eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 3/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2023
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Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen

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2023
Wolf Uhlig
Zur Dimensionierung des Oberbaus von Straßen benötigen sowohl die empirischen Verfahren nach den RStO 12/20 [RStO 2012] als auch die rechnerischen Verfahren nach den RDO Asphalt [RDO Asphalt 09] und RDO Beton [RDO Beton 09] sowie den in Bearbeitung befindlichen [RSO Asphalt] und [RSO Beton] möglichst praxisnahe Eingangsgrößen der örtlichen Verkehrsbelastung. Da Achslastwaagen in der Regel nur auf Bundesautobahnen im Einsatz sind, standen für das nachgeordnete Netz bisher keine Verfahren zur Erhebung der lokal auftretenden Achslasten zur Verfügung. Im 2022 erschienenen Arbeitspapier AP EDS-1 „Eingangsgrößen für die Dimensionierung und Bewertung der strukturellen Substanz – Teil 1: Verkehrsbelastung“ werden verschiedene Methodiken zur Ermittlung der örtlichen Verkehrsbelastung in Form von Achslastverteilungen beschrieben. Je nach Verfügbarkeit und Relevanz vorhandener Daten zur Verkehrsbelastung im betrachteten Streckenbereich können nunmehr auch Verkehrszähldaten von Dauerzählstellen oder eigene visuelle Fahrzeugerhebungen zur Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs herangezogen werden. Im Beitrag wird der Schwerpunkt auf Methode 3 des Arbeitspapiers gelegt, deren Anwendung insbesondere im Netz der Kreis- und Kommunalstraßen von Bedeutung ist. In diesen Netzbereichen liegen häufig keine entsprechend verwertbaren Datenbestände zu Achslasten oder zur Verteilung der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs vor.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 123 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen Das neue Arbeitspapier AP EDS-1, Teil 1: Verkehrsbelastung Dr.-Ing. Wolf Uhlig Uhlig & Wehling GmbH, Ingenieurgesellschaft, Mittweida Zur Dimensionierung des Oberbaus von Straßen benötigen sowohl die empirischen Verfahren nach den RStO 12/ 20 [RStO 2012] als auch die rechnerischen Verfahren nach den RDO Asphalt [RDO Asphalt 09] und RDO Beton [RDO Beton 09] sowie den in Bearbeitung befindlichen [RSO Asphalt] und [RSO Beton] möglichst praxisnahe Eingangsgrößen der örtlichen Verkehrsbelastung. Da Achslastwaagen in der Regel nur auf Bundesautobahnen im Einsatz sind, standen für das nachgeordnete Netz bisher keine Verfahren zur Erhebung der lokal auftretenden Achslasten zur Verfügung. Im 2022 erschienenen Arbeitspapier AP EDS-1 „Eingangsgrößen für die Dimensionierung und Bewertung der strukturellen Substanz - Teil 1: Verkehrsbelastung“ werden verschiedene Methodiken zur Ermittlung der örtlichen Verkehrsbelastung in Form von Achslastverteilungen beschrieben. Je nach Verfügbarkeit und Relevanz vorhandener Daten zur Verkehrsbelastung im betrachteten Streckenbereich können nunmehr auch Verkehrszähldaten von Dauerzählstellen oder eigene visuelle Fahrzeugerhebungen zur Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs herangezogen werden. Im Beitrag wird der Schwerpunkt auf Methode 3 des Arbeitspapiers gelegt, deren Anwendung insbesondere im Netz der Kreis- und Kommunalstraßen von Bedeutung ist. In diesen Netzbereichen liegen häufig keine entsprechend verwertbaren Datenbestände zu Achslasten oder zur Verteilung der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs vor. 1. Einleitung In der planerischen Praxis wird der Oberbau von Straßenverkehrsflächen - vor allem im nachgeordneten Straßennetz zu Bundesautobahnen - vorwiegend nach den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) dimensioniert, die auf empirischer Grundlage entwickelt wurden. Die Eingangsgröße Verkehrsbelastung geht gemäß RStO in Form der dimensionierungsrelevanten Beanspruchung B in die Ermittlung des Befestigungsauf baus ein. Die aktuellen RStO 12 einschließlich der Korrektur vom Juni 2020 [RStO 2012] unterscheiden das Verfahren zur Ermittlung der B-Zahl in grundsätzlich zwei Methoden. Methode 1 kommt zur Anwendung, wenn lediglich Daten zum DTV (SV) vorliegen. Methode 2 kann angewandt werden, wenn detaillierte Achslastdaten zum betreffenden Planungsabschnitt vorhanden sind. Im Laufe der 30-jährigen Berufspraxis des Verfassers konnte Methode 2 kein einziges Mal zur Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen außerhalb von Bundesautobahnen Anwendung finden. Entsprechende technische Voraussetzungen in Form von Achslastwaagen sind im nachgeordneten Netz in aller Regel nicht verfügbar. Das heißt, dass lediglich die Anzahl der Fahrzeuge des Schwerverkehrs DTV (SV) als rein quantitative Eingangsgröße zur Ermittlung der Belastung aus Verkehr einen unmittelbaren, lokalen Bezug zum Planungsbereich aufweist. Alle weiteren Eingangsgrößen zur Bestimmung der Beanspruchung aus Schwerverkehr (Achszahlfaktor f A , mittlerer Lastkollektivquotient q Bm ) werden im Rahmen der betreffenden Berechnungsmethodik (Methode 1) jeweils auf der Grundlage von lediglich drei straßenklassenspezifischen, deutschlandweit einheitlich geltenden Faktoren festgelegt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die dimensionierungsrelevante Beanspruchung B nach den RStO 12 im Zuge der planerischen Dimensionierung bisher in aller Regel mit entsprechenden Abweichungen zum tatsächlich auftretenden Belastungsniveau durch Schwerverkehrsfahrzeuge ermittelt wurde. Dies äußerte sich nach der Realisierung von Baumaßnahmen oftmals in unerwarteten Abweichungen zur geplanten Nutzungsdauer des betreffenden Straßenabschnittes, leider auch viel zu oft in einer deutlich kürzeren, tatsächlichen Nutzungsdauer. Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen, wurde nach mehrjähriger Bearbeitungszeit im Arbeitskreis 4.5.8 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) ein Arbeitspapier herausgegeben (Abbildung 1), das drei verschiedene Methoden zur Ermittlung der örtlich auftretenden Verkehrsbelastung beschreibt. 124 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen Abbildung 1: AP EDS-1 Für die Anwendung im kommunalen Straßennetz steht vordergründig Methode 3 im Fokus, da hier in aller Regel weder auf gemessene Achslastdaten noch auf Daten von Dauerzählstellen zurückgegriffen werden kann. Der folgende Beitrag verschafft einen Überblick zum Arbeitspapier und geht näher auf die Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs für kommunale Straßen ein. Das Verfahren bildet die Grundlage zur Ermittlung des standardisierten Oberbaus nach Methode 2 der RStO oder für die rechnerischen Verfahren nach den RDO und RSO, wodurch ein den tatsächlichen Verkehrsbelastungen signifikant besser angepasstes Ergebnis zu erwarten ist. 2. Arbeitspapier AP eds-1 Im Arbeitspapier AP EDS-1 werden 3 verschiedene Methoden beschrieben, um alle erforderlichen Eingangsgrößen aus der Verkehrsbelastung für die Standardisierung des Oberbaus sowie für die rechnerische Dimensionierung und Substanzbewertung zu ermitteln. Darüber hinaus sind im AP EDS-1 die fachlichen Hintergründe zur Bestimmung der Kennwerte für die Verkehrsbelastung entsprechend dem aktuellen Wissenstand zusammengestellt. Grundsätzlich sind zur Ermittlung der Eingangsgrößen eigene Datenerhebungen durchzuführen, um das örtlich auftretende Belastungsniveau abzubilden. Sind Datenerhebungen in situ nicht möglich, kann auf das im Arbeitspapier dokumentierte Datenmaterial zurückgegriffen werden. 3. Methode 1: Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs auf der Basis von Verkehrszähldaten Liegen bei der Planung und Vorbereitung von Maßnahmen ausschließlich Verkehrszähldaten vor (DTV (SV) ), stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Verfahren zur Ermittlung der Verkehrsbelastung zur Verfügung, je nach Verfügbarkeit und Relevanz der Daten von Dauerzählstellen. Die Verfügbarkeit und Relevanz einer Dauerzählstelle können anhand folgender Kriterien beurteilt werden: • Die Dauerzählstelle liegt im Betrachtungsbereich oder im unmittelbar angrenzenden Netzbereich. • Die Verkehrsstärke des Schwerverkehrs an der Dauerzählstelle entspricht in etwa der Verkehrsstärke im Betrachtungsbereich. • Die Zusammensetzung der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs an der Dauerzählstelle entspricht in etwa der Zusammensetzung im Betrachtungsbereich. Liegen zwischen Dauerzählstelle und Betrachtungsbereich keine einflussgebenden Knotenpunkte oder Einmündungen, kann von der Relevanz der Dauerzählstelle ausgegangen werden. 3.1 Variante 1: Verfügbarkeit und Relevanz einer Dauerzählstelle im Betrachtungsbereich sind gegeben Ist eine Dauerzählstelle verfügbar und für den Betrachtungsbereich relevant, können neben den hier hinterlegten Daten der Verkehrsstärke auch die Daten aus der Zusammensetzung des Schwerverkehrs genutzt werden. Dazu erfolgt im Datenbestand der Dauerzählstellen in aller Regel die Klassifizierung der Fahrzeugtypen in 5+1 oder in 8+1 Fahrzeuggruppen nach den [TLS 2012] (Abbildung 2 und Abbildung 3). Abbildung 2: Klassifizierung in 5+1 Fahrzeugklassen nach den TLS 2012 Abbildung 3: Klassifizierung in 8+1 Fahrzeugklassen nach den TLS 2012 Die Klassifizierung des Schwerverkehrs ist auf der Grundlage des Datenbestandes der Dauerzählstelle gemäß AP EDS-1 in die vier Schwerverkehrsklassen Bus (Bus), Lkw ohne Anhänger (LoA), Lkw mit Anhänger (LmA) und Sattelkraftfahrzeuge (Sat) vorzunehmen. Bei Klassifizierung der Dauerzählstellendaten in 5+1 Fahr- 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 125 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen zeugklassen können aus der Klasse LkwK die Anteile der Lkw mit Anhänger sowie der Sattelkraftfahrzeuge nach Tabelle 1 ermittelt werden. Tabelle 1: Lastzugzusammensetzungen verschiedener Straßenkategorien nach AP EDS-1 Sind die Anteile der vier SV-Klassen quantifiziert, können zur Ermittlung der zugehörigen Achslastverteilungen die jeweiligen repräsentativen Verteilungen nach AP EDS-1 herangezogen werden (Tabelle 2). Tabelle 2: Repräsentative Achslastverteilungen von Schwerverkehrsklassen nach AP EDS-1 Zur Ermittlung der Anzahl der Achsübergänge können die repräsentativen Achszahlfaktoren des AP EDS-1 als Datengrundlage herangezogen werden (Tabelle 3). Tabelle 3: Repräsentativer Achszahlfaktor f Aj nach AP EDS-1 Der mittlere Achszahlfaktor ergibt sich aus der Summe der gewichteten Achsübergänge pro SV-Klasse zu: mit: Ant j (SV) = durchschnittlicher täglicher Anteil an Fahrzeugen der Fahrzeugklasse mit dem Laufindex j f Aj = repräsentative Achsanzahl der Fahrzeugklasse mit dem Laufindex j Aus der Überlagerung der relativen Achslasthäufigkeiten mit den relativen Anteilen der jeweiligen SV-Klassen, der Anzahl der Fahrzeuge des Schwerverkehrs (DTV (SV) ) und dem mittleren Achszahlfaktor ermittelt sich das dimensionierungsrelevante Achslastkollektiv (Anzahl der Achsübergänge pro Lastklasse). 3.2 Variante 2: Verfügbarkeit und Relevanz einer Dauerzählstelle im Betrachtungsbereich sind nicht gegeben Sind Daten von Dauerzählstellen nicht verfügbar oder für den Betrachtungsbereich nicht relevant, kann die Verteilung der SV-Fahrzeugklassen nach Tabelle 4 vorgenommen werden. Unter Berücksichtigung der zunehmenden Diversifikation der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs im nachgeordneten Netz - insbesondere auf Landes-, Kreis- und Kommunalstraßen - sollten die Fahrzeugklassenanteile dieser Straßenkategorien nach Ansicht des Autors vorzugshalber mittels einer Silhouettenerhebung in situ überprüft werden. Tabelle 4: Schwerverkehrszusammensetzungen verschiedener Straßenkategorien nach AP EDS-1 Die weitere Vorgehensweise zur Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs entspricht Variante 1. 4. Methode 2: Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs auf der Basis detaillierter Achslastdaten Sind entsprechende Daten aus Achslastmessungen verfügbar, ergibt sich das dimensionierungsrelevante Achslastkollektiv auf der Grundlage der gemessenen Achsübergänge pro Achslastklasse: mit: DTA (SV) = durchschnittliche Anzahl der täglichen Achsübergänge DTA (SV) Lk = durchschnittliche Anzahl der täglichen Achsübergänge in der Achslastklasse Damit können die maßgebenden Kennwerte zur Ermittlung der Verkehrsbelastung sowohl nach Methode 2 der RStO als auch nach den rechnerischen Verfahren der RDO und RSO berechnet werden (dimensionierungsrelevantes Achslastkollektiv). 126 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen 5. Methode 3: Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs auf der Basis von Silhouettenerhebungen Die Methodik des Verfahrens beruht auf der Nutzung vorhandener Kenntnisse der Achslastverteilung gesamter Fahrzeugkollektive und einzelner Fahrzeugtypen auf dem Bundesautobahnnetz sowie aus den untersuchten Zusammenhängen zwischen Achslastniveau und Fahrzeugtypverteilung des Gesamtkollektivs. Daraus konnte eine Korrelation von äußerem Erscheinungsbild der Fahrzeuge des Schwerverkehrs (Silhouetten) und dem zu erwartenden Achslastniveau hergestellt werden [Uhlig 2019]. Das nachfolgend beschriebene Verfahren sollte angewandt werden, wenn • keine verwertbaren Daten aus Achslastmessungen vorliegen und • keine relevante Dauerzählstelle für den Betrachtungsbereich genutzt werden kann oder • die Zusammensetzung der Fahrzeugtypen innerhalb der Fahrzeugklassen des Schwerverkehrs im Betrachtungsbereich signifikant von denen auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen bzw. von der betrachteten Dauerzählstelle abweicht. Diese Randbedingungen sind insbesondere im nachgeordneten Netz der Kommunalstraßen respektive Stadtstraßen anzutreffen. Grundlage der Methode sind repräsentative Achslastverteilungen der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs. Die in den TLS definierten 52 Fahrzeugtypen (Tabelle 5) werden im AP EDS-1 um weitere 7 Fahrzeugtypen ergänzt (Tabelle 6), ohne damit Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Tabelle 5: Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs nach den TLS 2012 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 127 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen Tabelle 6: Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs außerhalb der TLS 2012 Für eine konkrete Planungsaufgabe erfolgt zunächst die Erfassung der Struktur des Schwerverkehrs in situ mittels Silhouettenerhebung über einen statistisch relevanten Zeitbereich. Im Ergebnis der nachfolgenden Datenanalyse wird die Verteilung der Fahrzeugtypen bestimmt. Zur Berechnung der Achslastverteilung wird die örtlich gemessene Fahrzeugtypverteilung (ermittelt anhand der Silhouettenverteilung) mit den fahrzeugtypspezifischen, standardisierten Achslastverteilungen nach dem AP EDS-1 überlagert. Unter Berücksichtigung des mittleren Achszahlfaktors sowie der Anzahl der Fahrzeuge des Schwerverkehrs entsteht im Ergebnis das für den betreffenden Straßenabschnitt dimensionierungsrelevante Achslastkollektiv. Dieses basiert damit auf einer ortsbezogenen, messtechnisch erfassten Fahrzeugtypverteilung in Kombination mit der standardisierten Achslastverteilung der einzelnen Fahrzeugtypen. Die Dimensionierung des Oberbaus kann somit auf der Grundlage einer spezifischen Achslastverteilung nach Methode 2 der RStO 12 oder rechnerisch nach den RDO und RSO erfolgen. Der Vorteil des Verfahrens besteht in der Berücksichtigung repräsentativer Achslastverteilungen einzelner Fahrzeugtypen anstelle von Fahrzeuggruppen bzw. Schwerverkehrsklassen. Die in Tabelle 2 ausgewiesenen Achslastverteilungen der Schwerverkehrsklassen wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes [BASt 2019] ermittelt und beruhen auf einer bestimmten Verteilung der einzelnen Fahrzeugtypen innerhalb jeder Schwerverkehrsklasse. Das induzierte Niveau der Straßenbelastung kann jedoch zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen innerhalb einer SV-Klasse sehr unterschiedlich sein. Abbildung 4 verdeutlicht diese signifikanten Unterschiede mittels der Kennwerte q Bm (mittlerer Lastkollektivquotient pro Einzelachse) und AÜ 10t (Anzahl der äquivalenten 10-t-Achsübergange pro Fahrzeugtyp). Abbildung 4: Belastungskenngrößen der häufigsten Fahrzeugtypen auf Autobahnen vom Typ Stadtnah Die grün gekennzeichneten Fahrzeugtypen sind dem niedrigeren Belastungsniveau, die rot gekennzeichneten Fahrzeugtypen dem höheren Belastungsniveau zuzuordnen. In jeder SV-Klasse (Lkw ohne Anhänger, Lkw mit Anhänger, Sattel-Kfz, Busse) sind Fahrzeugtypen zu finden, die sich in ihrem Belastungsniveau um teilweise ein Mehrfaches unterscheiden. Markantestes Beispiel ist der Unterschied zwischen Fahrzeugtyp 8 und Fahrzeugtyp 12, beide zugehörig zur SV-Klasse Lkw ohne Anhänger (LoA). Fahrzeugtyp 12 bringt im Mittel die neunfache Belastung von Fahrzeugtyp 8 auf die Straße. Das bedeutet, dass die prozentuale Verteilung der einzelnen Fahrzeugtypen innerhalb einer SV-Klasse die mittlere Achslastverteilung dieser SV-Klasse wesentlich beeinflusst. Da aber gerade im Netz der kommunalen Straßen eine hohe Heterogenität der Zusammensetzung des SV-Fahrzeugkollektivs zu verzeichnen ist, sollte hier eine fahrzeugtypgenaue Betrachtung als Berechnungsgrundlage für die Verkehrsbelastung herangezogen werden. Insofern ist Methode 3 des Arbeitspapiers als bevorzugte Methode für die rechnerische Ermittlung der Verkehrsbelastung auf kommunalen Straßen zu bewerten. Die detaillierte Vorgehensweise sowie die erforderlichen Datengrundlagen (Achszahlen, repräsentative Achslastverteilungen) sind in Kapitel 7 des Arbeitspapiers AP EDS-1 enthalten. 6. Zusammenfassung und Empfehlung Für Straßenklassen unterhalb von Bundesautobahnen stehen in der Regel keine detaillierten Achslastdaten zur Verfügung. Bei der Planung von Straßenbaumaßnahmen erfolgt die Dimensionierung des Oberbaus daher zum überwiegenden Teil nach Methode 1 der RStO 12. Bezogen auf den Einflussfaktor Verkehrsbelastung (in aller Regel Schwerverkehr) weist somit lediglich der Kennwert Anzahl der Fahrzeuge DTV (SV) einen unmittelbaren, lokalen Bezug zum Planungsbereich auf. Die zur Ermittlung der Beanspruchungswirkung des Schwerverkehrs erforderlichen Kennwerte Achszahl und Achslast werden in 128 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Neue Wege und Methoden zur systematischen Erhaltungsplanung kommunaler Straßen den RStO 12 durch den mittleren Achszahlfaktor f A sowie den mittleren Lastkollektivquotient q Bm berücksichtigt. Für beide Kennwerte sind in Abhängigkeit der Straßenklasse lediglich jeweils drei unterschiedliche, deutschlandweit einheitlich geltende Werte verfügbar. Insofern ist davon auszugehen, dass die im jeweiligen Planungsbereich tatsächlich auftretenden Beanspruchungsgrößen aus Schwerverkehr mitunter deutlich von den Ersatzwerten der RStO 12 abweichen. Die im Arbeitspapier AP EDS-1 beschriebenen Methoden zur Ermittlung der Verkehrsbelastung berücksichtigen die spezifische, örtliche Zusammensetzung des Schwerverkehrs und damit eine weitgehend realistische Größe der Verkehrsbelastung. Im nachgeordneten Netz der kommunalen Straßen ist im Vergleich zu Bundesfernstraßen und Landesstraßen von einer größeren Diversität eingesetzter Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs mit lokal unterschiedlich hohen Anteilen im Gesamtkollektiv auszugehen. Die Anwendung der in den RStO 12 ausgewiesenen, mittleren Werte für Achszahl f A und Lastkollektivquotient q Bm bergen daher eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit der signifikanten Abweichung vom örtlich auftretenden Belastungsniveau durch den Schwerverkehr in sich. Diesem Umstand kann insbesondere mit dem Verfahren nach Methode 3 des AP EDS-1 entgegengewirkt werden. Durch seine Anwendung ist ein deutlich realitätsnäheres, den örtlichen Bedingungen besser angepasstes Ergebnis bei der Dimensionierung des Schichtenaufbaus zu erwarten. Daraus abzuleiten ist ein enorm hohes volkswirtschaftliches Potenzial durch Vermeidung von zu hoch, aber auch zu niedrig ermittelten Schichtdicken kommunaler Straßen. 7. Quellen [BASt 2019] Forschungsprojekt FE 04.0285/ 2014/ ORB „Aktualisierung und Anpassung der Straßenbelastungsdaten für die Dimensionierung“, Bundesanstalt für Straßenwesen Bergisch Gladbach, 2019 [RDO Asphalt 09] Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaues von Verkehrsflächen mit Asphaltdeckschicht, Ausgabe 2009 (RDO Asphalt 09). Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV Verlag, Köln, 2009 [RDO Beton 09] Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung von Betondecken im Oberbau von Verkehrsflächen, Ausgabe 2009 (RDO Beton 09). Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV Verlag, Köln, 2009 [RSO Asphalt] Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen - Asphaltbauweisen (in Vorbereitung) [RSO Beton] Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen - Betonbauweisen (in Vorbereitung) [RStO 12] Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen, Ausgabe 2012 (RStO 12). Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV Verlag, Köln, 2001, einschließlich Korrektur vom Juni 2020 [Sieber 2013] Sieber, R.; Wellner, F.: Die neuen “Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen”, Ausgabe 2012 (RStO 12). Straße und Autobahn, Heft 8-2013, Kirsch-baumverlag Bonn, 594-600 [TLS 2012] Technische Lieferbedingungen für Streckenstationen, Ausgabe 2012 (TLS 2012). Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin, 2012 [Uhlig 2019] Uhlig,W.: Grundlagen für Lastannahmen zur Dimensionierung von Straßenbefestigungen, Dissertation, Technische Universität Dresden, Fakultät Bauingenieurwesen, Dresden, 2019 https: / / nbn-resolving.org/ urn: nbn: de: bsz: 14-qucosa2-337040