Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0 - die Vorteile der Digitalisierung beim Asphaltbau nutzen
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Vera Schmidt
Thomas Chakar
Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg ist seit Jahren bestrebt, die Qualität der Straßen, insbesondere die Prozessqualität beim Asphalteinbau zu verbessern. Hierzu hat das Land Baden-Württemberg vor vier Jahren ein Handbuch zu den Grundsätzen des Qualitätsstraßenbaus BW 4.0 (QSBW 4.0) eingeführt und setzt es in Baden-Württemberg erfolgreich um. Ziel von QSBW 4.0 ist es, einen kontinuierlichen, gleichbleibend heißen Einbau in einer konstanten Schichtdicke und mit der erforderlichen gleichmäßigen Verdichtung sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden beim QSBW 4.0 die genannten Prozessschritte digital erfasst und überwacht und eine Logistiksteuerung der Lieferung von Asphaltmischgut umgesetzt. Dies ermöglicht es, dass Abweichungen im Bauprozess rechtzeitig erkannt und Gegensteuerungsmaßnahmen frühzeitig ergriffen werden können. Mit Erhöhung der Einbauqualität werden die Erhaltungsintervalle vergrößert und damit Primärrohstoffe geschont. Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg hat zur Unterstützung der Prozesse Rahmenvereinbarungen für Georadarmessungen abgeschlossen und sieht dies bei Bestandsvermessungen mittels Laserscan vor. Darüber hinaus setzt die Straßenbauverwaltung modernste Technologie bei der Bauvorbereitung und -überwachung ein, wie Laserscangeräte und Wärmebildkameras.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 111 Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0 - die Vorteile der Digitalisierung beim Asphaltbau nutzen Vera Schmidt, M. Eng. Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Stuttgart Dr.-Ing. Thomas Chakar Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Stuttgart Zusammenfassung Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg ist seit Jahren bestrebt, die Qualität der Straßen, insbesondere die Prozessqualität beim Asphalteinbau zu verbessern. Hierzu hat das Land Baden-Württemberg vor vier Jahren ein Handbuch zu den Grundsätzen des Qualitätsstraßenbaus BW 4.0 (QSBW 4.0) eingeführt und setzt es in Baden-Württemberg erfolgreich um. Ziel von QSBW 4.0 ist es, einen kontinuierlichen, gleichbleibend heißen Einbau in einer konstanten Schichtdicke und mit der erforderlichen gleichmäßigen Verdichtung sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden beim QSBW 4.0 die genannten Prozessschritte digital erfasst und überwacht und eine Logistiksteuerung der Lieferung von Asphaltmischgut umgesetzt. Dies ermöglicht es, dass Abweichungen im Bauprozess rechtzeitig erkannt und Gegensteuerungsmaßnahmen frühzeitig ergriffen werden können. Mit Erhöhung der Einbauqualität werden die Erhaltungsintervalle vergrößert und damit Primärrohstoffe geschont. Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg hat zur Unterstützung der Prozesse Rahmenvereinbarungen für Georadarmessungen abgeschlossen und sieht dies bei Bestandsvermessungen mittels Laserscan vor. Darüber hinaus setzt die Straßenbauverwaltung modernste Technologie bei der Bauvorbereitung und überwachung ein, wie Laserscangeräte und Wärmebildkameras. 1. Einführung Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg ist seit Jahren bestrebt, die Qualität der Straßen, insbesondere die Prozessqualität beim Asphalteinbau zu verbessern. Hierzu hat das Land Baden-Württemberg vor vier Jahren ein Handbuch zu den Grundsätzen des Qualitätsstraßenbaus BW 4.0 (QSBW 4.0) eingeführt (s. Abb. 1). Dieses Handbuch beinhaltet konkrete Vorgaben zur Planung, Ausschreibung, Vergabe sowie Bauabwicklung mithilfe moderner technologischer Standards: Vor Baubeginn steht bei Projekten mit QSBW 4.0 die Bestandserfassung mit Hilfe eines Straßenscans, der zur Erfassung der vorhandenen Oberfläche dient, sowie eine Georadarerkundung in Verbindung mit der Entnahme von Bohrkernen zur Erfassung des bestehenden Oberbaus. In der Folge wird zur Festlegung des Erhaltungsumfangs der zukünftige Auf bauhorizont definiert. Dieser wird über schichtenweises Fräsen sowie durch Fräsen in variabler Tiefe erreicht. Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg hat zur Unterstützung der Prozesse Rahmenvereinbarungen für Georadarmessungen abgeschlossen, sowie sieht dies für Bestandsvermessungen mittels Laserscan vor. Für eigene georeferenzierte Erfassungen wurden Laserscangeräte beschafft, mit denen flächendeckende Punktwolken selbst erzeugt werden können. Abb. 1: Deckblatt des Handbuchs Qualitäts-Straßenbau Baden-Württemberg 4.0 - QSBW 4.0 [1] 112 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0 - die Vorteile der Digitalisierung beim Asphaltbau nutzen Abb. 2: Maßgebliche Faktoren für eine flächendeckend, gute Qualität im Zuge des Asphalteinbaus Der daran anschließende Wiederauf bau einer Asphaltstraße umfasst folgende wesentliche Schritte (Abb. 2): 1. die Herstellung des Mischgutes in der Mischanlage, 2. den Transport des heißen Mischgutes zur Baustelle, 3. der Einbau auf der Baustelle sowie 4. die Verdichtung. Bei der Herstellung des Asphaltmischgutes spielt bei QSBW 4.0 vor allem die Verladetemperatur eine große Rolle. Diese orientiert sich an der voraussichtlichen Temperatur bei der Anlieferung auf der Baustelle. Ziel ist es, das Mischgut gleichmäßig heiß für die Verarbeitung auf der Baustelle anzuliefern, bei der Herstellung in der Mischanlage jedoch möglichst wenig thermisch zu belasten. Ferner liefert die digitale Anbindung des Wiegesystems Informationen über die momentane Auslastung der Mischanlage. Anschließend wird der Verladezeitpunkt erfasst und die aktuelle Position der Fahrzeuge kontinuierlich bestimmt. In der Folge können der Zeitpunkt und die Temperatur für die Anlieferung auf der Baustelle prognostiziert werden (Abb. 3). Hierbei werden auch Umwelteinflüsse wie beispielsweise ein erhöhtes Verkehrsaufkommen berücksichtigt. Abb. 2: Temperaturverlauf ab Mischgutherstellung über Verladung, Transport und Einbau Schlüsselparameter des Einbauprozesses sind die Einbautemperatur, Fertigergeschwindigkeit und Schichtdicke (Abb. 2). Diese Werte werden baubegleitend dokumentiert und sollen möglichst konstant gehalten werden. Letzter entscheidender Faktor ist die Verdichtung des heißen Asphaltmischgutes. Diese soll angemessen und homogen sein und wird deshalb ebenfalls baubegleitend dokumentiert. Mit der Einführung der niedrigeren Arbeitsgrenzwerte für Dämpfe und Aerosole werden vermehrt Temperaturabgesenkte Asphalte eingebaut. Die digitale Überwachung und Dokumentation der Parameter, Temperatur, Einbau und Verdichtung, kann entscheidend für eine gute Qualität der zukünftigen Niedrigtemperaturasphalte beitragen. Damit die Straßenbauverwaltung sich ein eigenes flächendeckendes Bild zu den Temperaturen machen kann, stehen seit 2021 den Baureferaten Wärmebildkameras zur Verfügung. Auf dem Markt haben sich in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Quell-Technologien etabliert, die von den Baufirmen genutzt werden, um die beschriebenen Anforderungen erfüllen zu können. Darunter fallen Logistikmanagementsysteme, die LKW-Telematik, Flächendeckende Dynamische Verdichtungskontroll-Systeme 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 113 Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0 - die Vorteile der Digitalisierung beim Asphaltbau nutzen (FDVK) oder Softwaresysteme der verschiedenen Mischwerke. Teilweise tauschen diese Systeme Daten über Schnittstellen aus; teilweise handelt es sich aber auch um Insellösungen. Was auf Ebene einzelner Bauunternehmungen bereits eine Herausforderung darstellt, verstärkt sich auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers nochmals deutlich. Die Bauleitung der Straßenbauverwaltung sieht sich zunehmend der Schwierigkeit gegenübergestellt, für jede durchgeführte QSBW 4.0 Maßnahme unterschiedliche und mehrere Quellsysteme handhaben zu müssen (Abb. 3 oben). An diesem Punkt ansetzend, wird zurzeit eine eigene App für die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg entwickelt. Die App und die dahinterliegenden standardisierten Schnittstellen integrieren alle relevanten Daten aus den verschiedenen Quellsystemen für den Auftraggeber und bündeln diese Daten in einer einheitlichen Benutzeroberfläche für die Bauaufsicht. Die eingesetzten Systeme der Bauunternehmen werden weiterhin von diesen genutzt (Abb. 3 unten). Die Integrator-App ersetzt damit keine Quellsysteme, sondern stellt lediglich eine zentrale Schnittstelle für den schnellen und einfachen Datenaustausch mit dem Auftraggeber bereit. Eine implementierte Schnittstelle zwischen dem Quellsystem und der Integrator-App wird vorausgesetzt. Die Integrator-App ist somit ein wesentlicher Schritt in Richtung einer Standardisierung. Dies beschleunigt die Digitalisierung im Straßenbau wesentlich. Insgesamt wird dadurch das digitale Bauen einfacher und damit auch einen guten Schritt vorangebracht. 2. Fazit Ziel von QSBW 4.0 ist es, einen kontinuierlichen, gleichbleibend heißen Einbau in einer konstanten Schichtdicke und mit der erforderlichen gleichmäßigen Verdichtung sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden beim QSBW 4.0 die genannten Prozessschritte digital erfasst und überwacht und eine Logistiksteuerung der Lieferung von Asphaltmischgut umgesetzt. Dies ermöglicht es, dass Abweichungen im Bauprozess rechtzeitig erkannt und Gegensteuerungsmaßnahmen frühzeitig ergriffen werden können. Mit Erhöhung der Einbauqualität werden die Erhaltungsintervalle vergrößert und damit Primärrohstoffe geschont. Seit 2021 wird QSBW 4.0 bei allen Erhaltungsmaßnahmen mit geeigneten Rahmenbindungen und > 6000 m² Fläche als Regelbauweise umgesetzt. Abb. 3: Datenschnittstelle zwischen AN und AG nach aktuellem Stand (Abb. oben) sowie nach Realisierung der Asphaltintegrator-App (Abb. unten) Die Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg hat zur Unterstützung der Prozesse Rahmenvereinbarungen für Georadarmessungen abgeschlossen und sieht vor dies für Bestandsvermessungen mittels Laserscan abzuschließen. Darüber hinaus setzt die Straßenbauverwaltung modernste Technologie bei der Bauvorbereitung und -überwachung mit Laserscangeräten und Wärmebildkameras ein. Darüber hinaus stimmt sich die Straßenbauverwaltung mit der Bauwirtschaft ab, damit die Datenkommunikation zwischen Bauunternehmen und Auftraggeber vereinfacht wird. Literatur [1] Handbuch Qualitäts-Straßenbau Baden-Württemberg 4.0 - QSBW 4.0
