Phasen eins bis drei des Masterplans sukzessive fortgeschrieben und zu Beginn jeder Phase online auf den Webseiten des BMDV bereitgestellt werden. Langfristig sollen die Rahmendokumente zu einer bundesweit einheitlichen Durchführung der BIM-Methodik im Bereich der Bundesfernstraßen führen. Ziel ist, am Ende der dritten Phase bundeseinheitliche Vorgaben für BIM im Bundesfernstraßenbau mit normativem Charakter zu veröffentlichen. 74 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 BIM in der Straßenbauverwaltung BW Abb. 1: Phasenmodell der BIM-Implementierung, Masterplan BMDV (Quelle: Masterplan BIM, Seite 10 ) 2.1 Strategie BIM der Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg Das Land Baden-Württemberg treibt die Implementierung von BIM intensiv voran. Die SBV BW hat sich zum Ziel gesetzt, im Bereich der Digitalisierung die BIM-Methodik in der eigenen Organisation zum Standard zu erheben. In Anlehnung an den Masterplan BIM im Bundesfernstraßenbau soll auch in der SBV BW eine nachhaltige und stufenweise Einführung der Arbeitsmethodik gelingen. Aus diesem Grund erfolgt die Einführung vom BIM in der SBV BW wie folgt: 1. 2020 - 2023: Voraussetzungen zur Umsetzung schaffen und Umsetzung in den Projekten punktuell initiieren 2. 2023 - 2025: Ausweitung der Umsetzung und Professionalisierung von BIM im Bundesfernstraßenbau 3. 2025: BIM im Regelprozess für alle neu zu planenden Bundesmaßnahmen 4. 2025 - 2027: Ausweitung der Umsetzung und Professionalisierung von BIM bei Landesstraßen 5. 2027: BIM im Regelprozess für alle neu zu planenden Landesmaßnahmen 2.2 Pilotprojekte des Bundes Pilotprojekte stellen ein ideales Werkzeug dar, um BIM in der Praxis zu erproben und die Methodik weiterzuentwickeln. Damit erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben dem theoretischen Fachwissen aus den Schulungen realitätsnah Praxiserfahrungen mit dem Einsatz BIM-Methodik in der Projektumsetzung. Seit 2020 werden landesweit stetig zahlreiche Pilotmaßnahmen gestartet. Die Auswahl der Projekte erfolgt sehr breitflächig, um möglichst viele Erfahrungen aus unterschiedlichen Leistungsphasen und Projektmaßnahmen zu generieren. Ziel ist, in den kommenden Monaten immer mehr Projekte mit zunehmenden Schwierigkeitsgraden umzusetzen. Auf diese Weise gelingt die Einführung iterativ und die SBV BW gewinnt sukzessiv an Erfahrungen, die zu einem landeseinheitlichen Standard weiterentwickelt werden. Alle Facetten der BIM-Methode können dadurch weiterentwickelt und in Zukunft in den Regelprozess eingesetzt werden. 2.3 Chancen und Herausforderungen bei der Umsetzung des Masterplans BIM Die Veröffentlichung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen bietet den Auftragsverwaltungen viele Chancen, stellt diese aber auch gleichzeitig vor viele Herausforderungen. Mit dem im 2021 veröffentlichten Zeitrahmen stellt der Masterplan einen ambitionierten Zeitrahmen für die Implementierung von BIM vor. Ab 2025 soll BIM im Regelprozess bei allen Bundesfernstraßen eingeführt werden. Unter Berücksichtigung aller noch zu evaluierenden Prozessen, (Planen, Bauen, Betreiben und Erhalten) Regelwerken und Richtlinien sowie die organisatorischen Maßnahmen, wie die Beschaffung von technischer Ausstattung und der Auf bau von BIM-Kompetenzen stellt der Zeitrahmen von 4 Jahren die Organisationen vor große Herausforderungen. Beispielsweise sind für die Beschaffung von technischer Ausstattung und die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen notwendig. Zudem ist die Beschaffung bei öffentlichen Institutionen meist mit öffentlichen Ausschreibungen verbunden, die einen gewissen Zeitrahmen zur Vorbereitung, Durchführung und Inbetriebnahme in Anspruch nehmen. Zur Orientierung: Die SBV BW beschafft seit 2020 die notwendigen Voraussetzungen und sieht vor, die letzten Verträge bis Anfang 2023 zu schließen. Es ist davon auszugehen, dass viele Organisationen diesen Prozess erst nach Veröffentlichung des Masterplans angestoßen haben und die Zeitschiene bis 2025 damit bereits zum aktuellen Zeitpunkt kritisch ist. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 75 BIM in der Straßenbauverwaltung BW Gleichzeitig bietet der veröffentlichte Masterplan zu wenig Orientierungspunkte für die Organisationen, die mit der Implementierung von BIM bisher noch nicht begonnen haben. Eine wesentliche, erhebliche Änderung im Masterplan ist die neue Definition von Anwendungsfällen. Bisher hatte sich der Infrastrukturbau an die Anwendungsfälle von BIM4INFRA orientiert. Organisationen, die sich bereits intensiv mit der BIM-Methodik auseinandergesetzt haben, müssen ihre Prozesse nochmals prüfen und ggf. neu aufstellen. Andererseits gibt es Organisationen, die sich erst mit der Veröffentlichung auch dem Thema BIM angenommen haben. Grundsätzlich ist dies zu begrüßen. Jedoch sind wesentliche Dokumente wie die Steckbriefe der Anwendungsfälle im Masterplan bisher nicht vollständig, was den Gesamtüberblick des gesamten BIM-Prozesses erschwert. Das kann dazu führen, dass sich Organisationen aus verschiedenen Quellen das Wissen aneignen und damit eine Standardisierung im Bundesfernstraßenbau vorerst nicht stattfinden kann. Die größte Herausforderung bei der Einführung von BIM ist die Strukturierung und Standardisierung der relevanten Informationen. Bislang existieren für die unterschiedlichen Gewerke in der Straßenplanung, -bau und -betrieb keine einheitlichen Standards für die modellbasierte Arbeitsweise. Nur mit einer phasenübergreifenden Strukturierung und Standardisierung können die zahlreichen Informationen zwischen den Beteiligten im Planen, Bauen und Betreiben beherrschbar und das übergeordnete Ziel von BIM des optimierten Informationsflusses erreichbar. Solang diese Vorgabe seitens des BMDV für einen bundeseinheitlichen Standard nicht veröffentlicht ist, besteht weiterhin in jeder Organisation eine eigene Vorgehensweise. Die Veröffentlichung des Masterplans bietet aber auch Chancen für die BIM-Methodik im Bundesfernstraßenbau. Vor allem hat die Veröffentlichung der BIM-Methodik einen weiteren Schub gegeben. Die Veröffentlichung ist für Ingenieurbüros, Baufirmen, Bauherren und Betreiber ein wichtiges Signal, sich dem Thema anzunehmen und die Organisationen für die Digitalisierung vorzubereiten. Mit dem ambitionierten Ziel, BIM ab 2025 im Regelprozess für den Bundesfernstraßenbau einzusetzen, müssen alle Beteiligte sich mit dem Thema BIM auseinandersetzen und organisationsspezifische Anpassungen durchführen. Vor allem für „BIM-Beginner“ gibt der Masterplan eine grobe Orientierung vor und stellt weitere Veröffentlichungen jeweils zu den Phasenübergängen in Aussicht. Bis 2025 sollen damit alle bundeseinheitlichen Standards vorgegeben und eine einheitliche BIM-Umsetzung im Bundesfernstraßenbau gewährleistet werden. Die Implementierung einer neuen Arbeitsmethodik erfordert Zeit. Es können noch so viele Standards definiert und IT-Ausstattung gekauft werden, wenn der Mensch die Arbeitsmethodik nicht anwendet, wird der Regelprozess nie stattfinden. Umso wichtiger ist es, den Menschen das erforderliche Wissen zu vermitteln, ihn zu unterstützen und die notwendige Zeit für das Einlernen in seiner Rolle zu geben. Das Ziel, die Arbeitsmethodik BIM ab 2025 flächendeckend im Bundesfernstraßenbau umzusetzen ist ambitioniert. Aber mit einer strategischen Informations- und Kommunikationsstrategie, vordefinierten Standards und dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht dem Weg einer erfolgreichen Einführung von BIM nichts mehr entgegen. Literatur [1] Masterplan BIM Bundesfernstraßen, Digitalisierung des Planens, Bauens, Erhaltens und Betreibens im Bundesfernstraßenbau mit der Methode Building (BMDV - Masterplan für die Digitalisierung im Bundesfernstraßen-Bau)