eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 3/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
kstr
expert Verlag Tübingen
21
2023
31

Field 2 BIM

21
2023
Jan Köchy
Alexander Haag
Der digitale Zwilling ist ein digitales Abbild eines physischen Bauwerkes. In diesem soll das Modell aus der Planung im Zuge der Bauausführung um Informationen über die tatsächliche Ausführung ergänzt werden. Dies können unter anderem geometrische- oder Qualitätsinformationen sein. Gepflegt wird ein digitaler Zwilling üblicherweise in einem Common Data Environment. Dieses dient von der Projektinitiierung an als gemeinsame Datenumgebung für die Kommunikation und den Datenaustausch der Projektbeteiligten. Durch die Nutzung digitaler Lösungen können Medienbrüche zwischen den Projektphasen vermieden werden. Bei der Pflege des digitalen Zwillings können auch As-Built-Daten von Baumaschinen verwendet werden, die die Ergebnisse ihrer Arbeit automatisiert dokumentieren. Es gibt mit Trimble Quadri ein objektbasiertes CDE, das sich für die Verwalten von Straßenbauwerken eignet. Der digitale Zwilling kann aufgrund der Vielzahl der enthaltenen Informationen eine Entscheidungshilfe bei der Planung von Betrieb und Erhaltung von Straßeninfrastrukturen sein.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 253 Field 2 BIM Nutzung von As-Built-Daten der Bauausführung für einen digitalen Zwilling Jan Köchy, M. Sc. SITECH Deutschland GmbH, Sindelfingen Dipl.-Ing. (FH) Alexander Haag SITECH Deutschland GmbH, Sindelfingen Zusammenfassung Der digitale Zwilling ist ein digitales Abbild eines physischen Bauwerkes. In diesem soll das Modell aus der Planung im Zuge der Bauausführung um Informationen über die tatsächliche Ausführung ergänzt werden. Dies können unter anderem geometrische- oder Qualitätsinformationen sein. Gepflegt wird ein digitaler Zwilling üblicherweise in einem Common Data Environment. Dieses dient von der Projektinitiierung an als gemeinsame Datenumgebung für die Kommunikation und den Datenaustausch der Projektbeteiligten. Durch die Nutzung digitaler Lösungen können Medienbrüche zwischen den Projektphasen vermieden werden. Bei der Pflege des digitalen Zwillings können auch As-Built-Daten von Baumaschinen verwendet werden, die die Ergebnisse ihrer Arbeit automatisiert dokumentieren. Es gibt mit Trimble Quadri ein objektbasiertes CDE, das sich für die Verwalten von Straßenbauwerken eignet. Der digitale Zwilling kann aufgrund der Vielzahl der enthaltenen Informationen eine Entscheidungshilfe bei der Planung von Betrieb und Erhaltung von Straßeninfrastrukturen sein. 1. Einführung Um die Digitalisierung des Straßen- und Tief baus weiter zu verbreiten, ist eine homogenere Nutzung aller Daten im Bauprozess von Nöten. Es fehlt derzeit an einer Schnittstelle, die als Datendrehscheibe für Bauprojekte dient und alle Projektbeteiligten zusammenbringt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sieht in einer besseren Kommunikation und einer transparenteren Arbeitsweise einen Schlüssel für effizienteres Planen und Bauen [1]. Diesem Mangel kann mit einer gemeinsamen Datenumgebung, dem sogenannten CDE begegnet werden. Im CDE arbeiten alle Baubeteiligten in einem virtuellen Projektraum transparent zusammen. Um die Datennutzung auch während der Bauausführung aufrechtzuerhalten, werden Maschinensteuerungssysteme für Baumaschinen eingesetzt. Diese bekommen nicht nur Planungsdaten aus dem Büro zur Verfügung gestellt (BIM2Field), sondern dokumentieren beim Arbeiten den Baufortschritt in Geländemodellen. Dabei wird aus dem Datenfluss, der momentan in einer Einbahnstraße auf die Baustelle fließt, ein Krauslauf, der As-Built-Daten für die Weiterverarbeitung ins Büro übergibt. Diese so erzeugten Modelle können anschließend genutzt werden, um im Büro einen digitalen Zwilling aus As-Built-Daten von der Baustelle zu pflegen (Field2BIM). Der folgende Text zeigt in diesem Zusammenhang die technischen Möglichkeiten der Einbindung von Baumaschinensteuerungen in digitale Bauprozesse auf. Im Ergebnis soll ein Eindruck darüber vermittelt werden, an welchem Punkt die Digitalisierung von Straßen- und Tief baustellen aktuell steht, an welchen Stellen Änderungen des Status Quo erforderlich werden und wie der Betrieb von Straßeninfrastruktur in Zukunft in die Nutzung der As-Built-Daten eingebunden werden kann. 2. Technische Möglichkeiten Das Ziel der Modellerstellung muss es sein, Planungsdaten möglichst nahtlos für verschiedene Aufgaben verwenden zu können. Dabei sind Medienbrüche unbedingt zu vermeiden. Diese entstehen in der Regel dann, wenn Daten im falschen Austauschformat von einer Projektphase in die nächste oder von einem Projektbeteiligten an einen anderen übergeben werden. Die größten Medienbrüche finden beim Übergang von der Planungsin die Ausführungsphase und beim Übergang von der Ausführungsin die Betriebsphase statt. Die Planung etwa verliert an Nutzen, wenn sie für die Arbeit auf der Baustelle auf Papier (*.pdf) gedruckt werden muss. Physische Ausdrucke werden zwar auch künftig genutzt werden, doch sollten möglichst viele Aufgaben mit digitaler Unterstützung erledigt werden. Der Einsatz von Maschinensteuerungssystemen für die Bauausführung bietet vielfältige Möglichkeiten, die Daten der Planung direkt für die Steuerung von Baumaschinen zu verwenden. Wenn von gesteuerten Baumaschinen die Rede ist, ist damit eine Baumaschine gemeint, die dem Maschinis- 254 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Field 2 BIM ten mithilfe eines Positionierungssystems die Lage des genutzten Werkzeugs (z. B. der Schneide eines Baggerlöffels) direkt im geplanten Modell anzeigt. Die Positionierung im Feld erfolgt dabei entweder satellitengestützt (GNSS) oder mithilfe optischer Vermessungsinstrumente (Robotik-Totalstation). Diese Technologie wird heute flächendeckend auf vielen Maschinen genutzt. Auf einigen Baumaschinen, wie dem Motorgrader oder der Schubraupe, ist der Einsatz einer Baumaschinensteuerung bereits der Standard. Durch die Anbindung von Baumaschinen an eine Cloud kann dem Maschinisten ein Entwurf direkt vom Büro aus zur Verfügung gestellt werden. Bei integrierten Cloudlösungen können Dateien direkt aus einem CAD an eine Maschine übergeben werden. Neben der Zeitersparnis durch nicht erforderliche Fahrten zu Baumaschinen steigert dieses Vorgehen direkt die Qualität der Bauausführung, da die Planung nicht erst in einem Zwischenschritt z. B. in Form eines Schnurgerüstes auf das Baufeld übertragen werden muss. Allein durch den Einsatz einer Baumaschinensteuerung lässt sich also ein Medienbruch und damit eine potentielle Fehlerquelle vermeiden. Die folgenden Absätze sollen einen Überblick darüber geben, welche technologischen Möglichkeiten für die Digitalisierung von Baustellen darüber hinaus zur Verfügung stehen und welchen Nutzen diese für Baubeteiligte haben. 2.1 Projektabwicklung mithilfe eines Common Data Environment Eines der wesentlichen Ziele der Methode BIM ist die Verbesserung der Kommunikation und der Transparenz in der Abwicklung von Bauprozessen [1]. Diese Ziele werden unter anderem durch die Nutzung eines Common Data Environment (CDE) erreicht. Mit CDE ist eine gemeinsame Datenumgebung gemeint, in der alle Projektbeteiligten zusammenarbeiten und sämtliche (relevanten) Projektinformationen abgelegt und organisiert sind. Ganz praktisch ist ein CDE also in aller Regel ein Cloud-Speicher, in dem Projektdateien abgelegt werden können. Die Relevanz des Themas CDE wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bestätigt. Die Nutzung eines CDE wird an verschiedenen Stellen im Masterplan BIM Bundesfernstraßen empfohlen [2]. Im Rahmendokument Datenmanagement werden die Anforderungen an ein CDE konkretisiert [3]. Demnach liegt die Verantwortung für ein CDE beim Auftraggeber. Dieser stellt einen BIM-Manager für die Einrichtung und Überwachung des CDE. Informationen können je nach Berechtigung von allen Nutzern beigesteuert und / oder eingesehen werden. Angebunden werden können an ein CDE über den gesamten Lebenszyklus alle Beteiligten eines Projektes. Dabei handelt es sich angefangen bei der Projektinitiierung unter anderem um verschiedene Fachplaner und Gutachter, über die Planung mit verschiedenen Ingenieurbüros, über die Ausführung mit unter Umständen mehreren Auftragnehmern, Subunternehmern, Bauüberwachern, usw. bis zum Betrieb mit den Straßenmeistereien. In einem CDE können alle HOAI-Leistungsphasen dokumentiert werden. Im Bedarfsfall kann so auch zum Zeitpunkt der Bauausführung noch nachvollzogen werden, warum in der Vorplanung die Entscheidung für eine bestimmte Variante getroffen wurde. Mithilfe von verschiedenen Nutzungsberechtigungen wird sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter im Projekt alle (aber auch nur die) für ihn relevanten Informationen zur Verfügung hat. Dies wird am Beispiel des Wechsels von einer Leistungsphase in die nächste deutlich: Natürlich muss das Ergebnis einer Phase (z. B. die abgeschlossene Entwurfsplanung) den Akteuren einer anderen Phase (hier: Ausführungsplanung) übergeben werden, doch können viele Informationen (z. B. der Schriftverkehr) archiviert werden. Archivierte Daten werden innerhalb des CDE auf bewahrt, doch den Folgebeteiligten nicht zur Verfügung gestellt. Die Auswahl, welche Dateien archiviert und welche für eine Folgephase relevant sein können, trifft der BIM-Manager des Auftraggebers. Als Administrator stehen ihm alle Daten zur Verfügung, er steuert jedoch, wem welche Daten in einer neuen Phase freigegeben werden. Für das Einrichten und die Einhaltung der Ordnung innerhalb eines CDE ist ebenfalls der BIM-Manager des Auftraggebers verantwortlich. Für den Informationsaustausch sollte ein Kommunikationsmodell gepflegt werden. Dieses beinhaltet den aktuellen Stand aller Gewerke in einem zusammengefassten Modell. In diesem Modell werden Daten verschiedener Gewerke oder Fachabteilungen in verschiedenen Dateiformaten miteinander verschnitten und so eine Gesamtansicht des aktuellen Planungsstandes erzeugt. Dieses Kommunikationsmodell steht allen Beteiligten zur Verfügung und gilt als single source of truth. Gemeint ist mit diesem Ausdruck, dass dieses Modell als gegenwärtiger Stand der Planung gilt. Wann immer Beteiligte Informationen aus dem Modell entnehmen, können Sie sicher sein, dass sie den aktuellen Stand verwenden. Änderungen müssen deshalb umgehend eingepflegt werden. Durch dieses Verfahren wird vermieden, dass Projektbeteiligte mit unterschiedlichen Planständen arbeiten. Es entfällt in der Konsequenz das Hantieren mit Papierplänen unterschiedlicher Indizes. Zusätzlich kann ein CDE das Projektmanagement bei weiteren Aufgaben unterstützen. So gehört häufig ein Aufgabenmanagement zum Funktionsumfang eines CDE. Damit werden Aufgaben innerhalb der Projektgruppe an andere Beteiligte zugewiesen. Zur Präzisierung von Aufgaben können Ansichten aus Modellen und Plänen zu Aufgaben hinzugefügt werden. So wird eine fehlerfreie Kommunikation ermöglicht. Eine Kommentarfunktion erlaubt die Diskussion von Detailansichten oder Aufgaben direkt am Modell. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 255 Field 2 BIM Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Verwendung eines CDE im ersten Schritt natürlich eine Änderung der Prozesse der Projektbeteiligten bedeutet. Da sich die Änderung im Wesentlichen jedoch lediglich auf den Speicherort für Dateien und Pläne bezieht, bedeutet die Änderung keinen großen Mehraufwand. Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang, dass mit der Nutzung eines CDE eine neue Art der Kommunikation ermöglicht wird. Damit verbunden sind unter Umständen einige Änderungen in Bezug auf die Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Modellpflege und der Kommunikation. Im Gegenzug gewinnt ein Projekt durch die Nutzung eines CDE an Transparenz und sorgt für eine präzisere Kommunikation. Durch die Visualisierung von verschiedenen Planungsdaten und die Verschneidung von Daten verschiedener Beteiligter und verschiedener Formate kann ein CDE zur single source of truth für Bauprojekte werden. 2.2 BIM 2 Field Der Workflow, bei dem Daten aus einem Modell an eine Baustelle übertragen werden, wird als BIM 2 Field bezeichnet. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Planungsdaten bereits mit der Methode BIM erzeugt und bereitgestellt wurden. Um alle Vorteile der Methodik ausnutzen zu können, sollten die Daten in einem CDE abgelegt sein. In diesem Fall handelt es sich beim Modell bereits um ein georeferenziertes 3D-Modell, das direkt für die Umsetzung genutzt werden kann. In der Regel werden die Informationen des Modells für verschiedene Anwendungsfälle jedoch ausgedünnt, um den Nutzern der Daten (den Maschinisten) nur die für ihre Aufgabe notwendigen Informationen bereitzustellen. Aus dem Gesamtmodell werden also einzelne Entwürfe erzeugt, die die Informationen für bestimmte Aufgaben enthalten. Dies können beispielsweise 3D-Linien für den Kanalbau oder Oberflächen für den Straßenbau sein. Mit diesen Daten können dann Geräte auf Baustellen, wie etwa Bauvermessungsgeräte oder gesteuerte Baumaschinen, direkt arbeiten. Für BIM 2 Field empfiehlt es sich, gesteuerte Baumaschinen durch die Montage eines Modems mit dem Internet zu verbinden. Neben den Möglichkeiten, Standortinformationen der Maschine in Echtzeit zu erhalten und im Supportfall per Fernzugriff auf die Maschine zugreifen zu können, bietet die Internetanbindung vor allem den Vorteil, dass Planungsdaten und Entwürfe über das Internet mithilfe einer Cloud auf Baumaschinen und Vermessungsgeräte übertragen werden können. Baustellengeräte bedienen sich also direkt an den Planungsdaten in der Cloud. Diese Cloud ist nicht mit dem übergeordneten CDE zu verwechseln. Im Gegensatz zum CDE, welches vom Auftraggeber verwaltet wird, handelt es sich bei der Cloud für die Anbindung von Maschinensteuerungen und Bauvermessungsgeräten um eine herstellerspezifische Lösung, die das ausführende Unternehmen für die eigenen Geräte verwaltet. Mithilfe von Cloud-to- Cloud-Verbindungen können das CDE des Auftraggebers und die Clouds der ausführenden Unternehmen jedoch kommunizieren und Entwurfsdateien synchronisieren. Ein limitierender Faktor der Methode ist, dass die Steuerungssysteme verschiedener Hersteller von Maschinensteuerungssystemen nicht zwangsläufig miteinander kompatibel sind. Auch, wenn sich auf einige offene Dateiformate geeinigt wurde (z. B. *.xml), müssen Planungsdaten nach wie vor häufig in die herstellerspezifischen Entwurfsformate umgewandelt werden. Dies führt dazu, dass ein weiterer Bearbeitungsschritt bei der Bereitstellung von Daten für die Umsetzung auf der Baustelle erforderlich werden kann. Auch die Kommunikation der Clouds untereinander funktioniert aktuell nur eingeschränkt. Künftig ist jedoch zu erwarten, dass sich Anbieter von Cloud- Lösungen immer mehr öffnen und die Vernetzung der verschiedenen Clouds vorangetrieben wird. 2.3 Field 2 BIM Das Übertragen von Daten von der Baustelle ins Büro wird als Field 2 BIM bezeichnet. Dabei werden beispielweise Zwischenstände oder die Qualität eines Bauteils dokumentiert. Das Aufmaß kann auf verschiedene Weise erfolgen. Der Ablauf beim Aufmessen von Elementen mit klassischen Vermessungsmethoden wird hier nicht genauer betrachtet. Auch dabei können die Ergebnisse eines Aufmaßes mithilfe der Cloud nahtlos ins Büro übertagen werden und so unabhängig von Fahrzeiten weiterverarbeitet werden. Besondere Erwähnung soll an dieser Stelle die Dokumentation mithilfe einer Baumaschinensteuerung finden. Die Voraussetzung ist auch hierfür, dass Baumaschinen mit einem Positionierungssystem ausgestattet und in einer Cloud vernetzt sind. Die Nutzung von gesteuerten Baumaschinen eröffnet die Möglichkeit, die Maschinen bei der Arbeit am Modell den IST-Zustand dokumentieren zu lassen. Wann immer eine Maschine an einem bestimmten Entwurf arbeitet, zeichnet sie für jeden Übergang im Gelände Daten auf [Abb. 1]. Dabei ist auf Maschinen mit einer Baumaschinensteuerung von Trimble neben dem Modem für die Vernetzung keine zusätzliche Hardware erforderlich. 256 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Field 2 BIM Abb. 1: Beispielhafte Darstellung einer Überfahrtenkarte für eine Raupe in Trimble WorksOS Die erfassten Daten lassen sich in zwei Kategorien einteilen: 1. Qualitätsdaten: Damit sind sowohl geometrische Daten (Koordinaten) einschließlich der erreichten Genauigkeit der gemessenen Punkte, als auch gemessene Werte am verarbeiteten Material gemeint. Dies können beispielsweise Verdichtungswerte oder die Temperatur von Asphalt sein. Weiterhin werden unter anderem die Fahrtrichtung, die Fahrgeschwindigkeit und der genutzte Entwurf automatisch aufgezeichnet. 2. Metadaten: Für jede Überfahrt werden Informationen über Datum und Uhrzeit, Maschinenname, Durchgangsnummer, usw. dokumentiert. Mit diesen Daten lässt sich genau nachvollziehen, wann ein bestimmter Punkt im Baufeld von welcher Maschine mit welchem Entwurf usw. überfahren wurde. Die Software Trimble WorksOS erstellt im Ergebnis aus den Daten der einzelnen Überfahrten Geländemodelle, die für ein As-Built-Modell verwendet werden können [Abb. 2]. Verschiedene Filter ermöglichen es dem Nutzer exakt die Daten zu exportieren, die für die Dokumentation benötigt werden. So werden für die Dokumentation eines Aushubs andere Parameter abgefragt als für die Dokumentation eines Materialeinbaus. Für die Filterung stehen umfangreiche Optionen zur Verfügung. Es kann beispielsweise danach gefiltert werden, mit welchen Entwurf Maschinen gearbeitet haben, ob der Automatikmodus der Maschinensteuerung eingeschaltet war, in welchem Zeitraum gearbeitet wurde usw. So können zielgerichtete Abfragen für verschiedene Bauaufgaben erstellt werden. Durch die korrekte Nutzung von Filtern wird sichergestellt, dass nur die Daten dargestellt werden, die Relevanz für das Projekt haben. Für den Erfolg der Dokumentation sind einige Rahmenbedingungen zu beachten: Bei dem vorgestellten Vorgehen sind keine Arbeitsschritte des Maschinisten für die Dokumentation erforderlich. Die Maschinensteuerung dokumentiert kontinuierlich Daten beim Arbeiten im Modell und die Auswahl der richtigen Daten erfolgt erst im Nachhinein im Büro. Es ist daher von besonderer Bedeutung, eine strenge Entwurfsstruktur einzuhalten, damit die Auswahl der richtigen Daten anhand der Filter zuverlässig funktioniert. Daneben ist zu beachten, dass beim Verdichten von Material ein Walzmaß beachtet werden muss. Abhängig davon, ob im Aus- oder im Einbau gearbeitet wird, wird eine Raupe beispielsweise einige Zentimeter zu hoch oder zu tief schieben. Das von einer Raupe erzeugte Geländemodell kann daher Informationen darüber bieten, ob die Gefällesituation korrekt umgesetzt und die Oberfläche gleichmäßig hergestellt wurde, es dient jedoch nicht zur Abschätzung der tatsächlichen Höhe. Besonders empfehlenswert ist aus diesem Grund die Verwendung der Daten von gesteuerten Walzen. Diese dokumentieren bei ihrem letzten Übergang die tatsächlich hergestellte Höhe nebst Verdichtungswerten. Die Genauigkeit der Ergebnisse hängt von der Genauigkeit der genutzten Steuerungssysteme ab. Je nach äußeren Umständen wird bei Nutzung einer satellitengestützten Maschinensteuerung eine Genauigkeit von zwei Zentimetern in Lage und Höhe erreicht. Bei Nutzung einer Totalstation ist eine Lage- und Höhengenauigkeit von etwa einem 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 257 Field 2 BIM Zentimeter zu erwarten. Bei der As-Built-Dokumentation erfährt diese Genauigkeit jedoch eine Einschränkung. Während der Auswertung der As-Built-Daten mit Trimble WorksOS wird das Planum in kleine Quadrate eingeteilt. Dies dient dem verbesserten Handling der anfallenden Datenmengen. Durch die Nutzung dieser Quadrate kann es in den Randbereichen eines Planums zu einer Lageabweichung von maximal 17 Zentimetern kommen. Dies schränkt die Nutzbarkeit der Daten für hochpräzise Aufgaben wie die Erstellung einer Schlussrechnung ein. Für andere Aufgaben stellt diese Einschränkung jedoch kein Problem dar. So können die Daten z. B. für die Abschätzung des Baufortschrittes und damit verbunden für die Erstellung von Abschlagsrechnung verwendet werden. Auch für die Überprüfung der Kalkulationsansätze von Bauunternehmen anhand der As-Built-Leistungsdaten von Baumaschinen sind die von gesteuerten Baumaschinen aufgezeichneten Daten geeignet. Abb. 2: Beispielhafte Darstellung eines von einer Raupe erzeugten Geländemodells nach dem Export aus Trimble WorksOS. 3. Der digitale Zwilling Die Daten aus dem zuvor vorgestellten Prozess können für den Auf bau eines digitalen Zwillings verwendet werden. Dabei handelt es sich um ein digitales Abbild eines physischen Bauwerkes. Die Grundlage des Zwillings ist das Modell aus dem Planungsprozess. Bei Verwendung eines CDE wird nur das Ergebnis der Planungsphase als Modell übergeben. Alte Planstände sind zwar dokumentiert, werden jedoch nicht zwingen an Ausführende übergeben. Da die Planung jedoch in den seltensten Fällen 1: 1 umgesetzt werden kann, muss das Modell im Zuge des Baufortschrittes an die realen Gegebenheiten angepasst werden. Dies kann unter anderem durch Vermessungsdaten oder durch Daten von Baumaschinen erfolgen. Für einige Anwendungsfälle ist das Bestandsaufmaß der fertigen Leistung ausreichend. Hierzu werden in der Regel nach Abschluss von Baumaßnahmen die fertigen Leistungen dokumentiert. Die Dokumentation von überbauten Anlagen oder Schichten wird dabei jedoch nicht erfasst. Ergänzt wird das Bestandsaufmaß zur Dokumentation in der Praxis um Skizzen auf Papier aus der Bauausführung. Diese lassen sich jedoch nicht ohne weiteres in den digitalen Zwilling übernehmen. Überbaute Leistungen werden daher oft nicht ausreichend dokumentiert. Abhilfe schaffen kann an dieser Stelle der Einsatz der in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Technologie. Damit kann für jede Einbaulage einer ungebundenen Schicht die Höhe nebst Verdichtung dokumentiert werden. So lässt sich ein digitaler Zwilling aus einzelnen tatsächlich hergestellten Schichten zusammenbauen. Auch Störungen wie Rohrgräben werden von Baumaschinen erfasst und können an den digitalen Zwilling übergeben werden. An einzelne Objekte im digitalen Zwilling können weitere Dateien mit Zusatzinformationen angehängt werden. Dies sind beispielsweise Fotos, Prüf berichte oder Wetterdaten. So entsteht aus einer Vielzahl verschiedener Informationen ein vollumfängliches Modell, mit dem die Daten der Planung, der Ausführung und der Abnahme (mit der abschließenden Bestandsvermessung) zusammengeführt und festgehalten werden. 258 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Field 2 BIM 3.1 Nutzung eines objektbasierten CDE für den Aufbau von digitalen Zwillingen Eine besondere Form eines CDE stellt die Software Trimble Quadri dar. Historisch ist das Programm aus einer GIS-Anwendung entstanden. In der heutigen Weiterentwicklung können in Quadri alle Informationen (Dateien) als Objekt abgelegt und visualisiert werden. Anders als andere CDE handelt es sich bei Quadri nicht um ein datei-, sondern um ein objektbasiertes CDE. Die Informationen werden in Quadri nicht als Datei in ihrem ursprünglichen Dateiformat abgelegt, sondern jede Datei wird beim Veröffentlichen in Quadri mithilfe eines Konvertierungstools in das Modell importiert. Abhängig davon, welcher Objektkatalog im Projekt verwendet werden soll, werden Konvertierungsregeln für die benötigten Dateiformate definiert. Diese Regeln übersetzen Informationen aus dem Ausgangsformat (z. B. Name eines Layers) in Attribute von Objekten im Zielmodell. Elemente in Quadri haben daher keine Dateiformate im klassischen Sinne mehr. Im Ergebnis sind in Quadri in einem grafischen Modell alle Informationen zum Projekt zusammengefasst. Für den Im- und Export stehen Connectoren zu einer Vielzahl von Programmen zur Verfügung, mit denen Dateien nahtlos in Quadri importiert werden können. Ein Austauschformat entfällt bei der Nutzung von Connectoren. Daneben können die grafischen Informationen um weitere Dateien (z. B. *.pdf-Dateien mit Ergebnissen von Kontrollprüfungen) ergänzt werden. So lassen sich auch in Quadri alle relevanten Informationen zu einem Bauwerk zusammenführen. 3.2 Nutzung des digitalen Zwillings in der Betriebsphase Aktuell wird mit der Schlussrechnung einer Baumaßnahme auch eine digitale Bestandsvermessung des hergestellten Bauwerkes übergeben. Eine Art digitalen Zwilling gibt es in einer abgeschwächten Version damit bereits heute. Um abschätzen zu können, inwiefern diese Daten für den Streckenbetrieb genutzt werden, wurden nicht repräsentativ eine Landesstraßenmeisterei und die Autobahnmeisterei eines privaten Straßenbetreibers zur Nutzung digitaler Vermessungsdaten befragt. Diese verwenden die übergebenen Daten aktuell nur zur Rechnungsprüfung. Die Daten werden höchstens dann wiederverwendet, wenn erneut Baumaßnahmen im betroffenen Abschnitt vorbereitet werden. Es kann daher gefolgert werden, dass die Nutzung digitaler Zwillinge im Straßenbetrieb heute überwiegend nicht stattfindet. Wird der digitale Zwilling konsequent gepflegt, so könnte mit Abschluss einer Baumaßnahme eine detaillierte Dokumentation über alle Planungsphasen und Bauzustände hinweg an den Betrieb einer Infrastruktur übergeben werden. Dem Betrieb stehen mit dem digitalen Zwilling umfangreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um Betrieb und Erhaltung der Infrastruktur optimal zu gestalten. So können beispielweise für die Planung von Unterhaltungsmaßnahmen zuverlässige Maße und Flächen aus dem Modell entnommen werden und im Falle von Schäden an Bauteilen kann die Qualitätsdokumentation aus der Bauausführung einbezogen werden, um die Ursache für Schäden schnell eingrenzen zu können. Zusätzlich können im digitalen Zwilling Informationen eingepflegt werden, die während des Betriebs anfallen. Dies können etwa erfolgte Reparaturen oder Unfallberichte sein. Die Nutzung des Zwillings sollte also nicht mit dem Abschluss von Baumaßnahmen enden, sondern auch im Betrieb fortgesetzt werden. Die Anforderungen an die Genauigkeit liegen mangels Erfahrungen in diesem Bereich nicht vor. Aufgrund der anfallenden Aufgaben im Straßenbetrieb wird jedoch davon ausgegangen, dass die in Kapitel 2.3 beschriebenen Genauigkeiten für die Aufgaben des Straßenbetriebs ausreichend sind. 4. Fazit Im Prozess der Digitalisierung von Baustellen im Straßen- und Tief bau ist die Planung bereits relativ weit fortgeschritten. Auch in der Bauausführung hält die Digitalisierung mehr und mehr Einzug und der Einsatz von gesteuerten Baumaschinen, die in einer Cloud miteinander vernetzt sind und mithilfe von Positionierungsdiensten direkt im Modell arbeiten nimmt immer mehr zu. Aktuell fehlt jedoch eine Schnittstelle, die die verschiedenen Dateiformate der Projektphasen und die abweichenden Anforderungen der Projektbeteiligten zusammenführt. Diese Schnittstelle kann durch die Nutzung eines CDE geschaffen werden. Mit einem CDE kann die Kommunikation im Projekt erheblich verbessert und Abläufe beschleunigt und präzisiert werden. Als single source of truth stellt ein CDE allen Projektbeteiligten zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort den aktuellen Planungsstand zur Verfügung. Der Datenkreislauf schließt sich, wenn dann As-Built- Daten aus der Bauausführung zum Auf bau eines digitalen Zwillings in einem CDE verwendet werden. Die technischen Möglichkeiten erlauben es, gesteuerte Baumaschinen im laufenden Betrieb als Vermessungsgerät einzusetzen und im Ergebnis Geländemodelle an ein zentrales As-Built-Modell zurückzugeben. Diese Möglichkeit existiert bereits bei vergleichsweise einfachen CDE. Für den Betrieb besonders vielversprechend ist die Nutzung eine objektbasierten CDE. Darin werden Informationen in verschiedensten Ausgangsformaten in einem Gesamtmodell integriert. Durch die Organisation des Streckennetzes in Abschnitte lassen sich verhältnismäßig kleinräumige Modelle erstellen, die das Streckennetz eines Straßenbetreibers widerspiegeln. Durch die einfache Verfügbarkeit einer Vielzahl von Informationen zu Bauwerken verspricht die Nutzung eines objektbasiertes CDE eine präzise und zuverlässige Entscheidungsgrundlage für den Betrieb von Straßeninfrastruktur. Literatur [1] Stufenplan Digitales Planen und Bauen (2015), Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Stand: 15.12.2022, Seiten 3f., 7f.) https: / / bmdv.bund.de/ SharedDocs/ DE/ Publikationen/ DG/ stufenplan-digitales-bauen.pdf? __blob=publicationFile 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 259 Field 2 BIM [2] Masterplan BIM Bundesfernstraßen, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Stand: 15.12.2022, Seiten 13, 18) ttps: / / bmdv. bund.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ StB/ bim-rd-masterplan-bundesfernstrassen.pdf? __blob=publicationFile [3] Masterplan BIM Bundesfernstraßen; Rahmendokument: Datenmanagement - Version 1, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Stand: 15.12.2022) https: / / bmdv.bund.de/ Shared- Docs/ DE/ Anlage/ StB/ bim-rd-datenmanagement. pdf? __blob=publicationFile.