Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2023
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Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau
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2023
Anne-Sophie Knappe
Thomas Tschickardt
Björn Lindner
Am 11.11.2022 fand die feierliche Verkehrsfreigabe des ÖPP-Verfügbarkeitsmodell A 10/A 24 zwischen AS Neuruppin und AD Pankow statt. Damit geht das erste Pilotprojekt, bei welchem alle Projektphasen mit BIM aus einer Hand erfolgen in die letzte und längste Phase – Betrieb und Erhaltung. Während der nächsten knapp 25 Jahre wird das Erhaltungsmanagement durch die modellbasierte Visualisierung von Zustands- und Schadensdaten der Ingenieurbauwerke, dem Zustand des Oberbaus sowie den Erhaltungsmaßnahmen an einem Bauwerksinformationsmodell (BIM) unterstützt. Dazu werden die Daten aus SIB-Bauwerke, der ZEB-Befahrung und der Erhaltungsplanung in das BIM eingebunden. Mittels einer Benutzeroberfläche steuert der Anwender die Visualisierung von Zustandsnoten, Messwerten sowie Maßnahmen auf Grundlage eines projektspezifisch und individuell festgelegten Farbschemas. Dadurch soll die Identifizierung von Problemstellen im Zustand der Verkehrsanlage sowie Konfliktstellen bei der Planung von Maßnahmen beschleunigt und somit eine sichere und langlebige Verkehrsinfrastruktur geschaffen werden. Der Beitrag ist eine Fortschreibung von [1], [2] und [3].
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 171 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau Anne-Sophie Knappe, B. Sc. Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Frankfurt am Main Thomas Tschickardt, M. Eng. Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Frankfurt am Main Dipl.-Ing. Björn Lindner Havellandautobahn Services GmbH & Co KG, Oberkrämer Zusammenfassung Am 11.11.2022 fand die feierliche Verkehrsfreigabe des ÖPP-Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24 zwischen AS Neuruppin und AD Pankow statt. Damit geht das erste Pilotprojekt, bei welchem alle Projektphasen mit BIM aus einer Hand erfolgen in die letzte und längste Phase - Betrieb und Erhaltung. Während der nächsten knapp 25 Jahre wird das Erhaltungsmanagement durch die modellbasierte Visualisierung von Zustands- und Schadensdaten der Ingenieurbauwerke, dem Zustand des Oberbaus sowie den Erhaltungsmaßnahmen an einem Bauwerksinformationsmodell (BIM) unterstützt. Dazu werden die Daten aus SIB-Bauwerke, der ZEB-Befahrung und der Erhaltungsplanung in das BIM eingebunden. Mittels einer Benutzeroberfläche steuert der Anwender die Visualisierung von Zustandsnoten, Messwerten sowie Maßnahmen auf Grundlage eines projektspezifisch und individuell festgelegten Farbschemas. Dadurch soll die Identifizierung von Problemstellen im Zustand der Verkehrsanlage sowie Konfliktstellen bei der Planung von Maßnahmen beschleunigt und somit eine sichere und langlebige Verkehrsinfrastruktur geschaffen werden. Der Beitrag ist eine Fortschreibung von [1], [2] und [3]. 1. Projekt „Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24“ Das Projekt „Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24“, welches als eines der Pilotprojekte des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Vorbereitung und Erprobung des vom Stufenplan Digitales Planen und Bauen vorgegebenen Leistungsniveaus 1 ausgewählt wurde, erweist sich für die Anwendung der BIMMethode als besonders geeignet, da wesentliche Teile der Wertschöpfungskette von Planung, Bau und Erhaltung aus einer Hand erfolgen. Auftragnehmer ist Havellandautobahn GmbH & Co. KG bestehend aus der INVESIS, PGGM und der HABAU Group. Planungs- und Bauleistungen werden durch die ARGE A 10/ A 24 Havellandautobahn bestehend aus Wayss & Freytag und HABAU erbracht, Betrieb und Erhaltung erfolgen durch die Havellandautobahn Services GmbH & Co. KG. Für die Erhaltungsphase sind die beiden folgenden Anwendungsfälle zu erbringen: • Visualisierung der Erhaltungsmaßnahmen und • Visualisierung gem. ZTV-Funktion StB A 10/ A 24. Die Anwendungsfälle verfolgen das Ziel die Informationsabfrage schnell und gezielt zu gestalten sowie die Zusammenführung von Daten aus verschiedener Datenquellen zu bewerkstelligen. Die Visualisierung selbst dient der Lokalisierung von Schäden, Problemstellen und der Planung von Erhaltungsmaßnahmen. Aber auch die verbesserte Kommunikation mit Hilfe des Bauwerksinformationsmodells stellt ein wichtiges Teilgebiet dar. Die Anwendungsfälle sind für die BIM-Vertragsstrecke, welche den vierten Bauabschnitt der BAB A 24 umfasst, umzusetzen. Der Bereich von Km-222+675 bis Km-228+675 hat eine Gesamtlänge von 6km und beinhaltet neben den beiden Richtungsfahrbahnen, zwei Tank- und Rastanlagen, ein Brückenbauwerk BW2 und eine Lärmschutzwand. Weiterführende Informationen zum Projekt oder den Grundlagen des Erhaltungsmanagements sowie weiteren BIM-Anwendungsfällen im Projekt sind den vorangegangenen Beiträgen in [1], [2] und [3] zu entnehmen, 2. BIM in der Erhaltungsphase Mit dem enormen Potenzial der Digitalisierung steht der Baubranche ein tiefgreifender Wandel bevor. Insbesondere die BIM-Methodik konnte bereits weitreichende Erfolge in Bereichen wie Effizienz, Transparenz und Kommunikation erzielen. Der Fokus richtet sich sukzessiv von der Planung und Ausführung auch auf den Erhaltungszeitraum, um den lebenszyklischen Ansatz von BIM zu vollenden. Bei steigender Verkehrsbelastung wird es zu einer immer größeren Herausforderung, die dauerhafte und sichere Nutzung der Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten und gleichzeitig den klimapolitischen Zielen gerecht zu werden. Auch um die Masse an Maßnahmen und Bauvorhaben realisieren zu können, ist eine strukturierte und effiziente Erhaltungsplanung unabdingbar. In Anlehnung an die bisherigen Vorteile der BIM-Integration könnte die Nutzung eines Bauwerksinformationsmodells insbesondere aufgrund der steigenden Komplexität der Infrastrukturerhaltung und der Vielzahl mitwirken- 172 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau der Personen einen entscheiden Mehrwert zur Prozessoptimierung generieren. Das Erhaltungsmanagement umfasst verschiedene Aufgabenbereiche, zu denen unter anderem die Datenpflege, die Erfassung und Bewertung des Straßen- und Bauwerkszustands, Erhaltungsstrategien und Maßnahmenplanung gehören. Die gesammelten Daten werden in verschiedenen Dateien und Programmen gespeichert und zwischen den Projektbeteiligten ausgetauscht. Im Fokus steht, eine gemeinsame, intelligente Datenplattform mittels eines Bauwerkinformationsmodells zu generieren, um eine zentrale Verwaltung der Erhaltungsdaten zu gewährleisten. Hierfür, wurden für das Projekt Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24 zwei Anwendungsfälle zur modellbasierten Visualisierung von Erhaltungsdaten definiert. 2.1 Grundlage für die Umsetzung Im vorangegangenen Beitrag wurde die Konzeptionierung, welche im engen Austausch mit dem zuständigen Erhaltungsmanagement entwickelt wurde, vorgestellt [3]. Für die Umsetzung des Anwendungsfalls wird die Software DESITE MD Pro des Anbieters Thinkproject genutzt. Die Software bietet als Koordinationsmodell die Möglichkeit zur Prüfung, Visualisierung, Auswertung und Erweiterung eines 3D-Bauwerksmodells [4]. Des Weiteren besteht die Möglichkeit über HTML-Formulare und JavaScript sowie einer API-Schnittstelle beliebige Anwendungen und Benutzeroberflächen zu programmieren. Über die API kann unter anderem auf die Daten des DESITE-Projekts wie die verschiedenen Domänen, Werkzeuge und Objekte, aber auch auf lokale Dokumente und Datenbanken zugegriffen werden. Das vollständige Programm besteht neben den verschiedenen HTML- Dateien aus CSV-, JSON-, CSS- und Bild und JS-Dateien. Das CSS (Cascading Style Sheet) gibt das einheitliche Design der Oberflächen vor. In den CSV-Dateien werden projektspezifische anpassbare Farbcodierungen für Zustandsnotenbereiche, Messwerte oder Maßnahmen festgelegt. Im JSON-Format werden unter anderem die Nutzereingaben in der HTML-Oberfläche gespeichert, um die letzten Eingaben beim wiederholten Aufruf automatisch einzutragen. Zudem wird im Projektorder ein Ordner „Erhaltungsmanagement“ angelegt. Dieser speichert die später importierten Daten aus SIB-Bauwerke, der ZEB-Befahrung und der Erhaltungsplanung und archiviert diese bei Aktualisierungen. Da SIB-Bauwerke in der aktuellen Version keine Möglichkeit für den Direktzugriff bieten, müssen die Daten zunächst noch manuell heruntergeladen und in ein CSV-Format umgewandelt werden. Die Möglichkeit in SIB-Bauwerke Exporteinstellungen zu speichern, führt hierbei zu einer erheblichen Zeitersparnis. Zur Veranschaulichung der Funktionalitäten wurden für die nachfolgenden Bilder Testdaten angelegt, die keinen tatsächlichen Bauzustand oder vorhandenen Schaden wiedergeben. 2.2 Datenimport Neben der eigentlichen Visualisierung ist der Import und die Auf bereitung der Daten ein entscheidender Schritt, um eine fachlich richtige Visualisierung und Verknüpfung mit den Modellelementen zu gewährleisten. Dazu wird eine eigene Oberfläche angeboten, über welche der Nutzer die entsprechenden CSV-Dokumente auswählen kann. Besonders wichtig ist dabei auch die gleichzeitig stattfindende Datenprüfung. Zum einen wird das Modell durchsucht, ob alle für die Visualisierung und Verknüpfung relevanten Merkmale vorhanden sind, die Farben werden als Materialien angelegt und die importierten Daten auf Vollständigkeit kontrolliert. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Datenprüfung werden diese in einer festgelegten Struktur in das Bauwerkinformationsmodell importiert (siehe Abbildung 1). Die Daten werden geordnet nach Zustandsdaten und Maßnahmen und anschließend zeitlich und Gewerke spezifisch strukturiert. Dadurch können auch vorangegangene Prüfungen jederzeit eingesehen und Zustandsverschlechterungen analysiert und beobachtet werden. Gleichzeitig findet auch die Verknüpfung statt. Die Voraussetzung hierfür ist ein attribuiertes Modell dessen Merkmalwerte mit den importierten Daten übereinstimmen. Abbildung 1 Datenmanagement (Beispieldaten) Die Maßnahmen und Messwerte der ZEB-Befahrung werden nach Fachmodell, Bauteilgruppe und Kilometrierung verknüpft, wohingegen die Daten zum Bauwerkszustand nach Bauwerksnummer und Bauteilgruppe verknüpft werden. Zur Optimierung der Performance 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 173 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau wurden alle Modellelemente zunächst in analoger Strukturierung in ein JSON-Format gebracht. Dies erhöht erheblich die Geschwindigkeit bei der Zuordnung, da nicht wiederholt über das Gesamtmodell iteriert werden muss. Zudem ist hier eine Verfeinerung der Verknüpfung über die Benutzeroberfläche möglich, welche im nachfolgenden Kapitel erläutert wird. Die Verlinkung mit den Modellelementen ermöglicht eine schnelle Informationsabfrage und ist später auch Grundlage für die Visualisierung. 2.3 Visualisierung der Zustandsdaten aus SIB-Bauwerke Die erste Oberfläche zur Visualisierung des Bauwerkszustandes stellt die Teilbauwerksbewertung dar. Danach folgen hierarchisch die Bauteilgruppen- und zuletzt die Einzelschadensbewertung. Die Teilbauwerksbewertung gibt einen Überblick über den Gesamtzustand des Teilbauwerks, listet zugehörige Dokumente wie das Bauwerksbuch und Zustandsberichte auf und stellt Fotos vom Bauwerk über einen Slider zur Verfügung. Durch drei Dropdowns kann zu einer beliebigen Prüfung eines Teilbauwerks gefiltert werden. Dabei ist, durch die beschriebene Ablage der Daten, der Zugriff auf vergangene Prüfungen und damit alte Zustände inbegriffen. Dadurch kann auch die Entwicklung bzw. womöglich die Verschlechterung des Zustandes analysiert werden. Bei Bedarf sind weitere Informationen zum Bauwerk sowie zur Prüfung über die Informations-Buttons abruf bar. Auf dieser, aber auch auf den nachfolgenden Oberflächen wird die Navigation durch automatische Zooms auf Bauwerke bzw. einzelne Modellelemente unterstützt. Abbildung 2 Teilbauwerksbewertung (Beispieldaten) Die Visualisierung auf Bauteilgruppenebene findet wie erwähnt auf der nächsten Hierarchieebene statt. Dort listet eine Tabelle die bei der Bauwerksprüfung bewerteten Bauteilgruppen sowie ihre Maximalwerte für Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit. Die farbliche Einordung der Bewertung findet sich sowohl in der Tabelle und kann durch einen Klick auf die Buttons in dem Tabellenkopf auch auf das Modell übertragen werden (analog Einzelschadensbewertung Abbildung 3). Alle Modellelemente, die mit diesen Bauteilgruppen verknüpft sind, werden entsprechend des Farbschemata eingefärbt und die Modellelemente ohne eine Bewertung werden zur Fokussierung ausgegraut und transparent dargestellt. Alternativ können diese über den Umschalt-Button (toggle-switch) auch vollständig ausgeblendet werden. Auch die Modellelemente mit Bewertung haben eine geringe Transparenz. Grund ist, dass es in der Visualisierung zu Verdeckungen kommen kann. Die Transparenz bewirkt, dass schlechter bewertete Elemente nicht übersehen werden können. Es ist jedoch auch möglich diese unter Materialien nach Belieben anzupassen. Die unterste Ebene ist die Einzelschadensbewertung. Diese gleicht vom Auf bau der Bauteilgruppenbewertung. Jedoch werden nun die bei der Prüfung erfassten Einzelschäden am betroffenen Bauteil visualisiert. Es besteht auch die Möglichkeit nach Bauteilgruppen zu filtern oder durch selektieren eines Modellelements die mit ihm verknüpften Schäden zu filtern. Andersherum kann auch durch einen Klick auf die Lupe neben jedem Schaden nach den verknüpften Modellelementen gefiltert werden. 174 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau Abbildung 3 Einzelschadensbewertung (Beispieldaten) Auch die Tabelle in der Oberfläche wird eingefärbt, um besonders relevante Schäden schnell zu erkennen. Einige Informationen zum Schaden wie die Schadens-ID und die Bezeichnung des Schadens nach ASB-Ing sind bereits auf dieser Oberfläche aufgelistet, um einen ersten Eindruck über die Art und Ausprägung der vorhandenen Schäden zu bekommen. Detailliertere Informationen sind über den Pfeil am rechten Rand jeder Tabellenzeile zu erhalten. Dieser führt den Anwender auf die Oberfläche Einzelschadensinformation. Die Benutzeroberfläche besteht aus den zwei Teilen Lokalisierung und Schadensbeschreibung/ -bewertung. Der erste Teil zeigt alle Merkmale, welche die Position des Schadens genauer beschreiben. Neben der Bauwerks-, Teilbauwerksnummer, Bauteilgruppe und dem betreffenden Bauteil erfasst der Prüfer ebenfalls in welcher Höhe und Breite sich der Schaden am Bauteil befindet. Außerdem gibt der Text des Prüfers oftmals noch genauere Informationen zum Schaden und zur Lokalisierung. Wie bereits angesprochen wird ebenfalls die Möglichkeit angegeben, die Position des Schadens durch eine Verbesserung der Verknüpfung zu konkretisieren. Die Standardisierung der Bauwerksprüfung ist nicht auf dem Stand, dass eine Verknüpfung der später in SIB-Bauwerke vorgehaltenen Daten bis auf Modellelementebene sicher und fehlerfrei durchgeführt werden kann. Aus diesem Grund kann der Anwender bei Bedarf mit Hilfe der dargestellten Informationen sowie dem Schadensbild das richtige Modellelement identifizieren, selektieren und über den Button „Mit selektierten Bauteilen verknüpfen“ den Schaden mit dem Modellelement verknüpfen. Die neue Verknüpfung wird gespeichert und die Visualisierung passt sich automatisch an. Weiter kann auch ein Ansichtspunkt dem Schaden hinzugefügt werden. Es können Zeichnungen, Notizen oder Messungen im Modell vorgenommen und diese dann als Ansichtspunkt mit dem Schaden verknüpft werden. Aktuell wird jedoch nur die Anlage eines Ansichtspunkts je Schaden angeboten. Der zweite Teil ist die Schadensbeschreibung. Informationen wie die Schadens-ID, die Bsp.-ID zum Schaden, Menge und Dimension sind hier angezeigt. Es handelt sich dabei um eine Vorauswahl potenziell relevanter Informationen. Zur Übersichtlichkeit sind weitere importierte Merkmale ausgeblendet, können jedoch jederzeit über das Drop-Down-Feld ausgewählt und somit der Tabelle hinzugefügt werden. Zuletzt gibt es noch die Option dem Schaden eigene Informationen anzufügen. Dies ist prinzipiell nicht Teil des Anwendungsfalls, soll aber die weiteren Möglichkeiten der Entwicklung verdeutlichen. Vorgeschlagen werden dabei zum Beispiel Informationen wie Notizen, notwendige Maßnahmen, Kostenschätzungen etc. 2.4 Visualisierung der ZEB-Messergebnisse Die Messwerte der ZEB-Befahrung sind ebenfalls am BIM-Erhaltungsabschnitt zu visualisieren. Dazu ist zunächst eine importierte ERG-Datei (standardisierte Ergebnisdatei nach ZTV-ZEB) einer ZEB-Messkampagne in einem Drop-Down zu wählen. Folgende Messwerte können anschließend modellbasiert visualisiert werden: • Ebenheiten im Längsprofil • Unebenheiten in Längsrichtung • Unebenheiten vor Belagsübergängen • Ebenheiten im Querprofil • MSPH - maximal fiktive Wassertiefe • MSPT - maximale Spurrinnentiefe • Griffigkeit • Griffigkeit 40 • Griffigkeit 60 • Griffigkeit 80 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 175 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau Abbildung 4 Einzelschadensinformation (Beispieldaten) • Längs- und Querrisse • LQRP - betroffener Plattenanteil • LQRL - mittlere Länge • Eckausbrüche • EABP - betroffener Plattenanteil • WABF - mittlere Länge • Kantenschäden • KASP - betroffener Plattenanteil • KASL - mittlere Länge Für jeden Messwert wurden vorab Farbwerte die einen sehr guten bis sehr schlechten Zustand beschreiben festgelegt. Sollen zukünftig weitere Messwerte mit einbezogen werden, ist diese Festlegung schlicht zu erweitern. In der Benutzeroberfläche sind am unteren Rand immer in Abhängigkeit des ausgewählten Messwerts die Visualisierungsbereiche mit ihren Farbwerten aufgelistet. Es werden zwei Arten der modellbasierten Visualisierung offeriert. Da auch die Modellelemente des Oberbaus mit den Schäden verknüpft sind, kann analog zur Bauwerksvisualisierung die Bewertung direkt an den Modellobjekten dargestellt werden. Wenn man sich jedoch vorstellt, dass der Zustand an einem größeren Streckenabschnitt visualisiert werden soll und man dementsprechend weit aus dem Modell rauszoomen muss, wäre die Einfärbung an einer einzelnen Fahrbahnplatte kaum noch zu erkennen. Daher gibt es zusätzlich die Achsdarstellung. Diese visualisiert die Messwerte nicht an den Objekten, sondern entlang der Hauptachse in den Messabständen der ZEB- Befahrung. Wie auch in der nachfolgenden Abbildung zu erkennen, ist der Streifen zudem länger, je schlechter der gemessene Messwert ist. Dies lenkt den Fokus auf die besonders betroffenen Bereiche. Abbildung 5 Visualisierung der ZEB-Befahrung Zoomt der Anwender weiter an das Modell heran, ist auch die Visualisierung der Modellelemente gut erkennbar. Eine fahrstreifengetrennte Visualisierung ist auf kurzen Distanzen deutlich geeigneter. Die Selektion eines Modellelements des Oberbaus führt dazu, dass in der Oberfläche eine Tabelle mit weiterführenden Informationen angezeigt wird. Dort kann der genaue Messwert fahrstreifengetrennt abgelesen werden. Zusätzlich steht der schlechteste Messwert einer Fahrbahn auch auf dem Streifen in der 3D-Visualisierung. Es können auch mehrere Objekte oder ganze Bereiche selektiert werden, um alle Ergebnisse für einen Messwert zu erhalten. 2.5 Visualisierung der Erhaltungsmaßnahmen Die Visualisierungsoptionen für die Erhaltungsmaßnahmen entsprechen denen für den Zustand am Oberbau. Die Benutzeroberfläche listet alle Maßnahmen der ausgewählten Erhaltungsplanung zeitlich sortiert auf. Die Tabelle kann zusätzlich durch die Filter Anlagenteil und Leistungsort vorgefiltert werden. Eine Auswahl an Informationen wie Jahr der Maßnahme, Bundesautobahn, Richtungsfahrbahn, Maßnahmencode und Fahrstreifen sind spaltenweise aufgeführt während die Tabellenköpfe gleichzeitig ebenfalls als Filter fungieren. 176 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau Abbildung 6 Objektvisualisierung der ZEB-Befahrung (Beispieldaten) Über einen Schieberegler kann die Tabelle nach Maßnahmen bestimmter Jahre, aber auch nach Zeitbereichen durchsucht werden. Weiterführende Informationen zur Maßnahme können analog zu den Einzelschäden über den grünen Pfeil neben den Tabellenzeilen abgerufen werden. Jede Maßnahme hat zudem einen Lupen-Button mittels welchem die zu der Maßnahme gehörenden Objekte eingefärbt werden. In der Streifendarstellung werden die gefilterten Maßnahmen in Streifen parallel zur Achse dargestellt. Die Länge des Streifens reicht dabei von dem Startbis zum Endkilometer der durchzuführenden Maßnahme. Graue schmale Zwischenlinien kennzeichnen Jahreswechsel. Das heißt alle Maßnahmen, die zwischen zwei grauen Linien liegen finden im gleichen Jahr statt. Maßnahmen die näher an der Achse liegen, finden früher statt. Die zeitliche Sortierung ist demnach von innen nach außen. Zur Identifizierung, um welche Maßnahme es sich handelt, ist jeder Streifen mit dem Maßnahmencode versehen. Der Anwender kann auch das Modell selbst nutzen und durch Selektion eines Modellelements zu allen an diesem Objekt durchzuführenden Maßnahmen filtern. Konnte zum Beispiel eine schadhafte Fahrbahnplatte identifiziert werden, kann geprüft werden, welche Maßnahmen in nächster Zeit geplant sind. 2.6 Zusätzliche Anwendungen Die Visualisierung vom Zustand des Oberbaus und von den Maßnahmen kann zudem durch ein Kilometerraster unterstützt werden. Für die Einstellung des Rasters wird eine Achse ausgewählt und anschließend der Start-Kilometer sowie eine Frequenz in Metern festgelegt. Dieses vom Nutzer flexibel eingestellte Raster kann von jeder Oberfläche über einen Button in der Kopfzeile abgerufen werden und soll die Orientierung im Modell vereinfachen. Auch eine dynamische Verknüpfung von Planunterlagen und Dokumenten mit dem Bauwerksinformationsmodell wurde entwickelt. Die Software DESITE MD Pro bietet die Möglichkeit über Verknüpfungsregeln Modellelemente und Dokumente zu verknüpfen. Abbildung 7 Erhaltungsmaßnahmen (Beispieldaten) 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 177 Modellbasierte Visualisierung als Grundlage für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau Abbildung 8 Kilometerraster Da diese, die je nach Dokumentenart abweichende Namenskonvention nicht abbilden konnte, wurde eine dynamische Verknüpfung programmiert. Diese kann sowohl die Differenzen zwischen den Dokumentenarten (z.B. QM-Dokumente, Planunterlagen, Bauwerksbücher) berücksichtigen, als auch die Verknüpfung auf verschiedenen Modellhierarchien umsetzen. Der Anwender kann dann auf einer Benutzeroberfläche nach Dokumenten filtern oder sich alle mit einem Objekt verlinkten Dokumente anzeigen lassen. Zudem können diese direkt über die Benutzeroberfläche geöffnet werden, was eine erhebliche Zeitersparnis bei der Suche nach dem richtigen Dokument bedeutet. Die Merkmalwerte im Modell beinhaltet eine Reihe von Kurzschreibweisen. So steht zum Beispiel die Abkürzung ING für Ingenieurbauwerk. Da die Anwender nicht mit allen Abkürzungen vertraut sind, dient die Oberfläche „Merkmale“ neben dem allgemeinen Auflisten aller Merkmale des selektierten Modellelements, auch zur Übersetzung in die Langschreibweise. Dies wird über eine CSV-Datei bewerkstelligt, in welcher sowohl Kurzals auch Langschreibweise der Merkmalwerte gepflegt werden. Dadurch werden Verständnisschwierigkeiten vermieden und gleichzeitig durch die kurze Schreibweise ein weniger fehleranfälliges und leichter prüf bares Modell erzeugt. 3. Fazit und Ausblick Mit den vorgestellten Benutzeroberflächen werden in erste Linie die projektspezifischen Anwendungsfälle der Erhaltung erfüllt. Es wurde dabei jedoch auch großen Wert auf die Anwendbarkeit der Programmierung für nachfolgende Projekte gelegt. Notwendige Merkmalsbezeichnungen im Modell als auch aus den Prüfungen wurden nicht statisch im Code verbaut, sondern können vom Anwender in CSV-Dateien angepasst werden, um schnell auf mögliche Änderungen reagieren zu können. Wie eingangs erläutert wird der BIM Ansatz in diesem Projekt lediglich in einem von zehn Abschnitten des Gesamtprojektes umgesetzt. Für die effiziente Nutzung und zur Vermeidung von zusätzlichen Aufwendungen in der Erhaltungsplanung ist es daher erforderlich, diese Methodik auf das gesamte Projekt auszuweiten. Aktuell werden die ersten Zustandsdaten der neuen Verkehrsanlage erfasst und sollen dann mit den Benutzeroberflächen visualisiert werden. Mittels der Visualisierung wird die interdisziplinäre Kommunikation sowie die Identifizierung von Schäden und Planung von Erhaltungsmaßnahmen unterstützt. Für ein ganzheitliches Erhaltungsmanagement ist die Benutzeroberfläche zukünftig, um weitere Anwendungsfälle zu erweitern. Dafür bietet jedoch die gewerkeübergreifende Zusammenführung der Daten und gemeinsame Visualisierung eine geeignete Grundlage. Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Beiträge zu dieser Thematik lässt sich sagen, dass die konzeptionelle Ausarbeitung eine gute und wichtige Grundlage für die nun fertiggestellte Programmierung geboten hat. Eine direkte Schnittstelle zu den Datenbanken SIB-Bauwerke und TT-SIB ist erforderlich, um die Datenkonsistenz zu gewährleisten. Des Weiteren wäre auch eine modellbasierte Zustandserfassung in Betracht zu ziehen, bei der die aufgenommenen Schäden direkt mit dem zugehörigen Modellelement verknüpft werden. Damit würde nicht nur die Genauigkeit der Verortung erhöht, sondern auch der Datenimport redundant. Dies erfordert eine Schnittstelle zu den Datenbanken. Eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Nutzung von BIM im Erhaltungsmanagement spielt die Datenqualität. Damit ist ein bundeseinheitlicher Standard für alle Gewerke gemeint. Auch ist die Überarbeitung von Straßeninformationsbanken, Richtlinien und Regelwerken unter Berücksichtigung des BIM-Ansatzes erforderlich. Literatur [1] Tschickardt, Thomas; KNAPPE, Anne-Sophie (2021): Modellbasiertes Erhaltungsmanagement im Verkehrswegebau am Beispiel des Pilotprojekts „Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24“. In: Jürgen Krieger (Hg.): Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur (DTV). Fachtagung über Planung, Bau, Betrieb von Brücken, Tunneln, Straßen digital. Heft 1. Tübingen: expert verlag GmbH, S. 277-286. [2] Tschickardt, Thomas; Krause, Daniel: BIM im Verkehrswegebau am Beispielprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24“ 96 (2019), Nr. 3, S. 259-268 [3] Tschickardt, Thomas: Erste Erfahrung und Mehrwert durch BIM im BMVI Pilotprojekt „Verfügbarkeitsmodell A 10/ A 24“. In: Krieger, Jürgen; Isecke, Bernd (Hrsg.): Brückenkolloquium. Fachtagung für Beurteilung, Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von Brücken: Tagungshandbuch 2020: Tübingen: expert verlag GmbH, 2020 [4] thinkproject: DESITE BIM, online verfügbar unter: https: / / thinkproject.com/ de/ produkte/ desite-bim/ , zuletzt abgerufen: 30.11.2022