Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2023
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Bodenschutz im Verkehrswegebau
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2023
Janis Grozinger
Der im Verkehrswegebau lange häufig vernachlässigte Bodenschutz ist mittlerweile gesetzlich verankert. Als Ausführungsgrundlage ist ein fachlich korrektes, gut strukturiertes und für alle Beteiligten nachvollziehbares Bodenschutzkonzept entscheidend. Darauf basierend setzt die Bodenkundliche Baubegleitung (BBB) die Bodenschutzmaßnahmen auf der Baustelle um. Es gilt, die Maßnahmen gegenüber Baufirmen und Planungsbüros verständlich zu kommunizieren und bei Bedarf eine vermittelnde Rolle zwischen den Bauausführenden und der Behörde einzunehmen. Das Ziel ist, einen fachlich angemessenen Bodenschutz in einen reibungslosen Ablauf des Bauvorhabens zu integrieren und somit zur Schonung der Ressource Boden als eine unserer Lebensgrundlagen beizutragen.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 265 Bodenschutz im Verkehrswegbau Von der Erstellung des Bodenschutzkonzepts bis zur Bodenkundlichen Baubegleitung Janis Grozinger, M. Sc. HPC AG, Niederlassung Freiburg im Breisgau Zusammenfassung Der im Verkehrswegebau lange häufig vernachlässigte Bodenschutz ist mittlerweile gesetzlich verankert. Als Ausführungsgrundlage ist ein fachlich korrektes, gut strukturiertes und für alle Beteiligten nachvollziehbares Bodenschutzkonzept entscheidend. Darauf basierend setzt die Bodenkundliche Baubegleitung (BBB) die Bodenschutzmaßnahmen auf der Baustelle um. Es gilt, die Maßnahmen gegenüber Baufirmen und Planungsbüros verständlich zu kommunizieren und bei Bedarf eine vermittelnde Rolle zwischen den Bauausführenden und der Behörde einzunehmen. Das Ziel ist, einen fachlich angemessenen Bodenschutz in einen reibungslosen Ablauf des Bauvorhabens zu integrieren und somit zur Schonung der Ressource Boden als eine unserer Lebensgrundlagen beizutragen. 1. Einführung/ Motivation Zum 01. Januar 2021 ist in Baden-Württemberg das neue Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetz [1] in Kraft getreten. Unter § 2 Absatz 3 wird bei unversiegelten und unbebauten Flächen ab einer Größe von >- 0,5- ha die Einreichung eines Bodenschutzkonzepts mit dem Bauantrag vorgeschrieben. Zudem kann die zuständige Bodenschutzbehörde ab einer Fläche von >-1-ha eine Bodenkundliche Baubegleitung (BBB) verlangen. Als Grundlage für die Erstellung eines Bodenschutzkonzepts dient die DIN 19639 [2]. Der Begriff Boden bezieht sich auf den belebten, obersten Teil der Erdkruste, der eine durchwurzelbare Bodenschicht darstellt. Der kulturfähige Boden ist eine endliche Ressource und ist in seinen Funktionen als wertvoller Lebensraum, Schadstofffilter für das Grundwasser und fruchtbarer Pflanzenstandort zu schützen. 2. Bodenschutzkonzept 2.1 Grundlagenermittlung Vor der Erstellung des Bodenschutzkonzepts erfolgt die Grundlagenermittlung (z. B. Sichtung von Karten und Plänen) und vorausgehende Abstimmungen mit Auftraggeber und Planungsbüro. Die Geländearbeiten beinhalten die Erfassung und Bewertung des bodenkundlichen Ausgangszustands [3]. Zudem erfolgt ggf. eine Boden-Probenahme zur Vorklärung bei einer externen Verwertung/ Entsorgung von Bodenmaterial. 2.2 Inhalte des Bodenschutzkonzepts Einer Darlegung der ermittelten Grundlagen und der genauen Beschreibung des Vorhabens folgt die Dokumentation des bodenkundlichen Ausgangszustands. Aus den bodenkundlichen Verhältnissen lassen sich Empfindlichkeiten der Böden hinsichtlich Verdichtung und Erosion ableiten. Elementarer Teil der Konzeption ist der Bodenschutzplan mit der Beschreibung der Nutzung und der Schutzmaßnahmen der jeweiligen Flächen während des Bauvorhabens. Hierzu gehören i.-W. Bodenabtrags- und Auftragsflächen, Baustraßen, Lager- und BE-Flächen sowie Tabuflächen (weder Befahrung noch Lagerung). So sind z.-B. die Befahrbarkeit und die Bearbeitbarkeit grundsätzlich abhängig von der Bodenfeuchte. Trockene (feu1) und schwach feuchte (feu2) Böden dürfen ohne Einschränkungen befahren werden, sehr feuchte (feu4), nasse (feu5) und sehr nasse (feu6) Böden dürfen nur auf befestigten Baustraßen befahren werden. Bei feuchten (feu3) Böden sind die Maschineneinsatzgrenzen anhand eines Nomogramms zu ermitteln (Abb. 1). Abb. 1: Nomogramm zur Ermittlung des maximal zulässigen Kontaktflächendrucks von Maschinen auf Böden (aus [1]). Die roten Linien repräsentieren ein Beispiel. 266 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Bodenschutz im Verkehrswegbau Bspw. müsste die Wasserspannung des Bodens bei einem 30 t-Kettenbagger mit einer Flächenpressung von 0,8 kg/ cm² (=8 t/ m²) mind. 30 cbar betragen. Die Wasserspannung kann mit einem Tensiometer auf der Baustelle ermittelt werden. Bei der Bauplanung sind ausreichend Pufferzeiten einzuplanen, um nach Niederschlagsereignissen eine ausreichende Befahrbarkeit des Bodens abzuwarten. Darüber hinaus werden im Bodenschutzkonzept eine überschlägige Mengenbilanzierung für auszubauenden Boden und Verwertungsmöglichkeiten für abzufahrenden Boden dargelegt. 2.3 Beratung bei der Ausschreibung der Erdarbeiten Der Bodengutachter berät den Vorhabenträger bzw. das Planungsbüro bei der Ausschreibung der Erdarbeiten hinsichtlich der Bodenschutzmaßnahmen. 3. Bodenkundliche Baubegleitung (BBB) 3.1 Rolle der BBB Das Ziel der BBB ist einen fachlich geeigneten Bodenschutz in einen reibungslosen Ablauf des Bauvorhabens zu integrieren. Die BBB ist damit Vermittlerin zwischen Behörde, Planungsbüro und Baufirma. Die BBB führt eine Bauüberwachung durch, ist i.d.R. aber nicht weisungsbefugt. Bei Missachtung der Bodenschutzmaßnahmen wird eine regelkonforme Lösung durch angemessene Kommunikation angestrebt. Ein behördlich verfügter Baustopp sollte als letztes Mittel in Betracht gezogen werden. 3.2 Umsetzung der Bodenschutzmaßnahmen Es ist wichtig, dass gleich bei der Bauanlauf besprechung sowohl dem Bauleiter als auch dem Baustellenpersonal die Bodenschutzmaßnahmen aus dem ihnen vorliegenden Bodenschutzkonzept erläutert werden. Es gilt, eine verständliche Sprache zu benutzen. Gerade zu Beginn der Erdarbeiten muss die BBB v. a. bei feuchten Bodenverhältnissen regelmäßig vor Ort sein, um die Bodenschutzmaßnahmen zu kontrollieren, ggf. anzupassende Maßnahmen abzustimmen und den Baufortschritt zu dokumentieren. Die BBB sollte für die Baufirma und das Planungsbüro stets erreichbar sein. 3.3 Rekultivierung/ Nachsorge Verfüllungen oder die Herstellung des Feinplanums werden durch die BBB begleitet. Es wird beurteilt, ob und in welchem Umfang eine Nachsorge erforderlich ist. Bei Bodenschadverdichtungen ist der Schaden, bspw. durch eine Tiefenlockerung und der anschließenden Pflanzung dicht wurzelnder Pflanzenarten, zu regulieren. Durch den damit einhergehenden Auf bau der Bodenstruktur können die natürlichen Bodenfunktionen zu einem gewissen Grad wiederhergestellt werden. Nach Beendigung der Erdarbeiten wird ein Abschlussbericht erstellt, der neben dem Abnahmeprotokoll den chronologischen Bauablauf mit Fokus auf die Umsetzung der Bodenschutzmaßnahmen enthält. 4. Fazit Durch die vor zwei Jahren vollzogene Neufassung des Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetzes ist der Bodenschutz im Verkehrswegebau zu berücksichtigen. Durch eine offene und konstruktive Kommunikation der Beteiligten wird ein möglichst reibungsloser Baustellenablauf gewährleistet. Vorausschauendes Planen der BBB bspw. hinsichtlich der Verwertung von Bodenmaterial ermöglicht Kosteneinsparungen für den Auftraggeber. Literatur [1] LBodSchAG: Landes-Bodenschutz und -Altlastengesetz in Baden-Württemberg vom 14.12.2004 (GBI. S. 1233, 1247) [2] DIN 19639: 2019-09. Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben, Beuth Verlag, Berlin [3] Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden: - Bodenkundliche Kartieranleitung, Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Geologischen Diensten, 5. Aufl., Hannover 2005.
